Ausländerextremismus in BW/Die Rolle der PKK

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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 12 /
12. Wahlperiode
11. 06. 96
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Antrag
der Fraktion der CDU
und
Stellungnahme
des Innenministeriums
Ausländerextremismus in Baden-Württemberg/
Die Rolle der PKK
A n tr a g
Der Landtag wolle beschließen,
die Landesregierung zu ersuchen
I. zu berichten,
1. wie sich die extremistischen Bestrebungen von Ausländern in Baden-Württemberg in den letzten fünf Jahren entwickelt haben, in bezug auf
a) die Zahl der Parteien und Organisationen sowie Aktivisten und Anhänger,
b) Vorkommnisse strafrechtlicher Art,
c) dessen prozentualer Anteil am extremistischen Gefährderpotential insgesamt;
2. welche Parteien und Organisationen aus welchen Herkunftsländern aus diesem
Spektrum in Baden-Württemberg im benannten Zeitraum aktiv geworden sind;
3. ob Vernetzungsstrukturen in das jeweilige Herkunftsland oder auch untereinander bekannt geworden sind;
4. welche Ziele diese Gruppen verfolgen;
5. welche sozio-demographische Struktur diese Organisationen aufweisen;
6. welchen Aufenthaltsstatus die Mitglieder und Aktivisten sowie bekannte ausländische Straftäter in Deutschland innehaben;
7. wie sich diese Gruppen in Baden-Württemberg finanzieren;
Eingegangen: 11. 06. 96 / Ausgegeben: 01. 08. 96
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8. welche deutsche Parteien und Organisationen in Baden-Württemberg ausländische Extremisten während der letzten 5 Jahre in welchen Fällen und in welcher
Form unterstützt haben und unterstützen;
9. welche Ursachen die Landesregierung für den Ausländerextremismus sieht;
10. welche Maßnahmen sie dagegen unternimmt;
11. ob die Landesregierung verschärfte Abschiebebedingungen straffällig gewordener ausländischer Extremisten für notwendig erachtet;
II. darzustellen,
1. welche Rolle die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK im Spektrum des
Ausländerextremismus in Baden-Württemberg spielt?
2. wie viele Aktivisten und Sympathisanten in Baden-Württemberg in welchen Organisationsformen die PKK unterstützen;
3. welche Tarn-, Neben- und Unterorganisationen sowie verlängerte politische
Arme der PKK bekannt sind;
4. wie sich die PKK finanziert;
5. welche deutsche Parteien oder Organisationen die PKK in welcher Form in den
letzten 5 Jahren unterstützen und unterstützt haben;
6. welche Auswirkungen das Verbot der PKK auf deren Aktivitäten hat;
7. wie hoch die Aufklärungsquote von Gewalttaten der PKK in Baden-Württemberg ist;
8. welches Vorgehen die Landesregierung insbesondere in der Bekämpfung der
PKK für sinnvoll erachtet;
9. ob die Landesregierung weitere Verbote auch für Organisationen, die der PKK
nahestehen oder andere ausländische Extremistenorganisationen als geeignete
Maßnahme erachtet, die Kreise dieser Gewalttäter einzudämmen?
11. 06. 96
Oettinger
und Fraktion
Be gründung
In regelmäßigen Abständen wird die Öffentlichkeit mit Krawallen insbesondere
der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK konfrontiert. Mit großer Sorge beobachtet die CDU-Fraktion die von extremistischen Ausländerorganisationen verübten Gesetzesverletzungen auch in Baden-Württemberg. Der Antrag soll über die
in unserem Bundesland agierenden Organisationen aufklären und dazu beitragen,
effektive Maßnahmen der Bekämpfung dieser Gewaltformen zu ergreifen.
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St e l l ungna hm e
Mit Schreiben vom 10. Juli 1996 Nr. 5–1083/97 nimmt das Innenministerium zu
dem Antrag wie folgt Stellung:
Zu I. 1. a):
Sowohl die Zahl der ausländischen Parteien und Organisationen als auch die der
Aktivisten und Anhänger extremistischer Ausländerorganisationen blieben in Baden-Württemberg in den letzten 5 Jahren insgesamt gesehen nahezu konstant.
Etwa 8 400 extremistische Ausländer sind in rund 30 Organisationen eingebunden.
Die Mitgliederentwicklung ist der Übersicht in Anlage 1 zu entnehmen. Besonders
auffällig ist der stetige Anstieg im religiösnationalistischen Bereich. Festzuhalten
ist allerdings auch, daß nur ein geringer Prozentsatz von den in Baden-Württemberg lebenden über 1,2 Millionen Ausländern dem Kreis politischer Extremisten
und Gewalttäter zuzurechnen ist.
Zu I. 1. b):
Die durch ausländische Extremisten in Baden-Württemberg begangenen (versuchten und vollendeten) Straftaten haben sich nach der Polizeilichen Kriminalstatistik
– Staatsschutz – wie folgt entwickelt:
1991:
156
1992:
236
1993:
220
1994:
460
1995:
607
Dabei handelt es sich schwerpunktmäßig um Verstöße gegen das Vereinsgesetz,
gegen die §§ 86 ff. StGB (sog. Propagandadelikte) sowie um Sachbeschädigungen.
Der Hauptteil der Straftaten ist Aktivisten linksextremistischer türkischer und kurdischer Gruppierungen anzulasten. Der Anstieg der Straftaten in den Jahren 1994
und 1995 dürfte zum Teil auf das im November 1993 durch den Bundesinnenminister verfügte vereinsrechtliche Verbot der PKK und diverser Unterorganisationen
und die hieraus resultierende Strafbarkeit von Unterstützungshandlungen in der
Folgezeit zurückzuführen sein.
Zu I. 1 .c):
Der Anteil ausländischer Extremisten am gesamten extremistischen Gefährdungspotential schwankte in den letzten 5 Jahren zwischen 48,6 % und 57,6 %. Im Jahre
1995 lag er bei 51,7 %.
Zu I. 2. bis I. 4.:
In den letzten Jahren sind hauptsächlich extremistische türkische bzw. kurdische
Organisationen in Baden-Württemberg in Erscheinung getreten; daneben waren
auch Aktivitäten von Gruppierungen aus dem Nahen Osten bzw. Nordafrika zu
verzeichnen. Im einzelnen wird auf die als Anlage 2 beigefügte Übersicht über extremistische Organisationen in Baden-Württemberg verwiesen.
Zu I. 5.:
Die sozio-demographische Struktur der ausländischen extremistischen Organisationen ist sehr vielfältig. Das Spektrum ihrer Anhängerschaft reicht von Arbeitern/Hilfskräften ohne Ausbildung bis zu Akademikern. Insofern sind verschiedene gesellschaftlichen Gruppen vertreten. Gewisse Schwerpunkte sind bei Arbeitern, Studenten und Asylbewerbern auszumachen.
Zu I. 6.:
Die sehr weit gefaßte Frage kann ohne umfangreiche Erhebungen nicht beantwortet werden, da der ausländerrechtliche Aufenthaltsstatus von Mitgliedern und Aktivisten ausländischer extremistischer Parteien und Organisationen statistisch nicht
erfaßt wird und entsprechendes Material der Ausländerverwaltung nicht verfügbar
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ist. Hinsichtlich der Straftäter wäre i. ü. eine Sonderauswertung aller Akten bei den
130 unteren Ausländerbehörden in Baden-Württemberg erforderlich, die längere
Zeit in Anspruch nehmen würde. Da das Ergebnis einer solchen Erhebung nicht
sehr aussagekräftig sein dürfte, wurde sie im Hinblick auf den damit verbundenen
Aufwand nicht eingeleitet.
Zu I. 7.:
Wichtigste Finanzierungsquelle der extremistischen Organisationen sind Spenden
und Mitgliedsbeiträge. Das entsprechende Aufkommen dürfte je nach Organisation jährlich bis zu mehreren Millionen DM betragen. Hervorzuheben ist in diesem
Zusammenhang insbesondere die Spendeneintreibung durch die TKP/ML und die
PKK.
Teilweise erzielen die Organisationen auch Gewinne durch geschäftliche Aktivitäten (zum Beispiel Handel mit Lebensmitteln, Publikationen, Videos, Betreiben von
Reisebüros). Einige türkische islamistische Organisationen verfügen über umfangreichen Immobilienbesitz und sind an wirtschaftlichen Unternehmen beteiligt.
Zu I. 8.:
Im deutschen linksextremistischen Spektrum gibt es im Rahmen der zu dessen
Selbstverständnis gehörenden „internationalen Solidarität“ und des Engagements
gegen die angebliche Unterdrückung und Diskriminierung von Ausländern in der
Bundesrepublik eine partei- und organisationsübergreifende Grundsolidarität mit
ausländischen Extremisten. Diese bezieht sich in den letzten Jahren allerdings mit
deutlichem Schwerpunkt auf die Kurdenproblematik und im Zusammenhang damit auf eine mehr oder weniger deutliche Unterstützung der „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK). Insoweit wird auf die Antwort zu II. 5. verwiesen.
Zu I. 9.:
Die Aktivitäten ausländischer Extremisten in Deutschland spiegeln in aller Regel
Konflikte in den jeweiligen Herkunftsländern wider. Dementsprechend differenziert sind die Ursachen je nach Herkunftsland der Personen, Organisationen oder
Gruppen zu betrachten. Ausländerextremistische Bestrebungen resultieren dabei
insbesondere aus der Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen, sozialen, religiösen, gesellschaftlichen oder politischen Situation in den jeweiligen Heimatländern.
Auslöser extremistischer Handlungen sind häufig Ereignisse im Heimatland, zum
Beispiel Militäraktionen gegen die kurdische Bevölkerung seitens des türkischen
Staates oder die bürgerkriegsähnlichen Unruhen in Algerien.
Zu I. 10.:
Da die Ursachen für die Aktivitäten ausländischer Extremisten in Deutschland
ganz überwiegend in den jeweiligen Herkunftsländern liegen, können dauerhafte
Lösungen ausschließlich durch die Regierungen in den Heimatländern erzielt werden, nicht aber durch direkte Maßnahmen deutscher Sicherheitsbehörden. Dennoch sieht es die Landesregierung als ihre Pflicht an, zum Schutz der hier lebenden
Deutschen und der ganz überwiegend gesetzestreuen ausländischen Wohnbevölkerung den Bestrebungen militanter ausländischer Extremisten nachdrücklich durch
Einsatz sämtlicher rechtstaatlicher Mittel entgegenzutreten. Da die „Arbeiterpartei
Kurdistans“ (PKK) derzeit die aktivste und gefährlichste Organisation in BadenWürttemberg im Bereich des Ausländerextremismus ist, hat das Innenministerium
Baden-Württemberg zum Beispiel verschiedene Maßnahmen zur Bekämpfung von
PKK-Aktivitäten in die Wege geleitet bzw. darauf hingewirkt:
– Intensivierung der Erkenntnisgewinnung auf örtlicher und regionaler Ebene,
auch durch verdeckte Maßnahmen,
– Einrichtung von Sonderkommissionen zur Aufklärung von Straftaten,
– Vereinsverbote,
– Verbote von Versammlungen/Veranstaltungen und Verhinderung bzw. Auflösung
verbotener Veranstaltungen,
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– konsequente Durchführung von Exekutivmaßnahmen zur Durchsetzung der Verbote,
– Einleitung ausländerrechtlicher und aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegen
ermittelte Tatverdächtige.
Zu I. 11.:
Die Landesregierung unterstützt den Gesetzentwurf der Bundestagsfraktionen von
CDU/CSU und FDP zur Änderung straf-, ausländer- und asylverfahrensrechtlicher
Vorschriften. Auf diesem Weg soll das Ausweisungs- und Abschiebungsrecht verschärft werden, um u. a. ausländischen Gewalttätern und Extremisten wirksam begegnen zu können. Der Änderungsentwurf sieht die dringende Ausweisung eines
Ausländers vor, wenn er zu drei Jahren Freiheitsstrafe – bisher fünf – verurteilt
worden ist, und erleichtert die Abschiebung insoweit, als auch Asylanten und politische Flüchtlinge abgeschoben werden können, wenn von diesen Gefahren für die
Sicherheit des Landes oder der Allgemeinheit ausgehen.
Zu II. 1.:
Die terroristische „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) einschließlich ihrer Nebenorganisationen stellt seit Jahren die gefährlichste Organisation ausländischer Extremisten in Baden-Württemberg dar.
Die von Abdullah Öcalan 1978 in der Türkei gegründete PKK ist von ihrem Ursprung her eine marxistisch-leninistische Kaderpartei, die zur Verfolgung ihrer politischen Ziele, insbesondere bei dem von ihr propagierten „revolutionären Kampf
für eine freies und unabhängiges Kurdistan“, seit Jahren einen Guerillakrieg im
Südosten der Türkei führt und auch nicht vor Terroranschlägen gegen die Zivilbevölkerung in der Türkei und im Ausland zurückschreckt. Die im Ausland lebenden
Anhänger der Partei entfalten vielfältige, teilweise äußerst gewalttätige Aktivitäten
zur Unterstützung des Kampfes in der Heimat. In diesem Zusammenhang sind beispielhaft Brandanschläge gegen türkische Einrichtungen und Spendengelderpressungen gegenüber eigenen Landsleuten zu nennen.
Zur Steuerung ihrer Anhängerschaft hat die straff geführte Partei einen umfassenden Organisationsapparat aufgebaut. Der Parteiaufbau umfaßt als höchstes Organ
den Parteikongreß, den Generalsekretär, das unter seiner Leitung arbeitende Politbüro sowie das Zentralkomitee. Seit der Gründung der PKK im Jahre 1978 ist Abdullah Öcalan Generalsekretär und uneingeschränkter Führer der Partei. Seinen
Weisungen hat sich die Gesamtpartei zu fügen. Durch regelmäßigen Personalaustausch unterbindet Öcalan u. a. stabile Machtpositionen anderer Funktionäre.
Im übrigen wird auf die Antwort des Innenministeriums auf die Kleine Anfrage
des Abg. Jürgen Walter GRÜNE vom 15. August 1995 (Drucksache 11/6384) verwiesen.
Zu II. 2.:
Genaue Zahlen der „Mitglieder“ der PKK liegen nicht vor. Die Stellung der einzelnen PKK-Anhänger innerhalb der Parteistruktur (Kader, Kaderanwärter und
Sympathisanten) ist lediglich einem eng begrenzten Personenkreis bekannt. Bundesweit stützt sich die Partei bei ihren Aktivitäten derzeit auf einen harten Kern
von mindestens 8900 (Baden-Württemberg: 650) Aktivisten. Sie bilden die organisatorische Basis der PKK und ihrer Nebenorganisationen. Daneben kann die Partei zu besonderen Anlässen auf ein mobilisierbares Sympathisantenpotential von
mehreren Tausend Kurden zurückgreifen. Die PKK hat in Europa von Anfang an
darauf verzichtet, sich als legale politische Partei zu etablieren. Statt dessen hat sie
nach dem Muster ihrer Organisation in der Türkei sowie im Nahen Osten verdeckte
konspirative Strukturen, insbesondere auch in Deutschland, aufgebaut. Daneben
benutzt die PKK seit 1985 die von ihr gegründete „Nationale Befreiungsfront Kurdistans“ (ERNK), um im Hintergrund zu agieren.
Das europäische Führungsorgan der Partei ist die „Europäische Frontzentrale“
(ACM), die von drei bis vier hochrangigen PKK-Funktionären (PKK-Europaverantwortliche) geleitet wird. Insgesamt dürften ca. 20 bis 30 Funktionäre in die
ACM eingebunden sein. Vornehmlich sind diese verantwortlich für den nachge-
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ordneten Parteiapparat und übernehmen zudem spezielle Arbeitsbereiche wie zum
Beispiel Presse, Kultur, Ausbildung der Kader, Frauen sowie Jugend.
Unterhalb der Europäischen Führungsebene gliedert sich die PKK auf Länderebene in Regionen, Gebiete und Teilgebiete. Darunter bestehen Parteiorganisationen auf Ortsebene. Zur Bewältigung der Aufgaben bestehen auf allen Ebenen vom
ACM gebildete Unterkomitees.
Bei den Regions- und Gebietsverantwortlichen handelt es sich um „professionelle“
Kader bzw. Kaderanwärter, die keinen festen Wohnsitz haben. Sie reisen ständig
innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs und finden Unterkunft bei aus PKK-Sicht
zuverlässigen Anhängern. PKK-Funktionäre sind selbst gegenüber PKK-Mitgliedern durch Deck- oder Tarnnamen abgeschottet.
Entsprechend der unverändert anhaltenden Einreise zahlreicher tatsächlich oder
vorgeblich politisch verfolgter Kurden aus der Türkei und dem Versuch der PKK,
diese in Europa nahtlos in die Parteiaktivitäten einzubinden, steigt die Zahl der
PKK-Anhänger in der Bundesrepublik Deutschland seit Jahren kontinuierlich an.
Im übrigen wird auf die Antwort des Innenministeriums auf die Kleine Anfrage
des Abg. Jürgen Walter GRÜNE vom 15. August 1995 (Drucksache 11/6384) verwiesen.
Zu II. 3.:
Zum Erreichen ihrer Ziele bedient sich die PKK im Bundesgebiet einer Vielzahl
von Tarn- und Hilfsorganisationen. Insbesondere durch die Gründung zahlreicher
spezifischer Verbände versucht die Partei Einfluß auf die große Zahl der hier lebenden Kurden zu gewinnen. In Baden-Württemberg sind insbesondere folgende
Vereinigungen aktiv:
– „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK)
– „Nationale Befreiungsfront Kurdistans“ (ERNK)
– „Union der Jugendlichen aus Kurdistan“ (YCK)
– „Union der freien Frauen aus Kurdistan“ (YAJK)
– „Union der patriotischen Arbeiter aus Kurdistan“ (YKWK)
– „Islamische Bewegung Kurdistans“ (KIH)
– „Union der Aleviten aus Kurdistan“ (KAB)
– „Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland“ (YEK-KOM).
Zu II. 4.:
Ihren enormen Geldbedarf zur Finanzierung des „Befreiungskampfes in Kurdistan“ deckt die PKK im wesentlichen durch Mitgliedsbeiträge, Einnahmen aus
dem Verkauf von Publikationen und Überschüssen aus parteieigenen Unternehmen. Daneben bilden aber auch Schutzgeld/-Spendengeldeintreibungen, die teilweise mit Erpressungen und Gewaltanwendung einhergehen, eine weitere Finanzierungsquelle. Vor allem in Deutschland ist die PKK darauf aus, bei Landsleuten
zur Finanzierung der Organisation und ihrer Tätigkeit „Spenden“ in erheblichem
Umfang zu sammeln. So belief sich die Vorgabe der Parteiführung für die vom
15. Oktober 1995 bis 15. Januar 1996 durchgeführte Kampagne bundesweit auf
36 Millionen DM. Neben der Versorgung und Ausrüstung der Guerillakämpfer
benötigt sie das Geld sowohl für die Unterhaltung ihrer Stützpunkte im Nahen
Osten als auch für den Parteiapparat in Europa.
Zu II. 5.:
Vor dem durch den Bundesminister des Innern am 22. November 1993 ausgesprochenen Betätigungsverbot gegenüber der PKK und der ERNK waren seitens der
Sicherheitsbehörden lediglich Unterstützungshandlungen einzelner Personen für
die PKK und deren Ziele zu verzeichnen.
Seit Anfang 1994 engagiert sich die gesamte linksextremistische „Szene“ in der
Kurdenproblematik und der Frage einer Unterstützung der PKK, wenn auch in unterschiedlicher Intensität.
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Linksextremistische Parteien wie die „Deutsche Kommunistische Partei“ (DKP)
oder die „Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands“ (MLPD) und andere Bereiche des organisierten Linksextremismus bis in trotzkistische und anarchistische
Kreise hinein leisten vorwiegend verbale Unterstützung in zahlreichen partei- bzw.
organisationsnahen Zeitungen und Zeitschriften, aber auch als Mitorganisatoren
von Kundgebungen und Demonstrationen sowie als Mitunterzeichner von Flugschriften.
Die „Partei des Demokratischen Sozialismus“ (PDS) ist nicht nur in vielfältiger
Weise an Aktionen zur Kurdenproblematik beteiligt, sondern zeigt auch keine
Berührungsängste hinsichtlich PKK-gesteuerter Organisationen. Darüber hinausgehende praktische Unterstützungsarbeit geht von linksextremistisch beeinflußten
oder gesteuerten Aktionsbündnissen, autonomen Gruppierungen und insbesondere
von sog. „Kurdistan-Solidaritätskomitees“ aus, in denen in jeweils unterschiedlicher Zusammensetzung deutsche und ausländische Extremisten dauerhaft kooperieren. Bundesweit sind etwa 30 Gruppen bekannt. Seit Jahren engagieren sich einzelne Personen des terroristischen Umfelds für die Belange der PKK. Neben der
Teilnahme an zahlreichen Solidaritätsdemonstrationen und -veranstaltungen sind
sie besonders im propagandistischen und publizistischen Bereich tätig. Das Verhältnis der deutschen Autonomen zur PKK ist zwiespältig. Insbesondere aus dem
Kreis der militanten Autonomen können viele die hierarchische Organisationsstruktur und die straffe Führung der PKK sowie den Personenkult um den Führer
Öcalan nicht akzeptieren.
Unterstützungshandlungen reichen von der Anmeldung von Kurdendemonstrationen, Abhalten von Informationsständen, Informationsveranstaltungen zum Verhalten bei Demonstrationen gegenüber der Polizei sowie bei Plakatierungsaktionen
etc., den Besuch von Kurdenprozessen bis zu Spendensammlungen zur Unterstützung kurdischer Inhaftierter und deren Angehöriger oder für die Durchführung von
Hungerstreiks.
Zu II. 6.:
Bei der Frage, welche Wirkung die Verbotsmaßnahmen entfalten konnten, war von
vornherein zu berücksichtigen, daß die PKK und die ERNK in Deutschland über
keine legalen, also greifbaren organisatorischen Strukturen verfügten, die durch
das Verbot aufzulösen waren. Ihnen wurde lediglich die Tätigkeit auf dem Gebiet
der Bundesrepublik Deutschland untersagt. Infolgedessen mußte die PKK/ERNK
selbst keine Umstrukturierungen vornehmen und keine „Nachfolgeorganisation“
gründen. Die eigentlichen Aktivitäten der Organisation wurden weiterhin in konspirativer Weise in geheimen Strukturen betrieben. Das Betätigungsverbot gegenüber der PKK/ERNK führte u. a. auch zu Solidarisierungseffekten zwischen Kurden und dem linksextremistischen deutschen Spektrum, verstärkt konspirativem
Verhalten der PKK-Anhänger sowie zu einer wesentlichen Einschränkung der
Handlungsfähigkeit, da die PKK/ERNK nicht mehr ungestört in der Öffentlichkeit
agieren kann.
Im übrigen wird auf die Antwort des Innenministeriums auf die Kleine Anfrage
des Abg. Jürgen Walter GRÜNE vom 15. August 1995 (Drucksache 11/6384) verwiesen.
Zu II. 7.:
In der polizeilichen Kriminalstatistik – Staatsschutz – wird die Aufklärungsquote
von „Gewalttaten der PKK“ nicht gesondert erfaßt. Nach dem Ergebnis einer beim
Landeskriminalamt Baden-Württemberg durchgeführten Sonderauswertung lag
die Aufklärungsquote bei den Gewaltstraftaten mit Bezug zur PKK (insbesondere
Tötungsdelikte, Raubstraftaten, qualifizierte Körperverletzungsdelikte) in den vergangenen Jahren durchschnittlich bei rd. 60 %.
Zu II. 8.:
Die bislang getroffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der PKK (vgl. Stellungnahme zu I. 10.) werden konsequent beibehalten und fortgeführt. Die Entwicklungen im Bereich anderer ausländerextremistischer Organisationen werden von den
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Sicherheitsbehörden sorgfältig beobachtet, so daß entsprechende Aktivitäten frühzeitig erkannt und die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden können.
Zu II. 9.:
Wie bereits in der Stellungnahme zu II. 6. unter Bezugnahme auf die Antwort des
Innenministeriums auf die Kleine Anfrage des Abg. Jürgen Walter GRÜNE vom
15. August 1995 (Drucksache 11/6384) dargestellt wurde, können Verbotsmaßnahmen nur die legalen Strukturen extremistischer Organisationen erfassen. Insbesondere am Beispiel der PKK zeigt sich, daß Organisationsverbote auf die schon
immer konspirativ arbeitenden Gliederungen extremistischer Vereinigungen so gut
wie keinen Einfluß haben.
Darüber hinaus läßt sich nur in wenigen Einzelfällen ein direkter nachweisbarer
Zusammenhang zwischen der Vereinstätigkeit extremistischer Organisationen als
solcher und begangenen Gewalttaten herstellen. Schließlich müssen für ein Vereinsverbot, das im übrigen nicht nur wegen geplanter oder begangener organisationsbezogener Gewalttaten erlassen werden kann, die Voraussetzungen der §§ 3, 14
Vereinsgesetz in gerichtlich verwertbarer Form vorliegen und nachweisbar sein.
Das Innenministerium wird die weitere Entwicklung in diesem Bereich aufmerksam beobachten und bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die entsprechenden Exekutivmaßnahmen ergreifen.
Dr. Schäuble
Innenminister
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