Neue (oder alte) Allianzen zwischen den Parteien CDU und

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Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 12 / 3525
12. Wahlperiode
02. 12. 98
Antrag
der Fraktion Die Republikaner
und
Stellungnahme
des Innenministeriums
Neue (oder alte) Allianzen zwischen den Parteien CDU und
„Partei des demokratischen Sozialismus“ (PDS)
Antrag
Der Landtag wolle beschließen,
die Landesregierung zu ersuchen
zu berichten,
1. welche Erkenntnisse ihr über bisherige und aktuelle Absprachen oder Bündnisse von Amts- und Mandatsträgern der Parteien CDU und „Partei des demokratischen Sozialismus“ (PDS) in Baden-Württemberg und anderen Bundesländern
darüber vorliegen, wonach diese sich sowohl bei zurückliegenden, als auch
künftigen Wahlen oder Abstimmungen, insbesondere auch bei der Vergabe
vergütungsattraktiver Funktionen und Positionen in kommunalen Besetzungsgremien dahin gehend verständigt haben, „unnötige Konkurrenz zwischen CDU
und PDS zu vermeiden“;
2. wie sie solche zum Zweck der posten- und vergütungsoptimierenden Einflussnahme auf die Politik getroffenen Absprachen einer extremistischen mit einer
sich außerhalb des politischen Extremismus befindlichen Partei beurteilt;
3. ob und wenn ja, welche Konsequenzen sich aus derartigen Bündnissen für die
künftige Beobachtung durch den Verfassungsschutz und dessen länderübergreifende Aussagen, im Jahresbericht des Landesamts für Verfassungsschutz ergeben.
01. 12. 98
Dr. Schlierer, Käs, Deuschle, Wilhelm, König
und Fraktion
Eingegangen: 02. 12. 98 / Ausgegeben: 25. 01. 99
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Landtag von Baden-Württemberg – 12. Wahlperiode
Drucksache 12 / 3525
Begründung
Nach wiederholt in den Medien vorgebrachten Berichten, finden schon seit Jahren
an verschiedenen Stellen im Bundesgebiet Gespräche zwischen der SED-Nachfolgepartei PDS und der Christlich-Demokratischen-Union (CDU) statt. Strategisches Ziel dieser Gespräche ist demnach die Bildung lokaler und regionaler
Bündnisallianzen. In einer Vielzahl von Kommunen in den neuen Bundesländern
ist mittlerweile offensichtlich von CDU und PDS fest verankerte Praxis, in Absprachen andere parteipolitisch positionierte Konkurrenten beim „Kampf“ um die
Besetzung von Rats-, Mandats- oder Leitungsfunktionen auszubalancieren. Dies
geschieht zudem in der durchscheinenden Absicht einer verstärkten Einflussnahme auf die Politik. Das derartige zielgerichtete Verhaltensweisen politische Kombattantenschaft ausgerechnet mit den, laut CDU-Bundesvorsitzenden und ExBundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble „Nachlassverwaltern eines über 40
Jahre dauernden Unrechtssystems“ indizieren, bedarf keiner näheren Begründung.
Vielmehr zeigt die im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“, Ausgabe 47/1998, berichtete Polit-Ranküne von Eisenhüttenstadt auf, dass sich hinter dem Vorgehen
der CDU-Strategen mehr als nur tagespolitische Opportunität verbirgt. Im
„Kampf“ um die Besetzung der Stelle des Eisenhüttenstädter Ratspräsidenten war
es den CDU-Ratsmitgliedern vorbehalten, sich im Abstimmungskollektiv mit den
PDS-Vertretern die Positionen des REP-Ratsmitglieds zu eigen zu machen und
dadurch den möglichen Erfolg des SPD-Kandidaten zu verhindern.
Ausweislich des Verfassungsschutzberichtes Baden-Württemberg 1997 handelt es
sich bei der SED-Nachfolgepartei PDS um einen Personenzusammenschluss, in
dem u. a. „anarchistische, orthodox-kommunistische und marxistisch-leninistisch
ausgerichtete Strömungen sowie sonstige linksextremistische Einflüssen“ fortbestehen bzw. geduldet werden.
Wenn aber die CDU mit der SED-Nachfolgepartei PDS, deren verfassungsfeindliche Zielsetzung im Verfassungsschutzbericht im einzelnen belegt ist, verstärkt gemeinsame Sache macht, stellt sich die Frage, inwieweit dies auch eine Bewertung
der CDU-Aktivitäten erforderlich macht und welche Konsequenzen sich hieraus
für die Beobachtung beider Parteien durch den Verfassungsschutz ergeben. Nicht
außer Betracht kann dabei bleiben, dass durch die 1990 erfolgte Überführung der
SED-Blockpartei CDU (Ost) in die Bundes-CDU tausende vom SED-System geprägte Alt-Kader neben ihrer Mitgliedschaft auch ihre politischen Wertvorstellungen mit eingebracht haben.
Von daher ist es unstreitig, dass der vorliegende Antrag die notwendige Ergänzung zu dem in Drs. 12/3476 von der CDU-Fraktion an die Landesregierung herangetragenen Auskunftbegehren über ein insbesondere die Bürger in Baden Württemberg bewegendes Problem von herausgehobener landespolitischer Bedeutung
ist. Denn es zeigt sich, dass die Erscheinungsformen des politischen Extremismus
fließend sind und tatsächlich einer, wie im CDU-Antrag gefordert, Neubewertung“ unterfallen müssen; dann allerdings dürfen die o. a. CDU-Aktivitäten davon
nicht ausgenommen werden.
Stellungnahme
Mit Schreiben vom 28. Dezember 1998 Nr. 5-0151/4 nimmt das Innenministerium zu dem Antrag wie folgt Stellung:
Zu 1., 2. und 3.:
Die Landesregierung hat über den im Antrag genannten Spiegel-Artikel hinaus
keine Kenntnis über den geschilderten kommunalpolitischen Vorgang in einem
anderen Bundesland. Ihr liegen auch keine Erkenntnisse über vergleichbare Absprachen in Baden-Württemberg vor.
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Drucksache 12 / 3525
Im übrigen fallen weder die CDU noch andere auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehende Parteien unter den Beobachtungsauftrag
des Landesamts für Verfassungsschutz.
In Vertretung
Eckert
Ministerialdirektor
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