Die Differenzierung des Schutzes vulnerabler Personen in der geplanten EU-Verordnung zu klinischen Studien unter Berücksichtigung der Deklaration von Helsinki und des gegenwärtigen deutschen Rechts Franziska Enge, M.mel. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Interdisziplinäres Zentrum Medizin-Ethik-Recht Herausgegeben von Prof. Dr. Hans Lilie Prof. Dr. Hans Lilie (Hrsg.), Schriftenreihe Medizin-Ethik-Recht, Band 53, 2014 Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek: ISSN 1862-1619 ISBN 978-3-86829-719-5 Schutzgebühr Euro 5 Interdisziplinäres Zentrum Medizin-Ethik-Recht (MER) Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Universitätsplatz 5 D- 06108 Halle (Saale) [email protected] www.mer.jura.uni-halle.de Tel. ++ 49(0)345-55 23 142 1 Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................... 4 I. Einleitung ............................................................................................................. 5 1. Die Problematik ................................................................................................ 5 2. Ziele der Arbeit ................................................................................................. 7 II. Die neue EU-Verordnung zu klinischen Prüfungen .............................................. 8 1. Aktuelle Lage .................................................................................................... 8 2. Ziele der Verordnung ........................................................................................ 9 3. Regelungsbereiche ........................................................................................... 9 a) Örtlich ........................................................................................................ 9 b) Sachlich ................................................................................................... 10 c) Inhalt im Überblick ................................................................................... 10 4. Voraussetzungen einer klinischen Prüfung ..................................................... 11 a) Allgemein ................................................................................................. 11 b) Formelle Voraussetzungen ...................................................................... 12 (1) Formelle Anforderungen des informed consent ....................................... 13 (2) Inhalt der Aufklärung ................................................................................ 13 (3) Sonderregelung bei Gruppenversuchen .................................................. 14 III. Der Schutz der vulnerablen Personen................................................................ 14 1. Besonderheiten in den formellen Voraussetzungen ....................................... 15 a) Einwilligung und Aufklärung ..................................................................... 15 b) Sonderform der Antragsbewertung .......................................................... 16 2. Die verschiedenen vulnerablen Gruppen ........................................................ 17 a) Minderjährige ........................................................................................... 17 b) Einwilligungsunfähige .............................................................................. 18 c) Schwangere und Stillende ....................................................................... 19 2 d) Notfälle .................................................................................................... 20 e) Sonstige Personengruppen ..................................................................... 21 3. Differenzierung im Schutz ............................................................................... 22 a) Bedeutung der Vulnerabilität für die Patientenautonomie ........................ 22 b) Patienten und Probanden bzw. gesunde und erkrankte Teilnehmer ....... 24 c) Vergleich des Minderjährigen- und Einwilligungsunfähigenschutzes ....... 25 d) Vergleich zu den Schwangeren und Stillenden........................................ 27 e) Notfallforschung und der Umgang mit vulnerablen Personen .................. 27 f) Sonstige Personen .................................................................................. 28 g) Zusammenfassung .................................................................................. 28 4. Probleme und Folgen des VVO ...................................................................... 29 a) Allgemein ................................................................................................. 29 b) Rechtliche Probleme ................................................................................ 30 c) Zu den formellen Voraussetzungen ......................................................... 31 d) Zu den materiellen Voraussetzungen ...................................................... 32 IV. Das Verhältnis zur Deklaration von Helsinki (2013) ........................................... 34 1. Allgemeine Voraussetzungen ......................................................................... 34 2. Schutz der vulnerablen Personen ................................................................... 36 3. Zusammenfassung ......................................................................................... 37 V. Das Verhältnis zum gegenwärtigen deutschen Recht ........................................ 38 1. Das Arzneimittelgesetz (AMG)........................................................................ 38 2. Allgemeine Anforderungen zum Schutz der Probanden ................................. 39 3. Normierungen zum Schutz vulnerabler Personen .......................................... 40 a) Erkrankte Personen ................................................................................. 40 b) Einwilligungsunfähige .............................................................................. 41 c) Minderjährige ........................................................................................... 42 d) Sonstige Personengruppen ..................................................................... 43 e) Notfälle .................................................................................................... 43 3 4. 5. Folgen aus dem Vergleich der VVO für Deutschland ..................................... 44 a) Für die Studienteilnehmer ........................................................................ 44 b) Rechtlich .................................................................................................. 45 Zusammenfassung ......................................................................................... 45 VI. Fazit ................................................................................................................... 47 Literaturverzeichnis................................................................................................... 49 4 Abkürzungsverzeichnis AM Arzneimittel DvH Deklaration von Helsinki EWG Erwägungsgrund MS Mitgliedsstaat RL Richtlinie UAbs Unterabsatz VVO Verordnungsvorschlag WMA World Medicine Association 5 I. Einleitung Medizinischer Fortschritt führte in den letzten Jahrzehnten zu einer ständig ansteigenden Lebenserwartung der Bevölkerung sowie zur Erhöhung der Heilungs- und Überlebenschancen in der Krankenbehandlung. Dafür ist jedoch Forschung notwendig. Der Bedarf an Forschung in vielen medizinischen Bereichen erscheint auch heute noch grenzenlos. Ins Grenzenlose dürfen dabei Forschung und die mit ihr verbunden klinischen Prüfungen schon aus Achtung der Menschenwürde nicht ausufern. Sie müssen sich in einem ethischen Rahmen bewegen, der den Menschen nicht zum Objekt macht und dennoch gleichzeitig den Fortschritt ermöglicht. 1. Die Problematik Es muss ein scheinbar unmöglicher Spagat absolviert werden, der nicht nur durch hinzutretende wissenschaftliche, sondern auch durch das wirtschaftliche Interesse der Pharmaindustrie erschwert wird. Es gleicht einer rechtlich-ethischen Gratwanderung. Dies gilt insbesondere bei vulnerablen Versuchspersonen.1 Als vulnerable Personen sind diejenigen einzuordnen, die aufgrund ihrer Verletzlichkeit, z.B. weil sie sich in einem Abhängigkeits- oder Unterordnungsverhältnis befinden, eine besondere Schutzbedürftigkeit aufweisen.2 Einwilligungsunfähige, Minderjährige, Schwangere sowie Gefangene zählen zu diesen Personengruppen. Sie bedürfen des besonderen Schutzes, da sie sich aufgrund ihrer z.B. eingeschränkten Möglichkeit der Willensäußerung in einem Abhängigkeitsverhältnis zu einem gesetzlichen Betreuer, des Staates oder des Arztes befinden oder da Entscheidungen Auswirkungen über ihre Person hinaus haben. Gleichzeitig sind klinische Studien mit diesen Personengruppen notwendig, da sie zu den Hauptkonsumenten von Arzneimitteln zählen. Jede Gruppe innerhalb der vulnerablen Personen hat dabei einen anderen Hintergrund: Es existieren Unterschiede in der Auffassungsgabe, Einsichtsfähigkeit, in der Autonomie oder Tragweite ihrer Entscheidung – Faktoren, die bei einer klinischen Studie und der notwendigen Einwilligung nach Aufklärung berücksichtigt werden müssen. 1 2 Deutsch, Medizinrecht S. 977. vgl. Damm, MedR 2012 S. 201. 6 Einige Forschungsprojekte sind durch die Seltenheit der Krankheit auf länderübergreifende klinische Prüfungen angewiesen, die auch vulnerable Personen einbeziehen. Unterschiedliche nationale Normierungen erschweren nicht nur die Forschung, sondern bergen auch Gefahren der Verletzung von Patientenrechten aufgrund von Unwissenheit. Die Europäische Union veröffentlichte gemäß ihrer Kompetenz aus Art. 114, 168 Abs. 4 c AEUV im Sommer 2012 einen ersten Vorschlag für eine Verordnung zu klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG.3 Dabei wird sich auch dem Schutz der vulnerablen Personen in differenzierter Form gewidmet. Die Verordnung verfolgt einen weiteren Hauptzweck: Den Wurzeln der EU entsprechend soll insbesondere der Forschungsstandort „Europa“ neben dem Patientenschutz nicht nur erhalten, sondern attraktiver werden. Attraktiv ist ein Forschungsstandort, wenn die Forschung durch einfache Regelungen erleichtert wird, aber auch wenn sich Ärzte nicht gleichzeitig in einen ethischen Gewissenkonflikt begeben müssen. In Deutschland werden neue Regelungen zu medizinischen Versuchen aufgrund der Verbrechen während des Naziregimes stets kritisch betrachtet und insbesondere ethisch schwierige Themen intensiv diskutiert: Bundesärztekammer und Bundestag kritisierten den ersten Entwurf als unzureichend.4 Währenddessen wurde von anderer Seite die Kritik zurückgewiesen, dass die Verordnung nicht nur der international anerkannten Leitlinie der Good Clinical Practice entspräche, sondern auch die Deklaration von Helsinki (DvH) achte.5 Der neu vorgelegte Entwurf vom 20. Dezember 2013, der als die endgültige Variante angesehen und wohl vom Plenum des Europäischen Parlaments angenommen wird,6 versucht der Kritik entgegen zu treten. Auch im Bereich des Schutzes vulnerablen Personen wurden noch einmal Änderungen getroffen. 3 Richtlinie 2001/20/EG vom 04.04.2001 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung der guten klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln, ABl. L 121 S. 34, 01.05.2001. 4 Klinkhammer/Korzilius/Richter-Kuhlmann, DÄBl 2013 S. 1355. 5 Klinkhammer/Korzilius/Richter-Kuhlmann, DÄBl 2013 S. 1355. 6 Ziegler, daz-online vom 23.01.14, auch angenommen vom Gesundheitsaus-schuss am 22. Januar 2014 vgl. Korzilius DÄBl 2014 B 140. 7 2. Ziele der Arbeit Die Differenzierung des Schutzes vulnerabler Gruppen im Verordnungsvorschlag soll im Mittelpunkt der folgenden Betrachtungen stehen. Genauer wird dabei die Berücksichtigung der persönlichen Fähigkeiten und Verhältnisse in den Normierungen analysiert, insbesondere hinsichtlich des Gesundheitsschutzes und der Selbstbestimmung verbunden mit der Achtung des Menschen als Subjekt der Forschung. Dies soll ermöglichen, Aussagen über die Effektivität sowie Zweckmäßigkeit des differenzierten Schutzes und deren Auswirkungen in der Praxis zu treffen. Abschließend wird untersucht, inwieweit der Vorschlag vom 20. Dezember 2013 den Grundsätzen der Deklaration von Helsinki 7 entspricht und welche Unterschiede sich im Vergleich zum gegenwärtigen deutschen Recht im Bereich des Schutzes vulnerabler Personen ergeben. 7 abrufbar am 09.12.13 unter: http://www.wma.net/en/30publications/10policies/b3/. 8 II. Die neue EU-Verordnung zu klinischen Prüfungen 1. Aktuelle Lage Seit Jahren sind die Zahlen der klinischen Studien in der EU rückläufig: Zwischen 2007 und 2011 sind diese laut der Kommission um bis zu 25 % zurückgegangen besonders stark im Jahr 2011.8 Uneinheitliche Formblätter und unterschiedliche Regularien in den Ländern behindern das Fortschreiten der Forschung. Derzeit bezieht sich diese auf Erkrankungen wie z.B. das nicht kleinzellige Bronchialkarzinom, die aufgrund ihrer begrenzten Patientenzahlen nur durch länderübergreifende Studien Aussicht auf ein signifikantes Studienergebnis haben können9. Länderübergreifende Studien verlangen nicht nur nach einheitlichen Formularen, sondern auch nach einheitlichen Schutzvorschriften. Bereits durch die Richtlinie 2001/20/EG hatte man eine Vereinheitlichung der Normen sowie eine Verbesserung der Sicherheit und ethischen Vertretbarkeit angestrebt. Es musste jedoch festgestellt werden, dass diesbezüglich Unzufriedenheit herrscht.10 Trotz der Richtlinie (RL) gibt es derzeit in der EU noch zu unterschiedliche Regelungen zu den klinischen Prüfungen. Das geht auch aus den Berichten hervor, die im Vorfeld der Entwicklung der Verordnung erstellt wurden. Die Harmonisierung konnte durch die RL 2001/20/EG lediglich teilweise erreicht werden, vgl. EWG 4 VVO.11 Hinsichtlich des Patientenschutzes wurden insbesondere Neuerungen im Bereich der Forschung der Notfallmedizin als notwendig erachtet.12 Die notfallmedizinische Forschung beginnt erst in den letzten Jahren in den Mittelpunkt zu rücken, nachdem sie längere Zeit nahezu zum Erliegen gekommen war. Insbesondere die Problematik der Situation regt seit Jahren die Diskussion nicht nur in Deutschland an.13 8 Korzilius/Richter-Kuhlmann, DÄB 2013 B 1356 i.V.m. Europäische Kommission im Entwurf vom 17.07.12 deutsche Version S. 2. Fn 2, 3. 9 Wörmann, Bernd in: Korzilius/Richter-Kuhlmann, DÄBl 2013 S. B 1353; Dienemann, PharmaR 2012 429 (430) 10 vgl. Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen vom 21.08.2012 S.1. 11 Stellungnahme von: BfArm/ PEI Stellungnahme 2011 S. 1 f.; Association of British Insurers Mai 2011; Copenhagen University Hospital 9.03.2011 S. 3. 12 Stellungnahme von: Department of Health & Child Ireland S. 3; Portuguese Ethical Committee for clinical Research 13.05.2011. 13 vgl. Dick, Notfallmedizin 2006 S. 352. 9 2. Ziele der Verordnung Der Grund für die Ausarbeitung des Gesetzestextes ist die Vereinheitlichung der Vorschriften, was insbesondere durch die Wahl der Einführung einer Verordnung auf der europäischen Gesetzgebungsebene verdeutlicht.14 Allein eine Harmonisierung der Regelungen durch die Richtlinie (RL) 2001/20/EG hat sich als nicht ausreichend herausgestellt. Es sind EU-weit einheitliche Normen notwendig für eine konsequente Harmonisierung, die durch eine Verordnung als europäischen Rechtsakt und seiner unmittelbaren Wirkung (Art. 288 UAbs. 2 AEUV) effektiver erreicht werden kann. Auch die geplante Verordnung in der Fassung vom 20.12.2013 stellt im ersten Erwägungsgrund das Wohlergehen, die Sicherheit, Rechte und die Würde der Teilnehmer in den Vordergrund. Auch wenn die nachfolgende Begründung in den Erwägungsgründen verstärkt auf die Möglichkeiten der Umsetzung von klinischen Studien in der EU unter dem Einfluss der derzeitigen RL und die nun angedachten Wege der Vereinfachung und Förderung eingeht, lässt der VVO nie das Ziel des Patientenschutzes außer Acht. 3. Regelungsbereiche Die Verordnung als Rechtsakt der Europäischen Union ist in ihrem Geltungsbereich ausführlicher zu untersuchen. a) Örtlich Verordnungen der EU sind in allen Mitgliedsstaaten unmittelbar anzuwenden.15 Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Einigkeit in der Gesetzgebung in einem Staatenbund mit vielen Mitgliedern nicht immer erzielt werden kann und einzelne Staaten die Anwendung der Verordnung ablehnen.16 Derzeit ist nicht ersichtlich, dass auch bei der geplanten Verordnung Staaten die generelle Anwendung für sich ausschließen dürfen. Es besteht aber die Möglichkeit schärfere bzw. genauere Gesetze zu erlassen, so z.B. beim Schutz von Einwilligungsunfähigen Art. 30 (1a) VVO17 – wohl eine Konsequenz aus der Kritik des Ab- 14 Dienemann/Wachhausen, PharmaR 2012 S. 429, Ziegle;, daz.online vom 23.01.14. Streinz, Europarecht Rn. 467 f. 16 z.B. Rom I-VO (kollisionsrechtlichen Verordnung) Dänemark hat die Anwendung ausgeschlossen, Art. 1 IV Rom I-VO, EWG 46 sowie Schaffung eines Sonderstatuts durch „Opt-in“ Option des Vereinigten Königreichs und Irlands vgl. Güllemann, Internationales Vertragsrecht S. 21 6.3.2. 17 im Folgenden genannte Artikel beziehen sich auf den VVO. 15 10 falls des derzeitigen Schutzniveaus.18 Insgesamt ist mit einem EU-weiten Anwendungsbereich des Verordnungsvorschlags (VVO) zu rechnen. b) Sachlich Der Titel des VVO definiert bereits den Anwendungsbereich: Die Normen sind anzuwenden auf klinische Prüfungen von Arzneimitteln für Menschen. Dabei ist unter einem Arzneimittel unter Bezugnahme auf RL 2001/83/EC jeder Stoff und jede Stoffzusammensetzungen zu verstehen, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind. Des Weiteren zählen auch Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen, vgl. Art. 1 (2) 2001/83/EC iVm. Art. 2 VVO. Ebenso eingeschlossen von der Verordnung sind radioaktive Medikamente. Nicht-interventionelle Studien, die nur Umfragen unter Medizinern ohne zusätzliche Intervention oder „Data Mining“ darstellen, werden nicht erfasst.19 c) Inhalt im Überblick In 93 Artikeln stellt die Verordnung ein Regelwerk zu den klinischen Prüfungen für Humanarzneimittel zur Verfügung sowie zu Beginn einen langen Katalog an Legaldefinitionen. Die Vielzahl der Artikel lässt bereits die Komplexität der neuen Regelung erahnen (vgl. RL 2001/20/EG 24 Artikel). Art. 3 definiert einen wichtigen Grundsatz für alle klinischen Prüfungen: Die Rechte, die Sicherheit, die Würde und das Wohl der Probanden muss geschützt sein und über allen anderen Interessen stehen (erster Anstrich). Die Studie muss darauf ausgerichtet sein, zuverlässige und solide Daten hervorzubringen (zweiter Anstrich). Der VVO normiert den gesamten Bereich der Zulassung und Durchführung einer klinischen Prüfung: Von den Antragsvoraussetzungen sowie die Zuständigkeit der Bewertung und Entscheidung über den Antrag, Anfang und Ende der Prüfung und den 18 vgl. §§ 40, 41 AMG, Kritik aus Deutschland zum Abfall des Schutzniveaus 1. VVO: Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe vom 08.02.13; allgemein: Kuhrt spiegel-online vom 20.03.13. 19 VVO v. 17.07.2012 S. 4. 11 dabei zu beachtenden Patientenschutz bis hin zu Kontrollen und Kooperationen der Mitgliedsstaaten. Die wichtigsten Neuerung sind dabei die Einführung eines koordinierten Genehmigungsverfahrens, um weitestgehend Harmonisierung zu ermöglichen, sowie die Einführung eines zentralen Online-Portals für die Genehmigungsanträge, Art. 5 (1) VVO. Insbesondere multinationale Studien werden koordiniert: Lediglich ein Mitgliedstaat (MS) ist Koordinator des Prüfungsantrags. Betroffene MS haben im Teil I des Bewertungsberichts nur Mitspracherechte. Unter bestimmten Voraussetzungen hat ein betroffener MS die Möglichkeit, sich nicht an der Studie zu beteiligen (Opt-out), vgl. Art. 6 Abs. 1, Art. 8 Abs. 2 iVm. Art. 19 VVO. Ein großer Kritikpunkt nach der Veröffentlichung des ersten Entwurfs im Juli 2012 war die Stellung der Ethikkommissionen:20 Die Ethikkommissionen der MS wirken im neuen VVO bei der Bewertung des Antrags mit, Art. 9 Abs. 1. Ohne diese Mitwirkung und Zustimmung kann keine Genehmigung der Prüfung erfolgen, Art. 8 Abs. 3a, 3. Alt. Durch den VVO wird die klinische Prüfung in verschiedene Kategorien durch Legaldefinitionen eingeordnet: Minimal-interventionelle klinische Studien Art. 2 (3), nicht-interventionelle Studien Art. 2 (4) und die klinischen Studien im herkömmlichen Sinne Art. 2 (2). Klinische Prüfungen mit einem niedrigen Risiko werden erleichtert. In Cluster-randomisierten Studien ist es nicht mehr notwendig, jeden Patienten einzeln aufzuklären.21 4. Voraussetzungen einer klinischen Prüfung a) Allgemein Zur Einhaltung des allgemeinen Grundsatzes des Art. 3 sind die Mindestvoraussetzungen der Art. 28, 29 für einen klinischen Versuch einzuhalten: Der klinische Versuch muss zur Gesundheit des Patienten oder der Allgemeinheit beitragen (Abs. 1 a) – es können also klinische Prüfungen sowohl an gesunden sowie an erkrankten Teilnehmern durchgeführt werden. Dabei dürfen nur so wenig wie möglich Angst, Unwohlsein, Schmerzen und andere vorhersehbare Risiken in Kauf genommen werden, 20 Bundesärztekammer, Pressemitteilung v. 24.09.12; Grabar ZEIT ONLINE v. 21.02.13; ALfA, Pressemitteilung vom 25.09.12. 21 dazu genauer siehe II. 3. c). 12 Art. 28 (1) ea VVO. Risikoschwelle und Schmerzintensität müssen konstant überwacht und im Protokoll festgehalten werden. Die Durchführung darf gem. Art. 28 (1) ba, c nur nach Einholung der schriftlichen Einwilligung nach Aufklärung des Probanden erfolgen. Wenn dies nicht möglich ist, ist sein gesetzlich benannter Vertreter nach vorheriger Aufklärung i.S.v. Art. 29 (1) befugt einzuwilligen. Dazu gehört ebenso, dass Proband oder gesetzlicher Vertreter Kontaktdaten für den Notfall oder, falls weitere Informationen notwendig sind, erhalten (Art. 28 (1) ec). Die geistige und körperliche Integrität müssen gewahrt werden, ebenso wie die Intimsphäre und der Schutz der persönlichen Daten, vgl. Art. 28 (1) e. Neu eingeführt wurden an dieser Stelle datenschutzrechtliche Anforderungen: Es besteht die Pflicht zur Veröffentlichung der Ergebnisse von klinische Studien, bei Zulassungsstudien müssen außerdem die ausführlichen klinischen Studienberichte (Clinical Study Reports) veröffentlicht werden. Da es sich dabei teilweise um Verwendung von patientenbezogenen Daten handelt, muss hierzu zuvor eine Zustimmung zur Veröffentlichung personenbezogener Daten von den Teilnehmern eingeholt werden, Art. 28 (2a). Eine Verwendung der Daten darf nur zu rein wissenschaftlichen Zwecken erfolgen und unter Achtung des Datenschutzes. Die Zustimmung in die Datenverwendung kann jederzeit widerrufen werden. Die medizinische Sicherheit des Probanden wird durch die Behandlung durch einen ausreichend qualifizierten Arzt bzw. Zahnarzt gewährleistet, vgl. Art. 28 (1) eb. Ein unangemessener finanzieller Anreiz zur Teilnahme an Studien darf auch weiterhin gem. Art 28 (1) ed nicht gesetzt werden, damit sind Aufwandsentschädigungen möglich. Ein Rücktritt von der Teilnahme ist durch den Probanden bzw., wenn dieser nicht einwilligungsfähig ist, durch seinen gesetzlich benannten Vertreter ohne Angabe von Gründen möglich. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf die bisherigen Tätigkeiten und die zuvor zugestimmte Verwendung der Daten, Art. 28 (3). b) Formelle Voraussetzungen Formelle Voraussetzungen sind die vorherige Genehmigung gem. Art. 4, Prüfung der ethischen Vertretbarkeit der beantragten klinischen Prüfung durch eine unabhängige Ethikkommission gem. Art. 4 S. 2 sowie die Einholung des informed consent. Diese 13 wahrt das Selbstbestimmungsrecht des potentiellen Teilnehmers und ist damit ein Kriterium des Teilnehmerschutzes und soll im Folgenden genauer vorgestellt werden. (1) Formelle Anforderungen des informed consent Die Einwilligung nach der entsprechenden Aufklärung (informed consent) muss schriftlich, datiert und unterschrieben worden sein, sowohl durch den Probanden sowie durch die Person, die die Aufklärung durchführt, Art. 29 (1). Zwar soll die Einwilligung nach der erfolgten Aufklärung grundsätzlich schriftlich erfolgen, ist der potentielle Teilnehmer z.B. aufgrund von Verletzungen dazu nicht fähig, soll ein unabhängiger Dritter herangezogen werden. Dieser Zeuge datiert und unterschreibt an Stelle des Teilnehmers. Eine Kopie des informed consent soll bei dem Probanden verbleiben, Art. 29 (1) S. 4. Dieser Vorgang ist zu dokumentieren. Vor der Einwilligung muss dem Probanden ausreichend Zeit gegeben werden, um die Teilnahme an dem klinischen Versuch abwägen zu können. Die Aufklärung hat in ihrer Methodik und Ausmaß entsprechend den persönlichen Fähigkeiten des Probanden zu erfolgen, Art. 29 (2) b, (2b). Alle Information des Abs. 2 müssen dem Probanden schriftlich vorbereitet zur Verfügung gestellt werden, Art. 29. Die Aufklärung hat in einem Einzelgespräch stattzufinden durch einen ausreichend nach dem Recht des betroffenen MS qualifizierten Mitglieds des Forschungsteams, Art. 29 (2) c. Die Informationen sollen umfassend in einer klaren, präzisen und verständlichen Weise entsprechend den Bedürfnissen des individuellen Teilnehmers gegeben werden (b). Da die Aufklärung explizit Auswirkungen auf die medizinische Sicherheit des Teilnehmers hat, sollte der EWG 22 a auch ausschlaggebend sein, so dass die Aufklärung durch einen Arzt bzw. Zahnarzt erfolgen sollte. (2) Inhalt der Aufklärung Ziel des Aufklärungsgesprächs ist es, den potentiellen Teilnehmer ausreichend über die klinische Prüfung zu informieren, Art. 29 (2c). Dabei muss über den Zweck, die Gründe, die Vorteile, Folgen, Risiken und Nachteile sowie Dauer und Bedingungen der Studie aufgeklärt werden. Da der Proband sich auch gegen die Teilnahme am Versuch entscheiden kann, muss auch über die alternativen Behandlungsmöglichkeiten sowie die Folgen des Abbruchs informiert werden, Art. 29 (2) a (iv). 14 Ebenso ist der Teilnehmer hinzuweisen auf die Möglichkeit der Nichtteilnahme und des Rücktritts ohne Begründung vom Versuch, die Probandenversicherung (Art. 29 (2) d) sowie die EU – Versuchsnummer und die Verfügbarkeit der Versuchsergebnisse gem. Abs. 4. Die Versuchsergebnisse, die in der EU-Datenbank veröffentlicht werden, müssen in einer für den Laien verständlichen Form wiedergegeben werden. (3) Sonderregelung bei Gruppenversuchen Eine Sonderstellung hat die Aufklärung gem. Art. 29a: In Gruppenversuchen kann unter bestimmten Voraussetzungen auf eine individuelle Aufklärung verzichtet werden, wenn die Prüfung ausschließlich in einem MS erfolgt und dieser das vereinfachte Vorgehen nach Abs. 2 erlaubt bzw. dies nicht gegen nationales Recht verstößt, Art. 29a (3) aa. Inhaltlich muss auch diese Aufklärung weiterhin den Anforderungen des Art. 29 (2) a, b, d, e genügen. Eine Ablehnung nach der Gruppenaufklärung ist durch den einzelnen potentiellen Probanden möglich, Art. 29 (2) b. Des Weiteren muss aufgrund der Versuchsmethodik der Gruppenversuch besser geeignet sein als der Einzelversuch, um verschiedene Ergebnisse aus der Studie zu erhalten, Art. 29 (3) b. Dabei darf der Teilnehmer nicht mehr Risiken ausgesetzt sein als bei der Standardbehandlung. Da eine individuelle Aufklärung stets mehr auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten des Probanden selbst eingeht, ist dies nur bei minimal-interventionellen Versuchen zulässig, wenn die Arzneimittel im Rahmen der Marktzulassung verwendet werden. Der Prüfplan muss gem. Art. 29a (3) c die vereinfachte Form der Aufklärung und Einwilligung sowie den Umfang der zur Verfügung zu stellenden und gegebenen Informationen enthalten und rechtfertigen. Alle Ablehnungen sowie Rücktritte müssen durch den Forscher aufgeführt werden. Ebenso hat er sicherzustellen, dass keine Daten von nicht teilnehmenden oder zurückgetretenen Personen gesammelt werden, Art. 29 (4). III. Der Schutz der vulnerablen Personen Auch der Patientenschutz der vulnerablen Gruppen ist in den Ländern unterschiedlich. Klinische Studien sollen die neuen Arzneimittel an repräsentativen Gruppen ermöglichen (vgl. EWG 10a), also an den Menschen, die auch später diese Medika- 15 mente einnehmen sollen. Eine Testung an diesen Personengruppen stellt mit der höchsten Wahrscheinlichkeit sicher, dass Wirkungen, Nebenwirkungen und Kontraindikationen für diese bestimmten Patienten bekannt sind. Der Schutz von vulnerablen Personen ist von Bedeutung, da Menschen dieser Gruppe besonders anfällig für Krankheiten oder Verletzungen sind, beispielsweise aufgrund des alterstypischen Verhaltens oder von Gebrechlichkeit. Sie sind damit die Hauptkonsumenten der Medikamente. Durch ihre körperliche und geistige Konstitution sind sie zusätzlich besonders schützenswert im Rahmen dieser Studien. Der VVO geht u.a. auf die vulnerablen Gruppen der Einwilligungsunfähigen, Minderjährigen, Schwangeren, Stillenden sowie ungeborenen Kinder, Militärangehörigen, Gefangenen und Angeklagten ein. Sie alle sind im Sinne des Vulnerabilitäts-Begriffs22 in einem besonderen Maß verletzlich: Deswegen verlangt bereits EWG 22 a.E., dass besonders für diese Gruppen ein gesonderter Schutz errichtet werden muss. Allgemein widmet sich der VVO im Rahmen des Kapitels 5 dem Patientenschutz und dem notwendigen informed consent. Insbesondere in den Art. 30 – 32 sowie in den entsprechenden Erwägungsgründen finden sich Regelungen zu den verschiedenen vulnerablen Personen. 1. Besonderheiten in den formellen Voraussetzungen a) Einwilligung und Aufklärung Neben den allgemeinen formellen Vorschriften zum informed consent des Art. 29 beinhaltet der VVO hierfür Besonderheiten beim Umgang mit vulnerablen Gruppen, insbesondere den Einwilligungsunfähigen und Minderjährigen. Einwilligungsfähigkeit besteht, wenn der potentielle Teilnehmer einsichts- und urteilsfähig ist. Das sind Eigenschaften, die Minderjährige und Einwilligungsunfähige nur in unzureichendem Maß haben.23 Ähnlich geht der VVO auch selbst vor: Generell muss die Aufklärung an die Vulnerabilität angepasst werden. Wenn der Teilnehmer nicht einwilligungsfähig ist, sei es aufgrund des Alters, der körperlichen oder geistigen Fähigkeit, muss eine entsprechende Information über die Studie erfolgen, Art. 31 (1) b, Art. 30 (1) b, Art. 29 (2) b. 22 23 vgl. S. 1; Damm, MedR 2013 S. 201. Coester-Waltjen, MedR 2012 S. 553 (554). 16 Die Aufklärung bzw. Information hat stets durch einen Arzt zu erfolgen, der in dem Forschungsteam auf dieses Gebiet spezialisiert ist. Die Einwilligung in den Versuch selbst erfolgt durch den gem. Art. 2 (18) gesetzlich berufenen Vertreter (Art. 31 (1) a Minderjährige, Art. 30 (1) lit. a Einwilligungsunfähige). Gesetzlich berufener Vertreter ist jede natürliche oder juristische Person, die dem nationalen Recht des betroffenen Mitgliedsstaats entsprechend im Namen des Einwilligungsunfähigen oder des Minderjährigen dazu ermächtigt worden ist. Unter diesen Umständen soll die Kopie der Aufklärung dem gesetzlichen Vertreter übergeben werden. Die Regelungen des Art. 29 setzen nationalen Regelungen, die die Unterschrift des Einwilligungsunfähigen und des gesetzlichen Vertreters verlangen, nicht außer Kraft gem. Art. 29 (3a). Ebenso bleiben gem. Art. 29 (3b) Normen in Kraft, die die Beachtung der Meinung eines minderjährigen Probanden fordern, so lange dieser in der Lage ist, sich eine Meinung zu bilden und die Tragweite der Informationen zu verstehen. Generell sind Minderjährige gem. Art. 31 (2) und Einwilligungsunfähige gem. Art. 30 (2) entsprechend ihrer Fähigkeiten am Aufklärungsgeschehen zu beteiligen und ihr ausdrücklicher Wunsch hinsichtlich der Teilnahme ist zu respektieren Art. 31 (1) c, Art. 30 (1) c. Zu beachten ist, dass bei Erreichung der Volljährigkeit während der klinischen Prüfung nach dem nationalen Recht des betroffenen MS die Prüfung gem. Art. 31 (2a) erst nach Einholung des informed consent des Jugendlichen fortgeführt werden kann. Die vereinfachte Gruppenaufklärung i.S.v. Art. 29a ist für vulnerable Personen nicht ausgeschlossen. b) Sonderform der Antragsbewertung Jede klinische Prüfung bedarf einer Genehmigung gem. Art. 4 S. 1, die durch eine unabhängige Ethikkommission hinsichtlich der ethischen Vertretbarkeit zuvor untersucht werden muss. Dazu muss ein Antrag gestellt werden, der die Voraussetzungen gem. Art. 5 (1) erfüllt. Art. 10 fordert darüber hinaus zum Schutz der vulnerablen Personen, dass bei der Bewertung von Anträgen für klinische Studien mit Beteiligung 17 von Einwilligungsunfähigen, Minderjährigen, Schwangeren sowie Stillenden Experten der verschiedenen Bereichen mit herangezogen werden müssen. 2. Die verschiedenen vulnerablen Gruppen a) Minderjährige Für Minderjährige sind gesonderte Voraussetzungen nötig, da Körper und Psyche sich noch entwickeln. Sie sind keine kleinen Erwachsenen.24 Der VVO widmet sich ihnen als erste Gruppe von vulnerablen Personen innerhalb der Legaldefinitionen des Art. 2 (1). Minderjährig sind Personen, die nach dem Recht des betroffenen Mitgliedsstaats noch nicht alt genug sind, um nach vorheriger Aufklärung einzuwilligen. Regelungen zum Schutz der Minderjährigen können Art. 31 entnommen werden: Neben den Voraussetzungen des Art. 28 muss der informed consent des gesetzlich berufenen Vertreters vorliegen und der Minderjährige muss altersgemäß und seinen geistigen Fähigkeiten entsprechend informiert worden sein durch den Forscher oder ein Mitglied des Forschungsteams, das spezialisiert oder erfahren im Umgang mit Kindern ist. Es darf kein Anreiz gestellt werden zur Teilnahme. Unberührt davon bleiben der Ausgleich der Kosten durch die Teilnahme sowie der Verdienstausfall, Art. 31 (1) d. Nur Versuche mit einem direkten Bezug zur Erkrankung des Minderjährigen oder die nur mit nichtvolljährigen Personen durchgeführt werden können, sind gem. Art. 31 (1) f zulässig. Damit ist eine klinische Prüfung sowohl an erkrankten als auch an gesunden Kindern und Jugendlichen möglich. Für die Durchführung einer klinischen Prüfung müssen wissenschaftliche Gründe vorliegen, dass der Minderjährige einen direkten Vorteil durch die Teilnahme erlangen wird, der die Risiken und Belastungen des Versuchs überwiegt, Art. 31 (1) h 1. Hs. Des Weiteren ist auch die Erwartung eines gewissen Nutzens für diese betroffene Gruppe von Minderjährigen ausreichend. Es dürfen nur minimale Risiken und minimale Belastungen im Vergleich zur Standardbehandlung auf den Teilnehmer zukommen (2. Hs). Was dabei unter „minimal“ zu verstehen ist, bleibt offen. Auch der Vergleich zur Standardbehandlung stellt nur eine vage und relative Definitionsmöglichkeit dar: Eine Standardbehandlung kann bereits starke Belastungen und Risiken 24 zur Beachtung der körperlichen Besonderheiten: Heinrichs (2006) S. 261. 18 mit sich bringen, wie etwa bei einer Chemotherapie (u.a. je nach Pharmakon Haarausfall, Erbrechen, Anämie usw.).25 Andere Schutzmaßnahmen für Versuche mit Gesunden müssen im Vergleich zu Erkrankten nicht beachtet werden. Der klinische Versuch muss gem. Art. 31 (1) e in Aussicht stellen, dass eine Behandlung für eine Krankheit entwickelt werden kann, welche nur Minderjährige betrifft oder trotz der Rücksichtnahme auf Kinder und Jugendliche zur Bestätigung von bereits gewonnener Daten aus klinischen Prüfungen mit einwilligungsfähigen Personen oder anderen Forschungsmethoden unerlässlich ist. b) Einwilligungsunfähige Auch einwilligungsunfähige Personen werden durch den VVO definiert: Personen gelten als einwilligungsunfähig, wenn sie aufgrund ihres Alters gemäß des Rechts des betroffenen Mitgliedsstaats unfähig sind eine Einwilligung zu erteilen, Art. 2 Abs. 17. Minderjährige, die altersunabhängig einwilligungsunfähig bleiben, z.B. aufgrund einer geistigen Behinderung, unterliegen dem Schutz der Einwilligungsunfähigen, Art. 2 a.E. Neben Art. 28 bestimmt der Art. 30 spezifische Voraussetzungen für die klinische Prüfung: Der Versuch muss in einer Verbindung mit der Erkrankung stehen, Art. 30 (1) f. Eine klinische Prüfung mit gesunden Einwilligungsunfähigen ist nach dem VVO nicht möglich. Es dürfen keine Anreize finanzieller oder sonstiger Art für die Teilnahme in Aussicht gestellt werden für den Einwilligungsunfähigen oder seinen gesetzlich berufenen Vertreter, Art. 30 (1) d. Trotz der Rücksichtnahme auf die Einwilligungsunfähigen ist ein Versuch möglich, wenn dieser notwendig ist und vergleichbare verfügbare Daten aus Prüfungen mit einwilligungsfähigen Personen oder anderen Forschungsmethoden nicht ausreichend sind, Art. 30 (1) e. Es muss wissenschaftlich begründbar sein, dass der einwilligungsunfähige Teilnehmer einen direkten Nutzen aus dem Versuch ziehen kann und dieser sowohl die Risiken als auch die dadurch entstehende Belastung überwiegt. Dennoch ist auch ausreichend, dass ein gewisser Vorteil für diese Gruppe von Einwilligungsfähigen in ei25 weiter zu den Auswirkungen: Keilholz, Klinische Pharmakologie S. 349. 19 nem lebensbedrohlichen oder sehr geschwächten Gesundheitszustand erreicht werden kann. Der Teilnehmer darf gem. Art. 30 (1) h (ii) nur einem minimalen Risiko und minimaler Belastung im Vergleich zur Standardbehandlung ausgesetzt werden. Art. 30 (1a), 30 (1) h (ii) ermöglicht striktere nationale Regelungen durch die MS für gruppennützige Versuche. c) Schwangere und Stillende Eine Studie mit Schwangeren und Stillenden birgt die besondere Gefahr, dass gleich zwei Menschen durch die Arzneimittelgabe gefährdet werden. Es ist damit besonderer Schutz erforderlich, der neben der Schwangeren oder Stillenden zusätzlich das Kind schützt, wofür bereits unter normalen Bedingungen gesonderte Regelungen aufgrund des Gefährdungspotentials bestehen.26 In Art. 31 a wird unter Beachtung der allgemeinen Regelungen des Art. 28 eine klinische Prüfung mit Schwangeren und damit einhergehend auch mit Feten und Stillenden ermöglicht, wenn ein direkter Nutzen nach Abwägung der Risiken und der Belastungen der Schwangeren/Stillenden oder des Embryos/Fötus/Neugeborenen erwartet werden kann. Ein direkter Nutzen ist nicht notwendig, wenn vergleichbare Wirksamkeitsergebnisse nicht durch Studien mit anderen Frauen erreicht werden können und dabei zumindest ein Nutzen für die Gruppe Schwangere, Stillende, Frauen mit Kinderwunsch oder Ungeborene/Kinder erreicht werden kann. Das eingegangene Risiko und die Belastung dürfen für die Teilnehmer nur minimal sein. Es werden keine Angaben gemacht, in welchem Bezug „minimal“ zu sehen ist. Einen direkten Zusammenhang der Forschung mit einer Erkrankung fordert Art. 31a nicht. Lit c hebt bei Stillenden noch einmal die Notwendigkeit der Vermeidung der Gefährdung des Kindes hervor. Es dürfen keine finanziellen Anreize zur Teilnahme gestellt werden, mit Ausnahme der Erstattung der notwendigen Kosten der Teilnahme an der Studie sowie Lohnausfälle (d). 26 zur Notwendigkeit: Heinrichs (2006), S. 175. 20 d) Notfälle Viele Medikamente kommen in Notfallsituationen zum Einsatz. Der Körper befindet sich in dieser Zeit in einem physischen und psychischen Ausnahmezustand. Oftmals ist es notwendig, dass eine Vielzahl von Arzneimitteln dem Patienten verabreicht werden muss. Das birgt auch die Gefahr von unerwünschten Nebenwirkungen. Eine Testung an Notfallpatienten ist unabdingbar, wirft aber das Problem der Einholung des informed consent auf. In Notfällen ist die Person nur eingeschränkt oder nicht einwilligungsfähig, was im Grunde eine notfallmedizinische Forschung ausschließt.27 Da diese jedoch notwendig ist, enthält auch der VVO in Art. 32, insbesondere von Art. 28, 30, 31 abweichende Voraussetzungen. Wann eine solche Notfallsituation vorliegt zeigt EWG 23 beispielhaft auf: Ein Notfall liegt vor, wenn z.B. ein Patient durch multiple Traumata, Schlaganfälle oder Herzinfarkte sich plötzlich in einem lebensbedrohlichen Zustand befindet, der ein unverzügliches Eingreifen erfordert. In entsprechenden Situationen sollen entgegen Art. 28 (1) ba, c Einwilligung und Aufklärung erst nach Beginn der klinischen Studie erfolgen, so lange die Voraussetzungen des Art. 32 (1) erfüllt werden: Der Patient ist aufgrund eines lebensgefährlichen Zustands oder einer anderen schweren geistigen Unzurechnungsfähigkeit nicht fähig, aufgeklärt zu werden. Rechtswirksam kann zur Teilnahme an einer klinischen Studie nicht eingewilligt werden, vgl. Art. 32 (1) (a). Des Weiteren muss die Studie, im direkten Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des Patienten stehen, aufgrund dessen keine Einwilligung und Aufklärung erfolgen kann (d). Wissenschaftliche Gründe lassen dabei darauf schließen, dass die Teilnahme eine direkte messbare Linderung oder Verbesserung seines Gesundheitszustands oder der Diagnose hervorruft, Art. 32 (1) (aa). Gemäß der gewählten Formulierung ist es fraglich, ob der VVO die Anwendung von Placebos im Rahmen der notfallmedizinischen Forschung zulässt. Placebos können nicht wissenschaftlich begründbar einen potentiellen Nutzen, wie verlangt, hervorrufen. Im Verhältnis zur Standardbehandlung darf nur ein minimales Risiko für den Studienteilnehmer eingegangen werden, vgl. Art. 32 (1) (e). 27 zur Notwendigkeit so auch Spickhoff, MedR 2006 S. 707. 21 Es besteht keine Möglichkeit, in einem therapeutisch vertretbaren Zeitrahmen einen rechtlichen Vertreter aufzuklären und entscheiden zu lassen, vgl. Art. 32 (1) (b). Außerdem dürfen keine durch den Patienten zuvor bereits erklärten Gründe gegen die Teilnahme an dieser Studie nach dem Wissen des Forschers vorliegen (c). Eine Einwilligung durch den Patienten oder wenn nötig seines gesetzlich bezeichneten Vertreters muss durch den Forscher ohne unnötige Verzögerung nachträglich eingeholt werden Art. 32 (2) (a), (b). Wenn der Teilnehmer wieder einwilligungsfähig ist, kann die Studie erst fortgeführt werden, wenn dieser unbeachtlich der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters in die Studie einwilligt (b). Falls nach begonnener Notfallstudie keine Einwilligung erfolgt, muss gesondert über die Verwendung der bereits gewonnen Daten informiert werden, Art. 32 (2a). Eine direkte Regelung des Verhältnisses der Normierungen von Minderjährigen sowie Einwilligungsunfähigen zu den Notfallstudien ist nicht enthalten. Wohl kann aber aus der expliziten Nennung der Minderjährigen und Einwilligungsunfähigen in Art. 32 (2) daraus geschlossen werden, dass auch bei diesen Gruppen in Notfällen Art. 32 VVO anzuwenden ist. e) Sonstige Personengruppen Noch im vorhergehenden Vorschlag des Gesundheitsausschusses28 wurden u.a. Gefangene und Personen mit besonderen Bedürfnissen explizit in den VVO einbezogen. Man hat sich demgegenüber dazu entschieden, diese in die Erwägungsgründe aufzunehmen. Eine Nennung einer Personengruppe an dieser Stelle ist dabei nicht als eine verbindliche Regelung anzusehen, sondern stellt eine Begründung des normativen Teils dar.29 Die Formulierungen des EWG 24 d weisen nur darauf hin, dass auch diese Gruppen eines gesonderten Schutzes bedürfen, da sie sich bereits in einem Abhängigkeitsverhältnis befinden, das innerhalb einer klinischen Prüfung ausgenutzt werden kann. Mithin wird nur der Grundsatz aufgestellt, dass die dort benannten Personen gesondert zu schützen sind. Zu den genannten Personengruppen zählen des Weiteren Verurteilte als auch Militärbedienstete. Diese befinden sich in einem intensiven Abhängigkeitsverhältnis zur 28 Entwurf des Gesundheitsausschusses vom Juni 2013 S. 104, 105. Europäische Union, Gemeinsamer Leitfaden für Personen, die an der Abfassung von Rechtstexten mitwirken 10.1. 29 22 staatlichen Gewalt, was wiederum die große Gefahr der Ausnutzung birgt. Intensiver Schutz ist hier ebenso notwendig. Auch beschäftigt sich EWG 24 d mit Personen, die aufgrund ihres Alters, ihres Gesundheitsstatus oder ihrer Behinderung in residential care institutions untergebracht sind. Die Ausgestaltung des Schutzes wird den MS überlassen. Es ist aber fraglich, wer zu dieser Personengruppe zählt. Residential care institutions sind Unterkünfte, die gleichzeitig eine stetige Versorgung mit jener Hilfe anbieten, die die Bewohner benötigen. Damit wird eine neue Gruppe geschaffen, die einen Sonderstatus im Vergleich zu den Einwilligungsunfähigen bilden, sich aber dennoch bereits in einem Abhängigkeitsverhältnis befinden. Es sind Einrichtungen mit Hilfeangeboten darunter zu zählen, die ausgerichtet sind auf das Alter, den Status der Gesundheit oder Behinderung. Es ist anzunehmen, dass z.B. das in Deutschland weitverbreitete „betreute Wohnen“ bereits die Mindestanforderungen erfüllt. Der VVO bezieht im direkten Gesetzestext entsprechend des EWG 24d diese Personengruppen nur in der Weise ein, dass es den Mitgliedsstaaten überlassen ist, im Rahmen des Art. 31 b VVO Teilnahmevoraussetzungen festzulegen. 3. Differenzierung im Schutz Der VVO beinhaltet eine bisher unbekannte Weite des differenzierten Patientenschutzes. Teilweise waren Schwangere in MS ungeregelt30 und die Gruppe der „Heimbewohner“ nicht in der RL 2001/20/EG erfasst. Patientenschutz muss so ausgestaltet werden, dass die ethischen Regeln der Forschung eingehalten werden: Dies bedeutet, dass zur Achtung der Menschenwürde die aus dem Belmont Report entwickelten Prinzipen des „respect of persons“- (Selbstbestimmungsrecht eingehalten durch den informed consent), das „beneficence“-Prinzip (Verpflichtung zur Nutzen-Risiko-Analyse) und das Gerechtigkeitsprinzip als Handlungsregeln angewandt werden müssen.31 a) Bedeutung der Vulnerabilität für die Patientenautonomie Die Vulnerabilität wird bei medizinethischen Betrachtungen in einem anderen Sinn verstanden als Philosophen und Mediziner ihn verwenden: Während in der Medizin darunter die Anfälligkeit für interne natürliche Krankheitsursachen durch etwa die 30 31 vgl. Deutschland, näher dazu in V. 3 d). Heinrichs, (2006) S. 117/118, 185 ff. 23 persönlichen Krankheitsdispositionen verstanden wird, sehen Philosophen darunter nach Schoppenhauer eine Bedingung, die negative und positive Pflichten wie z.B. Gerechtigkeit und Menschenliebe, hervorruft.32 In der Medizinethik wird die Vulnerabilität eher als individuelle Eigenschaft verstanden, welche sich nicht nur in Krankheit, Verletzung oder Behinderung 33 widerspiegelt, sondern auch in nicht unmittelbar medizinisch relevanten Defiziten wie Armut, finanzieller Abhängigkeit, Suggestibilität sowie Schamgefühlen, Angst oder Depressionen34. Die Autonomie beschreibt die Freiheit etwas zu tun und steht damit in einer engen Verbindung zur Vulnerabilität. Unfreiheit führt zu Verletzlichkeit.35 Insbesondere der von dem Rechtsphilosophen Feinberg geprägte Autonomiebegriff ist für das ArztPatienten-Verhältnis bzw. Forscher-Probanden-Verhältnis relevant: Autonomie ist bestimmt durch persönliche Fähigkeiten und situative Disposition, ist ein Charakterideal und moralisches Recht.36 Je mehr ein Patient davon aufweisen kann, desto freier wird seine Entscheidung und umso mehr zählt seine Stimme im Rahmen der Einwilligung. Doch vollkommene Autonomie ist ein Ideal, was nur selten erreicht wird. Gerade Patienten, denen es schwer fällt eine Meinung zu äußern bzw. zu bilden, müssen sich Dritter bedienen, verlieren an Autonomie und werden verletzlich. Was jedoch „Vulnerabilität“ und „Schutzbedürftigkeit“ genau bedeuten, ist sprachlich problematisch, da sie „unbestimmte Rechtsbegriffe“ sind.37 Das bietet im Rahmen der Verwendungen im Recht immer wieder Raum für Diskurs, wo die Chancen und Grenzen liegen und wie die ethischen und rechtlichen Schutzprinzipien auszugestalten sind.38 Die Schutzbedürftigkeit ist in jeder vulnerablen Gruppe anders, sie bezieht sich auf eine begrenzte Anzahl von Merkmalen, die eine bestimmte Art von Schutz notwendig macht.39 Hinzu kommt, dass nicht jeder in einer Gruppe gleicher Maßen intensiv schutzbedürftig ist: Z.B. kann es vorkommen, dass die Entscheidung bzw. Meinung eines zwölfjährigen Patienten aufgrund von persönlichem Wissen und Er- 32 Birnbacher, MedR 2012 S. 560. Heinrichs, (2006) S. 174 iVm. Fn 156. 34 Birnbacher, MedR 2012 S. 560. 35 Birnbacher, MedR 2012 S. 561. 36 Feinberg, S. 28. 37 Damm, MedR 2013 S. 201 38 vgl. Damm, MedR 2013 S. 201 (202); sowie Fn 9. 39 vgl. Birnbacher, MedR 2012 S. 560 (561). 33 24 fahrungen bereits mehr zu berücksichtigen ist als die eines behütet aufgewachsenen 13jährigen. Um den verschiedenen Gruppen und ihren einzelnen Personen trotz ihres Schutzbedarfs respektvoll und nicht abwertend gegenüber zu treten, muss im Rahmen der Selbststimmung das richtige Maß an Autonomie und Vertretung gefunden werden. Im Rahmen des informed consent steht der Forscher oftmals vor dem Problem, dass eine all umfassende Aufklärung durch die Komplexität der Studie schon bei gesunden, einwilligungsfähigen Probanden kaum möglich ist. Es muss ein ethisch vertretbares und ausreichendes Maß an Informationen für die Aufklärung vermittelt werden.40 Darüber hinaus darf nicht die Nutzen-Risiko-Bewertung der klinischen Studie für die einzelnen Patienten außer Acht gelassen werden. Dass Risiken durch die Studienteilnahme so minimal wie möglich gehalten werden, ist ein ethisches Gebot. 41 b) Patienten und Probanden bzw. gesunde und erkrankte Teilnehmer Bereits erkrankte Patienten haben aufgrund der Abhängigkeit von dem behandelnden Arzt größeren Schutzbedarf: Ein Gespräch auf Augenhöhe wird allein durch die Arzt-Patient-Beziehung erschwert. Der Patient möchte, dass sich der Arzt für die bestmögliche Hilfe entscheidet und um dies zu erreichen, werden Entscheidungen getroffen, die teilweise im „normalen“ Gesundheitszustand nicht getroffen worden wären.42 Der VVO bezieht sowohl gesunde als auch erkrankte Studienteilnehmer ein. Eine Unterscheidung, was die Schutzanforderungen anbelangt, kann dahingehend nicht ausgemacht werden. Ob dies wirklich notwendig ist, ist eher fraglich: Natürlich ist ein Patient mit einer Erkrankung unfreier und entscheidet sich teilweise schneller für eine Behandlung, die er unter normalen Umstände abgelehnt hätte. Normale Umstände bieten ihm jedoch auf der anderen Seite auch nicht das Wissen, um sich „für“ oder „gegen“ eine Behandlung bzw. für das Standardmedikament oder das noch zu Erprobende zu entscheiden. 40 Knoepffler, Bundesgesundheitsblatt 2008 S. 882. Groß, S. 424. 42 vgl. Birnbacher, MedR 2012 S. 560 (561). 41 25 Ein gesunder Proband ist ebenso schutzwürdig und muss sich der gleichen Problematik des Wissensgefälles zwischen seiner Person und dem Forscher stellen. Er kann nur wenig bis gar keinen Nutzen aus der Forschung ziehen, was im VVO nur wenig Berücksichtigung findet und das „beneficence“-Prinzip in Frage stellt. Der etwas stärkeren Abhängigkeit und der daraus resultierenden höheren Schutzbedürftigkeit des bereits Erkrankten muss durch ausreichende Bedenkzeit nach der Aufklärung entgegengetreten werden. Diese gewährt auch Art. 29 (1) a.E. Die genaue zeitliche Ausgestaltung muss in der Praxis unter Berücksichtigung der Krankheit, Risiko der vorgeschlagenen Behandlung und der individuellen Eigenschaften des potentiellen Teilnehmers erfolgen und kann nicht bereits explizit gesetzlich geregelt werden. c) Vergleich des Minderjährigen- und Einwilligungsunfähigenschutzes Schwierigkeiten treten auf, wenn die Schutzbedürftigkeit über die „normale“ Erkrankung hinausgeht und weitere Faktoren die Entscheidungsautonomie einschränken. Es ist fraglich, welche Merkmale ausschlaggebend sein sollen, ob die Entscheidung noch ausreichend autonom erfolgt, oder inwieweit eine Meinung in die Einwilligung einzubeziehen ist. Für die rechtliche Wirksamkeit einer Entscheidung ist die Einwilligungsfähigkeit ausschlaggebend. Dabei muss der Spagat gelingen zwischen ausreichender Selbstbestimmung und der Gefahr, dass der Proband/ Patient sich mit seiner Entscheidung selbst verletzt. Des Weiteren muss Schutz und Fürsorge geboten werden, Pflichten, auf die ein Arzt vereidigt wird, mit der Gefahr der Fremdbestimmung. 43 Beide werden durch ihren gesetzlichen berufenen Vertreter hinsichtlich der Einwilligung vertreten. Im Rahmen ihrer persönlichen Fähigkeiten werden auch sie informiert und ihre Meinung zur Teilnahme respektiert. Die Aufklärung der potentiellen Teilnehmer erfolgt entsprechend ihres Verständnisses. Für Kinder und Jugendliche ist explizit vorgesehen durch den VVO, dass dies durch Personen mit Erfahrung im Umgang mit Minderjährigen erfolgen soll. Warum der VVO nicht auch eine solche Regelung für Einwilligungsunfähige enthält, erstaunt. Der Umgang z.B. mit Personen mit Geisteserkrankungen erfordert ebenso Erfahrung und besonderes Einfühlungsvermögen. Zwar kommt es im normalen Klinikalltag öfter zum Kontakt mit Einwilli43 Taupitz, Biomedizinische Forschung S. 94 26 gungsunfähigen, so dass allgemein damit gerechnet werden kann, dass viele Ärzte mit dem Umgang vertraut sind, dennoch wäre zur Absicherung einer personengerechten Aufklärung und damit des Selbstbestimmungsrechts ein Hinweis zumindest in den EWG von Nutzen. Die Risiken und Belastungen, denen Minderjährige und Einwilligungsunfähige ausgesetzt werden dürfen, gleichen sich. Zusätzlicher Schutz besteht durch den Subsidiaritätsgrundsatz. Dennoch gibt es auch einen Unterschied: Eine klinische Prüfung ist gem. Art 31 (1) f auch bei gesunden Minderjährigen möglich, was bei Einwilligungsunfähigen nicht zulässig ist, Art. 30 (1) f. Im Rahmen von gruppennützigen Versuchen ist für beide Gruppen ausreichend, wenn lediglich ein gewisser Nutzen unter Beachtung von wissenschaftlichen Gründen in Aussicht steht – eine Regelung, die aus ethischer Sicht eher kritisch einzustufen ist.44 Im Zusammenhang mit der Risiko-Nutzen-Bewertung ist es unvorteilhaft, dass sich mit der unbestimmten Definition eines „minimalen“ Risikos eine weitere Möglichkeit für eine übermäßige Gefährdung bietet.45 Auch ein Vergleich mit der Standardbehandlung bietet keine derartige Einschränkung der Weite, da bereits diese krankheitsbedingt erhebliche Beeinträchtigungen mit sich bringen kann. Der gruppennützige Versuch ist bei Einwilligungsunfähigen nur in speziellen Situationen zulässig. Minderjährige müssen, sobald sie die Volljährigkeit erreichen, selbst noch einmal in die klinische Prüfung einwilligen – eine Möglichkeit, die es im Rahmen des Art. 30 VVO nicht gibt. Dies ist auch regelmäßig nicht notwendig, da die Einwilligungsfähigkeit gem. Art. 2 (17) über das Merkmal des Alters hinausgeht. Minderjährige und Einwilligungsunfähige unterscheiden sich in ihren Gründen der Einwilligungsfähigkeit, was sich trotz vieler Parallelen auch insgesamt in dem VVO wiederspiegelt. Dass die Einwilligungsfähigkeit stets bei Einwilligungsunfähigen beeinträchtigt bleibt, wird zu Recht deutlich in den eingeschränkteren gruppennützigen Versuchen. 44 45 dazu näher siehe III 2. ähnlich Groß, S. 424. 27 d) Vergleich zu den Schwangeren und Stillenden Bei Minderjährigen und Einwilligungsunfähigen ist es ausreichend, dass ein gewisser Nutzen im Rahmen eines fremdnützigen Versuchs für die jeweilige Gruppe hervorgeht. Für die Gruppen des Art. 31a VVO ist bei fehlendem Individualnutzen lediglich eine Wirksamkeitsstudie zulässig, was im Vergleich zu den anderen vulnerablen nur ein eingegrenztes Spektrum zulässt. Innerhalb dieser Studien ist es auch notwendig, dass nur ein minimales Risiko und minimale Belastungen eingegangen werden. Dabei wird jedoch keine Verhältnismäßigkeit zu einer Standardbehandlung aufgestellt, was eine noch stärkere Ungenauigkeit der Definition „minimal“ zur Folge hat.46 Gleichzeitig wird damit von einem niedrigeren Grundniveau ausgegangen. Da bei klinischen Studien mit Schwangeren und Stillenden auch Embryonen bzw. Neugeborene betroffenen sind, ist eine Begrenzung auf bereits weit in der Erforschung fortgeschrittene Arzneimittel notwendig, um das Nutzen-Risiko-Verhältnis wahren zu können. Bereits die Tatsache, dass die ethische Vertretbarkeit einer Studie mit Schwangeren und Stillenden nicht unumstritten ist, 47 muss sich eine deutliche Begrenzung im Vergleich zu den anderen vulnerablen Gruppen ergeben. Wirksamkeitsstudien sind dahingehend als noch vertretbar einzustufen, da es sich dabei um bereits weit in der Entwicklung fortgeschrittene Arzneimittel handelt. Der VVO revolutioniert mit seinen Bestimmungen nicht die Schwangerenforschung: Bereits in den USA wurden ähnliche Gesetzesvorgaben im Jahr 2005 geschaffen.48 Zusammenfassend schlägt der VVO eine vertretbare Möglichkeit vor, insbesondere mit dem Hintergrund, dass damit den Gefahren des Off-Label-Use entgegengetreten wird. e) Notfallforschung und der Umgang mit vulnerablen Personen Ein gesonderter Umgang mit vulnerablen Personen in Rahmen der Notfallforschung beabsichtigt der VVO nicht. Dies ist auch nicht erforderlich, da die Forschung mit Notfallpatienten nur in einem wesentlich engeren Rahmen möglich ist. Die Notfallsituation führt dazu, dass im Grunde alle potentiellen Teilnehmer nicht einwilligungsfä46 vgl. siehe III. 2. c. Biller-Andorno/ Wild, S. 306 ff. 48 Wild, S.67. 47 28 hig sind, so dass eine weitergehende Differenzierung zu einer Verkomplizierung der Gesetzeslage und möglicherweise Unanwendbarkeit führen könnte. Bei der Bewertung durch die Ethikkommissionen muss insbesondere bei der Einbeziehung von Minderjährigen als auch Schwangeren bzw. Stillenden darauf geachtet werden, dass im Rahmen der Studie der besondere körperliche Status geachtet wird. Der VVO fordert daher auch die notwendige Einbeziehung von Experten, Art. 10 (1), (2). f) Sonstige Personen Der VVO bildet die Gruppen „Militär“, „Verurteilte“, „Gefangene“ und „Heimbewohner“. Dass die Beurteilung der Gefangenen nun speziell den MS überlassen wird, verwundert, da doch gerade aufgrund ihres starken Mangels an äußerer Freiheit eine große Verletzbarkeit im Selbstbestimmungsrecht besteht.49 Zwar konnte man sich hinsichtlich der Personen mit besonderen Bedürfnissen, die der Gesundheitsausschuss als weitere Gruppe definiert hatte, nicht einigen, dennoch werden die MS im Rahmen des EWG 24d und des Art. 31 b aufgefordert, zumindest für Heimbewohner Regelungen zu erlassen. Da diese Patientengruppe durchaus noch einwilligungsfähig sein kann, aber bereits Defizite gegenüber „normalen“ Teilnehmer aufweist, sollten die besonderen Merkmale auch im Rahmen der ethischen Bewertung der Vertretbarkeit einer Studie Beachtung finden. Bedingungen der Forschung im Militärbereich sind erforderlich, nicht nur aufgrund der individuell stark zu spürenden Abhängigkeit, sondern auch durch die psychischen und physischen Belastungen des Militärs. Diese beeinflussen unmittelbar die Arzneimittelwirksamkeit und machen eine gesonderte Erprobung notwendig. Eine Ausnutzung der Abhängigkeit, wie durchaus in US-amerikanischen Studien erfolgt,50 sollte in diesem Rahmen unterbunden werden. g) Zusammenfassung Teilweise wird diskutiert, dass die Forschung an vulnerablen Personen ausgeschlossen werden sollte.51 Dies bedeutet totaler Schutz, keine Gefährdung oder Objektivierung dieser Gruppen. Die Folge wäre auch der Stillstand des medizinischen Fort- 49 vgl. Birnbacher, MedR 2012 S. 560 (562). Fischer/Sperber, spiegel-online v. 10.07.13. 51 mit weiteren Nachweisen zur Diskussion: Groß, S. 427/428. 50 29 schritts und die Gefahr der Ausuferung des Off-Label-Use.52 Dem kann entgegengetreten werden durch eine gesetzlich verankerte Forderung einer ethisch vertretbaren Risiko-Nutzen-Abwägung. Minderjährige und Einwilligungsunfähige dürfen nur beteiligt werden an Studien, wenn die Risiken minimal sind im Vergleich zur Standardbehandlung. Kritisch ist im aktuellen VVO die Reduzierung des Nutzens von „direkt“ auf „gewissen“ im Rahmen von gruppennützigen Versuchen bei Minderjährigen und Einwilligungsunfähigen zu sehen. Dies birgt die Gefahr, dass die Risiko-NutzenAbwägung zu Ungunsten der Teilnehmer ausfällt. Insgesamt werden spezifische Fähigkeiten der verschiedenen Personengruppen im Rahmen des rechtlich Möglichen getroffen. 4. Probleme und Folgen des VVO a) Allgemein Einheitliche Regelungen erleichtern länderübergreifende Studien und werden einfacher umsetzbar. Ob dies mit diesem VVO erreicht werden kann, bleibt eher fraglich. Art. 31 b VVO ermöglicht den Ländern, schärfere Regelungen zum Schutz der Studienteilnehmer zu erlassen. Das ruft erneut Unterschiede hervor. 53 Es wird dabei auch nicht nur eine theoretische Möglichkeit bleiben, da man gerade in Deutschland bereits angekündigt hat, diese Option auch zu nutzen. Bewährte höhere Schutzstandards können erhalten bleiben. Es birgt auch die Gefahr, dass sich MS selbst von der Forschung ausschließen. Strengere Schutzvorschriften sind weniger attraktiv für die Durchführung von klinischen Prüfungen. Es kann zu einem ethisch problematischen Entscheidungskonflikt führen zwischen weiterer medizinischer Forschung oder national ethisch vertretbarem Patientenschutz. Abhängig ist der Erfolg der VVO hinsichtlich des einheitlichen Patientenschutzes ebenso, ob und wieviel weitere Länder sich dazu entscheiden werden, die Opt-outMöglichkeit zu nutzen. Wenn mehrere Staaten dies nutzen, wird dies erneut zur Uneinheitlichkeit führen. Dann wird aus dem gefunden Kompromiss eine Rückkehr zum alten System. 52 53 so bei Minderjährigen vgl. Heil/Lützler in: Handbuch Pharmarecht, § 4 Rn. 200. auch kritisiert durch: European Patients Forum, Statement 16.01.2014. 30 Trotz der Differenzierung und dem Versuch möglichst viel Patientenschutz zu ermöglichen, bietet der VVO einen großen Raum für gruppennützige Versuche und rückt damit ein Stück vom individuellen Vorteil ab. Es wird aber auch der Anschein erweckt, dass eher die „Gruppe“ in den Vordergrund rückt, als die Person selbst. Auf der anderen Seite wird damit mehr Forschung ermöglicht und die Chance auf neue Arzneimittel eröffnet. Dabei stärkt der aufkommende Gruppenaspekt des VVO die Meinung, dass mehr für die Forschung als für die individuelle Behandlung und Genesung des Patienten getan wird.54 Der EWG 24d wirft Fragen auf: Er fordert von den MS über den Schutz für Menschen, die aufgrund ihres Alters, Gesundheit oder Behinderung sich in betreute Wohnen befinden, nachzudenken. Er lässt aber Personen außen vor, welche zwar den gleichen körperlichen oder geistigen Zustand aufweisen, dennoch im privaten Umfeld betreut werden.55 Auch privat betreute Menschen befinden sich in einem Abhängigkeitsverhältnis, was zwar nicht in diesem Maß ausgeprägt zu medizinischem Personal ist, dennoch weisen sie die gleichen Anforderungen an eine spezielle Aufklärung und Betreuung bei klinischen Prüfungen auf. Ein Ausschluss von den besonderen Vorschriften durch die Anforderung der Unterbringung in einer „institution“ kann nicht direkt nachvollzogen werden. Es steht den MS zwar auch an dieser Stelle frei schärfere Vorschriften im Rahmen des Art. 31 b VVO zu erlassen, setzt jedoch EU-weit einen uneinheitlichen Mindeststandard. Eine derartige Differenzierung bietet den Forschenden nicht nur Einschränkungen, sondern auch Sicherheit. Es wurden die Möglichkeiten der Forschung bei Minderjährigen, Einwilligungsunfähigen sowie Schwangeren eröffnet. Die Anregung zur Normierung weiterer Gruppen führt zwar im ersten Moment zu einer Verkomplizierung der Gesetzeslage und einem größeren Aufwand für das Forscherteam. Es bietet aber auch die Möglichkeit und Sicherheit, allgemein als auch persönlich vertretbare Versuche durchzuführen. b) Rechtliche Probleme Neben den bereits benannten Problemen des Selbstausschluss der Forschung und der Gefährdung des Ziels der Harmonisierung können sich Probleme bei der Zulassung von Medikamenten in Ländern mit schärferen Vorschriften für die Pharmaunter54 55 genauer dazu: Krüger, MedR 2009 S. 33 ff. Private Pflege ist insbesondere in Deutschland verbreitet – gefördert durch § 3 SGB XI. 31 nehmen ergeben. Zugelassen werden nur Arzneimittel, die den ethischen Regelungen entsprechen. So wird derzeit z.B. mit Anträgen aus Drittländern verfahren. 56 Ähnliche nationale Regelungen zum Schutz vor derartigen Prüfungen sind damit denkbar. Kritisch gesehen werden muss, dass bereits im aktuellen Dezembervorschlag teilweise starke Untergliederungen nicht nur in den Artikeln selbst, sondern auch bei den Erwägungsgründen aufgrund der häufigen Diskussion sowie Änderungsvorschlägen enthalten sind. Da eine Verordnung, unbeachtlich in welchem Bereich, stets im Laufe der Zeit Veränderungen erfährt, sollte bei der endgültigen Beschlussfassung über eine neue Nummerierung ohne unnötige Untergliederung nachgedacht werden, um nicht in naher Zukunft einer unübersichtlichen Verordnung gegenüber zu stehen. c) Zu den formellen Voraussetzungen Problematisch ist, dass der VVO nicht die vulnerablen Personen von der vereinfachten Form des informed consent i.S.v. Art. 29 a ausnimmt: 57 Bei Gruppenaufklärungen kann nicht spezifisch auf die individuellen Bedürfnisse des Probanden eingegangen werden, so dass diese nicht geeignet ist für die Aufklärung von vulnerablen Personen. Es wird kaum möglich sein, derartige „Gleichheit“ in den Gruppen herzustellen, dass die Aufklärung im entsprechenden Ausmaß erfolgt. Die Norm überlässt den MS dies durch nationales Recht auszuschließen. Dies kann nicht nur Disharmonie hervorrufen, sondern ebenso Missbrauchsgefahr, auch wenn es sich hier nur um minimal-interventionelle Versuche handelt. Die Fähigkeiten und persönlichen Bedürfnisse werden nicht ausreichend gewahrt. Der informed consent soll im Rahmen der Notfallforschung ohne unnötige Verzögerung nachgeholt werden, Art. 32 (2) a, b. „Unnötige Verzögerung“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und dabei sehr dem subjektivem Empfinden des einzelnen Forschers überlassen. Eine einheitliche objektive Zeitregelung wäre an diesem Punkt wünschenswert. Problematisch ist hier auch die Beurteilung der Einsichtsfähigkeit von Kindern und Einwilligungsunfähigen: Die Einschätzung erweist sich trotz der Verwendung des 56 so z.B. in Deutschland festgelegt in §§ 21, 22 AMG; vgl. Baierl/Kellermann, Arzneimittelrecht S. 84/85. 57 kritisch dazu auch EPF, Statement 16.01.2014 S. 2. 32 MacCAT – Test58 als schwierig und ungenau. Es besteht die praktische Gefahr der unterschiedlichen Beurteilung in den MS, worauf der VVO keinen Einfluss nehmen kann. Dies kann zu unterschiedlichem Patientenschutz führen, was als ethisch zweifelhaft anzusehen ist. d) Zu den materiellen Voraussetzungen Eine klinische Prüfung, die nur einen gewissen Nutzen verlangt, setzt den jungen Organismus mehr Gefahren aus als zuvor. Physiologisch reagieren Kinder und Jugendliche unterschiedlich auf Pharmaka im Vergleich zu Erwachsenen – Regeln, die auf Erwachsene anwendbar sind, können hier nicht angewandt werden. In den letzten Jahren wurde nur selten der Schritt gewagt, Minderjährige in Studien einzubeziehen.59 Es besteht eine nicht so intensive Studienerfahrung wie mit Erwachsenen. Auf der anderen Seite blieb dabei auch die Forschung hinter anderen Gebieten zurück und damit auch der Fortschritt bei der Medikamentengabe für Minderjährige. Fraglich ist, ob aus der Angst der Gefährdung bei der Forschung die Möglichkeit auf die Entwicklung von Arzneimitteln für Kinder verzichtet werden sollte. Minderjährigen sollte es auch möglich sein, ausgetestete Arzneimittel zu erhalten, insbesondere bei schwerwiegenden Erkrankungen. Die Gefahr des „Off-Label-Use“60 ist nicht der Gefahr einer klinischen Prüfung vorzuziehen. Die Streichung des „direkten“ Nutzens bedeutet jedoch auch, dass geringere Anforderungen an die Wirksamkeit und den Erfolg gesetzt werden dürfen. Problematisch scheint in dem Zusammenhang, ob den Forschern es auch von vornherein möglich ist, einen solchen Grad („direkt“) an Nutzen prognostizieren zu können. Ebenso wurde die Forschung mit Einwilligungsunfähigen eher zögerlich vorgenommen. Der Ausdruck eines „minimalen“ Risikos bzw. Belastung erschwert als eine relative Definition die Nutzen-Risiko-Bewertung in allen betroffenen Normierungen. Dies kann zu Lasten des Patientenschutzes gehen. Fraglich bleibt, ob der VVO eine vertretbare Forschung mit Schwangeren und Stillenden mit den geschaffenen Regelungen fördert. Es fehlen generell die Erfahrungen in diesem Bereich. Viele Unternehmen werden den Off-Label-Use als interessanter 58 MacArthur Competence Assessment Tests wurden bisher hauptsächlich mit Erwachsenen durchgeführt, vgl. Alderson, S. 51, zur Diskussion 54 ff. 59 Europäische Akademie, Pressemitteilung vom 27.10.2011 S. 1. 60 ders. 33 empfinden aus Angst vor möglichen gesundheitlichen Folgen bei den Teilnehmerinnen und den folgenden finanziellen Verpflichtungen, die kaum versichert werden können. Die nächsten Forschungsfoci werden sich insbesondere wenig erforschten neurodegenerativen Erkrankungen wie der Demenz widmen, die einhergeht mit dem Verlust der Beurteilungs- und Einsichtsfähigkeit.61 Diese Forschung wird ebenso an Bedeutung gewinnen bei Verwirklichung des prognostizierten demographischen Wandels. Dabei wird ein Personenkreis involviert, der sich gerade in den Anfangsstadien der Erkrankung in Grauzonen der Vulnerabilität und ihrer rechtlichen Regelung befindet. Die Forschung wird vor die Aufgabe gestellt, Wege zur Behandlung zu finden und dabei den Patienten ausreichend Respekt entgegenzubringen und ihr Selbstbestimmungsrecht entsprechend ihrer schwindenden Fähigkeiten zu achten. Der aktuelle Entwurf hat sich letztlich gescheut einen Schritt zu wagen und Regelungen zum Schutz dieser Gruppe festzulegen. Dabei muss beachtet werden, dass das medizinische Wissen in diesem Bereich sich stets weiterentwickelt, so dass ethisch vertretbare Aussagen zum Schutz und Einhaltung des Selbstbestimmungsrechts innerhalb eines Gesetzes noch nicht möglich sind. 61 zu den Auswirkungen: Mumenthaler/ Mattle, Neurologie S. 187/ 188; Gerwig, Klinische Pharmakologie S. 432; zur Bedeutung der Forschung: Europäische Akademie, Pressemitteilung vom 27.10.2011 S. 2. 34 IV. Das Verhältnis zur Deklaration von Helsinki (2013) Nach der Veröffentlichung des ersten Verordnungsentwurfs wurde teilweise kritisiert, dass die DvH nicht ausreichend geachtet wird. Inwieweit dies auf den Schutz der vulnerablen Personen zutrifft, soll im Folgenden geklärt werden. Es werden dabei hauptsächlich die Unterschiede dargestellt. Die DvH genießt als Selbstverpflichtungserklärung des Weltärztebundes (WMA) zur Einhaltung der festgeschriebenen ethischen Grundsätze in der medizinischen Forschung62 großes Ansehen. Es beruft sich unter anderem die deutsche Musterberufsordnung in § 15 III auf die Deklaration von 2008. Beachtenswert ist es, dass verschiedene Fassungen der Deklaration in der Rechtspraxis Einzug gehalten haben.63 Die Grundsätze wurden erstmalig 1964 in Helsinki festgelegt und bereits mehrfach revidiert. Durch die 64. Generalversammlung des WMA im Oktober 2013 in Fortaleza (Brasilien) erfuhr die Deklaration eine grundlegende Umstrukturierung.64 Die Rechtsbindungswirkung der DvH ist im Verhältnis zum VVO geringer: Es beziehen sich einige Länder in ihren Regelungen auf die Deklaration. Es bleiben aber Grundsätze, die erst durch Einbeziehung in die Gesetze zumindest mittelbar Rechtsverbindlichkeit erlangen. So ist die Einhaltung in Deutschland zur direkten Berufsplicht für Ärzte geworden.65 Der Anwendungsbereich ist als weiter einzuschätzen: Neben der Forschung für Humanarzneimittel am Menschen ist auch die Forschung an identifizierbaren menschlichen Materialen und Daten umfasst. 1. Allgemeine Voraussetzungen Das oberste Gebot des Handelns ist die Gesundheit des Patienten, § 3 DvH und Art. 3 VVO. Risiken und Belastungen dürfen zu keiner Zeit den Nutzen übersteigen. 66 Dies erfolgt durch individuelle Abstimmung der Prüfer auf den Teilnehmer bzw. teilnehmende Gruppen. Die Risiken müssen weitestgehend minimalisiert und stets überwacht werden. Ständige Überwachung und Protokollierung fordert auch der 62 Achtmann, S.5 i.V.m. Deutsch/Taupitz, MedR 1999 S. 402. z.B. DvH 1996 für Auslegung von § 41 vgl. Achtmann, S. 6; Krüger, MedR 2009 S. 33 (35). 64 Parsa-Parsi/ Wiesing, DÄBl 2013 110(50) A-2414 / B-2128 / C-2050. 65 Lippert in Ratzel/Lippert, MBO-Ä, § 15 Rn. 27; zur Rechtsverbindlichkeit der DvH Hohnel (2005) S. 99ff; kritisch dazu: Krüger, MedR 2009 S. 33ff. 66 so auch schon in früheren Versionen der DvH vgl. Hohnel, S. 110. 63 35 VVO, Art. 28 (1) ea. Risiken und Belastungen sollen auch minimal gehalten werden. Bei Minderjährigen wird aber die Grenze erhöht auf „minimal im Vergleich zur Standardbehandlung“. Das kann zu weitreichenden Risiken und Belastungen bei schweren Erkrankungen führen und kann damit nicht im Sinn der DvH sein. Der Forscher muss stets den internationalen Standard und die Normierungen sowie die ethischen, gesetzlich und behördlichen Gesetze und Standards des betroffenen Staats einhalten. Wie es auch in der VVO vorgesehen ist, müssen Kompensationsmöglichkeiten für entstehende Schäden vorgesehen werden. Vor Beginn der Studie muss durch eine unabhängige Ethikkommission der Prüfplan bewertet werden, was auch der VVO vorsieht.67 Dabei muss die Ethikkommission transparent arbeiten innerhalb der Gesetze des betroffenen Landes und der internationalen Standards. Der informed consent hat in der DvH einen großen Stellenwert. 68 Im Verhältnis zu den anderen Abschnitten ist dies der umfangsreichste: Der VVO entspricht dabei den formellen Anforderungen des informed consent der DvH, insbesondere dem Wunsch nach Schriftlichkeit der Einwilligung durch den Teilnehmer bzw. seinen gesetzlichen Vertreter, §§ 26 Abs. 2, 28. Eine Vertretung durch einen unabhängigen Zeugen wie in Art. 29 (1) lässt § 26 DvH zu. Auch inhaltlich hält der VVO die Anforderungen an den informed consent der DvH ein: Insbesondere besteht die Möglichkeit der Nichtteilnahme oder Rücktritt von der Teilnahme. Auch berücksichtigt der VVO die individuellen Fähigkeiten im Rahmen der Aufklärung, insbesondere bei Einwilligungsunfähigen und Minderjährigen. Die DvH hebt hervor, dass beachtet werden muss, dass sich der Patient nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Forscher befindet oder sich zur Teilnahme genötigt fühlt. Die Freiwilligkeit der Teilnahme wird besonders in § 25 DvH hervorgehoben. Entsprechende Formulierungen wurden aus dem VVO vom Dezember gestrichen. 69 67 so auch schon in früheren Version der DvH vgl. Hohnel, S. 109. vgl. Deutsch, NJW 2001 S. 857/858; auch schon in früheren Versionen enthalten vgl. Hohnel, S. 110. 69 VVO vom 20.12.13 S. 66. 68 36 2. Schutz der vulnerablen Personen Die DvH behandelt vulnerable Personen allgemein in einem gesonderten Abschnitt, d.h. ohne Nennung expliziter Gruppen. Dies erfolgt bewusst, da es sich bei der Deklaration um eine Wiedergabe von Grundsätzen handelt und keine Gruppe durch die Nichtnennung benachteiligt werden soll.70 Vulnerable Personen sollen speziell ausgestalteten Schutz erhalten, was der VVO auch in den Art. 28, 30, 31, 31a vorsieht. Ebenso verlangt der VVO, dass klinische Prüfungen mit vulnerablen Personen nur subsidiär sind. Bei Durchführung des Tests mit Einwilligungsunfähigen71 muss bei ausreichenden Fähigkeiten des Teilnehmers seine Meinung respektiert werden, § 29 DvH. Die Ansicht zur Teilnahme des einwilligungsunfähigen Teilnehmers wird in dieser Art auch im VVO in den informed consent einbezogen. Die DvH lässt klinische Prüfungen mit Einwilligungsunfähigen nur zu, wenn mit Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass ein individueller Nutzen für den Teilnehmer besteht oder die Gesundheit der Gruppe verbessert werden kann. Der VVO verlangt eine wissenschaftliche Begründung, dass ein gewisser Nutzen für die Gruppe zu erwarten ist. Wenn bereits vorher das erwartete Ergebnis begründet werden kann, so ist davon auszugehen, dass der erwartete Nutzen als wahrscheinlich angesehen werden kann. Damit kann die wissenschaftliche Begründung als eine Methode der Feststellung der Wahrscheinlichkeit angesehen werden. Der VVO entspricht auch hier der DvH, auch hinsichtlich der Zulässigkeit gruppennütziger Versuche mit Einwilligungsunfähigen. Die verspätetet Einholung des informed consent, wie der VVO es im Rahmen der Notfallforschung zulässt, gestattet die DvH nur, wenn dies im Prüfplan festgeschrieben ist und durch die Ethikkommission genehmigt worden ist. Die Einwilligung nach Aufklärung muss so schnell wie möglich nachgeholt werden. Der VVO lässt dabei mehr Interpretationsmöglichkeiten für den Zeitrahmen der Nachholung.72 70 Parsa-Parsi/ Wiesing, DÄBl 2013 110(50) A-2414/ B-2128/ C-2050. Die DvH unterscheidet in der Version von 2013 nicht zwischen verschiedenen Einwilligungsunfähigen wie Minderjährigen und Einwilligungsunfähigen unabhängig ihres Alters, vgl. §§ 25 ff. DvH. 72 siehe III. 2. d). 71 37 3. Zusammenfassung Aussagen, dass der VVO nicht der DvH entspricht, sind aufgrund mangelnder erheblicher Unterschiede zurückzuweisen. Dennoch existieren Unterschiede, die im Rahmen der DvH kritisch gesehen werden müssen: Der abfallende Minderjährigenschutz bei gruppennützigen Studien ist zu bemängeln. Unverständlich erscheint in diesem Zusammenhang, dass die Freiwilligkeit als Kriterium der Einwilligung im aktuellen VVO entfällt, da Selbstbestimmung ein wichtiger Aspekt des Patientenschutzes ist. Eine Einschränkung der Vergabe von Placebos i.S.v. § 33 DvH enthält der VVO nicht. 38 V. Das Verhältnis zum gegenwärtigen deutschen Recht Kritische Stimmen zur neuen Verordnung kamen aus Deutschland. Die Forschung am Menschen ist hier mit einer „historischen Hypothek“ belastet durch die ethisch verwerflichen Menschenversuche des Dritten Reichs73 und derartige Themen werden oftmals umfassend kritisch diskutiert. Gleichzeitig genießt Deutschland in der EU als Wirtschaftsmacht und als bevölkerungsreichstes Land der Union74 große Anerkennung. Ein Vergleich der hiesigen Regelung mit dem VVO soll einen weiteren Blickwinkel auf den VVO bieten. Dabei sollen vorrangig die Unterschiede dargestellt werden. 1. Das Arzneimittelgesetz (AMG) In Deutschland wird der Schutz von Teilnehmern bei klinischen Prüfungen zu Humanarzneimitteln im Arzneimittelgesetz (AMG), zuletzt geändert am 19.10.2012, geregelt. Das AMG ist bereits durch die GCP-RL der EU harmonisiert worden, so dass eine starke Ähnlichkeit zur geplanten Verordnung, die diese ersetzen soll, deutlich werden sollte. Der Zweck des AMG ist gem. § 1 die Sicherheit im Arzneimittelverkehr zu gewährleisten, insbesondere in den Bereichen Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit. Es regelt dabei auch die Zulassung von Arzneimitteln und ist damit umfangreicher als der VVO. Auch das AMG legt eine Arzneimitteldefinition vor: Zunächst umfasst der allgemeine Arzneimittelbegriff des § 2 AMG des Weiteren Stoffe, die zur Anwendung an tierischen Körpern bestimmt sind. Erst die §§ 40, 41 AMG, welche die Voraussetzungen einer klinischen Prüfungen regeln, begrenzen den Anwendungsbereich der Normen auf Stoffe zur Anwendung am menschlichen Körper. Die Verwendung von radioaktiven Stoffen in der humanmedizinischen Forschung wird im deutschen Recht derzeit außerhalb des AMG geregelt – in den §§ 24, 41 Strahlenschutzverordnung.75 Auch die radioaktiven Arzneimittel werden von diesen umfasst. Der VVO nimmt zwar diese mit in den Anwendungsbereich auf, fordert im weiteren Verlauf keine gesonderten 73 Groß, S. 417; DIE ZEIT vom 27. Februar 2013 Seite: 2/2. offizieller Internetauftritt der Europäischen Union, Deutschland. 75 vgl. Rehmann, AMG-Kommentar Vor §§ 40 – 42a Rn. 11. 74 39 Vorgehensweise bzw. Schutzmaßnahmen hinsichtlich des Schutzes der Studienteilnehmer. Das gegenwärtige deutsche Recht sieht bisher eine Differenzierung der klinischen Prüfungen vor, unterscheidet dabei aber nur zwischen nicht-interventionellen und interventionellen Studien, vgl. § 4 Abs. 23 AMG. Die Definition der klinischen Prüfung des deutschen Rechts entspricht dabei eher der Definition der klinischen Studie, wobei die in Art. 2 (2) genannten Merkmale in Deutschland impliziert werden.76 2. Allgemeine Anforderungen zum Schutz der Probanden In den vergleichsweise unübersichtlichen §§ 40, 41 AMG werden die formellen und materiellen Anforderungen an klinische Prüfungen wie u.a. der informed consent und der Schutz der vulnerablen Personen geregelt. Der VVO widmet sich explizit in mehreren Artikeln im V. Kapitel als auch in Art. 10 und in verschiedenen Erwägungsgründen dem Schutz der Probanden. Die Unterschiede beim informed consent sind gering: § 40 II 1 AMG fordert ähnlich wie die Verordnung im Art. 29 (2) c iVm. EWG 22 a, dass die Aufklärung über die klinische Prüfung ausschließlich durch Ärzte der Prüfgruppe zu erfolgen hat, und die Aushändigung der Aufklärungsunterlagen. Dabei wird ausdrücklich die Volljährigkeit des Teilnehmers benannt, § 40 I 4 Nr. 3 AMG. Dem VVO kann diese Voraussetzung nur durch Rückschlüsse entnommen werden. Während das deutsche Recht allgemein verständliche Unterlagen verlangt, lässt der VVO dies offen. Es kann aber aus der Pflicht der personenspezifischen Aufklärung im VVO geschlossen werden, dass das ausgehändigte Material ebenso verständlich verfasst sein muss. Der Inhalt der Aufklärung unterscheidet sich nicht. Über die Verwendung der gewonnen Daten muss aufgeklärt und eingewilligt werden, § 40 IIa AMG.77 Ebenso wie im VVO ist auch nach § 40 I 4 ff. AMG durch einen Zeugen die Einwilligung des einwilligungsfähigen Patienten bei mangelnder Schreibfähigkeit möglich. Eine Gruppenaufklärung ähnlich des Art. 29 a VVO kennt das AMG nicht. Als eine der wichtigsten Voraussetzungen zur Durchführung einer klinischen Prüfung ist in Deutschland die Überprüfung der ethischen Vertretbarkeit der Prüfung angesehen, § 40 I 2 AMG. Durch die Ethikkommission i.S.v. § 42 AMG wird sichergestellt, 76 77 vgl. Franken in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht § 12 Rn. 1 ff. vgl. Rehmann, § 40 Rn. 13. 40 dass die Teilnehmer ausreichend geschützt und keinen unnötigen Gefahren ausgesetzt werden. Die Genehmigung muss durch die zuständige Bundesoberbehörde erfolgen.78 Das AMG verlangt zusätzlich eine pharmakologische-toxikologische Prüfung des Arzneimittels § 40 I 3 Nr. 6 AMG79 und ausdrücklich eine Risiko-Nutzen-Abwägung, die im VVO eher indirekt festgehalten ist. Die Gewährung von Vorteilen, mit Ausnahme der durch die Teilnahme entstanden Kosten, wird für Minderjährige und Einwilligungsunfähige verboten, vgl. §§ 40 IV Nr. 5, 41 Nr. 4 AMG. Ein generelles Verbot wie im VVO kann nicht entnommen werden. Eine Probandenversicherung ist auch hier grundsätzlich für alle Teilnehmer vorgesehen, § 40 I 3 Nr. 8 AMG. Nicht explizit in dem VVO enthalten ist die Anforderung, dass die klinische Studie in einer geeigneten Einrichtung durchzuführen ist, § 40 I 3 Nr. 5 AMG. 3. Normierungen zum Schutz vulnerabler Personen Besonderen Schutz erfahren bereits einschlägig erkrankte Personen, Minderjährige, Einwilligungsunfähige sowie Gefangene in den §§ 40, 41 AMG. a) Erkrankte Personen Erkrankte Personen sind als vulnerable Personen einzuschätzen, da sie sich aufgrund ihrer Erkrankung in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Arzt befinden.80 Der Gesetzgeber hat sich für eine Unterscheidung zwischen gesunden Teilnehmern – „Probanden“, § 40 AMG, und erkrankten – „Patienten“, § 41 AMG unterschieden. Eine derartig deutliche Unterscheidung ist im VVO nur schwer auszumachen: Teilnehmer werden als „subject“ bezeichnet, welche gem. Art 2 (15) VVO alle Studienteilnehmer umfasst. Im Gegensatz zum VVO benennt § 41 I AMG ausdrücklich besondere Schutzvorschriften für Erkrankte.81 Die Prüfung ist demnach nur zulässig, wenn zusätzlich zu den allgemeinen Voraussetzungen des § 40 AMG die Anwendung des zu prüfenden Arzneimittels dazu angezeigt ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen das Leben 78 zum Genehmigungsverfahren: Deutsch/Lippert, AMG-Kommentar § 40 Rn. 35, § 42 Rn. 23 ff. zu den Prüfungsvoraussetzungen: Wachhausen in: Kügel/Müller/Hofmann, § 40 Rn. 59. 80 so auch Sander, Arzneimittelrecht Erl. 2 zu § 41 iVm. Kubiak, S. 72. 81 Spranger, MedR 2001 S. 238 (245). 79 41 des Erkrankten zu retten, seine Gesundheit wiederherzustellen und sein Leiden zu erleichtern. Zieht man die allgemeinen Voraussetzungen des VVO für Erkrankte heran, so bleibt festzustellen, dass das AMG zwar geringe Risiko- und Belastungsgrenzen zulässt (vgl. § 40 I 3 Nr.2 AMG), aber dies nur dem Ziel der Lebensrettung, Leidenslinderung oder der Wiederherstellung der Gesundheit dient. Eine Eingrenzung auf derartige Ziele erfolgt in dem VVO nicht. b) Einwilligungsunfähige Es gibt einen deutlichen Unterschied zum VVO bei Einwilligungsunfähigen: Nach dem AMG sind keine gruppennützigen Versuche möglich, § 41 III Nr. 1 AMG. 82 Generell ist die klinische Prüfung nur mit explizit erkrankten Einwilligungsunfähigen möglich, die durch die Teilnahme einen individuellen Nutzen ziehen. Nur möglichst wenige Belastungen und andere vorhersehbare Risiken dürfen eingegangen werden, § 41 III Nr. 1 AMG. Was unter „möglichst wenig“ zu verstehen ist, ist ebenso unbestimmt wie die Formulierung „minimal im Verhältnis zur Standardbehandlung“ im VVO. Bei einem Vergleich der Anforderungen ist es nicht möglich eine sichere Aussage zu treffen, welche Formulierung mehr Schutz bietet. Anzunehmen ist, dass das AMG weniger Risiken und Belastungen zulässt. Beide Formulierungen sind ungenau und bieten Interpretationsraum. Das AMG fordert bei der Bewertung des Antrags durch die Ethikkommission gem. § 40 I 2 iVm. § 42 I AMG nicht explizit die Einbeziehung von Personen, die geschult oder erfahrenen sind hinsichtlich des Umgangs mit Einwilligungsunfähigen, wie es das AMG für Minderjährige bzw. Art. 10 (2) verlangt. Eine freiwillige Heranziehung von entsprechenden Sachverständigen und Gutachtern ist jedoch möglich, § 42 I 5 AMG. Im Rahmen des informed consent, § 41 III Nr. 2 AMG und der Subsidiarität der Forschung, § 41 III Nr. 3 AMG, sind keine Unterschiede zum VVO festzustellen. 82 vgl. Spranger, MedR 2001 S. 238 (242f.); Taupitz, JZ 2003 S. 109 (111). 42 c) Minderjährige Beim Schutz der Minderjährigen wird grundsätzlich unterschieden zwischen einschlägig erkrankten (§ 41 II AMG) und nicht einschlägig erkrankten bzw. gesunden Probanden (§ 40 IV AMG).83 Prüfungen mit Gesunden sind zulässig, wenn es sich dabei um Diagnostika oder Prophylaktika handelt und voraussichtlich mit einem individuellen Nutzen verbunden ist, § 40 IV Nr. 1 1 AMG.84 Aus den Formulierungen des VVO kann geschlossen werden, dass eine derartige Einschränkung der gruppennützigen Forschung mit gesunden Minderjährigen wie im AMG nicht vorgesehen ist. Die Zulässigkeit von klinischen Prüfungen mit Minderjährigen ist wie in Art. 31 (1) e subsidiär.85 Eine Einwilligung nach vorheriger Aufklärung muss in gleicher Weise nicht nur gegenüber dem gesetzlichen Vertreter erfolgen, sondern auch der Minderjährige, soweit dies entsprechend seines Alters und seiner geistigen Reife möglich ist, muss aufgeklärt werden. Möchte der Minderjährige daraufhin nicht an der Prüfung teilnehmen, ist dies als „Veto“ beachtlich.86 Kann der Minderjährige hingegen bereits Wesen, Bedeutung und Tragweite der klinischen Studie verstehen und erkennen, so ist ebenso seine Einwilligung zur Studie notwendig.87 Weitere Studienmöglichkeiten ergeben sich aus § 41 II AMG: Demnach sind klinische Studien möglich, wenn der Minderjährige einen individuellen Nutzen aus der Teilnahme ziehen kann oder wenn für seine Versuchsgruppe ein direkter Nutzen gezogen werden kann. Im Unterschied zur VVO legt das AMG einen strengeren Maßstab bei gruppennützigen Versuchen fest: Es bedarf nach dem AMG eines direkten Nutzens. Der VVO verlangt dahingehend nur einen „gewissen“ Nutzen. Ein gruppennütziger Versuch mit einem Minderjährigen, der bei späterer Volljährigkeit einwilligungsunfähig ist, darf nicht durchgeführt werden, § 41 II 2 AMG und er ist zumindest teilweise wie ein Einwilligungsunfähiger zu behandeln. Deutlicher regelt der VVO die Einordungsproblematik, vgl. Art. 2 a.E. VVO. 83 vgl. Deutsch/ Spickhoff, Medizinrecht Rn. 1327; Sander, Erläuterung zu § 40 AMG Rn 40f. Spranger, MedR 2001 S. 238 (244). 85 Deutsch/ Spickhoff, Medizinrecht Rn. 1327; Heil/Lützler, Handbuch Pharmarecht, § 4 Rn. 206. 86 Heil/Lützler, Handbuch Pharmarecht,§ 4 Rn. 208. 87 Rehmann/Greve, AMG – Kommentar, § 40 Rn. 16. 84 43 d) Sonstige Personengruppen Anders als in der neuen Verordnung werden Schwangere bzw. Stillende88 oder sich im Militärdienste befindliche Personen im AMG nicht erwähnt. Das bedeutet jedoch nicht automatisch einen Ausschluss: Es wird durchaus angenommen, dass mit Schwangeren ein klinischer Versuch mit besonderem Schutz möglich ist, auch wenn kaum diese Möglichkeit genutzt wird aufgrund des hohen Gefahrenpotentials. 89 Im Militär ist wehrmedizinische Forschung eine Notwendigkeit: Durch die besonderen physischen und psychischen Belastungen werden Medikamente durchaus gesonderten Prüfungen unterzogen. Die weitere Forschung wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung überwacht.90 Das AMG geht explizit auf Gefangene ein: § 40 I 3 Nr. 4 AMG verbietet klinische Prüfungen mit Personen, die aufgrund gerichtlicher oder behördlicher Anordnung in einer Anstalt untergebracht sind. Der VVO überlässt den Umgang mit Gefangen explizit den Mitgliedsstaaten, in diesem Fall also Deutschland. Aussagen zu Personen mit besonderen Bedürfnissen, wie der Entwurf des Gesundheitsausschusses vom Juni 2013 vorsieht oder zu Heimbewohnern aus Art. 31 b, erfasst das deutsche Gesetz nicht. Patienten bzw. Probanden, die unter diesen Bereich fallen könnten, werden in Deutschland nur im Rahmen der Reichweite der Regelungen von Einwilligungsunfähigen erfasst. e) Notfälle Eine explizite Regelung, die der VVO für Prüfungen im Rahmen der Notfallmedizin beinhaltet, enthält das AMG nicht. Da Notfallpatienten per definitionem oftmals in Lebensgefahr schweben und damit oftmals auch einwilligungsunfähig sind, ist eine klinische Prüfung unter den Voraussetzungen des § 41 I AMG möglich.91 Dieser sieht besondere Voraussetzungen in Notfallsituationen beim informed consent vor: Dieser kann auch hier im Nachhinein erfolgen, muss aber so bald es möglich und zumutbar ist für die weitere Teilnahme eingeholt werden, § 41 I 3 AMG. In diesem Rahmen ist bei der Unmöglichkeit der Einholung des informed consent das Erfordernis der „um88 Taupitz, Das Menschenrechtsübereinkommen zur Biomedizin und sein Forschungsprotokoll S. 37; Heil/Lützler, Handbuch Pharmarecht, § 4 Rn. 220. 89 Biller-Andorno DÄBl 2003 S. A970 -972; Wild S. 302ff; Wild, AM-Forschung an schwangeren Frauen, S. 72f. 90 Priewer/ Stöhr, Wehrmedizin und Wehrpharmazie 3/2009. 91 Lippert, Notfall Rettungsmed 2006 S. 355 (356). 44 gehenden Behandlung“ (AMG) zum „therapeutisch vertretbaren Fenster“ (VVO) als weitestgehend deckungsgleich einzustufen. Fraglich ist dies eher bei der Nachholung dessen: „Vermeidung unnötiger Verzögerung“ (VVO) ist weiter als das vom AMG festgesetzte „so bald wie möglich und zumutbar“. Aufgrund fehlender weiterer Aussagen des AMG zu Notfallsituationen kann kein weiterer Vergleich der materiellen Voraussetzungen erfolgen. Es wird ebenso keine Aussage getroffen, ob Minderjährige oder Einwilligungsunfähige in einer Notfallsituation nun diesen Normierungen unterliegen oder weiterhin die „Stammregelungen“ einschlägig sind. Anzunehmen ist, dass auch für einwilligungsunfähige Patienten92 sowie Minderjährige93 § 41 I 2 ff. AMG anzuwenden ist.94 4. Folgen aus dem Vergleich der VVO für Deutschland a) Für die Studienteilnehmer Der VVO verbietet im Gegensatz zum AMG für alle Teilnehmer die Gewährung eines Vorteils. In Deutschland war dies in § 40 IV Nr. 5 sowie § 41 III AMG eingeführt, um einen weiteren Integritätsschutz für diese vulnerablen Gruppen zu ermöglich und den Anreiz zum Missbrauch der Abhängigkeitsstellung zu verhindern. Dass der VVO nun für alle die Gewährung eines Vorteils verbietet, muss aus zwei Blickwinkeln betrachtet werden. Zunächst stellt sich jedoch die Frage, welche Ausprägung Aufwandsentschädigungen annehmen dürfen, damit sie noch ethisch vertretbar sind und nicht zu einer Umgehung des Verbots führen. Mit diesem Hintergrund schützt der VVO noch einmal den Patienten sich zu schnell für die Teilnahme an einer Studie zu entscheiden. Es besteht aber auch die Gefahr, dass sich weniger Personen für eine Teilnahme entscheiden und es zum weiteren Stopp in der Forschung kommt. Das deutsche Gesetz weist Unterschiede für die Teilnehmer auf. Fraglich ist, inwieweit sich diese auch in der Praxis wiederspiegeln werden. Durch die Möglichkeit des Art. 30 (1a) i.V.m. Art. 30 (1) h (ii) können strengere Regelungen bei Einwilligungsunfähigen erlassen werden. Da Deutschland bereits die Bioethikkonvention 95 aufgrund 92 vgl. Wachenhausen in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG-Kommentar, § 41 Rn. 9; Spickhoff, MedR 2006 S. 710; Habermann/Lasch/Gödicke, NJW 2000 S. 3389 (3395). 93 Heil/Lützler in: Handbuch Pharmarecht, § 4 Rn. 209; Spickhoff, MedR 2006 S. 707 (710); Taupitz, JZ 2003 S. 109 (112); anders: von Dewitz, A&R 2006 S. 244f. 94 ausführlich zum Streit: Kupiak (2012) S. 83ff. 95 näher dazu IMEW, Stellungnahme vom 30.06.05. 45 von ethischen Bedenken nicht gezeichnet hat, ist zu erwarten, dass diese Möglichkeit genutzt werden wird. Daraus folgt auch, dass Unterschiede in den gesetzlichen Regelungen kaum zu erwarten sind. Für deutsche Probanden wird es kaum zu spürbaren Veränderungen im Schutz kommen. Ausgenommen davon ist der geringere Nutzenanspruch bei fremdnützigen Versuchen mit Minderjährigen. Hier ist es nicht vorgesehen, dass strengere Regelungen erlassen werden dürfen. Eine erweiterte Anwendung des Art. 30 (1a) für Minderjährige ist auszuschließen, da sich der Wortlaut direkt auf eine Norm des Einwilligungsunfähigenschutzes bezieht und die Definition des Art. 2 (17) explizit Minderjährige ausschließt. Es bleibt abzuwarten, in welcher Weise diese Änderung durch die forschenden Ärzte Beachtung findet, dies die Ethikkommissionen in ihre Bewertung einfließen lassen und es letztendlich zu Auswirkungen für die Teilnehmer führt. b) Rechtlich Trotz dieser Möglichkeit werden durch den VVO Normierungen des AMG teilweise nicht mehr erforderlich sein. Andererseits müssen die Sonderregelungen in Deutschland ausformuliert werden. Abzuwarten bleibt, ob man sich bis 2016 bei Themen wie dem Schwangerenschutz einigen kann. Insgesamt ist mit umfangreichen Änderungen im Rahmen des AMG zu rechnen. 5. Zusammenfassung Die Folgen des VVO für Deutschland sind als gering einzuschätzen, soweit Deutschland schärfere Regelungen erlässt in den möglichen Bereichen: Im Vergleich zum deutschen Recht ergeben sich nur wenige Unterschiede. Es werden Voraussetzungen für Schwangere, Stillende und ungeborene Kinder festgelegt. Gruppenversuche im Bereich der Einwilligungsunfähigen werden ermöglicht. Bei Versuchen mit erkrankten Minderjährigen und Einwilligungsunfähigen werden durch den VVO geringere Anforderungen an den zu erwartenden Gruppennutzen gestellt. Der VVO erweitert die Forschungsmöglichkeit mit gesunden Minderjährigen im Vergleich zum deutschen Recht. Eine inhaltliche Übereinstimmung zwischen Verordnung und gegenwärtigen deutschem Recht besteht hinsichtlich der Gefangenen. Schwangere und Stillende wer- 46 den in Deutschland zwar nicht explizit unter Gesetzesschutz gestellt. Es ist anzunehmen, dass die Praxis selbst solche hohe Anforderungen stellt, so dass der praxisbewährte Schutz als höher einzustufen ist als der Schutz, der nun durch bestehende Forschungsmöglichkeiten durch den VVO gewährt wird. In den Bereichen des Militärs und des betreuten Wohnens existieren noch keine Regelungen in Deutschland. Zwar ist eine Regelung nicht verpflichtend hierzu gefordert im VVO, es ist jedoch in Deutschland mit einem Diskurs hinsichtlich der Normierung dieser Bereiche zu rechnen. 47 VI. Fazit Normierungen zum Schutz von Patienten in der Arzneimittelforschung sind unabdingbar. Knoeppfler bezeichnet die Verbindung von Forschung und gesetzlicher Regulierung als „ein gemeinsames ethisches Band“ unabhängig von der Herkunft, religiöser oder ethischer Ansicht. Denn die Grundlage hierfür ist die Menschenwürde.96 Bereits seit vielen Jahren, beginnend mit den Konsolidierungsgesprächen,97 versuchte man innerhalb des Parlaments einen Verordnungsentwurf zu erstellen. Die Verordnung soll ethische Normierungen achten, insbesondere ausreichend Patientenschutz bieten und durch die Harmonisierung der Regelung die Forschung fördern. Am 2. April 2014 stimmte das Europäische Parlament mit großer Mehrheit für den VVO, ebenso wie der europäische Ministerrat am 14. April 2014.98 Dieser kann nur als überwiegend gelungen betrachtet werden: Anscheinend muss derzeit eine partielle Disharmonie in der EU in Kauf genommen werden, um teilweise einheitliche Normierungen zu ermöglichen. Die lässt sich aus dem Abrücken vom differenzierteren Entwurf des Gesundheitsausschuss ableiten. Neben der neuen Differenzierung der Probanden ist insbesondere die Erweiterung der gruppennützigen Versuche hervorzuheben. Sie lässt die betroffenen Minderjährigen, Einwilligungsunfähigen sowie Schwangeren und Stillenden mehr zum Objekt im Rahmen der Forschung werden. Durch den verblieben Gruppennutzenaspekt bleibt eine gewisse Individualität gewahrt, da der Versuch auch später bei der weiteren Behandlung der Person selbst noch von Vorteil sein kann. Des Weiteren ist dies oftmals in nur gesetzlich bestimmten Situationen möglich, so dass der VVO als die Menschenwürde noch ausreichend achtend und damit medizinethisch vertretbar zu bewerten ist, auch wenn manche dies bereits kritisch sehen.99 Die Dezember-Fassung achtet weitestgehend die DvH. Auch wenn das gegenwärtige deutsche Recht stellenweise abweicht von den Anforderungen, so sind auch hier durch die geschaffene Möglichkeit strengere Sondervorschriften zu erlassen, inzwischen nur wenige Änderungen für die Praxis zu erwarten.100 Der gebotene Schutz in dem VVO ist trotz der kritischen Punkte als vertretbar anzusehen. Dieses Ergebnis 96 Knoepffler, Bundesgesundheitsblatt 2008 S. 880 iVm. Groß, S. 423. vgl. 1. Entwurf 2012 deutsche Version S. 1. 98 Korzilius, DÄBl 2014 D. 535; Bundesministerium für Gesundheit, Pressemitteilung vom 15.04.2014. 99 Korzilius, DÄBl 2014 S. 140; kritische European Patients Forum (EPF), Statement 16.01.2014. 100 Bundesministerium für Gesundheit, Pressemitteilung vom 15.04.2014. 97 48 spiegelt sich auch in den ersten Stimmen zum VVO wider. Trotz der noch enthaltenen Probleme: Die große Kritik ist verebbt – nicht nur allein durch die Einführung der Bewertung der Anträge durch unabhängige Ethikkommissionen.101 Die Anzahl der klinischen Prüfungen im Bereich der humanmedizinischen Arzneimittel in den kommenden Jahren wird als ausschlaggebend angenommen werden, um den vorliegenden VVO hinsichtlich seines Erfolgs zu bewerten und Änderungen zu bestimmen. Im Hintergrund der Betrachtung wird bleiben, mit welchem gebotenen Patientenschutz, nicht nur für vulnerable Personengruppen, medizinischer Fortschritt ermöglicht wurde. Letztendlich ist es die freiwillige Teilnahme der Menschen an den klinischen Prüfungen, die eine ethisch vertretbare Forschung ermöglicht. 101 Bundesministerium für Gesundheit, Pressemitteilung vom 15.04.2014; EPF, Statement 16.01.2014 S. 2. 49 Literaturverzeichnis Achtmann, Julia; Der Schutz des Probanden bei der klinischen Arzneimittelforschung unter besonderer Berücksichtigung der Haftung der Beteiligten und der Probandenversicherung; Kölner Schriften zum Medizinrecht herausgeben von Christian Katzenmeier; Band 10; Berlin 2012. Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) e.V.; ALfA fordert Beibehaltung der Standards für die Forschung am Menschen – Kaminski: Bundestag muss EU-Kommission in Schranken weisen; Pressemitteilung vom 25.09.2012; abrufbar am 03.04.2014 unter: http://www.alfa-ev.de/presse-publikationen/pressemitteilungen/mitteilungen anzeige/article/25-september-2012/?tx_ttnews[backPid]=32&cHash=11d8cab3cc. 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Franziska Enge M. mel. studierte von 2007 an der Martin-Luther-Universität Halle/ Wittenberg Rechtswissenschaften mit dem Schwerpunkt Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung. 2013/14 absolvierte sie den Masterstudiengang Medizin-Ethik-Recht und fokussierte sich auch in diesem Rahmen auf das Recht und die Verhältnisse in der Europäischen Union. Derzeit ist sie als Rechtsreferendarin in Sachsen-Anhalt tätig. 57 Schriftenreihe Medizin-Ethik-Recht In dieser Reihe sind bisher folgende Bände erschienen: Band 1 Prof. Dr. Gerfried Fischer „Medizinische Versuche am Menschen“, 2006 Band 2 Verena Ritz „Harmonisierung der rechtlichen Regelungen über den Umgang mit humanen embryonalen Stammzellen in der EG: Bioethik im Spannungsfeld von Konstitutionalisierung, Menschenwürde und Kompetenzen“, 2006 Band 3 Dunja Lautenschläger „Die Gesetzesvorlagen des Arbeitskreises Alternativentwurf zur Sterbehilfe aus den Jahren 1986 und 2005“, 2006 Band 4 Dr. Jens Soukup, Dr. Karsten Jentzsch, Prof. Dr. Joachim Radke „Schließen sich Ethik und Ökonomie aus“, 2007 Band 5 Prof. Dr. Hans Lilie (Hrsg.) „Patientenrechte contra Ökonomisierung in der Medizin“, 2007 Band 6 Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben (Transplantationsgesetz – TPG) Auszug aus dem Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz - AMG) Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (Transfusionsgesetz TFG), 2007 Band 7 Dr. Erich Steffen „Mit uns Juristen auf Leben und Tod“, 2007 Band 8 Dr. Jorge Guerra Gonzalez, Dr. Christoph Mandla „Das spanische Transplantationsgesetz und das Königliche Dekret zur Regelung der Transplantation“, 2008 Band 9 Dr. Eva Barber „Neue Fortschritte im Rahmen der Biomedizin in Spanien: Künstliche Befruchtung, Präembryonen und Transplantationsmedizin“ und „Embryonale Stammzellen - Deutschland und Spanien in rechtsvergleichender Perspektive“, 2008 Band 10 Prof. Dr. Dr. Eckhard Nagel „Was ist der Mensch? Gedanken zur aktuellen Debatte in der Transplantationsmedizin aus ethischer Sicht“ Prof. Dr. Hans Lilie „10 Jahre Transplantationsgesetz - Verbesserung der Patientenversorgung oder Kommerzialisierung?“, 2008 Band 11 Prof. Dr. Hans Lilie, Prof. Dr. Christoph Fuchs „Gesetzestexte zum Medizinrecht“, 3. Auflage, 2011 58 Band 12 PD Dr. Matthias Krüger „Das Verbot der post-mortem-Befruchtung - § 4 Abs. 1 Nr. 3 Embryonenschutzgesetz –Tatbestandliche Fragen, Rechtsgut und verfassungsrechtliche Rechtfertigung“, 2010 Band 13 Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, Dr. Marlis Hübner „Ärztlich assistierter Suizid - Tötung auf Verlangen. Ethisch verantwortetes ärztliches Handeln und der Wille des Patienten“, 2010 Band 14 Philipp Skarupinski „Medizinische, ethische und rechtliche Aspekte der Notwendigkeit einer Kinderarzneimittelforschung vor dem Hintergrund der EG-Verordnung 1901/2006“, 2010 Band 15 Stefan Bauer „Indikationserfordernis und ärztliche Therapiefreiheit: Berufsrechtlich festgelegte Indikation als Einschränkung ärztlicher Berufsfreiheit? Dargestellt am Beispiel der Richtlinie zur assistierten Reproduktion“, 2010 Band 16 Heidi Ankermann „Das Phänomen Transsexualität – Eine kritische Reflexion des zeitgenössischen medizinischen und juristischen Umgangs mit dem Geschlechtswechsel als Krankheitskategorie“, 2010 Band 17 Sven Wedlich „Konflikt oder Synthese zwischen dem medizinisch ethischen Selbstverständnis des Arztes und den rechtlich ethischen Aspekten der Patientenverfügung“, 2010 Band 18 Dr. Andreas Walker „Platons Patient – Ein Beitrag zur Archäologie des Arzt-Patienten-Verhältnisses“, 2010 Band 19 Romy Petzold „Zu Therapieentscheidungen am Lebensende von Intensivpatienten – eine retrospektive Analyse“, 2010 Band 20 Dr. Andreas Linsa „Autonomie und Demenz“, 2010 Band 21 Stephanie Schmidt „Die Beeinflussung ärztlicher Tätigkeit“, 2010 Band 22 Dr. Cerrie Scheler „Der Kaiserschnitt im Wandel – von der Notoperation zum Wunscheingriff“, 2010 Band 23 Lysann Hennig „Wenn sich Kinder den Traumkörper wünschen – Schönheitsoperationen, Piercings und Tätowierungen bei Minderjährigen“, 2010 Band 24 Dr. Michael Lehmann „Begründen und Argumentieren in der Ethik", 2011 Band 25 Dr. Susanne Kuhlmann „Der Dialyseabbruch: Medizinische, ethische und juristische Aspekte", 2011 Band 26 Dr. Katharina Eger „Off-label use - Eine Übersicht mit Beispielen aus dem Fachgebiet Neurologie", 2011 59 Band 27 Annette Börner „Die Macht der Sachverständigen im Arzthaftungsfall Rolle und Auswirkungen der Sachverständigengutachten unter besonderer Berücksichtigung von Medizin, Ethik und Recht", 2011 Band 28 Susanne Weidemann „Von der Wirkmacht der Messwerte. Überlegungen zum verschwundenen Einzelfall in der medizinischen Praxis", 2011 Band 29 Christian Albrecht „Das Patientenverfügungsgesetz - Eine Bilanz der praktischen Umsetzung", 2011 Band 30 Dr. Erich Steffen „Macht Arzthaftungsrecht", 2011 Band 31 Franziska Kelle „Widerspruchslösung und Menschenwürde Eine verfassungsrechtliche Untersuchung zur Begründbarkeit einer Organspendepflicht und zur Vereinbarkeit von Menschenwürde und Widerspruchslösung unter Berücksichtigung ethischer und medizinischer Aspekte“, 2011 Band 32 Maria Busse „Transsexualität als Krankheit? Einordnung im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung unter Berücksichtigung medizinischer und ethischer Aspekte“, 2011 Band 33 Dr. Daniel Ammann „Psychotherapie im System der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine interdisziplinäre Analyse struktureller Versorgungsprobleme und möglicher sozialrechtlicher Lösungsansätze insbesondere am Beispiel der unipolaren Depression und der Borderline-Persönlichkeitsstörung“, 2011 Band 34 Clemens Heyder „Das Verbot der heterologen Eizellspende", 2012 Band 35 Dr. Uta Baddack „Der Patient zwischen Autonomie und Compliance", 2012 Andreas Raschke „Der intensivpflichtige Patient und die ärztliche Schweigepflicht", 2012 Band 36 und Ohnmacht des Richters im Band 37 Prof. Dr. Klaus Peter Rippe „Ethik der Tierversuche Auf der Suche nach einem neuen Paradigma“, 2012 Band 38 Johannes Zins „Altersabhängige Gesundheitswesen“, 2012 Band 39 Marlen Asch, „Personale Selbstbestimmung und Demenzkranken Eine Interdisziplinäre Analyse“, 2012 Band 40 Dr. Claudia C. Hülsemann, „Composite Tissue. Medizinische Möglichkeiten, rechtliche Grundlagen und ethische Implikationen”, 2012 Band 41 Julia Reimers, „Substitution im Strafvollzug - Eine Betrachtung unter medizinischen, ethischen und rechtlichen Gesichtspunkten“, 2013 Rationierung im öffentlichen Identität bei 60 Band 42 Robert Briske, „Die Patentierbarkeit von menschlichen embryonalen Stammzellen“, 2012 Band 43 Anna Genske, Robert Briske, Jorma Brünner, Sven Mühlberg, Andreas Raschke, "Die Beratung bei der Erstellung von Vorsorgeverfügungen ein Leitfaden", 2012 Band 44 Anna Genske, "Drittnützige Studien mit bewusstlosen Intensivpatienten - Legitimation und Grenzen", 2013 Band 45 Anja Thyrolf, „Ambient Assisted Living, Möglichkeiten, Grenzen und Voraussetzung einer gerechten Verteilung altersgerechter Assistenzsysteme“, 2013 Band 46 Dr. Johannes T. Höcker, Risikoaufklärung“, 2013 Band 47 Anna Kostroman, „Die Umsetzung des Patientenwillens im Rahmen einer Patientenverfügung. Eigene Erfahrungen aus der Krankenhauspraxis“, 2014 Band 48 Franziska Wagener, „Mater semper certa est? Zur Rolle der Mutter und zur Frage, ob die Einführung einer Möglichkeit zur Statuskorrektur notwendig ist“, 2014 Band 49 Jana Schäfer-Kuczynski, „Vom Objekt zum Subjekt – Perspektivwechsel zum Rechtsträger Kind am Beispiel der Debatte über die rituelle Beschneidung Minderjähriger“, 2014 Band 50 Sven Wedlich, „Nationale Präventionsmaßnahmen zur Erreichung des WHO-Impfziels bei Masern“, 2014 Band 51 Prof. Dr. Karl-Peter Ringel, Kathrin Meyer, „§ 266a StGB - Sonderstraftatbestand der Frauenbeschneidung & verfassungswidrige Ungleichbehandlung“, 2014 Band 52 Christiane Vogel, „Die Medical Humanities im Kontext des medizinischen Fortschritts Der literarische Umgang mit ethisch relevanten Rhemen der modernen Medizin an Beispielen der Synthetischen Biologie und der ökonomischen Bewertung von Leben und Gesundheit“, 2014 „Neue Impulse zur Gestaltung der