Jugendgewalt – Formen und Entwicklung

Werbung
Workshop
Bedrohliche Situationen im Betreuungsalltag
Intervenieren, deeskalieren oder schweigen?
Dr. med. Josef Sachs
Königsfelden, 25. August 2016
Agenda
1.
Einführung ins Thema
Beschimpfungen – Ehrverletzung
Was das Strafgesetzbuch dazu meint
Ehrverletzung
Ehrverletzende Äusserung
Tatbestand
Verletzter selbst
Ehrverletzung in Form eines Werturteils
Beschimpfung (StGB 177).
Angriff auf die Ehre einer anderen
Person durch Wort, Schrift, Bild,
Gebärde oder Tätlichkeit.
Drittperson
Ehrverletzung in Form von
wahren oder unbewusst unwahren
Tatsachenbehauptungen
Üble Nachrede (StGB 173)
Rufschädigung durch vorsätzliche
Verbreitung von wahren oder
unwahren Tatsachen
Ehrverletzung in Form von bewusst
unwahren Tatsachenbehauptungen
Verleumdung (StGB 174)
Rufschädigung durch bewusste
Verbreitung von unwahren
Tatsachen
25.08.2016
3
Art. 177 StGB - Beschimpfung
1
Wer jemanden in anderer Weise*) durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder
Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90
Tagessätzen bestraft.
2
Hat der Beschimpfte durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung
unmittelbar Anlass gegeben, so kann der Richter den Täter von Strafe befreien.
3
Ist die Beschimpfung unmittelbar mit einer Beschimpfung oder Tätlichkeit
erwidert worden, so kann der Richter einen oder beide Täter von Strafe befreien
*) als durch üble Nachrede oder Verleumdung
25.08.2016
4
Beschimpfung ist ein Ehrverletzungsdelikt
Ehrverletzungsdelikte schützen vor Eingriffen in die Ehre einer
Person.
Unter Ehre versteht man den Ruf einer Person, ein ehrbarer
Mensch zu sein und bei anderen als solcher bewertet zu werden.
Keine Ehrverletzung liegt vor, wenn der Betroffene in
seiner gesellschaftlichen Ehre oder in seiner sozialen Stellung (als
Geschäfts- oder Berufsperson, Sportler, Künstler, etc.)
herabgesetzt wird.
25.08.2016
5
Beispiele für Beschimpfungen
Wort und Schrift:
Halunke, Luder, Psychopath, braune Marionette, etc
Bild:
Karikatur einer erkennbaren Person als Tier
Gebärde:
Anspucken einer Person, Zeigen des „Stinkefingers“, Entblössen des nackten
Hinterns als Zeichen der Verachtung
Tätlichkeiten:
Ohrfeigen oder Beschmieren einer Person, Tritt ins Gesäss
25.08.2016
6
Art. 180 StGB - Drohung
1
Wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt,
wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe
bestraft.
2
Der Täter wird von Amtes wegen verfolgt, wenn er:
a.
der Ehegatte des Opfers ist und die Drohung während der Ehe
oder bis zu einem Jahr nach der Scheidung begangen wurde; oder
abis. die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Opfers
ist und die Drohung während der eingetragenen Partnerschaft oder
bis zu einem Jahr nach deren Auflösung begangen wurde; oder
b.
der hetero- oder homosexuelle Lebenspartner des Opfers ist, sofern
sie auf unbestimmte Zeit einen gemeinsamen Haushalt führen
und
die Drohung während dieser Zeit oder bis zu einem Jahr nach der
Trennung begangen wurde.
Anzeige erstatten?
Haltung
Jede Meldung von Grenzüberschreitungen wird
ernst genommen.
-Verletzung der persönlichen Integrität
- Körperliche oder psychische Gewalt
- Sexuelle Grenzverletzungen
- Sachbeschädigung
Über Konsequenzen und Massnahmen wird im
Einzelfall entschieden
Tätlichkeit oder
Körperverletzung?
Tätlichkeit
• Geringfügige Beeinträchtigung des Körpers:
• harmlose Kratzer, Schürfungen, Schläge, Stösse, Abführmittel, Bartoder Zopfabschneiden
Einfache Körperverletzung
•
•
•
•
Stark blutende Wunde
Einschlagen eines Zahnes
ausgedehnte Blutergüsse, bedeutsame Quetschungen
Ausheilende Knochenbrüche oder Hirnerschütterungen
Schwere Körperverletzung
•
•
•
•
25. August 2016
Lebensgefährliche Verletzung
Unbrauchbarmachung eines wichtigen Organs oder Glieds
bleibende Arbeitsunfähigkeit
Entstellung des Gesichts
Seite 10
Körperverletzung und Tätlichkeit
Einfache oder schwere Körperverletzung
- Immer Strafanzeige erstatten
- Entbindung von der Schweigepflicht nicht notwendig
- Versicherungsleistungen → Dokumentation
Tätlichkeit
-Opfer entscheidet über Strafanzeige
- Ev. Entbindung von der Schweigepflicht notwendig
Verletzung von Persönlichkeitsrechten




Fotografieren, Filmen
Veröffentlichung von illegal erstelltem Bildmaterial
Üble Nachreden, Verleumdung
Beschimpfung und Ehrverletzung
Opfer entscheidet über Strafanzeige
25. August 2016
Seite 12
Unterscheide:
Anzeige und Strafantrag
Anzeige
- Mitteilung eines Straftatbestandes an die
Strafverfolgungsbehörde
- Kann jedermann
- Kann nicht zurückgezogen werden
Strafantrag
– Ist Prozessvoraussetzung bei Antragsdelikten
– Kann bei Offizialdelikten nicht zurückgezogen werden
– Muss durch den Geschädigten selber erfolgen
25. August 2016
Seite 13
Strafantrag
Strafantrag ist zu stellen,
• wenn Person wegen einer Tat strafrechtlich verfolgt werden soll
• wenn es sich um ein Antragsdelikt handelt
• Strafantrag ist in diesem Fall Prozessvoraussetzung
• Strafantrag kann jede Person stellen, welche geschädigt wurde
• Strafantragsrecht ist ein höchstpersönliches Recht
• Vertretung bei urteilsfähigen Personen ist nicht möglich
• Antragsberechtigte Person kann ihren Strafantrag zurückziehen,
wenn Urteil der zweiten kantonalen Instanz noch nicht verkündet ist
• Rückzug ist unwiderruflich
25. August 2016
Seite 14
Offizialdelikt
• Straftat wird von Amtes wegen verfolgt
• Schwerere Tat
• kein Strafantrag der betroffenen Person notwendig
• Tötungsdelikte, sexuelle Handlungen mit Kindern
• Schwere Körperverletzung, häusliche Drohungen
• Sachbeschädigungen > CHF 10‘000
• Diebstahl > CHF 300
• Bombendrohungen, etc.
25. August 2016
Seite 15
Antragsdelikt
leichtere Straftaten
•
Strafverfolgung kommt erst in Gang, wenn ein Strafantrag der
von der Straftat unmittelbar betroffenen Person vorliegt
• Sachbeschädigung, Ehrverletzungen
• einfache Körperverletzung
• Tätlichkeiten, geringfügige Vermögensdelikte etc.
• Strafantrag innerhalb von 3 Monaten schriftlich oder mündlich
25. August 2016
Seite 16
Verbrechen, Vergehen und Übertretungen
• Verbrechen
• Höchststrafe ist eine Freiheitsstrafe > 3 Jahre. Beispiel: Tötungsdelikt
• Vergehen
• Höchststrafe ist eine Freiheitsstrafe < 3 Jahre oder eine Geldstrafe.
Beispiel: Körperverletzung
• Übertretungen
• Höchststrafe ist eine Busse. Beispiele: Tätlichkeit (Ohrfeige etc.),
Drogenkonsum
25. August 2016
Seite 17
Sachbeschädigung und Diebstahl
Zum Nachteil der Institution
•
Entscheid liegt bei der Leitung -> Strafanzeige
•
Strafantrag kann nur die Institution vornehmen
• Vorsätzliche Zerstörung
• Ausmass des Schadens -> Haftpflichtversicherung
•
Zustand des Täters in die Erwägungen einbeziehen
Zum Nachteil des Personals
• Entscheidet Opfer oder gesetzlicher Vertreter
• Vorsätzliche Zerstörung
• Verzeigung oder einen Strafantrag
25. August 2016
Seite 18
Anzeigerecht und Anzeigepflicht
 Allgemeine Anzeigepflicht gibt es nicht
 Ausnahme: Behörden und Beamte
 Ärzte bei aussergewöhnlichen Todesfällen und Seuchen
 Anzeigerecht: Medizinalpersonen bei Verdacht auf Vergehen und
Verbrechen und bei Zweifel an der Fahreignung
25. August 2016
Seite 19
Psychische Krankheit & Bedrohung
4 Beispiele
 Psychotische Symptome
 Depressive Symptome
 Suchtverhalten
Persönlichkeitsstörung & Querulanz
25. August 2016
Seite 20
Menschen mit psychischer Störung
als Gewaltopfer
Männer
Frauen
Gewaltverbrechen
8.5 ↑
15.6 ↑
Sexueller Übergriff
32.5 ↑
18.5 ↑
Raub
6.8 ↑
8.8 ↑
Diebstahl
80.7 ↑
238.3 ↑
Teplin et al, 2005
25. August 2016
Seite 21
Psychotische Symptome
25.08.2016
22
Beispiel
„Grosimord“ in Aarau am 14. Januar 2014
Der Täter, Michael B. (27) litt an einer paranoiden Schizophrenie. «Mein Sohn
leidet seit Jahren an Schizophrenie», sagt die Mutter. «Er war seit 2006
mehrmals
in stationärer Behandlung.»
25. August 2016
Seite 23
Positive Symptom sind prognostisch ungünstig
Was Stimmen befehlen
52%
Suizid
5%
Homizid
12%
Sich oder andere verletzen
14%
Nicht gewalttätige Handlungen
17%
Unspezifisch
Wahnideen sind prognostisch besonders
ungünstig
Riskant
 Verfolgungswahn/ pathologisches
Misstrauen
 Grössenwahn
 Halluzinationen, die verbunden sind mit
negativen Emotionen
Patienten mit paranoider Psychose

Werden eher gewalttätig im öffentlichen Raum und in der Familie

Werden weniger gewalttätig in einer Institution

Planen Gewalthandlungen

Üben Gewalt aus gegen Personen, von denen sie sich verfolgt wähnen
Patienten mit desorganisierter Psychose
 Werden eher gewalttätig in einer Institution
 Planen ihre Gewalthandlungen nicht
 Fügen den Opfern weniger schwere Verletzungen zu
 Schlagen oft unüberlegt zu
Thomas Theorem
If people define situations as
real, they are real in their
consequences
Schizophrenie und Delinquenz
Wallace et al (1998)
Alle Fälle von
Schizophrenie
Schizophrenie ohne
Substanzabusus
Schizophrenie mit
Substanzabusus
Alle Delikte
3.2
1.9
12.4
Gewaltdelikte
Eigentumsdelikte
4.4
2.4
18.8
2.8
N.S.
13.4
10.1
7.1
28.8
Tötungsdelikte
Opfer von aggressiven
Psychiatriepatienten
Am häufigsten die eigene Familie!
Häufigkeit
Opfer
43%
Familien- und Bekanntenkreis
22%
Professionelle Bezugspersonen
(Beamte, Therapeuten,
Sozialarbeitende)
Fremde
31%
Nordström & Kullgren, 2003
25. August 2016
Seite 32
Erkennen der Frühwarnzeichen für
aggressives Verhalten bei psychotischen
Patienten
(Hummer et al, 2006)
Indirekt
Direkt
Paranoide Inhalte
Misstrauen
Rückzug
Gewaltfantasien
Denk- und Konzentrationsstörungen
Verweigerung der Kontaktaufnahme
Psychotische Ängste
Lautere Stimme
Gereizter, drohender Tonfall
Verlängerter Augenkontakt
Irritation, Wut, Ärger
Drohende Gesten
Verbale Drohungen
Sachbeschädigungen
Blockieren von Fluchtwegen
25.08.2016
33
Umgang mit psychotischen Patienten
1. Reizabschirmung (Ruhe, keine grelle Beleuchtung,
Rückzugsmöglichkeiten)
2. Einfache und klare Verhältnisse schaffen (sich vorstellen mit
Funktion, einfache Sätze)
3. Vertrauen schaffen (fürsorgliche Haltung, keine zu
persönlichen Fragen, offene Fragen)
4. Vorsicht mit Humor
5. Wahnideen weder anzweifeln noch bestätigen
6. Keinen Druck aufbauen (keine Konfrontation, lange
Schweigepausen vermeiden, Deutungen vermeiden)
25.08.2016
34
Depressive Symptome
Die Krankheit mit dem höchsten Suizidrisiko
(15% nehmen sich das Leben, 50%
versuchen‘s)
25.08.2016
35
Suizid und Parasuizid
Sui caedes = Tötung seiner selbst
• Parasuizid
–
–
Parasuizidale Pause
Parasuizidale Geste
–
Parasuizidale Handlung
25. August 2016
Seite 36
Suizidmethoden
25. August 2016
Seite 37
Vom Suizidgedanken zur Suizidhandlung
In welcher Phase finden die
meisten Kriseninterventionen
statt?
25. August 2016
Seite 38
Typische Fehler
•
•
•
•
•
•
Nicht Ansprechen der Suizidalität
Zeitdruck, Ungeduld
Unterschätzung des Suizidrisikos
Fehlinterpretation der „Ruhe vor dem Sturm“
Unsorgfältige Medikamentenabgabe
Innere Haltung
25.08.2016
39
Beurteilung des Suizidrisikos
Waren Sie schon so
verzweifelt, dass Sie
nicht mehr leben
wollten?
Schlüsselfrage
Haben Sie schon
daran gedacht, sich
das Leben zu
nehmen?
Ja:
Wie oft haben sie diese
Gedanken? Wann kommen
sie? Wie lange dauern sie?
Haben Sie konkrete
Suizidpläne? Wie nahe
waren Sie am Suizid?
nein
Nein:
Viele Menschen haben
Suizidgedanken. Warum
haben Sie sich entschieden,
sich das Leben nicht zu
nehmen?
Interventionsmöglichkeiten
•
Beziehung
•
Rund-um-die-Uhr-Kontakt
•
Geduld – keine vorschnellen Lösungen anbieten
25. August 2016
Seite 41
Suchtverhalten
25. August 2016
Seite 42
Alkohol und Gewalt
Bis zu 2 von 3 Gewalthandlungen
werden von Betrunkenen verübt
. . . . und die Rückfallquote ist beunruhigend hoch (50%)
25. August 2016
Seite 43
Enthemmung führt zu reaktiver Gewalt
 Ungeplant
 Impulsiv
Erinnerungslücke
 Brutal
 Sinnlos
25. August 2016
Seite 44
Persönlichkeitsstörungen
Beispiel:
dissoziale Persönlichkeitsstörung
Können sich an keine Regeln halten
• Lügen
• Stehlen
• Schule schwänzen
• Schlägereien
• Tiere quälen
Eskalation ab 14-jährig
 Life-Course-Persistent Perpetrators
 Instrumentelle Aggression
 Gewalt
 Suchtmittelkonsum
 Unbeeinflussbar durch Erziehung, Therapie und Strafe
Folgen
Gegenwartsbezogenheit
Kein Lernen aus Erfahrung
Keine Erziehung und keine Therapie
möglich
Fehlende Tiefe der Gefühle
Alles bleibt für sie oberflächlich, öde, langweilig
Viele Kollegen, aber keine Freunde
Keine Furcht, keine Angst
Of all passions, that which inclineth men least zu break the laws ist fear
(Thomas Hobbes, Leviathan)
Unfähigkeit zu klugem Handeln mangels
•
•
•
•
Voraussicht
Empathiefähigkeit
Beurteilungsvermögen
Fähigkeit zu Belohnungsaufschub
(kluges Handeln ist eine – wenn auch nicht
hinreichende – Voraussetzung für moralisches
Handeln)
Beschränkung auf konkretes Denken
• Gefangen im Hier und Jetzt, Unfähigkeit zur
Antizipation, den die Zukunft ist unvorstellbar
• Unfähigkeit zum Belohnungsaufschub, da nur
die Gegenwart zählt
Unfähigkeit aus Erfahrung zu
lernen, denn jede Erfahrung ist
eine neue Erfahrung, die
Vergangenheit ist nicht vorstellbar
=>
25.08.2016
Querulatorisches Verhalten
54
Symptome von paranoider
Persönlichkeitsstörung und Querulanz
•
Ziehen sich wie ein roter Faden durch das ganze Leben des
betroffenen Menschen
 Übertriebenes Misstrauen
 Überempfindlich auf Kränkungen und Zurückweisungen
 Nachtragend
 Erleben freundliche und neutrale Äusserungen als herablassend,
berechnend oder hinterhältig
25. August 2016
Seite 55
Unterscheide: Querulantenwahn
•
•
•
•
•
•
Wahnhafte Störung
Beginn im mittleren Alter
Schlüsselerlebnis
Gefühl, dass sich alle öffentlichen Instanzen gegen
sie verschworen habe
Überzeugung erscheint verworren,
unnachvollziehbar
Ausserhalb dieses Wahn ist das Denken dieser
Menschen unauffällig
25. August 2016
Seite 56
. . . wenn Querulanten drohen
 fühlen sie sich angegriffen
 glauben sie, sich
verteidigen
zu müssen
 fühlen sie sich in die Enge
getrieben
25. August 2016
Seite 57
Der Mensch entscheidet auf Grund seines
Erlebens, nicht auf Grund einer „objektiven“
Realität.
Deshalb:
Einen „Querulanten“ nie
• In die Enge treiben. Es muss aus seiner
Sicht immer einen Ausweg geben
• Blossstellen oder beschämen
Harte Konfrontation mag oft hilfreich sein,
aber sicher nicht bei „Querulanten“
25. August 2016
Seite 58
Betty Bossi Rezept für den
Umgang mit „Querulanten“
 Gesprächsinhalten im Voraus festlegen
 Fürsorgliche Haltung einnehmen
 Eher Fragen stellen als Anweisungen geben
 Klar und verbindlich auftreten, aber nie
rechthaberisch und verbissen wirken
 Stress reduzieren
 Rechtsmittel aufzeigen
25. August 2016
Seite 59
Einschätzung der Gefährlichkeit von
Drohungen:
5 Dimensionen
Person
OpferVerhalten
OpferBezug
Gefahr!
Form
Motiv
1. Dimension: Persönlichkeit
(Der Mensch bleibt sich selber)
• Neigung zu Gewalt
• Affinität zu Waffen
• Paranoide Züge
• Dissoziale Züge
• Alkohol- und Drogen
2. Dimension: Beziehung zum Opfer
Grundsatz
Je intensiver die Beziehung, desto
grösser die Ausführungsgefahr
3. Dimension: Motiv von Drohungen
1.
Flüchtiges Motiv →
situationsbezogen,
impulsiv, einmalig
2.
Langfristiges Motiv →
beschäftigt den Täter
dauernd
4. Dimension:
Formulierung der Drohung
Unterscheide:
Einschüchterung
(instrumental threats)
Drohungen i.e.S.
(expressive threats)
Wichtig!
 Verbindlichkeit der Formulierung
 Art der Übermittlung
 Gezeigte Emotionen
 Konkretisierungsgrad
5. Dimension:
Verhalten des Opfers
Gefahren-Sensorium des Opfers ist besser
als man denkt
Wichtig bei indirekten Drohungen
 Drohenden zu präzisen Aussagen zwingen („Was
genau meinen Sie damit, es werde etwas
passieren?“)
 Ziel in Erfahrung bringen („Was wollen Sie mit
dieser Drohung erreichen?“)
 Verbindlichkeit herstellen: Dem Drohenden
klar
machen, dass seine Aussagen so
verstanden
werden, wie sie gesagt werden.
Stalking
Definition
Stalking ist das absichtliche, böswillige und
mutwillige Verfolgen und Belästigen einer
anderen Person, deren Sicherheit bedroht ist.
In ⅓ der Fälle äussern die Täter explizit
Drohungen
Aus der Mannheimer Studie
(2005)
Stalker ≠ Stalker:
Wir unterscheiden 5 Stalker-Typen . . .
..
25.08.2016
70
Typus 3 „sozial inkompetenter Stalker“
(Incompetent Stalker)
• Suchen meist eher lose Kontakte und
flüchtige sexuelle Abenteuer.
• Sind wenig ausdauernd und geben
oft schnell auf.
Regeln für den Umgang mit Stalking
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Management schwerer Fälle im Team
Opfer ist für die eigene Sicherheit selber verantwortlich
Dokumente (Brief, Mails etc.) aufbewahren
Einmalige Stellungnahme, dann Kontakt vermeiden
Umfeld informieren („Petzen erlaubt“)
Strafanzeige bei schweren Fällen
Schutzmassnahmen
Kritische Zeiträume beachten
Bedrohung am Arbeitsplatz - Präventiv
1. Entspannte
Wachsamkeit
•
•
•
•
Gefahrensituationen
erkennen
Eskalation frühzeitig
bemerken
Selbstkontrolle
Körperhaltung
2.
•
•
•
•
•
Respekt und vertrauensvoller Kontakt
Alles, was Respekt fördert, hemmt
Gewalt: Raumgestaltung,
Kleidung, Verhalten
Körperhaltung
Respektlosigkeit und Willkür von
Anfang an unterbinden
Gleichgewicht zwischen Nähe und
Distanz
Beachte: maximale Gefahr
entsteht aus dem enttäuschten
Vertrauen
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen:
Aussehen und Kleidung sind wichtige Faktoren
für die Bildung von Vertrauenswürdigkeit,
Glaubhaftigkeit und Autorität
Respektvermindernde Sprache
•
Verstärker (sehr, massiv, katastrophal, wirklich)
•
Abschwächungen (ich denke, ich vermute, eine Art, wie)
•
Verlegenheitsausdrücke (eh, also, wie Sie wissen)
•
Übermässige formale Sprache
•
Fragende Satzmelodie
•
Gestikulationen
25. August 2016
Seite 76
3. Respekt vor kritischen
Situationen
• Identifizierung von potenziell
gefährlichen Klienten
• Schwierige Gespräche nicht allein
führen
• Sitzordnung beachten
Verhalten bei persönlicher Bedrohung Situativ
1.
Früh reagieren – Selbstkontrolle!
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Drohenden von Begleitpersonen trennen
Pokerface
Laute Stimme vermeiden
Blickkontakt ohne Anstarren
Reden lassen, nicht widersprechen
Distanz wahren, nicht duzen
Gespräch möglichst rasch abbrechen
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Seite 79
Herunterladen