Wilhelm-Raabe-Schule Langensalzstr.24 30169-Hannover Facharbeit im Leistungskurs 12 Ch Thema: Antazida - Vergleiche verschiedener Medikamente und Darreichungsformen Verfasser: Meisam Hodajerdi Fachlehrer: Fr. Vollmer Abgabetermin: 07. 04. 2000 1 A. Einleitung - Was mich an dem Thema interessiert hat und wie ich es bearbeitet habe. ................................................. 3 B. Theoretischer Teil ................................................................... 4 1. Erläuterung von Magenfunktionen, die zum Verständnis der Wirkungsweise der Antazida notwendig sind ............................. 4 1. 1 Der Magen und seine Stellung im Verdauungsprozess...... 4 1. 2 Der Magensaft in seiner Bedeutung für die Vorverdauung 4 1. 3 Die Magenschleimhaut und ihr Schutz gegen die eigene Säure................................................................................ 6 1. 4 Die Entstehung der Magenschleimhautentzündung und des Magengeschwürs ................................................................ 6 1. 5 Die Grundidee der Antazida .......................................... 7 1. 6 Die Wirkungsweise der H2- Antihistaminika .................... 7 1. 7 Das Bakterium Helicobacter Pylori; die neue Erklärung für div. Magenkrankheiten ........................................................ 8 2. Detaillierte Betrachtungen über Antazida .............................. 9 2. 1. Die Wirkungsweise der Antazida ................................... 9 2. 2 Standardmethode zur Beurteilung der Wirksamkeit von Antazida ............................................................................ 9 2. 3 Betrachtung der einzelnen Antazida und ihrer Wirkungen . 9 2. 4 Wechselwirkungen von Antazida mit anderen Pharmaka .13 2. 5 Sonstige unerwünschte Wirkungen von Antazida............13 2. 6 Weitere Gesichtspunkte zur Darreichung der Antazida ....14 C. Experimenteller Teil ................................................................15 1. Reaktion von Salzsäure mit Natriumhydrogencarbonat (in Form von “Bullrichsalz“)mit Nachweis der Freisetzung von Kohlendioxid ..........................................................................................15 2. Untersuchung des Bullrichsalzes auf seine Pufferwirkung .......15 3. Untersuchung des Medikaments Maaloxan auf vorhandene Pufferwirkung.......................................................................16 2 A. Einleitung - Was mich an dem Thema interessiert hat und wie ich es bearbeitet habe. Zu Beginn möchte ich feststellen, dass mich das theoretische Studium und die Versuche sehr interessiert haben, obwohl ich erst nach Vergabe des Themas gemerkt habe, dass es auch mit meiner Gesundheit und meiner Erfahrung mit einem Arzt zu tun hat. Im Herbst letzten Jahres musste ich wegen Magenproblemen einen Arzt aufsuchen, wo mir ein Antazidum1, ein gegen ein Zuviel an Magensäure wirkendes Mittel verordnet wurde. Beim Lesen des Beipackzettels hatte ich kein gutes Gefühl und habe deshalb darüber mit einem Freund gesprochen. Dabei hörte ich, dass erst vor wenigen Jahren eine Entdeckung gemacht worden war, die viele Magenbeschwerden anders als bisher erklärt. Vor 15 Jahren war mehr zufällig in der Universität Perth entdeckt worden, dass es im Magen ein Bakterium mit Namen Helicobacter Pylori gibt, was bis dahin wegen des sauren Milieus als ausgeschlossen gegolten hatte. Inzwischen hat man das sehr Milieu-anpassungsfähige Bakterium weiter erforscht und erkannt, dass es für praktisch alle gewebszerstörenden Vorgänge im Magen – bis hin zum Krebs – mitverantwortlich sein kann. Zu meinem Erstaunen stellte ich später auf der Packungsbeilage auch fest, dass der Hersteller des Präparats wegen des Helicobacter Pylori eine Warnung („Wegen Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“) ausgesprochen hatte. Danach soll das Antazidum nur dann angewendet werden, wenn vorher durch eine Magensaft-Untersuchung sichergestellt worden ist, dass sich dort keine Bakterien des Typs Helicobacter Pylori nachweisen lassen. Jetzt beim Studium der Antazida habe ich in der Ausgabe des Jahres 1999 der ROTEN LISTE, die der Arzt zur Auswahl der zu verordnenden Medikamente verwendet, festgestellt, dass weder bei den einzelnen Medikamenten noch im sog. Signaturverzeichnis, wo Gegenanzeigen, Anwendungsbeschränkungen, Nebenwirkungen etc. dargestellt werden entsprechende Warn-Hinweise für den Arzt zu finden sind. Die Art der Arbeit hat mir, wie schon ausgeführt, hauptsächlich durch das den menschlichen Körper betreffende Thema gefallen, dann aber auch durch die sowohl praktische als auch theoretische Ausrichtung. Was den theoretischen Teil betrifft, habe ich mich durch Gespräche mit Ärzten, und zwar einem praktischen Arzt und einer Ärztin in der Forschung der Firma Solvay, informiert und mir dort Unterlagen sowie Hinweise auf geeignete Quellen geben lassen. Zur praktischen Arbeit muss allerdings gesagt werden, dass die Mehrzahl der im Magen ablaufenden chemischen Prozesse auf unserer Basis im Chemielabor nicht durchführbar sind. Während die qualifizierteren Antazida indirekt in den Stoffwechsel der Säure produzierenden Zellen eingreifen und diesen bremsen oder ganz lahm legen, konnte im Labor nur die Wirkung der chemisch einfacheren Antazida bezüglich ihrer direkten Säurebindung (Neutralisation) gezeigt werden. 1 Das Produkt heißt Antramups 3 B. Theoretischer Teil 1. Erläuterung von Magenfunktionen, die zum Verständnis der Wirkungsweise der Antazida notwendig sind 1. 1 Der Magen und seine Stellung im Verdauungsprozess Den Magen kann man als ein aus Muskelschichten gebildetes und von Schleimhaut innen völlig ausgekleidetes Hohlorgan beschreiben, das nach oben mit der Speiseröhre verbunden ist und unten durch einen Ringmuskel, den „Pförtner“, in den Dünndarm führt. Die äußere Hülle bildet ein Bauchfellüberzug, die Serosa. Sie ist bedeckt mit zwei miteinander verflochtene Schichten aus glatten Muskeln. Diese glatten Muskeln unterscheiden sich von der quergestreiften Muskulatur in Aufbau und Funktionsweise. Während die quergestreifte Muskulatur der Gliedmaßen und des Körperstammes der willkürlichen Bewegung dient und dem Willen des Menschen gehorcht, steht die glatte Muskulatur des Magens und anderer Hohlorgane wie Verdauungskanal, Blutgefäße, Harnblase, Gebärmutter unter einem ihr eigenen, nicht willensbestimmten, autonom genannten Rhythmus. Er wird vom vegetativen Nervensystem bestimmt, das nicht dem bewussten Willen des Menschen unterliegt. Der gesamte Magen-Darm-Kanal hat – ganz ausgedehnt - immerhin eine Länge von acht Metern und eine Oberfläche von zirka 100 qm, das entspricht etwa der Größe eines Tennisplatzes. Diese Größe der Oberfläche ist durch extreme Auffaltung und Zottenbildung bedingt. Feste Speisen und Flüssigkeiten gelangen einzeln oder gemeinsam durch die Speiseröhre in den Magen. Die Ankunft der Speisen auf dem Grund des Magens führt dort zu einer Dehnung, wodurch über das unwillkürliche Signalsystem des Vagusnervs die Verdauungssäfte verstärkt produziert und in das Mageninnere abgegeben werden. Von Zeit zu Zeit laufen Muskelkonkontraktionswellen über den Magen, die den Magen-Inhalt durchmischen und vorwärts bewegen (Peristaltik). Während der Weitertransport der Flüssigkeiten einfachen mathematischen und physikalischen Regeln folgt (je Zeiteinheit wird ein bestimmter Anteil Wasser entleert), hängen Bearbeitung und Weitertransport der Speisen von Zusammensetzung und Nährstoffinhalten (Kohlehydrate, Eiweiße und Fette) sowie der Konsistenz der Nahrung ab. 1. 2 Der Magensaft in seiner Bedeutung für die Vorverdauung Unser Magen enthält eine - in den in der Magenschleimhaut liegenden Belegzellen hergestellte - im wahrsten Sinn des Wortes "ätzende" Flüssigkeit: den sauren Magensaft. Er ist im wesentlichen eine Mischung aus konzentrierter Salzsäure ( PH = 2) und Pepsin, einem eiweißverdauenden Enzym. Bereits in Ruhe sondert der Magen geringe Mengen von Magen-Saft ab. Diese Ruhesekretion von rd. 10 ml pro Stunde kann nach Nahrungsaufnahme bis auf 1 000 ml ansteigen. Die Magensaftsekretion wird sowohl nervös (vor allem vor der Nahrungsaufnahme) als auch hormonell gesteuert. 4 Die Aufgabe des Magensaftes ist es, den ersten Schritt der Verdauung (Vorverdauung) des Nahrungsbreis durchzuführen, wobei vor allem Eiweiße in ihre Bestandteile zerlegt werden. Für die Kohlenhydratverdauung werden im Magen zwar keine Enzyme gebildet, aber das kohlenhydratspaltende Enzym des Speichels (Speichelamylase, Ptyalin) wirkt so lange weiter, wie der Magen-Inhalt noch nicht durchgehend mit Salzsäure vermengt ist. Die fettspaltende Lipase wird nur in geringen Mengen gebildet. Fette durchwandern den Magen daher im wesentlichen unverdaut. Darüber hinaus hat der Magensaft aber auch die wichtige Aufgabe, die diversen mit der Nahrung in den Körper gelangten unerwünschten potentiellen Krankheitserreger wie Bakterien, Pilze etc. abzutöten. Das gelingt dem Magen mit Hilfe des durch den Magensaft stark sauren Milieus so gut, dass man im Magen normalerweise auch keine lebenden Bakterien findet. Dies führte zu der oben angeführten Meinung, dass im Magen überhaupt keinerlei Bakterium überleben könne. Die große Ausnahme ist nun aber das Bakterium Helicobacter pylori, dessen – zufällige – Entdeckung einen Wechsel des Denkens in diesem Gebiet der medizinischen Forschung auslöste. Im Darm dagegen, ganz im Gegensatz dazu, tummeln sich Millionen oder Milliarden von Mikroorganismen, die in diesem Bereich spezifische und ausgesprochen wichtige Aufgaben bei der Verdauung und der Immunabwehr erfüllen. Durch den Magensaft, der durch intensive Bewegungen des inneren Magens gleichmäßig über den Speisenbrei verteilt wird, werden alle festen Nahrungsmittel der ersten Verdauungsstufe, der Magenverdauung ausgesetzt, und erst wenn sie verflüssigt und vorverarbeitet/vorverdaut sind, verlassen sie – in der Regel nach längstens fünf Stunden – den Magen. Ein komplizierter Regelmechanismus sorgt außerdem dafür, dass unterschiedliche Nahrungsmittel auch unterschiedlich lange im Magen bleiben: fettreiche am längsten, danach eiweißreiche, während kohlehydratreiche Speisen nach der kürzester Zeit über den unteren Ausgang, den „Pförtner“ in den Zwölffingerdarm übergehen. Auf eine Besonderheit des chemischen Zusammenspiels zwischen Bearbeitung des Speisebreis durch den Magensaft und dem „Pförtner“ ist hier noch hinzuweisen: Solange der Mageninhalt nicht ausreichend mit Verdauungssäften versetzt und damit durchgearbeitet ist, öffnet der Pförtner nicht seine Schleuse zum Zwölffingerdarm. Hier wirkt ein fein-abgestimmtes System, das einem chemischen Testlabor mit elektronischer Durchleitung der Ergebnisse an den Pförtner entspricht. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Zwölffingerdarm das erhaltene Material auch weiterverarbeiten kann. Diese Pförtnerschleuse hat auch die Aufgabe, den sehr sauren Bereich des Magens (Ph-Wert zwischen 1 und 2) vom erheblich schwächer sauren Zwölffingerdarm zu trennen. Bei Fehlfunktion des Pförtners dringt zuviel Säure in den Zwölffingerdarm ein und kann dort Reizungen, Geschwüre etc auslösen. 5 1. 3 Die Magenschleimhaut und ihr Schutz gegen die eigene Säure Wenn der Magensaft alles (vor-)verdaut, ergibt sich die Frage, warum er nicht auch die eigene Magenwand angreift und diese „verdaut“. Dies ist im normalem, also gesunden Funktionszustand des Magens nicht möglich, weil er sich gegen seine eigene für die Verdauung der Nahrung selbst ausgeschüttete Magensäure auch selbst schützt. Dazu dient die Magenschleimhaut. Und zwar besteht die oberste Zellschicht der Magenwand, d. h. die der Nahrung zugewandte, aus Schleimhautzellen, die einen zähen, undurchdringlichen Schleim bilden. Aus der darunter liegenden Zellschicht, in der auch die Drüsen liegen, wird Natriumhydrogencarbonat (Natron) abgesondert, das die eindringende Säure neutralisiert. Zusätzlich sind die Zellen der Magenwand in der Lage, sich in einem sehr kurzen Regenerationszyklus auch ständig zu erneuern: Nach jeweils drei Tage sind sämtliche Zellen der Schleimhaut vollständig durch neue ersetzt. Diese beiden Mechanismen gewährleisten normalerweise einen ausreichenden Schutz vor dem Angriff der Magensäure. Allerdings ist diese Schleimhaut ein sehr empfindlicher Schutzmechanismus: Steht man z. B. unter ständigem Stress, raucht viel oder nimmt regelmäßig bestimmte schleimhautreizende Medikamente ( wie z. B. Aspirin), zu sich, konsumiert hochprozentigen Alkohol und fette Speisen, so wird die Schleimhaut ständig angegriffen und die Schutzfunktion kann trotz der Regeneration stark nachlassen. Das Eindringen der Magensäure in die vorgeschädigte Schleimhaut wird auch durch eine allgemeine Dehydration (Wassermangel) des menschlichen Körpers begünstigt, da bei Wassermangel die Schleimhautzellen ebenso wie die des darunter liegenden Gewebes weniger prall und so anfälliger gegen das Eindringen der Säure sind. Diese Entdeckung machte der iranischer Forscher BATMAN GELIJ. Seine Erläuterungen hierzu befinden sich im Anhang. 1. 4 Die Entstehung der Magenschleimhautentzündung und des Magengeschwürs Bis zur Entdeckung des schon erwähnten Magenbakteriums Helicobacter Pylori ging man davon aus, und soweit das Bakterium nicht nachgewiesen ist, gilt das auch unverändert, dass diese dauerhaften Schleimhautreizungen mit Eindringen der Magensäure in das Untergewebe der Grund für Magenund Zwölffingerdarmgeschwüre sind. Wenn der Schutz versagt, so lautet die Theorie, kommt es zunächst zu einer Magenschleimhautentzündung und dann bei längerer Fortsetzung des Reizungs- und Zerstörungsprozesses zu den schmerzhaften Magenund meist gleichzeitig auch zu Zwölffingerdarmgeschwüren. Im schlimmsten Fall bricht die Magenwand sogar an den durch die Geschwüre durchgefressenen Stellen durch (man spricht hier von einer Magenperforation, also einer Öffnung in den Bauchraum), und es kann zu tödlichen Blutungen kommen. 6 1. 5 Die Grundidee der Antazida Als einzige Therapie gegen die mit der Wirkung eines Zuviel an Säure erklärten Verletzungen der Magenwand bis hin zum Geschwür sah man bis vor wenigen Jahren die Verminderung der Säure im Magen an. Die Säure musste zumindest solange gemindert oder unterbunden werden, um die Geschwüre ausheilen zu lassen. Diese alte – und trotzdem nicht richtige – Theorie war schon vor 2000 Jahren im Umlauf, und schon damals nahmen die Menschen bei Magenproblemen sogenannte Antazida, also säurebindende Substanzen, zu sich. Damals wurden geriebene Korallen, Knochenmehl oder bestimmte Mineralerden ( z. B. Tonerde) verabreicht, um damit die überschüssige Säure zu binden, d. h. chemisch gesehen, zu neutralisieren. Auch heute sind traditionelle Antazida (Neutralisierende Antazida, d. h. Schwache Basen oder Salze schwacher Säuren) noch häufig eingesetzte Arzneimittel. Die Präparate sind inzwischen jedoch konzentrierter und leichter zu schlucken, obwohl die Wirkstoffe im Prinzipbezeichnet. die gleichen sind wie vor Jahrtausenden. Das Problem bei all diesen Medikamenten blieb jedoch immer das gleiche: Sie sind zwar wirkungsvoll und, solange man sie einnimmt, beseitigen sie auch die Beschwerden, aber sobald man die Medikamente absetzt, kehren auch die Beschwerden wieder. Aus diesem Grund hat die pharmazeutische Forschung zwischenzeitlich jedoch – und zwar vor Entdeckung des Helicobacter Pylori –erheblich wirkungsvollere Medikamente zur Bekämpfung der Säure im Magen entwickelt, die nicht nur, wie die traditionellen Mittel die Säure binden, sondern auch in den in den Drüsen ablaufenden Entstehungsprozess der Säuren eingreifen. Sie tun dies durch die sogenannten H-2-Blocker, die eine Minderung der Säuremenge bewirkt und durch die sogenannten Protonenpumpenhemmer, die die völlige Unterbindung der Säureentstehung in den Drüsen bewirken. Diese Medikamente werden im Gegensatz zu den nur neutralisierenden Antazida als Säuresekretionshemmer bezeichnet. 1. 6 Die Wirkungsweise der H2- Antihistaminika Histamin ist ein in vielen Körperprozessen wirksames biogenes Amin, das für viel Prozesse vorhanden sein muss, um sie in Gang zu setzen und zu beschleunigen. Man nennt es auch den "Hauptstimulus" vieler Zellvorgänge. Diese Rolle spielt es auch bei der Säureproduktion in den Belegzellen des Magens. Die 7