Der deutsche Bundesrat zwischen Konkordanz und Konkurrenz

Werbung
Politik
Stephan Fischer
Der deutsche Bundesrat zwischen
Konkordanz und Konkurrenz - Vertretung
der Länder oder Instrument der Parteien?
Magisterarbeit
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de/ abrufbar.
Dieses Werk sowie alle darin enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen
sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom
Urheberrechtsschutz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen,
Mikroverfilmungen, Auswertungen durch Datenbanken und für die Einspeicherung
und Verarbeitung in elektronische Systeme. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen
Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie
der Auswertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen, vorbehalten.
Impressum:
Copyright © 2006 GRIN Verlag, Open Publishing GmbH
ISBN: 978-3-638-58725-9
Dieses Buch bei GRIN:
http://www.grin.com/de/e-book/66875/der-deutsche-bundesrat-zwischen-konkordanz-und-konkurrenz-vertretung
Stephan Fischer
Der deutsche Bundesrat zwischen Konkordanz und
Konkurrenz - Vertretung der Länder oder Instrument
der Parteien?
GRIN Verlag
GRIN - Your knowledge has value
Der GRIN Verlag publiziert seit 1998 wissenschaftliche Arbeiten von Studenten,
Hochschullehrern und anderen Akademikern als eBook und gedrucktes Buch. Die
Verlagswebsite www.grin.com ist die ideale Plattform zur Veröffentlichung von
Hausarbeiten, Abschlussarbeiten, wissenschaftlichen Aufsätzen, Dissertationen
und Fachbüchern.
Besuchen Sie uns im Internet:
http://www.grin.com/
http://www.facebook.com/grincom
http://www.twitter.com/grin_com
Technische Universität Dresden
Philosophische Fakultät
Institut für Politikwissenschaft
Magisterarbeit im Hauptfach Politikwissenschaft
Der deutsche Bundesrat zwischen Konkordanz und Konkurrenz –
Vertretung der Länder oder Instrument der Parteien?
Verfasser: Stephan Fischer
Abgabetermin: 24. Juli 2006
Inhaltsverzeichnis
I
1.
II
3.
4.
5.
5. 1.
5. 2.
5. 3.
5. 4.
5. 5.
5. 6.
5. 7.
5. 8.
5. 8. 1.
5. 8. 2.
5. 8. 3.
5. 8. 4.
6.
7.
7. 1.
7. 2.
8.
9.
III
10.
10. 1.
10. 2.
10. 2. 1.
10. 2. 2.
10. 2. 3.
10. 2. 4.
10. 2. 5.
10. 2. 6.
10. 2. 7.
10. 2. 8.
10. 3.
10. 4.
10. 5.
10. 5.
IV
IV
V
Einleitung, Problemstellung und Gang der Argumentation
Forschungsstand und theoretische Grundlagen
Der Bundesrat im politischen System der Bundesrepublik Deutschland
Historische Vorläufer des Bundesrates
Die Legitimationsgrundlage des Bundesrates
Der Bundesrat im Verfassungsgefüge der Bundesrepublik Deutschland
Die Zusammensetzung des Bundesrates
Die Stimmenverteilung im Bundesrat
Präsident, Präsidium und Ständiger Beirat des Bundesrates
Das Ausschusswesen
Sonstige Einrichtungen
Der Vermittlungsausschuss als gemeinsames Organ von
Bundestag und Bundesrat
Die Kompetenzverteilung im Bundesstaat als Ursache
der Politikverflechtung
Die Kompetenzen des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren
Gesetzgebung im Zweikammerverfahren
Zustimmungspflichtige Gesetze
Einspruchsgesetze
Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften
Der Bundesrat als Vetospieler
Die Bundesrepublik Deutschland zwischen Konkurrenz
und Konkordanz
Die konkurrenzdemokratischen Strukturelemente und
das Parteiensystem in der Bundesrepublik Deutschland
Die konkordanzdemokratischen Strukturelemente im
politischen System der Bundesrepublik Deutschland
Der Bundesrat zwischen Konkurrenz und Konkordanz
– ein Strukturbruch?
Die Auswirkungen divergierender Mehrheiten in Bundestag
und Bundesrat
Der Bundesrat zwischen Parteipolitik und Vertretung
von Länderinteressen
Inhaltsanalyse der Beschlussgründe des Bundesrates
bei Anrufung des Vermittlungsausschusses
Datenmaterial
Kategorisierung der Begründungen des Bundesrates
bei Anrufung des Vermittlungsausschusses
Gesetzestechnische Gründe
Rechtliche Gründe
Finanzpolitische Gründe
Verwaltungsverfahrensbezogene Gründe
Inhaltsbezogene Gründe
Allgemeinpolitische Gründe
Wahrnehmung gesteigerter Länderinteressen
Kombinationen
Interpretation der Anrufungsbegründungen der 4. Wahlperiode
Interpretation der Anrufungsbegründungen in der 14. Wahlperiode
Interpretation der Anrufungsbegründungen der 15. Wahlperiode
Parteipolitik im Bundesrat
Fazit
Quellennachweis
Literaturnachweis
2
4
15
15
18
20
21
22
24
25
26
27
27
29
31
33
35
36
37
43
44
47
53
57
62
62
64
65
65
66
66
67
67
68
68
69
70
74
78
82
87
88
88
2
I
Einleitung, Problemstellung und Gang der Argumentation
„Als wir im Parlamentarischen Rat das Grundgesetz schufen (...), haben wir nicht geglaubt,
dass die Länder im Bundesrat Parteipolitik treiben. Damals waren wir noch in der Illusion
gefangen, die Länderregierungen würden sich loslösen von dem Kampf der Parteien, und wir
nahmen an, dass nicht dieselben Parteivorstände oder Fraktionsvorstände, die im Bundestag
ihren Einfluss ausüben, dies nun auch im Bundesrat tun würden.“1
Die Parteipolitisierung des Bundesrates ist ein in Öffentlichkeit und Wissenschaft seit langem
diskutiertes Thema. Häufig werden die Zustimmungsverweigerungen des Bundesrates, wenn
sie nach parteipolitischen Gesichtspunkten getroffen werden, als Ursache für den oft
konstatierten Reformstau in der Bundesrepublik Deutschland angesehen. Dabei war der
Bundesrat nicht als Arena einer parteipolitischen Auseinandersetzung erschaffen worden.
Vielmehr sollten die Länder durch ihn an der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes
mitwirken (Art. 50 GG), und nicht die Parteien. Bei unterschiedlichen Mehrheitsverhältnissen
in Bundestag und Bundesrat bietet sich aber den Parteien, die sich im Bundestag in der
Opposition befinden, die Chance einer gestaltenden Mitwirkung durch den Bundesrat, wenn
sie denn in der Lage sind, eine mehrheitsfähige Blockadefront zu errichten. Diese
Mitgestaltungsmöglichkeit ist problematisch, da sie als Oppositionsparteien im Bundestag ja
nicht in Regierungsverantwortung stehen. Vor allem bei zustimmungspflichtigen Gesetzen
kann eine beeindruckende Vetoposition aufgebaut werden. Dadurch entsteht ein Zwang zur
Konsensbildung im Vermittlungsausschuss, wenn die Bundesregierung die Gefahr eines
Scheiterns der von ihr eingebrachten Gesetzesvorlage minimieren will. Dieser Konsens kann
häufig nicht nur durch die Berücksichtigung landesspezifischer Interessen erzielt werden, es
sind ebenso die Politikvorstellungen der Oppositionsparteien zu berücksichtigen. Die
politische Entscheidungsfindung im parlamentarischen Bundesstaat ist somit einerseits durch
Aushandlungserfordernisse zwischen Bund und Ländern und andererseits durch den
Parteienwettbewerb gekennzeichnet. Diese beiden Entscheidungssysteme beruhen auf
unterschiedlichen
Handlungsmustern:
föderative
Aushandlungsprozesse
einerseits,
parteipolitische Konkurrenz andererseits. Zutreffend gebraucht Manfred G. Schmidt daher
den Begriff der „föderalistischen Konsensusdemokratie“2.
1
Dr. Konrad Adenauer auf dem 6. Bundesparteitag der CDU in Stuttgart, zitiert nach: Süsterhenn, Adolf:
Senats- oder Bundesratssystem. Zum Problem der Gewaltenteilung innerhalb der Legislative, in: Wilke, Dieter/
Schulte, Bernd (Hrsg.): Der Bundesrat. Die staatsrechtliche Entwicklung des föderalen Verfassungsorgans,
Darmstadt, 1990, S. 172.
2
Schmidt, Manfred G.: Demokratietheorien. Eine Einführung, Opladen, 2000, S. 345.
3
Diese Problematik verweist auf ein Grundproblem des institutionellen Systems der
Bundesrepublik Deutschland. Die Parteienkonkurrenz sichert den Regierungsparteien im
Bundestag die Möglichkeit der Umsetzung des mit Wählerauftrag ausgestatteten
Regierungsprogramms durch Mehrheitsentscheid zu. Eine Konsensfindung ist „nur“ zwischen
den Koalitionsparteien im Bundestag erforderlich und bei zustimmungspflichtigen Gesetzen
erfolgt ein Bund-Länder-Ausgleich. Besteht dieser Konsens, so kann die parlamentarische
Mehrheit im Bundestag ihr Regierungsprogramm durchsetzen und muss dafür auch die
politische
Verantwortung
unterschiedlichen
übernehmen.
parteipolitischen
Werden
Mehrheiten
Bundestag
beherrscht,
und
dann
Bundesrat
kann
neben
von
die
Verhandlungserfordernisse von Bundes- und Landesebene zusätzlich die parteipolitische
Dimension treten. Die bundesstaatliche Verhandlungsdemokratie erzeugt durch die
ideologische Konkurrenz der Parteien einen Konsenszwang nicht nur zwischen Bundes- und
Landesebene, sondern nun auch zwischen den Parteien, die sich im Bundestag als Regierung
und Opposition gegenüberstehen.
Wenn die Abstimmung im Bundesrat nicht ausschließlich nach landesspezifischen Interessen,
sondern ebenfalls auf der Grundlage von Parteipolitik erfolgt, dann wird die
konkordanzdemokratische Prägung der Mitwirkung der Landesregierungen an der
Bundesgesetzgebung durch eine parteipolitische und somit konkurrenzdemokratische Prägung
überlagert. Bei parteipolitisch geprägter Zustimmungsverweigerung und anschließendem
Vermittlungsverfahren können Blockadetendenzen im politischen System der Bundesrepublik
Deutschland entstehen, die zu einer geringeren Problemlösungsfähigkeit, einer Politik auf
dem kleinsten gemeinsamen Nenner und einer demokratietheoretisch fragwürdigen
Mitwirkung der Oppositionsparteien durch den Bundesrat führen. Der Bundesrat wird zum
Blockadeinstrument der Opposition.
In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, inwieweit Parteipolitik im Bundesrat eine
Rolle spielt. Um diese Frage klären zu können, werden die Anrufungsbegründungen des
Bundesrates zum Vermittlungsausschuss auf ihre inhaltliche Begründung hin analysiert. Die
spezifische Anrufungsbegründung dient als Indikator für die Art der Einflussnahme des
Bundesrates auf den Gesetzgebungsprozess und erlaubt Rückschlüsse auf die Frage, ob eher
Landesinteressen oder Parteipolitik die Arbeit des Bundesrates dominieren. Analysiert werden
die Anrufungsbegründungen zum Vermittlungsausschuss in der 4., 14. und 15. Wahlperiode
des Deutschen Bundestages. In der 4. Wahlperiode besaß die Regierungskoalition aus
CDU/CSU und FDP eine parteipolitisch gleichgesinnte Mehrheit im Bundesrat. In der 14.
Wahlperiode verfügte die Koalition aus SPD und Grünen nur bis April 1999 über eine
Herunterladen