Kulturelle Vielfalt in der Kita – Praktische Anregungen für den Alltag

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Fachtag „Asylbewerber- und Flüchtlingskinder in der Kita;
Bereicherung – Chance – Herausforderung“
03.11.2014
Kulturelle Vielfalt in der Kita –
Praktische Anregungen für
den Alltag
Referentin: Paula Zintl
Staatlich anerkannte Erzieherin,
Kindheitspädagogin (B.A.)
Kulturelle Vielfalt in der Kita – Praktische Anregungen für den
Alltag
Aussagen im Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder in
Tageseinrichtungen bis zur Einschulung (BEP):
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Interkulturelle Erziehung ist im BEP als wichtiges Erziehungs- und
Bildungsziel verankert. Sie hat eine individuelle und eine gesellschaftliche
Dimension.
Interkulturelle Kompetenz wird im BEP als „grundlegende Kompetenz für
das konstruktive und friedliche Miteinander von Individuen, Gruppen und
Regionen mit unterschiedlichen kulturellen und sprachlichen Traditionen“
angesehen. Diese Entwicklungsaufgabe betrifft alle Beteiligten, Kinder,
Eltern und pädagogische Fachkräfte, Inländer und Migranten oder ethnische
Minderheiten.
(STMAS 2012, S. 129)
Kulturelle Vielfalt in der Kita – Praktische Anregungen für den
Alltag
Interkulturelle Bildung und Erziehung ist ein durchgängiges Prinzip mit
praktischen Konsequenzen für den pädagogischen Alltag.
Sie spielt in nahezu allen themenbezogenen Bildungs- und
Erziehungsbereichen eine Rolle.
Die Entwicklung von interkultureller Kompetenz ist ein Bildungsziel und betrifft
gleichermaßen alle.
(STMAS 2012, S.131-133)
Kulturelle Vielfalt in der Kita – Praktische Anregungen für den
Alltag
Definition: Interkulturelle Erziehung
„Interkulturelle Erziehung wird auch als interkulturelle Bildung bzw.
interkulturelles Lernen oder transkulturelle Erziehung bezeichnet.
Darunter werden pädagogische Ansätze verstanden, mit deren Hilfe das
Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft gefördert werden
soll.“
(Pousset 2014, S. 204)
Kulturelle Vielfalt in der Kita – Praktische Anregungen für den
Alltag
Arbeitsfelder der Interkulturellen Erziehung:
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Teamarbeit
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Pädagogische Arbeit mit den Kindern
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Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern
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Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung
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Alltag
Teamarbeit im Rahmen der Interkulturellen Erziehung:
Definition „Interkulturelle Kompetenz“ (Auernheimer Georg (Hrsg.) 2010,
Interkulturelle Kompetenz und pädagogische Professionalität –
Interkulturelle Studien):
„Interkulturelle Kompetenz besteht in einem Bündel von Fähigkeiten, die
einen produktiven Umgang mit der Komplexität kultureller
Überschneidungssituationen erlauben.“
(Leenen, Groß u. Grosch 2010, S. 110)
Paul Mecheril (2010 S. 25ff) benutzt in diesem Zusammenhang den Begriff
„Kompetenzlosigkeitskompetenz“.
Kulturelle Vielfalt in der Kita – Praktische Anregungen für den
Alltag
Definition „Interkulturelle Kompetenz“ (Auernheimer Georg (Hrsg.)
2010, Interkulturelle Kompetenz und pädagogische Professionalität –
Interkulturelle Studien):
Wolf Rainer Leenen und seine Kollegen Harald Grosch und Andreas Groß
zählen zu dem Bündel von Fähigkeiten, aus denen Interkulturelle
Kompetenz besteht, neben den rein beruflich-fachlichen auch persönliche
Fähigkeiten und weisen darauf hin, dass diese nur bedingt durch
Fortbildungsangebote beeinflussbar sind, da sie nur vom Subjekt selbst als
Lernprozess initiiert werden können (Leenen, Groß und Grosch 2010, S.
110). Die Fähigkeit zur Selbstreflexion und zur Infragestellung der eigenen
Wirklichkeitssicht ist eine dieser notwendigen Fähigkeiten (Leenen, Groß
und Grosch 2010, S. 115).
Kulturelle Vielfalt in der Kita – Praktische Anregungen für den
Alltag
Vier Bereiche „Interkultureller Kompetenzen“(Leenen, Groß und Grosch
2010, S. 111):
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Interkulturell relevante allg. Persönlichkeitseigenschaften z.B.
Unsicherheits- und Ambiguitätstoleranz, kognitive Flexibilität, Offenheit
Interkulturell relevante soziale Kompetenzen z.B. Differenzierte
Selbstwahrnehmung (selbstbezogen), Fähigkeit zur Rollen- und
Perspektivenübernahme (partnerbezogen), Fähigkeit, wechselseitig
befriedigende Beziehungen aufzunehmen und zu erhalten
(interaktionsbezogen)
Spezifische Kulturkompetenzen z.B. Sprachkompetenz, interkulturelle
Vorerfahrungen
Kulturallgemeine Kompetenzen z.B. Wissen über allgemeine
Kulturdifferenzen und ihre Bedeutung, Vertrautheit mit Mechanismen der
interkulturellen Kommunikation
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Alltag
Interkulturelle Kommunikation:
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Direkte und indirekte Kommunikation:
Direkte Kommunikation erfolgt durch das gesprochene Wort.
In kollektivistischen Kulturen wird meist auf Kritik, Äußerung von Ablehnung
oder von Wünschen verzichtet. Die Weitergabe von Informationen erfolgt
meist durch Gesten oder den Kontext, in dem die Situation statt findet. Diese
Art der Kommunikation wird als indirekte Kommunikation bezeichnet (vgl.
Kurz 2004).
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Die Grundlage interkultureller Kommunikation ist aktives Zuhören.
Wichtig sind ebenfalls eine positive Grundeinstellung, Verständnis, das
konzentrierte Achten auf alle Botschaften des Gesprächspartners/der
Gesprächspartnerin und das Schaffen eines unterstützenden Klimas (vgl.
Kurz 2004).
Können Gesprächspartner/-partnerinnen nicht oder nur begrenzt in einer
Sprache miteinander kommunizieren, ist die unterstützende nonverbale
Kommunikation (Mimik, Gestik usw.) von großer Bedeutung.
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Alltag
Balance zwischen Gleichheit und Vielfalt:
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Differenzunempfindliche und differenzempfindliche Ansätze
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Kulturpyramide
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Vorurteilsbewusstheit
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Entwicklung von Toleranz und Wertschätzung – Interkulturelles Lernen als
Bereicherung für alle Beteiligten: Eine der grundlegenden Fähigkeiten für die
Interkulturelle Kompetenz stellt der ethische Wert Toleranz dar. Er beruht
auf gegenseitigem Respekt und gegenseitiger Achtung. Er beruht auf der
Haltung, den Anderen in seiner Andersartigkeit grundsätzlich anzuerkennen.
Diese Form der Toleranz ist in unserer Gesellschaft mit ihren heterogenen
Werten und Normen äußerst wichtig. Der amerikanische Philosoph Michael
Walzer drückt dies so aus: „Toleranz zielt auf Zivilisierung der Differenz“
(vgl. Gruber 2009, S. 71 – 76).
Kulturelle Vielfalt in der Kita – Praktische Anregungen für den
Alltag
Bedeutung von Partizipation im Rahmen der Interkulturellen
Erziehung:
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Der Begriff Partizipation leitet sich ab vom lateinischen Wort particeps und
wird übersetzt mit Beteiligung,Teilhabe
Im BEP wird in den Leitgedanken zum Kapitel „Mitwirkung der Kinder am
Bildungs- und Einrichtungsgeschehen (Partizipation)“ Partizipation
folgendermaßen definiert: „“Beteiligung“ bedeutet „Partizipation“ im Sinne
von Mitwirkung, Mitgestaltung und Mitbestimmung. Sie gründet auf
Partnerschaft und Dialog. Partizipieren heißt, Planungen und
Entscheidungen über alle Angelegenheiten, die das eigene Leben und das
der Gemeinschaft betreffen, zu teilen und gemeinsam Lösungen für
anstehende Fragen und Probleme zu finden“
Kulturelle Vielfalt in der Kita – Praktische Anregungen für den
Alltag
Partizipation und Inklusion:
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Im Index für Inklusion findet sich Partizipation als Indikator für Inklusion:
„Inklusion wird verhindert, wenn Kinder und Mitarbeiter der Einrichtung auf
Barrieren in Bezug auf Spiel, Lernen und Partizipation stoßen“ (Booth u. a.,
Dt. Fassung, Hrsg. GEW 2006, S.16).
Petra Wagner (2012, S. 1) äußert sich in ihren Thesen zu dieser Thematik
folgendermaßen:
„1. Was bedeutet Inklusion? Im Bildungsbereich sind es Maßnahmen gegen
Exklusion durch Wertschätzung der Heterogenität von Kindern und Familien
und das Wahrnehmen und Abbauen von Barrieren, die den Zugang zu
Bildung behindern.“
„2. Inklusion ist aufs Engste mit Partizipation verknüpft...“
Kulturelle Vielfalt in der Kita – Praktische Anregungen für den
Alltag
Partizipation und Inklusion
Beispiel:
Bezogen auf die Thematik sprachliche Bildung bedeutet dies, dass die
Fachkräfte die Aufgabe haben, das Gruppengeschehen und die
pädagogischen Angebote so zu gestalten, dass sich alle Kinder (auch
Kinder mit nichtdeutscher Erstsprache, dialektsprechende Kinder oder
Kinder mit Sprachentwicklungs-verzögerungen) beteiligen können.
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Pädagogische Arbeit mit den Kindern:
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Emotionale Stabilisierung als Grundlage (Vertrauensaufbau, Fachkraft-KindBeziehung, Fachkraft-Kind-Interaktion)
Interkulturelles Lernen (Vielfalt der Lebensweisen, Familienformen sichtbar
machen), Einsatz von unterstützenden Materialien wie z.B. Handpuppen,
Familienspiel, Hautfarbenstifte
Sprachliche Bildung (Wertschätzung der Familiensprachen, alltagsintegrierte
sprachliche Bildung)
Pädagogische Angebote zur Literacy-Erziehung und Wortschatzerweiterung
(Verse, Reime, Singspiele, Bewegungs-spiele, Rhythmik, Bewegungslandschaften, Legegeschichten, Baugeschichten, Bilderbücher, usw.)
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Alltag
Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern:
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Vertrauens- und Beziehungsaufbau (Bedeutung der nonverbalen
Kommunikation – Mimik, Gestik)
Begegnungsräume in der Kita schaffen (z.B. Elterncafé)
Transparentes Arbeiten (z.B. Bilddokumentationen,
Hospitationsmöglichkeiten)
Einbeziehung der Eltern mit ihren Ressourcen (z.B. Puppen basteln,
mehrsprachiges Vorlesen)
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Alltag
Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung:
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Kontakte und Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen und Institutionen
(Erfahrungsaustausch)
Gibt es Migrationsfachdienste in der Nähe, von denen man sich Infomaterial
und Unterstützung holen kann (z.B. Dolmetscherdienste)?
Gibt es Sponsoren im Stadtteil/in der Gemeinde, die sich bereit erklären, in
der aktuellen Situation Kitas, die Asylbewerber- und Flüchtlingskinder
betreuen, finanziell oder mit Sachmitteln zu unterstützen (z.B. Rucksäcke
oder Taschen für die Brotzeit, Sportkleidung, Matschhosen und
Schneeanzüge), damit sich die Kinder am Alltagsgeschehen und den
pädagogischen Angeboten beteiligen können?
Kulturelle Vielfalt in der Kita – Praktische Anregungen für den
Alltag
Literaturverzeichnis:
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Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (STMAS) Staatsinstitut für
Frühpädagogik (IFP) (2012): Der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder in Tageseinrichtungen
bis zur Einschulung (BEP). 5. Auflage. Berlin: Cornelsen Verlag
Booth, Tony/Ainscow, Mel/Kingston, Denise 2006: Index für Inklusion (Tageseinrichtungen für Kinder)
Lernen, Partizipation und Spiel in der inklusiven Kindertageseinrichtung entwickeln. Dt. Fassung, Hrsg.
GEW, Frankfurt am Main
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Gruber, Hans-Günter 2009: Ethisch denken und handeln. Stuttgart: Lucius & Luzius, 2. Auflage
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Handschuck, Sabine: Institut für interkulturelle Qualitätsentwicklung München – IQM.
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Kurz 2004: Seminarunterlagen Studiengang „Interkulturelle Kommunikation und Verständigung“, Hochschule
München
Leenen, Groß u. Grosch (2010): Interkulturelle Kompetenz in der Sozialen Arbeit. In: Georg Auernheimer
(Hrsg.): Interkulturelle Kompetenz und pädagogische Professionalität – Interkulturelle Studien. 3. Auflage.
Wiesbaden: VS Verlag
●
Pousset, Raimund (Hrsg.) (2014): Handwörterbuch Frühpädagogik erw. 4. Auflage. Berlin: Cornelsen Verlag
●
Wagner, Petra 2012: Thesen zum Verhältnis von Inklusion und Partizipation. Berlin
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Alltag
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