Deutsches Ärzteblatt 1976: A-3004

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Die Information:
Bericht und Meinung
Marburger Bund
NACHRICHTEN
men Streikfonds („einen Kampffonds in vielfacher Millionenhöhe")
einzahlen, um nicht als „gewerkschaftlicher Trittbrettfahrer" gescholten werden zu können. Das
enorme finanzielle Engagement
dürfte nach Überzeugung des Ersten
Vorsitzenden Dr. Vilmar bei den ohnehin bestehenden Streikfonds des
Marburger Bundes keine Schwierigkeiten bereiten.
HESSEN
Verhandlungen mit dem HB
Weiterer brisanter Beratungspunkt
war ein zwischen Hartmannbund
und Marburger Bund vorbereiteter
"Verbandsvertrag", der darauf abzielte, die bisherigen Querelen zwischen beiden Verbänden abzustellen
und der zu einerfür beide Beteiligten
vertretbaren Abgrenzung des Mitgliederreservoirs führen sollte. Nach
heftiger (nichtöffentlicher) Diskussion wurde dem MB-Vorstand die
Direktive erteilt, durch einen besseren Vertrag die Rivalitäten zwischen
beiden ärztlichen Organisationen
durch weitere Verhandlungen abzumildern. Dr. Harald Clade
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3004
Acht Ärztezentren
der KV Hessen eröffnet
Die
Abgeordnetenversammlung
der Kassenärztlichen Vereinigung
Hessen hatte 1973 ein Programm
für den Aufbau von Ärztezentren in
ländlichen Gebieten beschlossen
und die hierfür erforderlichen Finanzmittel aus dem Sicherstellungsfonds bereitgestellt. Sinn und
Zweck dieser Ärztezentren — von
denen insgesamt elf errichtet werden sollen — ist es, die ärztliche
Versorgung auf dem Lande sicherzustellen und gleichzeitig deren
Qualität zu verbessern. Dies geschieht nicht nur durch die Konzentration von Allgemeinärzten in
modernen Praxisräumen mit vorbildlicher medizinisch-technischer
Ausstattung, sondern auch durch
die Einbeziehung von Fachärzten,
die entweder mit einer Vollpraxis
oder durch regelmäßige Zweigsprechstunden vertreten sind.
Schon im Juni 1974 konnte das erste Ärztezentrum in einer Mittelpunktgemeinde im Hochtaunuskreis eröffnet werden. Bis zum Jahresende 1975 entstanden drei weitere Modell-Einrichtungen dieser
Art. Dabei zeigte sich bald, daß gerade für junge Ärzte, die eine Kooperation mit anderen jungen Kollegen anstreben, das Ärztezentrum
ein ideales Betätigungsfeld ist.
1976 wurden bisher in Weilrod
(Taunus), Mörlenbach und Höchst
(Odenwald) sowie in Karlshafen
das fünfte bis achte Ärztezentrum
ihrer Bestimmung übergeben.
Gerade zwei dieser Ärztezentren
haben durch die Art ihrer ärztlichen Besetzung und — im Falle
Weilrod — durch die Einrichtung
eines Bus-Zubringerdienstes für
die Patienten einen besonderen
Charakter. In Weilrod, einer Mittelpunktgemeinde im dünn besiedelten Hochtaunus, haben sich fünf
junge Allgemeinärzte und Internisten zu einer voll integrierten Gemeinschaftspraxis zusammengeschlossen. Das Ärzteteam hat be-
Heft 47 vom 18. November 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
wußt diese Praxisform gewählt,
weil sie ihm die Möglichkeit der
ständigen gegenseitigen Konsultation und des unmittelbaren Erfahrungsaustausches bietet; zudem
kann sich jedes Mitglied dieser Gemeinschaftspraxis bei Urlaub oder
Teilnahme an ärztlichen Fortbildungsveranstaltungen vertreten
lassen. Rationeller Einsatz des gemeinsamen ärztlichen Hilfspersonals, die gemeinsam geführte Patientenkartei und die gemeinsame
Nutzung aller modernen medizinisch-technischen Einrichtungen
wirken sich kostensparend aus.
Auf die Vorteile für die Patienten haben bisher bei jeder Inbetriebnahme der acht hessischen Ärztezentren nicht nur die Ärzte, sondern
anerkennend auch Kommunalpolitiker und Vertreter der Krankenkassen hingewiesen: Das Bestellsystem verkürzt die Wartezeiten
drastisch, und durch die Zweigsprechstunden von Fachärzten
wird der Landbevölkerung der oftmals weite Weg in die Kreisstadt
zur Facharztpraxis erspart.
Das schwierigste Problem in Weilrod war es, die Patienten der 13
Ortsteile umfassenden, zweitgrößten Flächengemeinde Hessens mit
einer Ausdehnung von rund 71
Quadratkilometern überhaupt an
das Ärztezentrum heranzuführen.
Normalerweise ist dies eine Aufgabe der Kommunalbehörden, aber
die mußten angesichts der äußerst
dürftigen Verkehrsverhältnisse passen. So organisierte schließlich die
KV Hessen auch noch in Verbindung mit einem privaten Busunternehmer einen Zubringerdienst für
die Weilroder Patienten. Bei der
Eröffnung des Ärztezentrums Weilrod machte der Vorsitzende der KV
Hessen, Dr. Gerhard Löwenstein,
die anwesenden Politiker sehr eindringlich darauf aufmerksam, daß
die KV dadurch mit einer „sachfremden Problematik" belastet
worden ist, nachdem die „Monopolisten" des Verkehrs (Bundesbahn
und Bundespost) aus „Rentabilitätsgründen" keine Lösungen anzubieten hatten. Dies sei ein typisches Beispiel dafür, daß es mit
der so oft geforderten „Chancen-
Die Information:
Bericht und Meinung
gleichheit" zwischen der Stadtund Landbevölkerung, die man für
die ärztliche Versorgung immer
wieder lautstark fordere, auf dem
Verkehrssektor nicht weit her sei.
Die KV Hessen jedenfalls erklärt
sich, so betonte Dr. Löwenstein,
außerstande, die von ihr initiierte
Verkehrsverbindung zwischen
Ortsteilen und Ärztezentrum auch
noch zu subventionieren.
Nach dem Beschluß der KV Hessen sollen die Ärztezentren auch,
wie es Dr. Löwenstein formulierte,
„Kristallisationspunkte fachärztlicher Betätigung" sein dadurch,
daß man den Ärzten bestimmter,
dem Bedarf entsprechender Fachgebiete die Möglichkeit bietet, regelmäßige Zweigsprechstunden im
Ärztezentrum abzuhalten. Die
räumlichen Voraussetzungen dazu
wurden bisher bei jedem Ärztezentrum bereits bei der Planung berücksichtigt.
Eine Ausnahme von der bisherigen
Regel bietet das sechste KV-Ärztezentrum Mörlenbach. Die primärärztliche Versorgung der Bevölkerung in dieser Mittelpunktgemeinde
und den ihr angeschlossenen Ortsteilen ist durch vier niedergelassene Allgemeinärzte gesichert. Zur
fachärztlichen Behandlung aber
mußten die Patienten bisher in die
Kreisstädte Weinheim und Heppenheim fahren; bei Entfernungen bis
zu 15 Kilometern war dies unter
den auch hier ungünstigen Verkehrsverhältnissen oft eine schwere Belastung.
So hat die KV Hessen das Ärztezentrum Mörlenbach als reines
Facharztzentrum konzipiert. Mit einer Vollpraxis ist hier ein Radiologe niedergelassen, mit Zweigpraxen sind ein Gynäkologe, ein HNOFacharzt und ein Internist vertreten. Im Sommer nahm auch noch
ein Augenfacharzt seine Tätigkeit
mit Zweigsprechstunden auf.
Bisher gelang es der KV Hessen,
das Grundstück für jedes Ärztezentrum von der Gemeinde als deren
Beitrag zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung kostenlos zu erhalten. Durch die Montagebauweise ist es möglich, noch einmal die
gleiche Bau-Einheit an das schon
betriebene Haus anzugliedern.
Eine solche Erweiterung ist bereits
für das erste Ärztezentrum in der
Taunusgemeinde Neu-Anspach fest
geplant; für das Fachärztezentrum
Mörlenbach ist sie für den Zeitpunkt vorgesehen, zu dem sich die
jetzt in den einzelnen Ortsteilen
praktizierenden Allgemeinärzte zu
einer Gemeinschaftspraxis zusammenschließen wollen. KV-H
— BLÜTENLESE
Entente
Turnvater Jahn (1778 bis 1852),
der Begründer der Turnkunst
(„frisch, fromm, fröhlich, frei")
galt der politischen Polizei als
ein subversives Element. Er
wurde 1819 verhaftet und zu Festungshaft verurteilt; erst 1840
wurde er aus der Polizeiaufsicht
entlassen. Heute, im Zeichen
der deutsch-französischen
Freundschaft, käme er wieder
ins Kittchen. Denn in einer Vorlesung sagte er: „Wer seinen
Kindern die französische Sprache lehren läßt, ist ein Irrender;
wer darin beharrt, sündigt ge-
gen den heiligen Geist; wenn er
aber seinen Töchtern Französisch lehren läßt, so ist das
ebenso gut, als wenn er ihnen
die Hurerei lehren läßt." Am liebsten wäre ihm eine künstliche
Wüste zwischen Deutschland
und Frankreich gewesen — bevölkert mit Schlangen, Wölfen
und Bären. Doch halt — würde
Jahn nicht viel eher mit seiner
Idee heute zu einer entente cordiale beitragen? Denn angesichts unserer nostalgischen
Liebe zur Natur wäre solch ein
Naturpark-Polster zwischen
Frankreich und Deutschland ja
geradezu völkerverbindend. F
Ärzteschaft will
in die „Reha"Arbeitsgemeinschaft
Eine Neustrukturierung der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR), die im Jahre 1969
als Zusammenschluß vor allem der
Rehabilitationsträger gegründet
wurde, steht bevor. Anlaß ist die
neue Rehabilitationsgesetzgebung
und hierbei vor allem das Rehabilitations-Angleichungsgesetz.
Der bereits vorliegende Entwurf einer neuen Satzung sieht allerdings
immer noch nicht eine angemessene Vertretung der Ärzteschaft in
den Beschlußgremien vor. Das ist
überaus bedauerlich, da die Ärzteschaft (wie auch die Behindertenverbände, die ebenfalls nur mangelhaft in die Arbeitsgemeinschaft
integriert sind) im gesamten Rehabilitationsgeschehen eine wesentliche Rolle spielen.
Formal wäre eine volle Integration
durchaus möglich, da es sich bei
der BAR nicht ausschließlich um
eine Trägerorganisation handelt,
was sich schon daran zeigt, daß
auch die Sozialpartner bereits in
ihr vertreten sind.
Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung haben
daher beantragt, in die BAR als
Mitglieder aufgenommen zu werden. Wesentlich für die Effizienz
der Arbeit der BAR wird es sein —
so betonen die ärztlichen Organisationen —, daß es gelingt, alle
entscheidenden Partner im Rehabilitationsgeschehen in die Entscheidungsgremien einzubeziehen.
Sollte dies nicht gelingen, so werde
der Anspruch der BAR, eine Art
Dachorganisation der in der Rehabilitation Tätigen sein zu wollen,
doch erheblich in Zweifel gezogen
werden müssen. Am 30. November
wird bei der BAR über eine Aufnahme der Bundesärztekammer und
der Kassenärztlichen Bundesvereinigung als ordentliche Mitglieder
Schi/DÄ
erneut beraten.
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 47 vom 18. November 1976
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