Ich-Störungen

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Begleitung bei
Entwicklungs-Störungen 1:
Depression, Angst, Belastungen,
Traumata und Körper-Reaktionen
 Allgemeines zu leibseelischen Entwicklungs-Störungen
 Allgemein förderliches Vorgehen bei Entwicklungs-Störungen
 Klassifikation leibseelischer Störungen (ICD 10)
 Störung leibseelischer Elementar-Funktionen
 Suizidalität
 Menschen mit Depressions-Störungen
 Menschen mit Angst- und Zwangs-Störungen
 Menschen mit Anpassungs-, Belastungs- und dissoziativen Störungen
 Menschen mit somatoformen Störungen
 Haltung, Ernährung, verspannte Regionen und Psychosomatik
Allgemeines zu leibseelischen
Entwicklungs-Störungen
(LS)
 Psychische Störungen als Beziehungs-Störungen
 Psychische Störungen und Körper-Erleben
 Störungs-Struktur und Körper-Erleben
 Emotionen und seelische Störungen
 Störungen der Körper-Erlebens
Psychische Störungen als Beziehungs-Störungen
LS
 Das Selbst gründet auf Körper-Erfahrungen und gestaltet sich in einem kognitiv-affektivmotorischen Austausch zwischen Subjekt und Subjekt sowie Subjekt und Objekt.
 Das Selbst wird in interaktiven Sequenzen kreativer Abstimmung von Individuum und
Mitwelt (Personen, Lebewesen und Dinge) erzeugt.
 Beziehungs-Erfahrungen sind immer kognitiv-emotional-motorische Erfahrungen,
werden in und mit der Leib-Seele gesammelt.
Erinnerungen werden multisensorisch gespeichert und bleiben in Form von Bildern,
Empfindungen, Affekt-Zuständen, und sensomotorischen Prozeduren erhalten, auch
wenn sie nicht bewusst reproduziert werden können.
 Frühe Beziehungs-Erfahrungen werden dynamisch in körperliche Strukturen und
psychosomatische Muster des Erlebens und Verhaltens eingeschrieben.
 Ein interpersonelles Selbst entsteht, wenn ein Kind kognitiv fähig ist, die Perspektive einer
anderen Person einzunehmen.
Die Fähigkeit des Kindes, Annahmen über die Absichten anderer Personen zu bilden, wird als
Mentalisierung bezeichnet.
Die kognitive Fähigkeit, sich selbst innere Zustände zuzuschreiben und auf innere Zustände
anderer zu schließen, wird als Theory of Mind bezeichnet.
 Das interpersonelle Selbst ist aber nicht nur das Ergebnis reflexiver Interaktionen, sondern das
Kind lebt den interpersonalen Bezug auch ohne ein Bewusstsein dessen, dass es selbst und die
andere Person unterschiedliche Perspektiven auf die Welt einnehmen können.
 Man kann ein Beziehungs-Wesen sein, ohne sich dessen bewusst zu sein, dass man
ein Beziehungs-Wesen ist.
 Psychische Störungen entstehen, erhalten und wandeln sich einschließlich ihrer Heilung
weitgehend in einem Feld zwischenmenschlicher Kommunikation.
Zwischenmenschliche Beziehungen oder der Beziehungs-Mangel und ihre Spuren im
Körper-Geist-Gedächtnis sind also der wichtigste Nährboden für psychische Störungen.
Psychische Störungen und Körper-Erleben
LS
Psychische Krankheit ist immer auch eine Entfremdung vom lebendigen Körper.
Störungen des Körper-Erlebens sind ein entscheidender Hinweis auf die Art einer
psychischen Störung.
 Magersüchtige haben ein negatives und verzerrtes Bild ihres Körpers.
 Bulimikerinnen machen den Körper zu Ort ihrer Kontrolle.
 Fibromyalgie-Patienten fehlt das Gefühl, den Körper in Besitzt zu nehmen.
 Infolge von Traumatisierung können Menschen im Körper tote Zonen verspüren, ihn
als fragmentiert, entgrenzt, vom Ich getrennt oder gespalten erleben und ihn zum
Objekt der Entwertung oder Verletzung machen.
 Borderline-Patienten tragen häufig ihre Spannungen am (selbstverletzendes
Verhalten) und mit dem Körper aus.
 Schizophrene können abnorme Körper-Gefühle haben (coenästhetische
Empfindungen), klammern ihren Körper aus dem Erleben aus oder nehmen ihn verzerrt
wahr.
 Menschen mit somatoformen Störungen zeigen eine Präsenz des Schmerzes bei
Absenz des Körpers und aller wohltuenden Formen körperlicher Lebendigkeit.
 Bei Depressionen und Angst-Erkrankungen wird der Körper selbst Träger des
Leidens. Depressive erleben ihre Krankheit im Körper. Der Körper kann als eigen und
zu einem gehörig oder fremd und objekthaft, ganzheitlich oder zerfallen erlebt werden.
Störungs-Struktur und Körper-Erleben
flüchtiger Leib
LS
 Bei sehr schweren psychischen Störungen auf psychotischem
Niveau geht der Bezug zum Körper-Selbst verloren.
Der Körper wird nicht mehr als mein Körper erlebt oder die
Grenze zwischen Ich und Außen löst sich auf.
Der Leib der Psychotiker ist flüchtig. Das Ich ist wenig verkörpert.
instrumentalisierter  Auf der Ebene schwerer struktureller Störungen geht das Erleben
verloren, die eigenen Handlungen, körperlichen Impulse (wie ein
Leib
Sklave dieser Impulse handeln) oder Gefühle (von ihnen
Bei Persönlichkeitsgetrieben oder bedroht werden) kontrollieren zu können. Man fühlt
Störungen wird der
sich nicht identisch mit dem Körper oder erlebt seine Körper als
Körper als Mittel der
Fremd-Körper.
Selbst-Darstellung
oder als Ort der der
 Bei einem mittleren Struktur-Niveau mit mäßiger Integration
Affekt-Abfuhr
finden sich situative Entfremdung vom Körper oder eine icheingesetzt.
dystone Beschreibung des Körper-Erlebens, bei der ich und mein
Körper getrennt werden.
lastender Leib
Das Leid wird bei
Depression, Angst
oder Schmerz der
somatoformen
Störung im Körper
lastend erlebt .
 Bei einem höheren Struktur-Niveau erlebt der Mensch sich als er
selbst in seinem Körper, der etwas empfindet (Meinigkeit) oder tut
(Selbst-Wirksamkeit).
Auf der körperlichen Ebene kann es kommen
 zur Vermeidung der Wahrnehmung,
 zur Verleugnung von Erfahrungen oder
 zur Hemmung von Handlungen.
Emotionen und seelische Störungen
Emotionen
nicht
wahrnehmen
können
Von
Emotionen
überflutet
werden
 Seelische Störungen haben immer mit intra- und
intersubjektiver Regulation von Emotionen zu tun.
 Seelisch gestört ist ein Mensch, wenn er
Emotionen
falsch
zuordnen
 Emotionen nicht wahrnehmen kann, weil sie durch
Verschiebung in den Körper (Atem-Reduzierung
und/oder Verspannung, Muskel-Panzerung –
Hypertonie oder Muskel-Erschlaffung – Hypotonie)
zum Schweigen gebracht wurden (Affekt-Sperre),
 falsch zuordnet, was er als Emotionen spürt
(Fehlattributierungen als Ersatz- oder DeckGefühle),
seelische
Störung
Keine
Verbindung
von Gefühle
und AuslöseSituation
LS
 von Gefühls-Erregungen überflutet wird und diese
nicht mehr kontrollieren und aushalten kann,
Gefühle nicht
situationsangemessen
ausdrücken
können
 zwischen Gefühlen und Auslöse-Situation keine
Verbindungen herstellen kann und
 Schwierigkeiten hat, Gefühle situationsangemessen
zum Ausdruck zu bringen.
 Daher bildet die Arbeit mit den Emotionen und den
affektmotorischen Schemata oder Mustern, die die
Emotionen bedingen, das Zentrum der KörperPsychotherapie.
Störungen des Körper-Erlebens
LS
Begriff
Inhalt/Funktion
Störungen
KörperSchema
Sensomotorische Repräsentation des
Körpers
Funktion: Steuerung von Handlungen
Repräsentations-Komponenten:
 somatosensorisch
 Körper-Form und –Größe
 Haltung und Position des Körpers
im Raum
Autotopagnosie (Störung der Lokalisation von KörperTeilen im Verhältnis zum Körper)
Asomatognosie (Ausfall der Bewusstheit von KörperTeilen)
Apraxie (Störung willkürlicher AusdrucksBewegungen)
Ataxie (Störung der Bewegungs-Steuerung)
Anosognosie (Nicht-Erkennen körperlicher Ausfälle)
KörperBild
Körper-Bild im engeren Sinne:
Inneres Bild vom Körper,
Metaphern, Fantasien, Konzepte,
Wissen um den Körper
Körperdysmorphe Störung
Body Integrity Identity Disorder, verzerrtes Bild, z. B.
bei Magersucht
Körper-Empfinden/ KörperWahrnehmung:
sensomotorisch-visuell
Beschreibung der Beziehung von
Körperteilen zueinander
Einschätzung der Größen-Verhältnisse
Unfähigkeit, die Beziehung der Körperteile zueinander
richtig zu beschreiben;
Neglect-Syndrom (Ausfall von Körper-Bildern bei
Hirn-Schädigung)
Verzerrte Wahrnehmung von Körper-Umfang und
Körper-Ausdehnung bei Magersucht
Körper-Affekt /Körper-Kathexis:
Inneres Erleben des Körpers,
Besetzung des Körpers mit
psychischer Energie
Affektive Körper-Bewertung
Ablehnung des eigenen Körpers
Narzisstische Aufwertung des Körpers
hypochondrische Beschäftigung mit dem Körper
hysterische Störungen des Körper-Erlebens
Mangelndes Erleben von Körper-Grenzen bei
selbstverletzendem Verhalten
Allgemein förderliches
Vorgehen (afV) bei
Entwicklungs-Störungen
 10 Vorgehens-Prinzipien der Körper-Psychotherapie
 Interventions-Gruppen
 Körperpsychotherapeutische Methoden 1
 Körperpsychotherapeutische Methoden 2
 Vorgehens-Schritte - Kurzfassung
 Vorgehens-Schritte – ausführliche Version
10 Vorgehens-Prinzipien
der Körper-Psychotherapie
nach U. Geuter
1.
Wahrnehmen und Spüren
2.
Gewahrsein und Präsenz
3.
Erkunden und Entdecken
4.
Aktivieren und Ausdrücken
5.
Regulieren und Modulieren
6.
Zentrieren und Erden
7.
Berühren und Halten
8.
Inszenieren und Interagieren
9.
Verkörpern und Handeln
10. Reorganisieren und Transformieren
afV
Interventions-Gruppen (IG)
nach M. Thielen
Körper-Übungen ohne
Berührung
Tiefen- oder dynamische
Entspannung
Entladungs-Techniken
dialogische Inszenierungen
(Biodrama)
Halt gebende Interventionen
afV
Körper-Übungen ohne Berührung
 Funktion:
Wahrnehmung der Körper-Signale, des Körper-Empfindens,
der Körper-Grenzen, der Affekte und Emotionen
 Interventionen:
Übungen zur Körper-Selbst-Wahrnehmung
Übungen zur Achtsamkeit
Übungen zur Erdung (Grounding)
Übungen zur Zentrierung
Atem-Übungen
IG
Entspannungs-Techniken
 Funktion:
Tiefen-Entspannung
Aktivierung des Körper-Gedächtnisses einschließlich der
Erinnerungen aus früher Kindheit
 Interventionen:
biodynamische Massagen
Fantasie-Reisen
Körper-Reisen
Imaginationen
Atem-Techniken
IG
Entladungs-Techniken
 Funktion:
körperlichen, affektiven und emotionalen Ausdruck fördern
Katharsis
 Interventionen:
vegetotherapeutische, bioenergetische, biodynamische
Übungen und Techniken
IG
Halt gebende Interventionen
 Funktion:
Herunterregulierung zu starker Affekte und Emotionen
Aufbau und Festigung von „Containment“
 Interventionen:
direkte Berührung, z. B. Hand der therapierenden Person auf
dem Rücken oder auf dem Bauch der Rat suchenden Person
Kopf-Halten
biodynamische Massagen
IG
Körperorientierte dialogische Inszenierungen
 Funktion:
in Kontakt mit unausgedrückten früheren Affekten und
Emotionen kommen
Erleben alternativer Handlungs-Weisen
Systemisches Verstehen
 Interventionen:
Reinszenierung von Schlüssel-Szenen aus der Biografie mit
besonderer Fokussierung auf Körper-Prozesse
IG
Körperpsychotherapeutische Methoden 1
afV
In der Körper-Psychotherapie arbeiten wir immer mit der gesamten Lebens-Geschichte
eines Menschen.
Der Zugang zum Menschen über den Körper hilft, jene Schichten präverbaler Prägung zu
erschließen, die im Bereich der Sprache oft schwer oder nicht zu erreichen sind.
Körper-Erleben wird als der zentrale Zugang zum Selbst-Erleben gesehen.
Deshalb werden folgende Methoden in der Körper-Psychotherapie ergänzend zu bewährten
Konzepten aus anderen Therapie-Ansätzen eingesetzt:
1. Der Mensch erlebt sich in seinem ganzen Sein psychisch und körperlich, entdeckt sich,
findet zu sich selbst und lernt sich selbst, seine Bedürfnisse und Emotionen besser zu
regulieren, indem er all das spürt, was in ihm vorgeht.
2. Seelisches Erleben wird über die Eigenwahrnehmung des Körpers spürend erschlossen,
wobei Erleben immer ganzheitliches Erleben körperlicher und seelischer Prozesse ist.
3. Affekte werden auch über die sensorischen und motorischen Komponenten erfasst, wenn
diese abgespalten oder fragmentiert im Körper existieren.
4. Körper-Wahrnehmung als Schärfung der Aufmerksamkeit für körperliche Empfindungen
und Untersuchung auf einen zu spürenden Sinn, auf eine sich herausschälende
Bedeutung hin
5. Körper-Ausdruck, unter anderem Körper-Sprache als Ausdruck von ÜbertragungsGefühlen gegenüber den Therapierenden
6. Wahrnehmung und Regulation der Atmung
7. Körperliche Regulation von Spannungs-Zuständen als Aktivitäts-Steigerung bei Hypotonie
und Entspannung bei Hypertonie und Übererregung
8. Halt und Berührung einschließlich Massage
9. Erkundung körpersprachlicher Inszenierungen (Bio-Drama)
Körperpsychotherapeutische Methoden 2
afV
1. Körper-Wahrnehmung
2. Wahrnehmung und Regulation des Atems
3. Klärung des Bedeutungs-Gehaltes der Körper-Sprache
4. Förderung des körperlichen Ausdrucks und der Affekt-Sprache des Körpers
5. Somatopsychische Regulation dysregulierter emotionaler Prozesse
6. Handlungsdialogische Erkundung, sog. Enactments
7. Erkundung und Veränderung affektmotorischer Muster
8. Stabilisierung durch Grounding und Holding
9. Aktivierung und Harmonisierung psycho-physischer Prozesse einschließlich einer
psycho-physiologischen Ebene der Stress-Regulation
10. Erschließung der Ressourcen über körperlich spürbare Potenziale
Vorgehens-Schritte - Kurzfassung
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
afV
Kooperative Erkundung des Themas, der emotionalen Inhalte, Focusing, Empathie und
andere gesprächstherapeutische Konzepte,
Beziehungs-Ebene thematisieren (Kontakt, Übertragung, Abwehr, Widerstand):
Wie geht es dir heute mit mir?
Einbeziehung des Körper-Empfindens: Wo spürst du das Gesagte im Körper?
Von der Empfindung zum Affekt hin zur Emotion.
Körper-Reaktionen spiegeln: Was wollen deine Hände (Füße etc.) ausdrücken?
Welches Symptom ist heute im Vordergrund?
Welches körperliche Erleben steht im Mittelpunkt?
Aufmerksamkeit ins Symptom durch Reinatmen, Verstärken, Be- oder Entschleunigen etc.
Ausdruck für das Symptom finden: „Ich Rücken-Schmerz tue dir weh, weil…“
Gefühl in dem Symptom zu fassen kriegen.
Biografischen Bezug herstellen (vom Aktual-Konflikt zum Grund-Konflikt):
Woher kennst du das von früher? Wohin gehört das?
In welcher Kindheits-Phase ist das wohl entstanden?
Reinszenierung der Schlüssel-Szene unter Einbeziehung des Körpers (symbolische
Bewegungen, Empfindungen):


Szene mit Frustration und Enttäuschung
Emotional korrigierte heilende Erfahrung (positive Eltern)
9. Reflexion:
 Introjekte (Was wurde - von den Eltern – verinnerlicht?)
 Autonomie/Wahl-Freiheit (Welcher Schritt steht an?)
 Positive Basis-Sätze
10. Neuorientierung: Handlungsorientierte Alternativen entwickeln und Transfer in die Praxis
Vorgehens-Schritte – ausführliche Version




















Entwicklungs-Begleit-Vertrag klären
Beziehung und Vertrauen aufbauen 1
Beziehung und Vertrauen aufbauen 2
Selbst-Wert-Gefühl und Positiv-Erwartungen stärken 1
Selbst-Wert-Gefühl und Positiv-Erwartungen stärken 2
Kern-Probleme finden 1
Kern-Probleme finden 2
Probleme eingrenzend klären
Konstruktiver Umgang mit der Symptomatik 1
Konstruktiver Umgang mit der Symptomatik 2
Veränderungs-Ziele herausarbeiten und Einvernehmen darüber erzielen
Ideen zur Problem-Lösung sammeln
Auf den künftigen Lösungs-Zustand einstellen
In die Problem-Bewältigung einsteigen
Körper und Bewegung einbeziehen
Regression im Dienste der Progression
Den Veränderungs-Impuls dämpfen und mögliche Rückschritte voraussagen
Erzielte Erfolge verstärken
Umgang mit Widerstand und Rückmeldung über Begleit-Verlauf
Abschluss der Entwicklungs-Begleitung
afV
Entwicklungs-Begleit-Vertrag klären
VS2
Den Vertrag zur Entwicklungs-Begleitung zu klären bedeutet:
 Ich prüfe als begleitende Person die Voraussetzungen für Beratung/Begleitung.
Hat sich die Rat, Unterstützung und Entwicklung suchende Person freiwillig für
Entwicklungs-Begleitung entschieden?
Entstehen ihr keine Nachteile durch Teilnahme oder Nicht-Teilnahme an der
Entwicklungs-Begleitung?
 Ich gebe als entwicklungsbegleitende Person die notwendigen Informationen über
Verlauf (Zeiträume, Häufigkeit der Sitzungs-Abfolge), Vorgehen (Methoden asl
Angebote, Ablehnungs-Recht) und Bedingungen (Raum, Geld, Geheimhaltungs-Pflicht
etc.) und prüfe das Einverständnis der Rat suchenden Person.
Gefällt dir die Vorgehens-Methode?
Wobei entstanden Anflüge von Angst und Scham?
 Ich verdeutliche, ob ich als Begleit-Person für die Begleitung des anstehenden
Problems kompetent und zuständig bin:
 Was erhoffst du dir sich von dieser Begleit-Situation?
 Was möchtest du am Ende der Begleit-Zeit erreicht haben?
 Wie würde Ihnen dieses Treffen am meisten nützen?
 Passen die Problem-Stellungen und Handlungs-Felder der Rat suchenden Person
und ihre Erwartungs-Haltung zu den Möglichkeiten der Begleitperson?
 Kann ich das, was du von mir erwartest, überhaupt kompetent erfüllen?
 Oder gibt es besser ausgebildete Personen, die erreichbar sind?
Beziehung und Vertrauen aufbauen 1
VS2
 Es wird geklärt, in welcher Beziehung Begleitende und Rat-Suchende zueinander
stehen:
 Passt die Konstellation? Sind wir kompatibel in wesentlichen Werten und in der
Grundhaltung zu Menschen und Beziehungen?
 Ist die Beziehung belastbar oder schon belastet?
 Was will ich mir, was darf ich dir zumuten?
 Ist Offenheit möglich? Ist der Raum, die Situation für Begleitung geschützt?
 Ist Vertrauen schon da oder ist Vertrauen möglich?
 Vier Beziehungs-Ebenen sind zu beachten:
1. Ich-Du-Beziehung: Zwei Menschen begegnen sich auf Augen-Höhe.
2. Vertrags-Beziehung: Entwicklungs-Begleitende und Entwicklung suchenden
Personen stehen in einem komplementären Verhältnis zueinander, definiert durch
den Unterstützungs-Auftrag und die Experten-Rolle.
3. Übertragungs-Gegenübertragungs-Beziehung: Bedingt durch die Erwartungen der
Unterstützung suchenden Person und die damit vermachte Komplementarität der
Beziehung, durch die Art der Themen und durch viele weitere Faktoren entstehen
wechselseitige Übertragungen, die teils stillschweigend genutzt werden können, teils
– insbesondere wenn der Entwicklungs-Prozess dadurch blockiert wird – geklärt
werden müssen.
4. Somatisch-vegetative Resonanz: In der Körper-Psychotherapie wird diese Ebene der
wechselseitigen „leiblichen Einfühlung“ besonders beachtet und nicht der
Übertragungs-Gegenübertragungs-Dynamik untergeordnet. Diese Resonanz kann
Grundlage für körperpsychotherapeutische Angebote sein.
Beziehung und Vertrauen aufbauen 2
VS2
Begleitende stellen sich auf die Rat suchende Person ein, stellen durch zuhören,
präsent sein und schauen den Kontakt her und kommen den Rat-Suchenden aktiv
entgegen, vermeiden zugleich Widerstand und Distanz, indem sie
 einen „Schutz-Raum“ für Ehrlichkeit und Vertrauen errichten,
 Klagen, Anklagen und Beschwerden, auch für diejenigen, die gegen die beratende
Person vorgebracht werden, akzeptieren - nicht:
„Sie haben recht“, sondern:
„Ich respektiere die Sichtweise dieses Menschen auf die Sachverhalte seines
Lebens.“
 offensichtliche und formulierte Leistungen der Ratsuchenden, insbesondere
interaktionelle Leistungen bezogen auf das, was die ratsuchende Person geäußert
hat, anerkennen:
„Ich finde es toll, dass Sie sich so ernst nehmen und zu mir gekommen sind, um
sich in dieser für Sie schwierigen Situation Rat zu holen.“
 sich an den Interaktions- und Atem-Rhythmus und an die Repräsentations-Systeme
der Ratsuchenden angleichen
 mitgehen (pacing), unterstützen, die Gefühle klären und zu deren Ausdruck
ermuntern (Verbalisierung emotionaler Erlebens-Inhalte) und insgesamt einen
tragfähigen Beziehungs-Gefühls-Zustand aufbauen:
„Diese Entwicklungs-Begleit-Person kann mir weiterhelfen.“
Selbst-Wert-Gefühl und
Positiv-Erwartungen stärken 1
Vorgebrachte Probleme, Krisen, Konflikte mit entsprechenden Symptomen,
Beschwerden und zu Tage tretenden Verhaltens-Auffälligkeiten werden positiv
umgedeutet durch:
 Positiv-Orientierung:
Die Begleit-Person stimmt nicht in die Mängel-Feststellung ein, so dass diese
negative Sicht-Weise der Rat suchenden Person auf sich nicht weiter bestärkt
wird.
 Beziehungs-Muster-Erkennung:
Die Begleit-Person arbeitet zusammen mit der Rat suchenden Person die der
Entstehung der zu verändernden Erlebens- und Verhaltens-Weisen
zugrundeliegenden Beziehungs-Muster heraus.
 Verständnis-Angebote:
Die Begleit-Person bietet weitere mentale Modelle an, mit denen die bestehende
Problem-Situation besser verstanden und eingeordnet werden kann.
 Wert-Erhalt:
Die Begleit-Person arbeitet eventuell Situationen heraus, in denen es auch
gegenwärtig angemessen wäre, sich entsprechend zu verhalten.
VS2
Selbst-Wert-Gefühl und
Positiv-Erwartungen stärken 2
 Biografie-Einordnung:
Die Begleit-Person ordnet kooperativ das Erlebens- und Verhaltens-Problem
entwicklungspsychologisch ein:
Das Verhalten oder die Beschwerden werden als für die damalige Situation
durchaus gut begründet angesehen, vielleicht sogar als beste Lösung im
Sinne einer Anpassungs-Leistung (adaptive Bedeutung) im Sinne einer
Überlebens-Schlussfolgerung unter den vorgefundenen Umständen:
„Das hat sicher seinen guten Grund, dass du depressiv geworden bist!“ „Du
wirst sicher Erfahrungen gemacht haben, die...“.
Diese Feststellung gegenüber der Rat suchenden Person beinhaltet, dass
neue Erfahrungen und damit eine Veränderung der Symptomatik
(Besserungs-Erwartung) möglich sind.
Durch positive Umdeutung im Sinne eines ehemaligen Nutzens wird eine
Auflösung der Übertragung bewirkt und eine Verantwortungs-Delegation an
die Begleit-Person eher verhindert.
Dadurch und durch Symptom-Verschreibung wird die Gegenübertragungs-,
Konfluenz- oder Ohnmachts-Falle vermieden:
„Ich bin verantwortlich, den Rat-Suchenden die Symptome wegzumachen,
weiß aber nicht, wie.“
VS2
Kern-Probleme finden 1
VS2
Abklärungs-Aspekte in der Anfangs-Phase:
 Anamnese als Biografie-Erkundung
 Problem-Fokussierung
 Ressourcen-Aktivierung
 Abklärung der Symptome
 Thematisierung der biografischen Grund-Konflikte
 Abklärung der Dynamik in der Herkunfts-Familie
 Abklärung des gegenwärtigen sozialen Bezugs-Systems
Körperpsychotherapeutisch wird ein besonderer Wert auf die Beachtung der
nonverbalen Botschaften, der körpersprachlichen Signale gelegt.
Dazu wird bewusst die Möglichkeit der somatisch-vegetativen Resonanz, u. a. durch parallele
Einnahme bestimmter Haltungen (Vorsicht vor Beschämung).
 Wann, wo und wie fließt oder stockt, verflacht oder vertieft sich die Atmung?
 Wie ist der Gesichts-Ausdruck? Wie ist die Gesichts- und Haut-Farbe?
Wie ist die Gestik? Sind Worte, Mimik und Gestik kongruent oder widersprüchlich?
 Wo erscheinen Bewegungs-Impulse? Wo scheinen Bewegungs-Impulse unterdrückt zu
werden? Wie ist der Gang? Wie ist der Hände-Druck bei Begrüßung/Verabschiedung?
 Wo und wie erscheinen Gefühle? Wo scheinen welche Gefühle vermieden zu werden?
 Wie ist die Körper-Haltung? Wie ist das Erregungs-Niveau im Körper? Wie ist der vitale
Gesamtendruck?
 Sind Abspaltungs-Prozesse im Körper zu erkennen, z. B. Kopf und Körper, Oberleib und
Unterleib?
 Wie verkörpert sich das Problem?
Kern-Probleme finden 2
VS2
 Erforderlich ist eine offene Suchhaltung mit aktivem Zuhören, Verbalisierung
emotionaler Erlebens-Inhalte, vertrauensfördernder Anteilnahme und präzisierenden, aber nicht bohrenden Fragen und Bedeutungs-Klärungen:
„ Was macht das Ihnen aus?
„Welchen Wert hat das für Sie?“
„Wieso kränkt sie das so sehr?“.
 Die Rat-Suchenden werden darin unterstützt, ihre Probleme, Schwierigkeiten,
Störungen „wahr“-zunehmen, sie einzusehen, dazu zu stehen: „So ist es“, sie zu
akzeptieren.
 Die Begleitenden stellen einen echten Kontakt und eine Vertrauens-Basis zum/zur
Rat-Suchenden her.
 Sie unterstützen, fördern das „Aussprechen“ des Problems.
 Sie geben Gelegenheit zur agierenden Darstellung der Problem-Situation (z. B. in
szenisch-dialogischen Arrangements).
 Sie hören aufmerksam und verständnisvoll zu.
 Sie decken Widersprüche auf und konfrontieren liebevoll, ohne dabei
besserwisserisch und parteiisch zu wirken und ohne unnötig Scham-Gefühle zu
aktivieren..
 Selbstblockierungen (mit einem Fuß auf dem Gas, mit dem anderen auf der Bremse),
Destruktivität, Resignation, Beharren auf Defiziten und andere veränderbare SelbstBegrenzungen werden behutsam angesprochen.
 Begleitende führen keine Monologe und stellen Fragen - wenn überhaupt - als offene
Probleme und begründen ihre Fragestellung.
Probleme eingrenzend klären
 Wesentliche Problem-Punkte werden gemeinsam zusammengefasst.
Eventuell wird die Problem-Vielfalt auf einen oder wenige wichtige,
bearbeitbare Problem-Bereiche begrenzt.
Die Rat-Suchenden wählen das gegenwärtig für sie bedeutsamste oder,
falls dieses zu ängstigend erscheint, das gegenwärtig schon zu
bearbeitende Problem aus, um es gründlich zu analysieren.
 Gegebenenfalls wird an dieser Stelle der/die Rat-Suchende an andere
Zuständige weitergeleitet.
 Die Begleitenden helfen, das ausgewählte Problem zu klären,
 indem sie sachlogische und psychologische Seiten des Problems
auseinanderhalten.
 indem sie Tatsachen und Meinungen trennen.
 indem zusammen mit dem/der Betroffenen seine/ihre Motive des
(Re-) Agierens auf die Beteiligten erforschen.
 indem sie dem/der Rat-Suchenden zu einer Gewichtung der
Problem-Faktoren verhelfen.
VS2
Konstruktiver Umgang mit der Symptomatik 1

VS2
Evtl. wird die Symptomatik unter variierten, bewusst gestalteten Umständen
verschrieben
 Die Symptomatik (Zwang, Angst, Depression, Lern-Schwierigkeit, VerhaltensAuffälligkeit) sitzt bei der Rat suchenden Person im Vordergrund.
Die Rat suchende Person möchte in der Regel durch die Begleit-Person von ihrer
Symptomatik befreit werden:
„Machen Sie mir meine Angst, meine Lern-Störung, mein Sucht-Problem weg.“
 Fallen Begleitende in der Gegenübertragung auf dieses Allmachts-Angebot herein,
dann bildet sich parallel das druckmachende Ohnmachts-Erleben:
„Ich fühle mich von den Anliegen überfordert, weil ich ohne tätige Mitarbeit der RatSuchenden sowieso nichts ändern kann.“
 Registriert die Rat suchende Person diesen unbehaglichen Druck, so ist zu ihrer
Entlastung eine Verschreibung des Symptoms angesagt.
Durch seine Verschreibung kann das Symptom in den Hintergrund treten.
Die Begleit-Person wird frei, den aktuellen und vergangenen interaktionellen Kontext
der Beschwerden mit der Rat suchenden Person herauszuarbeiten.
 Drei Stufen des Umgangs mit der Symptomatik:
1.
2.
3.
Akzeptieren, dass Rat-Suchende Dinge nicht tun können, vor denen sie Angst haben.
Wollen Rat-Suchende etwas ändern, was sie nicht können, geraten sie in die „Ja-aber-Falle“.
Dadurch, dass die Rat-Suchenden aufgefordert werden, ihre Symptomatik nur bewusster
wahrzunehmen (Verschreibung), deren Funktion nur zu verstehen zu versuchen, sie nicht aber zu
unterdrücken oder zu verändern, schafft man die Voraussetzung für die Erfahrung der RatSuchenden, dass sie etwas tun können mit der Symptomatik. Sie werden auf diesem Weg in ein
aktives, verantwortliches Verhältnis zur Symptomatik hineingeführt.
Erst später können Aufgaben an die Rat-Suchenden gestellt werden, trotz und mit der Angst etwas
zu tun.
Konstruktiver Umgang mit der Symptomatik 2
VS2
 Bei diesem Vorgehen der Symptom-Verschreibung wird anerkannt, dass die Symptomatik
eine wichtige Funktion im Leben der Ratsuchenden hat oder hatte.
Und derartige Funktionen sollte man nicht leichtfertig ändern.
Man sollte Einstellungen und Verhaltensweisen erst dann aufgeben, wenn man wirklich
davon überzeugt ist, dass etwas anderes für die Bewältigung gegenwärtiger
Lebensaufgaben besser ist:
„Im Augenblick sehe ich nicht, was sie anderes tun könnten, als sich genau anzusehen,
wann genau das Symptom auftritt, wann es stärker und wann es schwächer in
Erscheinung tritt.“
 Durch Verschreibung wird bislang spontanes Verhalten unter die Kontrolle der Rat
suchenden Person gestellt.
Wenn bislang scheinbar unkontrollierbar ablaufendes Verhalten unter die Kontrolle des
Bewusstseins (des Ich) gestellt wird und wenn von der Rat suchenden Person
Unterschiede in der Symptom-Intensität festgestellt werden können, sind die Grundlagen
für Veränderung in Richtung auf Selbst-Unterstützung als Voraussetzung für Gesundung
gelegt.
 Beispielsweise kann häufiges Streiten von Partnern durch Verschreibung fester StreitTermine, in denen Unterschiede offen ausgetragen werden, in sinnvolle regelmäßige
Aussprache-Rituale verwandelt werden.
Die jeweiligen Verschreibungs-Aufgaben müssen passen, plausibel begründet sein, und
es muss gewährleistet sein, dass sie auch erledigt werden:
„Was ist gegenwärtig möglich für dich/euch?“
Veränderungs-Ziele herausarbeiten und
Einvernehmen darüber erzielen
VS2
Menschen können sich nur verändern, wenn sie wissen, wohin sie gehen wollen und
wenn sowohl Richtung als auch Ziel attraktiv erscheinen.
 Der Blick der Rat-Suchenden muss dazu von den Symptomen weg, von der Besetzung
(Präokkupation) durch das Negative auf Interaktionelles (Umgang mit sich selbst oder mit
anderen) und Dialoge gelenkt werden.
Dazu kann genutzt werden, dass die Symptomatik in ihrer Ausprägung Schwankungen
unterworfen ist: „Mit den Beschwerden verhält es sich sicherlich manchmal besser und
manchmal schlechter? In welchen Situationen genau geht es dir besser?“
 Die Zielsetzung sollte möglichst konkret und spezifisch sein und sich auf das beziehen,
was die Rat suchende Person selbst für sich tun kann.
 Die Ziele sollten so sinnlich-konkret (optisch, akustisch, Gefühle und Empfindungen,
Geruch und Geschmack) herausgearbeitet werden, dass sie schon als realisiert
erscheinen.
 Die Ziel- und Qualitäts-Kriterien sollten kontrollierbar formuliert werden, indem sie auf der
Verhaltensebene durch andere registrierbar sind: „Woran würdest du oder die Menschen
in deiner Umgebung merken, dass du dein Ziel erreicht hast?“
 Diese Zielfindung übt eine organisierende Wirkung auf Veränderungs-Prozesse aus.
Wenn man weiß, was man verändern muss und dies auch will, kann man ein Ziel
erreichen.
Ideen zur Problem-Lösung sammeln
VS2
 In dieser Phase des Begleit-Prozesses ist es wichtig, dass die Rat suchende Person ihre
Wahl-Möglichkeiten erlebt.
 Begleitende unterstützen, die Initiative bei den Rat-Suchenden lassend, behutsam
 bei der Klärung des Problem-Lösungs-Ziels,
 bei der Sammlung der ersten Vorschläge zur Problem-Bearbeitung aus der Sicht
des/der Rat-Suchenden,
 bei der Ausweitung des Lösungsspektrums bei zu geringer Wahlmöglichkeit und
 bei der Eingrenzung auf akzeptable Lösungswege.
 Indem die Rat-Suchenden mit Unterstützung der Begleitenden vorschnelle Urteile und
Bewertungen der Lösungs-Ideen zurückstellen, können sie sich für neue, fremdartige,
aber dennoch innerhalb ihrer Möglichkeiten liegende Lösungs-Wege öffnen.
 Wichtig ist es, in dieser Phase nicht gegen die Veränderungs-Widerstände anzugehen,
sondern diese zu „umtanzen“, mit ihnen frei und durchaus humorvoll, nicht aber witzig zu
spielen.
 Die Begleitenden
 lassen die Rat-Suchenden ihre Ziele und Lösungs-Möglichkeiten weitgehend selbst
finden,
 fordern sie zur Selbst-Beurteilung und Selbst-Entscheidung in Bezug auf die Ziel- und
Lösungs-Auswahl auf,
 geben Hilfen zur Selbst-Hilfe des/der Betroffenen.
Auf den künftigen Lösungs-Zustand einstellen
VS2
 Die Rat-Suchenden werden auf die Lösung Ihres Problems eingestellt, indem ihnen durch
entsprechende Fragen eine konkrete Gesundungs- bzw. Problemlösungs-Fantasie
induziert wird.
Durch Einbeziehen anderer im Zusammenhang mit den Störungen oder Beschwerden als
wichtig erscheinender Menschen (Familie, Freunde, Kolleg/-innen im Betrieb usw.) wird
das Symptom in einen interaktionellen Kontext gestellt: „Was würden wichtige andere
sagen, wenn sich dein Problem/Symptom/Verhalten verändert?“
 Dadurch dass die Rat-Suchenden in einen Zustand der konkreten Vorwegnahme
(Antizipation) der Problem- oder Symptom-Freiheit (morgen, in zwei oder fünf Jahren)
versetzt werden, kann die Besetzung durch das ungelöste Problem oder Symptom
beiseite gestellt werden.
 Beantwortung der „Wunder-Frage“ durch die Rat suchende Person:
„Stell dir vor, du wachst morgen früh auf und deine Beschwerden sind weg, deine
Probleme sind gelöst: Woran würden das die (wichtigen) Menschen in deiner Umgebung
merken? Was wäre in deren Augen in deinem Aussehen und Auftreten anders? Wie sähe
dein Tag ganz konkret anders aus? Wie anders würdest du dich gegenüber anderen
verhalten?“
 Hineinversetzen in die vorstellbare Zukunft:
„Du triffst diesen Menschen nach fünf Jahren wieder. Du hast inzwischen deine Probleme
geklärt und gelöst und bist wieder gesund und gut drauf. Was würde der Mensch von dir
halten und zu dir sagen?“
In die Problem-Bewältigung einsteigen
VS2
 Zum Einstieg in die Problem-Bewältigung kann ein Diskrepanz-Erleben in den Bereichen
Verstand, Gefühl und Körper-Empfinden aufgebaut werden.
Dazu fordert die Begleit-Person die Rat suchende Person auf, nach Ausnahme-Situationen im
Hinblick auf das Problem oder die Beschwerden jetzt und früher zu suchen: „Wann sind Ihre
Probleme oder Symptome etwas weniger, wann sogar gar nicht?“
 Der Blick wird auf die kleinen (positiven) Veränderungen gerichtet, indem die Rat-Suchenden
aufgefordert werden zu beobachten, welche Situationen ihnen gut tun:
„Wann gab es eine im Zusammenhang mit ihrer Problem-Situation gute Situationen, von der
Sie dachten: ‘Das sollte häufiger mal so sein?‘ “
 An diese vergleichsweise positiven Erfahrungen wird angeknüpft und der Transfer in die
gegenwärtige Alltags-Situation gefördert:
„Was könnten Sie tun, um wieder in den Zustand zu kommen, in dem Sie neulich waren, als es
Ihnen leichter von der Hand und besser ging?“
 Die Begleitenden unterstützen die Rat-Suchenden bei der Formulierung persönlicher Ziele und
Visionen und dabei, Zugang zu ihrer Intuition und Kreativität zu finden.
 Erste konkrete Handlungs-Schritte auf dem Weg zur Problem-Bewältigung werden ausgewählt
und möglicherweise in szenisch-dialogischen Arrangements geprobt und verändert.
 Rat-Suchende begreifen den Lösungs-Weg als Prozess des Umlernens oder Neulernens in
konkreten kleinen Handlungen.
Sie planen die Reihenfolge dieser ersten Veränderungs-Schritte und deren (Selbst-) Kontrolle.
 Begleitende unterstützen insbesondere dabei, die Veränderungs-Schritte klein und konkret zu
halten, damit Erfolgs-Erleben möglich werden.
 Begleitende treffen mit Rat-Suchenden möglichst konkrete Ziel-, Qualitäts- und KontrollVereinbarungen und vereinbaren Unterstützung und bestimmte Kontroll-Schritte in Hinblick auf
Problem-Bewältigung.
Körper und Bewegung einbeziehen
VS2
 Das Problem, der Konflikt kann möglicherweise im Körper gespürt werden:
„Wo genau im Körper zeigt sich das Problem wie?“
 Das Körper-Erleben, z. B. eines Symptoms, kann durch Bewusstheit („Spür da mal
hin.“), verbunden mit Intensivierung und/oder Verlangsamung der sich andeutenden
Bewegung, mit Grounding-Übungen, mit Vertiefung der Atmung, möglicherweise über
Massage intensiviert werden. Möglich ist auch eine Identifizierung mit dem betroffenen
Symptom („Lass die Enge in der Brust zu dir sprechen. Was sagt sie dir?“) oder dem
sich bewegenden Körperteil („ Was sagen deine Hände?“).
 Von der Taubheits-, Druck-, Spannungs- oder Bewegungs-Impuls-Empfindung
(Empfindungen sind Signale für Gefühle) geht es zum Gefühl, weiter zum GefühlsAusdruck („Was wollen deine Hände machen? Finde Töne oder Worte zur Bewegung
deiner Hände.“) und schließlich zur Herstellung eines biografischen Bezuges zwischen
Gefühl und Bezugs-Personen („Wem gelten diese Bewegungen deiner Hände? An wen
richten sich deine Worte?“).
 Aus dem biografischen Bezug können Schlüssel-Szenen herausdestilliert werden.
(„Wie war das damals, als du am liebsten diese Worte an deinen Vater gerichtet hättest,
es aber nicht konntest und durftest, weil du klein und abhängig warst? Wann war das?
Wo war das? Wer war beteiligt?“) Diese Schlüssel-Szenen können unter Bezug auf den
Körper (Biodrama) reinszeniert werden, wobei eine Retraumatisierung verhindert
werden sollte („Sag stopp oder geh aus der Szene, wenn es dir zu viel wird.“).
Konstruktive, heilsame Alternativen zum Erleben und Verhalten in der Schlüssel-Szene
sollten für eine bessere Zukunft erarbeitet werden.
Regression im Dienste der Progression
BeziehungsErfahrungen des
inneren Kindes
Was
war
und ist
einschränkend?
Was
war
und ist
förderlich?
BeziehungsErleben und –
Verhalten in der
Gegenwart als
Erwachsener
VS2
 Es geht um die Unterscheidung zwischen dem, was das innere
Kind in der Vergangenheit an Beziehungs-Erfahrungen im Kontext
seines Herkunfts-(Familien-) Systems gewonnen hat, und dem,
was heute für den erwachsenen Menschen ein sinnvolles,
nützliches, Beziehungen stiftendes Erleben und Verhalten wäre.
 In das Erleben des inneren Kindes kann mit Hilfe sanfter gebundener
Atmung (Rebirthing-Atmung) und Suggestionen (Hypno-Therapie)
hineingeführt werden.
 Es geht darum, die kindlichen Anteile und die einst in Kontakt mit den
primären Bezugs-Personen implizit und meist schon vorsprachlich
erlernten und deshalb vom Bewusstsein abgetrennten ReaktionsMuster (affektmotorische Schemata, Mikropraktiken) kennenzulernen,
um sie in einem experimentellen Prozess schrittweise verändern zu
können.
 Die frühe frustrierende, verletzende Erfahrung (Mikro- und
Makrotraumata) muss in den meisten Fällen durch erlaubende,
nachnährende und Halt gebende neue Erfahrungen (z. B. Kopf halten
oder sanfte Kontur gebende Massagen) mit alternativen BezugsPersonen („guter Vater“ und „gute Mutter“) korrigiert werden im Sinne
von alternativen Lebens-Entwürfen.
Kindliche Erfahrungen gilt es zu verstehen und zu verarbeiten, um
erwachsen im Sinne von Selbst-Verantwortung werden zu können.
Den Veränderungs-Impuls dämpfen und
mögliche Rückfälle voraussagen
 Es geht wiederum um das Veränderungs-Paradox:
Weil man schnelle Änderungen haben will, muss man Geduld induzieren:
„Dein Symptom ist zwar schlimm und anstrengend für dich, aber
Veränderung braucht Zeit.“
 Die Rückfall-Vorhersage ist erforderlich, damit die ratsuchende Person
nicht erschrickt, wenn die Symptome wieder auftreten.
Die Ratsuchenden müssen lernen, aufmerksam und gelassen mit den
Symptomen umzugehen.
Die Erfahrung des Abklingens der Symptome muss sich erst im
Bewusstsein stabilisieren.
Hoffnung kann gelernt werden.
 Die Symptome, die störenden Erlebens- und Verhaltens-Weisen werden
ständig im Repertoire der Person bleiben, denn im Seelischen geht nichts
unter:
„Du kannst dir die Beschwerden oder Störungen machen, wenn du sie
brauchst.
Die Beschwerden kannst du auch als ein Signal ansehen, dass irgendetwas
an deiner Lebens-Führung nicht in Ordnung ist.“
VS2
Erzielte Erfolge verstärken
 Die erreichten kleinen Veränderungs-Schritte müssen
gesichert, das Erreichte muss gewürdigt werden.
Das oft vor den Rat-Suchenden verborgene Lösungs-Muster
sollte herausgearbeitet werden:
„Wie hast du das geschafft, dass du in der letzten Woche in
den und den Zeiträumen weniger Beschwerden
(Lernprobleme) hattest? Wie waren die besonderen
Umstände? Welche Personen waren beteiligt? Was genau
hast du getan oder im Unterschied zu sonst unterlassen?“
„Wie du geschildert hast, ist es dir gelungen, an zwei Tagen in
der letzten Woche weniger Beschwerden zu haben, und zwar
waren das Situationen, in denen du offensichtlich ...“
 Verhaltens-Aufgaben können diesen Schritt abrunden:
„Versuch doch mal, in der nächsten Woche mehr von diesem
und weniger von jenem zu zeigen.“
VS2
Umgang mit Widerstand und
Rückmeldungen zum Begleit-Verlauf
VS2
 Kommt es zu Blockierungen im Prozess der Entwicklungs-Begleitung, ist MetaKommunikation erforderlich:
 Wie erlebe ich mich/dich gerade? Wie geht es mir/dir gerade?
Wie habe ich mich/dich während der Sitzung(en) erlebt?
 Wie geht es uns miteinander?
 Inwieweit und an welchen Stellen, bei welchen Angeboten ging es dir gut mit
mir (positive Erfahrungen und Übertragungen)?
 Inwieweit und an welchen Stellen, bei welchen Angeboten ging hattest du
Schwierigkeiten mit mir (negative Erfahrungen und Übertragungen)?
 Es kann erforderlich sein, mehr Wertschätzungen ausdrücken:
 Es freut mich, dass du meine Angebote positiv erlebt hast.
 Es freut mich, dass ich dich unterstützen konnte.
 Bitte beachte, was du heute für dich getan und geleistet hast.
 Widerstand und Abwehr sind nach Möglichkeit als Ressourcen zu deuten und
so für den Prozess zur Verfügung zu stellen.
Es gilt, die unterschiedlichen psycho-sozialen und körperlichen Abwehr-Phänomene
zu beachten und durch Angebote der Psychoedukation, der Bewegungs- und KontaktExperimente, der Selbst-Erkundung etc. Aufzulösen.
 Mögliche negative Übertragungen sollten im Hier-und-Jetzt geklärt werden.
Abschluss der Entwicklungs-Begleitung
Möglichst ein separates Treffen:
 Besprechung des gesamten Begleit-Verlaufes,
 Reflexion der Veränderungen und der Ziel-Umsetzung.
 Gegebenenfalls Transfer-Vertrag:
Welche Maßnahmen werden von der Rat suchenden Person
weiter allein umgesetzt?
Wann erfolgt ein einzelner weiterer Termin? (z. B. in einem
halben Jahr)
VS2
Klassifikation leibseelischer
Störungen (ICD 10)
 F0
Organische einschließlich symptomatischer psychischer Störungen
 F1
Störungen durch psychotrope Substanzen
 F2
Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen
 F3
Affektive Störungen
 F4
Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 1
 F4
Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 2
 F5
Verhaltens-Auffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren
 F6
Persönlichkeits- und Verhaltens-Störungen
 F7
Intelligenz-Störung
 F8
Entwicklungs-Störungen
 F9
Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend
 Zeit-Kriterium
Die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheits-Probleme
(ICD, englisch International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) ist das
wichtigste, weltweit anerkannte Diagnose-Klassifikations-System, von der Welt-Gesundheits-Organisation
(WHO) herausgegeben. Einteilungs-Kriterien wechseln zwischen Ätiologie (Entstehungs-Bedingungen,
Ursachen) und Pathologie (Krankheits-Symptome, Syndrome).
F0 Organische einschließlich symptomatischer
psychischer Störungen
ICD
 F00 Demenz bei Alzheimer-Krankheit
 F01 Vaskuläre Demenz
 F02 Demenz bei anderenorts klassifizierten Krankheiten wie Morbus Pick, CreutzfeldtJakob-Krankheit, Chorea Huntington, primäres Parkinson-Syndrom, multiple Sklerose,
Vitamin-B12 Mangel, Epilepsie, erworbene Hypothyreose, Neurosyphilis, chronische
Intoxikationen, Hyperkalziämie, Lupus, zerebraler Lipid- (Blutfett) Stoffwechselstörung,
HIV - unbehandelt
 F04 Organisches amnestisches Syndrom, nicht durch Alkohol oder andere Drogen
bedingt (Korsakow-Syndrom)
 F05 Delir, nicht durch Alkohol oder andere psychotrope Substanzen bedingt
 F06 Andere Psychische Störungen aufgrund einer Schädigung oder
Funktionsstörung des Gehirns wie
 F06.0 Organische Halluzinose
 F06.1 organische katatone Störung
 F06.2 organische wahnhafte (schizophrenoforme) Störung
 F06.3 organische affektive Störung
 F06.4 organische Angststörung
 F06.5 organische dissoziative Störung,
 F06.6 organische emotional labile (asthenische) Störung
 F06.7 leichte kognitive Störung
 F07 Persönlichkeits- und Verhaltensstörung aufgrund Krankheit, Schädigung oder
Funktionsstörung des Gehirns
 F07.0 organische Persönlichkeitsstörung
 F07.1 postenzephalitisches Syndrom
 F07.2 organisches Psychosyndrom nach Schädelhirntrauma
F1 Störungen durch psychotrope Substanzen
ICD
 F10 Alkohol (Unterteilung in der vierten Stelle von .0 bis .7 gilt auch für die anderen
Substanz-Gruppen)
 F10.0 Akute Intoxikation (akuter Rausch inkl. pathologischen Rauschs)
 F10.1 Schädlicher Gebrauch
 F10.2 Abhängigkeitssyndrom
 F10.3 Entzugssyndrom
 F10.4 Entzugssyndrom mit Delir
 F10.5 Psychotische Störung (z. B. Halluzinose)
 F10.6 Amnestisches Syndrom (Korsakow-Syndrom)
 F10.7 Restzustand (Residualzustand) und verzögert (protrahiert) auftretende
psychische Störung
 F11
Opioide
 F12
Cannabinoide
 F13
Sedativa und Hypnotika
 F14
Kokain
 F15
Stimulanzien incl. Koffein
 F16
Halluzinogene
 F17
Tabak
 F18
Flüchtige Lösungsmittel
F2 Schizophrenie, schizotype und
wahnhafte Störungen
 F20







ICD
Schizophrenie
F20.0
F20.1
F20.2
F20.3
F20.4
F20.5
F20.6
paranoide Schizophrenie
hebephrene Schizophrenie
katatone Schizophrenie
Undifferenzierte Schizophrenie
Postschizophrene Depression
Schizophrenes Residuum
Schizophrenia simplex
 F21
Schizotype Störung (zählt auch zu den Persönlichkeits-Störungen wie unter F6)
 F22
Anhaltende wahnhafte Störungen
 F22.0 Wahnhafte Störung zu den Persönlichkeits-Störungen (wie unter F6)
 F22.8 sonstige anhaltende wahnhafte Störungen (z. B. Involutions-Störungen,
Querulantenwahn, Dysmorphophobie)
 F23
Akute vorübergehende psychotische Störungen
 F24
Induzierte wahnhafte Störung (folie à deux)
 F25
Schizoaffektive Störungen als
 F25.0
 F25.1
 F25.2
gegenwärtig manisch,
gegenwärtig depressiv
gemischt (zyklische Schizophrenie)
F3 Affektive Störungen
 F30
Manische Episode
 F30.0
 F30.1
 F30.2


F31 bipolare affektive Störung/Psychose gegenwärtig








F31.0
F31.1
F31.2
F31.3
F31.4
F31.5
F31.6
F31.7
hypomanische Episode
manische Episode ohne psychotische Symptome
manische Episode mit psychotischen Symptomen
leichte oder mittelgradige depressive Episode
schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome
schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen
gemischte Episode
remittierend
F32 Depressive Episode





 F33






Hypomanie
Manie ohne psychotische Symptome
Manie mit psychotischen Symptomen
F32.0
F32.1
F32.2
F32.3
F32.8
leicht
mittelgradig
schwer ohne psychotische Symptome
schwer mit psychotischen Symptomen
sonstige inkl. somatische (larvierte) Depression
Rezidivierende depressive Störung gegenwärtig
F33.0
F33.1
F33.2
F33.3
F33.4
leichte Episode
mittelgradige Episode
schwere Episode ohne psychotische Symptome
schwere Episode mit psychotischen Symptomen
remittierend
F34 Anhaltende affektive Störungen
 F34.0
 F34.1
Zyklothymia
Dysthymia (zählt auch zu den Persönlichkeits-Störungen wie unter F6)
ICD
F4 Neurotische, Belastungs- und
somatoforme Störungen 1
 F40





 F41
Phobische Störungen
F40.0
F40.00
F40.01
F40.1
F40.2
Andere Angststörungen
 F41.0
 F41.1
 F41.2
 F42
Panik-Störung (episodisch paroxysmale Angst)
Generalisierte Angst-Störung
Angst und depressive Störung, gemischt
Zwangsstörung
 F42.0
 F42.1

Agoraphobie
ohne Panikstörung
mit Panikstörung
soziale Phobien
Spezifische isolierte Phobien (Akro-Phobie, Klaustro-Phobie, Tier-Phobien)
Vorwiegend Zwangs-Gedanken oder Grübel-Zwang
Vorwiegend Zwangs-Handlungen (Zwangs-Rituale)
F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungs-Störungen








F43.0
F43.1
F43.2
F43.20
F43.21
F43.22
F43.23
F43.24
Akute Belastungs-Reaktion
Posttraumatische Belastungs-Störung
Anpassungs-Störungen
mit kurzer depressiver Reaktion
mit längerer depressiver Reaktion
Angst und depressive Gefühle gemischt
Beeinträchtigung von anderen Gefühlen, z. B. Trauer
Sozialverhalten beeinträchtigt
ICD
F4 Neurotische, Belastungs- und
somatoforme Störungen 2
 F44









ICD
Dissoziative Störungen (Konversions-Störungen)
F44.0
F44.1
F44.2
F44.3
F44.4
F44.5
F44.6
F44.81
Dissoziative Amnesie
Dissoziative Fugue
Dissoziativer Stupor
Trance und Besessenheits-Zustände
Dissoziative Bewegungs-Störungen
Dissoziative Krampf-Anfälle
Dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungs-Störungen
multiple Persönlichkeit(s-Störung)
F45 Somatoforme Störungen




F45.0 Somatisierungs-Störung
F45.1 undifferenzierte Somatisierungs-Störung
F45.2 hypochondrische Störung
F45.3 somatoforme autonome Funktions-Störung (z. B. Da-Costa-Syndrom, Herz- und
Magen-Neurose)
 F45.4 Anhaltende somatoforme Schmerz-Störung
 F45.5 Sonstige somatoforme Störungen (z. B. Zähne-Knirschen, globus hystericus als Kloß
im Hals)
 F48
andere neurotische Störungen
 F48.0 Neurasthenie (Ermüdungs-Syndrom)
 F48.1 Depersonalisations- und Derealisations-Syndrom (nicht schizophren, depressiv,
phobisch oder Zwang)
F5 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen
Störungen und Faktoren
 F50






 F51






Essstörungen
F50.0 Anorexia nervosa
F50.1 atypische Anorexia nervosa
F50.2 Bulimia nervosa
F50.3 atypische Bulimia nervosa
F50.4 Essattacken bei anderen psychischen Störungen
F50.5 Erbrechen bei anderen psychischen Störungen
Nichtorganische Schlafstörungen
F51.0
F51.1
F51.2
F51.3
F51.4
F51.5
Nichtorganische Insomnie
Nichtorganische Hypersomnie
Nichtorganische Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus
Schlafwandeln (Somnambulismus)
Pavor nocturnus
Alpträume (Angstträume)
 F52 Sexuelle Funktionsstörungen, nicht verursacht durch eine organische
Störung oder Krankheit
 F53 Psychische oder Verhaltens-Störungen im Wochen-Bett, anderenorts nicht
klassifiziert
 F54 Psychologische Faktoren oder Verhaltensfaktoren bei anderenorts
klassifizierten Krankheiten (z. B. Asthma, colitis ulcerosa, Dermatitis, Magen-Ulkus)
 F55
Schädlicher Gebrauch von nichtabhängigkeitserzeugenden Substanzen
ICD
F6 Persönlichkeits- und Verhaltens-Störungen
 F60










ICD
Spezifische Persönlichkeits-Störungen
F60.0 Paranoide Persönlichkeits-Störung
F60.1 Schizoide Persönlichkeits-Störung
F60.2 Dissoziale Persönlichkeits-Störung
F60.3 Emotional instabile Persönlichkeits-Störung: F60.30 Impulsiver Typ und F60.31 BorderlineTyp
F60.4 Histrionische Persönlichkeits-Störung
F60.5 Anankastische (zwanghafte) Persönlichkeits-Störung
F60.6 Ängstliche (vermeidende) Persönlichkeits-Störung
F60.7 Abhängige (asthenische) Persönlichkeits-Störung
F60.8 Sonstige spezifische Persönlichkeits-Störungen (z. B. exzentrisch, haltlos, narzisstisch,
passiv-aggressiv, unreif)
F61
Kombinierte und andere Persönlichkeits-Störungen
 F62 Andauernde Persönlichkeitsänderungen, nicht Folge einer Schädigung oder
Krankheit des Gehirns




 F63




F62.0
F62.1
F62.8
F62.80
Andauernde Persönlichkeits-Änderung nach Extrem-Belastung
Andauernde Persönlichkeits-Änderung nach psychischer Krankheit
sonstige andauernde Persönlichkeits-Veränderungen
andauernde Persönlichkeits-Veränderung bei chronischem Schmerz-Syndrom
Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle
F63.0
F63.1
F63.2
F63.3
Pathologisches Spielen
Pathologische Brandstiftung (Pyromanie)
Pathologisches Stehlen (Kleptomanie)
Trichotillomanie
 F64 Störungen der Geschlechtsidentität
 F65 Störungen der Sexualpräferenz
 F66 Psychische und Verhaltens-Störungen in Verbindung mit der sexuellen Entwicklung
und Orientierung
 F68 Andere Persönlichkeits- und Verhaltens-Störungen (z. B. Renten-Neurose,
Münchhausen-Syndrom)
F7 Intelligenz-Störung
 .0
Keine oder geringfügige Verhaltensstörung
 .1
Deutliche Verhaltensstörung, die Beobachtung und Behandlung erfordert
 F70
Leichte Intelligenzminderung (Debilität)
 F71
Mittelgradige Intelligenzminderung
 F72
Schwere Intelligenzminderung
 F73
Schwerste Intelligenzminderung
 F74
Dissoziierte Intelligenz
ICD
F8 Entwicklungs-Störungen
 F80







Umschriebene Entwicklungs-Störungen des Sprechens und der Sprache
F80.0
F80.1
F80.2
F80.3
F80.8
Artikulations-Störung
Expressive Sprach-Störung
Rezeptive Sprach-Störung
Erworbene Aphasie mit Epilepsie (Landau-Kleffner-Syndrom)
sonstige Entwicklungs-Störungen des Sprechens und der Sprache (z. B. Lispeln)
F81 Umschriebene Entwicklungs-Störungen schulischer Fertigkeiten




F81.0
F81.1
F81.2
F81.3
Lese- und Rechtschreib-Störung
Isolierte Rechtschreib-Störung
Rechen-Störung
Kombinierte Störungen schulischer Fertigkeiten
F82 Umschriebene Entwicklungs-Störung der motorischen Funktionen
 F83
Kombinierte umschriebene Entwicklungs-Störungen
 F84
Tief greifende Entwicklungs-Störungen






ICD
F84.0
F84.1
F84.2
F84.3
F84.4
F84.5
Frühkindlicher Autismus
Atypischer Autismus
Rett-Syndrom
Andere Desintegrative Störung des Kindesalters (z. B. dementia infantilis)
überaktive Störung mit Intelligenz-Minderung und Bewegungs-Stereotypien
Asberger-Syndrom
F9 Verhaltens- und emotionale Störungen
mit Beginn in der Kindheit und Jugend







F90


F91




F92


F93





F94



F95



F98








Hyperkinetische Störungen
F90.0
F90.1
Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung
Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens
Störungen des Sozialverhaltens
F91.0
F91.1
F91.2
F91.3
Auf den familiären Rahmen beschränkte Störung des Sozialverhaltens
bei fehlenden sozialen Bindungen
bei vorhandenen sozialen Bindungen
mit oppositionellem, aufsässigem Verhalten
Kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen
F92.0
F92.1
mit depressiver Störung
sonstige kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen
Emotionale Störungen des Kindesalters
F93.0
F93.1
F93.2
F93.3
F93.4
mit Trennungsangst des Kindesalters
Phobische Störung des Kindesalters
mit sozialer Ängstlichkeit des Kindesalters
mit Geschwisterrivalität
sonstige Emotionale Störungen des Kindesalters (z. B: Identitätsstörung, Überängstlichkeit)
Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in der Kindheit und Jugend
F94.0
F94.1
F94.2
Elektiver Mutismus
Reaktive Bindungsstörung des Kindesalters
Bindungsstörungen des Kindesalters mit Enthemmung
Ticstörungen
F95.0
F95.1
F95.2
Vorübergehende Ticstörung (weniger als 12 Monate)
Chronische motorische oder vokale Ticstörung
Kombinierte vokale und multiple motorische Tics (Tourette-Syndrom)
Andere Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend
F98.0
F98.1
F98.2
F98.3
F98.4
F98.5
F98.6
F98.8
Nichtorganische Enuresis
Nichtorganische Enkopresis
Fütterstörung im frühen Kindesalter
Pica im Kindesalter
Stereotype Bewegungsstörungen
Stottern (Stammeln)
Poltern
sonstige wie Daumenlutschen, Nägelkauen, Nasebohren, exzessive Masturbation
ICD
Zeit-Kriterium 1
Plötzlicher Beginn – oft nur Minuten,
manchmal länger, wiederkehrend
Direkte Reaktion auf ein Ereignis,
innerhalb von Stunden oder Tagen abklingend
Plötzlicher Beginn innerhalb von Stunden oder
wenigen Tagen
2 bis 7 Tage
Nur wenige Tage, gelegentlich auch lange
Zeiträume
Nach 8 Stunden, Höhepunkt nach 24 bis 48
Stunden, Abklingen bis zu 2 Wochen
bis 10 Tage
1. oder 2. Woche des Wochenbettes Beginn
und Dauer bis zu einem Jahr
länger als 2 Wochen an den meisten Tagen
Zwangs-Gedanken oder -Handlungen
länger als 2 Wochen herabgestimmt
3 bis 4 Wochen,
nicht länger als 4 Monate
Mindestens 3 Mal pro Woche innerhalb eines
Monats
täglich mindestens 1 Monat lang
Unter einem Monat
Symptome fast ständig während eines Monats
oder länger deutlich vorhanden
ICD
Attacken im Rahmen der Panikstörung (F41.0)
akute Belastungs-Reaktion (F43.0)
Manie (F30)
Alkohol-Delir (Intoxikation F10.0 / Entzug F10.4)
dissoziative Fugue (F44.1)
Opium-Entzug (F11.3)
Entzugs-Delir bei Barbituraten und
Benzodiazepin-Tranquilizern (F13.3)
psychische oder Verhaltens-Störungen im Wochenbett
(F53)
Zwangs-Störung (F42)
depressive Episode (F31.3 – F31.5, F32 und F33)
Einnahme von Barbituraten,
Benzodiazepin-Tranquilizern
nichtorganische Insomnie (F51.0)
nichtorganische Hypersomnie (F51.1), nichtorganische
Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus (F51.2)
akute schizophrenoforme Störung
Gruppe 1 - 4 min. ein deutliches Symptom, min 2
Symptome der Gruppen 5 – 8
Schizophrenie (F20)
Zeit-Kriterium 2
Innerhalb eines Monats nach Beginn der
Belastungssituation und nicht länger als 6
Monate
nicht länger als 1 Monat
Latenzzeit von Wochen bis Monaten,
spätestens bis Monate nach Trauma
wenige Wochen bis Monate
wenige Wochen bis viele Monate
Mindestens mehrere Wochen, meist mehrere
Monate die meisten Stunden am Tag
länger als 3 Monate und eindeutig auf die
Person bezogen, kein subkulturelles Phänomen
4 bis 12 Monate
bis zu 6 Monaten
ohne Bewusstseinsstörung als
mit Bewusstseinsstörung als
länger als 6 Monate
länger als 6 Monate
ICD
Anpassungs-Störungen (F43.2)
Anpassungs-Störung mit kurzer depressiver Reaktion
(F43.20)
posttraumatische Belastungs-Störung (F43.1)
Alkoholhalluzinose (F10.5)
rezidivierende depressive Störung (F33)
generalisierte Angststörung (F41.1)
anhaltende wahnhafte Störung (F22)
unbehandelte depressive (F32) und manische (F30)
Episoden (manische meist kürzer)
akutes organisches Psychosyndrom (meist reversibel)
Durchgangssyndrome wie das organisch amnestische
Syndrom (F04), organische Halluzinose (F06.0), organisch
katatone Störung (F061), organisch wahnhafte Störung
(F06.2), organisch manisches oder depressives Syndrom
Delir, nicht durch Alkohol und Substanzen bedingt (F05),
amentielles Syndrom (Verwirrtheit), Dämmerzustand
Pseudoneurasthenisches Syndrom (Erschöpfung),
organische Persönlichkeits-Veränderung bis hin zur
Demenz (chronisches hirnorganisches Psychosyndrom)
(F00 – F02)
anhaltende somatoforme Schmerz-Störung (F45.4)
Zeit-Kriterium 3
länger als 1 Monat, aber nicht länger als 2
Jahre
länger als 2 Jahre
3 bis 5 Jahre
kurz bis 30 Jahre
60 Stunden
24 Stunden
langjährig bis lebenslang
ICD
Anpassungs-Störung mit längerer depressiver Reaktion
(F43.21)
Zyklothymia (F34.0)
Dysthymia (F34.1)
Somatisierungs-Störung (F45.0)
Zyklen der affektiven Psychosen
Suizid-Erwägung
Ambivalenzphase bei Suizid
Finale Entschlussphase bei Suizid
spezifische Persönlichkeits-Störungen (F60)
Störung leibseelischer
Elementar-Funktionen
(EF)
 Formale Denk-Störungen
 Inhaltliche Denk-Störungen
 Wahrnehmungs-Störungen
 Ich-Erleben und Ich-Störungen
 Störungen der Affektivität
 Störungen des Antriebs und der Psychomotorik
 Bewusstseins- und Orientierungs-Störungen
 Aufmerksamkeits- und Gedächtnis-Störungen
Formale Denk-Störungen (FDS)
 Definitionen
 Psychosen und Depression
 Schizophrenie 1
 Schizophrenie 2
 Manie
EF
Definitionen
FDS
 Definition von Denken:
Zentrale Ich-Funktion im Zusammenhang mit vorstellen und urteilen.
Denken äußert sich in Sprache und Schrift (nur darin beurteilbar!), wird gesteuert
von Wahrnehmungen, Assoziationen und Denk-Zielen und setzt die Verfügung über
Gesprächs-Inhalte voraus.
 Störungen des Denkens:
Störungen des Denkens sind
 einerseits in Bezug auf den formalen Denk-Vorgang möglich, also auf das „Wie"
des Denkens (formale Denk-Störung),
 anderseits auf den Gedanken-Inhalt, also auf das „Was" (inhaltliche DenkStörung).
 Definition der formalen Denk-Störung:
Subjektive (also nur vom Betroffenen erlebt) oder objektiv (also messbare bzw. von
anderen wahrnehmbare) Veränderungen und Abwandlungen des normalen DenkVorgangs.
Formale Denk-Störungen sind nicht krankheitsspezifisch.
Psychosen und Depression
FDS
 Hemmung des Denkens/gehemmtes Denken:
Der Betroffene empfindet sein Denken als erschwert hinsichtlich des Tempos, des
Inhalts und der Zielsetzung. Er erlebt einen Mangel an Einfällen, eine Einengung.
Auch durch offensichtliches bemühen wird es nicht besser.
 Verlangsamung des Denkens:
Der Denk-Ablauf ist objektiv verzögert.
Der Gedanken-Gang ist mühsam und schleppend.
Das Gegenteil wäre eine Beschleunigung des Denkens
 eingeengtes Denken
auf wenige Themen beschränkt
 Perseveration/Haften:
Die betroffene Person „klebt" am Thema (eher bei organischen Psychosen), ohne
dies jedoch zu bemerken.
 Umständlichkeit weitschweifiges, umständliches Denken:
Mangelnde Abstraktions-Fähigkeit. Der Betroffene kann Wesentliches von
Nebensächliches nicht trennen. Er verliert sich in Einzelheiten, ohne jedoch vom Ziel
gänzlich abzukommen (eher bei organischen Psychosen)
 Vorbeireden (Danebenreden):
Obwohl der Betroffene die Frage verstanden hat (das ist aus seiner Antwort und/oder
der Situation ersichtlich), antwortet er an der gestellten Frage unabsichtlich (!) vorbei.
 Ständiges Grübeln (unangenehme Gedanken aus der Lebens-Situation)
Schizophrenie 1
FDS
 Zerfahrenheit:
Zusammenhangloses sprunghaftes und unlogisches Denken; heißt auch DenkDissoziation.
Ein Satz z. B. zerfällt evtl. bis zu Unzusammenhängenden Wörtern und Silben, die
ohne grammatische Ordnung sinnlos aneinandergereiht werden: Wortsalat.
Ist für Außenstehende nicht mehr verstehbar, hat aber für den Betroffenen
(Schizophrenen – F20) einen Sinn, nämlich innerhalb seines psychotischen Erlebens.
Beschäftigt man sich eingehend mit dem Kranken, lässt sich das zerfahrene Denken
zumindest teilweise erfassen.
 Inkohärenz:
Verwirrtheit des Denkens. Steigerung der Zerfahrenheit.
Denken absolut zusammenhanglos, die einzelnen Bruchstücke haben keine
Beziehung mehr zueinander. Keine Ordnung des Gedanken-Ablaufs mehr.
 Begriffs-Zerfall (gelockertes Denken):
Begriffe verlieren ihre exakte Bedeutung und ihre scharfe Abgrenzung gegenüber
anderen Begriffen („der Bundestag ist ein elektrischer Funke"), Gegensätzliches und
widersprüchliches wird (evtl. nach rein formalen oder phonetischen Gesichtspunkten)
gleichgesetzt oder miteinander verbunden („Autoschaukel").
 Begriffs-Verdichtung /Begriffs-Kontamination:
Unterschiedliche, zum Teil logische unvereinbare Bedeutungen werden miteinander
verquickt (verknüpft, verbunden) („Auto-Schaukel").
Schizophrenie 2
FDS
 Wort-Neubildungen / Neologismen):
Hier bildet der Betroffene völlig neue Wörter: „die Angst fümt auf zu Bastur".
 Sperrung des Denkens oder Gedanken-Abreißen:
Plötzlicher Abbruch eines zunächst flüssigen Gedankengangs, zuweilen mitten im
Satz, ohne erkennbaren Grund; unter Umständen Themenwechsel. Die
Gedankensperrung erlebt die Person subjektiv, das Gedankenabreißen beobachtet
man objektiv.
 Begriffsverschiebung in zwei Formen
 Konkretismus:
Der Betroffene versteht Begriffe nur noch wörtlich, nicht mehr im metaphorischen
(= übertragenen) Sinn. Man testet das mit Sprichwörtern wie "der Apfel fällt nicht
weit vom Stamm".
 Symbol-Denken:
Hier versteht der Betroffene Begriffe nur im übertragenen (= metaphorischen)
Sinn; er denkt in Symbolen, die für Erlebnis-Komplexe stehen; er denkt nicht mehr
in abstrakten Begriffen.
Beispiel: Eine Patientin hört in ihrem Leib den Storch klappern - sie will damit
ausdrücken, dass sie sich schwanger glaubt.
Manie
FDS
 Ideen-Flucht auch ideenflüchtiges, sprunghaftes Denken:
Die betroffene Person kann unmöglich einen etwas längeren Gedanken-Gang zu
Ende führen. Das Denken ist krankhaft beschleunigt. Ständig neue Assoziationen
und Einfälle.
Ihr Denken wird nicht mehr von einer Zielvorstellung geführt.
Sie gerät „vom Hundertsten in Tausendste". der innere Zusammenhang ist
aufgelockert.
 Logorrhoe:
Unkontrollierter Rede-Fluss. Sprachliche Hemmung. Übermäßig schnelles,
pausenloses Reden bis zur Geschwätzigkeit. Vorkommen: Auch bei Demenz,
aber auch gelegentlich im Zustand besonderer Angeregtheit.
 Gedanken-Drängen: Die betroffene Person fühlt sich unter dem übermäßigen
Druck vieler Einfälle oder auch ständig wiederkehrender Gedanken stehend.
Inhaltliche Denk-Störungen (IDS)
 Störungen des Realitäts-Urteils
 Wahn
 Wahn-Formen und –Inhalte
 Wahn bei Schizophrenie 1
 Wahn bei Schizophrenie 2
 Wahn bei Schizophrenie und Manie
 Wahn bei endogener Depression
 Wahn-Sonderformen
 Zwang 1
 Zwang 2
EF
Störungen des Realitäts-Urteils
 Überwertige Ideen
Nichtwahnhafte, aber gefühlsmäßig stark besetzte ErlebensInhalte, die das Denken stark beherrschen und unter
Umständen korrigierbar sind
 Wahn
Krankhafte, nicht korrigierbare, falsche Beurteilung der
Realität.
 Zwang
Zwanghaft sich immer wieder aufdrängende Denk-Inhalte, die
nicht unbedingt unsinnig sein müssen, deren Persistenz
jedoch als unsinnig oder ungerechtfertigt empfunden wird.
 Phobie
Phobien können unter Einbeziehung des psychodynamischen
Vorgangs der Verschiebung (Abwehr-Mechanismus) als
inhaltliche Denk-Störung gewertet werden.
IDS
Wahn
IDS
 Wahn: Unkorrigierbar falsche Beurteilung der Realität aus krankhafter Ursache.
Er tritt unabhängig von Erfahrungen auf.
An der Beurteilung wird mit subjektiver Gewissheit festgehalten, trotz des
Widerspruches zur Realität.
Die betroffene Person hat kein Bedürfnis nach Begründung oder Überprüfung.
Wahn kann einen bestimmten zeitlichen Verlauf haben.
 Wahn-Themen und – Inhalte lassen sich oft aus der Lebens-Geschichte erklären
 Paranoia oder wahnhafte Störung (F22.0) als Persönlichkeits-Störung, d. h.
Wahn-Inhalte können ein Leben lang bestehen blieben, wobei Wahn-Inhalte meist als
sensitiver Beziehungs-Wahn, auch speziell als Beeinträchtigungs-Wahn auftreten
 Merkmale
 Krankhafter Ich-Bezug mit Überzeugung der Richtigkeit, subjektiver Gewissheit,
unverstehbar, unkorrigierbar, nicht beweisbedürftig,
 Kann bei Neurosen und Psychosen auftreten, häufig im Zusammenhang mit
Halluzinationen, geringe affektive Resonanz bezogen auf die Wahnthemen
Wahn-Formen und -Inhalte
IDS
Man unterscheidet verschiedene Wahn-Formen und -Inhalte:
 Wahn-Gedanken (Wahn-Idee, Wahn-Vorstellung, Wahn-Einfall): Sie gehören nur der
Vorstellungs-Welt des Kranken an: "Gestern ist mir aufgegangen, dass ich den
Friedens-Nobelpreis erhalte, weil ich Supermächte telepatisch ausgesöhnt habe." (2.
Rang für Schizophrenie bei Schneider)
 Wahn-Wahrnehmung: Hier misst der Betroffene einer realen Sinnes-Wahrnehmung
eine abnorme wahnhafte Bedeutung bei: "Dass der Arzt mit dem Kopf nickte, als er mir
zum Abschied die Hand gab, bedeutet, dass ich Krebs habe."
(1. Rang für Schizophrenie bei Schneider)
 Wahn-Stimmung (Wahn-Spannung): Mit dieser unbestimmten Stimmung mit
Unheimlichkeit, Ratlosigkeit, Misstrauen beginnt oft ein Wahn.
 Wahn-Gewissheit: (manifester Wahn) Entwickelt sich aus der Wahn-Stimmung/WahnSpannung.
 Erklärungs-Wahn: dient zur Erklärung von psychotischen Symptomen wie
Halluzinationen.
 Wahn-Erinnerung: Früheres Erleben aus gesunden Zeiten wird wahnhaft umgedeutet.
 Wahnhafte Personen-Verkennung: Bekannte Personen werden wahnhaft als andere
verkannt.
 Systematisierter Wahn: (Wahn-Gebäude) In der Wahn-Arbeit werden einzelne WahnErlebnisse systematisch ausgestaltet zu einen zusammenhängenden „Wahn-System“.
Kommt gern zu Beginn paranoider und psychotischer Erkrankungen vor.
 Residualwahn: Rest-Wahn, der übrig bleibt, nachdem die akuten heftigen WahnSymptome abgeklungen sind.
Wahn bei Schizophrenie 1
IDS
 Wahn zusammen mit Halluzination und Katatonie-Symptomen das dritte
Nebensymptom bei Bleuler – (Hauptsymptome: Störung der Assoziation und der
Affekte, Ambivalenz und Autismus).
 Bei Schneider gehören Wahn-Wahrnehmungen zu den Erstrang-Symptomen neben
Ich-Störungen als Beeinflussungs-Erleben, Gedanken-Lautwerden und GedankenEingebung sowie Stimmen in Form von Rede und Gegenrede und
Wahn-Gedanken gehören zu den Zweitrang-Symptomen neben Halluzinationen,
Gefühls-Verarmung und Verstimmungen
 Häufig ist der sensitive Beziehungs-Wahn:
Häufigstes Wahn-Thema überhaupt.
Ohne weitere Symptome ist es wahnhafte Störung oder Paranoia (F22.0) oder es leitet
eine Schizophrenie ein.
Durch wahnhafte Eigenbeziehung ist der Betroffene davon überzeugt, dass er
bestimmte Ereignisse in seiner Umgebung nur seinetwegen geschehen bzw. dass ihm
damit etwas bedeutet werden soll.
Abnormes Bedeutungs-Bewusstsein, wahnhafte Einbeziehung. Verborgene Mitteilung
an ihn. Hinter zufälligen Gegebenheiten erkennt man Botschaften höherer Mächte.
Totale Selbst-Bezogenheit.
Wahn-Ideen allgemein um ein Thema konzentriert, das mit einer psychischen (wenn
auch nur vermeintlichen) Niederlage zu tun hat. Dies erfolgt nach psychoanalytischer
Theorie durch erhöhte Triebhaftigkeit bei gleichzeitiger starker Trieb-Hemmung.
Berufliches Versagen bei überzogenen Ansprüchen, Seitensprung, VertrauensMissbrauch etc. Negativ-Variante des Größenwahns.
Wahn bei Schizophrenie 2
IDS
 Entsteht häufig in einem kleinbürgerlichen Milieu, d. h. Umgebungs-Faktoren haben
Einfluss auf die Art des Wahns.
Konflikte werden nicht verdrängt (sonst Neurose), sondern Konflikte werden zur
überwertigen Idee (Kann man niemandem anvertrauen). Der Wahn ist in der Regel
systematisiert und isoliert. Wird lange vor der Umwelt verborgen. Expositions-Alter der
ersten auffallenden Symptome dieser Wahn-Art liegt zwischen 35 und 45.
Gefahr von Kurzschluss-Handlungen mit Eigen- und Fremdgefährdung ist groß.
Kurzschluss-Handlungen kommen oft für die Umgebung überraschend.
 Beeinträchtigungs-Wahn: Ist eine Sonderform des Beziehungs-Wahns. Der
Betroffene sieht Ereignisse nicht nur auf sich bezogen, sondern auch gegen sich
gerichtet. Sonderformen:
 Verfolgungs-Wahn: Steigerung des Beeinträchtigungs-Wahns. Harmlose
Ereignisse in der Umgebung werden als Anzeichen der Bedrohung und Verfolgung
empfunden. Häufigster Wahn!
 Vergiftungs-Wahn: oft einhergehend mit olfaktorischen und gustatorischen
Halluzinationen
 Kontroll-Wahn: Die Gedanken sind anderen bekannt. Gefühl von Überwachung
und allgegenwärtige Kontrolle durch bestimmte Menschen, Institutionen,
Organisationen (wie Beeinträchtigungs-Wahn nach ICD - 10 typisch für
Schizophrenie).
Wahn bei Schizophrenie und Manie
IDS
Häufig bei Schizophrenie (F20) und Manie (F30)
 Größen-Wahn (Megalomanie):
Expansives (ausgebreitetes/ausgedehntes) Erleben mit wahnhafter SelbstÜberschätzung bis zu enormer Selbst-Erhöhung; verstiegene Vorstellung von
ungeheurer Macht, revolutionärer Welt-Verbesserung und umwälzenden Erfindungen.
Zum Größen-Wahn zählen der "Wahn hoher Abstammung" („Ich bin mit dem Zaren
verwandt"), "Erfindungs-Wahn", "religiöser Wahn" (Kommunikation mit Gott),
„Sendungs-Wahn“ (Ich bin der Messias).
Aber - überwertige Idee:
Nicht wahnhafte, aber inhaltlich als komplex fest miteinander verbundene Gedanken,
die in unangemessener Weise die Person beherrschen.
Beispiel: Jemand verschreibt sich voll und ganz der Idee der „Gerechtigkeit" und kommt
zu nichts anderem mehr.
 Querulanten-Wahn: (rechthaberisch, unbelehrbar, verbissen, verbohrt, humorlos)
Aus einer oft tatsächlich erfolgten Kränkung und der zunächst überwertigen Idee,
dieses Unrecht nicht auf sich beruhen lassen zu können.
Der Betroffene kämpft absolut uneinsichtig und selbstgerecht um sein Recht.
Der Kampf weitet sich allmählich vom ursprünglichen Gegner auf die ganze
Gesellschaft aus (klassisches Literatur-Beispiel eines Rechts-Paranoikers "Michael
Kohlhaas" von Heinrich von Kleist).
Wahn bei endogener Depression
Häufig bei endogener Depression (F31.4 und F31.5, F32.2. und F32.3, F33.2 und
F33.3)
 Schuld-Wahn und Versündigungs-Wahn:
Betroffener wähnt, gegen Gott, höhere sittliche Instanzen oder Gesetze verstoßen,
Vertrauen missbraucht zu haben, kommt ebenso wie Hypochondrischer Wahn:
Betroffener wähnt alle möglichen Krankheiten bei sich.
Häufig bei affektiven Psychosen.
 Kleinheits-Wahn bis nihilistischer Wahn von unwichtig bis nicht existent
 Hypochondrischer Wahn:
gesund, aber überzeugt, AIDS oder Krebs zu haben.(auch F45.2 – hypochondrische
Störung)
 Dysmorphopobie: Glaube, einen Körper-Fehler zu haben
 Verarmungs-Wahn auch bei Arteriosklerose
IDS
Wahn-Sonderformen
IDS
 Eifersuchts-Wahn: „Wahn ehelicher Untreue", Wahn vom Partner hintergangen zu
werden.
Mögliche Aggressionen richten sich vor allem auf den Partner, nicht auf den
Nebenbuhler. Kommt bei Alkohol-Krankheit vor (Libido, aber keine Potenz).
 Liebes-Wahn: Er liebt mich, kann es aber nicht zugeben. Nähe-Phantasien.
 Wahn bei Schwerhörigen
 Induzierte wahnhafte Störung (Folie a deux) (F24): Symbiontischer oder induzierter
Wahn (bei pathologisch enger Verbindung wird der Wahn des einen vom anderen
übernommen)
 (Prä-)Seniler Beeinträchtigungs-Wahn/ Kontakt-Mangel-Paranoid: Häufig im
Zusammenhang mit hirnorganischem Abbau, aber auch bei vereinsamten Personen
nach Verlust des Kontaktes zur Umgebung.
 Wahn-Entwicklung bei Schwerhörigen oder in sprachfremder Umgebung: ähnlich
den Kontakt-Mangel-Paranoiden. Misstrauen, das sich bis zum Verfolgungs-Wahn
steigern kann.
 Eigengeruchs-Paranoia: Eingebildete Wahn-Wahrnehmung von unangenehmem
Eigengeruch.
 Dermatozoen-Wahn (chronisch taktile Halluzinose)
Zwang 1
IDS
 Die betroffene Person hat Vorstellungen und Handlungs-Impulse, die sie als ihrer
Person zugehörig, aber ich-fremd erlebt, die Meinhaftigkeit ist erhalten – die Person
weiß, dass sie die Gedanken hat.
 Kann die Gedanken nicht unterdrücken trotz ihres als unsinnig erkannten
Charakters. Keine willentliche Beeinflussung möglich. Gedanken und HandlungsImpulse drängen sich immer wieder auf, obwohl man Unsinnigkeit einsieht und
erkennt. Handeln gegen die Überzeugung, Einsehen der Unsinnigkeit. Diese Kritik an
den eigenen Gedanken ist ein charakteristischer Unterschied zu Wahn-Störungen.
 Patient empfindet Zwangs-Gedanken (F42.0) und Zwangs-Handlungen (F42.1) als
quälend. Kommen sich blöd dabei vor und haben einen hohen Leidens-Druck.
Deshalb treten Zwangs-Störungen häufig in Verbindung mit Depressionen auf.
 Bei Unterdrückung des Zwangs tritt Angst auf. Angst entsteht, wenn man Zwang
nicht nachkommt
 Der Patient erlebt die Handlung oft als Vorbeugung gegen ein objektiv
unwahrscheinliches Ereignis, das ihm Schaden bringen oder bei dem er selbst
Unheil anrichten könne. Zwangs-Gedanken und Zwangs-Handlungen bieten so einen
bedingten Schutz vor Kurzschluss-Handlungen (wie z. B: Suizid).
Ein Zwang strukturiert die Gewissens-Ängste, die pathologischen Schuld-Gefühle und
die verdrängten aggressiven (auch selbstaggressiven) Impulse.
 Wenn ein Zwangs-Patient seine Zwangs-Handlungen aufgibt, muss er lernen, mit
seinen Ängsten und Aggressionen umzugehen (Gefahr des Suizids in der Zeit höher).
Zwang 2
IDS
 Zwänge sind ein sehr häufiges Symptom. Ein Zwang ist etwas Unspezifisches, d. h.
eine Zwangssymptomatik weist nicht auf eine bestimmte Krankheit hin.
 Zwänge können auftreten bei




Ermüdungs- und Erschöpfungs-Zuständen – Neurasthenie (F48.0)
Zwangs-Störung (F42)
Anankastische (zwanghafte) Persönlichkeits-Störung (F60.5) – aber nur geringe Korrelation
In Gefolge von Psychosen, z. B. bei
 endogener Depression (F 31.4 und F31.5 sowie F32.2. und F32.3)
 organischer Psychose (F05 – F07) in Folge einer multiplen Sklerose oder Encephalitis.
Dann ist Zwang Symptom der Psychose.
 Zwangs-Gedanken als Zwangs-Grübeln, -vorstellungen, -erinnerungen, befürchtungen, Zweifel (F42.0): Zwanghaft bestehen bleibende Denk-Inhalte, die nicht
unsinnig sein müssen, deren bestehen bleiben jedoch als unsinnig oder
ungerechtfertigt empfunden wird. Charakteristisch ist das Sich-Aufdrängen von
abgelehnten Vorstellungen und Angst vor abgewehrten Fehlhandlungen (gleich werde
ich mich versprechen).
 Zwangs-Handlungen (F42.1): Meist aufgrund von Zwangs-Gedanken oder ZwangsBefürchtungen stereotyp wiederholte Handlungen (Zwangs-Rituale), z. B.: KontrollZwang, Wasch-Zwang, Wiederhol-Zwang. Der Patient erlebt die Handlung oft als
Vorbeugung gegen ein objektiv unwahrscheinliches Ereignis, das ihm Schaden bringen
oder bei dem er selbst Unheil anrichten könnte.
 Zwangs-Impulse: Sich zwanghaft aufdrängende innere Antriebe, als sinnlos oder
gefährlich empfundene Handlungen immer wieder durchzuführen, obwohl diese als
unsinnig erkannt wird: jemanden umzubringen, selbst aus dem Fenster zu springen,
während eines Konzertes obszöne Worte zu rufen, (Zwangs-Impulse werden zum
Glück fast nie (selten) realisiert!).
Wahrnehmungs-Störungen (WS)
 Quantitativ
 Qualitativ
 Formen der Halluzination 1
 Formen der Halluzination 2
EF
Quantitativ
WS
 Wahrnehmung: Sinnliche Wahrnehmung von Objekten aufgrund von ErinnerungsBildern als Gestalt (als Ganzheiten). Wahrnehmung geht von außen nach innen.
Voraussetzung: Sinnes-Organe funktionieren!
 Wahrnehmungs-Störung als Falsche Wahrnehmung im Sinne von lückenhafter
oder verminderter Wahrnehmung.
 Erscheinungs-Bild:
 Ausweitung und Beschleunigung,
 Fragmentierung oder Einengung sowie
 Fehler der Wahrnehmung aufgrund der Aufmerksamkeits-, Auffassungs- oder
Konzentrations-Störungen.
 Anmerkung/Hinweis:
Man sieht hieran, wie eng verschiedene Grundfunktionen und ihre Störung
miteinander verbunden sind.
Dennoch muss man sich um größtmögliche Differenzierung und Genauigkeit in der
Beschreibung bemühen!
 Vorkommen:
Körperlich bedingte psychische Störungen, zerebrovaskuläre Erkrankung (Störung
der Blut-Versorgung im Gehirn) visueller Hemineglect (Vernachlässigung der
Wahrnehmung in einer Gesichts-Feld-Hälfte), tritt häufig auf bei Apoplex
(Schlaganfall)
Qualitativ
WS
 Einfache Wahrnehmungs-Veränderungen, bei denen Realität zwar richtig erkennt,
jedoch hinsichtlich Intensität und Qualität verändert




Wahrnehmungs-Intensität (farblos unlebendig vs. farbiger lebendiger)
Mikropsie: Gegenstände kleiner wahrgenommen, als sie wirklich sind.
Makropsie: Gegenstände größer wahrgenommen, als sie wirklich sind.
Metamorphopsie: Gegenstände verzerrt wahrgenommen.
 Veränderte Wahrnehmungen bei verändertem Realitäts-Erleben oder WahrnehmungsErleben ohne entsprechende Sinnes-Reize.
 Illusionen oder illusionäre Verkennungen (auch: Affekt-Illusionen)
 Etwas ist da, verfälschte Wahrnehmung/Fehldeutung.
 Eine wirkliche sinnliche Wahrnehmung wird falsch interpretiert.
 Etwas wirklich gegenständlich Vorhandenes wird für etwas anderes gehalten, als es
tatsächlich ist, z. B. illusionäre Personenverkennung, bei der etwa eine Altenpflegerin für eine
Verwandte gehalten wird.
Durch Anspannung oder Übermüdung begünstigt.
 Pseudohalluzination: Entsprechen Halluzinationen mit dem Unterschied, dass das RealitätsUrteil erhalten ist. Man weiß, dass man halluziniert, z. B. bei Alkohol-Entzug. Auftreten
unabhängig vom Willen.
 Halluzinationen (Trug-Wahrnehmung, Sinnes-Täuschungen)
 Haben Realitäts-Charakter. Sachverhalte sind nicht da (im Unterschied zur Illusion, wo
Vorhandenes umgedeutet wird).
 Wahrnehmungs-Erleben ohne objektiv gegebenen, äußeren Sinnes-Reiz (sonst: Illusion).
 Für alle Sinnes-Modalitäten möglich, also im Bereich des Hörens, Sehens, Riechens,
Schmeckens, des Tast-Sinns, Temperatur-Sinns, der Schmerz-Wahrnehmung, des
Bewegungs-Gefühls (kinästhetische Halluzination).
 Die betroffene Person ist von der Realität der Halluzination überzeugt, das heißt sein
Realitäts-Urteil ist gestört bzw. aufgehoben.
Formen der Halluzination 1
WS
grobe Differentialdiagnose: akustisch eher Schizophrenie, optisch eher organische
Hirnschäden
 akustisch:
Stimmenhören als
 imperative (sprechen den Betroffenen teils direkt an),
 kommentierende (teils begleiten sie seine Handlungen kommentierend) oder
 dialogische Stimmen (zum Teil werden sie als Rede und Gerede empfunden Erstrang-Symptom bei Schneider).
 grenzwertig als Gedanken-Lautwerden und
 sonstige elementare, unausgeformte halluzinierte Geräusche
(Akoasmen – wie z.B. Pfeifen, Klopfen, Musik-Fetzen, Schritte, Donnern, Schlagen
einer Uhr, Knallen, Schüsse, Zischen, Marsch-Musik).
Vorkommen: z. B. Schizophrenie, Alkohol-Delir (Akoasmen) und Alkohol-Halluzinose
(imperative Stimmen), epileptische Aura (Missempfindungen, die großem Anfall
vorausgehen).
 optisch:
Der Betroffene nimmt einzelne Szenen wahr oder kleine Gegenstände, Figuren, Tiere.
Vorkommen: z. B. beim Alkohol-Delir, eitriger Meningitis, Hirn-Kontusion (Schädel-HirnTrauma), Medikamenten-Delir.
Formen der Halluzination 2
WS
 olfaktorisch (riechen) und gustatorisch (schmecken):
Treten oft gemeinsam auf oder gehen ineinander über.
Vorkommen: Während der epileptischen Aura, manchmal auch zu Beginn einer
Schizophrenie, auch im Zusammenhang mit Vergiftungs-Wahn.
 haptisch/taktil:
Wahrnehmung im Bereich der Haut oder Schleimhaut, z. B. als Dermatozoenwahn (der
Betreffende erwähnt kleine Tiere auf seiner Haut).
Vorkommen: Delir, Kokain-Psychose
 kinästhetisch:
Störung der Lage-Empfindung, Verlust des Gleichgewichts
 Leib-Halluzination:
Die betreffende Person erlebt leibliche Beeinflussungen (zugleich: Ich-Störung – ErstrangSymptom für Schizophrenie bei Schneider) von außen durch Hypnose, Apparate oder
Strahlung. Die Leib-Halluzinationen haben den Charakter des von außen „Gemachten":
Veränderungen an den Sexualorganen, elektrisches Ziehen, Druck-Gefühle.
Dazu gehören auch Halluzinationen des Tast-Sinns und der Körper-Oberfläche (siehe
oben), sofern sie von außen „gemacht" sind. Vorkommen: Schizophrenie
 Zoenästhesien (Koenästhesien):
Abstruse leibliche Empfindungen eigenartige Körper-Gefühls-Störung unterschiedlichster
Qualität ohne den Charakter des Gemachten, z. B. Ring-Gefühl, Brennen, Bohren,
Verlaufen, Levitationen (das Gefühl zu schweben).
Vorkommen: Zoenästhetische Schizophrenie, gelegentlich auch bei Depressionen
Ich-Erleben und Ich-Störungen (IS)
 Formen
 Vorkommen 1
 Vorkommen 2
EF
Formen
IS
 Ich-Erleben: Erleben der personalen Identität (der Meinhaftigkeit) im Zeitverlauf und
in der Abgrenzung zu den anderen Personen (Ich–Umwelt-Grenze).
 Ich-Störungen: Störungen des Einheitserlebens des Ichs (der Meinhaftigkeit) im
aktuellen Augenblick; Veränderung der Ich-Umwelt-Grenze: größere Durchlässigkeit
bis hin zu Verlust.
Gegenteil (meist sekundär): Autismus (Abschottung).
Ich-Störungen
Beeinflussungs-Erleben
Entfremdungs-Erleben
Depersonalisation
 Als Entfremdungs-Erleben im Sinne des
Selbst-Wandels. „Ich bin mir fremd“
 abnorme Gefühle der Veränderung des
Körpers oder einzelner Körper-Teile
 Störung des Einheits-Erlebens oder des
Vorhandenseins der Person im Augenblick
oder der Identität im Zeit-Verlauf
(Kohärenz)
 die Gefühle werden als unlebendig,
das Handeln als mechanisch oder
automatenhaft erlebt.
Derealisation
Als Entfremdungserleben im Sinne
des MitweltWandels.
Erlebnis der
abnorm
veränderten
Umwelt. „Alles ist
mir so fremd“
 Gedanken-Ausbreitung (andere
wissen, was man denkt)
 Gedanken-Entzug (andere
nehmen Gedanken)
 Gedanken-Eingebung
 Gedanken-Lautwerden (auch
akustische Halluzination)
 Fremdbeeinflussungs-Erleben
 Leibliche Beeinflussung
(Zoenästhesien, LeibHalluzinationen)
Vorkommen 1
IS
 Ich-Störungen kommen vor bei:










Übermüdung
Schizophrenie (F20)
Depressionen (F32) (Depersonalisation bis hin zum Kleinheits- oder Nihilismus-Wahn)
Zwangs-Störungen (F42)
Panik-Störungen (F41.0)
Schweren Neurosen und Psychopathien (Charakter-Neurosen/Persönlichkeits-Störungen) wie
anhaltende wahnhafte (paranoide) Persönlichkeits-Störung (F60.0), emotional instabile
Persönlichkeits-Störung vom Borderline-Typ (60.31)
Toxischen Psychosen, z. B. nach LSD-Konsum (F16.5)
Wochenbett-Psychosen (F53)
Epileptischen Dämmer-Zuständen
In solchen Fällen sollte die Diagnose der im Vordergrund stehenden Störung gestellt werden.
 Depersonalisations- und Derealisations-Syndrom (F48.1)
 Definition: Eine seltene neurotische Störung, bei der ein Patient spontan beklagt, das
seine geistige Aktivität, sein Körper oder die Umgebung sich in ihrer Qualität verändert
haben, und unwirklich, wie in weiter Ferne oder automatisiert erlebt werden.
 Neben vielen anderen Phänomenen und Symptomen klagen die Patienten am
häufigsten




über den Verlust von Emotionen,
über Entfremdung und Loslösung vom eigenen Denken,
vom Körper oder
von der umgebenden realen Welt.
 Trotz der dramatischen Form dieser Erfahrungen ist sich der betreffende Patient der
Unwirklichkeit dieser Veränderung bewusst. Das Sensorium ist normal, die
Möglichkeiten des emotionalen Ausdrucks intakt.
Vorkommen 2
IS
 Gedanken- und Willens-Beeinflussung als
 Allgemeine Beeinflussungs-Erlebnisse (1. Rang für Schizophrenie bei Schneider – auch
Halluzinationen)
 Gedanken-Eingebung (Gedanken gehören mir nicht, werden aber durch ein dämonisches
Spiel in meinen Kopf eingehämmert) (1 Rang für Schizophrenie bei Schneider), aber auch
 Gedanken-Lautwerden (hier inkl. akustischer Halluzination)
 Gedanken-Ausbreiten und Gedanken-Entzug (Schizophrenie – nicht direkt ausgewiesen),
 Stimmen in Form von Rede und Gegenrede (1. Rang für Schizophrenie bei Schneider – auch
akustische Halluzination)
 leibliche Beeinflussungs-Erlebnisse
Gefühle, dass das erleben von außen „gemacht " wird;
Gefühle des Gelenkt - und Beeinflusstwerdens von Hypnose und Bestrahlung (1. Rang
für Schizophrenie bei Schneider)
 Autismus
Hauptsymptom für Schizophrenie bei Bleuler neben Störungen der Assoziationen und
der Affekte sowie Ambivalenz
Isolierung des Ichs, Sich-zurück-Ziehen in eine eigene innere Welt.
 Transitismus (Folie a deux)
Projektion (übertragen) eigenen Krankseins auf andere.
 Doppelte Persönlichkeit (doppeltes Bewusstsein) – auch multiple
Persönlichkeiten (F44.81) mit hintereinander auftretenden Zuständen
unterschiedlichen Bewusstseins - im Allgemeinen ohne Kenntnis der einen Form von
der anderen
(Literarisches Beispiel: " Dr. Jekyll and Mr. Hyde " von R. L. Stevenson). F
Störungen der Affektivität (AS)
 Affektivität
 Gefühls-Unklarheit und
Gefühls-Schwankungen
 Hoch- und Tief-Gefühle
EF
Affektivität
AS
Zusammenfassende Bezeichnung für Gefühle, Affekte und Stimmungen.
Wir sprechen auch von Gefühls-Leben der Emotionalität, dem Gemüt.
Die Affektivität bestimmt unsere Persönlichkeit in starkem Maß.
Spezielle Leib-Wahrnehmungen wie Hunger, Schmerz, sexuelle Erregung (lokal und auch
ganzheitlich empfunden) sowie allgemeine Leib-Wahrnehmungen (die sogenannten Gemeinoder Vital-Gefühle) bestimmen unsere Befindlichkeit und tragen die Stimmung.
Es bedeutet:
 Stimmung: Gesamtlage des Gefühls-Zustands über längere Zeit. Die Stimmung bestimmt
Empfindungen, Denken und Handeln. Ist ein langfristiger Gefühls-Zustand.
 Affekte: Kurzdauernde, umschreibende Gefühls-Abläufe; Gefühls-Wallungen wie Wut,
Ärger, Verzweiflung, Freude.
 Gefühle (Emotionen): Zahlreiche einzelne elementare und höhere Gefühle wie Liebe,
Freude, Trauer, Zuneigung, religiöse Verehrung; auch Vitalgefühle wie Spann-Kraft,
Wohlbehagen, Abgespanntheit, Erschöpfungs-Gefühl.
 Affektivitäts-Störungen: In Verbindung mit diesen Störungen der Stimmung, der Gefühle
und der Affekte treten häufig Minderwertigkeits-Gefühle (Insuffizienz-Gefühle) und zur
Stimmung passende Wahn-Inhalte wie Verarmungs-Wahn, Schuld-Wahn oder auch
Größen-Wahn auf.
Bei Schizophrenie:
 Störung der Affekte Hauptsymptom bei Bleuler neben Störung der Assoziationen,
Ambivalenz und Autismus
 Verstimmung und Gefühls-Verarmung als 2. Rang nach Schneider neben Wahn-Gedanken
und Halluzinationen
Gefühls-Unklarheit und Gefühls-Schwankungen
 Alexitymie
Unfähigkeit, eigene Gefühle angemessen wahrzunehmen
 Affekt-Labilität
Rasche Wechsel von Affekten, die meist von kurzer Dauer sind und vielfachen
Schwankungen unterliegen.
 Stimmungs-Labilität
Beeinflussbarkeit, Wechsel der Stimmung je nach Denkinhalt.
 Affekt-Inkontinenz
Fehlende Beherrschung von Affekt-Äußerungen, mangelnde Affekt-Steuerung (vor
allem bei zerebralen Abbau-Prozessen).
 Parathymie (inadäquate Affekte)
Gefühls-Verkehrung, paradoxer Affekt, Gefühls-Ausdruck und Erlebnis - bzw.
Gedanken-Inhalt stimmen nicht überein (affektiv inadäquat).
Synthymie = passende Affekte
 Ambivalenz
Koexistenz (gleichzeitiges auftreten) gegensätzlicher Gefühle, meist als quälend
empfunden.
Hauptsymptom für Schizophrenie bei Bleuler neben Störung der Assoziationen und
der Affekte sowie Autismus
Im ICD10 zu den Affektivitäts-Störungen als Zweitrang-Symptome.
AS
Hoch- und Tief-Gefühle
AS
Hochgefühle
 Euphorie, Hypomanie, Manie: Unterschiedliche Grade gehobener Stimmung, am stärksten
ausgeprägt bei manischer Stimmung.
 Gesteigerte Selbstwert-Gefühle: Das Gefühl, besonders wichtig, wertvoll, tüchtig zu sein [z.
B. bei Manie (F30)].
Tiefgefühle und Gefühls-Verlust
 Dysphorie: Gereizte Verstimmtheit. Missmutige Stimmungs-Lage
 Affekt-Verflachung (Gefühls-Verarmung, Affekt-Armut): Mangelnde Ansprechbarkeit des
Gefühls, fehlende Schwingungs-Fähigkeit, oft "läppisches" Verhalten [häufig bei Hebephrenie
(F20.1) und bei Schizophrenia simplex (F0.69)]
(2. Rang für Schizophrenie nach Schneider neben Verstimmungen, Halluzinationen und
Wahngedanken)
 Läppischer Affekt: Sehr einfältige, alberne und unreife leere Heiterkeit [z. B. bei Hebephrenie
(F20.1)].
 Affekt-Starrheit: Völlig unabhängig von der äußeren Situation verharrt die betroffene Person
in bestimmten Stimmungen oder Affekten. Verlust der affektiven Modulationsfähigkeit.
 Apathie: Gefühllosigkeit, Teilnahmslosigkeit.
 Depressivität/Deprimiertheit: Niedergeschlagene Stimmung.
 Gefühl der Gefühlslosigkeit: Verlust von affektiver Schwingungsfähigkeit; stattdessen
Gefühls-Leere und -Öde; Gefühle wie ausgestorben; qualvolles Erleben [z. B. bei schweren
Depressionen (F31.4 und F31.5 sowie F32.2 und F32.3. sowie F33.12 und F33.3)]
 Insuffizienz-Gefühle: Sich nichts wert, unfähig oder untüchtig fühlen
 Vitalstörungen (Störung der Vitalgefühle): Darniederliegen der allgemeinen Leib-Gefühle
(Gemeingefühle), fehlende körperlich - seelischen Frische und Spannkraft; Niedergeschlagenheit, Müdigkeit, körperliches Unbehagen; oft begleitet von Druck auf der Brust
Störungen des Antriebs und
der Psychomotorik (PMS)
 Begrifflichkeit
 Psychomotorische Störungen
als Hypokinese
 Psychomotorische Störungen
als Hyperkinese 1
 Psychomotorische Störungen
als Hyperkinese 2
 Gang-Unsicherheiten
EF
Begrifflichkeit
PMS
 Katatonie: Störungen der Motorik und des Antriebes
(Katatonie-Symptome als Nebensymptome für Schizophrenie bei Bleuler neben Wahn
und Halluzinationen)
Auch Symptom für schwere Depression.
 Psychomotorik: Störung der Bewegungen, die durch psychische Vorgänge gesteuert
sind.
 Psychomotorik-Störungen: Desintegration von psychischen und motorischen
Funktionen.
Es gibt Plus - und Minusformen.
 Antriebs-Störungen: Die wirkende Persönlichkeits-Kraft ist gesteigert, vermindert oder
verändert. Vom Willen nicht zu steuern.
 Antrieb: Eine vom Willen weitgehend unabhängig wirkende Kraft; sie ist verantwortlich für
die Bewegung aller seelischen Leistungen hinsichtlich Tempo, Intensität und Ausdauer.
Der Antrieb unterhält Lebendigkeit, Initiative, Aufmerksamkeit, Tatkraft. Vor allem am
Ausdrucksverhalten und an der Psychomotorik zu erkennen.
 Trieb: vitale Lebensbedürfnisse wie Nahrungsantrieb, Sexualtrieb, . kann nur indirekt aus
Handlungen und Äußerungen erschlossen werden („Triebhandlung " ist die auf Erreichen
eines bestimmten Triebziels gerichtete Handlung).
 Drang: Unbestimmtes, ungerichtetes, nach Entladung drängendes Gefühl innerer Unruhe
(„blinde Dranghandlung")
 Impuls-Handlung: oft gibt es planlos aus dem Drang entstehende Handlungen wie Poriooder Dromomanie (dissoziative Fugue, Weglaufen – F44.1), Pyromanie (F63.1),
Kleptomanie (F63.2); oft auch bei zerebral geschädigten (z. B. Anfallskranke).
Psychomotorische Störungen als Hypokinese
PMS
 Mangel an Bewegung/Bewegungslosigkeit [z. B. bei schwerer Depressionen (F31.4
und F31.5 sowie F32.2 und F32.3. sowie F33.12 und F33.3), aber auch bei Morbus
Parkinson und katatoner Schizophrenie (F20.2)].
 Antriebs-Schwäche – Mangel: Es fehlt der Spontanantrieb. Der Betroffene ist
träge, leistungsgemindert, er ist gleichgültig bis zur Stumpfheit.
 Antriebs-Hemmung: Verringerung des Vorbestehenden Antriebs; besonders bei
Depressionen.
 Mutismus: Nichtsprechen über längere Zeit, bei intakten Sprech-Organen und
Sprech-Fähigkeit.
 Katalepsie: Starres Verharren in einmal eingenommenen Körper-Haltungen (bei
Schizophrenie).
(wird selten in der Praxis gesehen, da es meist mit Medikamenten unterdrückt wird).
 Stupor (Starre/Estarren): Relative Bewegungslosigkeit mit Einschränkung der ReizAufnahme und Reaktion.
Vorkommen: psychogen, bei Depressionen, bei körperlich bedingten psychischen
 Rigor: Toten-Strarre
Psychomotorische Störungen als Hyperkinese 1
PMS
 Bewegungsunruhe von impulsivem Charakter (oft bei Kindern mit Hirnschädigung,
auch bei der Chorea Huntington – Erb-Kranklheit im Gehirn).
Steigerung der Motorik bei Psychosen.
 Antriebs-Steigerung bis zur Antriebs-Enthemmung (Beschäftigungs-Drang):
Erhöhte Aktivität, starker Bewegungs-Drang, unermüdliche Betriebsamkeit (z. B. bei
Manie). Motorische Unruhe mit scheinbar gerichteten, oft aber sinnlosen Tätigkeiten,
z. B. im „Beschäftigungs-Delir" Geld sammeln, Flocken wegwischen [z. B. im
Alkohol-Delir (F10.4)]
 Logorrhoe:
Übermäßiger Rede-Drang, Enthemmung des Sprach-Flusses. Häufig in Verbindung
mit Ideen-Flucht (Formale Denk-Störung)
 Stereotypie:
Ständige Wiederholung der gleichen Bewegungen. Sinnlos wirkende Äußerungen,
mimisch, gestisch, sprachlich.
 Manierismen (Manieriertheit):
Sonderbares verschrobenes Ausdrucks-Verhalten in Gestik (z. B. ständiges Reiben
an der Wange) und Mimik (z. B. Grimassieren). Stelzen-Sprache
Psychomotorische Störungen als Hyperkinese 2
PMS
 Tics:
Gleichförmig wiederkehrende, meist rasche , unwillkürliche Muskel-Zuckungen
[insbesondere bei Tic-Störungen (F95)]
 Automatismen
als nicht-intendierte Handlungen [oft bei katatoner Schizophrenie (F20.2)] unterteilt
in
 Negativismus:
automatisches Gegenteil von dem im Äußeren Geforderten
 Befehls-Automatie:
Befehle werden automatenhaft befolgt
 Echolalie:
das Gehörte wird nachgesprochen
 Echopraxie:
das Gesehene wird nachgemacht
 Faxen (Syndrom):
Albern wirkendes Grimassen-Schneiden.
 Raptus:
Ungeordneter Bewegungs-Sturm; plötzliches Auftreten bei unterschiedlichen
Störungen aus einem Zustand der Ruhe heraus (bei katatoner Erregung).
Gang-Unsicherheiten
 Innenohr-Erkrankungen
 Morbus Parkinson
 Multiple Sklerose
 Hirn-Tumor
 Hirn-Kontusion
 Polyneuropathie
 Hysterische Neurose/Dissoziative
Störungen/Konversions-Störungen (F44)
PMS
Bewusstseins- und
Orientierungs-Störungen (BOS)
 Quantitative Bewusstseins-Störungen
 Qualitative Bewusstseins-Störungen 1
 Qualitative Bewusstseins-Störungen 2
 Orientierungs-Störungen
EF
Quantitative Bewusstseins-Störungen
BOS
Wir gehen davon aus, dass diese Elementar-Funktionen von Bewusstsein und Wachsamkeit
(Vigilanz) etwas typisch Menschliches sind und bei allen Menschen vorkommen.
Quantitativer Aspekt: Bewusstsein im Sinn von Schlaf - und Wachbewusstsein.
„Schlaf - Wachschaltung" ist organisch im Gehirn verankert (unter anderem in der Medulla
oblongata). Auch bei Tieren vorhanden.
Vigilanz-Störungen sind immer ein Hinweis auf eine organische Ätiologie.
Spontan bewusstloser Patient
 Diagnose durch Ansprechen, Kontrolle der Atmung am unteren Thorax, Puls an Hals oder Herz
 Vitalfunktionen sichern mit Notfall ABC (Atem-Wege frei machen (kopf überstrecken, Mund frei
räumen), Beatmung (Mund zu Nase, Mund zu Mund), Circulation Herzdruck-Massage (bei
120x pro Minute 30x drücken und 2x beatmen)
Formen:
 Desorientiertheit (Zeit, Ort, Situation, Person) – Leitsymptom für exogene Psychosen
 Benommenheit: leichterer Grad von Vigilanzstörung, Dösigkeit, Auffassungsstörung,
Verlangsamung des Denken
 Somnolenz (Som = Schlaf): Abnorme Schläfrigkeit, Patient ist schläfrig - benommen, stark
verlangsamt, ratlos, Spontanäußerungen fehlen, ist aber weckbar, z. B. durch lauten Anruf,
befolgt einfache Aufgaben, häufig verwirrt
 Sopor (Betäubung): todesähnlicher Schlaf, tiefschlafähnlicher Zustand, nur durch starke
Schmerzreize kurzzeitig (er) weckbar, macht auf Schmerzreize hin Abwehrreaktionen
 Koma: nicht zu unterbrechende Bewusstlosigkeit, nicht weckbar, je nach tiefe auf Schmerzreize
hin noch (ungeordnete) Abwehrreaktionen, die dann aber auch aufhören,
Vorkommen: bei hirnorganischen Störungen, Vergiftungen (Intoxikationen), schweren
Allgemeinerkrankungen, leichtere Formen auch bei körperlicher Erschöpfung, schwerere Form
von Schädel-Hirn-Trauma (SHT), Stoffwechsel-Störungen (diabetisches Koma) sowie kurz vor
dem Tod (präfinal)
Qualitative Bewusstseins-Störungen 1
BOS
Qualitativer Aspekt als reflektierendes Bewusstsein:
Hier geht es um die Eigenschaften und Beschaffenheit des Bewusstseins.
Bei diesen Störungen ist das Bewusstsein verändert, nicht vermindert.
Ich weiß um mich selbst.
Ich kann geistige und seelische Zustände wahrnehmen.
Ich weiß etwas über diese Zustände und kann über sie nachdenken.
Ich kann Beziehungen herstellen zwischen meinem Bewusstseinsinhalten (z. B. Erleben,
Erinnern, Vorstellung, Denken) und meinem Ich, dem etwas bewusst ist (Philosophie).
Diesen qualitativen Aspekten kann man nur indirekt prüfen durch beobachten der
Aufmerksamkeit, Konzentration, Merk-, Denk- und Gedächtnis-Fähigkeit, Urteils-Fähigkeit,
Formen:
 Bewusstseins-Eintrübung:
Denken und Handeln sind verwirrt,
das Erleben ist mangelhaft klar in Bezug auf Ich und Umwelt,
das Bewusstsein ist zerstückelt, das heißt zusammenhanglos,
das Denken ist verlangsamt und zusammenhanglos,
die Merkfähigkeit ist gestört,
der Betroffene ist oft desorientiert.
Vorkommen bei Delir (F05 und F10.4 – F18.4), bei zerebrovaskulären
(hirngefäßbedingten) Erkrankungen, schweren paranoid-halluzinatorischen Psychosen
(F20.0).
Qualitative Bewusstseins-Störungen 2
BOS
 Bewusstseins-Einengung:
Hier ist das Bewusstseins-Feld verkleinert. Der Zustand wirkt traumartig.
Einengung von Denk-Inhalten und Vorstellungen, Erlebnissen und Handlungs-Weisen,
verminderte Ansprechbarkeit auf Außenreize, Aufmerksamkeit scheint mehr nach innen
gerichtet, Handlungs-Fähigkeit bleibt weitgehend erhalten, es sind sogar komplizierte
Handlungen möglich, gelegentlich treten illusionäre Verkennungen und Halluzinationen
auf, für den Zustand der Bewusstseins-Einengung besteht meist eine Amnesie
Vorkommen als Dämmer-Zustand bei Epilepsie, Zustand bei pathologischen Rausch
(F10.0 – F18.0), bei Intoxikationen (Vergiftungen), nach Hirntraumen, bei Enzephalitis
(Hirn-Entzündung), gelegentlich bei starken Affektdruck (Panik – F41.0), hysterischer
Dämmer-Zustand (F44.3) als Trance und Besessenheit, bei Somnambulismus (SchlafWandeln) (F51.3)
 Bewusstseins-Verschiebungen/-Erweiterung:
Der Betroffene hat das Gefühl, dass sich sein Bewusstsein verglichen mit dem TagesBewusstsein verändert hat. Er empfindet eine gesteigerte Intensität und Helligkeit seines
Bewusstseins.
Er hat das Gefühl, dass sich sein Bewusstseins-Raum vergrößert hat.
Er fühlt sich ungewöhnlich wach, dabei kann seine Reaktions-Zeit verkürzt sein, er kann
aber auch in seiner Wahrnehmungs- und Koordinations-Fähigkeit eingeschränkt und
unruhig sein
Vorkommen bei Intoxikation (vor allem mit Psychostimulanzien und Halluzinogenen –
F16.0), bei beginnender endogener Psychosen (z. B. Manie – F30) im Zustand von
Meditation und Ekstasen
Orientierungs-Störungen
BOS
Orientierung: Fähigkeit, sich zur Zeit, Situation, Ort und auch bezüglich der eigenen Person
(ZSOP – Reihenfolge des Abbaus) zurechtzufinden und entsprechende Angaben zu machen.
Bei einer Orientierungsstörung kann er dies nur eingeschränkt oder gar nicht und wirkt
unsicher bis desorientiert.
Voraussetzung: Keine bedeutende Störung der Vigilanz, keine ausgeprägte Auffassungsoder Merkfähigkeitsstörung.
 (Z) Zeitliche Orientierungs-Störung:
Man fragt den Betroffenen nach Tageszeit, Wochentag, Jahreszeit, Monat, Jahr, Datum.
Dabei fällt die Desorientierung auf.
 (S) Situative Orientierungs-Störung:
Der Betroffene hat keinen Überblick über die Situation, in der er sich befindet, (z. B.
Untersuchung). Prüfung: fragen.
 (O) Örtliche Orientierungs-Störung:
Der Betroffene weiß nicht, wo er ist. Voraussetzung: er müsste die Möglichkeit haben,
sich zu orientieren. Auch hier: fragen
 (P) Orientierungs-Störung zur Person:
Das Wissen um die eigene Person und persönliche lebensgeschichtliche Gegebenheiten
sind gestört. Prüfung durch Fragen nach Name, Geburtstag, Beruf, Familienstand.
Aufmerksamkeits- und
Gedächtnis-Störungen (AGS)
 Aufmerksamkeits- und Konzentrations-Störung
 Auffassungs-Störung
 Merk-Fähigkeits- und Gedächtnis-Störung
 Amnesie
EF
Aufmerksamkeits- und Konzentrations-Störung
 Unfähigkeit zur Ausrichtung, Sammlung und Hinordnung auf einen
Gegenstand,
 der Betroffene kann nicht „bei der Sache" bleiben,
 er kann seine Aufmerksamkeit nicht ausdauernd einer bestimmten
Tätigkeit oder einen bestimmten Gegenstand zuwenden
Vorkommen bei physiologischer Müdigkeit, bei hirnorganischen
Veränderungen (hirnorganisches Psycho-Syndrom [HOPS]).
Prüfung in klinischen Gespräch: kann der Betroffene folgen?
Testaufgabe: z. B. von 100 immer 7 abziehen lassen, d2Belastungstest
AGS
Auffassungs-Störung
 Fähigkeit, Wahrnehmungs-Erlebnisse in ihrer Bedeutung zu
begreifen, sie sinnvoll miteinander zu verbinden und mit früheren
Erfahrungen zu verknüpfen, ist gestört.
 Die Auffassung kann falsch oder verlangsamt sein oder fehlen.
 Der Betreffende deutet Wahrgenommenes fehl (aber nicht wahnhaft
wie bei einer Psychose) bei einer (Hirn) organischen Störung ist er
auch verlangsamt
 Vorkommen bei Aphasien (Sprach-Störungen),
exogenen (von außen bedingten) Psychosen (F06.0 – F06.3).
Prüfung: Man lässt kleine Fabeln oder Geschichten nacherzählen.
AGS
Merk-Fähigkeits-und Gedächtnis-Störung
AGS
 Langzeit-Gedächtnis: Alt - bzw. biographisches Gedächtnis (Erinnerungs-Fähigkeit)
Neugedächtnis (letzter Tag und Woche)
Kurzzeit-Gedächtnis: (bis zu 10 Minuten)
Ultrakurzzeit- oder Immediatgedächtnis: Arbeits-GHedächtnis, Auffassung
 Bei einer Merkfähigkeits-Störung ist die Fähigkeit, sich neue Eindrücke über eine Zeit von
ca. 10 Minuten zu merken und ins Gedächtnis einzuprägen, herabgesetzt bis aufgehoben.
Also Einschränkung des Kurzzeit-Gedächtnisses.
 Von einer Gedächtnis-Störung oder Störung der Erinnerungs-Fähigkeit reden wir, wenn
die Fähigkeit herabgesetzt oder aufgehoben ist, länger als 10 Minuten zurückliegende
Eindrücke im Gedächtnis zu behalten bzw. abzurufen.
Zustand z. B. nach Schlaganfall.
Prüfung: Ähnlich wie oben: Abfragen von entsprechenden Gedächtnis-Inhalten aus dem
Arbeits-, Kurzzeit- oder Neuzeit-Gedächtnis. Bei Bedarf auch aus dem Altgedächtnis.
 Zerstreutheit und Vergesslichkeit wegen z. B. Depression (F32 und F33), Hypothyreose
(Schilddrüsen-Unterfunktion), Arteriosklerose
 Korsakow-Syndrom zählt in der akuten Form zu den amnestischen Durchgangssyndromen
(F04) und gilt dann als prinzipiell reversibel.
Hat auch eine chronische Form, z. B. nach jahrelangem Alkohol-Missbrauch, nach einem
oder mehreren Schädel-Hirn-Traumata (wie beim Boxen), nach schweren
Infektionskrankheiten, die aufs Gehirn schlagen, nach Vergiftungen, also nach organischen
Störungen mit (MOK)
 (M) Merkfähigkeits-Störungen,
 (O) Orientierungs-Störungen und
 (K) Konfabulationen damit werden Gedächtnis-Lücken überspielt – nie um etwas verlegen,
euphorisch, kritiklos, sorglos.
Amnesie
AGS
Eine Amnesie ist eine inhaltlich oder zeitlich begrenzte Erinnerungs-Lücke / GedächtnisLücke / Erinnerungslosigkeit speziell als
 retrograde Amnesie: Erinnerungslosigkeit für die vor einem bestimmten Ereignis (meist
mit Bewusstlosigkeit) liegende Zeit, z. B. Verkehrsunfall
 anterograde Amnesie: Erinnerungslosigkeit für die nach einem bestimmten Ereignis
(meist mit Bewusstlosigkeit) liegende Zeit, z. B. Verkehrsunfall.
 kongrade Amnesie: Erinnerungslosigkeit im Zeitraum während dem schädigendem
Ereignis, z. B. der Bewusstlosigkeit
 Transitorisch globale Amnesie: vorübergehender, 3-5 Stunden dauernder GedächtnisVerlust. Nach Abklingen verbleibt eine Gedächtnis-Lücke.
 Zeitgitterstörung: Biographische Ereignisse können nur mangelhaft zeitlich zugeordnet
werden.
 Konfabulation: Der Patient füllt Erinnerungs-Lücken mit Phantasien und Einfällen, die er
selber für Erinnerungen hält (Er ist von der Realität der Konfabulationen überzeugt).
 Paramnesien: So werden Erinnerungs-Täuschungen bis Gedächtnis-Illusionen und
Halluzinationen genannt (Trug-Erinnerungen, Umänderung der Erinnerung im Sinne des
Wahns).
 Dejá - vu: (frz., wörtlich: „das schon einmal Gesehene"). Der Betroffene glaubt meist
(kurzzeitig) eine Situation sei ihm bekannt, er habe sie schon einmal erlebt, ohne dass er
dies aus dem Gedächtnis belegen kann.
Kommt z. B. vor zum Beginn einer Psychose, bei Intoxikationen (Vergiftung) während des
„Aura" genannten Vorposten-Symptomen (Prodromal-Symptom) einer Epilepsie, bei
Erschöpfung, im Traum, häufig auch bei gesunden als flüchtiges Erleben.
 Ekmnesie: Störung des Zeiterlebens. Vergangenheit wird als Gegenwart erlebt.
 Hypermnesie: Gesteigerte Erinnerungs-Fähigkeit, z. B. bei Autisten (F84.0)
Suizidalität (SU)
 Suizidalität und Selbst-Schädigung
 Arten des Suizids
 Gründe für Siuzid
 Suizid-Risiko-Gruppen 1
 Suizid-Risiko-Gruppen 2
 Suizid-Risiko-Gruppen 3
 Phasen und Methoden
 Präsuizidales und suizidales Achsen-Syndrom
 Fragen zur Suizid-Gefahr
 Therapie
Suizidalität und Selbst-Schädigung (S&S)
 Thesen 1 - 8
 Thesen 7 - 11
 Thesen 12 - 14
 Thesen 15 - 16
AH
Thesen 1 - 6
1. Unter Suizidalität (Selbst-Tötung besser als Selbst-Mord) versteht man die
Summe aller Kräfte eines Menschen, die in Richtung Selbst-Vernichtung
gehen, also Gedanken oder Handlungen, die darauf abzielen, das eigene
Leben zu beenden.
2. Eine suizidale Handlung ist eine bewusste, selbst durchgeführte und
beabsichtigte (nicht aus Versehen) Handlung, die Selbst-Tötung anstrebt
bzw. zum Tode führt.
3. Parasuizidale Handlungen sind angelegt wie suizidale Handlungen,
jedoch mit dem Wissen, dass sie nicht zum Tode führen, und mit der
Absicht, im Leben Veränderungen zu erzielen.
 Als parasuizidale Geste: Die Appell-Funktion steht im Vordergrund
und wird oft sehr deutlich.
 Als parasuizidale Pause: Das Bedürfnis nach Ruhe steht im
Vordergrund. So überlastet, dass sie einfach abschalten wollen.
4. Suizid-Ideen benennen die gedankliche Auseinandersetzung mit der
Selbst-Tötungs-Möglichkeit.
5. Jeder Parasuizid und jede Ankündigung sollte ernst genommen werden:
inadäquate Problem-Lösungs-Strategie.
6. Der Suizid rangiert in den meisten europäischen Ländern und in den USA
unter den zehn häufigsten Todes-Ursachen.
S&S
Thesen 7 - 11
7. Viele Betroffene haben innerhalb des letzten Monats vor dem vollzogenen
Suizid einen Arzt aufgesucht.
8. Suizid zählt bei den jungen Menschen zu den häufigsten Todes-Ursachen.
9. Das präsuizidale Syndrom (Ringel) ist zugleich Diagnose-Instrument zur
Selbst-Tötungs-Gefährdung und Anregung zur Entwicklungs-Begleitung bei
Suizidalität.
10. Die Suizid-Gefahr steigt, wenn das Leben der Menschen immer eingeengter
wird, sie nur noch eine Emotion haben, weil z. B. alles nur noch unter dem
Aspekt der Angst oder der Aggression erlebbar ist, zwischenmenschlich
immer weniger Kontakt da ist und es keine lohnenden Werte mehr gibt.
Wenn diese Einengung zunimmt und es gleichzeitig eine gehemmte oder
gegen die eigene Person gerichtete Aggression gibt, dann gibt es SelbstTötungs-Fantasien, zunächst als Wunsch, tot zu sein.
11. Dass man die Aggression gegen sich selbst gewendet hat und nicht gegen
die Personen, die sie eigentlich hätten abbekommen müssen, liegt daran,
dass man nicht aushält, dass man von diesem Menschen nicht geliebt wird
und dass man ihn auch nicht liebt.
infolgedessen bekommt man solche Schuld- und Scham-Gefühle, dass man
erst recht suizidal wird.
S&S
Thesen 12 - 14
12. Wenn Menschen, deren Selbst-Wert-Gefühl stark verunsichert ist und dazu
neigen, Aggressionen gegen sich selbst zu wenden, bei bereits bestehender
Einengung Kränkungen, Enttäuschungen oder Verluste erleben, dann
entsteht ein Gefühl der Angst, der Bedrohung, die nach Schutz ruft, der
Verlassenheit, die danach ruft, sich an andere Menschen anzuschließen, der
Hilflosigkeit, die nach Hilfe ruft, der Ohnmacht, die nach selbstwirksamer
Gestaltung ruft.
Doch diesen Rufen kann wegen der Aggressions-Hemmung nicht gefolgt
werden.
Also setzen Bewältigungs-Mechanismen zum Schutz der Selbst-WertGefühls ein wie Realitäts-Verleugnung oder eine unqualifizierte Idealisierung
der eigenen Person gemischt mit Größen-Ideen.
13. Sollten diese Bewältigungs-Mechanismen jedoch nicht ausreichen, dann
kommen Fantasien vom Rückzug in einen harmonischen Urzustand auf
(Hänseler).
Diese Fantasien werden dann in einer Suizid-Handlung umgesetzt.
Der Suizid kommt der narzisstischen Zusammenbruchs-Krise zuvor.
Zugleich werden auch noch Rache-Bedürfnisse befriedigt.
14. Suizid ist die letzte schöpferische Tat, der letzte Versuch, das Leben
gestalten zu können bei einem Menschen mit einer starken AggressionsHemmung.
S&S
Thesen 15 - 16
15. Beim Suizid und auch beim Suizid auf Raten, z. B. als AlkoholMissbrauch, ist die Selbst-Aggression auf die Spitze getrieben.
Das löst bei anderen Menschen Ärger, Wut und Schuld-Gefühle aus.
16. Selbstschädigendes Verhalten sind Impuls-Handlungen als das SichSchneiden, um sich selbst zu spüren, oder das Ausdrücken von
Zigaretten auf der Haut oder seltener das Verbrühen mit Wasser.
Dies Verhalten kommt häufig bei Menschen vor, die reale
Traumatisierungen erlebt haben. Traumata bringen uns dazu, uns
vom Körper abzuspalten.
Dann ist die Angst und die Aggression, was ja auch ein KontaktGefühl ist, nicht mehr da.
Diese Personen wollen lieber Schmerzen haben als zu spüren, dass
sie von allem abgetrennt, dass sie von sich selbst dissoziiert sind und
aufgrund eines Traumas kein Gefühl mehr für den eigenen Körper
haben.
Dieser aggressive Akt des Sich-Schmerz-Zufügens soll die Menschen
wieder in Kontakt mit sich selbst bringen.
S&S
Arten des Suizids
 Suizid-Versuche: häufiger bei Frauen als bei Männern
 vollendete Suizide: Verhältnis Männer zu Frauen wie 1: 10
 erweiterter oder Mitnahme-Suizid: andere Personen ohne deren
Einverständnis einbeziehen
 gemeinsamer Suizid als Doppelsuizid (freiwillig mit Partner) oder
Massensuizid, z. B. bei religiösen Gruppen und bei Flüchtlingen nach
Vertreibung
 Bilanz-Suizid: Rational durchgeplante und überlegte Handlung, die in einer als
aussichtslos erlebten Situation zum Suizid führt , z. B. bei Sterbe-Hilfe.
Die Menschen Leben eigentlich ganz gern, ziehen aber Bilanz, dass sich der
Rest des Lebens nicht mehr lohnt wg. Schmerzen oder anderen massiven
Einschränkungen. Kaum zu therapieren.
 Larvierter, nicht erkannter Suizide: hohe Dunkelziffer bei Verkehrs-Unfällen (u.
U. nach Einnahme einer hohen Dosis von Tabletten), Drogen-Missbrauch
(bewusst gesetzter goldener Schuss) und anderen unklaren Todes-Ursachen
 Chronischer oder protrahierter (verzögerter) Suizid: Selbst-Tötung auf Raten.
Etappenweise und bewusste Schädigung bzw. unnötige Inkaufnahme von
Risiken, z. B. Alkohol- oder Nikotin-Abusus, riskantes Auto-Fahren
Trauen sich nicht an richtigen Suizid heran, haben aber Absicht, Autoaggression
(möglich auch bei Anorexie (F50.0))
 Nachahmungs-Suizid (Werther-Effekt)
SU
Gründe für Suizid
 Wunsch nach Veränderung im Leben,
Wunsch nach Ablösung und Trennung
 Andere manipulieren oder Hilfe-Ruf:
Appell an die Umwelt: ich komme mit der Situation nicht mehr
klar (Suizid-Versuche vorbewusst als kleinere Erpressungen,
aber Vorsicht vor Fehlinterpretation)
 Wunsch nach Ruhe, Wunsch, Schwierigkeiten (Probleme,
Krisen) zu beenden: beruflich, finanziell, beziehungsmäßig
 Rache und Wut wg. Enttäuschung, Schuld-Gefühle oder
psychotische Motivation (imperative Stimmen)
SU
Suizid-Risiko-Gruppen 1
SU
Risiko-Gruppen sind alle Personen, die allein, vereinsamt oder
existenziell bedroht sind (8% Prävalenz-Rate)
Personen mit
SuizidAnkündigung
Menschen in
belastenden
LebensSituationen
Schwer
körperlich oder
psychisch
Kranke
Sucht-Erkrankte
Städter
Männer
Hoffnungslose
Menschen in
Psychotherapie
(Beginn)
Einsame
RückfallGefährdete
alte Menschen
Angehörige der
Helfer-Berufe
Nachahmende
inkl. Herkunft
Suizid-Risiko-Gruppen 2
SU
 Menschen in belastenden Lebens-Situationen (größte Gruppe) Verfügen nur über
unzureichende Bewältigungs-Strategien Reagieren mit einer Kurzschluss-Handlung

Personen mit Suizid-Ankündigung: etwa 80 % mit Ankündigung, 50 % waren
vorher bei Arzt oder Therapeut
Jeder 5. bis 10. stirbt später an Suizid
 Schwer körperlich und psychisch Kranke: 98 % der Suizidanten sind
 psychisch krank - wichtigste Ursache – ca. 90 % insb. Psychosen und inkl. Neurosen.
Menschen mit Psychosen am stärksten gefährdet, allem voran die endogene Depression (F33.2
und F33.3.) und die Schizophrenie (F20) mit 50%
auch ältere Schizophrene mit depressiven Komponenten (aber aufzuheitern) bei raschen
Stimmungs-Schwankungen
15% Suizid-Rate bei Dysthymia (F34.1), Menschen mit narzisstischen Beschwerde-Bild (F60.8)
haben eine besondere Affinität zur Selbst-Tötung
 körperlich Krank: insb. mit Diagnose einer chronischen oder unheilbaren körperlichen
Erkrankung,
 suchterkrankt: Medikamenten- und Drogen-Abhängige (insb. Opiate), Alkoholiker
 Männer: Bei Männern ist die Suizid-Rate deutlich höher als bei Frauen (Verhältnis 3:1).
Schizophrene und junge Männer: erhöhtes Risiko
 Menschen in (Psycho-) und Pharmakotherapie: nach Beginn einer Therapie (Wegfall
der Antriebshemmung durch Therapie oder Antidepressiva, deshalb anfangs auch
handlungshemmende Medikamente)
Suizid-Risiko-Gruppen 3
SU
 Alte Menschen: die hohe Multimorbidität ist ein erschwerender Faktor für
Psychotherapie, die häufigsten psychischen Störungen bei über 65-Jährigen sind
demenzielle und depressive Symptome, Depressionen im Alter gehen oft mit
somatischen Beschwerden einher.
In Deutschland Suizid-Rate ansteigend mit höherem Alter. Ältere Männer oft langfristig
geplant. Jüngere Frauen oftmals spontan,
 Angehörige der Helfer-Berufe, insb. Ärzte (viermal höher): Psychiater (9 Mal), gefolgt
von Anästhesist
 Einsame: Vereinsamte (insbesondere Männer), Inhaftierte, kinderlose Alleinstehende
und Ledige, Verwitwete, Geschiedene, nach Verlust (Tod, Unfall, Scheidung) einer
nahestehende Person (besonders wenn unerwartet), Soziale Isolation, Entwurzelung,
Verlust zwischenmenschlicher Kontakte (auch Liebes-Enttäuschung)
 Städter: Menschen in der Stadt (Anonymität) häufiger als auf dem Land
 Hoffnungslose: z. B. Arbeitslosigkeit ohne Hoffnung auf Besserung, Fehlen einer
Aufgabe, eines Zieles im Leben
 Rückfall-Gefährdete: Menschen, die einen Suizid angekündigt oder bereits mehrere
Versuche hinter sich haben (Folgesuizid mit 20 % Wahrscheinlichkeit, 30 % RückfallGefahr innerhalb des ersten Jahres – Suizid-Versuche in der Vergangenheit = größeres
Risiko gegenwärtig
 Nachahmende: Nachahmungs-Effekt/Imitations-Suizid (Werther-Effekt), Angehörige und
Freunde von Menschen, die Suizid oder Suizid-Versuch unternommen haben. Vorbilder,
auch Lebens-Partner incl. familiärer Häufung der Suizide.
Phasen und Methoden
SU
 Phasen
 Erwägung (Möglichkeit): denkt an Suizid (kurz bis 30 Jahre) und denkt
zunehmend ich-bezogen daran
 Ambivalenz: Stimmungs- und Gefühls-Schwankungen zum Thema. Starker
innerer Kampf. Geht auf Umwelt zu, Appell und Hilferuf (diffus). Auch Alibi: guck,
keiner hilft mir. (kurz – ca. 60 Stunden)
Ventilfunktion, weil Überlebenstrieb sich nach konkret gewordenen Entschluss
meldet.
 Entschluss: ruhig, gelassen, sicher (Ruhe vor Sturm) – Qual der Entscheidung
ist vorbei. Erleichterung. Kontakt mit anderen nur noch als Verabschiedung,
Ordnung. Treffen ruhig ihre Vorbereitungen. Sind oft heiter und gelassen.
 Bei Psychosen allerdings auch ganz plötzlich (raptusartig)
 Arten – Hitliste in Deutschland (Männer mehr aggressive Methoden, Frauen eher
sanft mit Psychopharmaka):
 Vergiftung mit Medikamenten (Schlaf-Mittel/Hypnotika) an erster Stelle (Patient
will seine ewige Ruhe haben)
 Schnitt-Verletzungen
 Erhängen
 Hinunterstürzen
 Absichtliche Verursachung von Verkehrs-Unfällen (Dunkelziffer)
Präsuizidales und suizidales Achsen-Syndrom
Präsuizidales Syndrom nach Ringel:
 Zunehmende Einengung der sozialen und psychischen Lebens-Bereiche:




situative Einengung als Tunnel-Blick,
einseitige Ausrichtung von Assoziationen und Verhaltens-Mustern
Einengung sozialer Beziehungen (Rückzug)
Enge Werte-Welt, in der das Problem immer zentraler wird
 Suizid-Phantasien und Todes-Phantasien
 vage Ideen zu konkretem Plan, Vorstellung, tot zu sein oder Selbst-Tötung zu begehen
bis konkrete Handlungs-Planung
 sich passiv aufdrängend - Vorsicht, wenn die sich von selbst aufdrängen.
Zwangs-Gedanke (F42.0) - kann nicht mehr an was anderes denken.
Kommen in der Regel allein aus den Gedanken nicht mehr raus und brauchen Hilfe.
 Aggressions-Hemmung als Aggressions-Stau und Aggressions-Umkehr Wendung der Aggression gegen die eigene Person zusammen mit Schuld- und
Selbst-Bestrafungs-Ideen
Suizidales Achsen-Syndrom nach Mitterauer:
Erhöhtes Suizid-Risiko durch
 Psychose als endogene affektive Psychose (F3) oder aus dem schizophrenen
Formenkreis (F20) oder als organische/exogene Psychose (F0) diagnostiziert
(ca. 15% der Patienten mit endogener Psychose versterben an Suizid)
 Ankündigung eines Suizids (offene oder versteckte Suizidalität – siehe oben
die Ambivalenz-Phase)
 suizidpositive Familien-Anamnese
SU
Fragen zur Suizid-Gefahr
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
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10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
SU
Haben Sie in letzter Zeit daran denken müssen, sich das Leben zu nehmen?
( ja)
Haben Sie häufig daran denken müssen?
(ja)
Haben sie an Selbst-Tötung denken müssen, ohne es zu wollen?
(ja)
Haben Sie konkrete Ideen, wie Sie es machen würden?
(ja)
Haben Sie Vorbereitungen getroffen?
(ja)
Haben Sie schon zu jemandem über Ihre Selbst-Tötungs-Absichten gesprochen?
(ja)
Haben Sie einmal einen Selbst-Tötungs-Versuch unternommen?
(ja)
Hat sich in der Familie oder im Bekannten-Kreis schon jemand das Leben genommen? (ja)
Halten Sie Ihre Situation für aussichts- und hoffnungslos?
(ja)
Fällt es Ihnen schwer, an etwas anderes als an Ihre Probleme zu denken?
(ja)
Haben Sie in letzter Zeit weniger Kontakte zu Verwandten, Bekannten und Freunden? (ja)
Haben Sie noch Interesse daran, was im Beruf/Hobby, in Ihrer Umgebung vorgeht? (nein)
Ist da wer, mit dem Sie offen/vertraulich über Ihre Probleme sprechen können?
(nein)
Wohnen Sie zusammen mit Familienmitgliedern oder Bekannten?
(nein)
Fühlen Sie sich unter starken familiären oder beruflichen Verpflichtungen stehend? (nein)
Fühlen Sie sich in einer religiösen bzw. weltanschaulichen Gemeinschaft verwurzelt? (nein)
Therapie
SU
 Klient/-innen Gefühl vermitteln, er/sie kann mit Therapeuten über alles reden
(Suizid meist Verzweiflungs-Tat aus Mangel an Alternativen)
 Ansprechen (Enttabuisieren) – dadurch verringert sich Suizid-Gefahr
 Begründung, warum er/sie sich nicht umbringt: Ich würde mich nie umbringen,
weil…
 Nicht-Suizid-Pakt (Versprechen, sich bis zur nächsten Sitzung nicht umzubringen)
 Bei endogener Depression sind Antidepressiva indiziert
 ggf. Unterbringungs-Gesetz (bei Eigen- oder Fremd-Gefährdung)
 Risiko-Verringerung
 durch tragfähige religiöse/ soziale Bindungen (vor allem bei depressiven
Patienten).
 Aufbau von Lebens-Zielen
Menschen mit
Depressions-Störungen (F32)
 Differenzial-Diagnose
 Unterscheidungen
 Sonderformen
 Depressive Episode: Symptome
 Leicht bis schwer
 Laviert (somatisches Syndrom)
 Rezidivierend (F33)
 Dysthymia (34.1.)
 Therapie
Differenzial-Diagnose
F32
Es gibt fließende Übergänge zwischen
 Endogener Depression (als schwere Episode bei unipolarer rezidivierender depressiven
Störung (F33.2 und F33.3) - oder bei bipolarer affektiver Störung (F31.4 und F31.5)
Affekt-Psychose, immer auch Medikamente)
 Depression als leichte oder mittelgradige Episode bei unipolarer Depression (F33.0 und
F33.1) oder bei bipolarer Depression (F31.3)
 Neurotischer Depression als Dysthymia (F34.1) (habitualisierte Fehlhaltung mit oraler
Fixierung)
 Reaktiver Depression (mit konkreten Anlass, aber im Ausmaß überzogen) bei schweren
Belastungen und Anpassungs-Störungen (F43 und F62.0)
 Im Zusammenhang mit anderen Störungen wie z. B. Angst-Störungen (F40 und F41) und
Zwangs-Störungen (F42)
 Momentan depressive Verstimmung (mit konkretem Anlass)
psychogene, reaktive Depression als
posttraumatische Belastungs-Störung
(F43.1) oder Anpassungs-Störung
(F43.2) beide bis 6 Monate max., ab
dann andauernde PersönlichkeitsVeränderung nach Extrembelastung
(F62.0), Dysthymia (F34.1) – ab 2
Jahren
endogen
(schwer,
rezidivierende und
phasische Episoden)
Einschlaf-Störung
Abend-Tief
andere beschuldigen
Durchschlaf-Störung
Morgen-Tief
Selbst-Anklage





Exogene, körperlich begründbare
Depressionen in Folge von
pharmakologischen Wirkungen
hormonellen Störungen (z. B. Schilddrüse)
Tumoren
Infektions-Krankheiten
degenerativen Erkrankungen wie Demenz
vom Alzheimer-Typ
Unterscheidungen
F32
Phänomenologisch lassen sich endogene Depressionen in erster Linie wie folgt
unterschieden:




Gehemmte Depression, wenn Antriebs-Hemmung im Vordergrund steht
Ängstlich-agitierte Depression („Jammerdepression“) mit ängstlicher Getriebenheit, Unruhe,
hektischen Bewegungen, Lamentieren, Jammern
Larvierte (versteckte) Depression (auch maskierte, vitalisierte oder somatisierte Depression –
F32.8) Die depressive Verstimmung ist nur im Hintergrund vorhanden.
Es dominieren Körper-Symptome wie Kopf-Schmerzen, Rücken-Schmerzen, Atem-Beschwerden,
Herz-Beschwerden, Magen-Darm-Beschwerden und Unterleibs-Schmerzen
Psychotische Depression (F31.5, F32.3 und F33.3), wenn stimmungskongruente Denk-Inhalte
(Verarmungs-, Versündigungs-, Schuld-, nihilistischer Wahn) die Depression begleiten. In
seltenen Fällen auch Halluzinationen (anklagende oder zum Suizid auffordernde Stimmen) oder
depressiver Stupor.
Zusätzlich lassen sich unterscheiden




Vitale Depression, wenn Traurigkeit leiblich erlebt wird, z. B. als Druck-Gefühl in Brust oder
Magen-Gegend, Reifengefühl um den Kopf und dem Betroffenen die Depression bewusst ist
Zoenästhetische Depression, wenn qualitativ eigenartige, sehr bizarr anmutende KörperMissempfindungen ganz im Vordergrund der Symptomatik stehen, z. B. Eisenring um Herz
Entfremdungs-Depression, wenn Entfremdungs-Erleben (Depersonalisation und Derealisation)
deutlich im Vordergrund der Symptomatik stehen. Die differentialdiagnostische Abgrenzung zur
Schizophrenie (F20) und zu verschiedenen Formen der Neurose kann sich schwierig gestalten.
Auch bei Dysthymia (F34.1) lässt sich Entfremdungs-Erleben beobachten.
SAD (saisonal abhängige Depression) – Herbst und Winter – zu rezidivierende depressive
Störung (F33)
Sonderformen
F32
 Involutions- (Spät-) Depression, wenn Ersterkrankung nach dem 45. Lebens-Jahr
liegt. Nicht selten mit protrahierter (verlängerter) Phasendauer mit ChronifizierungsTendenz, Therapie-Resistenz und erhöhtem Suizid-Risiko. Häufig dabei ängstliche
Agitiertheit mit paranoiden und hypochondrischen Denk-Inhalten.
 Altersdepression, wenn der Beginn der Ersterkrankung nach Beginn des Seniums
(60 oder 65) liegt.
 Wochenbett-Depression (F53) – meist kurz nach der Entbindung. Abzugrenzen von
Verstimmungs-Zuständen im Wochenbett.
 Reaktive Depression: depressive Verstimmung aufgrund eines belastenden
Ereignisses, das schon länger zurück liegt [F43.1 (PTBS), F43.2 AnpassungsStörung]
 Erschöpfungs-Depression mit endogenen und reaktiven Anteilen offenbar aus dem
Zusammenspiel von Veranlagung und psychosozialen Einflüssen. Tritt nach
langjähriger affektiver Dauerbelastung oder wiederholten schweren Psychotraumen
auf. Siehe auch: andauernde Persönlichkeits- Änderung nach Extrembelastung
(F62.0)
 Rapid-Cycling, wenn mehr als 4 depressive und/oder manische Phasen pro Jahr
auftreten.
Depressive Episode: Symptome
F32
Definition: Bei den typischen leichten (F32.0), mittelgradigen
(F32.1) oder schweren (F32.2 und F32.3) Episoden
(mindestens 2 Wochen) leidet die betroffene Person unter
StimmungsStörungen
1. gedrückter Stimmung (depressive Verstimmung) mit
Anhedonie, d. h. vermindert ist die Fähigkeit zu Freude,
Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit, Leere-Gefühl,
Angst, Versteinerung, Unlebendigkeit, Verlust der
emotionalen Schwingungs-Fähigkeit bis hin zum Gefühl der
Gefühllosigkeit
PsychomotorikStörungen
2. Verminderung von Antrieb und Aktivität (Hemmung der
Psychomotorik) mit Verminderung der Entschluss- und
Handlungs-Fähigkeit, Initiativlosigkeit, ausgeprägter
Müdigkeit, die nach jeder Anstrengung auftreten kann, jede
Tätigkeit wird zur Qual, Verlangsamung aller BewegungsAbläufe bis hin zur annähernden Bewegungslosigkeit
(depressiver Stupor)
DenkStörungen
3. Verlangsamung des Gedanken-Ablaufs mit eingeengtem
Denken, Einsilbigkeit, Entschlusslosigkeit, GedankenSperrung, Denk-Hemmung, Grübel-Neigung bis GrübelZwang verbunden mit verminderter Konzentrations- und
Aufnahme-Fähigkeit,
Depressive Episode: Symptome
vegetative
Störungen
Selbst-WertStörungen
F32
4. Vitalsymptomen und vegetativen Störungen mit SchlafStörungen (Abendtief und Einschlaf-Störungen bei Dysthymia,
Durchschlafstörungen und Früherwachen mit Morgentief bei
endogener Depression – zirkadiane Befindungs-Schwankungen), Appetit- und Libido-Verlust, Gewichts-Verlust, Obstipation
(Verstopfung) und zahlreiche Leib-Gefühls-Störungen wie
Druck-Gefühl auf Brust- und Bauch-Raum, ein Kopf wie Blei,
Zugeschnürter Hals, Reifen-Gefühl um den Kopf.
Die endogene Depression ist die leibnächste Psychose.
5. beeinträchtigtem Selbst-Wert-Gefühl und Selbst-Vertrauen
mit Schuld-Gefühlen und Gedanken über eigene Wertlosigkeit
Die gedrückte Stimmung verändert sich von Tag zu Tag wenig,
reagiert nicht auf Lebensumstände und kann von so genannten
„somatischen" Symptomen (somatisches Syndrom bei depressiver
Episode (F32.8) – auch larvierte Deprtession) begleitet werden.
 Dauer: Herabgestimmtheit über mindestens 2 Wochen.
 Inkl.: Einzelne Episoden von: depressiver Reaktion,
psychogener Depression, reaktiver Depression (F32.0, F32.1,
F32.2)
 Exkl.: Anpassungs-Störungen (F43.2) depressive Episode in
Verbindung mit Störungen des Sozialverhaltens (F91.-, F92.0)
rezidivierende depressive Störung (F33.-)
Leicht bis schwer
F32
 F32.0 Leichte depressive Episode
Definition: Gewöhnlich sind mindestens zwei oder drei der oben angegebenen Symptome
vorhanden. Der betroffene Patient ist im Allgemeinen davon beeinträchtigt, aber oft in der Lage,
die meisten Aktivitäten fortzusetzen.
 F32.1 Mittelgradige depressive Episode
Definition: Gewöhnlich sind vier oder mehr der oben angegebenen Symptome vorhanden, und
der betroffene Patient hat meist große Schwierigkeiten, alltägliche Aktivitäten fortzusetzen.
 F32.2 Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome
Definition: Eine depressive Episode mit mehreren oben angegebenen, quälenden Symptomen.
Typischerweise bestehen ein Verlust des Selbst-Wert-Gefühls und Gefühle von Wertlosigkeit und
Schuld. Suizid-Gedanken und -Handlungen sind häufig, und meist liegen einige somatische
Symptome vor.
Inkl.: Einzelne Episode einer agitierten Depression (Unruhe-Zustände) , einzelne Episode einer
majoren Depression [major depression] ohne psychotische Symptome, einzelne Episode einer
vitalen Depression ohne psychotische Symptome
 F32.3 Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen
Definition: Eine schwere
depressive Episode, wie unter F32.2 beschrieben, bei der aber Halluzinationen, Wahn-Ideen,
psychomotorische Hemmung oder ein Stupor so schwer ausgeprägt sind, dass alltägliche
soziale Aktivitäten unmöglich sind und Lebens-Gefahr durch Suizid und mangelhafte
Flüssigkeits- und Nahrungs-Aufnahme bestehen kann.
Halluzinationen und Wahn können, müssen aber nicht, synthym sein.
Inkl.: Einzelne Episoden: majore Depression [major depression] mit psychotischen Symptomen,
psychogene depressive Psychose, psychotische Depression, reaktive depressive Psychose
Laviert (somatisches Syndrom)
F32
 Eine besondere Erscheinungs-Form einer Depression (zu den endogenen
Depressionen) kann sich durch das überwiegende Auftreten von (scheinbar)
körperlichen Beschwerden zeigen.
 Man spricht von einem somatischen Syndrom bei depressiver Episode, wenn
mindestens vier der folgenden Kriterien erfüllt sind:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
Auf jeden Fall ein Morgentief auch im Hinblick auf körperliche Symptome, die deutlicher im
Vordergrund stehen, unter anderem
Schlaf-Störungen (Frühes Erwachen; >2 Stunden früher als üblich)
Früherwachen und Morgen-Tief (Tageszeitliche Schwankungen der Beschwerden)
Appetitlosigkeit (Gewichtsabnahme über 5% in einem Monat)
Obstipation
Schwitzen
Herz-Rhythmus-Störungen
Schmerzen bei der Atmung
Kopfweh
Interessen-Verlust oder Verlust der Freude (Anhedonie)
Fehlende emotionale Reaktions-Fähigkeit auf normale positive wie negative Erlebnisse
deutliche psychomotorische Einschränkung (Gehemmtheit) oder Unruhe (Agitiertheit)
Verlust von sexuellen Bedürfnissen (Libido)
aber auch Suizid-Gefährdung wie bei anderen Formen der endogenen Psychose
Abklärung der körperlichen Symptome (gründliche körperliche Untersuchung) wie bei
allen psychosomatischen Krankheiten beim Facharzt.
Rezidivierend (F33)
F32
 Definition: Hierbei handelt es sich um eine Störung, die durch wiederholte
depressive Episoden (F32.-) charakterisiert ist.
In der Anamnese finden sich dabei keine unabhängigen Episoden mit gehobener
Stimmung und vermehrtem Antrieb (Manie). Kurze Episoden von leicht gehobener
Stimmung und Überaktivität (Hypomanie) können allerdings unmittelbar nach einer
depressiven Episode, manchmal durch eine antidepressive Behandlung mitbedingt,
aufgetreten sein (hypomanische Nachschwankungen).
 Die schwereren Formen der rezidivierenden depressiven Störung (F33.2 und .3)
haben viel mit den früheren Konzepten der manisch-depressiven Krankheit, der
Melancholie, der vitalen Depression und der endogenen Depression gemeinsam.
Das Risiko, dass ein Patient mit rezidivierender depressiver Störung eine manische
Episode entwickelt, wird niemals vollständig aufgehoben, gleichgültig, wie viele
depressive Episoden aufgetreten sind. Bei Auftreten einer manischen Episode ist die
Diagnose in bipolare affektive Störung zu ändern (F31.-).
 Die erste Episode kann in jedem Alter zwischen Kindheit und Senium auftreten,
der Beginn kann akut oder schleichend sein.
 Dauer: Wenige Wochen bis viele Monate.
 Inkl.: Rezidivierende Episoden (F33.0 oder F33.1): depressive Reaktion,
psychogene Depression, reaktive Depression, Saisonale depressive Störung
 Exkl.: Rezidivierende kurze depressive Episoden (F38.1)
Dysthymia (F34.1)
F32
 Hierbei handelt es sich um eine chronische, mehrere Jahre (wenigstens 2 Jahre)
andauernde depressive Verstimmung, aber nicht psychotisch, die weder schwer
noch hinsichtlich einzelner Episoden anhaltend genug ist, um die Kriterien einer
schweren, mittelgradigen oder leichten rezidivierenden depressiven Störung (F33.-)
zu erfüllen.
 Prävalenz: 6 %, Frauen deutlich häufiger
 Inkl.: Anhaltende ängstliche Depression, Depressiv: Neurose,
Persönlichkeit(sstörung), neurotische Depression
 Exkl.: Ängstliche Depression (leicht, aber nicht anhaltend) (F41.2)
Therapie

F32
Antidepressiva
 Schlaf-Entzug
REM-Schlaf in der zweiten Nacht-Hälfte, also Morgen-Schlaf vermeiden durch frühes
Aufstehen
 Kognitive Verhaltenstherapie nach Beck (siehe dazu auch Abschnitt 10.2.7) und
Schematherapie nach Young
 Lichttherapie
2 Mal pro Tag morgens und abends je eine Stunde vor helle Lichtwand (Sonnenlicht
ähnlich), besonders bei Herbst-Depressionen
 Johanniskraut
aber Vorsicht bei Kombination mit Antidepressiva
 Bei schweren, schlecht behandelbaren Depressionen auch Elektrokrampf-Therapie
Künstlich in Krampfanfall schicken
5- 10 Behandlungen in 2 Wochen, 10 Minuten Vollnarkose
bei schwerer Depression (mit Wahn, hohe Suizidalität, depressiver Stupor, wenn
andere Medikamente nicht anschlagen)
Menschen mit Angst- und
Zwangs-Störungen
(AZ)
 Phobische Störungen (F40)
 Andere Angst-Störungen (F41)
 Zwangs-Störungen
Phobische Störungen (F40)
 Allgemein
 Agoraphobie (F40.0)
 Soziale Phobie (F40.1)
 Spezifische (isolierte) Phobien (F40.2)
 Häufige spezifische Phobien
 Seltene spezifische Phobien
 Therapie
AZ
Allgemein
F40
 Definition: Eine Gruppe von Störungen, bei der Angst ausschließlich oder
überwiegend durch eindeutig definierte, eigentlich ungefährliche Situationen
hervorgerufen wird.
In der Folge werden diese Situationen typischerweise
 vermieden oder
 mit Furcht ertragen.
 Die Befürchtungen des Patienten können sich beziehen auf
 Einzelsymptome wie Herz-Klopfen oder Schwäche-Gefühl,
 häufig gemeinsam mit sekundären Ängsten vor dem Sterben, Kontroll-Verlust
oder dem Gefühl, wahnsinnig zu werden.
 Allein die Vorstellung, dass die phobische Situation eintreten könnte, erzeugt meist
schon Erwartungs-Angst.
 Phobische Angst tritt häufig gleichzeitig mit Depression auf.

Ob zwei Diagnosen, phobische Störung und depressive Episode, erforderlich sind,
richtet sich nach dem zeitlichen Verlauf beider Zustands-Bilder und nach
therapeutischen Erwägungen zum Zeitpunkt der Konsultation.
Agoraphobie (F40.0)
 Definition: Eine relativ gut definierte Gruppe von Phobien, mit Befürchtungen,
 das Haus zu verlassen, Geschäfte zu betreten, in Menschen-Mengen und auf
öffentlichen Plätzen zu sein,
 alleine mit Bahn, Bus oder Flugzeug zu reisen.
 Die Vermeidung der phobischen Situation steht oft im Vordergrund, und einige
Agoraphobiker erleben nur wenig Angst, da sie die phobischen Situationen meiden
können.
 Prävalenz: Überwiegend sind Frauen betroffen.
 Komorbidität: Depressive und zwanghafte Symptome sowie soziale Phobien sind
als zusätzliche Merkmale gleichfalls häufig vorhanden.
 Prognose: Ohne effektive Behandlung wird die Agoraphobie häufig chronisch.
 F40.00 Ohne Angabe einer Panik-Störung
 F40.01 Mit Panik-Störung
 Eine Panik-Störung kommt als häufiges Merkmal bei gegenwärtigen oder
zurückliegenden Episoden vor.
F40
Soziale Phobie (F40.1)
F40
 Definition: Furcht vor prüfender Betrachtung durch andere Menschen, die zu
Vermeidung sozialer Situationen führt.
Umfassendere soziale Phobien sind in der Regel mit niedrigem Selbst-Wert-Gefühl und
Furcht vor Kritik verbunden.
 Deutliche Furcht, sich in sozialen Situationen auf peinliche und erniedrigende Weise zu
verhalten.
 Ausgeprägte, anhaltende Angst vor sozialen oder Leistungs-Situationen, in denen die Person
 mit Unbekannten konfrontiert ist oder
 von anderen beurteilt werden könnte.
 Unmittelbare Angstreaktion bei Konfrontation.
 Die Ängste in sozialen Situationen werden jedoch auch als übertrieben bzw. unvernünftig und
unbegründet erlebt.
 Vermeidungs-Verhalten
 Beeinträchtigung der normalen Lebens-Führung
 Die psychischen, Verhaltens- oder vegetativen Symptome sind primäre Manifestationen der Angst.
 Die Angst muss auf bestimmte soziale Situationen beschränkt sein und darin überwiegen.
 Sie können sich in Beschwerden äußern wie




Erröten,
Hände-Zittern,
Übelkeit (Angst vor Erbrechen) oder
Drang zum Wasser-Lassen.
 Dabei meint die betreffende Person manchmal, dass eine dieser sekundären
Manifestationen der Angst das primäre Problem darstellt. Die Symptome können sich bis
zu Panik-Attacken steigern.
 Inkl.: Anthropophobie, soziale Neurose
Spezifische (isolierte) Phobien 1 (F40.2)
F40
 Definition: Phobien, die auf eng umschriebene Situationen wie Nähe von bestimmten
Tieren, Höhen, Donner, Dunkelheit, Fliegen, geschlossene Räume, Urinieren oder
Defäkieren auf öffentlichen Toiletten, Genuss bestimmter Speisen, Zahnarzt-Besuch oder
auf den Anblick von Blut oder Verletzungen beschränkt sind.
 Obwohl die auslösende Situation streng begrenzt ist, kann sie Panik-Zustände wie bei
Agoraphobie oder sozialer Phobie hervorrufen.





Ausgeprägte Angst vor einem spezifischen Objekt, einer spezifischen Situation
Konfrontation mit phobischen Reiz ruft unmittelbare Angst-Reaktion hervor
Person erkennt, dass Angst unbegründet oder übertrieben ist
Die phobischen Situationen werden gemieden
Phobie beeinträchtigt Lebens-Führung oder verursacht erhebliches Leiden
 Primär-Störungen: „Unangemessene" Angst/Furcht vor bestimmten Personen, Tieren,
Gegenständen oder Situationen
 Sekundär-Störungen: aus Angst Vermeidungs-Reaktionen
 Inkl.: Akrophobie (Höhen- oder Tiefen-Angst), einfache Phobie, Klaustrophobie, TierPhobien
 Exkl.: Dysmorphophobie (nicht wahnhaft) (F45.2) Nosophobie (Angst vor Krankheiten)
(F45.2 – hypochondrische Störung)
Häufige spezifische Phobien
 Erythophobie (Errötungs-Furcht)
 Zoophobie (bezogen auf zahlreiche Tierarten)
 Akrophobie (Höhen-Angst; akron = gr. Spitze, Gipfel oder Tiefen-Angst)
 Agoraphobie (agora = gr. Marktplatz) (in Situationen kommen, in denen man nicht
fliehen kann)
 Klaustophobie (claustrum = lat. Verschlossener Raum)
 Nosophobie (Krankheits-Furcht) als
 Aids-Phobie
 Karzinophobie (Angst vor Krebs-Erkrankungen)
 Algophobie (algos = gr. Schmerz)
 Phobophobie (Furcht vor Angst-Anfällen )
 Arachnophobie (Angst vor Spinnen)
F40
Seltene spezifische Phobien
 Paruresis: BlasenEntleerungs-Störung,
Angst, in der
Gegenstände
 Gerontophobie: Furcht vor
Öffentlichkeit zu
alten Menschen oder
pinkeln
Ailurophobie: Katzen
krankhafte Furcht, selbst zu  Prüfungs-Angst
Akarophobie: Insekten
altern
 SchwangerschaftsAnthophobie: Blumen
 Gymnophobie: Nacktheit
Phobie: auch vor
Anthropophobie:
Geburt
 Gynophobie: Frauen
Menschen-Scheu
 Halitophobie: Mund-Geruch  Sitophobie: Nahrung
Aquaphobie oder
 Taphephobie: Als

Herpetophobie:
Reptilien,
Hydrophobie: Wasser
Scheintoter lebendig
Schlangen
begraben werden
Arbeitsplatz-Phobie
 Hoplophobie: Schuss-Waffen  Tetraphobie:
Blut-Phobie
oder bewaffnete Personen
abergläubische Angst
Canophobie: Hunde
vor der Zahl vier
 Logophobie: Sprech-Angst
Coulrophobie: Clowns
 Triskaidekaphobie:
 Mysophobie: Kontakt mit
abergläubische Angst
Emetophobie: Erbrechen
Schmutz oder Ansteckung
vor der Zahl dreizehn
durch
Bakterien,
Viren
Enochlophobie:
 Trypanophobie: Angst
Menschen-Massen
 Oralphobie oder
vor Spritzen/
(zerquetscht werden)
Odontophobie: ZahnInjektionen
Behandlungs-Phobie
Fahr- und Flug-Angst
 Achluophobie: Dunkelheit  Gelotophobie: ausgelacht
werden
 Aichmophobie: Spitze












F40
Therapie
 Kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlung einer AngstStörung, wenn identifizierbare Angst-Auslöser vorhanden sind und
der Patient Vermeidungs-Verhalten zeigt:
 Reiz-Konfrontation (systematische Desensibilisierung oder
Exposition)
 Vermittlung eines Erklärungs-Modelles (Psychoedukation) für
Phobie (primär) und Vermeidungs-Verhalten (sekundär)
F40
Andere Angststörungen (F41)
 Allgemein
 Panik-Störung: Kennzeichen (F41.0)
 Panik-Störung (F41.0)
 Generalisierte Angst-Störung (F41.1)
AZ
Allgemein (A)
 Angst-Störungen
 Begleit-Erkrankungen (Komorbidität)
 Angst-Ursachen
 Kognitive Schemata und Sozialkompetenz
 Entwicklungs-Modelle
 Lerntheoretische Modelle
 Psychodynamische Modelle 1
 Psychodynamische Modelle 2
 Psychodynamische Modelle 3
 (Neuro-) Biologische Modelle 1
 (Neuro-) Biologische Modelle 2
F41
Angst-Störungen
 Angst: Begleit-Symptom vieler körperlicher Erkrankungen (z. B. Hyperthyreose, HerzRhythmus-Störungen)
 Angst auch bei:
 Intoxikation durch psychotrope Substanzen (F10.0-F18.0) oder Entzug (F10.3-F18.3 und
F10.4-F18.4)
 PTBS (F43.1), Anpassungsstörungen (F43.2), andauernder Persönlichkeitsveränderung nach
Extrembelastung (F62.0)
 viele Persönlichkeitsstörungen, z. B. ängstliche (vermeidende) (F60.6), abhängige
(asthenische) (F60.7)
 Zwangsstörung (F42)
 beginnender Psychose, als Prodromalphase der Schizophrenie (F20) oder der depressiven
Episode (F31-F33)
 Angst: Als frei flottierende (umherschweifende) unbestimmte Angst und als anfallartig
auftretende Panik; verbunden mit vegetativen Symptomen. Nach Psychoanalyse ist
Angst eine frei flottierende Triebenergie
 Definition der Angst-Störungen: Bei diesen Störungen stellen Manifestationen der
Angst die Hauptsymptome dar, ohne auf eine bestimmte Umgebungs-Situation
bezogen zu sein.
 Depressive und Zwangs-Symptome, sogar einige Elemente phobischer Angst können
vorhanden sein, vorausgesetzt, sie sind eindeutig sekundär oder weniger ausgeprägt.
 Prävalenz: Etwa 10% der Bevölkerung leiden im Lauf ihres Lebens unter
behandlungsbedürftiger Angst.
A
Begleit-Erkrankungen (Komorbidität)
Angst-Störungen weisen eine hohe Komorbidität sowohl untereinander, als auch zu
Depressionen, somatoformen Störungen und Substanz-Störungen (intrapersonal
gesteuerter Gebrauch von psychotropen Stoffen) auf.
Die Wahrscheinlichkeit, eine komorbide Störung zu entwickeln, ist bei Panik-Störungen
und Agoraphobie am höchsten.
Sekundäre Depressionen sind am häufigsten bei Panik-Störungen, gefolgt von der
Generalisierten Angst-Störung und der Agoraphobie.
Substanz-Störungen als Folge einer Angst-Störung werden als Versuch der SelbstMedikation betrachtet.
Angst bei Depressionen
 Episode (F32)
 Rezidivierend (F33)
 Dysthymia (F34.1) min 2
Jahre
 andauernde
PersönlichkeitsVeränderung nach
Extrembelastung (F62.0)
Angst bei anderen Störungen
 Phobische Störungen (F40), Panik-Störungen (F41.0) und
Generalisierte Angst-Störung (F41.1)
 Posttraumatische Belastungs-Störung (PTBS) (F43.1) nach einem
Monat bis 6 Monate
 Anpassungs-Störung (reaktive Depression) (F43.2) mit kurzer
(F43.20) oder längerer depressiver Reaktion (F43.21) Angst und
depressive Gefühle gemischt (F43.22)
Beeinträchtigung von anderen Gefühlen, z. B. Trauer (F43.23)
Sozialverhalten beeinträchtigt (F43.24) aber nicht länger als 6
Monate sonst (F62.0)
 Zwangs-Störungen (F42) (Angst, wenn Ritual unterbrochen)
 Persönlichkeits-Störungen als Borderline (F60.31), ängstlich
(vermeidend) (F60.6) oder abhängig (asthenisch) (F60.7)
A
Angst-Ursachen
A
 Wie bei den meisten psychischen Störungen gibt es auch bei der generalisierten
Angst-Störung, bei sozialen Ängsten, Panik-Attacken und Phobien nicht die eine
bekannte Ursache.
 Stattdessen geht man auch hier von einer Vielzahl verursachender oder auslösender
Faktoren aus, die erst im Zusammen- und Wechsel-Wirken den tatsächlichen
Ausbruch der Störung bewirken.
 Je nach psychiatrischer oder psychotherapeutischer Schule werden naturgemäß
andere Ursachen in den Blick genommen und gegebenenfalls weiter erforscht.
So tragen alle in der Fachwelt anerkannten theoretischen Ausrichtungen aus ihrem
speziellen Blickwinkel zur Erforschung von Ursache und Entstehung (Entwicklung)
dieser Störungen bei.
 Psychologische Erklärungs-Modelle der Angst unterscheiden zunächst zwischen Angst
als Zustand und Angst als Persönlichkeits-Eigenschaft.
 Es gibt bereits einige Versuche, Angst oder Ängstlichkeit als PersönlichkeitsEigenschaft aufzufassen. Hierbei hat sich ein dimensionaler Ansatz im Gegensatz zu
einer Kategorisierung bewährt. Persönlichkeits-Modelle der Psychologie, die
dimensional konzipiert sind, zeigen im Wesentlichen eine Übereinstimmung in der
Annahme, dass es eine Art genetischer Disposition zur „Ängstlichkeit“ gibt, die bei
starker Ausprägung (Dimensionierung) eine Schwachstelle (vulnerabler Bereich) in der
psychischen Konstitution darstellt und dann in der späteren Entwicklung zum
Kristallisations-Punkt einer Angst-Störung werden kann.
Kognitive Schemata und Sozialkompetenz
 Es ist unbestritten, dass Menschen, die unter vermehrten Ängsten leiden, die
Welt anders und teilweise verzerrt wahrnehmen.
 Auf Dauer gesehen wird aus dieser verzerrten Wahrnehmung dann eine falsche
„Bewertung“ der äußeren Welt.
Man spricht in der kognitiven Therapie von der Entwicklung und Einnistung
sogenannter „maladaptiver kognitiver Schemata“, also einer Art
verinnerlichter „Vorurteile“ oder zumindest „Fehlurteile“ über die Gefährlichkeit
der Welt.
 In einem weiteren Schritt kommt es dann zu einem unangemessen starken
„Vermeidungs-Verhalten“, um diesen vermeintlich drohenden Gefahren
auszuweichen.
 Dieses „Vermeidungs-Verhalten“ wiederum führt zu einer mehr oder weniger
starken, oft fortschreitenden Einengung des Aktions-Radius und der Aktivitäten
überhaupt, im weiteren Schritt oft zu Rückzug und Isolation.
Der Betreffende bleibt in der Regel mehr oder weniger weit hinter seiner
eigentlichen gesellschaftlichen Leistungs-Fähigkeit zurück.
Der Erwerb einer verlässlichen Sozialkompetenz wird dadurch erschwert oder
sogar verhindert.
A
Entwicklungs-Modelle
A
Aus der Entwicklungs-Psychologie und aus der täglichen Erfahrung mit Kindern ist
bekannt, dass es gewisse „typische“ und „altersgebundene“ Ängste gibt, z. B. das
„Fremdeln“, die „Trennungs-Angst“, die „Schul-Angst“, „Tier-Ängste“.
Er weist darauf hin, dass Zusammenhänge bestehen zwischen
 dem späteren Auftreten von Panik-Störung oder Agoraphobie einerseits und
frühkindlichen Trennungs-Ängsten bzw. Trennungs-Ängsten und Schul-Phobie
andererseits
 dem späteren Auftreten einer generalisierten Angst-Störung einerseits und frühen
familiären Traumatisierungen „(Konflikte zwischen den Eltern, Konflikte mit den
Eltern, sexuelle Traumatisierungen, mangelhafte Aufmerksamkeit, niedriges Prestige
der Familie, stärkere körperliche Züchtigungen)“ resp. Aufwachsen in einer
Alkoholiker-Familie andererseits
 dem späteren Auftreten von Phobien einerseits und kindlicher Angst vor Beschämung
bei hohen elterlichen Ansprüchen ,sozialphobischem Vorbild-Verhalten der Mütter
oder übertriebener Besorgnis der Eltern vor Kritik durch Außenstehende
andererseits.
Lerntheoretische Modelle
A
 Der lerntheoretische Ansatz geht davon aus, dass Ängste durch (klassische und
operante) „Konditionierung“ entstehen im Sinne von pathologischen (=krankhaften,
unangemessenen) Angst-Reaktionen auf ursprünglich neutrale Stimuli, die durch
zeitliche und/oder räumliche Kontingenz zu einer realen angstauslösenden Situation im
Rahmen von Lern-Erfahrungen zu einem konditionierten Angst-Stimulus werden.
Durch Vermeiden dieser Situation wird der Stimulus vermieden und damit auch die
Angst reduziert. Das führt zu einer negativen Verstärkung des Vermeidungs-Verhaltens,
d. h. der Betreffende „lernt“, dass das Vermeiden gut für ihn ist, indem es ihn vor
aufkommenden Ängsten schützt.
 Wie bei den kognitiven Schemata handelt es sich um ein fehladaptiertes, d. h. nicht
wirklichkeitsgerechtes Lernen, bei dem zwischen der eigentlichen Angst-Quelle und dem
symbolischen Stimulus nicht mehr unterschieden werden kann. Aufgrund der
anhaltenden Vermeidung bleibt eine korrigierende Lern-Erfahrung aus, sodass sich
pathologische Angst-Reaktion „etabliert“.
 Bei der Panik-Störung spielt eine positive Rückkopplung „zwischen körperlichen
Sensationen (z. B. wahrgenommene Veränderung der Herz-Rate) und kognitiven
Bewertungs-Vorgängen als Gefahr (z. B. „drohender Herz-Infarkt“) mit einer hieraus
resultierenden eskalierenden Angst-Reaktion“ eine große Rolle.
 Eine wichtige Bedeutung insbesondere bei der Entstehung einer generalisierten
Angststörung, aber auch einer Panik-Störung kommen schwerwiegenden, negativen
(und traumatisierenden) Lebens-Ereignissen (sogenannte „life events“) zu.
Psychodynamische Modelle 1
A
 Die unmotivierte, nicht objektgebundene Angst kann als existentielle Angst (UntergrundAngst) im normalen und nichtneurotischen Seelen-Leben als allgemeine Grunderfahrung
des Menschen vorkommen.
Sie kann aber bei der Angst-Neurose auch Leit-Symptom einer neurotischen
Entwicklung sein; doch muss hier stets vorrangig eine endogene, schizophrene oder
zyklothyme Erkrankung ausgeschlossen werden.
 Bei der Angst-Neurose tritt die Angst bei den hilflos-anklammernd erscheinenden
Patienten als mit vegetativen Symptomen einhergehender Angst-Anfall (der
phänomenologisch der „neurotischen Herz-Phobie“ und den „dysästhetischen Krisen“
bei endogenen Psychosen entsprechen kann) oder als nicht auf ein bestimmtes Objekt
bezogenes, frei flottierendes, intensives, länger anhaltendes Angst-Syndrom auftritt.
 Freud nahm ursprünglich als Ursache einen aktuellen Konflikt in Form sexueller
Frustration mit Umsetzung verdrängter Libido in einen Angst-Affekt an, z. B. bei Coitus
interruptus oder Aufgabe von Ipsation (Onanie).
Später und bis heute denkt man mehr an Trennungs-Ängste (Verlassen-Werden und
dadurch bedingte Hilflosigkeit) bei Menschen, die in der Biographie Züge von
Trennungs-Empfindlichkeit (angstneurotische Familien-Konstellation) zeigen und stark
von Schutz-Figuren abhängig sind; ähnlich wie bei der Herz-Phobie kann die
Anwesenheit von Schutz-Figuren, z. B. eines Arztes, das Symptom beheben.
Psychodynamische Modelle 2
A
 Angstneurotische Symptome kommen für sich allein oder kombiniert mit anderen
neurotischen Erscheinungen, z. B. auch mit – lokalisierten – Phobien vor.
Übereinstimmung besteht darin, dass Angst-Neurosen wie Phobien Ausdruck ungelöster
Konflikte sind, wobei besonders die unbewusste Angst, Zuwendung zu verlieren,
alleingelassen zu werden, Aggressions-Hemmung und Verkehrung ins Gegenteil eine
Rolle spielen.
 Sigmund Freud kannte das Phänomen Angst in zwei Zusammenhängen:
 als Ausdruck bzw. als Folge eines innerpsychischen Konfliktes, etwa zwischen
einem verbotenen triebhaften Impuls und einem strengen Gewissen. Angst resultiert
hiernach durch die unvollständige Unterdrückung einer Wunschregung, z. B. eines
sexuellen Verlangens und der Angst vor Bestrafung, sie ist Ergebnis eines
Abwehrvorganges.
 als Signal-Angst. In dieser Funktion signalisiert die Angst dem Ich das
Vorhandensein einer inneren Bedrohung, z. B. durch ähnliche Konflikte wie oben
genannt. Sie steht dann am Beginn einer Schutz-Maßnahme durch das Ich und ist
somit Initiator eines Abwehr-Vorganges.
 Nach psychoanalytischem Verständnis handelt es sich bei der Ausbildung einer Phobie
in allererster Linie um eine aktive psychische Leistung und zwar im Besonderen um das
Ergebnis einer intrapsychischen Abwehr: angsterregende Bewusstseinsinhalte werden
verdrängt, wobei an die Stelle der ursprünglichen Inhalte (es kann sich um Vorstellungen
oder Gefühle handeln) belanglose äußere Situationen gesetzt werden.
Psychodynamische Modelle 3
A
 Die Angst wird also an einen anderen „harmlosen“ Ort verschoben, dem der „eigentliche
(verbotene und deshalb angstbesetzte und verdrängte) Inhalt“ nicht mehr angesehen
und zugeordnet werden kann.
Die Verschiebung ist selbst für den Betreffenden selber nicht mehr bewusst, auch er
staunt, wo die Angst herkommt. Es ist zu beachten, dass die Phobie mehr als einfache
Verdrängung ist. Diese würde zu einer akzeptablen Lösung nicht ausreichen.
 Durch die Verdrängung des spezifischen Vorstellungs-Inhaltes erfährt nämlich die vorher
gebundene und gerichtete Furcht eine Regression zu einer ungebundenen
entdifferenzierten diffusen Angst, die wegen des freien Flottierens äußerst schlecht zu
ertragen ist. In einer zweiten Phase muss daher der Hauptabwehr-Mechanismus des
phobischen Modus, nämlich die Verschiebung, zum Einsatz kommen, wodurch
„künstlich“ die Bindung an einen neuen Inhalt erreicht wird.
Eine Form der Angst wird als Abwehr gegen eine andere Angst benutzt.
 Der Vorteil des Verschiebungs-Mechanismus liegt darin, dass aus der ursprünglichen
inneren Gefahr eine äußere konstruiert wird: eine äußere Gefahr hat den „Vorteil“, dass
sie leichter vermieden werden kann als eine innere.
 Wie bei allen neurotischen Lösungs-Versuchen handelt es sich auch bei der Phobie um
einen Kompromiss, der darin besteht, dass auf der einen Seite die verbotenen Wünsche
und Strebungen unbewusst bleiben können und nicht wirksam werden, auf eine
verzerrte Weise, nämlich als phobische Reaktion, aber dennoch partiell ausgelebt
werden können.
(Neuro-) Biologische Modelle 1
 Schilddrüsen-Fehlfunktionen: Sowohl eine Überfunktion (Ursache: meist
Morbus Basedow oder Schilddrüsen-Autonomie) als auch eine Unterfunktion
(Ursache: meist Hashimoto-Thyreoiditis) der Schilddrüse können zu Angst
und Panikattacken führen. Dies kann bei Hashimoto auch im AnfangsStadium vorkommen, wenn die Labor-Werte noch unauffällig sind.
 Das neuroanatomische Modell:
Bei der Angstregulation sind vor allem
 der Hirnstamm (Locus caeruleus, Raphe-Kerne, Nucleus
paragigantocellularis)
→ Regelung des Niveaus des Arousals (der Erregung)
 das sogenannte „limbische System“ aus Amygdala (Angst-Entstehung),
Hippocampus, Nuclei septi und Hypothalamus
→ Induktion und Modifikation von Angst
 der präfrontale Cortex
→ Integration von Informationen aus verschiedenen Hirn-Arealen,
Bewertung, Planung beteiligt.
A
(Neuro-) Biologische Modelle 2
Das Neurotransmitter-/Rezeptor-Modell:
In der Pathophysiologie von Ängsten wird die Rolle verschiedenster NeurotransmitterSysteme (chemische Botenstoff-Systeme) diskutiert. Es handelt sich dabei um
 das GABA-System: Der GABA-Rezeptor ist sehr weit im Gehirn und Rückenmark verbreitet
und der wichtigste inhibitorische (hemmende) Rezeptor im ZNS. Im Thalamus wirkt GABA an
der Einleitung und Aufrechterhaltung des Schlafs. Die inhibitorische Gamma-AminoButtersäure (GABA) ist der am meisten mit Angst-Störungen und deren medikamentöser
Behandlung in Verbindung gebrachte Transmitter. Die Substanz-Gruppe der „Benzodiazepine“
setzt mehrheitlich am sogenannten GABA-A-Rezeptor-Komplex an, bewirkt dort über die
Freisetzung von Chloridionen eine Hyperpolarisation der Rezeptor-Membran, was zu einer
Verstärkung der gaba-ergen Hemmung der Ansprechbarkeit des Rezeptors gegenüber
erregenden Impulsen führt. Dieser indirekte Effekt der Verstärkung einer gaba-ergen
Hemmung durch Benzodiazepine führt klinisch zur Reduktion der Angst-Symptomatik.
 das serotonerge System: Verschiedene Serotonin-Rezeptoren (5-HT1A-Rezeptor sowie 5HT2- und 5-HT1C) des serotonergen Systems sind ebenfalls an der Angst-Modulation
beteiligt. Deshalb wirken folgende Substanzen angstlösend (anxiolytisch)
 Buspiron
 Imipramin, MAO-Hemmer, Trazodon
 SSRI, MAO-Hemmer
 das noradrenerge System ist wesentlich für die körperlichen Begleit-Symptome bei AngstZuständen verantwortlich und wird über postsynaptische ß1-Rezeptoren vermittelt.
 sogenannte exzitatorische (=Rezeptor-anregende) Aminosäuren
 andere Neurotransmitter.
A
Therapie der Angst (TdA)
 Tiefen-Psychologie
 Verhaltens-Therapie
 Medikamente
A
Tiefen-Psychologie
 Psychoanalytische und tiefenpsychologische BehandlungsMethoden basieren auf den theoretischen Grundannahmen der
Psychoanalyse, denen zufolge die Angst-Symptomatik Ausdruck eines
unbewussten Konfliktes mit misslungener Kompromiss-Lösung ist.
 Die Aufdeckung dieses Konfliktes und das „Durcharbeiten“ unter
Reaktivierung der ursprünglichen Affekte soll den Angst-Affekt dann
überflüssig machen und wieder zum Verschwinden bringen.
TdA
Verhaltens-Therapie
TdA
 Bei der Verhaltens-Therapie der Phobien, Angst- und Panik-Störungen geht es v. a.
darum, sich den Ängsten und angstbesetzten Situationen gezielt und in zunehmender
Dosis auszusetzen, bis alle zuvor gemiedenen Situationen wieder in Besitz genommen
und in das normale Leben integriert werden können.
Man bedient sich hierzu der Reiz-Konfrontation, die in zwei Formen ablaufen kann.
 Reiz-Überflutung („flooding“):
Es erfolgt unter paralleler therapeutischer Begleitung eine Konfrontation mit einer
maximal angstauslösenden Situation, die solange ausgehalten werden muss, bis eine
physiologische Gewöhnung eintritt und der Patient lernt, dass die gefürchteten
katastrophalen Folgen ausbleiben.
Auf dieses Verfahren wird im deutschsprachigen Raum inzwischen wegen ethischer
Bedenken weitgehend verzichtet.
 Abgestufte Reiz-Exposition: systematische Desensibilisierung durch stufenweise
gesteigerte Reizexposition, bis alle Hierarchie-Stufen bis zum Maximum durchlaufen
wurden.
 Bei der Kognitiven Therapie, die häufig mit klassischen verhaltenstherapeutischen
Verfahren kombiniert wird, soll der Patient seinen Denk- und Bewertungs-Stil ändern.
Theoretische Grundlage ist die Annahme, dass vor allem eine „Fehlbewertung“ der
angstauslösenden Situation die heftige Angst und Vermeidungs-Reaktion hervorruft und
immer weiter verstärkt.
Dabei kann die Frage nach der Finalität der Angst sehr hilfreich sein:
Was möchte der Patient mit seiner Angst (unbewusst) erreichen.
Medikamente
TdA
 Meist werden zunächst Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) angewandt,
welche die höchste Wirksamkeit bewiesen haben.
Bei Nichtansprechen kann man auch Buspiron, trizyklische Antidepressiva oder
MAO-Hemmer versuchen.
Vielfach werden auch Benzodiazepine verwendet, die anfangs gut wirken, aber zur
Gewöhnung führen können und schon nach wenigen Wochen die Gefahr einer
Abhängigkeit beinhalten.
Generell sind die Erfolgs-Aussichten für eine medikamentöse Behandlung
schlechter als bei Depressionen oder Schizophrenien.
Die Gefahr des Wiederauftretens von Symptomen nach Absetzen der Medikamente
ist hoch.
 Zum Einsatz kommen:








Antidepressiva
SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer)
SNRI (Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer)
trizyklische Antidepressiva, z. B. Imipramin oder Clomipramin
reversibler MAO-Hemmer Moclobemid
irreversibler MAO-Hemmer Phenelzin
Buspiron
kurzzeitig: Benzodiazepine, z. B. Alprazolam, Clonazepam und Lorazepam
 Um das Abhängigkeits-Risiko auf ein Minimum zu reduzieren, sollten
Benzodiazepine nur nach sorgfältiger Prüfung der Indikation verschrieben und über
möglichst kurze Dauer eingenommen werden.
Ob eine Weiterführung der Behandlung notwendig ist, muss regelmäßig überprüft
werden.
Panik-Störung: Kennzeichen (F41.0)
F41
 Wiederkehrende, unerwartete, plötzliche, anfallsweise schwere Angst-Attacken
(Panik), die nach 10 bis 30 Minuten wieder abnehmen
(Sie beschränken sich nicht auf eine spezifische Situation oder besondere Umstände,
treten also in unterschiedlichen Situationen und unter unterschiedlichen Umständen
auf.)
 ausgeprägte körperliche/vegetative Symptome wie








Atem-Not (Erstickungs-Gefühle) und Beklemmungs-Gefühl in der Brust (Brust-Schmerz)
Schwindel als Unsicherheits- und Ohnmachts-Gefühl,
plötzlich auftretendes Herz-Klopfen
Schwitzen (kalter Schweiß),
Zittern,
Magen-Darm-Beschwerden (Brech-Reiz, Übelkeit, Durchfälle, Darm-Krämpfe etc.),
Entfremdungs-Gefühle als Depersonalisation und Derealisation,
Furcht zu sterben (Hirn-Schlag oder Herz-Infarkt), vor Kontroll-Verlust oder die Angst,
wahnsinnig zu werden
 Bei mindestens einer Attacke folgt ein Monat lang mindestens ein Symptom, z. B.
 Besorgnis über weitere Attacken: Person entwickelt Erwartungs-Angst (Angst vor
der Angst), wodurch nächste Attacke gebahnt wird
 Sorgen über Bedeutung der Attacken
 Deutliche Verhaltens-Änderungen infolge der Attacken
 Orte, an denen die Attacke aufgetreten ist, werden gemieden (zusätzlich etwa
Agoraphobie)
Panik-Störung (F41.0)
F41
 Prävalenz:
 Angst- und Panik-Störung circa 2 - 3 %
(inkl. Herz-Phobie – Männer im mittleren Alter)
 Circa 10% einzelne Attacken
 Erstmanifestation oft im 3. Lebens-Jahrzehnt (vor dem 30. Lebens-Jahr)
 Prognose: Nimmt unbehandelt einen chronischen Verlauf
 Die Panik-Störung soll nicht als Hauptdiagnose verwendet werden, wenn der Betroffene
bei Beginn der Panik-Attacken an einer depressiven Störung leidet.
Unter diesen Umständen sind die Panik-Attacken wahrscheinlich sekundäre Folge der
Depression.
 Inkl.: Panik-Attacke, Panik-Zustand
Exkl.: Panik-Störung mit Agoraphobie (F40.01)
 Panik-Störung mit Agoraphobie (F40.01)
 Symptome der Panik-Störung
 Angst an Orten oder in Situationen zu sein,
 von denen eine Flucht schwierig oder peinlich sein könnte oder
 wo im Falle einer Panik-Attacke keine Hilfe verfügbar wäre
 Die Situationen werden
 gemieden oder
 nur mit deutlichem Unbehagen durchgestanden oder
 nur in Begleitung aufgesucht
 Prävalenz: Panik mit Agoraphobie bei Frauen doppelt so häufig wie bei Männern
Generalisierte Angst-Störung (F41.1)
F41
 frei flottierende Angst (generalisiert, nicht auf bestimmte Umgebungs-Bedingungen
beschränkt oder auch nur besonders betont in solchen Situationen)
 Angst ist ständig da und hält über 6 Monate an
 Schwierigkeiten mit der Kontrolle von Sorgen (Man macht sich über alles Mögliche
Sorgen. Häufig wird die Befürchtung geäußert, der Patient selbst oder ein Angehöriger
könnten demnächst erkranken oder einen Unfall haben.)
 auch durchsetzt mit Panikattacken = unerwartet, ohne Zusammenhang zur
angstauslösenden Situation
 Bedeutsame Beeinträchtigung beruflich oder privat
 Mindestens 3 der Symptome:






Konzentrations-Schwierigkeiten
Muskel-Anspannung
Schlaf-Störungen
Ruhelosigkeit
Ermüdbarkeit
Reizbarkeit







ständige Nervosität,
Zittern,
Schwitzen,
Benommenheit,
Herzklopfen,
Schwindelgefühle oder
Oberbauchbeschwerden.
 einhergehend mit starken körperlichen Symptomen, wobei die wesentlichen
Symptome variabel sind. Beschwerden gehören zu diesem Bild wie
 Inkl.: Angst-Neurose, Angst-Reaktion, Angst-Zustand
 Prävalenz: 8,5 %
Zwangs-Störungen (F42)
 Allgemein
 Vorwiegend Zwangs-Gedanken (F42.0)
 Vorwiegend Zwangs-Handlungen (F42.1)
 Differentialdiagnose
 Komorbiditäten
 Zwänge als Symptom anderer Erkrankungen
 Zwangs-Ursachen
 Verhaltenstherapeutische Modelle 1
 Verhaltenstherapeutische Modelle 2
 Tiefenpsychologische Modelle
 Biologische Modelle 1
 Biologische Modelle 2
 Verhaltens-Therapie
 Psychopharmakotherapie
 Kombinations-Therapie
 Unterstützende Maßnahmen
AZ
Allgemein
F42
 Wesentliche Kennzeichen sind wiederkehrende Zwangs-Gedanken und ZwangsHandlungen.
Prävalenz: 2%
 Zwangs-Gedanken sind Ideen, Vorstellungen oder Impulse, die den Patienten
immer wieder stereotyp beschäftigen. Sie sind fast immer quälend, der Patient
versucht häufig erfolglos, Widerstand zu leisten. Die Gedanken werden als zur
eigenen Person gehörig erlebt, selbst wenn sie als unwillkürlich und häufig
abstoßend empfunden werden.
Sie werden von den Betroffenen meist als sinnlos erlebt.
 Zwangs-Handlungen oder Zwangs-Rituale sind Stereotypien, die ständig wiederholt
werden. Sie werden weder als angenehm empfunden, noch dienen sie dazu, an sich
nützliche Aufgaben zu erfüllen. Der Patient erlebt sie oft als Vorbeugung gegen ein
objektiv unwahrscheinliches Ereignis, das ihm Schaden bringen oder bei dem er
selbst Unheil anrichten könnte. Beim Versuch, Zwangs-Handlungen zu unterlassen,
treten innere Anspannung und Angst auf. Im Allgemeinen wird dieses Verhalten als
sinnlos und ineffektiv erlebt, es wird immer wieder versucht, dagegen anzugehen.
Angst ist meist ständig vorhanden. Werden Zwangs-Handlungen unterdrückt,
verstärkt sich die Angst deutlich. Zwangs-Handlungen können im Zusammenhang mit
postpartalen Depressionen und /oder postpartalen Psychosen auftreten.
 Inkl.: Anankastische Neurose, Zwangs-Neurose
Exkl.: Zwangs-Persönlichkeit(sstörung) (F60.5)
Vorwiegend Zwangs-Gedanken (F42.0)
F42
 Definition: Diese können die Form von zwanghaften Ideen, bildhaften Vorstellungen
oder Zwangs-Impulsen annehmen, die fast immer für die betreffende Person quälend
sind. Manchmal sind diese Ideen eine endlose Überlegung unwägbarer Alternativen,
häufig verbunden mit der Unfähigkeit, einfache, aber notwendige Entscheidungen des
täglichen Lebens zu treffen.
 Die Beziehung zwischen Grübel-Zwängen und Depression ist besonders eng.
 Eine Zwangs-Störung ist nur dann zu diagnostizieren, wenn der Grübel-Zwang nicht
während einer depressiven Episode auftritt und anhält.
 Zwangs-Gedanken: In einer Untersuchung wurden die Themen der Zwangs-Gedanken
von Betroffenen erfragt. Am häufigsten wurden dabei genannt:
 Schmutz oder Verseuchung (menschliche o. a. Exkremente, Schmutz, Staub,
Samen, Menstruations-Blut, Keime, Infektionen)
 Gewalt und Aggression (körperlicher oder verbaler Angriff auf sich selbst oder
andere Personen; Unfälle, Missgeschick, Krieg, Katastrophen, Tod)
 Ordnung (Ordentlichkeit, Symmetrie-Bestrebungen in der Ausrichtung von
Gegenständen usw.)
 Religion (Existenz Gottes, religiöse Praktiken und Rituale, Glaubens-Sätze,
moralische Einstellungen) oder Magie
 Sexualität (sexuelle Handlungen an sich oder anderen, inzestuöse Impulse,
sexuelle Leistungs-Fähigkeit)
Vorwiegend Zwangs-Handlungen (F42.1)
F42
Definition: Die meisten Zwangshandlungen (Zwangs-Rituale) beziehen sich auf Reinlichkeit
(besonders Hände-Waschen), wiederholte Kontrollen, die garantieren, dass sich eine
möglicherweise gefährliche Situation nicht entwickeln kann, auf Themen wie Schmutz und
Ordnung wie Waschzwang, Kontrollzwang, Zählzwang und Putzzwang und andere Formen
übertriebener Ordnung und Sauberkeit.
Diesem Verhalten liegt die Furcht vor einer Gefahr zugrunde, die den Patienten bedroht
oder von ihm ausgeht; das Ritual ist ein wirkungsloser oder symbolischer Versuch, diese
Gefahr abzuwenden.
Zwangs-Impulse selbst- und fremdschädigender Art werden durch Rituale
reguliert/unterdrückt.
 Ein Zwangs-Neurotiker hat pathologische Schuld-Gefühle.
Nach Freud Ursprung in der analen Phase (oral, anal, phallisch-ödipal, latenz, genital)
 Auftreten in der Adoleszenz – 90 % vor dem 40-sten Lebensjahr
 Impulse, Gedanken, Handlungen drängen sich auf – charakteristischerweise von
Patienten als unsinnig apostrophiert
 Die Zeangs-Handlung wird als unangenehm erlebt
 Mindestens zwei Wochen anhaltende Störung (an den meisten Tagen)
 Bei Unterlassen/Nichtausführung unerträgliche, starke Ängste.
 Angst muss in ein Ritual gepackt werden
Differentialdiagnose
F42
 Gelegentliche Panik-Attacken oder leichte phobische Symptome sind mit der Diagnose
vereinbar. Obwohl bei den Zwangs-Störungen auch Ängste eine Rolle spielen, zählen sie nicht
zu den Angst-Störungen im engeren Sinne.
 Abgrenzung zur Schizophrenie: Patienten mit Zwängen haben kein erhöhtes Risiko
gegenüber der Allgemein-Bevölkerung, an einer Schizophrenie zu erkranken. Allerdings treten
Zwänge auch im Rahmen von Schizophrenien auf. Bei Patienten, die an einer Schizophrenie
leiden, scheint das Vorliegen von Zwangs-Symptomen die Prognose hinsichtlich LebensQualität und Arbeits-Fähigkeit zu verschlechtern.
 Abgrenzung zur zwanghaften Persönlichkeits-Störung: Es besteht kein nachweisbarer
Zusammenhang zwischen einer symptomatischen Zwangs-Störung und einer zwanghaften
Persönlichkeits-Störung. Während die Zwanghaftigkeit im Rahmen der zwanghaften/
anankastischen Persönlichkeits-Störung vom Betroffenen als „ich-synton“, also als mit seiner
Person vereinbar empfunden wird, wird die symptomatische Zwangs-Störung vom Betroffenen
als „ich-dyston“, also als ich-fremd und der Person nicht zugehörig empfunden.
 Zwangs-Symptome bei einer Tic-Störung (F95), beim Gilles-de-la-Tourette-Syndrom
(F95.2)und bei organischen psychischen Störungen (F06) werden nicht als Zwangs-Störung
diagnostiziert, sondern als Teil der entsprechenden Störungs-Bilder betrachtet.
Ebenso führen Tic-Symptome im Rahmen einer Zwangs-Störung nicht zwangsläufig zu einer
Diagnose des Tourette-Syndroms, da auch im Rahmen einer Zwangs-Störung Tic-Symptome
auftreten können.
 Des Weiteren sind Stereotypien bei Autismus (F84.0) zu unterscheiden.
 Reine Zwangs-Gedanken können auch in Zusammenhang mit postpartalen Depressionen
(F53) und/oder postpartalen Psychosen auftreten. In der Regel fürchtet die Mutter, sie könne
das Neugeborene schädigen.
Komorbiditäten
F42
 Wie auch bei anderen Angst-Störungen ist bei der Zwangs-Störung zu beobachten, dass sie
häufig gemeinsam mit anderen affektiven Störungen und Angst-Störungen auftritt.
Die Zwangs-Störung tritt am häufigsten in Kombination mit Depression (F32), Panik-Störung
(F41.0) und sozialer Phobie (F40.1) auf. Rund 80 Prozent der Betroffenen weisen
depressive Symptome auf, die aber nicht immer die Diagnose „Depressionen“ rechtfertigen.
Ein gutes Drittel leidet mindestens einmal im Leben an einer Depression. Bei 12 % der
Kranken tritt die körperdysmorphe Störung auf.
 Bei 50 Prozent der Betroffenen liegt gleichzeitig eine Persönlichkeits-Störung vor.
Die unter den Erkrankten am häufigsten auftretenden Persönlichkeits-Störungen sind die
abhängige (asthenische) (F60.7) und die selbstunsicher-vermeidende (F60.6).
Eine komorbide zwanghafte Persönlichkeits-Störung liegt dagegen deutlich seltener vor.
Generell weisen Zwangs-Kranke häufig problematische Interaktions-Muster bzw.
Persönlichkeits-Züge auf.
 Tic-Symptome (F95) treten auch im Rahmen von Zwangs-Störungen bisweilen auf.
Diese können je nach Art und Ausprägung der Zwangs-Störung selber zugeordnet oder als
separate Tic-Störung bzw. als Tourette-Syndrom (F95.2) diagnostiziert werden.
 Vor allem im angelsächsischen Wissenschafts-Betrieb wird zudem seit einigen Jahren das
Konzept des „Zwangs-Spektrums“ diskutiert.
Dabei wird postuliert, dass gewisse Erkrankungen, die sowohl in der DSM-IV als auch in der
ICD-10 zumeist anderen Kategorien zugeordnet werden, aufgrund ihrer Charakteristika auch
als Ausprägungen eines Spektrums von zwangsähnlichen Erkrankungen angesehen werden
können. Hierzu zählen insbesondere: bestimmte Formen der Hypochondrie mit
körperdysmorpher Störung (F45.2), Anorexia nervosa (F50.0), Depersonalisations-Störung
(F48.1), Tourette-Syndrom (F95.2), Trichotillomanie (F63.3), Hoarding (Tierhortung, MessieSyndrom) und pathologisches Spielen (F63.0).
Zwänge als Symptom anderer Erkrankungen
 Das Vorhandensein von Zwangs-Symptomen muss nicht gleich das
Vorhandensein einer Zwangs-Störung bedeuten.
Zwangs-Gedanken und Zwangs-Handlungen können unabhängig
von der klassischen Zwangs-Störung auch als Symptome im
Rahmen anderer neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen
vorkommen.
 In der englischsprachigen Wissenschafts-Literatur ist in diesem Fall
von „Obsessive Compulsive Symptoms“ bzw. „OCS“ die Rede.
Unter anderem ist dies der Fall im Rahmen
 des Tourette-Syndroms (F95.2),
 des Autismus (F84.0),
 bei Hirnschäden,
 bei Schizophrenie (F20) sowie
 bei neuropsychiatrischen Symptomen wie PANS/PANDAS
(Streptokokken-Infektion).
In der Regel sprechen die Zwangs-Symptome in diesen Fällen auf
eine Behandlung der verursachenden Grunderkrankung an.
F42
Zwangs-Ursachen
Hirn-StoffwechselStörung
ZwangsStörung
genetische
Veranlagung
F42
 Bis in die 1960-er Jahre beherrschten
psychoanalytische Erklärungs-Modelle das Bild der
Zwangs-Störung.
Nach der Entwicklung verhaltenstherapeutischer
Entstehungs-Theorien in der zweiten Hälfte des
zurückliegenden Jahrhunderts stehen, einhergehend
mit der medizintechnischen Entwicklung, in den letzten
Jahren v. a. die genetischen und neurophysiologischen
Zusammenhänge (Physiologische Grundlagen der
Zwangsstörung) im Fokus der Forschung.
 Der aktuelle Forschungs-Stand legt nahe, dass ein
individuell unterschiedliches Zusammenwirken aus
psychische
genetischer Veranlagung, Hirn-Stoffwechsel-Störung
Ursachen
und psychischen Ursachen (z. B. biographische
Faktoren oder Stress) der Grund für die Entwicklung
einer Zwangs-Erkrankung ist.
Eine einzige isolierte Ursache kennt man bis heute
nicht.
Verhaltenstherapeutische Modelle 1
F42
 In der Verhaltens-Therapie erklärt man die Entstehung von Zwangs-Symptomen über
das lerntheoretische Modell und die Begriffe des klassischen und operanten
Konditionierens.
 Ein ursprünglich neutraler Reiz, z. B. Schmutz, wird durch Kopplung an einen
angstbesetzten Stimulus zu einem stellvertretenden Auslöser für die Empfindung von
Angst oder Abneigung.
 Als Folge treten Zwangs-Handlungen (oder auch Zwangs-Gedanken) auf, um die
Angst zu reduzieren/neutralisieren.
 Durch die damit verbundene negative Verstärkung werden aber gerade diese
Zwangs-Handlungen operant konditioniert, d. h. sie werden verstärkt.
 Dieser Erklärungs-Ansatz entspricht der sog. Two-Factory-Theorie von Mowrer und
erklärt auf lerntheoretischer Basis die Entstehung und Aufrechterhaltung von
Zwängen und Ängsten.
Verhaltenstherapeutische Modelle 2
F42
 Eine kognitiv-verhaltenstherapeutische Theorie geht davon aus, dass ZwangsStörungen durch die negative Bewertung von sich aufdrängenden Gedanken, die auch
bei gesunden Menschen von Zeit zu Zeit auftreten, und deren (anschließende)
Vermeidung entstehen. Die Vermeidung der auftretenden Gedanken kann kognitiv oder
auf Verhaltens-Ebene geschehen: Entweder wird versucht, die Gedanken zu
unterdrücken oder sie durch Handlungen zu „neutralisieren“ (bspw. bei Angst vor
Kontaminationen durch Hände-Waschen). Beide Vermeidungs-Reaktionen führen
jedoch nicht zu den erwünschten Effekten: Die Neutralisierungs-Handlung führt nur
kurzfristig zu einer Erleichterung, da sich die Gedanken, die das Verhalten ausgelöst
haben, weiterhin aufdrängen. Jedoch hat die Person gelernt, dass sie sich durch die
Handlung, wenn auch nur kurzfristig, Erleichterung verschaffen kann. Das Verhalten wird
somit negativ verstärkt. Gedankliches Unterdrücken hat andererseits einen paradoxen
Effekt: Durch aktives Unterdrücken verstärken sich Gedanken noch („rebound effect“).
 Die kognitionspsychologische Forschung identifizierte mehrere Faktoren, warum
„normale“ Gedanken von Menschen mit Zwangs-Störungen als so störend empfunden
werden:
 Depressive Stimmung: Stärkere depressive Stimmung bei diesen Menschen führt zu einer
Erhöhung in der Anzahl und Stärke von unerwünschten Gedanken.
 Strenger Verhaltens-Kodex: Außerordentlich hohe Moral-Maßstäbe tragen dazu bei, dass
insbesondere sexuelle und aggressive Gedanken viel weniger akzeptiert werden können.
 Dysfunktionale Überzeugungen von Verantwortlichkeit und Schaden: Menschen mit
Zwangs-Störungen glauben, dass ihre störenden negativen – vollkommen normalen –
Gedanken sie selbst oder andere schädigen könnten.
 Dysfunktionale Überzeugungen und Gedanken-Muster: Menschen mit Zwangs-Störungen
haben fehlangepasste Vorstellungen darüber, wie das menschliche Denken funktioniert, da sie
annehmen, sie könnten unangenehme Gedanken kontrollieren.
Tiefenpsychologische Modelle
F42
 Psychoanalytiker gehen davon aus, dass sich Zwangs-Störungen dann entwickeln, wenn
Kinder ihre eigenen Es-Impulse zu fürchten beginnen und Abwehr-Mechanismen einsetzen,
um die resultierende Angst zu verringern. Der Kampf zwischen Es-Impulsen und Angst wird
auf bewusster Ebene ausgetragen. Die Es-Impulse erscheinen gewöhnlich als ZwangsGedanken, die Abwehr-Mechanismen als Gegengedanken oder Zwangs-Handlungen.
 Freud postulierte, dass manche Kinder in der sogenannten analen Phase (mit etwa zwei
Jahren) intensive Wut und Scham empfinden. Diese Gefühle heizen den Kampf zwischen Es
und Ich an und stellen die Weichen für Zwangs-Störungen. In diesem Lebens-Abschnitt ist
Freud zufolge die psychosexuelle Lust der Kinder an die Ausscheidungs-Funktion gebunden,
während zugleich die Eltern mit der Sauberkeits-Erziehung beginnen und von den Kindern
analen Befriedigungs-Aufschub fordern. Wenn die Sauberkeits-Erziehung zu früh einsetzt
oder zu streng ist, kann dies bei den Kindern Wut auslösen und zur Entwicklung aggressiver
Es-Impulse führen – antisozialer Impulse, die immer wieder nach Ausdruck drängen. Die
Kinder beschmutzen vielleicht ihre Kleidung erst recht und werden allgemein destruktiver,
schlampig oder dickköpfig. Wenn die Eltern diese Aggressivität unterdrücken, kann das Kind
auch Scham- und Schuld-Gefühle sowie das Gefühl, schmutzig zu sein, entwickeln. Gegen
die aggressiven Impulse des Kindes stellt sich jetzt ein starker Wunsch, diese Impulse zu
beherrschen. Dieser heftige Konflikt zwischen Es und Ich kann sich das ganze Leben lang
fortsetzen und sich schließlich zu einer Zwangs-Störung auswachsen.
 Zahlreiche Ich-Psychologen wandten sich von Freud ab und führten die aggressiven Impulse
nicht auf die strenge Sauberkeits-Erziehung zurück, sondern auf ein unbefriedigtes Verlangen
nach Ausdruck des eigenen Selbst oder auf Versuche, Gefühle wie Angst vor Verwundbarkeit
oder Unsicherheit zu überwinden. Sie stimmen mit Freud aber darin überein, dass Menschen
mit einer Zwangs-Störung starke aggressive Impulse sowie ein konkurrierendes KontrollBedürfnis gegenüber diesen Impulsen besitzen.
Biologische Modelle 1
F42
 Serotonin-Hypothese: Verschiedene neurochemische Untersuchungen sowie die
guten Erfolge mit serotonergen Medikamenten verweisen auf einen Zusammenhang
zwischen dem Serotonin-Stoffwechsel im Hirn und dem Auftreten von ZwangsStörungen. Offenbar handelt es sich allerdings um ein zwar therapeutischmedikamentös zugängliches, aber um ein Begleitphänomen einer primären Störung
des orbitofronto/zingulostriatalen Projektionssystems, weshalb die Medikamentengabe nicht wirklich heilend ist. Stattdessen kommt es nach Absetzen der
Medikation zu einem Rückfall in die Symptomatik.
 Dopamin-Hypothese: Vor allem bei den Zwangsstörungen der an Tic-Syndromen
oder am Gilles-de-la-Tourette-Syndrom erkrankten Patienten spielt wahrscheinlich
auch das Dopamin bzw. das dopaminerge Transmitter-System eine bedeutsame
Rolle. Es gibt Hinweise, dass die Transmitter-Störungen nicht Ursache der ZwangsErkrankung sind, sondern Begleit-Erscheinung von primären Störungen im
orbitofronto/zingulostriatalen Projektions-System, das das Verhalten an eine sich
verändernde äußere Umwelt und innere emotionale Zustände anpasst und auf die
monoaminergen Kerne des Mittel-Hirns zurückwirft.
 Basalganglien-Hypothese: Es liegen Funktions-Störungen in bestimmten HirnRegionen vor, nämlich im Cortex orbitofrontalis und im Nucleus caudatus (Teil der
Basalganglien).
Diese Befunde werden von der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) gestützt.
In positronen-emissions-computertomographischen Studien fand sich sowohl im
Bereich des Cortex orbitofrontalis, der beiden Nuclei caudati sowie des Gyrus cinguli
ein erhöhter Glucose-Umsatz („erhöhte Glucose-Utilisation“). Gleichzeitig war in
diesen Hirn-Arealen die Durchblutung reduziert.
Biologische Modelle 2
F42
 Immunologische Erklärungs-Ansätze: Eine weitere Entdeckung der vergangenen
Jahrzehnte war die Auslösung von Zwangssymptomen durch infektiöse bzw.
immunologische Faktoren wie Streptokokken-Infektionen im Kindesalter (PANDASyndrom) bzw. durch andere Erreger (PANS/PITAND Syndrom).
In eine neue Richtung weisen Forschungen, die die Frage aufwerfen, ob auch Tic- und
Zwangs-Störungen des Erwachsenen-Alters durch Reaktionen auf körpereigene
Antikörper ausgelöst werden können. Langzeit-Untersuchungen wiesen eine anhaltende
und langfristige Besserung des klinischen Bildes durch die antibiotische Prophylaxe und
durch die Prävention von Streptokokken-Infektionen nach. Gegenwärtig gibt es jedoch
noch keine Empfehlung zur immunmodulatorischen Therapie bei Zwangs-Erkrankungen.
In einer Untersuchung fand sich bei Patienten mit Zwangs-Störung, vergleichbar zur
Chorea Sydenham, eine erhöhte Inzidenz von Anti-Basalganglien-Antikörpern.
Dies spricht für die Hypothese der Zwangs-Spektrums-Erkrankungen als Folge einer
autoimmunen Erkrankung, zumindest bei einer Subgruppe von Patienten.
 Genetische Faktoren: Zahlreiche Studien konnten inzwischen zeigen, dass die
Zwangs-Störung moderat erblich ist bzw. dass bestimmte genetische Konstellationen die
Entstehung der Erkrankung wahrscheinlicher machen.
Dies erklärt auch ein bisweilen zu beobachtendes familiär gehäuftes Auftreten von
Erkrankungen aus dem Zwangs-Spektrum.
Allerdings konnten die relevanten Gen-Abschnitte bisher nicht zweifelsfrei identifiziert
werden.
Verhaltens-Therapie
F42
Mit der Verhaltens-Therapie steht ein effektives Vorgehen zur Verfügung.
Eine frühe Behandlung sollte nicht verzögert werden, weil eine Behandlung zu Beginn der
Störung erfolgversprechender ist. Für Verhaltens-Therapie (VT), Kognitive Therapie (KT)
und Kognitive Verhaltens-Therapie (KVT) haben sich weder in der Wirksamkeit noch in der
praktischen Durchführung Unterschiede ergeben.
 Konfrontation und Reaktions-Verhinderung: Bei dieser inzwischen gut erforschten
Methode werden Patienten wiederholt mit Gegenständen oder Situationen konfrontiert,
die normalerweise Angst, zwanghafte Befürchtungen und Zwangs-Handlungen
auslösten. Dabei sollen die Zwangs-Patienten jedoch keine der Zwangs-Handlungen
ausführen.
Weil dies den Klienten sehr schwer fällt, führt der Therapeut das Verhalten ggf.
anfangs modellhaft vor (Modell-Lernen). Konfrontation und Reaktions-Verhinderung
wird sowohl in Einzel- als auch in Gruppen-Therapie durchgeführt.
 Habituations-Training: Diese Technik wird bei isolierten Zwangs-Gedanken
eingesetzt. Die Klienten erhalten die Anweisung, sich den Zwangs-Gedanken oder die
Zwangs-Vorstellung ins Bewusstsein zu rufen und eine längere Zeit gegenwärtig zu
halten. Bei einer anderen Form konfrontieren sich die Patienten mit den belastenden
Zwangs-Gedanken durch das Anhören entsprechender sich wiederholender SprachAufnahmen.
 Assoziations-Spaltung ist ein derzeit in der Entwicklung befindliches Modell für
Betroffene, die unter Zwangs-Gedanken leiden, welche sie in Worte fassen können.
Die Methode baut parallel zu den negativen, quälenden Assoziationen neue neutrale
oder positive Verknüpfungen auf. Dadurch werden auf physiologischer Ebene
alternative neuronale Bahnungen (Assoziationen) belebt. Die Methode ist als
Selbsthilfe-Technik anwendbar.
Psychopharmakotherapie
F42
Zur Behandlung der Zwangs-Störung kommen primär Arznei-Stoffe aus dem Bereich der
Psychopharmaka zum Einsatz. Häufig werden mehrere Medikamente kombiniert und es
kann einige Zeit in Anspruch nehmen, bis ein Patient wirksam eingestellt ist.
 Antidepressiva: Als wirksam zur Behandlung der Zwangsstörung haben sich in
mehreren kontrollierten Studien diejenigen Antidepressiva erwiesen, die überwiegend
oder selektiv eine Hemmung der Wiederaufnahme des Botenstoffs Serotonin bewirken.
Für die medikamentöse Therapie der Zwangs-Störung gelten einige Besonderheiten:




Es sind meist höhere Dosen als in der Behandlung einer Depression notwendig;
ein Therapieerfolg stellt sich oft erst nach einer Latenz-Zeit von zwei bis drei Monaten ein.
Meist werden nur Besserungen um 40-50 % erreicht;
es ist eine längerfristige medikamentöse Erhaltungstherapie (mindestens 12-24 Monate)
erforderlich.
 Bei alleiniger medikamentöser Therapie ist nach dem Absetzen des Antidepressivums
in etwa 90 % der Fälle mit einem Rückfall zu rechnen.
Absetzen der Medikamente sollte daher langsam ausschleichend und möglichst nur
nach einer parallel durchgeführten Verhaltens-Therapie erfolgen.
Eine alleinige medikamentöse Therapie ist indiziert, wenn eine geeignete VerhaltensTherapie nicht zur Verfügung steht bzw. eine lange Warte-Zeit erfordert oder wenn eine
Motivation für eine Verhaltens-Therapie nicht vorhanden ist.
 Neuroleptika: Bei ausbleibendem oder unzureichendem Ansprechen auf SSRI und
Clomipramin und insbesondere bei gleichzeitigem Vorliegen von Tic-Störungen, kann
als Ergänzung eine zusätzliche Therapie mit den Antipsychotika versucht werden.
Bei der Behandlung mit Neuroleptika können Nebenwirkungen auftreten.
Kombinations-Therapie
F42
 Die aktuelle deutsche Leitlinie zur Zwangs-Störung empfiehlt Patienten mit einer
Zwangs-Störung eine störungsspezifische Kognitive Verhaltens-Therapie (KVT)
einschließlich Exposition und Reaktions-Management als Psychotherapie der ersten
Wahl anzubieten und dass eine medikamentöse Therapie einer Zwangs-Störung mit
Verhaltens-Therapie kombiniert werden soll.
 Eine Monotherapie mit Medikamenten (ausschließlich Medikamente ohne begleitende
Psychotherapie) sei nur indiziert, wenn




Kognitive Verhaltens-Therapie (KVT) abgelehnt wird oder
wegen der Schwere der Symptomatik keine KVT durchgeführt werden kann.
KVT wegen langer Warte-Zeiten oder mangelnder Ressourcen nicht zur Verfügung steht oder
damit die Bereitschaft des Patienten, sich auf weitere Therapie-Maßnahmen (KVT) einzulassen,
erhöht werden kann.
 Der Hauptnachteil einer rein medikamentösen Behandlung von Zwangs-Störungen ist,
dass die Rückfall-Raten nach dem Absetzen der Medikamente sehr hoch sind und bis
zu 90 Prozent betragen können.
Allerdings weisen auch ca. 20% der Patienten nach Verhaltens-Therapien Rückfälle auf.
 Bei optimaler Therapie ist eine Besserung der Beschwerden und des Verlaufs in den
meisten Fällen zu erwarten.
 Eine vollständige Heilung ist nur in Ausnahme-Fällen zu erreichen, eine Remission ist
jedoch bei konsequenter Behandlung möglich. Besonders bei abruptem Absetzen der
Medikation und ungenügender Begleitung ist eine Verschlechterung der Symptomatik
wahrscheinlich.
Unterstützende Maßnahmen
F42
Neben der direkten Behandlung einer Zwangs-Störung kann es sich als hilfreich erweisen,
wenn begleitende Hilfsmaßnahmen z. B. das nähere soziale Umfeld einbinden.
Dies kann durch eine Familien-Therapie, Ehe-Beratung oder Maßnahmen der sozialen
Arbeit geschehen.
Von besonderer Bedeutung sind zudem folgende Interventionen:
 Psychoedukation: Darunter versteht man die Schulung und Unterweisung von
Erkrankten und/oder ihren Angehörigen bzw. Bezugspersonen, um besser mit den
Konsequenzen einer Zwangserkrankung umgehen zu können. Das Verständnis für die
Ursachen und Auswirkungen der Krankheit kann sich auf die Behandlung des
Erkrankten ebenso positiv auswirken wie auf seine sozialen Beziehungen.
Auch der im Falle einer Zwangs-Erkrankung bestehenden Gefahr einer sozialen
Stigmatisierung kann mit psychoedukativen Verfahren begegnet werden.
 Selbst-Hilfe: Angesichts der großen Behandlungs-Lücke bei Zwang gewinnt die
effektive Selbst-Hilfe zunehmend an Bedeutung: nur 40 % bis 60 % der Betroffenen
suchen therapeutische Hilfe auf. Die wenigen bisher durchgeführten Effektivitäts-Studien
sprechen für den Nutzen von Selbsthilfe bei Zwang. In allen bisherigen Studien zu
Selbsthilfe bei Zwang war jedoch wenigstens ein marginaler direkter TherapeutenKontakt vorgesehen, was die Übertragbarkeit der erzielten Ergebnisse auf reine SelbstAnwendung einschränkt. Im deutschen Sprach-Raum liegen eine Reihe von SelbstHilfe-Büchern vor.
Menschen mit Anpassungs-,
Belastungs- und dissoziativen
Störungen (F43 und F44)














Frühe Weichen-Stellungen
Störungen und Traumata in der frühen Kindheit
Disstress und Psychotraumata
Schwere Belastungen oder besondere Veränderungen
Akute Krisen- oder Belastungs-Situationen 1 (F43.0)
Akute Krisen- oder Belastungs-Situationen 2 (F43.0)
Posttraumatische Belastungs-Störung 1 (F43.1)
Posttraumatische Belastungs-Störung 2 (F43.1)
Posttraumatische Belastungs-Störung 3 (F43.1)
Anpassungs-Störung 1 (F43.2)
Anpassungs-Störung 2 (F43.2)
Dissoziative Störungen (F44)
Trauma-Induktion durch Mind-Mapping
Begleitung bei Disstress und Psychotraumata
Frühe Weichen-Stellungen (WS)












Kreis der Entdeckung und Sicherheit
Leben, Stoff-Wechsel, Bindung und Autonomie
Bindungs-Autonomie-System
Intelligenz der Zellen
Ungeborene Menschen
Programmierung als Grundlage für Bindung 1
Programmierung als Grundlage für Bindung 2
Urangst
Imprints, Gehirn-Aktivitäten und Neurozeption
Beteiligte Hirn-Systeme
Prozess der Entwicklungs-Begleitung 1
Prozess der Entwicklungs-Begleitung 2
F43
Kreis der Entdeckung und Sicherheit
Eltern:
sichere Basis
Durchgehend
(in der ersten
Phase meines
Lebens):
Sei größer,
stärker, klüger,
geduldig,
liebenswürdig!
Wenn möglich:
Folge meinen
Absichten.
Wenn nötig:
Führe mich!
Lass mich losziehen
auf EntdeckungsReise, aber ich
brauche dich, damit
du mir beim
Erforschen hilfst.
Halte mich!
Beschütze mich!
Tröste mich!
Ordne meine
Bedürfnisse und
Gefühle!
Eltern:
sicherer Hafen
Pass auf mich auf.
Hilf mir, unterstütze
mich, aber nicht zu früh.
Freu dich mit mir, wenn
ich was ausprobiere,
entdecke und mir was
gelingt.
Genug entdeckt für jetzt.
Ich brauche dich, damit
du mich willkommen
heißt, wenn ich zu dir
zurück komme.
WS
Leben, Stoff-Wechsel, Bindung und Autonomie
WS
 Lebewesen sind sich selbst herstellende und erhaltende (autopoietische) Systeme.
Selbst-Herstellung und Selbst-Erhaltung sind Basis-Eigenschaften von Lebewesen.
 Selbst-Herstellung bedeutet das Auftreten eines bestimmten Ordnungs-Zustandes, der
über die internen und externen Wechsel-Wirkungen der Komponenten eines Systems
erreicht wird und nicht wesentlich extern vorgegeben wird.
Leben ist ein dynamischer ordnungsbildender Prozess.
Dieser existiert, während er sich ändert, wobei die Änderungen mit dem
Weiterexistieren kompatibel (zusammenpassend, verträglich) sein müssen.
 Leben ist notwendig an Stoff-Wechsel gebunden:
1. an Energie-Stoff-Wechsel, also an Gewinnung von Energie für energieverbrauchende Prozesse
2. an Bau-Stoff-Wechsel, also an Gewinnung von Materialien zum Aufbau und Wachstum von
Strukturen.
 Lebewesen sorgen aktiv für die Aufrechterhaltung ihres Ordnungs-Zustandes, indem
sie zwecks Energie- und Stoff-Zufuhr mit der Umwelt in einer selektiven Interaktion, in
einem auswählenden Austausch wechselwirken. Dazu müssen die Membranen des
Lebewesens selektiv sein, d. h. sie dürfen nur bestimmte Stoffe hereinlassen und
müssen schädigende Stoffe aussperren.
Diese selektierenden Membranen sind das eigentliche Gehirn der Zelle und das
Fundament allen intelligenten Lebens.
 Wie Leben im biologischen Sinne an Stoff-Wechsel gebunden ist, so ist Leben im
psychischen Sinne an ein Bindungs-Autonomie-System gebunden.
Neben dem Stoff-Wechsel-System existiert also ein Bindungs-Autonomie-System als
ein evolutionär entwickeltes System, das ebenfalls zu dieser Selbst-Herstellung und
Selbst-Erhaltung beiträgt.
Intelligenz der Zellen
Disstress
Traumata
Imprints
psychobiologische
Muster
BindungsAutonomieMuster
WS
 Es gibt Hunderte von komplexen Wegen für den Austausch von
Informationen zwischen der Zelle und ihrer Umgebung.
IPMs (integral membrane proteins) spielen eine wichtige Rolle in der
Signal-Übermittlung, also bei der Verknüpfung von Signal-Aufnahme aus
der Umgebung durch die Membran und der Aktivierung von ZellVerhalten.
Damit sind diese Proteine die grundlegenden Bausteine der zellulären
Intelligenz.
 Wenn die Selbst-Erhaltung gefährdet ist, können Zellen
lebensbedrohende Informationen über ihre Membranen verarbeiten und in
defensives Verhalten übersetzen. Zellen können




sich öffnen oder schließen,
etwas in sich aufnehmen oder sich von etwas abgrenzen,
expandieren oder sich kontrahieren,
sich zuwenden, abwenden oder totstellen.
 Erfahrungen menschlicher Zellen während der Empfängnis (Konzeption),
der Reise durch den Ei-Leiter und der Einnistung (Implantation) führen
entsprechend der Gefährdungs-Lage zu zellulären Verhaltens-Mustern in
den verschiedenen Stadien der embryonalen Entwicklung (Zygote,
Blastocyste, Embryo).
 Bei Stress und Trauma können Zellen sich schließen, sich abgrenzen vor
toxischen Informationen, sich zusammenziehen, sich von der Gefahr
abwenden.
 Diese embryonalen Imprints (Einprägungen) führen zu
psychobiologischen Mustern, die die Vorläufer von Bindungs-AutonomieMustern sind.
Bindungs-Autonomie-System
BezugsPersonen
Feinfühligkeit
Temperament
BeschwichtigungsStrategien
Kind
Temperament
Resonanz
SelbstWirksamkeitsErfahrung
WS
 Das Betreuungs-Verhalten der Eltern steht in Wechselwirkung,
interagiert also in komplexer Weise mit den früh festzustellenden
Eigenschaften des jeweiligen Kindes.
 Das Bindungs-Autonomie-System entsteht im Wesentlichen bis zum
Ende des ersten Lebens-Jahres aus einem Wechsel-Spiel von
Verantwortlichkeit und Feinfühligkeit der bedeutenden (primären)
Bezugs-Personen im Hinblick auf Bedürfnisse, Gefühle und
Temperament*-Eigenschaften des Kindes im Verhältnis zu den
Bedürfnissen, Gefühlen und Temperament-Eigenschaften der
jeweiligen Bezugs-Person.
 Temperament-Eigenschaften können zu psychischen Störungen
führen, wenn es zwischen dem Temperament des Kindes und dem
seiner Eltern nicht zu einer Passung kommt.
 Die Art, wie die Eltern auf die vom Temperament beeinflussten
Bedürfnisse und Gefühle des Kleinkindes reagieren, ist ein
entscheidender Faktor in der psychischen Entwicklung des Babys.
 Kinder bilden ein inneres Arbeits-Modell von Bindung, das Wissen und
Vorstellungen über Bindung, über Bezugs-Personen und ihre
Verfügbarkeit und über die eigene Person einschließt und das, darauf
aufbauend, insbesondere in emotionalen Anforderungs-Situationen
entscheidend zur Verhaltens-Steuerung beiträgt.
* Temperament wir dabei definiert als ein Ausdruck individueller Besonderheiten in emotionalen und
formalen Aspekten des Verhaltens, die schon sehr früh in der Entwicklung zu beobachten sind, eine relativ
hohe zeitliche Stabilität haben und eine enge Beziehung zu physiologischen Mechanismen aufweisen.
Ungeborene Menschen
WS
 Was jeden lebenden Organismus und damit auch den menschlichen
Embryo anbetrifft, ist das Gesetz der Erhaltung der Individualität
gültig: Die äußere Form des Aussehens verändert sich im Laufe der
Zeit, aber das Wesen selbst innerhalb dieser äußeren Form bleibt
unverändert und aktiv.
Eine befruchtete Ei-Zelle ist damit nicht nur eine Zelle, sondern sie stellt
einen ganzen Organismus dar. Es ist die Äußerung des Organismus
Mensch in diesem Moment unter gerade diesen Umständen und
Umwelt-Bedingungen.
Ein Embryo ist nicht das Resultat eines Entwicklungs-Prozesses,
sondern das Ganze, der Organismus selbst ist primär.
 Folgerungen daraus:
 Ungeborene Menschen sind bewusste und wahrnehmende Wesen.
 Ereignisse im Leben des Ungeborenen können erinnert werden.
 Diese Erinnerungen sind grundlegend für den Lebens-Entwurf.
 Elterliche Gefühle und Erfahrungen werden von pränatalen Babys
inkorporiert (verinnerlicht, eingefleischt).
 Pränatale Erfahrungen können dramatische und symptomatische
Auswirkungen haben.
 Pränatale Traumata und Geburts-Traumata beeinflussen sich
wechselseitig.
 Pränatale und perinatale Traumata behindern die Fähigkeit zur
Bindung und zur Autonomie.
Programmierung als Grundlage für Bindung 1
neurobiologische
Programmierung
(Imprint)
WS
 Entwicklung und Stärke des Selbst ergeben sich aus unseren
Bindungs- und Autonomie-Erfahrungen.
Bindung, Autonomie und Angst haben ihre Geschichte in der
pränatalen Programmierung von psychobiologischen Mustern, die
zu späteren Bindungs-, Autonomie- und Angst-Mustern führen.
Je früher und intensiver der Bindungs-Verlust ist, desto größer ist
unsere Urangst.
 Wesentliche Bindungs-Grundlagen werden als neurobiologische
Programmierung (auch Imprint genannt) schon weit vor der
Zeugung in Form von epigenetischen Veränderungen bei den
künftigen Eltern und sowohl pränatal während der gesamten Zeit der
Schwangerschaft als auch im ersten Lebens-Jahr nach der Geburt
grundgelegt.
Programmierung
Diese körperlich programmierten Bindungs-Erfahrungen sind die
wird allgemein
Basis unseres inneren Arbeits-Modells von Bindung.
beschrieben als die
lebenslange
 Diese Änderung determiniert nicht, legt uns nicht total fest in unserer
Änderung
Beziehungs-Fähigkeit, sondern führt wahrscheinlich (probabilistisch)
biologischer
zu einem bestimmten Entwicklungs-Pfad, der eingeschlagen wird.
Funktionen durch
 Wie dieser Entwicklungs-Pfad weiter verläuft, hängt von weiteren
Bedingungen, die
Einflüssen im Leben ab.
während der
Aber die globale Richtung und die Band-Breite der Entwicklung sind
Entwicklung
weitgehend vorgegeben.
vorhanden sind.
ArbeitsModell
von
Bindung
Programmierung als Grundlage für Bindung 2
WS
Program-  Imprints werden beschrieben als Einprägungen von Erfahrungen in
jedem Aspekt unseres Daseins, also mit Auswirkungen auf den
mieren
ganzen Körper von den Zellen über die Organe bis hin zu den
als auslöKörper-Systemen, die einen lebenslangen Effekt auf unsere
schen/gesamte Neurobiologie und damit einen bestimmenden Einfluss auf
zerstören
den Verlauf der folgenden Entwicklungs-Phasen haben.
Tief im Körper gespeicherte Erfahrungen bilden so eine Schablone
für künftiges Verhalten.
Negative Imprints bleiben gleichsam in einem verstörten Gehirn, im
Neurobiologie
Körper-Gedächtnis stecken.
 Pränatale Programmierung wird beschrieben als Aktivieren,
KörperAuslöschen oder Zerstören der Entwicklung einer somatischen
Systeme
Struktur, als die Einstellung eines physiologischen Systems durch
einen frühen Reiz (Stimulus) oder durch eine Verletzung während
Organe
eines sensiblen Zeit-Raumes mit langfristigen Folgen für das
Zellen
Funktionieren.
 Es gibt sensible oder kritische Perioden in der Entwicklung,
meistens während Zeit-Räumen von raschem Wachstum, wenn der
Organismus oder das einzelne Organ sehr empfindlich für externe
Einflüsse ist.
Bestimmender
Einfluss auf
 Es gibt potenziell lebenslange Effekte von Programmierung
besonders dann, wenn bestimmte Wende-Punkte in der Entwicklung
Entwicklungsnicht oder nur unvollständig, kompromisshaft durchlaufen worden
Phasen
sind.
Programmieren
als aktivieren
Urangst
Schon zu Anfang des
Lebens als Erfahrung
von
Verlust
Trennung
Lebens-Bedrohung
Urangst
WS
 Die tiefe Quelle der Urangst ist die Todes-Angst.
 Urangst ist
 nicht nur eine existenzielle Angst, verursacht durch das
Schicksal der Begrenztheit des Lebens,
 sondern auch eine erfahrene Angst, begründet in konkreten
traumatischen Erfahrungen von Verlust, Trennung und
Lebens-Bedrohung.
Unsere Ängste sind oft begründet in unseren prä- und
perinatalen Erfahrungen, in lebensbedrohlichen Erfahrungen
in der Gebärmutter, in dem Schrecken der Geburt, sowie in
frühkindlichen Trennungs-, Misshandlungs-, Missbrauchsund Vernachlässigungs-Erfahrungen mit BindungsPersonen.
Die Evolution der Trennung und die Evolution der Angst
gehen Hand in Hand.
 Angst entstammt aus der Unfähigkeit, richtig zu unterschieden,
ob eine Umgebung sicher genug, ob andere Menschen
vertrauenswürdig genug sind oder nicht.
Verstärkt gegen Ende
Angst resultiert aus der Fehleinschätzung der Sicherheit oder
des Lebens als TodesGefährlichkeit einer Situation, so dass
Angst aufgrund der
 in einer ungefährlichen Situation die defensiven HandlungsErfahrung der Endlichkeit
Systeme nicht gehemmt werden oder
des Lebens
 in einer gefährlichen Situation diese Systeme nicht aktiviert
werden.
Imprints, Gehirn-Aktivitäten und Neurozeption
WS
 Imprints von Angst und Disstress werden in allen Zellen des Kindes im Mutter-Leib
gespeichert, z. B. in Stamm-Zellen, die sich differenzieren in alle möglichen KörperZellen, worunter auch die Neuronen fallen.
 So programmieren sehr frühe embryonale Erfahrungen mit Angst und Stress biologisch
die Defensiv-Strategien, die in Interaktionen zwischen Gehirn-Kernen des emotionalen
und sozialen Gehirns Gestalt annehmen.
 Imprints bestimmen die Richtung wohin und die Bandbreite wozwischen Gehirn-Kerne
wie die Amygdala und der Hypocampus sich vernetzen.
 Aufgrund dieser embryonalen Prozesse der Neurozeption werden neuronale SchaltKreise durch synaptische Verbindungen gestaltet, die später aktiviert entweder soziales
Engagement oder Defensivität (Kampf, Flucht, Erstarrung) fördern.
 Neurozeption ist
 sowohl die Fähigkeit, in einer ungefährlichen Situation die defensiven Handlungs-Systeme zu
hemmen,
 als auch die Fähigkeit, in einer gefährlichen oder mit Risiken belasteten Umgebung die
Defensivsysteme zu aktivieren.
 Wenn ein Embryo in seinem Dasein bedroht wird, also sein Überleben in Gefahr ist, dann
wird ein erster Schritt in Richtung einer dysfunktionalen Neurozeption gemacht, also in
Richtung auf künftige Fehleinschätzung der Sicherheit oder Gefährlichkeit einer Situation
oder Person.
Dysfunktionale Neurozeption trägt zum Ausdruck defensiver Verhaltens-Weisen
bei und ist damit Grundlage für unsichere und desorganisierte Bindungs-Muster.
Beteiligte Hirn-Systeme
WS
Die Kräfte, die unser Verhalten bestimmen, sind größtenteils in drei verschiedenen GehirnSystemen lokalisiert:
Verarbeitung
der Instinkte und
ÜberlebensFunktionen im
Reptilien-Gehirn
kardiovaskuläres
System
respiratorisches
System
Informationen
über externe
Stimuli
erreichen die
Amygdala auf
indirektem
langsamem
Weg über
Thalamus und
Kortex.
Verarbeitung des Bewusstseins (Menschen-Gehirn) und Regelung von Erregung, Stress
und Bindungs-Verhalten im orbitalen präfrontalen Kortex der rechten Hemisphäre
Vagus-Systeme
verbinden Hirnstamm
und limbisches System
digestives
System
ImmunSystem
Sitz der Gefühls-Regulation im
Säugetier-Gehirn
(Schwerpunkt: Angst-Regulation)
Die Konditionierung und Verarbeitung von
Angst findet in der Amygdala statt.
Informationen über externe Stimuli
erreichen die Amygdala auf direktem
schnellem Weg vom Thalamus.
Der Gehirn-Stamm und einige Teile des limbischen Systems sind pränatal programmiert und die
biologischen Imprints bestimmen Richtung und Band-Breite dieser Programmierung
Prozess der Entwicklungs-Begleitung 1
Bottom-up-Prozesse
Erfahrung des
leibseelischen
Schmerzes aus
früher Verletzung
Hineinbringen in die
bewusste
Wahrnehmung
Einordnen und
Verstehen
Ermöglichung
konstruktiver
BeziehungsErfahrungen
WS
 In Sequenzen geht der Prozess der EntwicklungsBegleitung
1. von Bindungs-Mustern
(programmiert im orbitofrontalen Kortex)
2. über Stress-Reaktions-Muster
(programmiert im limbischen System)
3. über autonome Reaktions-Muster
(programmiert im Vagus-Nerv-System)
4. zu frühen Imprints
(programmiert in jeder Zelle des ganzen Körpers).
 Entwicklungs-Begleitung bedeutet in dieser Hinsicht, an
der Kette des Schmerzes hinabzusteigen.
Dazu reichen Worte nicht aus.
Um das Fühlen zurückzuerhalten, muss der gesamte
Schmerz erfahren und in die bewusste Wahrnehmung
gebracht werden.
 Sowohl die Bottom-up-Organisation des emotionalen
Gehirns als auch die Top-down-Regulation des
rationalen Gehirns sollten also berücksichtigt werden.
Prozess der Entwicklungs-Begleitung 2
Top-down-Prozesse
Neue EmotionsErfahrungen sind
kognitiv verarbeitet
und integriert
Gefühlen und
KörperEmpfindungen wird
eine Bedeutung
gegeben
Emotionen können
reguliert werden
WS
 Das Wiedererleben und Wiedererfahren von präund perinatalen Traumata kann nur durch den
Körper geschehen (Sinnes-Empfindungen und
Bewegungen),
muss aber durch limbische (Gefühl) und
orbitofrontale (Beziehung) Wiederverarbeitung
ergänzt werden.
Emotionen müssen im Gehirn-Stamm, im limbischen
System und im orbitofrontalen Kortex
durchgearbeitet werden.
 Erst das führt zur Modulation affektgeladener, nun
jedoch von der rechten Hemisphäre regulierter
Erfahrung, die nun zur weiteren kognitiven
Verarbeitung zur linken Hemisphäre (Sinngebung)
transferiert und integriert werden kann.
Die Regulation von Emotion findet also nun Topdown statt, indem körperlich empfundenen Gefühlen
und Körper-Wahrnehmungen Bedeutungen gegeben
wird.
Störungen und Traumata (S&T)
in der frühen Kindheit
 Trauma-Anlässe
 Entwicklungs-Risiken und Gefährdungen
 Kern der Bindungs- und
Autonomie-Theorie
 Sichere und unsichere
Bindung
 Bindungs-Kontinuum
 Temperament-Eigenschaften
als Kleinkind
 Einflüsse auf das
Temperament
 Feinfühligkeit der BezugsPersonen gegenüber dem
Säugling
 Auswahl früher Krisen
WS
Trauma-Anlässe
S&T
1. Das künstlich erzeugte pränatale Kind mit den eingefrorenen oder als Zell-Haufen
verworfenen Geschwister-Kindern
2. Das nicht gewollte Ungeborene.
3. Das pränatale Kind, das einen Zwilling verliert oder einen Abtreibungs-Versuch überlebt.
4. Das Ungeborene, das die Angst oder den Disstress seiner Mutter erlebt.
5. Das Kind im Mutterleib, das von Drogen-Giften (Alkohol, Nikotin, Tabletten etc.)
überschwemmt wird.
6. Das Kind, das unter der Geburt den Kontakt zu seiner Mutter verliert.
7. Das Kind, das während der Geburt im Becken seiner Mutter steckenbleibt oder eine
Nabelschnur-Umschlingung erlebt.
8. Das Neugeborene, das für einen längeren Zeitraum von seiner Mutter getrennt wird.
9. Das Baby, das nicht gesehen und gehört wird mit seinen Bedürfnissen und Gefühlen.
10. Das Baby, das missverstanden, missachtet, misshandelt und missbraucht wird.
11. Das Baby, das Verlust und Trennung erfährt.
Alle diese Kinder verlieren mehr oder weniger den Kontakt zu ihren Gefühlen, wenn der
Schmerz, den sie bewältigen müssen, jenseits ihrer Bewältigungs-Möglichkeiten liegt.
Entwicklungs-Risiken und -Gefährdungen
Risiken und Gefährdungen für die Entwicklung von Kindern haben sich in
den letzten Jahren vervielfacht:
 Eine steigende Zahl von Kindern lebt in Armut mit überforderten
alleinerziehenden oder psychisch erkrankten Eltern-Teilen oder in
konflikthaften Familien-Beziehungen.
 Viele Eltern sind zunehmend verunsichert, was Erziehungs-Fragen betrifft.
 Es gibt eine wachsende Gewalt-Bereitschaft unter jüngeren Menschen.
 Traditionelle familiäre Strukturen und Bindungen lösen sich auf.
 Die Leistungs-Ansprüche an Kinder und Jugendliche im schulischen und
privaten Bereich nehmen zu.
 Der Einfluss jugendlicher Subkulturen setzt früher ein und verstärkt sich,
z. B. im Bereich der Drogen.
 Die Kleinstkind-Betreuung in Kitas im ersten Lebens-Jahr führt zu einer
frühen Gefährdung der Bindung zwischen Mutter und Baby.
 Eine neue Generation von Müttern hat schon früh die Trennung von der
eigenen Mutter erfahren. Die mütterlichen Kompetenzen nehmen ab, wenn
die Mütter selbst Bindungs-Verlust erfahren haben.
 Zunehmend mehr Kinder kommen als Kaiser-Schnitt-Geburten zur Welt.
S&T
Kern der Bindungs-Autonomie-Theorie
S&T
Bindung und Autonomie können als Grund-Bedürfnisse des Babys und Kleinkindes
verstanden werden, von denen seine körperliche und psychische Gesundheit abhängt.
Annahmen:
1. Enge emotionale Bindungen zwischen Individuen haben primären Status und erfüllen eine
biologische Funktion.
2. Die Art und Weise, wie ein Kind explorierend und Halt suchend behandelt wird, übt einen
tiefgreifenden Einfluss auf seine Entwicklung und auf das spätere Funktionieren seiner
Persönlichkeit aus.
3. Bindungs-Autonomie-Verhalten muss als Teil eines Organisations-Systems betrachtet
werden, das sich auf „innere Arbeits-Modelle“ des Selbst und der anderen stützt.
Das innere Arbeits-Modell von Bindung und Autonomie ist die intrapsychische
Repräsentation von Sicherheit oder Unsicherheit in Bezug auf Explorations-Unterstützung
(Seite der Autonomie) und Trost und Halt (Seite der Bindung) in der Beziehung zu Mutter
und Vater und anderen primären Bezugs-Personen.
An diesen Arbeits-Modellen können sich Erwartungen und Verhaltens-Planungen
orientieren.
4. Nicht die mentalen Repräsentationen, die sich ab dem zweiten Lebens-Jahr entwickeln,
sondern die körperlich programmierten Bindungs- und Autonomie-Erfahrungen sind die
primäre Basis des inneren Arbeits-Modelle von Bindung und Autonomie.
5. Obwohl das Bindungs-Autonomie-Verhalten eher veränderungsresistent ist, bleibt ein
Veränderungs-Potenzial erhalten, so dass es lebenslang für schädliche und günstige
Einflüsse offen bleibt.
Sichere und unsichere Bindung
Sichere Bindung
S&T
Unsichere Bindung
 basiert auf sicheren psychobiologischen  basiert auf bedrohenden und
Imprints* und sozialem Engagement
lebensbedrohenden embryonalen und
(Feinfühligkeit und konsistente
fötalen Erfahrungen, die zu einer
Beschwichtigungs-Strategien) der
entsprechenden Programmierung des
primären Bezugs-Personen
Vagus-Nervs führen, wobei bedrohliche
Erfahrungen zur Mobilisierung des
 wird ermöglicht durch den ventralen
Sympathischen Nerven-Systems (HyperVagus-Komplex.
Reaktivität) führen und lebensbedrohliche
 wird reguliert durch ein Kontroll-System
Erfahrungen zur Immobilisierung (Hypoim orbitofrontalen Kortex der rechten
Reaktivität) durch den dorsalen Vagus.
Hirn-Hemisphäre, in der ein inneres
 Schädigungen im System des
Modell von Bindung ausgebaut wird.
orbitofrontalen Kortex während der ersten
Dies Arbeits-Modell für Bindung wird
Lebens-Jahre (Traumata, Vernachlässigung,
also im impliziten prozeduralen
Missbrauch, Misshandlung, chronischer
Gedächtnis rechts im Frontalhirn
Mangel an Abstimmung) führen zu einer
gespeichert.
starken Beschneidung von Synapsen in
 Dass Funktionieren des orbitofrontalen
diesem Gehirn-Bereiche und damit zu
Systems ist grundlegend für die
abnormer Entwicklung sozialen und
emotionale und soziale Selbstmoralischen Verhaltens und zu BindungsRegulation.
Störungen.
* Imprints: körperlich und seelisch zugleich eingeprägte Erfahrungen, die unsere Überzeugungen,
Verhaltensweisen und Beziehungen auf einer unbewussten Ebene meist lebenslänglich dominieren.
Bindungs-Kontinuum
S&T
Wahrscheinliche
Ursachen:
Primäre BezugsPersonen stimmen
sich hinreichend
feinfühlig auf das
Kind und dessen
Temperament ein
(Attunement), so
dass häufig eine
Passung (Matching)
erreicht wird.
Wahrscheinliche
Ursachen:
Kinder werden im
ExplorationsProzess (ängstlichambivalent)
oder im Prozess,
sicheren Halt zu
finden
(vermeidend), von
den BezugsPersonen gestört.
Wahrscheinliche
Ursachen:
Unberechenbarkeit,
aggressiv-feindliche, ängstliche
und ängstigende
und Haltung
traumatisierter
Bezugs-Personen
mit z. T. schweren
psychischen
Problemen
Wahrscheinliche
Ursachen:
schwere emotionale
und körperliche
Verwahrlosung und
Deprivation,
weiderholte Verluste
bedeutsamer
BindungsPersonen,
Missbrauch und
Gewalt
sicher
unsicher
desorganisiert
gestört
Wahrscheinliche
Folgen:
Konstruktives
ExplorationsVerhalten und
Fähigkeit zur
Aufrechterhaltung
von SozialKontakten
ambivalent
Wahrscheinliche
Folgen:
Aufmerksamkeitsund KonzentrationsProbleme (z. B.
ADHS) und
Probleme bei
Aufrechterhaltung
von Kontakten
Wahrscheinliche
Folgen:
Schwerwiegende
Fragmentierung
(Dissoziation) bis
Zerstörung des
inneren ArbeitsModells von
Bindung
Wahrscheinliche
Folgen: weniger
Exploration
vermeidend
Wahrscheinliche
Folgen: weniger
Sozialkontakte
Temperament-Eigenschaften als Kleinkind
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Irritabilität
Das Ausmaß, in dem das Kind dazu neigt, bei milder
Frustration/Enttäuschung mit negativen Emotionen zu
reagieren, insbesondere mit Ärger
Soziale Gehemmtheit
das Ausmaß der Verhaltens-Hemmung angesichts
von fremden Kindern oder Erwachsenen
Aktivität
das Ausmaß und Tempo der motorischen
Komponente im Verhalten
Aufmerksamkeit
das Ausmaß, in dem sich das Kind durch Reize von
seiner Tätigkeit ablenken lässt
Ausdauer
das Ausmaß, in dem sich das Kind Tätigkeiten aufgibt,
wenn sie Schwierigkeiten bereiten
Sensorische Empfindlichkeit
die Stärke eines physischen Reizes, die nötig ist, um
eine wahrnehmbare Reaktion hervorzurufen
Rhythmizität
die Regelmäßigkeit in biologischen Funktionen,
insbesondere im Schlaf-Wach-Rhythmus, Stuhlgang
und Hunger.
S&T
Als Kleinkind war ich glaubhaften
Schilderungen zufolge:
1.  eher leicht  eher wenig
irritierbar
2.  eher sehr  eher wenig
gehemmt
3.  eher sehr  eher wenig
aktiv
4.  eher sehr  eher wenig
aufmerksam
5.  eher sehr  eher wenig
ausdauernd
6.  eher sehr  eher wenig
sensorisch empfindlich
7.  eher regelmäßig  eher
unregelmäßig in meinen BioRhythmen
Einflüsse auf das Temperament
 Welche pränatale Geschichte hat das Temperament?
 Worauf sind die Temperaments-Unterschiede im
Säuglings- und Kindes-Alter zurückzuführen?
Stress und
Angst der
Mutter
perinatale
Bedingungen und
Erfahrungen
neurophysiologische
Einflüsse
pränatale
Bedingungen und
Erfahrungen
RegulationsStörungen
genetische
Faktoren
neurochemische
Einflüsse
S&T
Feinfühligkeit der Bezugs-Personen
gegenüber dem Säugling
Die Bezugs-Person
sollte das Kind
aufmerksam im Blick
und darf keine zu hohe
WahrnehmungsSchwelle haben, damit
der Säugling erfährt,
dass man ihn bemerkt.
Die Reaktion des
Bezugs-Person auf die
Äußerungen sollte
prompt erfolgen, damit
der Säugling eine
Verbindung zwischen
seinem Verhalten und
dem Spannung
mildernden
Effekt der Handlung der
Bezugs-Person knüpfen
kann.
Die Bezugs-Person sollte
die Äußerungen/ Signale
des Kindes richtig
interpretieren, damit der
Säugling erfährt, dass er
soziale Wirkung erzielen
kann (SelbstWirksamkeit-Erfahrung).
Die Reaktion des
Bezugs-Person muss
angemessen, also im
Einklang mit seinen
Bedürfnissen und
Entwicklungs-Prozessen
sein, damit der Säugling
die Qualität der Wirkung
seiner Signale
differenziert einzusetzen
lernt.
S&T
Meine Mutter war glaubhaften
Schilderungen zufolge
 meist feinfühlig
 eher wenig feinfühlig,
was den Umgang mit meinen
Bedürfnissen und meinem
Temperament als Säugling
und Kleinkind betraf.
Meine Vater war glaubhaften
Schilderungen zufolge
 meist feinfühlig
 eher wenig feinfühlig,
was den Umgang mit meinen
Bedürfnissen und meinem
Temperament als Säugling
und Kleinkind betraf.
Im Temperament war
 mein Vater  meine Mutter
mir ähnlicher
Auswahl früher Krisen
S&T
1. Zeugungs-Krise
Die Umstände der Zeugung waren erschreckend (z. B. Vergewaltigung) bis nicht zufriedenstellend
(z. B. ein Kind mit einem Mann, den die Frau eigentlich nicht als Partner wollte).
2. Zwillings- oder Geschwister-Verlust-Krise
Es kommt des Öfteren zu Mehrfachbefruchtungen von Eiern. Befruchtete und eingenistete
Geschwister können abgehen. Es kann sein, dass das im Kind frühe Verlust-Erfahrungen hinterlässt.
3. Entdeckungs-Krise
Die Entdeckung der Schwangerschaft war belastend, weil die Frau, der Mann oder die Familien der
Eltern das Kind nicht wollten und/oder die Umstände für eine Schwangerschaft gefährlich bis
ungünstig waren.
4. Nabel-Schnur-Vergiftungs-Krise
Durch die Nabel-Schnur wurden zum Kind Gifte (Nikotin, Alkohol, Tabletten oder andere schädigende
Substanzen) oder Stress-Hormone transportiert.
5. Abtreibungs-Versuch-Krise
Gedanken (siehe 3) und Handlungen drehten sich lange Zeit um das Thema „Abtreibung“ und es kam
zu Abtreibungs-Versuchen mit oder ohne fremde Hilfe
6. Geschlechts-Ablehnungs-Krise
Nachdem per Ultraschall das Geschlecht des Kindes festgestellt war, entstanden AbtreibungsGedanken oder kam es zu Handlungen in diese Richtung (siehe 5)
7. Frühgeburts-Krise
8. Kaiserschnitt-Geburts-Krise
9. Geburts-Krise
Nabelschnur-Umschlingung, Sauerstoff-Unterversorgung, Zangen- und Saugnapf-Geburt,
Betäubungs-Mittel-Zufuhr etc.
10. Prägungs-Krise
Mutter und Vater nehmen zum neugeborenen Kind keinen oder unzureichenden Kontakt auf, z. B.
wegen postpartaler Depression oder andere Gesundheits-Komplikationen bei der Mutter
11. Still-Krise
Mutter kann Kind nicht stillen, z. B. wegen Brust-Entzündung
Disstress und Psychotraumata (DP)
 Psychotrauma
 Psychotrauma und Gedanken-Welt
 Stress- und Trauma-Kontinuum (Grafik)
 Stress- und Trauma-Kontinuum (Tabelle)
 Bindung und Erregung
 Sicherheit, Bedrohung, Bindung
 Erstarrung (Immobilisierung-Reaktion)
 Bindungs-Unsicherheit und Trauma
 Schreck-Reflex: Vegetativum
 Dissoziation als Trauma-Abwehr
 Traumatischer Stress
 Zentrales Problem bei PTBS
 Psychotraumata und Emotionen
 Problem-Verhaltens-Weisen
 Typische Disstress-Muster
F43
Psychotrauma
DP
 ICD 10 (International Classification of Deseases):
Ein Trauma ist ein belastendes Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher
Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmaßes (kurz oder lang anhaltend), die bei fast
jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. (WHO, 2000)
 Ein Trauma ist also ein Erleben, das die individuellen Bewältigungs-Möglichkeiten
übersteigt und das daher nicht psychisch und körperlich integriert werden kann.
Etwas wird umso eher als traumatisch erlebt
 je belasteter die vorherige Situation ist,
 je jünger der erlebende Mensch ist,
 je enger die erlebende Person mit Bindungs-Personen verknüpft ist,
 je körpernäher das Erleben ist.
 je weniger soziale Unterstützung im nachhinein gegeben wird.
 Körperlich gesehen ist ein Trauma eine biologisch unvollständige Antwort des Körpers
auf eine als lebensbedrohlich erfahrene Situation.
Die ursprünglichen Reaktionen – Flucht, Kampf, Erstarrung – auf das Erleben akuter
Lebens-Gefahr werden als natürlich und ihrem Sinne nach überlebenssichernd gesehen.
Problematisch ist nur ihr unvollständiger Abbau nach dem traumatischen Erlebnis.
Alle Symptome entwickeln sich aus der unvollendeten und unabgeschlossenen Antwort
auf eine bedrohliche Erfahrung.
Psychotrauma und Gedanken-Welt
Ein psychisches Trauma ist ein DiskrepanzErlebnis zwischen bedrohlichen SituationsFaktoren und den individuellen BewältigungsMöglichkeiten, das mit Gefühlen von
Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe
einhergeht und so eine dauerhafte
Erschütterung von Selbst- und WeltVerständnis bewirkt.
Durch das Psychotrauma verletzte
Grundannahmen:
 Meine Seele, mein Inneres, mein Ich ist
unverwundbar
 vorher: Mir passiert so etwas nicht.
 nachher: Es kann jederzeit wieder
geschehen.
 Die Welt hat eine verstehbare Ordnung
 vorher: Meine Welt ist kontrollierbar,
vorhersagbar und gerecht.
 nachher: Mein Welt-Bild ist zerstört.
Die Welt ist chaotisch.
DP
 Mein Selbst ist wertvoll
 vorher: Ich verdiene Achtung. Ich
kann mich schützen.
 nachher: Ich muss mich schämen.
Ich bin schwach und hilflos.
 Vertrauen in andere
 vorher: Ich kann anderen Menschen
trauen.
 nachher: Ich kann niemandem
trauen.
Andere ungünstige Gedanken zur
 Aufrechterhaltung des Traumas:
 Ich habe es verdient.
 Ich bin widerwärtig
 Ich hätte mich wehren müssen.
 Es ist passiert, weil…
 Verhinderung neuer Übergriffe:
 Ich darf niemandem vertrauen.
 Ich muss immer auf der Hut sein.
 Nähe bedeutet Gefahr.
 Alle Männer sind gefährlich.
Reaktions-Möglichkeit
Stress- und Trauma-Kontinuum (Grafik)
DP
bestmögliche Reaktion
Stress =
StressBewältigungsFähigkeit
(coping)
Aktivierung
innerer und
äußerer
Ressourcen
Erregung
(arousel)
Entspannung
kontrollierbarer
Stress
Stress < Bewältigung
herausfordernder Stress
unkontrollierbarer
Stress
Stress > Bewältigung
Lebensbedrohlicher,
traumatischer Stress
oder Schock
Aktivierung des
VerteidigungSystems:
Sympathicus mit
Flucht und Kampf
Immobilisierung:
dorsaler Zweig des
Parasympathikus mit
Erstarren und
Zusammenbrechen
kein oder wenig Stress
Aktivierungs-Niveau
Stress- und Trauma-Kontinuum (Tabelle)
Stress
Trauma
Schock
Ängstlich, doch aktiv
Hyperaktiv ineffizient
Passiv erleidend
Umgang damit (cope)
Flucht (flee) oder
Kampf (fight)
Erstarrung (freeze)
und Zusammenbruch
(collapse)
Neocortex
Limbisches System
Gehirnstamm
willkürliche Aktivierung
innerer und äußerer
(Sozial-Beziehung)
Ressourcen
Hier und Jetzt
unwillkürliche Reaktion unwillkürliche Reaktion
des sympathisches
des dorsalen Vagus
Nervensystems
Vergangenheit
Dissoziation
DP
Bindung und Erregung
DP
Bindung
Erregung
ÜberlebensStrategie
HirnRegion
Psychotherapie
sicher
Soziales
Engagement
(ventraler Vagus)
bewältigen
(to cope)
Kortex
unsicherambivalent
sympathische
Mobilisierung
fliehen und
sich schützen
oder kämpfen
(to fight or flee)
Limbisches
System
Selbst-Regulierung
verstärkende Interaktionen;
Kontakt zum „felt sense“
aufbauen;
Ressourcen stärken, um zur
inneren Ruhe
zurückzufinden
unsichervermeidend
Parasympathische
Immobilisierung
(dorsaler Vagus)
erstarren oder
zusammenbrechen
(to freeze or to
collapse)
Hirnstamm
Körper-Wahrnehmung
wiederherstellen;
Bewegung stimulieren;
Energie aktivieren;
Ressourcen stärken, um zur
eigenen Kraft
zurückzufinden
Sicherheit, Bedrohung und Bindung
Situationen der Bedrohung
Situationen der Sicherheit
primär
parasympathische
Aktivität
Immobilisierung
Erholung
Gleichgewicht von
parasympathischer und
sympathischer (ventrale
vagale) Aktivität
Auseinandersetzung
mit einer Herausforderung
im Zustand des Flow
primär
sympathische
Aktivität
Mobilisierung
von Kampf- und FluchtReaktionen
unsicher-vermeidende
Bindung
desorganisierte Bindung
Emotionale Präsenz,
Aufmerksamkeit, Bindung
sichere Bindung
Wachsamkeit (Vigilanz)
Erregte Aufmerksamkeit
unsicher-ambivalente
Bindung
Für den Organismus günstige Zustände, die wir in der Therapie fördern, sind
Erholung, Präsenz und Auseinandersetzung im Zustand des Flow, in dem man ganz
in der gegenwärtigen Aktivität aufgeht.
DP
Erstarrung (Immobilisierungs-Reaktion)
 Bei Aktivierung des dorsalen Vagus erlebt sich der betroffene Mensch getrennt
(dissoziiert, abgespalten, fragmentiert) von seinem Körper oder verliert das
Bewusstsein.
 Endorphine zur Schmerz-Betäubung und Aufhellung werden ausgeschüttet.
Nerven-Verbindungen zum Neocortex werden unterbrochen.
Das führt zur Trennung des Selbst-Gefühls von dem im Körper vorhandenen
Schmerzen und zu einem Gefühl des Getrenntseins vom eigenen Körper.
 Wenn der Mensch in diesem Zustand verharrt, geht das kohärente Körper-Gefühl
teilweise oder ganz verloren.
Das ist die physiologische Entsprechung von dissoziativen Prozessen.
Deren Ausprägung kann variieren vom Empfinden psychischer und physischer
Taubheit bis zur multiplen dissoziativen Aufspaltung der Persönlichkeit.
 Aus den mit der traumatischen Erfahrung verbundenen körperlichen ErregungsMuster können sich vielfältige Symptome entwickeln, z. B. Ängste, Übererregbarkeit,
Depression, Bindungs-Unfähigkeit, chronische Schmerzen, Migräne, in denen die
Erinnerung an den erlebten Schrecken mit sein er immensen Erregung aufbewahrt
wird, oft verbunden mit der Überzeugung, nichts dagegen machen zu können.
Kontakt zum Körper kann als bedrohlich und beängstigend empfunden werden.
 Drogen, Süchte und Selbst-Verletzungen mögen dann Versuche sein, unerträgliche,
nicht verstehbare und unkontrollierbare körperliche Empfindungen und Gefühle nicht
zu spüren, sondern zu betäuben.
DP
Bindungs-Unsicherheit und Trauma
Bindungs-Unsicherheit auf Seiten von Eltern wie von Kindern löst eher einen
Stress-Traumatisierungs-Teufels-Kreis aus.
30% Prozent der Eltern isolieren ihre Kinder
15% sprechen zur Strafe nicht mit ihnen
14% prügeln ihre Kinder, 2-3% prügeln schon Babys
3% misshandeln ihre Kinder schwer
1% misshandeln schon Babys (ca. 7000 pro Jahr)
DP
Schreck-Reflex: Vegetativum
Sympathische Phase (Erregung)
 Verstärkung der Einatmung: Brust-Atmung
dominiert
 Anspannung des Zwerchfells
 Erweiterung der Atem-Wege
 Erhöhung des Herz-Schlages
 Erweiterung der Blut-Gefäße im KreislaufSystem
 Verengung der Blut-Gefäße in Haut,
Schleimhaut, Magen-Darm, Hirn
 Hemmung der Nieren-Tätigkeit
 Erweiterung der Pupillen
 Aufstellen der Körper-Haare
 Erhöhung der nach außen gerichteten SinnesTätigkeit
 Hemmung der Tränen-Drüsen
 Verdickung des Schleims in den SpeichelDrüsen und in den Verdauungs-Organen
 Anregung der Schweiß-Drüsen (kalter Schweiß)
 Anspannung der Beuge-Muskeln
 Entspannung der Streck-Muskeln
 Anspannung des gr. Schließ-Muskels
 Erschlaffung der Magen-Darm-Muskulatur:
Stilllegung der Peristaltik
 Einsparung von Energie in den erholenden
Systemen
DP
Parasympathische Phase (Beruhigung)
 Verstärkung der Ausatmung: Bauch-Atmung
dominiert
 Entspannung des Zwerchfells
 Verengung der Atem-Wege
 Sinken des Herz-Schlages
 Verengung der Blut-Gefäße im KreislaufSystem
 Erweiterung der Blutgefäße in Haut,
Schleimhaut, Magen-Darm, Hirn
 Verstärkung der Nieren-Tätigkeit
 Verengung der Pupillen
 Anlegen der Körper-Haare
 Erhöhung der nach innen gerichteten SinnesTätigkeit
 Anregung der Tränen-Drüsen
 Verflüssigung des Schleims in den SpeichelDrüsen und in den Verdauungs-Organen
 Verflüssigung und Abtransport in den SchweißDrüsen (warmer Schweiß)
 Entspannung der Beuge-Muskeln
 Guter Tonus in den Streck-Muskeln
 Entspannung des gr. Schließ-Muskels
 Anregung der Magen-Darm-Muskulatur und
der Peristaltik
 Verteilung der gesparten Energie im Körper
 Abbau der Rest-Spannung
Dissoziation als Trauma-Abwehr
DP
 Opfer von sexueller oder körperlicher Gewalt und traumatisierender Vernachlässigung
sind insgesamt immer wieder starken Affekt-Schwankungen mit einem Wechsel von
Extremen der Überflutung und der Gefühllosigkeit ausgesetzt.
 Diese Gefühllosigkeit kann sich bis zur „emotionalen Anästhesie“ steigern.
Diese Art der Dissoziation kann dann als Schutz-Mechanismus verstanden werden, zwar
anwesend, sich seiner selbst und seiner Umgebung aber nicht voll bewusst zu sein.
 Aggressiv oder sexuell misshandelte Kinder können häufig DepersonalisierungsZustände induzieren, um dadurch Demütigung, Kränkung, Hass und vor allem Scham
zu bewältigen und abzuwehren. Ein Teil des Selbst, das in Kontakt mit der
traumatischen Erfahrung ist, wird in diesem Sinne abgespalten, um die
funktionstüchtigen Teile zu schützen und Überleben zu sichern.
 Dissoziation ist ein physiologisch-psychologischer Selbst-Schutz- oder AbwehrMechanismus, mit der ein Rückzug vor bedrohlichen äußeren Reizen und vor AffektÜberflutung bewirkt wird, wodurch psychische Inhalte als solche nicht anerkannt werden,
sondern eine Entfremdung von Aspekten des Selbst stattfindet, die unvereinbar mit der
Erfahrung von „mir selbst“ zu einem bestimmten Moment sind.
Dissoziation funktioniert, weil der Konflikt in der Psyche nicht aushaltbar ist.
 Die Erfahrung von Scham im Zusammenhang mit Traumatisierungen ist der
machtvollste Affekt, den eine Person nur unzureichend modellieren kann.
Die Person fühlt sich nicht nur überschwemmt vom Durchleben traumatischer Affekte
der Vergangenheit wie Wut, Angst, Trauer, Sinnlosigkeit, sondern auch von einer
„dissoziierten Hier-und-Jetzt-Scham-Erfahrung“.
Traumatischer Stress (TS)
 Stressbeteiligte Hirn-Areale
 Stress-Prozess im Gehirn 1
 Stress-Prozess im Gehirn 2
 Polyvagaltheorie
 Dorsaler Vagus und Dissoziation
DP
TS
Stressbeteiligte Hirn-Areale
 Traumatischer Stress ist eine intensive und anhaltende psychophysische
Erregung infolge eines traumatischen Ereignisses oder einer traumatisierenden
Ereignis-Kette.
 Die ansonsten funktionierende Abwehr wird durchbrochen.
 Ein existenzielles Gefühl von Kontroll-Verlust und Wirkungslosigkeit stellt sich ein.
sensorische und
kognitive
Integration im
frontalen Kortex
kognitive Welt-Karte
im Hippocampus
Amygdala erzeugt
die emotionale
Bedeutung,
Zuordnung von
Signifikanz
Thalamus als
Filter für
sensorische
Information
Psychotrauma
Stress-Prozess im Gehirn 1
TS
 Bei Gefahr wird über die Sinne die Amygdala im limbischen Gehirn
alarmiert.
Die Mandel-Kerne sind ein emotionales Gedächtnis-System, Teil des
impliziten (unbewussten, nonverbalen) Gedächtnis, was v. a. alarmiert
bei Gefahr und auf die Speicherung emotionaler und gefährlicher
Vorerfahrungen spezialisiert ist.
 Die Amygdala aktiviert bei Gefahr ohne Einbeziehung der
langsameren höheren Gehirn-Teile, blitzschnell die Alarm-Zentren des
Gehirns - Hypothalamus und Hirn-Stamm - und damit das Autonome
Nerven-System (ANS) mit Sympathikus und Parasympathikus und
das System der Stress-Hormone (u. a. Noradrenalin, Acetylcholin und
Cortisol).
Dadurch wird der Organismus in die Lage versetzt, mit Kampf oder
Flucht zu reagieren und das Überleben zu sichern.
 Normalerweise überprüfen beim Erwachsenen die höheren Zentren, vor
allem der Hippocampus und Bereiche des Neocortex, anhand von
Gedächtnis-Inhalten des expliziten ( bewussten) Gedächtnis, ob die
Gefahr wirklich real ist oder ob es ein Fehlalarm ist.
Wird die Bedrohung aufgrund von vorhandenen Erfahrungen als
bewältigbar eingeschätzt, erfolgt über den Hippocampus eine
Verknüpfung mit unserem Wort- und Symbol-Speicher im Großhirn
(Versprachlichung), sowie der Einordnung in eine Zeit-Matrix.
Stress-Prozess im Gehirn 2
TS
 Wenn die Erregung durch die Amygdala-Alarm-Signale jedoch über
ein bestimmtes Maß ansteigt oder die auslösende Situation lange
andauert und nicht zu bewältigen ist, kann der Hippocampus diese
ordnende Aufgabe nicht erfüllen.
 Die ausgeschütteten Stresshormone blockieren den Hippocampus in
seiner Funktion des Einordnens und Abspeicherns.
Dadurch werden nur Bruchstücke gespeichert und zwar im impliziten
und unbewussten Gedächtnis. Die Erinnerungen bleiben
desorganisiert, lückenhaft und fragmentiert.
 Die einzelnen hoch geladenen Erfahrungs-Elemente der
traumatischen Situation werden dabei dissoziativ voneinander
getrennt und unbewusst, unzusammenhängend und unverarbeitet in
Gehirn, Muskeln, Gefühl und Körper-Wahrnehmung gespeichert. Sie
können jederzeit unbewusst durch ähnliche Wahrnehmungen im
aktuellen Erleben getriggert werden.
 Je häufiger und früher die Traumatisierung stattfindet, desto sensibler
wird die Amygdala und desto mehr wird auch der Hippocampus in
seiner Reifung geschädigt.
 Aus den mit der traumatischen Erfahrung verbundenen körperlichen
Erregungsmustern können sich vielfältige Symptome entwickeln, die
dem traumatischen Geschehen unter Umständen nicht mehr
zugeordnet werden können.
Polyvagaltheorie
TS
Stress-Zunahme
Parasympathikus,
ventraler Vagus
= Beruhigung
 Die Polyvagal-Theorie (Porges, 2010) beschreibt das Autonome
Nerven-System (ANS) nicht mehr als duales System von
Parasympathikus und Sympathikus, sondern als drei hierarchisch
entstandene Kreis-Läufe, die den Kontakt mit der Außenwelt
regulieren und die physiologischen Zustände entsprechend
modulieren.
Sympathikus
= Kampf oder
Flucht und
Schutz-Suche
 Solange wir uns sicher fühlen, ist der phylogenetisch jüngste
ventral-vagale Zweig des Parasympathikus aktiv, der vor allem
durch Blick-Kontakt, freundliche Mimik und angenehmen Ton-Fall
aktiviert wird.
Parasympathikus,
dorsaler Vagus
= Erstarrung
 Wenn Gefahr droht, dominiert das sympathische System und
wir reagieren mit zwei ganz instinktiv ablaufenden VerhaltensWeisen: Wir versuchen zu fliehen und suchen Schutz oder wir
kämpfen.
 Wenn das nicht gelingt, kommt es über die Aktivierung des
ältesten Teils des ANS, dem dorsal-vagalen Zweig des
Parasympathikus, zu einem Zustand der Erstarrung bis hin zum
völligen Abschalten durch den Totstell-Reflex.
Der Organismus reagiert so aus Selbst-Schutz, der betroffene
Mensch erlebt sich getrennt von seinem Körper oder verliert das
Bewusstsein. Endorphine zur Schmerz-Betäubung werden
ausgeschüttet, Nerven-Verbindungen zum Neocortex werden
unterbrochen.
Dorsaler Vagus und Dissoziation
TS
 Das führt zur Trennung des Selbst-Gefühls von den im Körper
vorhandenen Schmerzen und zu einem Gefühl des Getrenntseins
vom eigenen Körper. Wenn der Mensch in diesem Zustand bleibt,
geht das Körper-Gefühl teilweise oder vollständig verloren.
Sympathikus
= Kampf oder
Flucht und
Schutz-Suche
Parasympathikus,
dorsaler Vagus
= Erstarrung
 Das ist die physiologische Entsprechung von dissoziativen
Prozessen, deren Ausprägung variieren kann in dem großen
Spektrum zwischen dem Empfinden psychischer und physischer
Taubheit einerseits und der multiplen dissoziativen Aufspaltung der
Persönlichkeit andererseits.
 Jede Dissoziation bis hin zu schweren dissoziativen Störungen hat
eine physiologische Grundlage und spiegelt sich auch wieder im
Verlust eines kohärenten Körper-Gefühls.
 Später ist es oft schwierig, die traumabedingten körperlichen
Prozesse von Aktivierung einerseits (Sympathikus) und
Erstarrung/Dissoziation andererseits (dorsaler Vagus des
Parasympathikus) wiederzuerkennen und zu regulieren.
 In Trauma-Symptomen (z.B. Ängste, Übererregbarkeit, Depression,
Bindungsunfähigkeit, chronische Schmerzen, Migräne u.v.m.) wird
gleichsam die Erinnerung an den erlebten Schrecken mit seiner
immensen Erregung aufbewahrt, oft verbunden mit der Überzeugung,
nichts dagegen machen zu können.
Zentrales Problem bei PTBS
Auslöser/
Stimulus:
Trauma
primäre
Emotion:
Schrecken
VermeidungsStrategien
Erinnerungen
traumaassoziiertes
emotionales
Netzwerk
Flucht-Strategien (escape)
Gedanken
GegenwartsBezug?
DP
Psychotraumata und Emotionen (PuE)
 Bestandteile des emotionalen Netzwerks
 Gefühle rund um eine Traumatisierung
 Entwicklung von Scham-Gefühl
 Scham-Netzwerk
 Trauma, Hirn und Scham-Erleben
 Grundthema: Selbst-Wert-Gefühl
 Entwicklung pathologischer Schuld
 Schuld-Netzwerk
 Grundthema: Verantwortlichkeit und Schuld
 Analyse der dysfunktionalen Grundannahme: „Ich bin schuld.“
 Angst-Netzwerk
 Grundthema: Sicherheit und Überleben
 Ekel-Netzwerk
 Ärger- und Wut-Netzwerk
 Grundthema: Wahl-Möglichkeiten
 Trauer-Netzwerk
DP
Bestandteile des emotionalen Netzwerks
Gedanken
(kognitive
Bewertung)
physiologische
Erregung
Emotion
Wahrnehmung
HandlungsImpulse
PuE
Gefühle rund um eine Traumatisierung
Angst
Schuld
Trauer
Trauma
Ekel
Scham
Wut / Ärger
PuE
Entwicklung von Scham-Gefühl
Erfahrung von Demütigung
Scham
Entwicklung von
kognitiver Diskrepanz:
„Ich habe nichts mit mir zu tun:“
Negatives Selbts-Konzept
Unterwerfung,
Aggressions-Hemmung,
Autodestruktion,
Suizidalität
PuE
Scham-Netzwerk
PuE
 Gedanken:
 Jemand sieht eine intime Schwäche.
 Ich habe mich blamiert.
 Ich habe mich lächerlich gemacht.
 Ich erfülle nicht einmal die eigenen Wert-Vorstellungen.
 Körper-Reaktionen und Körper-Ausdruck:
 Erröten
 Blick abwenden
 Verschränken der Beine
 Sprach-Störungen
 Wahrnehmung:
 Fokus auf eigene Schwächen
 Erinnerung an frühere Demütigungen
 Hyperfokussierung auf soziale Abwertung
 Handlungs-Impuls:
 Aus dem Blick-Feld gehen
 Sich isolieren
 Sich verbergen
 Sich selbst abwerten
 Abschwächung:
 entgegengesetzt handeln: sich zeigen, Auftritte suchen
 entgegengesetzt denken: positive Eigenschaften und Erfolge hervorheben
 entgegengesetzte Körper-Haltung: Atmung tief, Hände in die Hüften, Kopf hoch
Trauma, Hirn und Scham-Erleben
PuE
 Die frühe Beziehungs-Traumatisierung (kumulative Mikrotraumata) oder
Traumatisierung durch körperliche oder sexuelle Gewalt (Makrotraumatisierung)
schlägt sich insbesondere in Defiziten der rechten Hirn-Hemisphäre nieder.
Die rechte Hirn-Hemisphäre, das biologische Substrat des menschlichen Unbewussten,
generiert nicht nur intensive Affekt-Zustände, sondern auch die sich früh entwickelnde
Abwehr, die mit diesen Zuständen assoziiert ist.
Die rechte Hirn-Hemisphäre erkennt dabei Emotionen im mimischen Gesichts-Ausdruck
und ist auf „implizites Lernen“ spezialisiert.
 Traumatisierte Menschen erleben aktuelle Stressoren mit einer gefühlsmäßigen
Intensität, die in die Vergangenheit gehört und in der Gegenwart wenig von Nutzen ist,
da ihre eigenen Affekt-Stürme sowie die emotionalen Reaktionen anderer als
retraumatisierend erlebt werden.
 Bei der Entwicklungs-Begleitung mit Unterstützung suchenden Personen mit einem
frühen (Bindungs-) Trauma sollte die begleitende Person ihre Aufmerksamkeit auf die
dysregulierten rechtshemisphärischen „primitiven Affekte“ wie Ekel, Schrecken,
Wut, hoffnungslose Verzweiflung und vor allem Scham legen.
 Diese Gefühle manifestieren sich in der therapeutischen Dyade besonders in
Enactments, das heißt im Sinne einer intersubjektiven unbewussten Kommunikation.
Es entsteht dabei gleichsam eine Kommunikation zwischen zwei limbischen Systemen.
Enactment besagt, dass die frühen Beziehungs-Muster in der therapeutischen
Beziehung in Szene gesetzt werden, es zu einer „gemeinsamen Inszenierung“
zwischen Unterstützung suchenden und begleitenden Personen kommt.
Grundthema: Selbst-Wert-Gefühl
PuE
ja ja
Ich bin nicht gut genug.
Ich bin gut genug.
Ich bin ein Versager.
Ich kann es schaffen.
Ich bin dumm.
Ich bin klug.
Ich bin wert- und nutzlos.
Ich bin wertvoll.
Ich bin schwach.
Ich bin stark.
Ich bin unwichtig.
Ich bin wichtig.
Ich verdiene keine Liebe.
Ich verdiene Liebe.
Ich bin nicht liebenswert.
Ich bin liebenswert.
Ich verdiene es nicht…
Ich darf ab jetzt.
Ich bin ein schlechter Mensch.
Ich bin ein guter, liebender Mensch.
Ich bin schrecklich.
Ich bin in Ordnung, wie ich bin.
Ich muss mich schämen.
Ich darf mich achten.
Ich muss perfekt sein, allen
gefallen.
Ich kann ich selbst sein und darf Fehler
machen.
Ich verdiene nur Schlechtes.
Ich verdiene Gutes.
Ich bin (mein Körper ist) hässlich.
Ich bin in Ordnung (attraktiv, liebenswert).
Ich kann mir selbst nicht trauen.
Ich kann lernen. Mir selbst zu vertrauen.
Entwicklung pathologischer Schuld
PuE
Erfahrung unkontrollierbarer
existenzieller Bedrohung
Ohnmacht/
Hilflosigkeit
Entwicklung pseudokausaler
Erklärungs-Modelle zur (Wieder-)
Herstellung der Selbst-WirksamkeitsIllusion (Kontroll-Bedürfnis)
Selbst-Vorwürfe,
Unterwerfung,
Opfer-Bereitschaft
Funktion von
Schuld-Gefühlen:
 sozial
Schutz vor
sozialem
Ausschluss
 individuell
Schutz vor
Ohnmacht
Schuld-Netzwerk
 Gedanken:
 Einen Fehler machen
 Gegen eine Norm handeln.
 Körper-Reaktionen und Körper-Ausdruck:
 Unspezifisch
 Kloß im Hals
 Enge in der Brust
 Erröten
 Verkrampfung
 Wahrnehmung:
 Fokus auf eigene Verantwortlichkeit
 Andere sehen, dass man versagt hat
 Man fühlt sich durchschaut und gejagt
 Handlungs-Impuls:
 Sühne leisten
 Sich unterwerfen
 Selbst-Bestrafung
 Abschwächung:
 Gedanken durch kognitive Interventionen hinterfragen
 Funktion von Schuld verstehen
PuE
Grundthema: Verantwortlichkeit und Schuld
ja
PuE
ja
Ich bin schuld.
Ich hätte was tun müssen.
Ich habe damals getan, was sich
konnte.
Ich habe etwas verkehrt
gemacht.
Ich habe es meine Fehlern gelernt.
Ich kann aus Fehlern lernen.
Ich bin nicht vertrauenswürdig.
Ich bin vertrauenswürdig.
Ich kann mir selbst vertrauen.
Ich kann meinem Urteil nicht
trauen.
Ich kann meinem Urteil trauen.
Ich habe aus Fehl-Urteilen eine
Menge gelernt.
Analyse der dysfunktionalen Grundannahme:
„Ich bin schuld.“
kurzfristig positiv
kurzfristig negativ
Dieser Satz hat mir erklärt, warum die
anderen mich so schlecht behandelt
und verletzt haben.
Sonst wäre es für mich nicht fassbar
gewesen, so behandelt zu werden.
Ich habe keine Rücksicht auf meinen
Körper genommen
(Alkohol- und Tabletten-Missbrauch,
Selbst-Verletzungen)
langfristig positiv
langfristig negativ
Ich durfte meinen Vater (die mich
schlecht behandelnde Person) weiter
lieben… und die Bindung zur HerkunftsFamilie aufrechterhalten.
Ich hatte so das Gefühl von Kontrolle.
Ein Großteil meines SelbstBewusstseins ist stark eingeschränkt.
Ich gehe das Risiko ein, erneut Opfer
von Übergriffen und schlechten
Behandlungen zu werden.
PuE
Angst-Netzwerk
 Gedanken:
 Gefahr
 Bedrohung
 Körper-Reaktionen und Körper-Ausdruck:
 Herz-Klopfen
 Beschleunigung der Atmung
 Durchfall
 Harn-Drang
 Verkrampfung der Muskulatur
 Wahrnehmung:
 Konzentration auf Gefahren-Signale
 Bei Dissoziation vor allem Depersonalisation, Derealisation und reduzierte
Schmerz-Erfahrung
 Handlungs-Impuls:
 Flucht
 Angriff
 Hilfe suchen
 Abschwächung:
 Durchatmen
 Das ist eine Erinnerung: Ich bin hier sicher
 Unterschiede beachten
 hinschauen
 bleiben
PuE
Grundthema: Sicherheit und Überleben
ja
PuE
ja
Ich sterbe jetzt.
Es ist vorbei. Ich habe überlebt.
Ich habe keine Kontrolle.
Ich habe jetzt (wieder) Kontrolle.
Ich bin hilflos.
Ich kann heute etwas tun.
Ich kann mich nicht schützen.
Ich kann lernen, mich zu schützen.
Ekel-Netzwerk
 Gedanken:
 Etwas als schädlich einschätzen
 Generalisation (Prinzip der Konformität und der Ähnlichkeit)
 Körper-Reaktionen und Körper-Ausdruck:
 Übelkeit
 Speichel-Sekretion
 Würg- und Brech-Reiz
 Gefühl von Kranksein
 Schnelle Atmung
 Gerümpfte Nase und hochgezogene Oberlippe, Mundwinkel nach unten, Kopf
zurückziehen, Zunge herausstrecken, Hände schützend heben
 Handlungs-Impuls:
 Vermeiden
 Abkehr
 Flucht
 Übergeben
 Waschen
PuE
Ärger- und Wut-Netzwerk
 Gedanken:
 ungerecht
 unfair
 Es sollte anders sein
 Körper-Reaktionen und Körper-Ausdruck:
 Anspannung (Oberschenkel, Kiefer-Gelenk - Mahlen des Kiefers
 Ballen der Fäuste
 Anspannung von Mund und Schultern
 Kreislauf-Aktivierung
 Wahrnehmung:
 Man ist sehr auf sich selbst konzentriert und bereit, jemanden zu verletzen
 Man sucht Bestätigung für seine eigene Wahrnehmung (Recht haben wollen)
 Man rechtfertigt die Impulse
 Handlungs-Impuls:
 Verbaler und/oder physischer Angriff
 Gegenstände werfen
 Abschwächung:
 Funktion sehen
 Nachteile erkennen
 Entscheidungen treffen
 Entgegengesetzte Körper-Haltung einnehmen
 Bis 10 zählen
 Akzeptanz üben
PuE
Grundthema: Wahl-Möglichkeiten
ja
ja
Ich bin gefangen.
Ich bin frei.
Ich kann nicht kriegen, was ich
will.
Ich kann erreichen, was ich will.
Ich habe keine Chance.
Ich habe eine Chance.
Ich kann niemandem vertrauen.
Ich kann wählen, wem ich
vertraue.
Ich kann es nicht aushalten.
Ich kann damit umgehen.
Ich bin allein und verlassen.
Ich kann Freunde finden.
PuE
Trauer-Netzwerk
 Gedanken:
 Ich habe jemanden oder etwas, der oder was mir wichtig ist, für immer oder für
lange Zeit verloren
 Es ist zum Verzweifeln
 Körper-Reaktionen und Körper-Ausdruck:
 Erschöpfungs-Gefühl
 Müdigkeit
 Schmerz oder Leere in Brust oder Darm
 Schluck-Probleme, Atem-Not, Schwindel
 weinen, klagen, schleppender Gang, hängende Schultern, starre Mimik,
heruntergezogene Mund-Winkel, monotone Stimme
 Wahrnehmung:
 Fokus auf Verlust
 Später Leere und Sinnlosigkeit
 Unfähigkeit, schöne Dinge wahrzunehmen
 Alles wirkt fahl, leer, abgestorben
 Handlungs-Impuls:
 einerseits Rückzug (sich verkriechen, nichts tun und grübeln)
 andererseits Signale an die Mitwelt: kümmert euch um mich, tröstet mich
 Abschwächung:
 Trauer begrenzen (zeitlich und einen Ort finden)
 Fokus auf das Vorhandene
PuE
Problem-Verhaltens-Weisen
 Aufbauen von Stress
 Aufsuchen von stressigen Situationen
 Suizid-Versuch
 Aggression
 Selbst-Verletzung
 Fress-Anfälle (gestörtes Ess-Verhalten)
 Alkohol-, Medikamenten- und anderer Drogen-Missbrauch
 Extremsport
 Hochrisiko-Verhalten (z.B. ohne zu Schauen über die Straße gehen)
 Therapie zerstörendes Verhalten
 Promiskes Verhalten
 Dissoziation
 gestörter Schlaf
DP
Typische Disstress-Muster (tDM)
Sozial-Engagementoder Resilienz-Typ
Kampf-Typ
Flucht-Typ
Schreck-Typ
DP
Sozial-Engagement- oder Resilienz-Typ
 Eigenschaften






Widerstands-Kraft
Zuversicht
Realistische Selbst-Einschätzung
Leben ist Entwicklung
Wachsen an Herausforderungen
Konflikt-Bewältigungs-Kompetenzen
 Ursachen in der Entwicklung
 Wärme, Unterstützung, Sicherheit (sichere Bindung) und Geborgenheit bei
den Eltern (bei primären Bezugs-Personen)
 Erfahrung von Selbst-Wirksamkeit
 Gute Anbindung an sich selbst, d. h. guter Kontakt zu eigenen Körper, zu
den Gefühlen und zur Lebens-Geschichte
 Erfahrung von Stimmigkeit (Kohärenz) bei Körper-Empfinden, Gefühlen und
Gedanken (kaum Fragmentierungen und Abspaltungen)
 Adäquate dialogische Stress-Regulierung, die verinnerlicht wird
 Dynamische, situationsgerechte Beziehung zwischen Exploration und
sicherer Bindung
 Sätze:





Ein Konflikt haut mich nicht so leicht um.
Das bekomme ich schon hin.
Konflikte sind meist zu bewältigen.
Ich muss nicht alles allein bewältigen.
Bekomme ich es nicht hin, kann ich mir Unterstützung holen.
tDM
Kampf-Typ
 Eigenschaften








Verbissenheit
Konkurrenz-Denken
Überaktivität
Gereiztheit
„Leben ist Kampf“
Leistungs-Druck
Perfektionismus
Starkes Kontroll-Bedürfnis
 Ursachen in der Entwicklung




Überbewertung von Leistung
Kämpferische Haltung der Eltern
„Machen“
Kind bekommt Zuwendung und Anerkennung für kämpferisches Verhalten
 Sätze:
 Lass dir nichts gefallen.
 Angriff ist die beste Verteidigung.
 Von nichts kommt nichts.
 Lernthemen





Es ist in Ordnung, Fehler zu machen.
Mehr aus Freude als aus dem Bedürfnis nach Anerkennung handeln.
Aktiv entspannen, sich selbst genießen
Neues Zeit-Management
Delegieren von Aufgaben, Loslassen von Kontrolle
tDM
Flucht-Typ
 Eigenschaften








Rückzug
Abschalten
Ausweichen
In Träumereien, beim Fernsehen, in Büchern versinken
Unangenehme Situationen meiden
Sich sehr anpassen
Sich betäuben (Drogen)
Teilweise Antriebs-Armut
 Ursachen in der Entwicklung




Eltern sehr angepasst
Konflikte werden nicht angesprochen, sondern durch Flucht oder Rückzug gelöst
Unbehagen bei Nähe
Schwierigkeiten in sozialen Kontakten
 Sätze:
 Bloß weg hier.
 Mach, dass du wegkommst.
 Erst mal abwarten.
 Lernthemen





Man kann über Konflikte reden und sie klären.
Wünsche formulieren
Weniger angepasst sein
Ausweich-Tendenz erkennen und üben, sich anders zu verhalten
Sich um intensive Kontakte bemühen
tDM
Schreck-Typ
 Eigenschaften









Viele Schuld-Gefühle
Wenig Selbst-Wert-Gefühl
Negative Einstellung zu sich selbst
Hilflosigkeit
Resignation
Ängste verschiedener Art
Denk-Blockaden
Resignation und Pessimismus
Sich ausnutzen lassen
 Ursachen in der Entwicklung





Ständiges Kritisieren
Unberechenbarkeit der Eltern
Überbehütung
Starke Angst vor Liebes-Verlust
Auch einmaliges schwer traumatisierendes Erlebnis
 Sätze:
 Komm sofort her.
 Rühr dich nicht von der Stelle.
 Halt still, dann hört es von selbst wieder auf.
 Lernthemen





Durch Erkenntnis Selbst-Wert-Gefühl aufbauen.
Negativität abbauen
Aktives Verhalten nach und nach verstärken
Abbau der kritischen Selbst-Beobachtung
Mehr Körper-Spannung aufbauen und Bewegung als Befreiung erleben
tDM
Schwere Belastungen oder
besondere Veränderungen
F43
 Die Störungen dieses Abschnittes unterscheiden sich von den übrigen nicht nur
aufgrund der Symptomatologie und des Verlaufs, sondern auch durch die Angabe von
ein oder zwei ursächlichen Faktoren:
 ein außergewöhnlich belastendes Lebens-Ereignis, das eine akute Belastungs-Reaktion
hervorruft, oder
 eine besondere Veränderung im Leben, die zu einer anhaltend unangenehmen Situation
geführt hat und eine Anpassungs-Störung hervorruft.
 Obwohl weniger schwere psychosoziale Belastungen („life events") den Beginn und das
Erscheinungs-Bild auch zahlreicher anderer Störungen dieses Kapitels auslösen und
beeinflussen können, ist ihre ätiologische Bedeutung doch nicht immer ganz klar.
 In jedem Fall hängt sie zusammen mit der individuellen, häufig idiosynkratischen
(eigentümlichen) Vulnerabilität, das heißt, die Lebens-Ereignisse sind weder notwendig
noch ausreichend, um das Auftreten und die Art der Krankheit zu erklären.
 Im Gegensatz dazu entstehen die hier aufgeführten Störungen immer als direkte
Folge der akuten schweren Belastung oder des kontinuierlichen Traumas.
Das belastende Ereignis oder die andauernden, unangenehmen Umstände sind
primäre und ausschlaggebende Kausalfaktoren, und die Störung wäre ohne ihre
Einwirkung nicht entstanden.
 Diese Störungen können insofern als Anpassungs-Störungen bei schwerer oder
kontinuierlicher Belastung angesehen werden, als sie erfolgreiche BewältigungsStrategien behindern und darum zu Problemen der sozialen Funktions-Fähigkeit führen.
Akute Krisen- oder Belastungs-Situation 1 (F43.0)
F43
 Eine akute Krisen- oder Belastungs-Situation ist eine vorübergehende Störung, die sich
bei einem psychisch nicht manifest gestörten Menschen als Reaktion auf eine
außergewöhnliche physische oder psychische Belastung entwickelt, und die im
Allgemeinen innerhalb von Stunden oder Tagen abklingt.
 Diese Symptome sind eine Schutzreaktion auf den massiven Stress , sie sind eine
„normale Reaktion auf eine unnormale Situation“.
 Die akute Belastungs-Störung tritt unmittelbar nach dem Schock auf und kann Tage und
bis zu ca. vier Wochen nach dem traumatischen Erlebnis andauern.
Erst wenn die Symptome länger bestehen bleiben oder sich ausweiten, spricht man von
einer Posttraumatischen Belastungsstörung.
 Die individuelle Vulnerabilität und die zur Verfügung stehenden BewältigungsMechanismen (Coping-Strategien) spielen bei Auftreten und Schwere-Grad der akuten
Belastungs-Reaktionen eine Rolle.
 Die Symptomatik zeigt typischerweise ein gemischtes und wechselndes Bild,
 beginnend mit einer Art von „Betäubung",
 mit einer gewissen Bewusstseins-Einengung und
 eingeschränkten Aufmerksamkeit,
 einer Unfähigkeit, Reize zu verarbeiten und
 Desorientiertheit.
Akute Krisen- oder Belastungs-Situation 2 (F43.0)
F43
 Diesem Zustand kann
ein weiteres Sich-Zurückziehen aus der Umwelt-Situation folgen (bis hin zu dissoziativem
Stupor (F44.2),
oder aber ein Unruhezustand und Überaktivität (wie Flucht-Reaktion oder Fugue
(F44.1)).
Vegetative Zeichen panischer Angst wie Tachykardie, Schwitzen und Erröten treten
zumeist auf.
Die Symptome erscheinen im Allgemeinen innerhalb von Minuten nach dem belastenden
Ereignis und gehen innerhalb von zwei oder drei Tagen, oft innerhalb von Stunden
zurück.
Teilweise oder vollständige Amnesie (siehe F44.0) bezüglich dieser Episode kann
vorkommen.
Wenn die Symptome andauern, sollte eine Änderung der Diagnose in Erwägung
gezogen werden.
 Inkl.: Akut: Belastungs-Reaktion, Krisen-Reaktion, Kriegs-Neurose, Krisen-Zustand,
psychischer Schock, Nerven-Zusammenbruch (eine Art Betäubung, Depersonalisation,
diverse vegetative Symptome)
Posttraumatische Belastungs-Störung 1 (F43.1)
F43
 Diese PTBS (auch traumatische Neurose) entsteht als eine verzögerte oder protrahierte
Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine belastende, extrem bedrohliche
Lebens-Situation kürzerer oder längerer Dauer, die über das zu Erwartende hinausgeht
wie berufliche Misserfolge, Auseinanderbrechen der Partnerschaft, Tod eines nahen
Angehörigen, Kriege, Terror, Unfall, Opfer von Verbrechen und Natur-Katastrophen und
die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde.
 Die komplexe PTBS entwickelt sich nach dem Erleben eines Belastungs-Ereignisses,
das typischerweise extremer und langandauernder Art ist und aus dem eine Flucht
schwierig oder unmöglich ist (Krieg, Gefangenschaft, Folter, jahrelange Gewalterfahrung,
Bindungstraumata und sexuelle Gewalt).
Die komplexe PTBS ist u.a. gekennzeichnet durch:
Schwierigkeiten in der Gefühls-Regulation, Suizidalität, exzessives Risiko-Verhalten,
ausgeprägte Gefühle von Schuld und Scham, resignierte Lebens-Haltung, geänderte
Lebens-Einstellungen, starkes Misstrauen, Vermeidung sozialer Kontakte , Gefühle der
Wertlosigkeit, Somatisierung, Amnesie, Dissoziation bis hin zur multiplen Aufspaltung der
Persönlichkeit.
 Komorbidität: Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und
Merkmalen assoziiert und oft Sucht und Suizid-Gefährdung (Suizid-Gedanken sind
nicht selten).
 Verlauf: Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz von Wochen bis 6 Monaten
Länger als 6 Monate Wechsel zur andauernden Persönlichkeits-Störung nach ExtremBelastungen (F 62.0).
Posttraumatische Belastungs-Störung 2 (F43.1)
F43
 Typische Merkmale 1:
a. Persönlichkeit war vor dem Trauma unauffällig, keine Störung der PrimärPersönlichkeit wie bei den sonstigen Neurosen
(Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, z. B. zwanghafte (F60.5) oder
asthenische (abhängige) (F60.7) Persönlichkeits-Züge oder neurotische Krankheiten
in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms
senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder
notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären.)
b. Reaktion auf wiederholtes Erleben des Traumas, Intrusion in sich spontan
aufdrängenden Erinnerungen als Nachhall-Erinnerungen (Flashbacks als
unkontrollierbares Wiedererleben des traumatischen Ereignisses in Form von
Bildern, Gedanken, Wahrnehmungen, Träumen; ein Handeln und Fühlen, als ob das
traumatische Ereignis wiederkehrt), die zu ähnlichen psychischen Reaktionen führen
wie das Ereignis selbst, Träumen oder Alpträumen
c. vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls
 von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit,
 Gleichgültigkeit,
 Interessen-Verlust,
 Rückzugs-Verhalten gegenüber Menschen,
 Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber,
 Freudlosigkeit (Anhedonie, Verlust der Lebens-Freude)
Posttraumatische Belastungs-Störung 3 (F43.1)
F43
 Typische Merkmale 2:
d. mit Dissoziation von Erinnerungen (Amnesie …)
e. Bewusste und unbewusste Vermeidung und Betäubung von Reizen, die mit dem
Trauma verbunden sind, z.B. Orte, Aktivitäten, Personen, Gedanken, Gefühle,
Körper-Zustände, von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma
wachrufen könnten.
f. Meist tritt ein Zustand auf von vegetativer Übererregtheit mit
 Vigilanz-Steigerung,
 übermäßiger Schreckhaftigkeit,
 Angespanntheit,
 Schlaf-Störung,
 Störungen der Konzentrations-Fähigkeit,
 Reizbarkeit und Wut-Ausbrüchen.
Anpassungs-Störung 1 (F43.2)
 Hierbei handelt es sich um Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler
Beeinträchtigung, die im Allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern
und auftreten während des Anpassungs-Prozesses nach einer entscheidenden
Lebens-Veränderung oder belastenden Lebens-Ereignissen, im engeren Sinne
bei Änderung des sozialen Gefüges (z. B. Tod eines Partners – abnorme TrauerReaktion).
 Die Belastung kann
 das soziale Netz des Betroffenen beschädigt haben (wie bei einem Trauer-Fall
oder Trennungs-Erlebnissen) oder
 das weitere Umfeld sozialer Unterstützung oder
 soziale Werte (wie bei Emigration oder nach Flucht).
Sie kann auch in einem größeren Entwicklungs-Schritt oder einer Krise bestehen
(wie Schul-Besuch, Elternschaft, Misserfolg, Erreichen eines ersehnten Zieles und
Ruhestand).
Inkl.: Hospitalismus bei Kindern, Kultur-Schock
Exkl.: Trennungs-Angst in der Kindheit (F93.0)
F43
Anpassungs-Störung 2 (F43.2)
 Verlauf: Die Störung beginnt im Allgemeinen innerhalb eines Monats nach dem
belastenden Ereignis oder der Lebens-Veränderung.
Dauer max. 6 Monate.
Danach Wechsel zu Persönlichkeits-Störung nach Extrem-Belastungen (F 62.0)
 Die individuelle Prädisposition oder Vulnerabilität spielt bei dem möglichen Auftreten
und bei der Form der Anpassungsstörung eine bedeutsame Rolle.
Es ist aber dennoch davon auszugehen, dass das Krankheits-Bild ohne die
Belastung nicht entstanden wäre.
Die Anzeichen sind unterschiedlich und umfassen
 depressive Stimmung,
 Angst oder
 Sorge
 oder eine Mischung von diesen.
 Störungen des Sozialverhaltens (F91) können insbesondere bei Jugendlichen ein
zusätzliches Symptom sein.
 Hervorstechendes Merkmal kann eine kurze oder längere depressive Reaktion oder
eine Störung anderer Gefühle und des Sozialverhaltens sein.
 Außerdem kann ein Gefühl bestehen, mit den alltäglichen Gegebenheiten nicht
zurechtzukommen, diese nicht vorausplanen oder fortsetzen zu können.
F43
Dissoziative Störungen (F44)
 Allgemein 1
 Allgemein 2
 Allgemein 3
 Dissoziative Amnesie (F44.0)
 Andere dissoziative Störungen 1
 Andere dissoziative Störungen 2
F43
Allgemein 1
F44
 Eine dissoziative Störung besteht aus einer Unterbrechung und/oder fehlenden
Kontinuität in der normalen Integrations-Fähigkeit von
 Bewusstsein (Denken),
 Gedächtnis,
 Identität,
 Emotionen,
 Wahrnehmung,
 Körper-Vorstellung,
 motorischer Kontrolle und
 Verhalten.
 Eine Dissoziation der Persönlichkeit vollzieht sich, wenn das Individuum nicht über die
Fähigkeit verfügt, belastende Lebens-Ereignisse teilweise oder in Gänze zu integrieren.
 Das allgemeine Kennzeichen der dissoziativen oder Konversions-Störungen (Konversion
als Übertragung von Affekten wie Angst, Aggression, Wut, Ärger, Schuld, sexuelle TriebWünsche usw. auf Organe ist ein Abwehr-Mechanismus) besteht in teilweisem oder
völligem Verlust der normalen Integration
 der Erinnerung an die Vergangenheit,
 des Identitäts-Bewusstseins,
 der Wahrnehmung unmittelbarer Empfindungen sowie
 der Kontrolle von Körper-Bewegungen.
 dissoziiert: auf sich selbst von außen sehen, sich von sich selbst entfremden
assoziiert: durch die eigenen Augen sehen, mit den eigenen Ohren hören, im eigenen
Körper empfinden und fühlen
Allgemein 2
F44
 Es findet eine Entkoppelung u. a. zwischen körperlichen und psychischen Funktionen
im engeren Sinne als eine Dissoziation von Psyche und Leib statt (Freud sprach früher
von Hysterie).
 Im Unterschied zu Organ-Psychosen behalten körperliche Störungen AusdrucksCharakter (einem wird übel, wenn man eine Situation zum Kotzen findet) für die
zugrunde liegende psychische Störung (kein echter organischer Befund zu erheben).
Möglich sind:
 Blindheit (man will was nicht sehen),
 Lähmungen (das will ich nicht spüren),
 Taubheit (das will ich nicht hören),
 Zittern (das macht mir Angst),
 Schmerzen (das tat meiner Seele weh) und
 Gedächtnisstörungen (Amnesie – das will ich nicht mehr wissen)
 Nur Störungen der körperlichen Funktionen, die normalerweise unter willentlicher
Kontrolle stehen, und Verlust der sinnlichen Wahrnehmung sind hier eingeschlossen.
 Alle dissoziativen Störungen neigen nach einigen Wochen oder Monaten zur
Remission, besonders wenn der Beginn mit einem traumatisierenden Lebensereignis
verbunden ist.
Allgemein 3
F44
 Eher chronische Störungen, besonders Lähmungen und Gefühls-Störungen, entwickeln
sich, wenn der Beginn mit unlösbaren Problemen oder interpersonalen Schwierigkeiten
verbunden ist. Diese Störungen wurden früher als verschiedene Formen der
„Konversions-Neurose oder Hysterie" klassifiziert.
Sie werden als ursächlich psychogen angesehen, in enger zeitlicher Verbindung mit
traumatisierenden Ereignissen, unlösbaren oder unerträglichen Konflikten oder
gestörten Beziehungen.
 Die Symptome verkörpern häufig das Konzept der betroffenen Person, wie sich eine körperliche
Krankheit manifestieren müsste.
 Körperliche Ursache muss ausgeschlossen sein.
 Körperliche Untersuchung und Befragungen geben keinen Hinweis auf eine bekannte
somatische oder neurologische Krankheit.
 Zusätzlich ist der Funktions-Verlust offensichtlich Ausdruck emotionaler Konflikte oder
Bedürfnisse.
 Die Symptome können sich in enger Beziehung zu psychischer Belastung entwickeln und
erscheinen oft plötzlich.
 Störungen mit Schmerz und anderen komplexen körperlichen Empfindungen, die durch
das vegetative Nervensystem vermittelt werden, sind unter SomatisierungsStörungen (F45.0) zu klassifizieren.
 Die Möglichkeit eines späteren Auftretens ernsthafter körperlicher oder psychiatrischer
Störungen muss immer mitbedacht werden.
 Inkl.: Hysterie, hysterische Psychose, Konversions-Hysterie, Konversions-Reaktion
Exkl.: Simulation [bewusste Simulation] (Z76.8)
Dissoziative Amnesie (F44.0)
F44
 Das wichtigste Kennzeichen ist der Verlust der Erinnerung (Amnesie) für meist
wichtige aktuelle Ereignisse, die nicht durch eine organische psychische Störung
bedingt ist und für den eine übliche Vergesslichkeit oder Ermüdung als Erklärung nicht
ausreicht. Die Amnesie bezieht sich meist auf traumatische Ereignisse wie Unfälle oder
unerwartete Trauerfälle und ist in der Regel unvollständig und selektiv.
 Eine vollständige und generalisierte Amnesie ist selten, dann gewöhnlich Symptom
einer Fugue (F44.1) und auch als solche zu klassifizieren. Die Diagnose sollte nicht bei
hirnorganischen Störungen, Intoxikationen oder extremer Erschöpfung gestellt werden.
 Exkl.:Alkohol- oder sonstige substanzbedingte amnestische Störung (F10-F19, vierte
Stelle .6) Amnesie: anterograd (R41.1)
 retrograd (R41.2) Nicht alkoholbedingtes organisches amnestisches Syndrom (F04)
Postiktale Amnesie bei Epilepsie (G40.-)
 psychogener Dämmer-Zustand –
 Es treten Orientierungs-Störungen auf, Bewusstsein ist getrübt oder eingeengt, aber einfache
und gewohnte Tätigkeiten können verrichtet werden
 Psychogene Reaktion, keine medizinischen Befunde
 es werden in der Regel traumatisierende Ereignisse ausgeblendet
 also begrenzt auf bestimmte Inhalte und Zeit-Abschnitte im Leben
 Nur noch bruchstückhafte Erinnerung,
retrograd: vor einem Ereignis, anterograd: nach einem Ereignis
 Außerhalb des verdrängten Bereiches: Fähigkeit zum normalen Verhalten (Einkaufen, Essen
machen)
Andere dissoziative Störungen 1
F44
 Dissoziative Fugue (F44.1)
Eine dissoziative Fugue ist eine zielgerichtete Orts-Veränderung, die über die
gewöhnliche Alltags-Mobilität hinausgeht. Darüber hinaus zeigt sie alle Kennzeichen einer
dissoziativen Amnesie (F44.0). Die Person geht von Zuhause weg und nimmt eine frühere
Identität an.
Obwohl für die Zeit der Fugue eine Amnesie besteht, kann das Verhalten des Patienten
während dieser Zeit auf unabhängige Beobachter vollständig normal wirken.
Exkl.: Postiktale Fugue bei Epilepsie (G40.-)
 Dissoziativer Stupor (F44.2)
Dissoziativer Stupor wird aufgrund einer beträchtlichen Verringerung oder des Fehlens
von willkürlichen Bewegungen und normalen Reaktionen auf äußere Reize wie Licht,
Geräusche oder Berührung diagnostiziert. Dabei lassen Befragung und Untersuchung
keinen Anhalt für eine körperliche Ursache erkennen. Zusätzliche Hinweise auf die
psychogene Verursachung geben kurz vorhergegangene belastende Ereignisse oder
Probleme. Verlangsamung bis Erstarrung, Patient bewegt sich kaum mehr
Exkl.: Organische katatone Störung (F06.1) Stupor:depressiv (F31-F33) kataton (F20.2)
manisch (F30.2)
 Trance- und Besessenheits-Zustände (F44.3)
Bei diesen Störungen tritt ein zeitweiliger Verlust der persönlichen Identität und der
vollständigen Wahrnehmung der Umgebung auf. Hier sind nur Trance-Zustände zu
klassifizieren, die unfreiwillig oder ungewollt sind, und die außerhalb von religiösen oder
kulturell akzeptierten Situationen auftreten.
Exkl.: Zustandsbilder bei: Intoxikation mit psychotropen Substanzen (F10-F19, vierte
Stelle .0) organischem Psychosyndrom nach Schädelhirntrauma (F07.2) organischer
Persönlichkeits-Störung (F07.0) Schizophrenie (F20.-) vorübergehenden akuten
psychotischen Störungen (F23.-)
Andere dissoziative Störungen 2
F44
 Dissoziative Bewegungs-Störungen (F44.4)
Die häufigsten Formen zeigen den vollständigen oder teilweisen Verlust der BewegungsFähigkeit eines oder mehrerer Körper-Glieder. Sie haben große Ähnlichkeit mit fast jeder
Form von Ataxie, Apraxie, Akinesie, Aphonie, Dysarthrie, Dyskinesie, Anfällen oder
Lähmungen.
Inkl.: Psychogen: Aphonie, Dysphonie
 Dissoziative Krampf-Anfälle (F44.5)
Sie können epileptischen Anfällen bezüglich ihrer Bewegungen sehr stark ähneln.
Zungen-Biss, Verletzungen beim Sturz oder Urin-Inkontinenz sind jedoch selten.
Ein Bewusstseins-Verlust fehlt oder es findet sich stattdessen ein stupor- oder
tranceähnlicher Zustand.
 Dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungs-Störungen (F44.6)
Die Grenzen anästhetischer Haut-Areale entsprechen oft eher den Vorstellungen des
Patienten über Körper-Funktionen als medizinischen Tatsachen. Es kann auch
unterschiedliche Ausfälle der sensorischen Modalitäten geben, die nicht Folge einer
neurologischen Läsion sein können. Sensorische Ausfälle können von Klagen über
Parästhesien begleitet sein. Vollständige Seh- oder Hör-Verluste bei dissoziativen
Störungen sind selten.
Inkl.: Psychogene Schwerhörigkeit oder Taubheit
 Multiple Persönlichkeits-Störung (F44.81)
auch hier eine Form der Dissoziation in Teilpersönlichkeiten auch bei Borderline
Trauma-Induktion durch Mindmapping (MM)
(Kartografierung des Geistes)
 Prosoziales und antisoziales Mindmapping
 Entstehung und Merkmale
 Mindmasking und traumatisches Mindmapping
 Therapie bei traumatischem Mindmapping
 Realer und mentaler Inzest
 Psychogene Amnesie
F43
Prosoziales und antisoziales Mindmapping
mitfühlen
verstehen
prosoziale
Empathie
Mindmapping
antisoziale
Empathie
lügen
MM
manipulieren
jemandem
etwas
weißmachen
täuschen
Irrglauben
unterjubeln
SchadenFreude
 Das Gehirn ist eine Maschine, auf die grundlegende
Funktion ausgerichtet, das Verlangen anderer
Menschen zu erkennen.
 Verlangen (Bedürfnisse) ist grundlegender als
Emotionen.
Verlangen ist das erste, was ein Kind erlebt, versteht
und zum Ausdruck bringt.
 Unser Geist schreibt, da unsere Hirn-Funktionen für
unser Überleben sorgen, den Regungen und Aktionen
anderer Menschen permanent Bedeutung zu.
 Mindmapping ist die im Gehirn angelegte ÜberlebensStrategie, sich eine Landkarte der inneren Vorgänge
bei anderen Menschen anzulegen, um so das
Verhalten von Menschen voraussagen und sich, wenn
erforderlich, besser schützen zu können.
 Dementsprechend findet Mindmapping als
interpersoneller Prozess fortwährend und auch
unbemerkt von der mappenden (also
kartographierenden) Person statt.
Mindmapping: Entstehung und Merkmale
MM
 Mindmapping
 beginnt mit ca. 3 Monaten (Augen-Bewegungen verfolgen)
 wird mit ca. einem Jahr zur geteilten Aufmerksamkeit (soziales Zeigen)
 führt mit etwa ab 4 Jahren zur Entdeckung, dass Erwachsene/Eltern sich irren und
darum auch getäuscht werden können und manchmal auch Schlechtes mit dem
Kind vorhaben bzw. ihnen nicht das Beste geben, was sie ihnen geben könnten
(Straßen-Engel – Haus-Teufel)
 führt mit ca. 6 Jahren dazu, dass das Kind weiß, was antisozial ist und den
Unterschied zwischen Lügen und Vortäuschen erfassen kann.
 wechselt ab ca. 11 Jahren in die erwachsene Form über, d. h. auch Sarkasmus
und Ironie als Abkopplung von Realität werden verstanden.
 Es gibt keine geschlechtsspezifischen Unterschiede beim Mindmapping.
 Mindmapping gelingt eher bei anderen als bei sich selbst, so dass man im Hinblick auf
das, was im Partner geschieht, richtig und bei sich selbst komplett daneben liegen
kann. Die Vorstellung, dass wir Experten in Introspektion sind, ist falsch.
 Mindmapping gelingt nicht
 bei einigen Formen der Schizophrenie (z. b. katatone Form)
 bei einigen Formen des Autismus und des Asperger-Syndroms
 wenn das, was durch Mindmapping wahrgenommen wird, traumatisierend wirkt.
Mindmasking und traumatisches Mindmapping
MM
 Der Geist ist in der Lage, die Wirklichkeit zu verzerren.
 Traumatisches Mindmapping meint, dass wir uns durch Dissoziation,
durch Desintegration des Gehirns blind machen, damit wir nicht
unter den Konsequenzen leiden müssen, die wir hätten, wenn wir
das zulassen würden, was wir mappend erlebt haben.
So entstehen autobiografische Lücken oder systematische
Unterbrechungen in der Mindmapping-Fähigkeit.
Mindmasking
Mindmapping
traumatisches
Mindmapping
 Das Gehirn bewahrt Informationen von Ereignissen in
unterschiedlichen Arealen des Gehirns auf.
Wörter werden an anderer Stelle abgelegt als Bilder.
Informationen werden an anderer Stelle aufbewahrt als sie
hervorgerufen werden.
So ist es möglich, dass man sich an Situationen erinnert, jedoch den
Zusammenhang zu den beteiligten Personen nicht mehr parat hat.
Man weiß nicht mehr, was die Beteiligten Personen gedacht und
gefühlt haben.
Es kommt zu Erinnerungen ohne Mindmapping.
 Menschen haben auch die Fähigkeit, sich vor dem Mindmapping
durch andere abzuschirmen.
Auch das sog. Mindmasking ist eine Überlebens-Strategie unter
schwierigen sozialen Bedingungen (gewalttätige Eltern, Folter etc.).
Therapie bei traumatischem Mindmapping
MM
 Therapeut/-innen
 vermuten oft, dass antisoziale Menschen keine Fähigkeiten zur
Empathie haben, und nehmen die vermeintliche
Empathielosigkeit als Grund für das destruktive Verhalten
(entschuldigend) an,
 übersehen oft wirklich destruktive Erziehung und
 weigern sich oft, Grausamkeiten (von Eltern gegenüber ihren
Kindern oder von Paaren untereinander) zu erkennen, weil sie
Angst davor haben, sie anzusprechen und nicht wissen, wie sie
konstruktiv damit umgehen können.
 weigern sich oft, anzuerkennen, dass manche Menschen
gemeine, fiese, schädliche, antisoziale, feindliche Dinge tun, weil
sie sie tun wollen.
 kokonstruieren dadurch mit den Klient-/innen eine Realität, die
nicht heilsam ist.
•
Reaktivierung von Erinnerungen erfolgt über Vervollständigung von szenischen BildProzessen (rechtshemisphärisch).
Was ist real in den Beziehungen geschehen? Wer hat was gesehen/erlebt, was er nicht
sehen/erleben wollte, weil (damals) die Konsequenzen unerträglich waren?
•
Es geht darum, die getilgten Situationen ins Bewusstsein zurückzurufen, so dass die damit
verbundenen Löschungen, Sicht-Weisen und Entscheidungen verändert werden können
Realer und mentaler Inzest
Fantasie
real
Übergriff
Lust
Trauma
GrenzVerlust
Angst
Wut
Scham
SchuldGefühl
MM
Beispiel für die „energetische“ Bedeutung des traumatischen Mind-Mapping bei
Rosenberg S. 308f:
 Viel ausschlaggebender als der sexuelle Akt an sich ist, dass das Kind die
Energie der Erregung, die von der belästigenden Person ausgeht, nicht
halten kann. Allein schon die Stärke dieser Energie kann ein Kind in Panik
versetzen.
 Inzest bedeutet ein gewaltsames Überschreiten sowohl der energetischen
(oder mentalen) als auch körperlichen Grenzen des Kindes.
Es muss nicht einmal eine tatsächliche physische Belästigung stattgefunden
haben. Sie ist vielleicht nur auf der Energie-Ebene (im Mind-Mapping) erfolgt.
Es ist egal, ob der Vorfall wirklich oder nur in der Vorstellung stattgefunden
hat: Das Gefühl, überfallen worden zu sein, und die Panzerung im Körper
sind real.
 Vater oder Mutter oder das Geschwister-Kind sind in der Erregung gefangen
und von ihrer normalen Art, sich auf das Kind zu beziehen, völlig getrennt.
Das bedeutet, dass das Kind nicht nur von der eindringenden Energie
überwältigt wird, sondern außerdem von einem Menschen abgeschnitten ist,
der ihm sonst nährenden Halt gibt.
Das macht das Erlebnis zu einer ebenso einsamen wie schrecklichen
Erfahrung. Sie isoliert das Kind, weil es sich niemandem mitteilen kann.
 Der Grund, warum viele Leute nicht über Inzest-Vorfälle sprechen wollen, ist
häufig der, dass sie die damit verbundenen Gefühle abgespalten haben.
MM
Psychogene Amnesie
Arthur P. Moves: Modern Clinical
Psychiatry, 1934
 Bei der psychogenen Amnesie ist das Fehlen von Erinnerungen ein aktivere
Selbst-Schutz-Prozess; der Patient weigert sich zu erinnern…
Das Bewusstsein wird vor unangenehmen und unbequemen Erinnerungen
geschützt.
 Ein solcher Gedächtnis-Schwund weist auf eine unbewusste RealitätsVerleugnung hin.
Diese Schlussfolgerung wird von der Beobachtung gestützt, dass viele
Patienten solange behaupten, ihre Kindheit sei eine glückliche Zeit gewesen,
bis durch die Analyse enthüllt wird, dass ihre Eltern gleichgültig, grob und
manchmal sogar grausam waren.
 Menschen haben ihre Erinnerungen an diese frühe Zeit blockiert, weil sie zu
schmerzlich und angsterregend sind, um akzeptiert werden zu können.
Aber wenn die Kindheit dem reifen Bewusstsein verloren geht, geschieht das
gleiche mit der offenen und ganzherzigen Liebe des Kleinkindes und der
Unschuld des Kindes.
 Tatsächlich aber sind weder die Entwicklungs-Stufen noch die Erinnerungen
daran verlorengegangen.
Sie wurden zurückgezogen und verkapselt.
Trauma-Entstehung (TE)
 Menschen-, Selbst- und Welt-Bild 1
 Menschen-, Selbst- und Welt-Bild 2
 Hauptquellen für Traumata
 Trauma-Auswirkungen
 Frühe Schock- und Trauma-Erlebnisse
 Traumatisierungs-Prozess
 Störung der Selbst-Regulation
 Traumatisierungs-Symptome 1
 Traumatisierungs-Symptome 2
 Symptom-Liste 1
 Symptom-Liste 2
 4 Haupt-Symptome für Traumata
 Schutz- und Verteidigungs-Strategien 1
 Schutz- und Verteidigungs-Strategien 2
 Zustände von Gesundheit oder Traumatisierung 1
 Zustände von Gesundheit oder Traumatisierung 2
 Zustände von Gesundheit oder Traumatisierung 3
 Zustände von Gesundheit oder Traumatisierung 4
F43
Menschen-, Selbst- und Welt-Bild 1
TE
 Intimität mit uns selbst und damit mit dem großen Ganzen zu finden,
verlangt ernsthafte Hingabe und Wissen, was uns durch Prozesse
hindurchhelfen kann, uns mit dem zu verbinden, was wir wirklich sind:
verkörperte Prozesse.
Wir sind als Menschen keine Persönlichkeiten, sondern dynamische, sich
selbst erhaltende und organisierende Prozesse, die sich jede Minute
unseres Lebens entfalten.
Wir müssen uns als laufenden, sich entwickelnden Prozess verstehen und
nicht als festgelegten Charakter.
 Der Preis, den wir für die Vermeidung der persönlichen Themen um Leben
und Tod, Selbst-Erforschung und Selbst-Verwirklichung bezahlen, wird
immer höher.
Es ist dringend notwendig, in einem Meer von Eventualitäten und
Unsicherheit mit der richtunggebenden Erfahrung des Selbst verbunden zu
bleiben.
 Veränderung ist im Grund Verwandlung unserer inneren WahrnehmungsStruktur. Wenn wir anders wahrnehmen, verändert sich die Welt um uns.
Unsere innere Struktur hat zuallererst damit zu tun, wie wir unseren Körper
erleben, wie wir „eingekörpert“ (embodied) sind.
Die Art, wie wir unseren Körper erleben und empfinden, und zwar
besonders die vier großen Körper-Höhlen – Kopf, Brust-Korb, Bauch-Höhle
und Becken – bestimmte die Art und Weise, wie wir Welt erleben und
empfinden.
Menschen-, Selbst- und Welt-Bild 2
TE
 Es gilt, zu verstehen, dass wir uns als grundsätzlich spirituelle Wesen mit dem
vordringlichen Wunsch nach leibender Verbundenheit erleben werden, wenn wir
lernen, tiefe Wertschätzung für die zu fühlen, die wir sind, und wenn wir zu den
Wurzeln unseres Seins zurückkehren.
 Wir müssen verstehen, dass ein direkter Zusammenhang zwischen der Art besteht,
wie wir unseren Körper erleben, und der Art, wie wir die Welt erleben.
Unsere Erfahrung und Wahrnehmung von Eigenprozessen und der Welt ist tief in
unserer Physiologie verwurzelt.
Die Art unseres Verhältnisses zum Körper, diesem somatischen Sammel-Behälter
unserer frühesten Erfahrungen, bestimmt darüber,
 in welche Beziehung wir zur Welt und zu unserer Umgebung treten können,
 wie wir uns mit anderen in intimen Beziehungen verbinden können und
 welchen Zugang wir zu einer geerdeten Spiritualität haben.
 Ich habe es aufgegeben, den Menschen als Zusammensetzung bestimmter
Charakter-Strukturen oder anderer klassifizierter Typologien zu betrachten.
Ich sehe jeden Menschen als in der Tiefe gesundes Wesen, das um des eigenen
Überlebens willen in einen bestimmten Prozess hat eintreten müssen.
Diese eigen-artige Weise des Prozessierens erhält in jedem Augenblick die
Stabilität und Funktions-Fähigkeit des Lebens einer bestimmten Person aufrecht,
denn sie ist ihre spezielle Form der Verbindung zur Quelle.
Hauptquellen für Traumata
Person wird in ihren
Grenzen verletzt, also
in ihrer Integrität nicht
anerkannt, muss sich
folglich, um sozial und
emotionale zu
überleben, tief und
wiederholt verleugnen
Trauma
TE
 Haupt-Quellen für Traumata sind Schock und Überwältigung
im Verbund mit der Verletzung persönlicher Grenzen oder
tiefer und wiederholter Verleugnung der Person.
Ein wesentlicher Teil von Trauma ist, dass die betroffene Person in
ihrer Integrität nicht anerkannt und der Körper auf physiologischer
Ebene überwältigt wird.
 Die Auswirkung eines traumatischen Ereignisses oder einer Folge
traumatisierender Ereignisse ist nicht abhängig von den
Ereignissen als solchen, sondern von der Empfindsamkeit des
empfangenden Organismus.
 Tatsächlich kann also das traumatisierende Ereignis eine
scheinbare „Kleinigkeit“ gewesen sein, beispielsweise




eine Spritze bekommen zu haben,
gefallen zu sein,
sich verlassen gefühlt zu haben,
vernachlässigt oder schlecht behandelt worden zu sein.
Andere Beispiele dramatischerer Dimension sind
Der Körper wird auf
physiologischer
Ebene geschockt und
überwältigt






Stürze, Unfälle, Erkrankungen,
Operationen intrauterin und in der Kindheit mit Anästhesie,
Vergiftungen im Uterus und in der Kindheit,
Erfahrungen des Ertrinkens und Erstickens,
Impfungen,
unangenehme vorgeburtliche Erfahrungen und Geburts-Trauma mit
Sauerstoff-Mangel,
 Angriffe und Bisse durch Tiere
Trauma-Auswirkungen
TE
 Wenn wir überwältigende Erfahrungen in unserem frühen Lebens-Zeitraum, d. h. von
der Konzeption bis hin zum 3. Lebens-Jahr, mache, so wird unsere gesamte Sicht der
Welt, unsere Art, die Umwelt wahrzunehmen, und unsere Weise, in Kontakt zu gehen
(oder auch nicht), von unserem Körper-Gedächtnis oder – einfacher gesagt – von
unserem physiologischen Zustand beherrscht. Die Trauma-Spuren sind im Körper
grundgelegt und beginnen, ein Eigenleben zu führen.
 Viele von uns hatten früh im Leben Operationen, fühlten sich verzweifelt und hilflos
angesichts elterlicher Belastungen oder wurden durch andere Ereignisse geschockt, die
in Kinder-Augen extrem dramatisch erschienen.
Ertrinken, Fallen oder andere stresshafte Erlebnisse und unbemerkte Reiz-Überflutung
geschehen häufiger, als man denken möchte.
Tatsächlich ist der nachgeburtliche Schock in unserer „medizinisierten“ Gesellschaft so
alltäglich, dass wir kaum noch oder immer noch nicht einen gesunden Bezugs-Rahmen
für die normale Entwicklung von Kindern haben.
 Durch schützende Dissoziation früh abgespaltene Körper-Teile sind unfähig, Beiträge
zum erwachsenen Leben zu leisten. Vielmehr führen sie ein betäubtes, gelähmtes und
isoliertes Eigenleben in unserem Körper.
Ihre Aktivitäten stören unser reifes alltägliches Funktionieren und beeinträchtigen die
Kontinuität unserer Wahrnehmungs-Kohärenz.
 Was hier auf der Körper-Bühne gespielt wird, hat seine äußerliche Entsprechung in
Beziehungs-Problemen, Gefühlen der Entfremdung und der Abkehr von gewöhnlichen
und zugleich freudvollen Erfahrungen wie Menschen zu begegnen, Intimität zu
genießen oder sich eines Kontaktes zu erfreuen.
Frühe Schock- und Trauma-Erlebnisse
TE
 Frühe Schock- und Trauma-Erlebnisse treffen auf einen in Formung begriffenen
Organismus. Seine Abwehr-Reaktionen sind sehr begrenzt.
 Am Anfang des Lebens verfügen wir nur über rudimentäre Verteidigungs-Reaktionen.
Embryonale Abwehr-Mechanismen bestehen aus Bewegungen im Rumpf als PendelBewegungen entlang unserer Längsachse, deren Zentrum in der Wirbel-Säule liegt.
Sobald der Embryo einen unangenehmen Reiz erlebt, der ihn zu sehr stört, setzen
die Pendel-Bewegungen ein, mit denen er zu entkommen versucht.
 Die hochgradige Hilflosigkeit des sich entwickelnden kleinen Menschen lässt die
Bedrohung zur gefühlten potenziellen Vernichtung seiner Existenz werden –
mit strukturellen Folgen für das spätere Erleben der Welt. Da wir die TraumaErfahrungen in präverbaler Zeit gemacht haben, können wir aktuell ablaufende
somatische Fehl-Regulationen nicht in Verbindung mit frühen Traumata bringen.
 Da die Pendel-Bewegungen den angestrebten Schutz nicht schaffen können, muss
der Embryo eine Methode finden, sich gegen Gefährdung abzuschirmen.
Häufig besteht die einzige Art, mit einer solchen Verletzung umzugehen, in GewebeKontraktion, um die gefährdete Oberfläche zu verkleinern.
Er kann seinen Körper in einer Art energetischer und emotionaler Abwehr hart
machen, um sich gegen weitere unangenehme Gefühle zu schützen.
Diese Kontraktion kann sehr intensiv geschehen und sich anfühlen wie eine komplette
Erstarrung des Körpers.
 Später kann sich dieser Vorgang auf die Verdauung auswirken und möglicherweise
sogar zur Verschiebung emotionaler Themen in andere Organe führen.
Traumatisierungs-Prozess
TE
SauerstoffGehalt
steigt an
unangenehmer
Reiz
 Wenn all diese Verteidigungs-Versuche gegen den
überwältigenden Vorgang scheitern, kann der Embryo
schließlich die Verbindung zur Umwelt durch die NabelSchnur über den hypogastrischen Plexus unterbrechen.
NabelSchnurÖffnung
Pendeln
 Durch die Verbindungs-Unterbrechung erhält der Körper
des Embryos zu wenig Sauerstoff. Der CO²-Gehalt des
Blutes steigt an und löst eine heftige Not-Reaktion aus.
GewebeKontraktionen
KontrollVerlust
Zu wenig
Sauerstoff und
zu viel CO²
PanikSteigerung
GefahrWahrnehmung
 Der Embryo gerät in Panik und versucht, die NabelSchnur noch dichter zu verschließen.
NabelEine positive Rückkoppelungs-Schleife wird in Gang
Schnurgesetzt. Je höher der CO²-Gehalt des Blutes, desto
Verschluss
stärker schließt sich die Nabel-Schnur, desto mehr
steigert sich die Panik, desto mehr Gefahr nimmt der
Embryo im Körper wahr, desto stärker gerät er in einen
Dissoziation
dissoziativen Prozess.
vom Körper
als Träger  Am Ende steht ein körperlicher Kollaps, der für den
der SinnesEmbryo Kontroll-Verlust bedeutet und letztendlich die
Erfahrung
Nabel-Schnur wieder öffnet.
und erlebter
Gefahren-  Später im Leben kann diese früh geprägte VerteidigungsReaktion zu einem Gewohnheits-Muster werden, mit dem
Quelle
die Person Herausforderungen begegnet.
Störung der Selbst-Regulation
TE
 Die Übertretung persönlicher Grenzen ist immer ein Angriff auf unsere IdentitätsWahrnehmung, unser Kohärenz-Gefühl und unsere Würde.
Die Tatsache, dass viele Menschen die Heftigkeit der traumatischen Auswirkungen
leugnen, kann als Versuch gewertet werden, den eigenen Sinn für Integrität, Würde und
Ganzheit aufrecht zu erhalten.
 Es gibt viele Arten von Schock-Erleben, auf die der Körper mit plötzlicher
physiologischer Erregung und einer Anzahl automatischer Verteidigungs-Reaktionen
antwortet.
Der Körper wird in einen nervlichen und hormonellen Alarm-Zustand versetzt, der erhöhte
Energie für reflexartiges Körper-Verhalten wie Kampf- und Flucht-Reaktionen und andere
Formen des Selbst-Schutzes bereitstellt.
Wenn diese Energie nicht im sofortigen Handeln verbraucht werden kann, ergibt sich ein
Energie-Überschuss, der nicht weiß, wohin und was er tun soll.
 Findet Energie-Entladung im Körper nicht statt, wird die reibungslose Selbst-Regulation
gestört. Wir werden den Körper so wahrnehmen, als führe er ein selbstständiges Leben.
Tatsächlich führt der Körper die ganze Zeit ein physiologisch eigenständiges Leben.
Nun aber erfahren wir Abweichungen von den normalen Funktionen in Form von
Symptomen des autonomen Nerven-Systems, wie z. B. Zittern, Herz-Rasen, SchweißAusbrüche.
 Die Folge sind übertriebene physiologische Reaktionen auf unwichtige Reize, die nach
alltäglicher Einschätzung weder überwältigend noch lebensbedrohlich sind.
Diese Reaktionen stören den Lauf unserer Alltags-Erfahrung und Alltags-Anpassung.
Traumatisierungs-Symptome 1
TE
 Ein eher unscheinbarer Auslöser, der in irgendeiner Weise mit der Trauma-Erfahrung
verkoppelt ist, setzt die energetisch überladenen Nerven-Zyklen in Gang, die dann
Reaktionen hervorbringen, die eigentlich eine physiologische Erinnerung an die
Vergangenheit darstellen.
 Wir beziehen uns nicht mehr frei auf die äußere Wirklichkeit, sondern wir werden von
diesem aktivierten Energie-Zyklus und der Übererregung in unserem Körper beherrscht.
Solche Reaktionen sind beispielsweise






Erröten,
erhöhte Herz-Frequenz,
Ängstlich prüfendes Umherblicken,
Konzentrations-Schwierigkeiten,
Probleme beim Zuhören und bei der Informations-Aufnahme sowie
mangelndes Einfühlungs-Vermögen.
 Symptome für Traumatisierungen können erst Jahre später auftauchen und als bleibende
Variante der Körper-Funktion wahrgenommen werden, die scheinbar in keinem
Zusammenhang mit dem gegenwärtigen Lebens-Verlauf steht.
Manchmal werden diese Symptome erst nach Jahrzehnten erlebt, wenn unsere KörperKraft altersgemäß abnimmt und wir nicht mehr so intensiv an den Körper gebunden sind.
Da wir meist keinerlei Verbindungen zu relevanten Erlebnissen in der Vergangenheit
herstellen können, führt das
 zu Verwirrung, Ratlosigkeit und Unverständnis
 manchmal zu Angst und
 in Einzelfällen sogar zur Angst vor dem Verrückt-Werden.
Traumatisierungs-Symptome 2
TE
 Es ist nicht leicht, ein kohärentes Gefühl* innerhalb dieser Form der Regulation, der
autonomen Fehl-Regulation herzustellen.
 Wenn wir eine frühkindliche Traumatisierung erlebt haben, haben wir manchmal keine
bessere Lösung, als Rückmeldung von außen als Hinweis dafür zu nutzen, wie wir in der
Welt sind.
 Wir finden unsere Nervosität normal.
 Wir verkennen unsere Ruhelosigkeit als Charakter-Eigenschaft.
 Wir verstehen plötzliche Starre und Rückzug aus Kontakt als Schüchternheit.
 Da es gewöhnlich der betroffenen Person gar nicht einfällt, dass sie sich in einem
physiologischen Trauma-Zustand befindet, verbringt sie viel Zeit damit
 ihre Symptome zu behandeln und/oder
 über ihre Lage zu sprechen,
 anstatt zum physiologischen Kern des Trauma-Zustandes vorzudringen.
* Kohärenz ist ein Ausdruck von Gesundheit und beschreibt die Wiedererlangung der KörperRhythmen als eine Art synergistischer Koordination in den Rhythmen.
Kohärenz ist die Synchronisierung der Funktionen verschiedener Körper-Systeme.
Kohärenz beschreibt nicht nur die Koppelung der verschiedenen physiologischen Körper-Rhythmen
wie Atmung, Herz-Schlag oder Flüssigkeits-Resonanzen, sondern sie zeigt sich auch in der
Geschmeidigkeit von Körper-Bewegungen und in der Weichheit eines natürlichen und leichten KörperAusdrucks.
Kohärenz ist insofern wichtig, als sie die Grundlage für jegliche Resonanz mit der Welt und den
Menschen um uns herum bildet.
Sie ist daher die notwendige Vorbedingung für unsere Beziehungs-Fähigkeit.
Symptom-Liste 1
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
TE
Bedürfnis, sich ständig zu überarbeiten und ständiges Überanstrengungs-Gefühl
Drastisch verminderte Stress-Toleranz
Schlaf-Schwierigkeiten, Schlaf-Störungen und Schlaflosigkeit
Verlust der situativen Anpassungs-Fähigkeit und mangelnde Stress-Resistenz
Starre-Phänomene und Versteifungs-Muster in der physischen Organisation des
Körpers wie Zustände körperlicher Starre, die mit Gefühlen der äußersten Hilflosigkeit,
Verletzlichkeit und Ausgesetztsein einhergehen, Taubheits-Gefühl, Mangel an
Beweglichkeit, chronische Erschöpfung und andere Arten, mit denen wir die lauernde
Energie in unserem Körper unten halten können
Dissoziation von gegenwärtigen Situationen und Körper-Empfindungen, z. B.
fehlendes Gespür für bestimmte Körper-Regionen oder Auflösung des Ich-Gefühls
Leugnung jeglicher körperlicher oder geistiger Funktions-Beeinträchtigung
Isolations- und Ausgeschlossenheits-Gefühle, ständige Scham, verwirrt und
orientierungslos sein und sich nicht gesehen fühlen
Verhaltens- und Bindungs-Störungen als Unfähigkeit, sich festzulegen und nahe
Beziehungen oder sogar nur gemäßigte Interaktionen aufrechtzuerhalten
Unfähigkeit, Hilfe anzunehmen und andere soziale Störungen
Stimmungs-Schwankungen und ständige Ruhelosigkeit
Anspannung und Verkrampfung im Zwerchfell und anderen Körper-Geweben
Spannung an der Schädel-Basis und am Kreuzbein
Ein geschädigtes (soziales) Nerven-System (ventraler Vagus)
Symptom-Liste 2
TE
15. Plötzliche Übererregungs-Zustände und generelle Unfähigkeit, mit ErregungsZuständen umzugehen
16. Emotionale Auffälligkeiten wie übertriebene Todes-Angst, häufiges Weinen, WutAusbrüche, Alpträume, heftige Flashbacks
17. Angst-Störungen unter anderem als Angst, wahnsinnig zu werden oder zu sterben, als
Phobien, Panik-Attacken oder Zwangs-Störungen, als Möglichkeiten, die innere
Gefährdung des überspannten Körpers quasi dissoziiert im Außen zu erleben, und
hypochondrische Ängste
18. Betäubung der inneren Regulation durch Alkohol-Konsum und andere Arten der
Sinnes-Dämpfung
19. Eingeschränkte Atmung
20. Chronische Erschöpfung und sehr niedrige physische Energie
21. Immunsystems- und endokrinologische Probleme
22. Psychosomatische Erkrankungen, insbesondere Kopf-Schmerzen, Nacken und
Rücken-Probleme, Asthma, Reizdarm, schweres prämenstruelles Syndrom
23. eine Amygdala, die immer noch auf äußersten Not-Alarm eingestellt ist
24. Depression und Katastrophen-Fantasien in Verbindung mit einer gestörten inneren
Regulation des Körpers
Gemeinsamer Nenner all dieser Symptome ist der Mangel an innerer Regulation,
die dem Individuum erlauben würde, physiologisch und damit psychologisch auf die
gegenwärtige Situation zu reagieren.
Vier Haupt-Symptome für Traumata (4HS)
 Übererregung
 Dissoziation 1
 Dissoziation 2
 Anspannung und Verkrampfung
 Immobilisierung
TE
Übererregung
 Übererregung bezeichnet den Tatbestand, dass wir bereits durch kleine
Ereignisse aktiviert, erregt und angetrieben werden können.
 Übererregung stimuliert uns so stark, dass wir uns in unserem eigenen Körper
nicht mehr sicher fühlen und dazu neigen, die angenommene Gefahr nach
außen zu projizieren, statt sie mit unserem inneren Zustand in Verbindung zu
bringen.
 Möglicherweise fangen wir auf eine Weise an zu schwitzen und zu zittern, die
für andere nicht unbedingt erkennbar ist. Diese Situation nimmt jedoch unsere
Aufmerksamkeit so gefangen, dass die Aufnehme von Außeninformation
schwierig oder gar unmöglich wird.
 Erinnerungs-Verlust, Konzentrations-Mangel und das Fehlen von gefühltem
Kontakt begleiten die Übererregung.
 Die oft ängstlichen und feindseligen Emotionen werden durch den Grad der
inneren Erregung übermäßig verstärkt, so dass wir emotional unangemessen
reagieren.
 Wir können keinen gefühlten Kontakt mehr zum Körper halten, da es in vielen
Fällen beängstigend ist, mit diesem eigensinnig gewordenen Körper in
Beziehung zu treten.
 Unser Geist beschleunigt sich und unsere kreisenden und rasenden Gedanken
dienen verzweifelt dem Zweck, unsere unangenehmen Körper-Empfindungen
zu kontrollieren.
Dieses Denken bringt jedoch nichts Vernünftiges und Funktionales hervor.
4HS
Dissoziation 1
4HS
 Der Begriff der Dissoziation ist als eine mehr oder weniger ausgeprägte Partialisierung
und Fragmentierung der Wahrnehmungs-Kohärenz zu verstehen.
 Es gibt nicht nur eine bestimmte Dissoziation, sondern eine ganze Palette dissoziativer
Erfahrungen, die von Tag-Träumen über Freud‘sche Versprecher, Orientierungs- und
Koordinations-Mangel bis hin zu Symptomen wie geringer Aufmerksamkeits-Spanne, in
die Leere starren, Gedächtnis-Verlust, Halluzinationen, Depersonifizierung,
Derealisierung, Zwangs- oder dissoziativer Identitäts-Störung reichen.
 Wenn die Situation zu heftig wird und das Energie-Niveau vom Körper nicht länger
gehalten werden kann, muss unser Wahrnehmung schließlich in Stücke und Fragmente
zerbersten.
Wir verlieren den Sinn für Zusammenhang, Integrität und Ganzheit.
 Eine Lösung aus der unerträglichen Situation der Übererregung besteht darin zu
dissoziieren und dadurch unsere Aufmerksamkeit von der Körper-Wahrnehmung zu
trennen.
Unsere Aufmerksamkeit lässt sich leicht von der Quelle der Aufregung fortbewegen.
Wir driften weg.
 Der Sprung in den dissoziativen Selbst-Schutz ist in der Regel an einen Verlust von
Verteidigungs-Reaktionen wie Kampf-oder-Flucht und anderem aggressivem oder
selbstsicherem Verhalten gekoppelt.
Er geht einher mit einer Bewegung in Richtung Erstarrung und Immobilisierung.
Dissoziation 2
4HS
 Diese Abkopplung bringt vorübergehende Erleichterung und tut darum gut.
Wir machen „die Luken dicht“, was zur Illusion eines neuerlichen Gleichgewichts führt.
Wir scheinen „hier“ zu sein, sind aber nicht wirklich anwesend, denn ein wichtiger Teil
unserer Aufmerksamkeit hat sich der unmittelbaren Situation entzogen.
Nicht bei sich zu Hause zu sein, macht das Leben vorübergehend leichter, aber auf
Dauer unerfüllt und leer.
 Die Allgegenwärtigkeit von Teil-Dissoziationen zeigt, wie ungewöhnlich es für uns ist,
mit all unseren Sinnen in der Gegenwart zu weilen.
 Da Dissoziation ein gewohnheitsmäßiger Bezugs-Rahmen werden kann, fühlen wir sie
nicht mehr und betrachten wir sie als die normale Art, die Welt zu erleben.
Wir wissen oft nicht, wie abgetrennt wir tatsächlich sind.
 Weil Dissoziation vorübergehend als Ressource dienen kann, um eine unerträgliche
Situation zu überstehen, und sie sich grundsätzlich gut anfühlt, besteht nicht immer
eine direkt spürbare Notwendigkeit, voll in den Körper zurückzukehren.
Doch auf Dauer fühlen sich Menschen einsam und empfinden ihr ständiges
Getrenntsein vom bereichernden, sinnlichen Genuss des Lebens als unangenehm.
 Die Rückkehr aus dieser dissoziativen Einsamkeit verlangt jedoch eine durch die
begleitende Person vermittelte Behutsamkeit, Sicherheit und vorsichtige Freisetzung
der Energie, die wir im Alltag in aller Regel nicht bereitstellen können, solange wir von
unserem Erleben getrennt sind.
Anspannung und Verkrampfung
 Dissoziation, dieses „Sich-Abtrennen“ tritt wahrscheinlicher auf, wenn
unser Körper – gleich aus welchem Grund – im Zustand der Konstriktion,
der Anspannung und Verkrampfung ist.
Dann ist es beinahe unmöglich, mit unserem Körper und damit der
Sinnes-Grundlage all unseres Erlebens in Beziehung zu sein.
 Wir gehen in den Kopf uns kontrollieren unser Leben von dort aus, völlig
abgetrennt von mitschwingender emotionaler Resonanz.
Aus der relativen Sicherheit unseres Kopfes heraus überlassen wir uns
intellektuellem Räsonieren als Mittel der Aufrechterhaltung
anästhetischer Sicherheit.
Wir erleben die Welt aus der Position der Abgehobenheit und
Getrenntheit.
4HS
Immobilisierung
 Immobilisierung ist der grundlegendste Schutz-Modus des
Körpers, um sein Überleben in lebensbedrohlichen
Situationen zu sichern.
 Das Erleben von Immobilisierung ist eine der
schwierigsten Erfahrungen, die ein Mensch machen kann.
Es wird begleitet von Gefühlen höchster Verletzbarkeit,
schrecklicher Hilflosigkeit und Exponiertheit.
 All diese Reiz-Antworten sind jedoch natürliche,
angeborene Reaktionen des Körpers, die ursprünglich in
überwältigenden und bedrohlichen Situationen für Schutz
sorgten.
4HS
Schutz- und Verteidigungs-Strategien 1
TE
 Die Funktion unseres Körpers hängt nicht davon ab, ob wir sie verstehen.
Sie braucht nicht einmal unser Bewusstsein oder unsere Aufmerksamkeit.
Das Leben hält sich selbst ohne unser bewusstes Eingreifen aufrecht.
Unsere Lebendigkeit hat es schon gegeben, bevor wir bewusst genug wurden, um sie
wahrzunehmen.
Es ist die Aufgabe des autonomen Nerven-Systems, die körperlichen ÜberlebensParameter ständig im Gleichgewicht zu halten.
Das autonome Nerven-System stellt in seiner komplexen Vernetzung die regulierende
Überlebens-Funktion dar.
Die kardiovaskulären, respiratorischen, digestiven, urologischen und reproduktiven
Funktionen werden in ihrer Tätigkeit vom autonomen Nerven-System harmonisch
aufeinander abgestimmt.
 Der Sympathikus aktiviert den Körper, macht ihn zu aktivem Verteidigungs-Verhalten wie
der Kampf-oder-Flucht-Reaktion fähig und erhöht Stoffwechsel sowie mentale Wachheit.
 Der Parasympathikus innerviert die inneren Organe und reguliert die Erholungs- und RuheReaktionen. Der Vagus-Nerv mit seinem dorsalen und ventralen Komplex leitet rund 75 %
der parasympathischen Erregung und stellt daher einen zentralen Funktions-Teil des
parasympathischen Zweigs des autonomen Nerven-Systems dar.
 Ohne intakte und wirksame Ausstattung mit lebenserhaltenden Schutz- und VerteidigungsStrategien fühlt sich ein Mensch in seinem Körper nicht sicher.
 Eine gestaffelte Abfolge von Schutz-Mechanismen ermöglichst es uns, auf
unterschiedliche Gefährdung von außen differenziert zu reagieren.
Schutz- und Verteidigungs-Strategien 2
Soll der
festgefahrene
Funktions-Modus
im Körper befreit
werden, muss der
Übergang von
Immobilisierung
über Kampf-oderFlucht zu
Sozialkontakt
ermöglicht
werden.
Dies ist der Weg
der TraumaHeilung.
Umwelt
Das Anspringen
des ventralen
Vagus blockiert
automatisch die
Aktivierung des
sympathischen
Systems und der
Funktionen des
dorsalen Vagus.
Spontaner Sozialkontakt zu
anderen
Augen-Kontakt, Mimik und Prosodie
(Stimm-Klang) unterstützen die
viszerale Homöostase
[ventraler, myelinisierter VagusKomplex des Parasympathikus mit
Struktur: Kopf und
Funktion: soziale Kommunikation,
Selbst-Beruhigung]
* Neurozeption
außerhalb des Körper
innerhalb des Körpers
Nerven-System
Neurozeption*
LebensGefahr
Sicherheit
TE
bezeichnet die
Tatsache, dass das
autonome NervenSystem den Reiz
unabhängig von
und zeitlich
gesehen vor dem
Willkür-Bewusstsein
wahrnimmt und auf
diesen Input
autonom reagiert.
Gefahr
Verteidigungs-Strategien
Verteidigungs-Strategien
Kampf- und Flucht-Verhalten,
Mobilisierung
[Sympathikus mit
Struktur: Glieder und
Funktion: Bewegung als aktive
Vermeidung]
extreme Furcht und Panik,
Totstellen, Immobilisierung
[dorsaler, unmyelinisierter
Vagus-Komplex des
Parasympathikus mit
Struktur: Eingeweide und
Funktion: Erstarrung als
passive Vermeidung]
Zustände von Gesundheit oder Traumatisierung 1
TE
 Wenn die innere Regulation ständig auf die vergangene Gefährdungs-Situation
eingestellt ist, dann sprechen wir von Trauma.
Krankheit entsteht häufig aus unserer Unfähigkeit, angemessen auf Neues
reagieren zu können.
 Das bekannte oder unbekannte Vorliegen eines Traumas zieht die Fähigkeit einer Person
aufs Äußerste in Mitleidenschaft,
 offen zu sein, frei zu kommunizieren und
 die subtilen Nuancen auszusenden und wahrzunehmen, die unser Gegenüber zu
einem verlässlichen Partner für uns werden lassen.
 Der Bezugs-Rahmen unserer Gesellschaft hat sich stark verschoben, weil wir uns so
sehr an die einschränkende Wirkung traumatischer Überladung gewöhnt haben,
geschädigtes Interaktions-Verhalten als normal zu betrachten.
Es ist aber nicht normal.
 Die Fähigkeit, in einer aufkommenden Aktivierungs-Situation Aufmerksamkeit frei zu
lenken, ist ein Zeichen von Gesundheit.
Gesundheit und Wahl-Freiheit in Beziehungen können nur Platz finden, wenn unser
Körper-Gefäß durchlässig wird und wenig Widerstand gegen das leistet, was energetisch
auf uns zukommt, so dass wir uns der Schönheit der Welt aussetzen können.
 Wenn wir in einer nicht überfordernden Situation sind, arbeitet unser Gehirn mit seinen
drei wesentlichen Teilen, dem Hirnstamm, dem limbischen Gehirn und dem Großhirn,
selbstregulativ mit dem Autonomen Nervensystem (ANS) und unserem Körper
zusammen.
Zustände von Gesundheit oder Traumatisierung 2
TE
Zustände von Gesundheit oder Traumatisierung 3
 Nur mit einem feinfühlig regulierenden Nerven-System, das mit Leichtigkeit
zwischen den Zuständen von Immobilisierung, Kampf-oder-Flucht und sozialem
Kontakt hin und her wechselt, fühlen wir uns gesund und lebendig.
Nur mit einer regulationsfähigen „vagalen Bremse*“ können wir AlltagsSituationen angemessen begegnen und mit ihnen umgehen.
 Das angemessene Funktionieren unserer inneren Regulation entscheidet darüber,
 ob wir uns auf der Welt sicher oder unsicher fühlen,
 ob wir flexibel sind im Umgang mit äußeren Herausforderungen, mit Neuem,
mit Konflikten und
 ob wir eine lebenswerte Zukunft erleben.
 Sobald unsere Aufmerksamkeit erstarrt, überfokussiert, gebannt oder gefesselt
wird von einer einzigen Erfahrung,
 sinkt unsere Lebens-Qualität,
 schwindet unser Unabhängigkeits-Gefühl und
 schränkt sich die Reaktions-Fähigkeit ein.
* Wenn das soziale Nerven-System (ventraler Vagus) voll anspringt, erleben wir eine natürliche
Leichtigkeit in der Kommunikation und eine angenehme Beruhigung in unserem Inneren.
Dieses sanfte Regulieren innerer Aufregung nennt Porges die vagale Bremse.
TE
Zustände von Gesundheit oder Traumatisierung 4
TE
Da die innere Anpassungs-Fähigkeit und Regulation bei vielen von uns eingeschränkt ist,
müssen wir ständig äußere Regulations-Hilfen in Anspruch nehmen, um uns in
angenehme Zustände zu versetzen.
 Alkohol, Nikotin, Fernsehen, Computer-Spiele und andere Ablenkungen und
Stimulantien sind nur einige der Möglichkeiten.
 Abgesehen von Körper-Verspannungen ist unsere unregulierte Gefühls-Lage ein
weiterer Aspekt der Dysregulation.
Neben unberechenbaren Körper-Symptomen sehen wir uns Schlaflosigkeit,
Flashbacks, Alpträumen, dissoziativen Erfahrungen, Panik-Attacken, Phobien und
anderen Angst-Störungen gegenüber.
All diese Phänomene sind dabei nicht einmal an einen spezifischen Reiz, an ein
erkennbares Ereignis gebunden, was sie zu einer beängstigenden Erfahrung werden
lassen.
 In extremen Fällen zeigt unser Verhalten zwanghafte Züge als äußerliches Mittel,
innere Instabilität auszugleichen.
Mit dieser Blockade der neurozeptiven Reaktions-Fähigkeit können wir unser volles
Potenzial weder erleben noch entwickeln und in der Folge auch das nicht genießen,
was uns im Leben wahrhaft nährt.
Wir organisieren das, was wir für unser Selbst halten, um einen Schutz-Prozess
herum, den wir intuitiv nicht als unser wirkliches Selbst wahrnehmen.
Diese Schutz-Funktion stellt eine wichtige Einschränkung auf unserem Weg dahin dar,
ein resonanzfähiges Gefäß zu werden, das frei und ungehindert mit seiner Umwelt in
Kontakt treten kann.
Begleitung bei Disstress und
Psychotraumata (BDP)
 Trauma-Therapie-Pyramide
 Somatic Experiencing
 Psychodynamisch Imaginative Trauma-Therapie
 Ego-State-Therapie
 EMDR
 Drei Phasen der Trauma-Therapie
 Trauma-Heilung
F43
Trauma-Therapie-Pyramide
Integration
Trauma-Konfrontation
innere Sicherheit
tragfähige therapeutische Beziehung
äußere Sicherheit
BDP
Somatic Experiencing
BDP
 Bei Somatic Experiencing und anderen körperorientierten Ansätzen wird mit den Folgen
des überwältigenden Ereignisses im Körper gearbeitet.
 Überlebens-Reaktionen wie Kampf, Flucht und Erstarrung, die vom Körper instinktiv
vorbereitet wurden, konnten durch das überwältigende Geschehen nicht erfolgreich
abgeschlossen werden.
 Im Pendeln zwischen den traumatischen Erfahrungen und den vorhandenen
Ressourcen wird die immense als Symptom im Körper zurückgebliebene, teilweise in
Erstarrungs-Prozessen dissoziierte „Überlebens-Energie“ abreagiert und verarbeitet.
 Sich in der Therapie dem Körper wieder zuzuwenden, der die traumatischen
Erinnerungen trägt, kann zu Beginn der Entwicklungs-Begleitung beunruhigend oder
noch nicht möglich sein.
Es erfordert Zeit, Geduld, Herz, Kreativität, Achtsamkeit und auch den Einsatz anderer,
nicht körperorientierter Methoden, um die Basis für wirksames, aber möglicherweise
auch ängstigendes körperorientiertes Vorgehen zu schaffen.
 Je abhängiger der Mensch von seinen traumatisierenden Bindungs-Personen ist, je
früher und häufiger die verletzenden Erfahrungen gemacht werden, desto katastrophaler
sind die Auswirkungen auf die
 Gehirn-Reifung,
 Entwicklung eines (Körper-) Selbst,
 Emotions-Entwicklung sowie
 Bindungs- und Beziehungs-Fähigkeit.
Psychodynamisch Imaginative Trauma Therapie
 Die Psychodynamisch Imaginative Trauma Therapie (PITT), von Luise
Reddemann entwickelt, ist ein tiefenpsychologisch fundierter Ansatz mit
Resilienz-und Ressourcen-Orientierung und nutzt Imagination als heilsame
Kraft.
 Durch kreativen Umgang mit Imaginations-Übungen und Arbeit mit Ego-States
wird versucht, Möglichkeiten von besserer Selbst-Regulation einzuüben und
ein Gegengewicht zum Schrecken zu entwickeln.
 Heilsame Bilder sowie Distanzierungs- und Beruhigungs-Techniken („Tresor“,
„sicherer Ort“) werden als Gegengewicht zu den Bildern des Traumas
entwickelt.
BDP
Ego-State-Therapie
 Als Schutz-Reaktion in einer überwältigenden Situation werden die mit der
traumatischen Verletzung verbundenen intensiven Gefühle wie Angst, Wut,
Scham usw. dissoziiert.
 Diese dissoziierten und oft fragmentierten Gefühle und Ich-Anteile (Ego
States) können wie „eigene Persönlichkeiten“ ein Eigenleben entfalten, mit
„eigenem“ Willen, „eigenen“ Gedanken und Gefühlen.
 Die Ego-State-Therapie hilft den Betroffenen, diese Ich-Anteile wieder besser
in Richtung einer ganzheitlichen Persönlichkeit zu integrieren und miteinander
zu verbinden.
BDP
EMDR
BDP
 Entweder durch Augen-Bewegung, Fokus auf eine Licht-Quelle, Berührung oder
durch Geräusche und gleichzeitiger Vorstellung der Trauma-Situation wird eine
rechts-links Stimulierung der Gehirn-Hälften und damit eine beschleunigte
Verarbeitung des Traumas im Gehirn angeregt.
 Im EMDR-Prozess können Gefühle, Gedanken, Erinnerungen oder
Erinnerungs-Fragmente, Empfindungen und Körper-Reaktionen auftauchen, die
mit den traumatischen Erfahrungen verknüpft sind.
 Der Fokus auf Finger-Bewegungen, Tapping etc. hält den Gegenwarts-Bezug
aufrecht.
So können die auftauchenden furchterregenden Gefühle und Körper-Reaktionen
kleinschrittig zugelassen und der Vergangenheit zugordnet werden, ohne dass
es erneut zur Dissoziation kommt.
Drei Phasen der Trauma-Therapie (3P)
 Spiraliges Vorgehen
 Grundsätzliches zum Vorgehen
 Phase 1: Stabilisierung
 Phase 2: Trauma-Konfrontation
 Phase 3: Trauma-Verarbeitung
 Zyklus der Trauma-Verarbeitung
BDP
Spiraliges Vorgehen
3P
1. Stabilisierung
1a. Stabilisierung
3a. Verarbeitung
2a. Konfrontation
2. TraumaKonfrontation
3. Verarbeitung
Traumatische Erfahrungen im Erwachsenen-Alter werden oft nur implizit gespeichert, vor
allem dann, wenn ein Trauma-Opfer aufgrund der Überwältigung in der traumatischen
Situation die explizite von der impliziten Verarbeitung des Geschehens dissoziiert.
Erinnerungen wirken dann wie zeitlos im Erleben und Verhalten nach, ohne Teil der
Narration des Lebens zu werden.
Das Geschehene bricht in Form von Bildern, Empfindungen und Gefühlen in die
Gegenwart des Erlebens und Verhaltens ein.
Intrusion tritt an die Stelle von expliziter Erinnerung.
Die kinästhetischen oder sensorischen Gedächtnis-Speicher öffnen sich bei
traumatischen Flashbacks von selbst.
Grundsätzliches zum Vorgehen
 Das Erlebte darf, muss aber nicht erzählt werden
 Grenzen respektieren
(Traumatisierung hieß zumeist Grenz-Überschreitung)
 Vorsicht mit Körper-Kontakt
(Auch hier können verletzte Grenzen berührt werden)
 Die eigene Möglichkeiten als Entwicklung begleitende Person und die Grenzen der
Einflussnahme deutlich aufzeigen
 Sicherheit und Ruhe vermitteln (Setting, Raum etc.)
 Unterstützungs-Angebote unterbreiten, aber nicht aufzwingen
 Termine und Absprachen zuverlässig einhalten
 Die betroffenen Personen in Überlegungen/Schritte einbeziehen (Transparenz)
 Verwicklungen vermeiden
 Misstrauen des Gegenübers aushalten
 Wenn belastende Gefühle beim Betroffenen aufkommen:
Orientierung & Wahrnehmung auf die Gegenwart fokussieren (Zeit, Ort etc.)
P1
Phase 1: Stabilisierung (P1)
 Umgang mit Menschen in dieser Phase 1
 Umgang mit Menschen in dieser Phase 2
 Umgang mit Menschen in dieser Phase 3
 Ressourcen-Aktivierung 1
 Ressourcen-Aktivierung 2
 Ressourcen-Aktivierung 3
 Ein Dutzend Resilienz-Faktoren
 Stärkung der Aspekte von Resilienz
 Zugang zum Körper und seinen Empfindungen 1
 Zugang zum Körper und seinen Empfindungen 2
3P
Umgang mit Menschen in dieser Phase 1
 In der ersten, der Stabilisierung gewidmeten Phase geht es darum, in einer Situation
relativer Sicherheit Stabilisierung auf körperlicher, psychischer und sozialer Ebene zu
erkunden.
 Umgang mit traumatisierten Menschen in dieser Phase:
1. Widerstands-Kräfte und körperlicher Gesundheit (Resilienz) stärken
Die Wirkung eines Ereignisses hängt von der Resilienz einer Person ab.
2. (Körper-) Ressourcen finden
Alle Fähigkeiten, Stärken, Beziehungen, Lebensumstände, die trotz oder auch
wegen schlimmer Erlebnisse das Leben bereichern und erleichtern, werden als
Ressourcen wertgeschätzt und anerkannt. Je mehr Ressourcen ein Mensch in
seinem Leben hatte und hat, desto resilienter ist er oder sie.
Wenn dissoziative Prozesse es erlauben, wenn die Annäherung an den Körper
schon möglich ist, kann die Ressourcen-Aktivierung auch körperlich erfahren und
verankert werden.
Das wiederholte und übende Erspüren und Erleben von Körper-Ressourcen wie
Kraft, Erdung, Grenzen und Zentrierung, die Verbesserung der KörperWahrnehmung zu allem, was sich schon im und mit dem Körper gut anfühlt, kann
eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung von mehr Stabilität und Sicherheit
sein.
Durch die Hinwendung zu der Ebene der Körper-Empfindung und der KörperWahrnehmung kann sich hier bereits eine Achtsamkeit für die durch die
Notfallreaktion des Körpers bedingten Über- oder Untererregung entwickeln.
P1
Umgang mit Menschen in dieser Phase 2
Übererregung
(Flucht und Kampf)
gestaltbare
Erregungs-Zone
mit optimaler
Interaktion und
Selbst-Reflexion
P1
Über den körperlichen Zugang können EntwicklungsBegleitende in dieser Phase beginnen, mit der
Regulation dieser Erregungs-Muster zu arbeiten.
Das Nerven-System lernt dabei, sich wieder flexibler
zwischen Übererregung und Untererregung zu bewegen
und sich innerhalb einer Zone mittlerer Erregung, dem
„Toleranz-Fenster“, einzupendeln.
Das subjektive Toleranz-Fenster vergrößert sich
dadurch.
3. Stabile & tragfähige Beziehung zur Begleit-Person
aufbauen
Ganz besonders wichtig ist die Entwicklung der sicheren
therapeutischen Beziehung als wesentliche Ressource.
Untererregung
(Erstarrung und
Totstellen)
4. soziale Unterstützung organisieren
5. berufliche Perspektiven entwickeln
6. Gegenwarts-Bezug stärken
7. Täter-Kontakt vermeiden
8. Psycho-Edukation zur Traumatisierung und zur
Trauma-Therapie einbringen
Hilfreich ist hier auch Psycho-Edukation, um das eigene
bedrohliche innere Erleben verstehen zu können.
Umgang mit Menschen in dieser Phase 3
Kraft-Quellen
(Ressourcen)
emotionale
und mentale
Stabilität
sichere
therapeutische
Beziehung
positivere KörperWahrnehmung
(Empfindungen,
Bewegungen,
felt sense)
P1
9. traumbedingte Erregungs-Muster (Über- oder
Untererregung = window of tolerance) regulieren
Der Prozess findet innerhalb des tolerablen ErregungsNiveaus statt
10. Methoden zur Distanzierung von bedrohlichen inneren
Prozessen erwerben
Entwicklung eines beobachtenden Bewusstseins (z. B.
sicherer Ort, Tresor, inneres Team, Bildschirm-Technik,
Verletztes in Sicherheit bringen)
 Insgesamt in einer Situation größtmöglicher Sicherheit
(Bedrohung muss real vorüber sein) trotz oder wegen der
schlimmen Erlebnisse im Leben Ressourcen der Stabilisierung
erkunden, anerkennen und wertschätzen auf Ebenen
 Körpers, wenn dissoziative Prozesse es erlauben, also
Annäherung an den Körper schon möglich ist (Wo ist der
sichere Ort in deinem Körper? Wo könnte er sein? Wo fühlt es
sich in deinem Körper gut und sicher an?) auf Basis der
Erfahrung von Empfindungen (Spür-Bewusstsein), Kraft,
Erdung, Grenzen und Zentrierung,
 der Ressourcen (Fähigkeiten, Stärken)
 der Gefühle (Regulierung der Kern-Affekte und der
kategorialen Emotionen),
 der Mentalität (Psychoedukation, um das eigene bedrohliche
Erleben verstehen zu können) und
 des Sozialen (Beziehungen, die das Leben bereichern und
erleichtern, u. a. sichere therapeutische Beziehung).
Ressourcen-Aktivierung 1
P1
Stabilisierung im Rahmen von Entwicklungs-Begleitung bei Disstress und Psychotraumata
bedeutet eine Vermehrung der Ressourcen, über die die Entwicklung suchende Person
verfügen kann.
innen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
hypnoimaginative Übungen
sicherer Ort im Körper
Reframing der Symptome
Coping-Strategien
Was soll bleiben, wie es ist?
Information über Symptome
Erwerb der Fähigkeit zur Kontrolle der eigenen Emotionen und Impulse
Ich- und Selbst-Wert-Stärkung
Erleben von Kompetenz und Selbst-Wirksamkeit
Vergangenheit
•
•
Kompetenzen, die vor
dem Trauma zur
Verfügung standen
Ausnahmen vom
Problem-Erleben
Gegenwart
•
•
•
•
•
•
•
•
äußere Sicherheit gewährleisten
5-4-3-2-1-Technik (sehen, hören, spüren)
Achtsamkeits-Übungen
Grounding-Übungen
andere positive Körper-Erfahrungen
soziale Ressourcen aktivieren
Erfolgs-Erleben ermöglichen
wohltuende Aktivitäten (Genuss-Fähigkeit)
außen
Zukunft
•
•
•
Entwicklung positiver
Zukunfts-Visionen
Wunder-Frage
Gegenwart von der
Zukunft her betrachten
Ressourcen-Aktivierung 2
P1
Ressourcen-Sammlung:
 Besondere körperliche, handwerkliche, emotionale, soziale, geistige und künstlerische
Fähigkeiten und Begabungen
 Glückliche Momente, heilsame Ereignisse und Momente, in denen man sich besonders
wertgeschätzt gefühlt und Herausforderungen gemeistert hat
 Hilfreiche Personen, positive Vorbilder als Menschen, die man kannte oder noch kennt
(Auch fiktive Charaktere), deren Fähigkeiten und Eigenschaften man gern erlangen
möchte und hilfreiche Haustiere
 Wissen darum, für jemanden besonders wichtig (gewesen) zu sein
 Positive, heilsame Erfahrungen mit und in der Natur, aus Träumen und WeisheitsGeschichten und mit Imaginationen, mit Kunst (Bilder, Musik) und mit Spiritualität
 Spirituelle Symbole und Erfahrungen
 Günstige äußere Voraussetzungen
Fragen:
 Was läuft gut bei dir? Wo liegen deine Stärken? Was kann bei dir vorerst so bleiben, wie
es ist?
 Wofür wirst du von anderen Menschen wertgeschätzt?
 Welche Fähigkeiten, über die du bereits verfügst könnten dir helfen, die aktuelle
Problematik zu klären und zu lösen?
 Was könntest du Gutes für dich tun? (Selbstfürsorge, Selbstberuhigung)
 Wie hast du ähnliche Probleme in anderen Situationen schon zufriedenstellend und
erfolgreich gelöst/bewältigt?
 Wie könnte ich dich bei der Lösung deiner Probleme unterstützen?
Ressourcen-Aktivierung 3
Wege zu Ressourcen:
 Freude-Lebens-Lauf und Freude- und Erfolgs-Tagebuch
(Was hält mich im Leben? Was ist mit bisher gut gelungen? Woran erfreue ich mich?
Worauf freue ich mich?)
 Übungen der Dankbarkeit
(Bin ich dankbar für all die kleinen Gegebenheiten des Alltags, in denen ich mich wohl
fühle und in denen mir etwas gelingt?)
 Gute Körper-Erfahrungen
(Inwiefern kann ich mich auf meinen Körper verlassen? Gibt es Momente, in denen ich
mich in und mit meinem Körper wohl gefühlt habe oder wohl fühle?)
 Notfall-Koffer
(Worauf kann ich zurückgreifen, was kann ich zur Hilfe nehmen, wenn es mir schlecht
geht? Was packe ich in diesen virtuellen oder realen Koffer?)
 Fähigkeiten und Tugenden, Rituale
(Worin bestehen meine Fähigkeiten und Stärken?)
 Lesen von Bilder- und Kinder-Büchern
(Es geht um Einfachheit und Gefühle.)
 Achtsamkeits-Übungen
(Ich lassen mich atmen und folge meinem verlässlichen Atem.)
 Kontemplation
(Ich versenke mich in ein Thema, dass für mich Bedeutung hat.)
 Flow-Zustände ermöglichen
(Flow ist der Geistes- und Gemütszustand, in den wir eintreten, wenn wir
selbstvergessen ganz in unserem Tun aufgehen wie einst im Kinder-Spiel.)
P1
Ein Dutzend Resilienz-Faktoren
P1
1. In der Kindheit mindestens auf eine feinfühlige, beantwortende und fürsorgliche BezugsPerson zurückgreifen können
2. Hohe Selbst-Wirksamkeits-Erwartung durch häufige Selbst-Wirksamkeits-Erfahrung
(Ich kann und will auf viele Situationen im Leben Einfluss nehmen.)
3. Hohe Emotional- und Sozialkompetenz zusammen mit intra- und interpsychischer
Intelligenz (Ich ahne, was in mir und in anderen vorgeht.)
4. Bei anderen Unterstützung mobilisieren, sich Hilfe organisieren können
(Ich kann um Hilfe bitten und Hilfe ohne Selbst-Wert-Einbuße akzeptieren.)
5. Denken, lachen, hoffen, sich freuen, sich begeistern und dankbar sein
6. Dem Leben einen eigenen Sinn verleihen
(Ich weiß, was mich erfüllt und befriedigt.)
7. Experimentell, kreativ und flexibel handeln
8. Das eigene Verhalten unterbrechen und reflektieren (evtl. mutige Metakommunikation),
wenn es nicht mehr zu passen scheint
9. Auf Gelegenheiten flexibel reagieren und sich Optionen (Plänen B und C) schaffen
10. Erfahrungen und Beziehungen suchen, die für die Entwicklung gesund sind
(Was tut mir im Leben gut?)
11. Überzeugung, dass Veränderungen eine willkommene Herausforderung und
Entwicklungs-Chance bedeuten
12. Charakter-Stärken und Tugenden aufrechterhalten und entwickeln
Stärkung der Aspekte von Resilienz
P1
1.
1Du bist an Neuem interessiert, stellst Fragen, willst wissen, wie Menschen ticken und Dinge
funktionieren und experimentierst mit sozialen, technischen und natürlichen Prozessen, passt dich
schnell an möglicherweise nutzbringende Veränderungen an, bleibst lernbereit und hoch flexibel.
2.
Du lernst fortwährend aus deinen Erfahrungen einschließlich der Fehler, Unfälle, misslungenen
Experimente und problematischen Erlebens-Situationen und aus denen anderer Menschen.
3.
Du brauchst es und erwartest, dass Dinge für dich und andere gut laufen, gehst liebevoll mit dir um,
passt gut auf dich auf, spielst mit neuen Entwicklungen, findest Freude und Leichtigkeit, kannst über
dich selbst lachen (Humor) und verwandelst, wo irgend möglich, Unglück in Glück.
4.
Du ahnst Probleme, Konflikte, Krisen und Entwicklungs-Fallen im Voraus und meidest präventiv,
auch durch beratende Unterstützung durch erfahrene andere, unnötige Schwierigkeiten.
5.
Du beachtest dein Selbst-Bewusstsein, Integrität, innere Stimmigkeit, Selbst-Wirksamkeit, SelbstVerantwortung und Selbst-Wert-Gefühl und entwickelst dich darin achtsam weiter.
6.
Du interessiert dich für andere, auch dir vorerst fremd und schwierig erscheinende Menschen,
suchst mit Empathie einen verständnisvollen Zugang zu ihnen und hörst ihnen aufmerksam zu.
7.
Du denkst dir kreative Lösungen für Herausforderungen aus, erfindest neue Wege der ProblemLösung und vertraust dabei deiner Intuition und deinem Herzen.
8.
Du beachtest bei Bewältigung von Abschieden und Verlusten auch die emotionalen Aspekte,
erlaubst dir zu trauern, würdigst das Gewesene und lässt die Vergangenheit los.
9.
Du erwartest, dass schwierige Situationen sich schließlich gut entwickeln und machst mit dem
weiter, was gut tut und dir hilfreich und entwicklungsförderlich erscheint.
1
0.
Du unterstützt andere in ihrer psychischen und sozialen Entwicklung und bringst Stabilität,
Zuversicht und Handlungs-Ideen in Zeiten von Unsicherheit und Aufruhr ein.
Zugang zum Körper und seinen Empfindungen 1
P1
Offene, einladende Fragen, Anregungen und Erlaubnisse:
 Was spürst du in deinem Körper?
 Wo spürst du das?
 Was erlebst du gerade?
 Was bemerkst du noch?
 Würdest du bei dem Gefühl/der Empfindung bleiben wollen und spüren, was geschieht?
 Welche Eigenschaften hat diese Empfindung?
Hat sie eine Größe, Form, Material, Farbe, ein Gewicht, eine Bewegung und Richtung?
(Geht der Druck/Schmerz/die Wärme oder Kälte von innen nach außen oder umgekehrt?
Kannst du einen Mittelpunkt und/oder eine Grenze feststellen?)
 Wenn du in dies Gefühl/diese Empfindung hineinspürst, was geschieht dabei in deinem
übrigen Körper?
 Wenn du dieses… in deinem… spürst, welche Auswirkungen hat das im Moment auf
deinen…?
 Was passiert als Nächstes?
 Wo geht die Empfindung hin, wenn du ihr folgst? Wie verändert sie sich?
 Worauf bewegt sie sich zu oder wovon bewegt sie sich weg (wenn sie könnte)?
 Wie sieht die Bewegung aus? Wie kannst du sie körperlich ausdrücken?
 Was geschieht, wenn du die Bewegung verlangsamst oder beschleunigst, sie größer oder
kleiner werden lässt?
 Wenn du es magst, kannst du die Empfindung auskosten und vertiefen.
Erlaube dir, diese angenehme Empfindung sich in deinem Körper ausdehnen zu lassen
und zu genießen?
Zugang zum Körper und seinen Empfindungen 2
P1
Worte:
 klamm, kalt, eiskalt, kühl, frostig, eisig, Gänsehaut, trocken, vertrocknet, verwelkt
 warm, heiß, schwitzig, feurig, brennend, feucht
 wacklig, zitternd, bebend, erregt, zuckend, vibrierend, pulsierend, flatterig
 schneidend, beißend, ziehend, stechend, juckend, pochend, hämmernd, klopfend, würgend
 schief, krumm, einseitig, unbalanciert, unausgewogen, aus dem Lot
 entspannt, ruhig, friedlich, sanft, seidig, angenehm, harmonisch, ausgewogen
 schwindlig, undeutlich, verschwommen, verwischt, vernebelt, trübe, diffus, leicht, federleicht,
mühelos, schmetterlingsgleich, offen, frei, schwebend
 weich, elastisch, beweglich, strömend, weit, sich weitend, Raum gebend, sich öffnend,
wellenförmig, wohlig, munter, rund, fließend
 schwer, kantig, träge, zäh, beengend, müde, todmüde, teigig, klebrig, geleeartig, klumpig
 plump, stockend, stecken geblieben, verhärtet, sich zusammenziehend, angespannt,
verspannt, verhakt, verschroben, verschoben
 stark, fest, gespannt, wach, wie aufgeweckt, kräftig,
 schwach, gefühllos, starr, dumpf, wie betäubt, mürbe, leblos, prickelnd, kribbelnd, wund, lahm,
einschlafend
 wie abgetrennt, losgelöst, wie fortgespült, wie nicht zu mir gehörig, fern, fremd, mich hinfort
treibend
 aufsteigend, absteigend, nach innen, nach außen, nach vorn, nach hinten, vordringend,
zurückweichend
 weh, aua, schmerzhaft, weinerlich, belämmert
Phase 2: Trauma-Konfrontation (P2)
 Ziel-Setzungen in dieser Phase 1
 Ziel-Setzungen in dieser Phase 2
 Erregungs-Modulation
 Interventionen zur kognitiven Neuorientierung
 Interventionen zur emotionalen Neuorientierung
 Interventionen zur Selbst-Wert-Erhöhung
3P
Zielsetzungen in dieser Phase 1
 In der Phase 2, der Trauma-Konfrontation, entwickelt die Unterstützung
suchende Person in der sicheren Begleitbeziehung auf Grundlage
 größerer Stabilität,
 wiederentdeckter oder neu gefundener Ressourcen und
 einer verbesserten Körper-Wahrnehmung
die Fähigkeit zur Konfrontation mit den traumatischen Erinnerungen oder den
Symptomen, die darauf hinweisen.
 Körperliches Erleben von
 lustvoller Kraft und Energie,
 Lebendigkeit einschließlich Aggression,
 Stand-Vermögen und Beweglichkeit,
 Lachen und Freude,
 Spiel und Tanzen
 angstfreier Kontakt,
 Entspannen, Wohlgefühl und befreites Atmen
 Das Nerven-System soll
 aus traumabedingter Starre herausfinden,
 ständige Kampf- und Flucht-Bereitschaft ablegen,
 Über- und Untererregung regulieren können und
 wieder zu größerer Flexibilität finden.
P2
Zielsetzungen in dieser Phase 2
anscheinend
normale
Person
dissoziierte
Anteile
emotionaler
PersönlichkeitsAnteil =
verletzte
Person,
meist
kindliche
Anteile
TäterIntrojekte
= verletzende
Anteile,
meist
enge
BezugsPersonen
 Konfrontation mit traumatischen Erinnerungen oder
Symptomen, die darauf hinweisen, u. a. TäterIntrojekte und verletzte kindliche Anteile
 Traumatischen Stress (sich zeigend in MuskelSpannungen) über Empfindungen und Bewegungen
(bottom up von der Körper-Ebene her) verlangsamt
und Überforderung vermeidend selbstgesteuert
spüren, beruhigen und entladen:
„Seien Sie sich Ihrer Körper-Teile bewusst, die
bereits entspannt sind.
Nun spüren sie in die verspannten Stellen und
nehmen sie die kleinsten Veränderungen wahr.
Achten Sie darauf, welche Bewegung in dieser
Spannung steckt, welche Bewegung ihr Körper
machen will.“
 Unterbrochene Abwehr-Bewegungen (Herausfinden
aus der Immobilisation, unvollendete Kampf- und
Flucht-Impulse) entdecken und Mobilisierung für
neue, effektive Abwehr-Bewegungen (im Sinne des
Überlebens bei Gefahr reagieren können durch
schützen, kämpfen, fliehen)
P2
Erregungs-Modulation
P2
Sich in der Therapie dem Körper zuzuwenden, der die traumatischen Erinnerungen trägt,
kann zu Beginn beunruhigend oder gar unmöglich sein.
Das Braucht Zeit, Geduld, Herz, Kreativität, Achtsamkeit und den Einsatz andere, nicht
körperorientierte Methoden.
1.
Bei parasympathischer Immobilisierung durch Schock-Erleben, chronische
Vernachlässigung und chronischen Missbrauch (entleertes, erstarrtes, implodiertes
Selbst im Zustand einer parasympathischen - dorsaler Vagus - Übererregung):
a.
b.
c.
d.
Sicherheit einer Bindung herstellen (ventralen Vagus als Bindungs- oder Sozial-EngagementSystem aktivieren)
Bindungs-Erfahrungen sind entscheidende psychobiologische Schutz-Mechanismen.
Menschen beruhigen (Atmung und Kontakt – sicherer Ort – regulieren und modulieren)
Lähmung auflösen (Zentrierung, Erdung und sanfte Massage)
Ressourcen einer sympathisch innervierten Fähigkeit zu Flucht und Kampf zurückgewinnen
2. Bei sympathikotoner chronischer Übererregung infolge andauernder oder blockierter
Angst oder von Wut
a.
b.
c.
Sicherheit einer Bindung herstellen
Spannung befreien (in sehr dosierter Form, um Retraumatisierung zu verhindern)
stressphysiologischen Ausgleich durch Förderung parasympathischer Zustände herbeiführen
3. Bei Einschränkung der ventralen vagalen parasympathische Aktivität:
a.
b.
Gefühl sicherer Bindung aufbauen
Herausforderungen aus dem sozialen Getragensein (z. B. andere um Unterstützung bitten)
heraus bewältigen
Interventionen zur kognitiven
Neuorientierung
Sicherheit
 „Kann die Person dich heute noch verletzen?“
 „Bist du hier in Sicherheit?“
Verantwortung und Schuld
 „Wie alt warst du damals?“
 „Wenn es dein Kind wäre, würdest du es dafür verantwortlich machen?“
Entscheidungs-Freiheit
 „Welche Wahl hast du heute?“
 „Was kannst du heute tun, um dich sicherer zu fühlen?“
Selbst-Wert
 Nicht deine Reaktionen sind unnormal, sondern das Erlebte ist unnormal.
 „Wie kann du heute besser, freundlicher mit dir umgehen?“
 „Was denkst du über dich?
Wie kannst du selbstabwertendes Denken verändern?“
P2
Interventionen zur emotionalen
Neuorientierung
Wut
 Wenn angemessen, dann ausdrücken
 Wenn unangemessen, dann blockieren und primäre Gefühle herausarbeiten
Ekel
 „Was ist heute noch an dir ekelig?“
Ohnmacht, Wut, Schuld
 „Was möchtest du heute dem Täter gern sagen oder tun?“
 „Was geschieht, wenn du als Erwachsener die Szene betrittst?“
 „Was möchtest du gern für dich tun und dir selbst sagen?“
Scham
 „Wer müsste sich eigentlich schämen?“
Schuld
 „Warum hast du damals so gehandelt, wie du gehandelt hast?“
 „Wer war vor dem Gesetzt schuldig?“
 „Wie würdest du bei jemandem anderen darüber denken?“
Angst, Ohnmacht
 „Was weißt du heute?“
 „Was könntest du heute tun?“
P2
Interventionen zur Selbst-Wert-Erhöhung
 Zu hohe, zu strenge Wert-Maßstäbe sind oft die Grundlage für ein negatives
Urteil über sich selbst.
 Welche Vergleich stellen sie bei sich an?
Wie wirkt sich das aus?
 Ziele:
 Immer seltener selbstabwertend mit sich umgehen.
 Immer häufiger das Positive bei sich wertschätzen.
 Fair zu sich selbst sein.
 „Waffen-Stillstand“ mit sich schließen.
 Es sich manchmal leichter machen.
 Sich Fehler erlauben.
 Qualitäts- und Quantitäts-Ansprüche reduzieren.
 Nicht immer alles allein machen.
 Sich selbst loben und ermutigen.
 Ein Symbol finden für den liebevollen Begleiter.
Es soll daran erinnern, fürsorglicher mit sich selbst umzugehen.
Der Begleiter erlaubt einem, Dinge zu tun, die angenehm sind oder gut
tun.
 Lernen, dem inneren Kritiker Widerworte zu entgegnen, ihm pfiffig, frech,
unverschämt und selbstbewusst das Wort abzuschneiden.
P2
Phase 3: Trauma-Verarbeitung
 Traumatische Erfahrung gilt es zu verarbeiten (Hippocampus und Neocortex), also die
fragmentierten, abgespaltenen Erinnerungs-Stücke zusammenzufügen (körperlich,
sprachlich, zeitlich – es ist vorbei)
 In dieser dritten Phase der Trauma-Verarbeitung geht es um Betrauern der VerlustErfahrungen und der Schmerzen, Neugestaltung und Sinn-Suche.








Wie kann ich meine negativen Überzeugungen verändern/aufgeben?
Wie kann ich meine Scham- und Schuld-Gefühle verarbeiten?
Wie gehe ich künftig mit Wut und Verzweiflung um?
Wie will ich künftig leben und arbeiten?
Wie will ich fürsorglicher mit meinem Körper umgehen?
Was habe ich aus dem belastenden Erfahrungen für mein Leben gelernt?
Wie gehe ich konstruktiv mit meiner eigenen Lebens-Geschichte um?
Was sonst ist mir wichtig?
 Es kann sehr schmerzhaft sein





sich an traumatische Erfahrungen zu erinnern,
anzuerkennen, was passiert ist,
Scham- und Schuld-Gefühle zu verarbeiten,
die traumatisch bedingten Verluste zu betrauern und
mit Sinnfragen, Wut und Verzweiflung umzugehen.
 Die therapeutische Beziehung kann Übungs-Feld sein für





Erfahren eines positiven Körper-Gefühls,
Experimente mit Gefühls-Ausdruck und Aggression,
Einüben von Nähe-Herstellung und Distanzierung/Grenz-Ziehung,
Austragen von Konflikten
Einüben neuer Handlungs-Möglichkeiten
3P
Zyklus der Trauma-Verarbeitung
3P
Abwehr
traumatische
Situation
Schreck,
Entsetzen,
Aufschrei,
emotionale
Überflutung
I
Relativer
Abschluss des
Zyklusses
Vermeidung,
Verleugnung,
Abstumpfung
II
IV III Intrusion als
Durcharbeiten
sich aufdrängende Bilder,
Gefühle,
Gedanken
kontrolliertes
Wiedererleben
Lockerung,
Schwächung
der Abwehr
Trauma-Heilung (TH)
BDP
Exzerpt aus: Johannes B. Schmidt: „Der Körper kennt den Weg – Trauma-Heilung und persönliche Transformation“, 2008
 Entwicklung, Körper-Arbeit und Trauma-Heilung
 Ziel-Setzungen und Haltungen für EntwicklungsBegleitung
 Fähigkeiten der Entwicklung-Suchenden
 Gesundung und spirituelle Integration 1
 Gesundung und spirituelle Integration 2
 Ressourcen
 Pendeln
 Distanzierung
 Grenzen schaffen
 Kontrolle aufgeben
 Auf das Herz hören
 Selbst-Erforschung
 Von Immobilisierung zu Kampf-und-Flucht
 Von Kampf-und-Flucht zu Sozialkontakt
 Aufstellungs-Prozess-Arbeit
Entwicklung, Körper-Arbeit und Trauma-Heilung
TH
 Der Schlüssel, um eine Veränderung unserer dynamischen Körper-Struktur einzuleiten,
ist die Art, wie wir mit dem kostbaren Gut Aufmerksamkeit umgehen.
 Die Tatsache, dass uns alles, was wir von der Empfängnis bis etwa zum Alter von
drei Jahren, also in der präverbalen Phase unseres Lebens, erfahren, weder sprachlich
noch bewusst zugänglich ist, verschleiert und verdunkelt diesen extrem wichtigen Teil
unseres Lebens und macht ihn für unsere gewohnten rationalen Problemlöse-Strategien
unzugänglich.
 Menschliches Verhalten ist in weiten Teilen besser aus der physiologischen
neurozeptiven Regulation als aus dem beobachtbaren Willkür-Verhalten zu verstehen.
Trauma-Heilung wird zur Herausforderung, unsere heiß geliebte kognitive Kontrolle,
unser Verstehen und Erklären zu Gunsten von direktem Erleben zurückzustellen.
Wir müssen uns an eine Haltung des Lauschens, der Beobachtung und Teilhabe sowie
des Vertrauens in die bevorstehenden autonomen, physiologisch angetriebenen SelbstHeilungs-Prozesse gewöhnen.
 Die meisten Menschen, die Überwältigung und Grenz-Verletzung erlebt haben, entfernen
sich mit ihrer Aufmerksamkeit von sich selbst und versetzen sich ins gegenüber, um
Bedrohung, Gefahr oder anderen Reaktionen vorwegnehmend zu begegnen. Es ist
schwierig für sie, die überwachende Kontrolle aufzugeben. Aus diesem Zustand
übersteigerter Wachsamkeit und erhöhter Empfindsamkeit überprüfen sie ihre Umwelt
und durchschauen sie die Entwicklungs-Begleitenden. Sie brauchen die Authentizität,
Stimmigkeit, Wahrhaftigkeit und Verletzlichkeit der Begleitenden, um sich auf das
Risiko einzulassen, ihre eigene Verletzlichkeit zu zeigen.
Ziel-Setzungen und Haltungen (ZuH)
für Entwicklungs-Begleitung
 Ziele und Haltungen 1
 Ziele und Haltungen 2
 Ziele und Haltungen 3
 Ziele und Haltungen 4
 Ziele und Haltungen 5
 Ziele und Haltungen 6
 Ziele und Haltungen 7
 Ziele und Haltungen 8
 Ziele und Haltungen 9
 Ziele und Haltungen 10
TH
Ziele und Haltungen 1
ZuH
Wir müssen
 sehr offen und aufmerksam bleiben, ohne absichtsvoll zu agieren.
Die Dissoziation der Entwicklung suchenden Person ist dann oft nicht mehr
notwendig, wenn der Raum von absichtsvoller Aufmerksamkeit befreit und für deren
forschenden Achtsamkeit verfügbar ist.
Mit der Zeit und einiger Erfahrung wird die Begleit-Person lernen, wohin sie ihre
Aufmerksamkeit bringen muss, um die Fähigkeit der Entwicklung suchenden Person
zu entwickeln, anwesend zu bleiben.
Unsere Fähigkeit, die Aufmerksamkeit zu lenken und abzuziehen, ist ein wesentlicher
Faktor bei der Bereitstellung eines heilenden Raumes für die EntwicklungSuchenden.
Es geht darum, dass die Entwicklung suchende Person erfährt, von einer milden,
sanften Präsenz eingehüllt zu sein, die tröstend auf unsere Seele, beruhigend auf
unseren Geist und wärmend auf unser Herz wirkt.
 einladen, anerkennen, Zeuge sein, beobachten, beruhigen und die Wirklichkeit
der sich entfaltenden Erfahrung bestätigen.
Begegnet die Begleit-Person der Entwicklung suchenden Person aus einer Position
des Inneren Raumes, aus der Haltung des Zeugen und der Akzeptanz heraus, so teilt
sich das nonverbal per Resonanz den Entwicklung-Suchenden mit.
 eine Beobachter-Position erlangen, die Fähigkeit, uns von der unmittelbaren
Erfahrung zu distanzieren, um vom „erlebenden Selbst“ zum „beobachtenden
Selbst“ zu gehen, das über mehr Sicherheit verfügt.
Ziele und Haltungen 2
ZuH
Wir müssen
 Kontakt halten zu unserem eigenen Prozess und zu dem umgebenden größeren
Feld.
 der Entwicklung suchenden Person mit der Qualität unserer Präsenz helfen, in
ihren eigenen Zustand innerer Teilhabe zu gelangen und dadurch ihr eigenes
Heilwerden einladen.
Es ist eine Kunst, mit der eigenen inneren Präsenz zu arbeiten und durch die eigene
Aufmerksamkeit gesunde Zustände in der Entwicklung suchenden Person zu
unterstützen, indem wir eine sichere und liebevolle Umgebung zur Verfügung stellen und
sie halten, ganz gleich, was geschieht.
Es ist eine Kunst, von Wesen zu Wesen, von Herz zu Herz zu arbeiten.
Es ist eine Kunst, mit dem in Kontakt zu sein, was letztendlich über den Trauma-Kontext
hinausgeht und was beide, die Entwicklung suchende wie die begleitende Person, mit
den größeren nährenden Kräften eines weiteren Feldes in Verbindung bringt.
 lernen, wie wir Zeuge dieses ewig ablaufenden Prozesses des Lebens sein
können als ersten Schritt beim Ausbruch aus den sich ständig wiederholenden
Zyklen eng begrenzter Selbst-Regulation.
 unsere Aufmerksamkeit auf die körperlichen Empfindungen und Reaktionen
richten, die unseren wiederkehrenden Erfahrungs-Mustern zugrunde liegen.
 die von Natur aus gesunden Körper-Prozesse einladen, indem wir günstige soziale
und räumliche Bedingungen für achtsame Wahrnehmung dieser Prozesse schaffen. So
erreichen wir mehr Stimmigkeit und Flexibilität im Umgang mit inneren Eigenzuständen.
Ziele und Haltungen 3
ZuH
Wir müssen
 unsere körperliche Regulations-Fähigkeit wieder herstellen, um in jedem Moment
unseres Lebens die Frische der Sinnes-Wahrnehmung wiederzuerlangen.
Das erhöht unsere Lebens-Qualität enorm.
Trauma oder geschwächte Präsenz ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass wir zu eng
mit einer bestimmten Erfahrung und gleichzeitig auch mit der begleitenden Menge an
Emotionen verbunden sind.
In der Lage zu sein, unseren Körper vom Zustand der Alarm-Bereitschaft und
Übererregung zu befreien, der nicht mehr aktuell ist, da die Quelle der Bedrohung nicht
mehr existiert, klärt unsere Physiologie zugunsten der Fähigkeit, ganz und gar präsent
zu sein.
 gut für den eigenen Körper sorgen
 uns informieren, uns aktuelles Fach-Wissen aneignen
 eigene Grenzen wahrnehmen und setzen
 zu einer guten Balance von Nähe und Distanz zu anderen Menschen finden
 die eigenen Ressourcen kennen und nutzen,
 uns körperlichen und seelischen Ausgleich schaffen
 Kollegiale Fall-Beratung (Intervision) und Supervision wahrnehmen und uns
rechtzeitig Unterstützung bei schwierigen Fällen organisieren
 eigene Verletzungen heilen
Ziele und Haltungen 4
ZuH
Interventions-Erfolg hängen ab vom inneren Zustand der Person, die interveniert.
Insgesamt ist eine einladende, respektvolle und achtsame Haltung ohne übergriffige
oder gar heilend wollende Absichten anzustreben.
Beobachter-Haltung, Zuhören sowie das Anbieten von Raum und Zeit sind
ausschlaggebend für die Entwicklung eines nach innen gerichteten LösungsProzesses, der auf scheinbar spektakuläres Ausagieren verzichten kann.
 Es geht um den Aufbau eines sicheren Beziehungs-Feldes zwischen Entwicklung
begleitenden und Entwicklung suchenden Person.
Die Person muss gehört werden.
 Es ist die höchste Verantwortung der Entwicklungs-Begleitenden, ihren eigenen sich
entfaltenden Prozess gut genug kennenzulernen, um flexible Zuhörer für die
persönlichen Prozesse anderer zu werden.
 Zeit und Raum, Ruhe und respektvolle Aufmerksamkeit für die Ausdrucks-Fülle der
Entwicklung-Suchenden werden bereit gestellt, ohne ihnen zu erlauben, nochmals in die
vegetative und emotionale Überwältigung der Schock- und Trauma-Situation
einzutreten.
Ein traumatisierendes Überwältigungs-Erlebnis ist als Verletzung des persönlichen
Raumes und der als gegeben angenommenen persönlichen Grenzen zu sehen.
Die Wiedereinführung von Raum stellt die erste Vorbedingung dafür dar, dass die
Entwicklung suchende Person im Hier und Jetzt verweilen kann, ohne übermäßig auf
der Hut zu sein.
Ziele und Haltungen 5
ZuH
 Als Begleitende dürfen wir den sich entfaltenden autonomen Prozessen nicht im Weg
stehen, sondern müssen Hüter der inneren Räume und eines sicheren ProzessRahmens sein.
Es geht um den Erwerb einer zuhörenden Haltung, die zurückhaltend ist,
gewaltlos, respektvoll, wertschätzend und einladend.
Dies erlaubt den autonomen Prozessen, aufzutauchen und sich in ihrer eigenen weisen
Form zu entfalten.
Unterbrechen, Bedrängen, Antreiben oder Besserwissen führen zu Störungen.
Ziel ist eine unparteiische, mitfühlende Beobachter-Haltung der Entwicklung
begleitenden Person, die auf absichtsvollen Zugriff, Änderungs- und Heilungs-Intention
verzichtet.
Als Entwicklungs-Begleitende ist es in diesem Zusammenhang wichtig, unsere invasive
Aufmerksamkeit als Neugier, Hilfs-Bereitschaft und mitfühlendes Nachfragen im Zaum
zu halten.
Diese Zurückhaltung ist die grundsätzliche Vorbedingung, wenn wir mit traumatisierten
Menschen arbeiten.
 Es geht um des Erwerb eines tiefen Wissens darum, dass keine die Entwicklung
begleitende Person – kein Berater, kein Arzt, kein Psychotherapeut – heilen kann.
Die Klarheit darüber, dass Heilung anderswo herkommt und dass sie sich in einem
heilenden und manchmal heiligen Raum durch den innere Behandlungs-Plan des
Körpers manifestiert.
Dies verlangt eine demütige Präsenz, die auf die Anzeichen von Gesundheit lauscht, wo
immer die anzutreffen sind.
Ziele und Haltungen 6
ZuH
 Entwicklungs-Begleitende entwickeln in sich eine intakte innere Navigation,
d. h. sie erwerben Fähigkeit zur aufmerksamen Verfolgung der wirkenden Kräfte im
eigenen und im Körper der Entwicklung suchenden Person während des Prozesses.
Diesen Kräften folgen und vertrauen sie, auch wenn der Verstand es in diesem
Augenblick nicht versteht.
„Nach-Denken“ kommt später.
 Es geht um den Erwerb der Fähigkeit, die Geschwindigkeit des inneren Prozesses bei
der Entwicklung suchenden Person durch „Niederlassen im eigenen Körper“ zu
verlangsamen.
 Wirksame Begleit-Prozesse hängen im Wesentlichen davon ab, dass ein sicherer, nicht
beurteilender Rahmen geschaffen wird, in dem ein Mensch einfach sein und so sich
selbst begegnen kann.
 Aufgabe der Entwicklungs-Begleitenden ist die respektvolle und behutsame
Führung der Personen zu dem Punkt, an dem sie die Kontrolle über den Körper
aufgeben können, und zwar auf regulierte, sichere und gehaltene Art und Weise.
 Es ist unsere Aufgabe als Entwicklungs-Helfer, fließendes Prozess-Vermögen und ein
gefühltes Verständnis für innere Wirklichkeiten zu entwickeln und dabei zu helfen, die
Entstehung des Prozesses einer Person einzuladen, ohne im Weg zu stehen.
 Es bedarf der echten Wertschätzung seitens der Begleitenden für die
uneingestandenen Gefühle der Entwicklung suchenden Person als wesentliche
Bestätigung der Wirklichkeit der traumatisierenden Ereignisse bzw. der Ereignis-Abfolgen
und ihrer Wirkung auf diese Person.
Ziele und Haltungen 7
ZuH
 Ich nehme keine überlegene Haltung denen gegenüber ein, die Selbst-Erforschung
suchen.
Bedingungslose Akzeptanz und tiefe Liebe zum Menschsein bilden die unverzichtbare
Grundlage für die Möglichkeit von Heilung.
 Erforderlich ist eine gute Verwurzelung im Hier und Jetzt verbunden mit der
Bereitschaft, das Wahrnehmungs-Feld im Sinne der Bedürfnisse der inneren
Situation der Entwicklung suchenden Person zu erweitern und anzupassen.
 Ich muss als die Entwicklung anderer begleitende Person mehr ich selbst sein, um
anderen dabei helfen zu können, herauszufinden, wer sie sind, welche Resonanz meine
Gegenwart in ihnen auslöst und ihre Präsenz in mir.
Ich muss authentischer sein, kongruenter und in Verbindung mit meiner SeinsNatur, um die Menschen zu ermutigen, ebenfalls auf stimmigere Weise sie selbst zu
werden.
 Ich muss als Entwicklung begleitende Person lernen, auf einer ständig tiefer werdenden
Ebene mich meiner eigenen Scheu, Verletzlichkeit und Zurückhaltung zu stellen
und sie als Teil von mir anzuerkennen und in Besitz zu nehmen.
Ich zeige mich und mache mich als Person, die ich bin, verletzlicher.
 Es bedarf der Fähigkeit, sich der eigenen Hilflosigkeit zuzuwenden und zu erkennen,
dass die Entwicklung begleitende Person auf Achtsamkeit, Verbindung zu einer
spirituellen Quelle und manchmal dem demütigen Gefühl von Ohnmacht, Hilflosigkeit und
Gnade angewiesen ist, um tiefste Verwundung anderer halten zu können.
Ziele und Haltungen 8
ZuH
 Wir müssen als Begleitende verstehen und darüber staunen, dass autonome
Veränderungs-Prozesse von innen heraus angestoßen werden, ohne dass wir aktiv
eingreifen.
Diese Prozesse wollen nicht von außen durch ständige Aktion und Manipulation
angeordnet, sondern angehört und eingeladen werden.
 Als Entwicklung begleitende Person diene ich als Katalysator und Werkzeug, das
innere Tor zu finden, um Kongruenz, Stimmigkeit und eine Beziehung zur umgebenden
Umwelt zu finden, die in Resonanz ist mit Ganzheit, Gesundheit, Lebens-Sinn.
 Entwicklungs-Begleitende sind bereit, professionell „nackt“ zu sein, d. h. jegliche
professionelle Überlegenheit loszulassen und der Entwicklung suchenden Person von
Wesen zu Wesen zu begegnen.
Es ist eine Kunst, von Wesen zu Wesen und von Herz zu Herz zu arbeiten.
Diese Kunst bedarf eines intimen Vertrautseins mit den Bedingungen des Mensch-Seins
und einer Weisheit, die Kommunikation auf Denk-Ebene zugunsten einer Kommunikation
von Herz zu Verstand oder von Herz zu Herz aufgeben kann.
 Es ist eine Kunst, mit der eigenen inneren Präsenz zu arbeiten und durch die
eigenen Aufmerksamkeit gesunde Zustände in der Entwicklung suchenden Person zu
unterstützen, indem wir eine sichere und liebevolle Umgebung zur Verfügung stellen und
sie halten, ganz gleich, was geschieht.
 Es ist eine Kunst, mit dem in Kontakt zu sein, was letztendlich über den Trauma-Kontext
hinausgeht und was beide, die Entwicklung begleitende und die Entwicklung suchende
Person, mit den größeren nährenden Kräften eines weiteren Feldes in Verbindung bringt.
Ziele und Haltungen 9
ZuH
 Ziel der Entwicklungs-Begleitung ist es, Menschen zu helfen, neue Quellen der
Einsicht, Gesundheit und körperlichen Neuordnung nutzbar zu machen: ihren FeltSense, ihre Intuition und unmittelbare Sinnes-Erfahrung und darüber hinaus die Realität
eines fühlenden Herzens und eines Gehaltenseins in einem größeren Ganzen
 Begleit-Personen in Trauma-Heilungs-Prozessen müssen so in sich selbst zentriert sein,
dass ihre Haltung durch Resonanz das Auftauchen eines verteidigungslosen
Zustandes bei der Entwicklung suchenden Person begünstigt.
Ein solches respektvolles und achtsames Mit-sich-selbst-Sein bildet einen energetischen
Raum, der die aufmerksame, beobachtende Selbst-Erforschung ermöglicht.
 Begleit-Personen brauchen einen breiten Hintergrund eigener Heilung.
Entwicklungs-Begleitende sollten den Schrecken von Trauma und die Heiligkeit ihres
eigenen Heilungs-Prozesses erlebt haben.
Auflösung freigesetzter Trauma-Energien in eine kohärente, mitschwingende Welle aus
Fluss und Flexibilität sollte nicht Lehrbuch-Wissen, sondern direkte Erfahrung sein.
 Das Angebot physischen, energetischen, emotionalen und sprachlichen Raums
durch Entwicklungs-Begleitende ist insofern wichtig, als es die Entwicklung suchenden
Personen sich auf vielen Ebenen ihrer Persönlichkeit und ihres Sein ausdehnen lässt.
Nur sehr wenige Menschen schienen mit dieser Art des Angebots vertraut zu sein.
 Die Entwicklung begleitende Person nimmt eine Haltung ein, die „mit dem ganzen
Körper zuhört“, und ist ihrem eigenen innere Zustand gegenüber aufmerksam.
Durch Resonanz übermittelt sich der innere Zustand der Entwicklung suchenden Person
häufig an die Begleitenden und wird dort lesbar, ohne den Personen eine aufdringliche
Aufmerksamkeit zu zollen.
Ziele und Haltungen 10
ZuH
 Es ist nicht unsere Aufgabe, der Entwicklung suchenden Person eine Lösung ihrer
Probleme zu servieren.
Unsere therapeutische Ausrichtung mit Blick auf Lösung, Entwicklung und Evolution kann
sich als Falle erweisen.
Nichts von dem, was wir anzubieten haben, ist wirklich wichtig.
Das, was wirklich wichtig ist, ist, der Entwicklung suchenden Person auf der Ebene
seines grundlegenden Seins zu begegnen.
Es ist unsere Aufgabe, der Person dort zu begegnen, wo sie ist.
 Es ist unsere Aufgabe, Wahl-Möglichkeiten, Optionen und Einladungen anzubieten, um
das verengte, begrenzte Wahrnehmungs-Feld der Entwicklung suchenden Personen
erweitern zu helfen. In der Qualität unserer Präsenz sind wir Einladende.
Das gilt es von Tag zu Tag tiefer zu verstehen.
 Es ist unsere ansprechendste Aufgabe, die Entwicklung suchende Person an ihre
Möglichkeit zur Entscheidung zu erinnern, anders zu sein, zu handeln und sich zu
verhalten. Und es ist auch unsere Aufgabe, einer Entscheidung der Person, nicht zu
handeln, mit größtem Respekt zu begegnen.
 Die Fähigkeit, die innere Realität der Entwicklung suchenden Person über unseren
eigenen Körper zu lesen, ist der zentrale Schlüssel zu lohnenden und dienlichen
Ergebnissen.
 Unsere Beziehungs-Fertigkeiten sind für die erfolgreiche Vollendung der Prozesse
unserer Entwicklung suchenden Personen entscheidende.
 Unser Heilsein wird gebraucht.
Fähigkeiten der Entwicklung-Suchenden
TH
 Die Entwicklung begleitende Person muss einschätzen können, wie bereit und fähig eine
Entwicklung suchende Person ist, Kontakt mit ihrem Schock- und Trauma-Erlebnis
aufzunehmen.
 Wichtige Fähigkeits-Kriterien sind unter anderem:
 Die Fähigkeit zu Körper-Bewusstsein.
„Richtet sich die Aufmerksamkeit der Person in den Körper oder nach außen?“
 Die Fähigkeit, starke Emotionen auszuhalten.
 Die Fähigkeit, Grenzen zu wahren, indem die Person nicht vorzeitig tiefere Themen angeht.
 Das emotionale Alter, aus der die Entwicklung suchende Person heraus agiert.
 Die bewusste Verfügbarkeit des beobachtenden Selbst der Person:
„Hat sie eine Beziehung zwischen der Situation und einem innere neutralen Beobachter oder
Zeugen aufgebaut?“
 Mit sich selbst in Verbindung zu sein, das wahre Selbst als sinnliche, physische Realität
des eigenen Körpers zu fühlen, ist Vorbedingung für die Fähigkeit, sich mit der Realität
einer Aufstellungs-Arbeit oder des Lebens selbst zu verbinden.
 Wir müssen eine gesunde Balance dafür finden, unsere Verletzlichkeit zu zeigen und
gleichzeitig Zugriff auf unsere natürlichen Abwehr-Reaktionen zu haben. Ohne
verlässliche und intakte persönliche Verteidigungs-Reaktionen können wir unmöglich
unser Leben leben.
In Kontakt zur eigenen Aggression zu kommen und sie als angemessene VerteidigungsReaktion zu integrieren, trägt eine Menge zur Lebens-Qualität bei.
Gerade die Balance zwischen der Fähigkeit, verletzlich zu sein einerseits und der
Fähigkeit zur Selbst-Sicherheit andererseits führt zur gesunden Integrität des Selbst
und zu einem voll gelebten Leben.
Gesundung und spirituelle Integration 1
TH
Um heil zu werden, müssen wir unser Verständnis von Realität und Selbst verändern.
 Wahrnehmung ist – phänomenologisch betrachtet – von Natur aus teilnehmend.
Wahrnehmung beinhaltet immer auf der intimsten Ebene die Erfahrung des aktiven
wechselseitigen Zusammenspiels oder Kontakt zwischen dem wahrnehmenden Körper
und dem Wahrgenommenen.
 Wir Menschen bilden und sind ein Organismus-Mitwelt-Feld. Unser individuelles Sein ist
nicht unabhängig von dem uns stets umgebenden sozialen, kulturellen und natürlichen
Feldern zu verstehen. Unsere eigene angenommene Identität ist von dem BeziehungsFeld geformt, von dem wir ein Teil sind.
 Gesundheit kommt von außen und wird über den Köper innerlich erfahrbar. Wir können
uns nur durch die Risiko-Bereitschaft zum Empfinden, Erspüren und Erfühlen der Realität
wandeln. Veränderung ist Veränderung und nicht Diskussion über Veränderung.
 Gesundheit ist wissendes Bewusstsein außerhalb unseres Nervensystems.
Gesundheit ist Kontakt und Erhaltung der Verbindung zu den Quellen der Gesundheit, die
nicht nur in unseren Körpern, sondern auch außerhalb der Begrenztheit des KörperGefäßes zu finden sind.
 Wir sollten uns gewahr sein, dass es eine Intelligenz gibt, die den Körper und seine
Verbindung zu größeren gefühlten Realitäten mit einbezieht. Wir handeln aus einer
Position von Verbundenheit, Wechselseitigkeit und Teilnehme heraus und erhalten
gleichzeitig unsere Einzigartigkeit und Integrität. Wir wehren uns weniger gegen die auf
uns zukommende und uns verändernde heilende Liebe. Wir lassen uns verändern ohne
Angst, Gegenwehr oder Scheu.
Gesundung und spirituelle Integration 2
TH
 Gesund zu werden bedeutet, uns wieder mit den embryonalen Form-Kräften zu
verbinden, die einst die Entfaltung unserer menschlichen Form und beseelten Natur
hervorgebracht haben. Persönliche Erneuerung, tiefe Veränderung und profunde
Transformation sind mit einem Zurückgehen zu diesen frühen Kräften verbunden,
die uns von innen heraus neu erschaffen. Diese Beziehung zu unserer embryonalen
Umwelt ist eine archetypische, die wesentlich unser späteres Erleben formt. Heilung ist
Wiederverbindung mit den spirituellen Kräften, die uns im Mutter-Leib geformt haben.
 Die tiefste Traurigkeit ist die Trauer um das Getrenntsein von der grundlegenden
Spiritualität, die unser Leben durchdringt.
Gesundheit und die Synchronisierung mit dem, was wir sind, sind abhängig von der
Erkenntnis, dass die Grundquelle der Gesundheit nicht in erster Linie im Körper zu finden
ist, obwohl unser Körper das einzige Medium ist, über das wir die Wirkung des MitweltFeldes erfahren können.
 Es ist unsere Beziehung zur umgebenden Matrix, zum spirituellen Zytoplasma, für das wir
rezeptiv und sensibel werden müssen, um wieder zu den tiefen spirituellen Erfahrungen
kommen zu können, ohne die es keine Gesundheit gibt.
 Körperliche Ertüchtigung ohne spirituellen Verbundenheit ist buchstäblich „arm-selig“ bzw.
wir landen dann beim Orthopäden und einem anderen Sportarzt.
 Wir erfahren den Grund unseres Seins durch das Prisma unseres Selbst-Prozesses als
Emanzipation in ein verbundenes, ganzheitliches Selbst-Sein.
Selbst-Werdung heißt, die Verbindung zur inspirierende Quelle wiederzufinden.
Wir entdecken unsere Teilnahme am Seins-Grund und bleiben dennoch einzigartig in
unserer Erlebens-, Verhaltens- und Seins-Ausprägung.
Ressourcen
TH
 Es ist eine Tatsache, dass wir in jedem Moment unseres Lebens mehr oder minder
bewusst eine Vielzahl von Ressourcen anzapfen.
 Oft ist es eine verblüffende Frage für einen Menschen, wenn er gefragt wird:
„Was hat dich überleben lassen?“ Genauer gefasst: „Was hat dein Überleben im äußeren
Umfeld und in deiner inneren Realität unterstützt?“
Er braucht eine Weile, bis der Mensch herausfindet, was ihm geholfen hat, mit
schwierigen oder sogar lebensbedrohlichen Situationen bis heute fertigzuwerden.
 Oft tragen uns die scheinbar einfache Dinge im Leben und bringen uns mit der nährenden
Grundlage unseres Seins in Kontakt.
Allein die Beschreibung der unterschiedlichen Ressourcen und das Vergegenwärtigen in
unserer Aufmerksamkeit verändern das Körper-Gefühl.
Diese gefühlte Veränderung, diese innerlich gespürte Qualität bildet den Beginn
von Sicherheit, wie es für spätere Trauma-Bearbeitung und -Heilung unabdingbare
Voraussetzung ist.
 Das waren ganz sicher nicht nur äußere Ressourcen wie Sozial-Kontakte, Zugehörigkeit,
Freundschaften, Partner, Bildungs-Erfahrungen, intime und mitfühlende Begegnungen
und wesentliche Gespräche, Nahrung, frische Luft, Wasser, Wärme, Obdach, Arbeit,
Geld, Hobbys, Singen und Tanzen oder Urlaub.
Auch Hoffnungen, Träume, Wünsche, Momente von Glück und andere Gefühle, vielleicht
von außen durch Dinge wie Musik, gute Bücher, Filme, schöne Dinge, Blumen, Tiere,
Farben, Natur-Eindrücke oder Ähnliches angeregt, wirken als starke Überlebens-Kräfte.
Auch unsere Fähigkeit, in einer Situation aktiv zu werden, und das Wissen darum, wann
es gut ist, sich aus einer Situation zu lösen, spielen eine Rolle.
Pendeln
TH
 Das Entscheidende für Trauma-Heilung ist nicht so sehr die Schwere der Erfahrung,
sondern die Möglichkeit, sich Zugang zu innerlich gefühlten Ressourcen zu verschaffen.
 Die die Entwicklung begleitende Person muss einen Heilungs-Container oder einen
sicheren Rahmen aufbauen, in dem die Trauma-Erregung umgebaut werden kann.
 Es ist wichtig, dass die Entwicklung suchende Person nicht in erinnerte oder gefühlte
Schrecknisse der Vergangenheit hineingerissen wird, sondern dass sie eine „RettungsLeine“ zur Gegenwart und die Verbindung zu Ressourcen-Erfahrungen halten kann.
Der Aufbau gefühlter Ressourcen als sinnlicher Stabilisierung während der Traumaverarbeitung ist eine unerlässliche Voraussetzung für alle weiteren Trauma-HeilungsSchritte.
 Jegliche eilige Bewegung in die Trauma-Situation hinein, jegliche Ungeduld aufseiten eines
„Teils“ der Entwicklung suchenden Person ist bereits ein Nachgebe an den ständigen
physiologischen Trauma-Sog in Richtung autonomer Übererregung.
 Der gefühlte ressourcenreiche Zustand ist die reorganisierende Gegenkraft, die wir
brauchen, um uns von einem Wirbel aktivierender Trauma-Energie hin zu einer autonomen
Reaktion des Körpers zu bewegen, die der des sich abschüttelnden Tieres gleicht.
 Im Kontext von Trauma-Heilung bringen wir Ressourcen-Gefühl und physiologische
Erregung behutsam in Kontakt. Die Fähigkeit, diese Verbindung herzustellen oder
manchmal einzuladen, ist der Schlüssel zur Heilung vom Trauma.
Zwischen einer Region traumatischer Energie-Dichte und einer körperlich
ressourcenreichen Region der Helligkeit und Leichtigkeit hin und her zu wandern, kann
helfen, die verdichtete Energie in der Trauma-Region freizusetzen.
Distanzierung
TH
 Die Fähigkeit, Aufmerksamkeit von einer bestimmten Erfahrung abzuziehen und diese
aus einiger Entfernung zu betrachten, ist eine Schlüssel-Ressource für den Prozess der
Trauma-Verarbeitung.
 In einer Situation schonungsloser Gefühls-Überwältigung ist es notwendig, sich
innerlich von der Sturz-Flut an Eindrücken zu distanzieren.
Ohne innerliche Distanzierung von Innenwelt- und Umwelt-Reizen könnten wir uns auf
keine Aufgabe konzentrieren, könnten wir keinen Umlernprozess einleiten.
 Es geht darum zu vermitteln, dass wir nicht Inhalt unserer Wahrnehmung sind:
 Wir arbeiten mit der menschlichen reflexiven Fähigkeit eines inneren Beobachters
oder des „beobachtenden Selbst“ im Gegensatz zum „erlebenden Selbst“.
 Gelegentlich hilft die Vorstellung des „verletzten Kindes“ neben dem „kompetenten
Erwachsenen“ sehr gut dabei, Kontakt zum verletzten, sensiblen Teil in uns
aufzunehmen.
beobachtendes Selbst
erlebendes Selbst
kompetenter Erwachsener
verletztes Kind
Dirigent
emotionales Orchester
innerer Zeuge
Handelnder Akteur
wahres Selbst
zu schützendes oder Schutz
suchendes (protektives) Selbst
Grenzen schaffen
TH
 Der Trauma-Heilungs-Prozess bewegt sich um verschiedene Verhandlungs-Prozesse
herum, die dazu dienen, einen Felt-Sense der persönlichen Grenzen zu entwickeln.
Grenzen sind Orte und Linien, die nicht nur trennen sondern an denen Kontakt,
Verbindung und Begegnung möglich ist und wir uns koordinieren, harmonisieren und
synchronisieren, um unsere Felder in Resonanz zu bringen.
 Die Befriedigung und verständliche Äußerung von Bedürfnissen bedarf der gefühlten
Integrität. Diese Integrität intakter Grenzen erlaubt uns, unsere Bedürfnisse zu spüren und
sie als real zu betrachten. So können wir unser inneres Erleben fühlen und halten und auf
klare und verlässliche Weise bei uns bleiben.
 Ziel ist, funktionierende Grenzen zu schaffen, die sich flexibel an die reale LebensSituation anpassen können und dadurch ihren Zweck erfüllen, Kontakt,
zwischenmenschliche Verbindung, aufmerksame Verbindlichkeit und Anerkennung der
gegenseitigen Existenz zu ermöglichen.
 Es ist eine eindrückliche Lern-Aufgabe, die somatische Reaktions-Fähigkeit und feine
Empfindsamkeit unseres Körpers an seinen Grenzen zu erfahren.
 Das Kommunizieren klarer Grenzen, der respektvolle Umgang damit und die sensible
Entscheidung darüber, wie die Kontakt-Aufnahme zum Gegenüber sich gestalten soll,
sind höchst bedeutende und wesentliche Lern-Inhalte sowohl in der Trauma-Arbeit als
auch in Intimbeziehungen.
Wir können nur dann Respekt für andere empfinden, wenn wir mit der Welt in Verbindung
sind, die sich in uns entfaltet. Wirkliches Mitgefühl hat immer damit zu tun, den anderen in
seinem Potenzial und seinen Möglichkeiten wahrzunehmen – auch und gerade in
Anbetracht seiner Grenzen und Begrenzungen.
Kontrolle aufgeben
TH
 Die Entwicklung begleitende Person muss ihre Aufmerksamkeit eher von der Entwicklung
suchenden Person abziehen als zu ihr hinlenken.
Zugleich muss die begleitende Person innerlich sehr offen und aufmerksam bleiben, den
Kontakt zum eigenen Prozess und zu dem umgebenden größeren Feld halten, ohne
absichtsvoll zu agieren. Stattdessen muss sie einladen, anerkennen, Zeuge sein,
beobachten, beruhigen und die Wirklichkeit der sich entfaltenden Erfahrung bestätigen.
 Die Dissoziation der Entwicklung suchenden Personen ist dann oft nicht mehr notwendig,
wenn der Raum von fremder Aufmerksamkeit und Absicht befreit ist und der Person für
die eigene forschende Achtsamkeit zur Verfügung steht.
Wir helfen den Personen mit der Qualität unserer Präsenz, in seinen eigenen Zustand
innerer Teilhabe zu gelangen und dadurch sein eigenes Heilwerden einzuladen.
 Sobald wir die kognitive Kontrolle über die Mitwelt-Einflüsse und den eigenen Körper in
einem gesicherten Raum in einer behutsam regulierten Art und Weise aufgeben und
allmählich die volle Entwicklung der Wiederverbindung mit dem Selbst zulassen,
verschmilzt der Beobachter des Selbst-Prozesses mit dem, was er beobachtet.
Wir sind eins mit dem, was da ist.
 Unser tiefstes Selbst ist kein Selbst mehr, da ein beobachtendes Selbst nicht mehr
existiert, es lässt sich nicht benennen, sondern allenfalls in so unklaren Begriffen wie
„mystische Partizipation“ oder „Leere“ oder „reine Präsenz“ oder „universelles
Bewusstsein“ beschreiben.
 Mir ist keine mächtigere Heil-Kraft bekannt als das Gefühl, von einer milden, sanften
Präsenz eingehüllt zu sein, die tröstend auf unsere Seele, beruhigend auf unseren Geist
und wärmend auf unser Herz wirkt.
Auf das Herz hören
TH
 Wir können der Realität des Moments lauschen, ohne uns hineinziehen zu lassen.
 Wir bleiben auch dann neutral, wenn wir Gefühls-Hinweise über die Realität des
Moments erhalten.
 Wir können unsere Aufmerksamkeit lenken, ohne beurteilend zu sein oder vorschnelle
Schlüsse zu ziehen.
 Wir können eine Situation aufnahmebereit offen halten.
 Wir verengen nicht unsere Wahrnehmung durch Fixierung mit unseren Augen.
 Wir bleiben dadurch offen, dass wir nach innen und nach außen lauschen.
 Wir nehmen uns Zeit, um die Botschaften des Körpers zu spüren, zu lesen und
aufzunehmen.
 Wir belieben uns auf defokussierte, aufmerksame und absichtslose Weise verschiedener
Aspekte einer sozialen Situation bewusst.
Dies ist genau das Gegenteil von dem, was in der traumatischen Überflutung passiert, in
der sich unsere Sinne auf einen bestimmte Wahrnehmung verengen und daraus die
einzig stattfindende Realität machen.
 Wir warten darauf, dass das Außen, die Realität einer Situation zu uns spricht.
 Wir lassen die Information auf uns zukommen und sich in unserer Präsenz entfalten.
 Wir erweitern unser Wahrnehmungs-Feld, um zu einer ganzheitlichen Einschätzung
eines Moments zu gelangen
 Wir hören auf unser Herz, das integrative somatische Gehirn, das seine Information so
freigiebig mitteilt, wenn wir uns ihm freundlich zuwenden.
Selbst-Erforschung
TH
 Vieleicht müssen wir akzeptieren, dass unsere tiefste Sehnsucht nicht durch Menschen
gestillt werden kann. Das ist vermutlich eine ernüchternde Einsicht in die Natur
persönlicher Beziehungen.
 Wir müssen einen noch tieferen Weg finden, um uns selbst zu begegnen. Dieser Weg
erfordert, dass wir in die Selbst-Erforschung eintreten, d. h. dass wir die Aufmerksamkeit
auf unseren inneren Selbst-Prozess lenken und uns mit der Frage beschäftigen: „Wie
erschaffen wir uns selbst?“ oder mit anderen Worten: „Wie müssen wir sein, um die
verlorene Verbindung zur größeren Realität, zur Quelle oder zum allumfassenden
Eingebettet-Sein zu fühlen?“
 Veränderung hin zum wahren Selbst zeigt sich in der Veränderung von GefühlsQualitäten in Richtung auf mehr Wärme, mehr Gegenseitigkeit und mehr Mitgefühl in
Bezug auf sich selbst und auf andere.
 Weisheit besteht darin, sich andauernd mit Loslassen zu beschäftigen und die
Virtualität oder Zerbrechlichkeit des Selbst sich manifestieren zu lassen.
 Wir beginnen, uns mehr um die Bedürfnisse der wahren Person zu kümmern als um
emotional geladene Reaktionen, die häufig nicht aus gegenwärtigen, sondern aus
früheren Erfahrungen heraus entstehen. In einen Selbst-Prozess einzutreten, der uns
verlässliches inneres Navigieren einbringt, verlangt von uns, die Identifikation mit dem,
was wir zu sein glauben, aufzugeben. Der Verlust unserer Identifikation mit den
Wahrnehmungs-Inhalten erfordert, aufmerksamer zu verfolgen, wie wir
wahrnehmen und wie sich uns Information übermittelt.
 Auf Basis einer erweiterten integrativen Wahrnehmung in einem größeren Realitäts-Feld
entwickeln wir Felt-Sense und eine verlässliche innere Orientierung.
Von Immobilisierung zu Kampf-und-Flucht
TH
1. Die Entwicklung suchende Person darin unterstützen, von der Erstarrung zu defokussieren
und ihre Aufmerksamkeit auf eine (oder alle) der identifizierbare „Rest-Bewegungen“ im
Körper zu lenken wie unter einem Vergrößerungs-Glas.
Diese Aufmerksamkeits-Verschiebung energetisiert den Prozess in Richtung Mobilität,
lässt die Bewegung(en) sich entwickeln, verstärkt und vergrößert sie oder bringt weitere
Bewegungs-Möglichkeiten in anderen Körper-Teilen hervor.
Oft möchte der Körper das abgebrochene – aber noch energetisierte – Bewegungs-Muster
ausführen, das durch das Trauma-Ereignis unterbrochen wurde.
Es geht darum, dem Körper zu erlauben, einen aktuellen Weg zur eigenen Deblockierung
der Energie zu finden.
2. Alternativ kann es nützlich sein, durch Aufmerksamkeits-Steuerung ein Gefühl der
Kohärenz zwischen den verschiedentlich auftauchenden Bewegungs-Teilen zu entwickeln
und diese Bewegungen sich in einem kohärenten Fluss einer Gesamtbewegung
koordinieren zu lassen. Das kann zu einer kleinschrittigen, autonomen Freisetzung der
blockierten Trauma-Energie führen.
3. Ein anderer Weg ist der, der Immobilisierung zu erlauben zu sein und den BeobachtungsProzess der Entwicklung suchenden Person bis zu ruhiger Aufmerksamkeit und gleichsam
zum Stillstand der Bewegung zu verlangsamen. Die Person macht die Felt-SenseErfahrung dieses äußerst stillen Zustandes ohne einzugreifen und sich abzulenken.
Wenn die Person dort mit ihrer Aufmerksamkeit verweilen kann, ohne getrieben,
herausgefordert oder anderweitig gestört zu werden – mit Ausnahme der Aufrechterhaltung
eines sicheren Kontaktes zur Begleit-Person – wird der Organismus seinen ihm
innewohnenden Behandlungs-Plan in Gang setzen.
Von Kampf-und-Flucht zu Sozialkontakt
TH
 Aus einer Beobachter-Position heraus betrachtet die Entwicklung suchende Person die
physiologischen Begleiterscheinungen ihrer aggressiven Reaktionen oder Gedanken.
 Aus dieser Position doppelter Aufmerksamkeit, d. h. als gleichzeitig beobachtende und
erlebende Person, lädt die Entwicklung suchende Personen ihren Körper ein,
selbstheilende Körper-Reaktionen durchzuführen.
Dies können autonome Reaktionen sein wie z. B. Schwitzen, Zittern, Schütteln oder die
Vervollständigung von Bewegungs-Mustern neben weiteren autonomen EntladungsReaktionen.
Es reicht, den autonomen Reaktionen nicht im Wege zu stehen, sondern sie kontrolliert,
begrenzt und achtsam ablaufen zu lassen.
Auch darf die begleitende Person den Prozess nicht durch aufgesetzte Interventionen
oder kopfige Fragen unterbrechen.
 Nach der Entladung bzw. inneren Restrukturierung erfolgt eine Reorientierung im
aktuellen Prozess. Dazu wird die Sinnes-Wahrnehmung vom inneren Prozess abgezogen
und auf die äußere Wirklichkeit gelenkt.
Die Begleit-Person nutzt den Sozialkontakt zur Aktivierung des sozialen Nerven-Systems,
um die neue innere Körper-Organisation zu integrieren. Regulations-Hilfe besteht in
respektvollen, nicht-intrusivem, nicht-forderndem Augen- und Gesichts-Kontakt
(anschauen beim Sprechen), Körper-Kontakt (Streicheln, Berühren, Halten),
Aufforderung zu experimentell-sanfter Bewegung, dem Erklingen einer menschlichen
Stimme (summen oder leise, weich und zart sprechen) und ruhiger Präsenz.
Viele Bewegungen wie Kopf-Drehen, Orientieren, Lachen, Lächeln, Sprechen, Hören etc.
werden unter Umständen als neu erlebt.
Aufstellungs-Prozess-Arbeit (APA)
 Nutzen der Aufstellungs-Prozess-Arbeit
 Sicherheit durch Wahl-Möglichkeit
 Aufstellung als inneres Geschehen
TH
Nutzen der Aufstellungs-Prozess-Arbeit
 Es könnte vielen Menschen helfen, schneller und effektiver zu verstehen,
was sie brauchen, um sich von ihrem Leiden am Leben zu befreien und ihrer
Erfüllung näher zu komme wenn die innere Entfaltung nicht nur kognitivbewusst, sondern sichtbar, greifbar und anschaulicher gemacht werden
könnte.
 Das ist der beispiellose Nutzen systemischer Aufstellungs-Prozess-Arbeit.
 Das Plus, das systemische Aufstellungs-Prozess-Arbeit dem Gebiet der
Trauma-Heilung und der persönlichen Entwicklung bringt, ist die Möglichkeit,
die treibenden Kräfte unseres inneren Prozesses in einer deutlichen,
systemischen, dreidimensionalen Orchestrierung aus miteinander
verbundenen Teilen zu differenzieren.
 Aufstellung dient dazu, den nächsten Schritt in Richtung einer Lösung
einzuleiten oder manchmal auch nur zu zeigen, worum es in der
vorliegenden Situation geht.
APA
Sicherheit durch Wahl-Möglichkeit
APA
 Traumatisierte Menschen
 ängstigen sich leicht, geraten grundlos in Panik, sind routinemäßig gestresst, auch
wenn kein erkennbarer Grund besteht.
 brauchen eine gefühlte, sichere Grundlage sinnlicher Verlässlichkeit, die einen
soliden Ausgangs-Punkt dafür bildet, sich aufs Gebiet der Heilung und der TraumaLösung zu wagen.
 brauchen nicht noch mehr Dynamisierung ihrer inneren Vorgänge, sondern eine
wirksame Unterstützung darin, innerlich zu verlangsamen und ihre gefühlte Realität
zu rekonstruieren und zugänglich zu machen.
 Der Entwicklung suchenden Person zu helfen, sich von seiner Verstrickung mit dem
traumatischen Prozess und seiner zudringlichen Bilder-Sprache, seinen beunruhigend
vorherrschenden Emotionen und scheinbar unkontrollierbaren Übererregungs-Zuständen
zu trennen, ist ein wesentlicher Schritt dahin, sicheren Boden zu fühlen, von dem aus der
innere Prozess moderiert werden kann.
 Es ist einer der Kern-Prozesse des Selbst, dass wir die Freiheit haben, unseren
Aufmerksamkeits-Fokus bewusst zu lenken, und so die Möglichkeit besitzen,
Wahrnehmung zu selektieren.
Sobald diese Wahl-Freiheit von einer Überkopplung mit einem bestimmten traumatischen
Inhalt überlagert ist, erleben wir keine Freiheit mehr.
 Die Externalisierung einer Wahrnehmungs-Komponente im Aufstellungs-Prozess ist eine
Hilfe-Stellung, um innerliche Ablösung durch äußerliche Aktion zu ermöglichen.
Aufstellung als inneres Geschehen
APA
 Ein Aufstellungs-Prozess ist die Darstellung eines inneren Bildes, das seine Wurzeln im
Felt-Sense der Entwicklung suchenden Person hat.
Die Realität des Felt-Sens ist Grundlage unserer Entscheidungs-Findung.
Jedoch lässt sich aus einer Aufstellung innerer Prozesse kein konkretes Handeln ableiten,
weil wir durch sie nicht ermitteln können, ob Schritte im wirklichen Leben richtig oder
falsch, möglich oder unmöglich sind.
 Aufstellung als inneres Geschehen, als innere Struktur der Selbst-Organisation wurde
häufig zu wenig verstanden. Die Einsicht, dass wir unser gesamtes Familien-System als
Erlebens-Qualitäten in uns tragen, hat uns bewogen, statt familiärer Verstrickungen lieber
intrapsychische System aufzustellen.
Die Unmittelbarkeit der innerpsychische Aufstellung geht über die Familien-Situation
hinaus und bietet mehr Gelegenheit, die Entwicklung suchenden Personen bei der
Kontakt-Aufnahme mit ihrer tatsächlichen inneren Prozess-Struktur zu unterstützen.
 Man betrachtet den inneren Prozess bei seiner Entfaltung in dem betreffenden Menschen
in diesem Moment des Aufstellungs-Vorgangs.
Die Kontakt-Aufnahme mit inneren Prozessen bietet reichhaltiges introspektives Material
zur Reorganisation von innen heraus.
Sie fördert Verantwortlichkeit und Selbst-Aktualisierung, statt auf die anderen zu schauen
und Erwartungen nach außen zu richten.
 Den inneren Teil zu sehen und zu erleben macht uns deutlich, mit welcher Art der
Aufmerksamkeit wir uns selbst begegnen müssen, um die Hinbewegung zu Gesundheit
und persönlicher Integration zu unterstützen.
Menschen mit somatoformen
Störungen (F45)
 Allgemein
 Somatisierungs-Störung (F45.0)
 Undifferenzierte Somatisierungs-Störung (F45.1)
 Hypochondrische Störung (F45.2)
 Somatoforme autonome Funktions-Störung (F45.3)
 Herz und Kreislauf-System (F45.30)
 Oberes (F45.31) und unteres (F45.32) Verdauungs-System 1
 Oberes (F45.31) und unteres (F45.32) Verdauungs-System 2
 Atmungs-System (F45.33)
 Somatoforme anhaltende Schmerz-Störungen (F45.4)
 Anhaltende somatoforme Schmerz-Störung (F45.40)
 Chronische Schmerz-Störung mit somatischen und
psychischen Faktoren (F45.41)
 Sonstige somatoforme Störungen (F45.8)
 Erschöpfungs-Syndrom (F48)
Allgemein
F45
 Das Charakteristikum ist die wiederholte Darbietung körperlicher Symptome in
Verbindung mit hartnäckigen Forderungen nach medizinischen Untersuchungen trotz
wiederholter negativer Ergebnisse und Versicherung der Ärzte, dass die Symptome
nicht körperlich begründbar sind.
Auch konversionsneurotisches Syndrom genannt. Emotionale Erkrankungen mit
körperlichem Ausdruck (Konversion = körperlicher Ausdruck einer psychischen Störung),
häufig zusammengefasst als vegetative Dystonie.
Wenn somatische Störungen vorhanden sind, erklären sie nicht die Art und das Ausmaß
der Symptome, das Leiden und die innerliche Beteiligung des Patienten.
Exkl.: Ausreißen der Haare (F98.4) Daumenlutschen (F98.8) Dissoziative Störungen (F44.-) Lallen
(F80.0) Lispeln (F80.8). Nägel-Kauen (F98.8) Psychologische oder Verhaltens-Faktoren bei
anderenorts klassifizierten Störungen und Krankheiten (F54) , sexuelle Funktions-Störungen, nicht
verursacht durch eine organische Störung oder Krankheit (F52.-), Tic-Störungen (im Kindes- und
Jugendalter) (F95.-), Tourette-Syndrom (F95.2), Trichotillomanie (F63.3)
 Generell gilt:
 organische Befunde müssen ausgeschlossen sein,
 erst, wenn alle internistischen diagnostischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kann man als
Ausschlussdiagnose von einer psychosomatischen Krankheit sprechen.
 Zum Beispiel können Schwindel (Kleinhirn-Störung, Hirn-Tumoren, Kreislauf-RegulationsStörungen), Übelkeit und Erbrechen (Hirnhaut-Reizung z. B. bei eitriger Meningitis,
Intoxikationen, pernizitöse Katatonie als Unterform der Schizophrenie – Vermutung einer
Gehirn-Entzündung) auf eine allgemeine Unsicherheit (Störung, Neurose) verweisen oder aber
auf eine Fehlfunktion im Hirn hinweisen.
 Primärer Krankheits-Gewinn: Durch die körperlichen Krankheits-Symptome kommt
es zu einer psychischen Entlastung.
Sekundärer Krankheits-Gewinn: Aus Krankheit resultieren positive soziale Folgen.
Somatisierungs-Störung (F45.0)
F45
 Charakteristisch sind multiple Symptom-Bereiche: wiederholt auftretende und
häufig wechselnde körperliche Symptome, die wenigstens 2 Jahre bestehen.
Es findet sich keine ausreichende somatische Erklärung für die Symptome




Reizbarkeit
Hautbrennen
Jucken
Magen- und DarmBeschwerden
 Übelkeit und
Erbrechen
 Schwindel
 Diarrhoe
 Brust- und OberbauchBeschwerden
 Kreuz- und RückenSchmerzen
 Innere Unruhe
 Müdigkeit
 Herz-Schmerzen
 KonzentrationsMangel
 Depressive
Verstimmungen
 Leistungs-Abfall
 KreislaufBeschwerden
 Schweiß-Ausbrüche
 Die meisten Patienten haben eine lange und komplizierte Patienten-Karriere hinter
sich, sowohl in der Primärversorgung als auch in spezialisierten medizinischen
Einrichtungen, wo viele negative Untersuchungen und ergebnislose explorative
Operationen durchgeführt sein können.
Die Symptome können sich auf jeden Körper-Teil oder jedes System des Körpers
beziehen, dies im Unterschied zu dissoziativen Störungen (F44), die sich aufs ZNSBereiche des Bewusstseins beziehen.
Der Verlauf der Störung ist chronisch und fluktuierend und häufig mit langdauernder
Störung des sozialen, interpersonalen und familiären Verhaltens verbunden.
Inkl.: Briquet-Syndrom (polysymptomatische Hysterie – alter Begriff), multiple
psychosomatische Störung
Exkl.: Simulation [bewusste Simulation] (Z76.8)
Undifferenzierte Somatisierungs-Störung (F45.1.)
F45
 Eine kurzdauernde (weniger als zwei Jahre) und weniger auffallende Symptomatik
als bei F45.0 wird besser unter F45.1 klassifiziert (undifferenzierte
Somatisierungsstörung).
 Wenn die körperlichen Beschwerden zahlreich, unterschiedlich und hartnäckig sind,
aber das vollständige und typische klinische Bild einer Somatisierungs-Störung nicht
erfüllt ist, ist die Diagnose undifferenzierte Somatisierungs-Störung zu erwägen.
 Inkl.: Undifferenzierte psychosomatische Störung
Hypochondrische Störung (F45.2)
F45
 Vorherrschendes Kennzeichen ist eine beharrliche Beschäftigung mit der Möglichkeit,
an einer oder mehreren schweren und fortschreitenden körperlichen Krankheiten zu
leiden.
 Die Patienten manifestieren anhaltende körperliche Beschwerden oder anhaltende
Beschäftigung mit ihren körperlichen Phänomenen.
 Normale oder allgemeine Körper-Wahrnehmungen und Symptome werden von dem
betreffenden Patienten oft als abnorm und belastend interpretiert und die
Aufmerksamkeit meist auf nur ein oder zwei Organe oder Organ-Systeme des
Körpers fokussiert.
 Depression und Angst finden sich häufig und können dann zusätzliche Diagnosen
rechtfertigen.
 Inkl.: Dysmorphophobie (Körper-Schema-Störung - nicht wahnhaft), Hypochondrie,
hypochondrische Neurose, körperdysmorphophobe Störung, Nosophobie (Angst vor
Krankheiten)
 Exkl.: Auf körperliche Funktionen oder Körperform fixierte Wahn-Phänomene (F22.-)
Wahnhafte Dysmorphophobie (F22.8)
Somatoforme autonome
Funktions-Störung (F45.3.)
F45
Die Symptome werden vom Patienten so geschildert, als beruhten sie auf der körperlichen
Krankheit eines Systems oder eines Organs, das weitgehend oder vollständig vegetativ
innerviert und kontrolliert wird, so etwa des kardiovaskulären, des gastrointestinalen, des
respiratorischen oder des urogenitalen Systems.
Es finden sich meist zwei Symptom-Gruppen, die beide nicht auf eine körperliche Krankheit
des betreffenden Organs oder Systems hinweisen.
1. Beschwerden, die auf objektivierbaren Symptomen der vegetativen Stimulation beruhen
wie etwa Herzklopfen, Schwitzen, Erröten, Zittern.
Sie sind Ausdruck der Furcht vor und Beeinträchtigung durch eine(r) somatische(n)
Störung.
2. Subjektive Beschwerden unspezifischer und wechselnder Natur, die vom Patienten einem
spezifischen Organ oder System zugeordnet werden, wie





flüchtige Schmerzen,
Brennen,
Schwere,
Enge und
Gefühle, aufgebläht oder auseinander gezogen zu werden,
 Inkl.: Da-Costa-Syndrom (Herz-Beschwerden ohne organische Ursache), Herz-Neurose,
Magen-Neurose, neurozirkulatorische Asthenie, Psychogene Formen: Aerophagie, Colon
irritabile , Diarrhoe, Dyspepsie, Dysurie, erhöhte Miktionshäufigkeit, Flatulenz, Husten,
Hyperventilation, Pylorospasmen, Singultus
Exkl.: Psychische und Verhaltens-Einflüsse bei anderenorts klassifizierten Störungen
oder Krankheiten (F54)
Herz- und Kreislauf-System (F45.30)
F45
 Herz-Neurose/Herz-Phobie
 anfallsweise Angst-Zustände
 Todes-Angst, rufen um Hilfe, Furcht vor Herz-Stillstand, meist jüngere Männer,
 Angst meist mit Übelkeit, Schwindel, Dyspnoe, Schweiß-Ausbruch, OhnmachtsErwartung,
 Verlassenheits-Angst aufgrund ambivalenter Mutter-Bindung
 Anfall bis zu zwei Stunden
 Herz-Rhythmus-Störungen
 Herz-Infarkt-Patient
 Harte und fleißige Arbeiter, die hohe Anforderungen an sich selbst stellen.
 Strebt nach Anerkennung seiner Leistungen.
 Wettbewerbsorientiert, ständig am kämpfen, erfolgreich zu sein.
 Rastloser Tätigkeitsdrang, andauernd unter Zeit-Druck, ständig Listen
abarbeiten.
 Neigung, körperliche Beschwerden zu bagatellisieren.
 Der Herz-Infarkt meistens dann, wenn es soziale Konflikte gibt und das
Dominanz-Streben nicht mehr ausgelebt werden kann (Depression oder vitale
Erschöpfung).
Oberes (F45.31) und unteres (F45.32)
Verdauungs-System 1
F45
 Magen-Neurosen/Magen-Ulkus (Magen-Geschwür)
Vermehrte Magen-Säure-Sekretion und verminderte Produktion des schützenden Schleims
Heliobakter Pylori (Bakterie)
Allgemein bei Ulcus-Patienten:
 Ambivalenz gegenüber den mütterlichen Instanzen,
 pseudounabhängig - auf der einen Seite Verbundenheits-Sehnsüchte (Schutz, Zuwendung,
Belohnung, einfach Kind sein), auf der anderen Seite besonders Ehrgeizig und selbständig
erscheinen wollen (gibt sich selbstgenügsam, bescheiden, stark, ist es aber nicht wirklich)
 unterdrückte Aggressionen (höflich, unaufdringlich, sehr fleißig, anspruchslos)
 neigen zur Verharmlosung der Beschwerden
 Bei wirklicher Verantwortlichkeits-Anforderung (Reife, Erwachsensein) brechen KompensationsMechanismen zusammen
 Ulcus duodeni (Zwölffingerdarm-Geschwür)
Wenn soziale Einbettung nicht mehr funktioniert (Herausfallen aus dem sozialen Netz)
Krisen-Punkte sind Trennungs-Erlebnisse (Scheidung, Berufs-Wechsel)
 spastische Obstipation/Verstopfung oder Durchfall
Obstipierte sind besonders sauber, ordentlich, gewissenhaft, können kaum schenken oder
Geschenke annehmen (anale Trias mit Eigensinn, Ordnungs-Liebe, Sparsamkeit)
Obstipation (Stuhlgewicht unter 50 g pro Tag, Entleerungs-Frequenz unter 3 mal die
Woche) findet sich bei







Darmkrebs
Gutartigen Tumoren
Entzündungen
Infolge von Morphin-Einnahme
Entleerungs-Schmerzen
Habituelle Obstipation: Funktionelle Störung der Darm-Entleerung
Viele psychosomatische oder psychischen Erkrankungen (z. B. larvierte Depression) – Rückzug –
also auch Hinweis auf Depression
Oberes (F45.31) und unteres (F45.32)
Verdauungs-System 2
F45
 Colitis ulcerosa
Ulcerationen = Geschwür-Bildungen, hier speziell im Dickdarm mit Blutungen (blutigschleimige Durchfälle) und Bauch-Schmerzen.
Genetische Disposition
Auslöser können Überreaktionen des Immun-Systems sein, also allergische
Reaktionen auf Milch-Protein, Bakterielle Infektionen, Nahrungs-Bestandteile oder
autoimmune Reaktions-Weisen
Betrifft meist jüngere Frauen, die zu lieb und nett sind (Unterwürfigkeit).
Aggressionen werden auf den Dickdarm projiziert.
Mutter-Fixierung – Abhängigkeit von dominierenden und Liebe versagenden BezugsPersonen – Erziehung beherrschend, überfürsorglich, wenig emotional, mehr
Dressur (vermeidende Bindungs-Störung)
 Reizdarm, Morbus Crohn
 Schwindel, Übelkeit und Erbrechen
Können als konversionsneurotisches Symptom auftreten oder ernsten somatischen
Krankheits-Wert besitzen bei
 Hirn-Tumoren (auch Lähmungen, Sensibilitäts-Störungen, Sprach-Störungen) und
gesteigertem Hirndruck
 Kreislauf-Regulations-Störungen (insb. niedriger Blut-Druck mit Schwindel)
 Intoxikationen mit psychotropen Substanzen
 Schizophrenie (perniziöse (schädliche) Katatonie mit lebensgefährlichen vegetativen
Entgleisungen)
 eitrige Meningitis
Atmungs-System (F45.33)
F45
 Asthma bronchiale
Akute Atem-Störung als Leit-Symptom, die z. T. lebensbedrohliche Ausmaße annehmen
kann. Dazu





Nervöse Ängstlichkeit
Obstruktive Atem-Beschwerden (Erstickungs-Gefühl)
Ärgerliche Gereiztheit
Hyperventilation
Müdigkeit
Ätiologie:
 Grundkonflikt in der ambivalent-unsicheren Mutter-Beziehung (zwischen Liebe und Hass, Halten
und Wegstoßen).
 Überzogene Anforderungen an das Kind und Überfürsorglichkeit.
 Ambivalenzen im Kind zwischen Anklammerungs-Tendenz und Unabhängigkeits-Streben
(Trennungs-Ambivalenz)
 Gestörtes Urvertrauen
 Anfall als Schrei oder Weinen nach der Mutter bei gleichzeitigem Sich-Wehren gegen diese
 Entstehung im ersten Lebens-Jahr (Freud)
 Hyperventilations-Tetanie
Angst-Neurose, von der hauptsächlich jüngere Frauen betroffen.
Zur Angst-Abwehr Polypnoe und Hyperventilation, die aber nicht bewusst wird.
Wird mit Angst vor Dyspnoe und Angst, zu ersticken in Verbindung gebracht.
In Plastik-Tüte atmen lassen, um CO²-Gehalt zu erhöhen, bzw. Abbau der
Hypocalciämie.
Tetanie als Absterben der Finger (Krampf der Finger-Beuger), Kraftlosigkeit, Fisch-Maul
(tonische Kontraktion der mimischen Muskulatur) taube Lippen, trockener Mund, HerzKlopfen, Patienten stehen neben sich mit Gefühl der Unwirklichkeit
 Heuschnupfen und Allergien
Somatoforme anhaltende SchmerzStörungen inkl. Kopf-Schmerzen (F 45.4)
F45
 Schmerz-Zustände mit vermutlich psychogenem Ursprung, die im Verlauf
depressiver Störungen oder einer Schizophrenie auftreten, sollten hier nicht
berücksichtigt werden.
 Exkl.: Rückenschmerzen o. n. A. (M54.9-) Schmerz: akut (R52.0) chronisch (R52.2)
therapieresistent (R52.1)
Anhaltende somatoforme Schmerz-Störung
(F45.40)
F45
 Die vorherrschende Beschwerde ist ein andauernder, schwerer und quälender Schmerz, der
durch einen physiologischen Prozess oder eine körperliche Störung nicht hinreichend erklärt
werden kann.
Der Schmerz tritt in Verbindung mit emotionalen Konflikten oder psychosozialen Belastungen
auf, denen die Hauptrolle für Beginn, Schwere-Grad, Exazerbation (Verschlechterung) oder
Aufrechterhaltung der Schmerzen zukommt.
Die Folge ist meist eine beträchtlich gesteigerte persönliche oder medizinische Hilfe und
Unterstützung.
Mindestens 6 Monate.
 Inkl.: Psychalgie, Psychogen: Kopfschmerz, Rücken-Schmerz, somatoforme SchmerzStörung
 Exkl.: Spannungs-Kopf-Schmerz (G44.2)
 Kopf-Schmerzen sind das häufigste Gesundheits-Problem (Kosten in Deutschland ca. 7
Milliarden € pro Jahr).
Prävalenz: Episodische Kopf-Schmerzen vom Spannungs-Typ 70 %, bei Migräne 15%
(Erstmanifestation meist nach 40. LJ)
 Unterteilung in
 idiopathische (Migräne, Spannungs-Typ, Cluster). Mehr als 90% aller Kopf-Schmerzen sind idiopathischen
Ursprungs, also ohne erkennbare somatische Ursache.
 symptomatische Kopf-Schmerzen (Kopf- oder HWS-Trauma, Gefäß-Störungen in Kopf und Hals, Substanz
und deren Entzug, Infektion, Stoffwechsel-Erkrankung, Schädel-Erkrankung, kraniale Neuralgien). KopfSchmerzen können also auch Leit-Symptom einer potenziell gefährlichen Krankheit sein. Symptom
Kopfschmerz bedarf besonderer Abklärung. Bei Verdacht auf symptomatischen Kopfschmerz sind fachärztliche
Untersuchungen zu veranlassen. Plötzliches Auftreten stärkster Hinter-Kopf-Schmerzen mit Erbrechen kann auf
eine Hirn-Blutung (Schädel-Trauma – 4%) hinweisen. Massive Kopfschmerzen mit Übelkeit und Rötung des
Auges können für einen Glaukom-Anfall (Grüner Star) sprechen. Knochen-Metastasen im Bereich des
Schädel-Daches. Hypertonie. Bei Infektionen oder Fieber (häufig – 63%). Stoffwechsel-Störungen (22%).
Vorsicht vor Hirn-Tumor bei Kopfschmerz und Migräne.
 psychiatrische Störungen als Somatisierungs-Störungen (F45.4) und psychotische Störungen (F20 und F30)
Chronische Schmerz-Störung mit somatischen
und psychischen Faktoren (F45.41)
F45
 Im Vordergrund des klinischen Bildes stehen seit mindestens 6 Monaten bestehende
Schmerzen in einer oder mehreren anatomischen Regionen, die ihren AusgangsPunkt in einem physiologischen Prozess oder einer körperlichen Störung haben.
Psychischen Faktoren wird eine wichtige Rolle für Schwere-Grad, Exazerbation
(deutliche Verschlechterung) oder Aufrechterhaltung der Schmerzen beigemessen,
jedoch nicht die ursächliche Rolle für deren Beginn.
 Der Schmerz verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Leiden und
Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen FunktionsBereichen.
 Der Schmerz wird nicht absichtlich erzeugt oder vorgetäuscht (wie bei der
vorgetäuschten Störung oder Simulation).
 Schmerz-Störungen insbesondere im Zusammenhang mit einer affektiven, Angst-,
Somatisierungs- oder psychotischen Störung sollen hier nicht berücksichtigt werden.
 Exkl.: Andauernde Persönlichkeits-Änderung bei chronischem Schmerz-Syndrom
(F62.80) Psychologische Faktoren oder Verhaltens-Faktoren bei anderenorts
klassifizierten Krankheiten (F54)
Sonstige Somatoforme Störungen (F45.8)
 Hier sollten alle anderen Störungen der Wahrnehmung, der Körper-Funktion und
des Krankheits-Verhaltens klassifiziert werden, die nicht durch das vegetative
Nerven-System vermittelt werden, die auf spezifische Teile oder Systeme des
Körpers begrenzt sind und mit belastenden Ereignissen oder Problemen eng in
Verbindung stehen.

Inkl.: Psychogen: Dysmenorrhoe (Regel-Schmerzen), Dysphagie (SchluckStörungen), "Globus hystericus„ (Kloß im Hals), Pruritus (Juckreiz), Tortikollis
(Schiefhals), Zähne-Knirschen
F45
Erschöpfungs-Syndrom (F48)
F45
 Im Erscheinungs-Bild zeigen sich beträchtliche kulturelle Unterschiede.
Zwei Hauptformen überschneiden sich beträchtlich.
 Bei einer Form ist das Haupt-Charakteristikum die Klage über vermehrte Müdigkeit
nach geistigen Anstrengungen, häufig verbunden mit abnehmender Arbeits-Leistung
oder Effektivität bei der Bewältigung täglicher Aufgaben.
Die geistige Ermüdbarkeit wird typischerweise als unangenehmes Eindringen
ablenkender Assoziationen oder Erinnerungen beschrieben, als KonzentrationsSchwäche und allgemein ineffektives Denken.
 Bei der anderen Form liegt das Schwergewicht auf Gefühlen körperlicher Schwäche
und Erschöpfung nach nur geringer Anstrengung, begleitet von muskulären und
anderen Schmerzen und der Unfähigkeit, sich zu entspannen.
Bei beiden Formen finden sich eine ganze Reihe von anderen unangenehmen
körperlichen Empfindungen wie
 Schwindel-Gefühl,
 Spannungs-Kopf-Schmerz und
 allgemeine Unsicherheit.
Sorge über abnehmendes geistiges und körperliches Wohlbefinden, Reizbarkeit,
Freudlosigkeit, Depression und Angst sind häufig.
Der Schlaf ist oft in der ersten und mittleren Phase gestört, es kann aber auch
Hypersomnie im Vordergrund stehen.
 Inkl.: Ermüdungs-Syndrom
 Exkl.: Asthenie o. n. A. (R53) Benigne myalgische Enzephalomyelitis [postvirales
Müdigkeits-Syndrom] (G93.3) Burn-out-Syndrom (Z73) Psychasthenie (F48.8)
Unwohlsein und Ermüdung (R53)
Haltung, Ernährung,
verspannte Regionen (VR)
und Psychosomatik
Die Texte in diesem Abschnitt basieren auf
• dem Buch von Helga Pohl: „Unerklärliche Beschwerden? Chronische Schmerzen und andere Leiden
körpertherapeutische verstehen und behandeln“ aus dem Jahr 2010
• Mitteilungen und schriftliche Informationen von Ebba Boyesen (Biodynamik)
• Hinweisen in dem Buch von Rosenberg, Rand und Asay: Körper, Selbst und Seele – Ein Weg zur
Integration“ von 2008
 Verspannungen als Dauer-Kontraktionen
 Körper-Haltungen
 Körper-Segmente und Entwicklungs-Hypothesen (Biodynamik)
 Bereiche des Körpers
 Wege aus der Verspannung
Verspannungen (V) als Dauer-Kontraktionen




















Allgemein
Somatosensorik – der Spürsinn
Psychosomatische Missempfindungen
Sensomotorik und Gefühle 1
Sensomotorik und Gefühle 2
Sensomotorik und Gefühle 3
Sensomotorik und Gefühle 4
Verspannungs-Ursachen im Zusammenhang
Verletzungen und anderen Traumata
Dumme Angewohnheiten
Äußere Faktoren
Emotionale Dauer-Belastungen
Imitation verspannter Vorbilder
Antreiber, Dauer-Stress und Leistungs-Druck
Bewegungs-Mangel
Ungesunde Sport-Arten
Biochemische Faktoren
Folgen der Verspannung 1
Folgen der Verspannung 2
Folgen der Verspannung 3
VR
Allgemein
V
 Alle funktionellen Bewegungs-Einschränkungen funktionieren nach dem gleichen
Prinzip:
 Kann sich jemand nicht nach vorn beugen, werden seine verspannten, verkürzten
Rücken-Muskeln nicht lang genug.
 Kann jemand seinen Arm seitlich nicht vom Körper wegheben, sind Muskeln
verspannt, die den Arm zum Körper hingezogen halten.
 Kann jemand das Knie nicht voll beugen, sind die Muskeln verkürzt und verspannt,
die das Knie strecken.
 Kann jemand sein Bein nicht voll strecken, müssen die Beuger oder das
Bindegewebe auf ihnen dauerhaft verkürzt sein.
 Bei allem Schädlichen und Bedrohlichen verschließt sich der Organismus und zieht sich
zusammen und zurück (Schreck-Reflex). Er zieht sich zusammen, wenn er via SinnesOrgan etwas negativ erlebt oder auch nur zu erleben erwartet.
Zu den negativen Reizen zählen Verletzung, Lärm, Kälte, starke Hitze, ein Knall, grelles
Licht, Gleichgewichts-Verlust, ein abscheulicher Anblick, ekelhafte Gerüche und
Geschmacks-Empfindungen, plötzliche Bewegungen gegen die verspannte Muskulatur,
ein Schlag, etwas, das auf uns zu rast, atmosphärische Störungen, schlimme
Nachrichten, bedrohliche und belastende Ereignisse – plötzlich und langfristig.
Wir empfinden Entsetzen, Erstarren, Schmerz, Angst, Ärger, Ekel, inneren Widerwillen,
Kälte, Übelkeit, Bedrückung, Spannungs-Gefühle und trennen nicht zwischen Körper
und Seele.
 Alle positiven Sinnes-Eindrücke wie Wärme, Licht, melodiöse Laute, Düfte,
Wohlgeschmack, sanfte Berührung sind mit Entspannung, Wohlgefühl und lockerer
harmonischer Bewegung verbunden.
Somatosensorik – der Spürsinn
V
 Unsere vielfältigste, aber am wenigsten bewusste Sinnes-Empfindung ist die
Somatosensorik, der Spürsinn.
Jedoch ist der Spürsinn bei den meisten Menschen längst nicht so geschult und
differenziert wie die anderen Sinnes-Wahrnehmungen. Wir überspüren viel mehr als wir
überhören oder übersehen.
So setzen wir z. B. Essen, Nikotin oder Alkohol zur Spannungs-Reduktion ein, nehmen
aber die vorangegangene körperliche Anspannung, gegen die wir diese Stoffe einsetzen,
gar nicht klar wahr.
 Spürrezeptoren sitzen im Bindegewebe, in den Muskeln und in der Haut.
Sie sind Mess-Fühler für Druck-, Zug- und Temperatur-Unterschiede.
Vor allem informieren sie uns als Propriozeption, als Eigenwahrnehmung.
 Man kann die eigene Bewegung in allen Variationen und an allen Körper-Teilen
ebenso spüren wie die Position des Körpers und seiner Teile im Raum, das
Zugehörigkeits-Gefühl der einzelnen Körper-Teile zum eigenen Körper sowie das
Gewicht der eigenen Körperteile und der Dinge, die man hebt oder schiebt.
 Wir empfinden Oberflächen-Strukturen wie rauh, glatt, weich. Hart, Anspannung und
Entspannung, Kälte und Wärme, Konturen und Richtungen.
 Wir spüren Hunger und Schmerz, sexuelle Empfindungen, Berührtwerden und
Berühren, Zärtlichkeit und Geborgenheit, Vertrauen und Alarmiertsein, Müdigkeit und
Wachheit, Schwere und Leichtigkeit, Jucken und Kratzen, Anstrengung, Mühsal.
Leichtigkeit und eigene Kompetenz, Angst, Bedrückung, Freude, Glück und viele
andere Emotionen.
Psychosomatische Missempfindungen
V
Viele psychosomatische Missempfindungen haben ihren Ursprung in Verspannungen des
Bindegewebes. Bindegewebe kann, wenn es fest ist, Bewegung verhindern. Es ist, als
stecke der betroffene Körper-Teil in einer zu engen Folie.
Dazu gehören unter anderem
 diffuse Spannungs-Gefühle
 chronische Übelkeits-, Völle-, Leere- und Angst-Gefühle
 Entfremdungs- und Unwirklichkeits-Gefühle
(gegenüber der Welt, der eigenen Person, einzelnen Körper-Teilen)
 Kitzel- und Juck-Gefühle (im Hals, im Knie usw.)
 inadäquate Gefühle von Dicksein (wie bei Magersucht)
 Fremdkörper-Gefühle (im Hals, im Ohr, unter der Fuß-Sohle, im Anus usw.)
 Temperatur-Überempfindlichkeit (Kälte, seltener Hitze, wird als quälend oder schmerzhaft
empfunden)
 inadäquate Kälte- und Hitze-Gefühle an Körper-Teilen
 Berührungs-Empfindlichkeit (fast schmerzhaftes Spüren leichtester Berührungs-Reize)
 Brennen (z. B. des Rückens, der Fuß-Sohlen, der Harn-Röhre)
Den Schmerz aus dem Bindegewebe erkennt man daran, das er flächig und oft quer zum
Muskel-Verlauf gezeigt wird. Er ist diffuser, oft „hell“, brennend und „nervend“.
Man findet verspannte Partien durch Anschauen (Haut oft unregelmäßig, eingezogen, spannt
und bildet Dellen) und Ertasten sowie durch Nachahmung von Bewegung und Haltung.
Sensomotorik und Gefühle 1
V
 Sensorik und Motorik sind zwei Seiten des gleichen Lebens-Vorgangs.
Bewegung und Sinnes-Empfindung steuern sich wechselseitig.
Zusammen bilden sie ein System, das alle unsere willkürlichen und unwillkürlichen
Aktionen und Reaktionen beinhaltet.
Systemische Beziehungen sind keine Ursache-Wirkungs-Beziehungen, sondern
bestehen als Rückkoppelungs-Systeme, Kries- und Spiral-Prozesse:
Die Bewegung dient der Sinnes-Wahrnehmung.
Die Sinnes-Wahrnehmung dient der Bewegung.
Je differenzierter ein Lebewesen, desto differenzierter ist seine Sensomotorik.
 An uns selbst können wir unterschiedliche Spannungs- und Lockerungs-Muster als
Gefühle und Handlungs-Motivationen registrieren.
Gefühle sind gespürte Bewegungen bzw. Bewegungs-Einschränkungen, mit denen
wir auf unsere äußere Welt reagieren.
 Was wir spüren, beeinflusst wiederum unsere Bewegungs-Richtung – zur Welt hin
oder von der Welt weg.
 In Erwartung negativer Erfahrungen wappnen wir uns muskulär.
Bleibende Anspannung ist als Starr- und Eng-Werden mit einem unangenehmen
Gefühl und Rückzugs-Verhalten verbunden.
 Entspannung hingegen lässt Menschen weit werden. Der Körper lockert sich.
Beatmung und Durchblutung werden besser. Man öffnet sich und ist zugewandt.
 Aus positiv wie aus negativ empfundenen Sinnes-Eindrücken lernt der
Organismus, indem er auf neuromuskulärer Grundlage Erwartungen und
Handlungs-Bereitschaften für die Zukunft ausbildet.
 Sensomotorik verbindet Körper und Seele miteinander.
Sensomotorik und Gefühle 2
 Sensomotorik verbindet Körper und Seele miteinander.
Kein Mensch kann sich nur mit seiner Seele verhalten.
Er braucht den Körper, er braucht die Bewegung dazu – immer und unter allen
Umständen.
 Umgekehrt wäre natürlich unser Körper ohne unsere psychischen OrganisationsFormen wie Intentionen, Fertigkeiten und Fähigkeiten, ohne Planung, Koordination und
Kognition, ohne strukturierende Gefühls-Bewegungen, ohne gelernten Umgang mit der
Schwerkraft nur ein hilflos zuckendes Bündel Fleisch, das nicht die simpelste
Handlung zuwege brächte.
 Alles, was wir mit unserer Muskulatur tun, hat eine Rückkopplung auf unser Befinden.
Nichts ist schlimmer, als mit starren, unbeweglichen Muskeln verharren zu müssen
(Immobilisierungs-Reaktion des dorsalen Vagus).
Sobald wir mit bewegter Muskulatur aktiv Einfluss nehmen können (Flucht oder Kampf
auf Basis des Sympathikus), fühlen wir uns besser.
 Wir bewegen uns nicht nur so, wie wir uns fühlen, sondern wir fühlen uns auch so, wie
wir uns bewegen.
Anspannung
Entspannung
hohes Erregungs-Niveau
Angst, Aufgeregtheit,
Nervosität, Gefühl, platzen zu
müssen
Freude, angenehmes
Aufgekratztsein, Energie,
Taten-Drang
geringes Erregungs-Niveau
Bleierne Müdigkeit,
Erschöpfung, Depression
Innerer Frieden. Heiterkeit, in
sich ruhen, wohlige Müdigkeit
V
Sensomotorik und Gefühle 3
V
 Unsere Gefühle basieren auf Körper-Sinnes-Empfindungen.
Wenn wir auf sie achten, können wir daher ohne Weiteres sagen, wo
im Körper wir Angst, Bedrückung, Schmerz oder Freude empfinden.
Gehirn
Sensorik
Motorik
Körper
 Schmerz ist nie nur körperlich. Er trifft uns als Person.
Die Inselrinde im Hirn macht keinerlei Unterschied zwischen Körper
und Seele. „Seelischer Schmerz“ nach Zurückweisung wird in dieser
Hirn-Region genauso registriert wie körperlicher Schmerz.
Die Unterscheidung in Körper und Seele ist damit auch
neurobiologisch hinfällig.
Angst ist nie nur seelisch. Sie trifft den ganzen Organismus.
Angst ist genauso körperlich wie Schmerz. Schmerz ist genauso
emotionale wie Angst. Wir halten Schmerz nur deshalb eher für
körperlich, weil seine Lokalisation in der Regel präziser ist. „Achtung,
genau an dieser Stelle ist die Gefahr“, sagt der Schmerz.
Angst warnt allgemeiner, dass Gefahr im Verzug ist.
Bei Schmerz-Angst trifft beides zu.
 Sieht man Gefühle als kreisförmigen Informations-Fluss zwischen
Körper und Gehirn, zwischen Sensorik und Motorik, gehen die
beiden konträr gedachten Sicht-Weisen („Der Körper fühlt.“ versus
„Das Gehirn fühlt“) darin auf.
 Bei der Verbindung Körper-Gehirn-Gefühl spielen auch chemische
Prozesse ein Rolle. Darauf beruht die Wirkung von Schmerz-Mitteln
und Psychopharmaka.
Sensomotorik und Gefühle 4
V
 Positive Gefühle sind flüchtig, denn sie sind an Bewegung gebunden.
Eine chronische Freude gibt es nicht.
 Auch negative Gefühle können flüchtig sein, wenn die Spannung in der Muskulatur und im
Bindegewebe einschließlich der chemischen Prozesse mit der momentanen Gefahr
vorübergeht.
 Negative Gefühle können sich aber auch festsetzen.
Wenn Schädigung, Bedrohung oder Belastung zu stark sind, zu lange dauern, sich zu oft
wiederholen, sich nicht abstellen lassen, wenn wir dauernd gegen die Schwerkraft
ankämpfen müssen, können wir nicht anders, als unsere Muskulatur in dauernder
Anspannung zu halten.
 Die Chronizität von Schmerz, ängstlicher Grundstimmung und Niedergeschlagenheit liegt
an der Dauerhaftigkeit der Anspannung.
 Der Prozess der Erstarrung geschieht allerdings meist schleichend, so dass er sich
dem Bewusstsein entzieht.
 Die Anspannung wird allmählich zur unwillkürlichen Gewohnheit, die in tieferen
unbewussten Gehirn-Teilen gespeichert wird.
 Schließlich kommt es zu strukturellen Verfestigungen, Verhärtungen in der Muskulatur
und im Bindegewebe, die dadurch schlechter durchblutet, durchlympht, schlechter
ernährt und weniger von Abbau-Produkten des Stoff-Wechsels gereinigt werden
 So entstehen im eigentlichen Wort-Sinne eingefleischte Gewohnheiten, die wir mit
unserem Bewusstsein nicht mehr erreichen können.
Die unwillkürliche Verspannung ist – im Unterschied zur momentanen Anspannung –
willkürlich nicht mehr zu lösen. Da hilft kein bewusstes Lockerlassen mehr.
Verspannungs-Ursachen im Zusammenhang
Verletzungen und
andere Traumata
dumme
Angewohnheiten
äußere Faktoren
emotionale
Dauerbelastungen
Imitation verspannter
Vorbilder
Antreiber, Dauerstress
und Leistungs-Druck
Bewegungs-Mangel
ungesunde Sport-Arten
biochemische Faktoren
V
 Für Dauerkontraktionen und daraus resultierenden
Beschwerden gibt es in aller Regel nicht eine einzige Ursache,
sondern ein ganzes Bündel.
 Je länger wir leben, desto mehr Gelegenheit haben wir zu
Unfällen, Operationen, psychischen Belastungs-Situationen,
Fehlhaltungen, zur Entwicklung dummer Angewohnheiten,
Bewegungs-Mangel usw.
Aus diesem Grund sind alte Menschen im Allgemeinen
verspannter als junge und haben folglich auch mehr
Beschwerden.
Nicht das Alter als solches führt dazu, sondern das, was das
Leben an genutzten Verspannungs-Möglichkeiten so mit sich
bringt.
 Die gleichen Beschwerden – z. B. Nacken-Schmerzen –
können unterschiedlich entstanden sein: durch falsche SitzPosition, eine ständige ängstliche Erwartung, ein SchleuderTrauma oder eine schreckliche Kindheits-Erfahrung.
 Das Resultat ist eine Verspannung, d. h. eine eingefleischte
Gewohnheit, die sich willkürlich nicht mehr einfach ändern
lässt.
 Klärung der Einzelheiten der Entstehungs-Geschichte ist
dann nicht notwendig, wenn die Auflösung der psychophysischen Dauerkontraktion in der Gegenwart reicht.
Verletzungen und andere Traumata
V
 Sehr häufig entstehen Verspannungen im Anschluss an psychophysische Traumata, in
erster Linie als Folge von Verletzungen.
Manche machen sich erst Monate oder Jahre später bemerkbar, da das Gewebe der
verletzten Stelle mit der Zeit immer verhärteter, immer undurchlässiger wird.
Zu solchen Verletzungen zählen auch offene Wunden, die zu Narben führen.
Oft gibt es im Gebiet der Narben Schmerzen und andere Missempfindungen, die vor
allem vom Bindegewebe ausgehen.
Häufig entstehen Dauerkontraktionen auch aus Prellungen.
Zerrungen führen nicht zum „Ausleiern“ der Muskeln, sondern zu deren Verspannung,
denn der Organismus verhindert, dass er auseinandergezerrt wird, indem er alarmiert,
wie bei jeder Bedrohung, die Muskeln sofort gewaltig anzieht.
Auch Operationen registriert der Organismus als Verletzungen und die dafür
erforderlichen Lagerungen als Zerrungen.
 Zu den Verletzungen, die häufig bleibende Verspannungen hinterlassen, zählen die
Schleudertraumata, auch Knalltraumata z. B. durch Explosionen und Kältetraumata
durch lange intensive Unterkühlungen.
 Da wir auf andere Menschen besonders stark reagieren, reagieren wir auch auf von
anderen zugefügte Verletzungen besonders nachhaltig, z. B. auf Überfälle,
Vergewaltigungen, Folter, schwer und häufige Schläge und sonstige Misshandlungen.
 Auch bei rein psychisch geltenden Traumata (z. B. wenn man mit ansehen muss, wie
eine geliebte Person verunglückt, misshandelt oder getötet wird) ziehen sich die Muskeln
bleibend zusammen. Es entsteht eine Schreck-Starre.
Betroffen vor allem die Atem-Muskulatur und die Augen.
Dumme Angewohnheiten
 Häufig entstehen Dauer-Kontraktionen durch dumme
Angewohnheiten wie einseitiges Tragen oder Hochziehen der
Schulter, wenn man mit der Hand etwas zu tun hat, durch Stehen mit
Standbein und Spielbein oder das Tragen von Kleinkindern auf einer
Hüfte.
 Diese Gewohnheiten werden so unbewusst, dass sie sich willentlich
nicht mehr abstellen lassen. Sie schleifen sich ein, weil Muskeln und
Bindegewebe immer mehr in einem bestimmten Spannungs-Muster
bleiben.
V
Äußere Faktoren
 Da wir uns mit unserem Körper in einer physikalischen Welt bewegen, spielen
äußere Faktoren für die Entstehung von Dauerkontraktionen und Fehlhaltungen
eine wichtige Rolle.
 Hierzu zählen z. B.
 zu hohe oder zu niedrige Arbeits-Platten und Sitzgelegenheiten
 zu enge Kleidung
 die Körper-Größe in Relation zur Umgebung,
 wobei für große Menschen vieles zu niedrig ist.
Sie sind besonders gefährdet in Bezug auf Muskel-Spannungen durch
vorgebeugte Haltung.
 wobei für kleine Menschen vieles zu hoch ist.
Sie sind eher in Richtung Überaufrichtung und Hohlkreuz gefährdet.
 Wenn wir unseren Körper stundenlang in eine bestimmte Haltung zwingen, in der
wir uns mit abgespannten Muskeln gegen die Schwerkraft behaupten müssen, z.
B. am Schreibtisch, programmieren wir Hirn und Körper diesen SpannungsZustand ein.
 Schließlich müssen wir auch in der Freizeit in diesem Spannungs-Muster
verharren und fühlen uns entsprechend unwohl.
 Diese Ursachen offenbaren sich nicht im Röntgen-Bild und nicht in der KindheitsAnamnese.
Sie lassen sich nur durch Eigenbeobachtung feststellen.
V
Emotionale Dauerbelastungen
zunehmend
geduckte
Haltung
Befreiung von
DauerKontraktionen
V
 Auch unter dauerhaft belastenden Lebens-Umständen ohne
Möglichkeit der aktiven Veränderung kommen wir nicht mehr
aus der Spannung heraus. Dazu zählen z. B. LangzeitArbeitslosigkeit, drohender Job-Verlust oder drohende
Abschiebung.
Unter diesen Umständen bleiben die meisten in ständiger
ängstlicher Erwartung vor allem auf der Vorderseite
zusammengezogen und entwickeln Magen- und BauchBeschwerden, Kraftlosigkeit und depressive Gefühle.
 Und wieder beginnt der Teufels-Kreis: Je länger wir in der
geduckten Haltung verharren, desto negativer sehen wir die
Lebens-Umstände und desto weniger ergreifen wir aktive
Maßnahmen zur Veränderung.
 Doch andersherum gilt auch: Je mehr wir uns aus den DauerKontraktionen befreien können, desto gelassener werden wir
und desto eher finden wir Lösungs-Wege.
 Alle negativen Faktoren wie Vernachlässigung, Aggressionen,
bedrohliche Kriegs-Atmosphäre wirken in der frühen Kindheit
besonders intensiv.
Die resultierenden Verspannungen können sich im Laufe des
Lebens immer mehr einspuren. Man braucht nicht immer die
Entstehungs-Geschichte aufzurollen. Oft reicht es, die damals
entstandene Dauer-Kontraktion heute zu lösen.
Imitation verspannter Vorbilder
V
 Da der Mensch bevorzugt auf andere Menschen reagiert
und ganz besonders auf Haltung und Bewegung, haben
oft ganze Familien die gleich krummbucklige Haltung.
 Da die Nachahmung unbewusst geschieht, denken viele,
die Haltung sei in ihrer Familie genetisch bedingt, und
ergeben sich in ihr Schicksal.
 Bei Menschen, die sich nahestehen oder auch nur nahe
sind, synchronisieren sich unbemerkt Atmung und
Stimmung.
Besonders Depressionen wirken ansteckend, nicht nur,
weil man mit einem depressiven Partner selbst nicht viel
zu lachen hat, sondern auch, weil man geradezu ein
schlechtes Gewissen entwickelt, es sich selbst gutgehen
zu lassen, wenn es dem anderen offensichtlich schlecht
geht.
Also ahmt man ich körperlich nach und fühlt sich bald
ähnlich.
 Die Erfahrung zeigt, dass das Wissen um diese
imitativen Vorgänge bei sich selbst allein nicht ausreicht,
um sich von den schädlichen Verspannungen zu
befreien.
Man muss sie körperlich lösen.
Antreiber, Dauerstress und Leistungs-Druck
 Antreiber-Sätze:
 Streng dich an!
 Reiß dich zusammen!
 Sei Tapfer!
 Halte durch!




Beiß die Zähne zusammen!
Lass dir nichts anmerken!
Sei stark!
Halte dich gerade!
 Durch die Koppelung von Vorstellung und Muskulatur führen diese inneren Formeln zu
unbemerkten Dauerkontraktionen.
 Besonders bei unlösbar erscheinenden Aufgaben löst sich die Anspannung nicht mehr.
Häufig drosseln wir dabei unwillkürlich muskulär die Atem-Zufuhr. Durch reduzierte
Atmung werden wir weniger leistungsfähig, empfinden alles als anstrengen und sind
schließlich völlig erschöpft. Der klassische Weg zum Burnout.
 Bemerken die Betroffenen das damit einhergehende Anstrengungs-Gefühl noch, halten
sie es meist für positiv, den eigenen Werten entsprechend für eine Charakter-Stärke,
um die man sich bemühen muss.
Das Gefühl von dauerndem Leistungs-Druck geht häufig mit diesen AnstrengungsFormeln einher.
Wir erzeugen einen inneren Druck, indem wir die Muskeln mehr als nötig anspannen,
weil wir alles auf einmal tun wollen, uns hetzen, nie Pausen machen, überhöhte Ziele
haben usw.
 Nach einer Weile spüren sie die Anstrengung nicht mehr. Dann reicht das
Bewusstmachen der inneren Formeln zur Spannungs-Lösung nicht mehr aus.
Es bedarf der ergänzenden Körper-Arbeit.
V
Bewegungs-Mangel
 Nicht nur, dass unser Muskel-Masse schwindet, wenn wir uns wenig
bewegen, nein, sie versteift auch, was gesundheitlich gravierender ist.
 Jede Art von Ruhigstellung ist gesundheitsschädlich, auch die
verordnete.
Daher sind orthopädische Korsetts, Geradehalter und Schanz‘sche
Kragen bei der Behandlung von Spannungs-Krankheiten besser zu
vermeiden.
 Deutlich sichtbar ist die Auswirkung von Ruhigstellung an Gliedmaßen,
die längere Zeit eingegipst waren.
Die unbewegten, verkümmerten Muskeln sind starr und verhärtet.
Und genauso fühlt sich das Bindegewebe an.
Durch die verletzungsbedingte Fehlhaltung setzt sich die
Dauerkontraktion in den übrigen Körper fort.
Daher sollte man selbst nach Knochen-Brüchen den betroffenen
Körper-Teil nur so lange wie unbedingt nötig an der Bewegung
hindern.
 Ruhigstellen und Schonen ist auch für ältere Menschen Gift.
Einem alten Menschen alles abzunehmen, was er noch irgendwie
selbst tun könnte („Ach lass man, ich mach das schon.“), ist von der
Wirkung her Einspuren von Behinderung.
Der alte Mensch wird dadurch steifer, unbeweglicher, weniger
selbstbewusst und schließlich krank.
V
Ungesunde Sport-Arten
V
 In unserer Kultur haben viele eine ziemlich gewalttätige Vorstellung
von Bewegung.
Die normale Alltags-Bewegung zählt nicht dazu.
 Als Sport gilt nur das, was möglichst schnell, möglichst heftig,
möglichst anstrengend, möglichst schweißtreibend und möglichst
lang andauernd durchgeführt wird.
Der Körper muss beherrscht werden, hat zu gehorchen, wird
abgerichtet – Verspannung inklusive.
falsches
Training
 Tragischerweise leiden diejenigen, die sich so sehr in FitnessCentern um Gesundheit, Fitness und Aussehen bemüht haben,
jetzt unter chronischen Schmerzen, Atmen-Störungen, Magen- und
Bauch-Beschwerden, Depressionen und Angst-Zuständen.
Häufig sind diese Menschen in einen Teufels-Kreis geraten: je
unfitter sie durch falsches Training wurden, desto mehr versuchten
sie dagegen anzutrainieren.
 Zuweilen wird auch bei den meist harmloseren Sport-Varianten der
Frauen eine Dauerspannung propagiert. Im Namen der Schönheit
soll Bauch- und Gesäß-Muskulatur ständig angespannt gehalten
werden (Pilatis).
Durch dieses unsinnige Starrhalten von Bauch, Rücken und Gesäß
trainiert man sich Bewegungs- und Atem-Einschränkungen an.
Das ist das Gegenteil von Fitness, Gesundheit und guter Laune.
Biochemische Faktoren
 Biochemische Faktoren wie Bakterien-Toxine,
Hormone und Nahrungs-Stoffe (bekanntestes
Beispiel: Magnesium) beeinflussen ebenfalls den
Spannungs-Zustand von Muskulatur und
Bindegewebe.
 Daher können auch Infektionen oder bakterielle
Blasen- und Prostata-Entzündungen zum Auslöser
späterer Verspannungen werden.
 Sind bereits Dauerkontraktionen vorhanden,
können Fehlernährung und Infektionen zum
Überschreiten der Schmerz-Schwelle führen.
Das macht sich dann z. B. als Glieder-Schmerzen
bei Grippe bemerkbar.
 Weil unter Erhöhung oder Erniedrigung bestimmter
Stoffe individuelle Dauerkontraktionen schmerzhaft
hervortreten, gibt es auch so unterschiedliche
Menstruations-Beschwerden.
Sie alle können verschwinden, wenn man die
betroffenen Stellen körpertherapeutisch entspannt
– trotz veränderter hormoneller Lage.
V
Folgen der Verspannung 1
Dauerkontraktion
Depression
Schmerz
Missempfindung
Angst
Zusammenziehen
und SpannungsErhöhung
Betroffener
Muskel
Antagonisten
Synergisten
Schonhaltung
V
 Dauerkontraktionen breiten sich mit der Zeit aus und
verschlimmern sich.
 Jeder stärke Schmerz, jede stärkere Missempfindung lässt
uns insgesamt zusammenziehen und führt damit
automatisch zur Spannungs-Erhöhung und Minderung der
Beweglichkeit des ganzen Körpers.
Wir legen nicht nur den betroffenen Muskel still, sondern
auch all seine Antagonisten und Synergisten und verbiegen
unseren Körper so, wie wir es noch am ehesten aushalten.
Es entsteht eine Schonhaltung, in der wir gegen die
Schwerkraft bestehen müssen.
Daraus können neue Beschwerden resultieren.
 Da bei reaktivem Zusammenziehen immer auch die AtemMuskulatur betroffen ist, wird man bei starken anhaltenden
Schmerzen – gleich welcher Herkunft – unweigerlich
depressiv.
 Weil nicht nur Schmerz, sondern auch Missempfindungen
auf Verspannungen beruhen, treten chronische Angst,
Depression und Schmerz häufig zusammen auf, das eine
im Gefolge des anderen.
Folgen der Verspannung 2
Verspannungen
Angstund
SchmerzVermeidung
Verstärkung der
Überempfindlichkeit
SchmerzAngst
V
 Verspannte Muskeln und verspanntes Bindegewebe
reagieren überempfindlich auf alle negativ empfundenen
Sinnes-Wahrnehmungen: Kälte, Lärm, bestimmte Gerüche,
aggressive Laute usw.
Schon geringe negative Reize lösen an Stellen, wo bereits
Übernegative Erfahrungen stattgefunden haben, starke SchmerzempfindSensationen aus.
lichkeit
Ein verspannter Nacken reagiert jetzt empfindlich auf einen
Wind-Zug, einen Wetter-Wechsel, Ärger usw.. Er zieht sich
stärker zusammen und schmerzt dann umso heftiger.
Verstär-  Durch Schmerz-Erfahrungen entwickeln sich Schmerzkung der
Ängste.
VerspanDann können schon die Erwartung und Vorstellung von
nungen
Bewegungen oder Berührungen an bestimmten Stellen mit
Angst verbunden sein.
Wir werden hypersensibel und schalten blitzartig auf
SchmerzVermeidung.
Erfah Es entsteht ein negativer Kreis-Prozess, eine Art
rungen
dynamisches Körper-Gedächtnis für Negatives.
SchmerzErwartung
Aus den Verspannungen gehen in Rücken-Mark und Gehirn
laufend Informationen über etwas Unangenehmes,
Negatives ein, gegen das wir uns wappnen müssen.
Folgen der Verspannung 3
Vermeiden
V
 Genauso wie Menschen bei Phobien ihren Angst-Auslösern
ausweichen, versucht jede schmerzgeplagte Person, alle Druckund Zug-Verlagerungen zu umgehen, die durch die
Überempfindlichkeit die Schmerzen hervorrufen und verstärken
könnten,
 Durch das Vermeiden von Bewegungen geraten sie in einen
Teufels-Kreis von immer größerer Versteifung, was wiederum
Empfindlichkeit verstärkt und den Bewegungs-Radius verringert.
VerspannungsLösung
 Kälte verstärkt bei vielen die Beschwerden.
Sie werden insgesamt verfrorener, vor allem am bestimmten
Stellen.
Sie haben gelernt, Verschlimmerungen durch geringfügige
Unterkühlung zu vermeiden.
 Die Überempfindlichkeit und Überreaktion verspannten Gewebes
dürfte der Geruchs- und Lärm-Empfindlichkeit bei Migräne
ebenso zugrunde liegen wie der Überreaktion bei Allergien, z. B.
Heuschnupfen.
 Insgesamt ist der Organismus ständig auf der Hut, um weitere
Traumata dieser Art zu verhindern.
 Die Betroffenen werden übersensibel und zucken schon bei
Reizen zusammen, die nur entfernt an das ursprüngliche Trauma
erinnern.
Körper-Haltungen (KH)
 Stopp-Haltung
 Start-Haltung
 Start- und/oder Stopp-Haltung
 Schiefhaltung
 Hüft-Beugung
 Hohlkreuz von unten
VR
Stopp-Haltung (Sto)
 Schreck und Defensive
 Akut oder chronisch
 Ursachen für Stopp-Muster
 Erscheinung des Stopp-Musters
 Experiment: Stopp-Muster
 Erleben und Wirkung im Stopp-Muster
 Beschwerden auf der Vorderseite
KH
Schreck und Defensive
Sto
 Die Ausdrücke Stopp-Haltung, "red light reflex", Stopp-Muster oder Rückzugs-Reaktion
bezeichnen ein Spannungs-Muster, das uns nach vorn zusammenzieht und beugt.
Wie eine rote Ampel unterbricht es alle Handlungs-Intentionen.
Diese Stopp-Haltung ist Ausdruck der Körper-Scham, der Angst und des passiven
Rückzuges.
 Mit eingezogener Vorderseite geht der ganze Mensch in die Defensive.
Er verschließt sich und zieht sich in sich zurück.
 Zentrum der Reaktion ist der gerade Bauch-Muskel.
Aber auch die Brust-Muskeln, die Iliopsoas-Muskeln im Bauch, die Adduktoren auf der
Innenseite der Beine, die Nacken- und Schulter-Muskeln geraten in Spannung.
 Als unwillkürliche Schutz-Reaktion ist das Muster offensichtlich biologisch vorgegeben,
früh in der Evolution entstanden und tief in alten Schichten des Gehirns verankert.
Als Schreck-Reflex ist diese Reaktion schon bei Säuglingen auslösbar, wenn man ihnen
den tragenden Untergrund entzieht.
 Tritt das Stopp-Muster akut auf, das uns z. B. ein Schreck durchfährt,
 halten wir die Luft an,
 es zieht uns blitzartig den Rumpf vorn zusammen,
 Arme und Beide bewegen sich zum Körper hin,
 der Kopf wird in den Nacken genommen.
 Für den Moment sind wir wie gelähmt und rühren uns nicht mehr.
Akut oder chronisch
 Später tritt das Stopp-Muster akut bei allen negativen Sinnes-Reizen oder als
negativ bewerteten Informationen auf, wie z. B.





bei plötzlichen lauten Geräuschen
bei einem grässlichen Anblick,
bei einem plötzlichen starken Schmerz,
bei Kälte und Nässe, manchmal auch bei starker Hitze,
bei Anpassung an bestimmte physikalische Umgebungs-Bedingungen,
z. B. zu niedrige Sitz-Möbel oder Arbeit-Platten,
 bei schlechten Erlebnissen und Nachrichten, die zum Beispiel führen zu
 Trauer und Enttäuschung,
 Schuld- und Scham-Reaktionen,
 Gefühlen der Demütigung und Unterlegenheit und
 seelisch empfundenem Schmerz (sich missachtet, verlassen oder betrogen fühlen).
 Normalerweise ist das Muster so vorübergehend wie die Ereignisse, die es
auslösen.
Erkenne wir nach dem Schreck, dass die Gefahr gebannt ist, richten wir uns auf
uns atmen wieder normal.
 Bei schwerwiegende traumatischen Erlebnissen und anhaltenden negativen
Umständen aber kann sich das Muster festsetzen und zur unwillkürlichen,
gewohnheitsmäßigen Anspannung und Haltung werden. Die betreffenden Muskeln
sind dann in Dauer-Kontraktion, die sich willentlich nicht mehr lösen lässt.
 Hält dieser Zustand an, empfinden wir die Enge vorn als Druck, als Platte auf dem
Magen oder Stein auf der Brust, als Reifen um den Brust-Korb, als seelischen
Schmerz, als Trauer, Bedrückung, Beklemmung.
Sto
Ursachen für Stopp-Muster
Sto
Faktoren, die ein Stopp-Muster hervorrufen können, sind:
 Traumata auf der Vorderseite des Körpers oder des Becken-Bodens wie




Verletzungen
Bauch-Operationen
Vergewaltigungen
starke oder lang andauernde Kälte-Einwirkungen
 anhaltende, als bedrohlich erlebte Situationen, Vorstellungen und Erwartungen
(z. B. Gefährdung des Arbeits-Platzes oder ständige Angriffe, denen man sich
ausgeliefert fühlt)
 dauernde Reiz-Überflutung (z. B. im Straßen-Verehr oder am Arbeits-Platz)
 traumatische Belastung mit negativen Sinnes-Eindrücken (z. B. mit ansehen
müssen, wie nahestehende Menschen verunglücken, misshandelt oder getötet
werden)
 chronische Schmerzen
 dumme Angewohnheiten wie Bauch-Einziehen
 lang anhaltende physikalische Bedingungen, die eine vorgebeugte Haltung
erzwingen
 unwillkürliches Imitieren von nach vorn gebeugten Mitmenschen (manchmal sind
ganze Familien über Generationen krumm und bucklig)
Erscheinung des Stopp-Musters
Je belastender die
Lebens-Umstände,
desto mehr ziehen
wir uns auf der
Vorderseite
zusammen.
Je mehr wir auf der
Vorderseite zusammengezogen sind,
als desto belastender
Erleben wir die
Lebens-Umstände.
Extremes Stopp-Muster im Alter:


Durch Vorbeugung des Oberkörpers
abstützen auf einem Stock.
Durch gebeugte Hüft-Gelenke
kleinschrittiger Gang mit dünnen Waden,
weil Fußgelenke nicht mehr abrollen.
Stopp-Muster von der Seite:
 Der Oberkörper befindet sich vor der
senkrechten Linie.
 Der Oberbauch ist eingezogen und verkürzt.
 Das drückt den Unterbauch heraus und ergibt
einen Rundrücken (Buckel).
 Die Schultern sind nach vorn und oben
gezogen, der Kopf nach vorn und in den
Nacken.
 Hüft-Gelenke und Knie sind leicht gebeugt.
 Das Gewicht ruht auf Ballen und Zehen.
Stopp-Muster von vorn:
 Der Oberkörper ist verkürzt.
 Der Kopf scheint aus dem
Körper herauszuwachsen.
 Die Schultern sind hoch und
nach vorn gezogen.
 Die Hände zeigen mit dem
Handrücken nach vorn.
 Die Beine stehen eng
zusammen.
Sto
Experiment: Stopp-Muster
Sto
 Anleitung zur Selbst-Herstellung des Stopp-Musters:
 Ziehen sie den Bauch ein, vor allem den Oberbauch, und beugen Sie sich damit nach vorn
(gerader Bauchmuskel).
 Legen die den nach vorn gezogenen Kopf in den Nacken (Nacken-Muskeln).
 Ziehen Sie die Schultern nach vorn (kleine Brust-Muskeln) und in Richtung Ohren nach oben
(oberer Trapez-Muskel und Schulter-Blatt-Heber).
 Drehen Sie die Arme nach innen und bringen Sie sie nah an den Körper, so dass sie vor
statt neben dem Körper hängen (große Brust-Muskeln).
 Die Beine stellen Sie eng nebeneinander (Adduktoren) und beugen sie leicht in den HüftGelenken und damit auch in den Knien (Iliopsoas-Muskeln).
 Gehen Sie in dieser Haltung eine Weile umher. Sie werden merken, dass
 Ihr Gesichts-Feld eingeengt ist und Sie nur noch eingeschränkt atmen,
 Ihr Rumpf steif ist und Ihre Schultern unbeweglich sind,
 eine expressive Gestik der Arme nicht mehr möglich ist und man sich nicht mehr
ausgelassen freuen kann,
 alles, was ein Heben der Arme über den Kopf erfordert, zum mühsamen Unterfangen wird,
 durch den angespannten Bauch Ihre Stimme verhalten, weniger kräftig und überzeugend
wirkt,
 Sie sich durch den gesenkten Kopf und Blick dem Kontakt entziehen,
 sich Ihre ganze Bewegung verlangsamt, Ihre Schritte klein werden und sich Ihre Füße beim
Gehen kaum mehr bewegen,
 Ihr Gang auch deswegen unsicher wird, weil sie zu wenig breitbeinig gehen,
 im Schneider-Sitz Ihre Beine kaum noch nach außen gehen (Adduktoren),
 sich alles schwer und mühsam anfühlt und das Ihnen wahrscheinlich auf die Stimmung
schlägt
 Gehen Sie aktiv aus diesem Muster heraus.
Erleben und Wirkung im Stopp-Muster
Sto
 Der vorgebeugte Mensch ist nicht hinten zu schwach, sondern vorne zu
kurz.
 Eine vorgebeugte Haltung beeinflusst unsere körperliche und seelische
Gesundheit. Sie färbt auf unser ganzes Wesen ab.
 Auch wenn das Stopp-Muster als Schutz-Reaktion entsteht, fühlt man
sich auf Dauer in ihm nicht sicher, sondern unsicher, unwohl, deprimiert,
unterlegen und schutzbedürftig,
 Wähnt man sich angegriffen, gestresst und bedroht, dann reagiert die
ohnehin empfindliche Körper-Region noch stärker: es zieht sich einem
der Magen zusammen, das Herz klopft aufgeregt und man spürt einen
Kloß im Bauch.
 Man bleibt auf der Hut, kann missmutig, ängstlich und misstrauisch
werden, alles negativ sehen und sich nichts mehr zutrauen.
 Der einzige Schutz, den diese Haltung auf Dauer gewährt, besteht darin,
dass man nichts mehr riskiert, denn die Überempfindlichkeit der
angespannten Muskeln der Vorderseite wirkt wie ein Frühwarn-System,
und die Beschränkung der Atem-Muskulatur führt zur Lethargie.
 Insgesamt wirken Menschen im Stopp-Muster eher zurückgezogen,
unterwürfig, interesselos, introvertiert, abgeschaltet, leidend, gebrochen,
wenig selbstbewusst, hilflos, wehrlos und werden eher übersehen und
übergangen.
Das Stopp-Muster ist die Opfer-Haltung par excellence.
Beschwerden auf der Vorderseite
Sto
 Fast alle Menschen mit Beschwerden an der Vorderseite sind im Stopp-Muster.
Für bleibende Erfolge muss das ganze Muster behandelt werden.
 Vorn gibt es seltener Schmerzen als im Rücken, dafür aber häufiger Missempfindungen
wie Übelkeit, Völle-Gefühl, Angst und Bedrückung.
 Wie immer gehen die Missempfindungen mit Bewegungs-Störungen einher, hier in
erster Linie mit Atem-Einschränkungen.
Das bedeutet: Nicht nur die eigentlichen Atem-Störungen, sondern auch alle Herz- und
Magen-Beschwerden, alle Bauch-Schmerzen, alle Druck-Gefühle vorn, jede chronische
Übelkeit, Ängste und Depressionen sind stets mit Verspannungen in oder auf der AtemMuskulatur verbunden.
 Brust-Korb und Bauch bewegen sich da am wenigsten, wo die Angst, die Übelkeit usw.
innen empfunden werden. Einteilung der Ängste in Phobien, Panik-Attacken,
generalisierte Angststörung usw. interessiert weniger. Wir fragen die Entspannung
suchenden Personen, wo sie ihre Angst spüren und was genau sie da spüren.
Dahinter steckt die Überzeugung, dass die Personen eigentlich nicht vor Hunden,
Spinnen, der Höhe, anderen Menschen, dem Leben usw. Angst haben, sondern
vor ihren unerträglichen körperlichen Reaktionen darauf.
 Wegen der engen Wechsel-Wirkung von Atmung und Gefühl ist immer auch die
Stimmung beeinträchtigt.
Das Wichtigste bei der körpertherapeutischen Behandlung depressiver Personen ist die
Befreiung der Atem-Muskulatur und der gesamten Vorderseite. Zur Befreiung von
schwarzen Gedanken müssen außerdem oft der Nacken und die Ansätze der NackenMuskeln am Kopf entspannt werden.
Start-Haltung (Sta)
 Start-Muster-Fehlhaltung
 Experiment: Start-Muster
 Erleben und Wirkung im Start-Muster
 Ursachen für Start-Muster 1
 Ursachen für Start-Muster 2
 Ursachen für Start-Muster 3
 Schmerzen und Bewegungs-Einschränkungen
KH
Start-Muster-Fehlhaltung
Sta
 Die Start-Muster-Fehlhaltung ist sehr verbreitet, besonders unter
Männern.
 Sie ist eine überaufgerichtete Hohlkreuz-Haltung, bei der durch
Dauerspannung der meisten Rücken-Muskeln der Oberkörper nach hinten
gezogen ist.
 Sie ist Hauptursache für Schmerzen im unteren Rücken.
 Folgende Haltungs-Charakteristika:
 Man steht zurückgelehnt (lange und kurze Rücken-Strecker, breite
Rücken-Muskeln, große Gesäß-Muskeln)
Dadurch






ist die Lenden-Wirbel-Säule stärker als normal konkav nach vorn gebogen,
ist ein Hohlkreuz sichtbar,
befindet sich die Mitte der Schulter weiter hinten als die Hopsen-Naht,
steht der Bauch heraus,
liegt das Gewicht auf den Fersen,
ist der ganze Rücken starr.
 Die Schultern sind nach hinten gezogen (Trapez-Muskeln)
 Bauch und Brust-Korb sind nach vorn herausgestreckt
 Die Hüft-Gelenke sind gestreckt und die Po-Backen angespannt
(große Gesäß-Muskeln)
 Der Stand ist breitbeinig, die Beine sind außenrotiert, zeigen mit den
Fußspitzen nach außen (Außenrotatoren der Beine im Gesäß)
 Die Knie sind durchgedrückt (Quadrizeps am Oberschenkel vorn)
Experiment: Start-Muster
Sta
 Anleitung zur Selbst-Herstellung des Start-Musters:
 Lehnen Sie den Oberkörper mitsamt Kopf zurück.
 Ziehen sie die Schulter-Blätter nach hinten Richtung Wirbel-Säule
 Spannen Sie die Gesäß-Muskeln an
 Drehen Sie die Beide so, dass die Füße im Winkel von 45 Grad oder mehr
nach außen stehen
 Drücken Sie die Knie durch
 Gehen Sie so ein bisschen herum.
Dabei kommen Sie sich möglicherweise steif vor. Das merken Sie aber
nicht, wenn das Ihre übliche Haltung ist.
 Überprüfen Sie:
Wenn sie im Hohlkreuz stehen, sind Sie von anderen sehr viel leichter
wegzudrücken und aus der Balance zu bringen, als wenn Sie entspannt
aufrecht stehen.
Erleben und Wirkung im Start-Muster
Sta
 Die zurückgebeugte Haltung fällt in unserer Gesellschaft viel weniger
auf als die vorgebeugte. Sie ist eher kulturkonform.
 Wie das Stopp-Muster hat auch das Start-Muster einen AusdrucksCharakter.
 Je nach Situation wirkt man in der überaufgerichteten Haltung auf
andere präsent, leistungsorientiert, in Habacht-Stellung, erfolgreich,
angestrengt, diszipliniert, nicht locker, dominant, Vertrauen einflößend,
arrogant, beherrscht, imposant, selbstbewusst, unbeugsam,
unnachgiebig, unflexibel, starr, stur wie ein Panzer.
 Man präsentiert sich mutig, gebieterisch und kämpferisch.
Man beweist Rückgrat und kann anderen beeindrucken.
 Betroffene empfinden das Start-Muster als Position der Stärke.
Ein Irrglaube, denn entspannt, zentriert und aufrecht ist man viel stärker.
 Dem Start-Muster wohnt oft ein Element des Erzwingens inne.
Zwang ist die Übernehme von Fremd-Motivation mit gleichzeitigem
inneren Widerstand.
Dadurch entsteht das Gefühl der Anstrengung, das unbemerkt zum
Bestandteil der Haltung selbst wird.
Je stärker der Wille, desto schlechter der Rücken (hartnäckig,
unbeugsam).
Ursachen für Start-Muster 1
Sta
Eine chronisch zurückgebeugte Haltung, die wie das Stopp-Muster eine Form der
Zurückhaltung ist, kann entstehen
 als Verfestigung emotionaler Reaktionen
Als emotionale Reaktion kann man ein kurzfristiges Innehalten beim
Rückwärtsbeugen des Oberkörpers beobachten





bei Perplexsein, äußerstem Erstaunen und Schreck,
bei Ekel, Abscheu und schlechtem Geruch,
bei Skepsis und Widerwillen,
bei Empörung, Verachtung und Wut
bei Hochmut und Arroganz (wenn gleichzeitig der Kopf in den Nacken gelegt, die
Nase also hoch getragen wird)
 als Droh- und Einschüchterungs-Gebärde, um sich Autorität zu verschaffen,
 als Bereitstellungs-Aktion für eine Kampf-Handlung
 durch dumme Angewohnheiten, wenn man, dabei ins Hohlkreuz gehend,




sich immer bewusst „gerade“ hinsetzt,
militärisch strammsteht,
zivil „Haltung bewahrt“
männliches Imponier-Gehabe und weibliches Posieren entwickelt.
 durch falsche Aufrichtungs-Versuche, wenn man sich z. B. gerade Halten
will bei angespannten Bauch-und Brustmuskeln, was nicht aufrecht ist,
sondern nur so ähnlich aussieht.
 nach Traumata, z. B. als Folge von Unfällen, bei denen es einen nach hinten
reißt oder wenn man sich den Kopf vorn hart stößt.
Ursachen für Start-Muster 2
Sta
 Eine chronische Anspannung der Rücken-Muskeln entsteht häufig als
permanente Leistungs-Reaktion auf ständige Anforderungen und unter
unangenehmen Umständen, denen man mit Durchhalten, passivem
Widerstand oder einer Verweigerungs-Haltung begegnet.
 Auch bei forcierter Selbst-Behauptung stemmt man sich gegen etwas nach
hinten, während gesundes Selbst-Bewusstsein sich gegen niemanden richtet
und sich in der Vertikalen abspielt.
 In unserer zivilisierten Welt werden Kämpfe kaum mehr körperlich
ausgetragen, so dass die Bereitstellungs-Reaktion zwar noch stattfindet, die
Bewegung zum Lösen der Spannung aber ausbleibt.
 Das Muster wird auch chronisch, wenn ein Mensch, z. B. viele Lehrende,
ständig die „Löwenbändiger-Positur“ einnimmt, um einer Bedrohung durch das
Publikum etwas entgegenzusetzen.
 Unter all diesen Umständen hält man die Bewegung nach vorn zurück.
Wird die Reaktion längere Zeit beibehalten oder häufig weiderholt, kann man
allmählich in einer gewohnheitsmäßigen Hohlkreuz-Haltung erstarren.
Vor allem, wenn die negativen Einflüsse, auf die man reagiert, nicht
verschwinden, kann sich das Start-Muster als geronnene Stress-Situation
festsetzen.
Ursachen für Start-Muster 3
Sta
Als äußere Faktoren, die zum Star-Muster führen können, kommen in Betracht:
 Stehen oder sitzen am Arbeits-Platz mit einer Arbeit zu dicht vor sich
 Viele Musiker, die ein Instrument vor sich halten, lehnen sich beim Spielen
zurück.
Auch bei Dirigenten ist die Haltung häufig.
 Unkorrigierte Weitsichtigkeit führt ebenfalls dazu, dass man mit Kopf und
Oberkörper auf Abstand geht, d. h. sich im unteren Rücken zurückbeugt.
 Auch größere Bäuche mit Übergewicht nach vorn infolge von Überernährung
oder Schwangerschaft veranlassen viele, den Oberkörper nach hinten zu
schieben.
Allerding steht der Bauch dadurch noch weiter hervor.
Kreuz-Schmerzen sind die Folge.
 Kleine Menschen sind besonders gefährdet, da sie sich mit ihren Versuchen,
größer und damit wichtiger zu wirken, aufplustern müssen.
Schon der ständige Umgang mit großen Menschen genügt, um die Kleinen ins
Start-Muster zu bringen, denn sie müssen sich beim Blick-Kontakt ständig
zurücklegen.
Schmerzen und Bewegungs-Einschränkungen
Sta
 Am häufigsten sind Schmerzen im unteren Rücken.
Wird der Schmerz im unteren Rücken quer gezeigt, kommen die
Schmerzen vor allem aus dem Bindegewebe.
Die Kreuz-Schmerzen verstärken sich oft bei längeren Stehen, aber
auch nach langsamen, häufig unterbrochenem Gehen wie beim
Einkaufs-Bummel oder im Museum.
 Außerdem gibt es





Gesäß-Schmerzen,
Kreuz-Bein-Schmerzen,
Schmerzen an den Iliosakralgelenken,
Schmerzen an der Lenden-Wirbel-Säule und
Schmerzen zwischen den Schulter-Blättern.
 An Bewegungs-Einschränkungen gibt es vor allem eine allgemeine
Steifigkeit. Außerdem sind Vorwärts-Beugung, Rumpf-Drehung und
Knie-Beugung nur begrenzt möglich.
 Besonders schmerzhaft ist meist das Vorbeugen im Oberkörper,
wenn der untere Rücken unter Dehnspannung gerät.
Schaukelt sich der Schmerz im unteren Rücken allmählich in die
Höhe, tut schließlich jede Rumpf-Bewegung weh, selbst die kleinste
Vibration im Auto.
 Durch die außenrotierten Beine und die durchgedrückten Knie führt
ein Start-Muster häufig zu Knie-Schmerzen, OberschenkelSchmerzen vorn, Waden-Schmerzen, Achilles-Sehnen-Schmerzen,
Fersen-Schmerzen und Schmerzen an den Großzehen-Ballen.
Start- und/oder Stopp-Haltung
Stopp-Haltung
Start-Haltung
Sich wegducken
Rückgrat beweisen
Flucht
Kampf
Rückzug
Standhalten
 Sehr oft ist eine vorgebeugte Stopp-Haltung Auslöser für frühe
Erziehungs- und spätere Selbst-Erziehungs-Maßnahmen („Lass
dich nicht so gehen.“ „Halte dich gerade.“), die zu einer
Dauerkontraktion der Rücken-Muskeln führen.
In falschen Aufrichtungs-Versuchen zieht man Oberkörper und
Schultern nach hinten.
 Weil die vorgebeugte Haltung aber kein Sich-gehen-Lassen ist,
sondern eine Verspannung der Vorderseite, löst sich der
Rundrücken durch Anspannen der Rückseite nicht. Man schiebt
ihn nur nach hinten und bekommt zusätzlich ein Hohlkreuz.
Der Kopf ist weiterhin vorn. Der Bauch bleibt angespannt.
Die Schultern sind schmal. Der untere Rücken ist stärker als
normale gebogen.
 Man hat eine doppelte Fehlhaltung: Stopp- und Start-Muster in
einem.
Das ist die häufigste Fehlhaltung überhaupt.
KH
Schiefhaltung
KH
 Wenn durch eine Verletzung das Auftreten auf einer
Seite schmerzhaft wird oder eine Seite unsicherer und
wackliger ist, kann der ganze Mensch schief werden.
Schiefhaltung von
oben als Folge von
Arm- und SchulterProblemen.
 Automatisch tun wir alles, um die Gewichts-Belastung
auf der betroffenen Seite so gering wie möglich zu
halten.
Humpeln wird zur Schutz–Maßnahme, die wir mit Hilfe
der Rumpf-Muskulatur ausführen.
Diese Schon-Haltung behalten wird auch dann noch bei,
wenn die Bein-Verletzung längst abgeheilt ist.
 Durch Verkürzung der seitlichen Taillen-Muskulatur
entstehen automatisch:
 ein Becken-Schiefstand,
 eine Pseudo-Bein-Verkürzung (zu kurze Beine werden
hochgezogen gehalten) und
 eine Skoliose (Wirbel-Säulen-Verkrümmung), also eine
seitliche Verbiegung der Wirbel-Säule.
 Eine solche Schiefhaltung kann durch die simple
Angewohnheit entstehen, immer auf dieselbe Weise mit
Stand- und Spiel-Bein zu stehen (Einbein-Steher).
Schiefhaltung von
unten als Folge
einbeinigen
Stehens.
 Frauen bekommen solche Schiefhaltung durch
einseitiges Tragen der Kleinkinder auf der Hüfte meist
auf der linken Seite, damit die Rechte Hand zum
Arbeiten frei bleibt.
Schmerzen am
unteren Rücken
treten oft bei
Schiefhaltungen
durch einseitige
Verkürzung des
quadratischen
Lenden-Muskels,
der seitlichen
schrägen BauchMuskeln und der
kleinen schrägen
Muskeln an der
Wirbelsäule auf.
Hüft-Beugung
 Bei der Haltung mit gebeugten Hüft-Gelenken sind
die Hüft-Beuger in Dauer-Kontraktion, vor allem die
Iliopsoas-Muskel.
 Die Fehlhaltung entsteht, wenn man ständig in den
Hüft-Gelenken nach vorn gebeugt steht oder sitzt,
was meist beruflich bedingt ist.
 Im Stehen und Gehen lastet bei dieser unten nach
vorn gebeugten Haltung das Gewicht auf dem
vorderen Fuß und den Zehen.
 Mit gebeugten Hüft-Gelenken kann man nur kleine
Schritte machen.
Vor allem kann man die Beine nicht nach hinten
bewegen, denn dafür müsste man die Hüft-Gelenke
strecken.
KH
Hohlkreuz von unten
KH
 Von der Seite sieht man einen EntenHintern, d. h. das Gesäß wird wie ein
Enten-Bürzel herausgestreckt.
Vorn gibt es eine Hüft-Beugung.
Der Bauch ist herausgedrückt.
Das Becken ist mit dem oberen Teil
nach vorn gekippt.
 Mit den Rücken-Muskeln wird dagegen
gehalten.
 Beides verursacht Schmerz im unteren
Rücken.
 Häufig sitzen die Betroffenen in dieser
Position.
Sie machen sozusagen ein Hohlkreuz
von unten her.
 Diese Haltung ist typisch für eine
Verspannung der Iliopsoas-Muskeln, die
innen an der Lenden-Wirbel-Säule
ansetzen.
Entsprechend muss man diesen KreuzSchmerz von den Iliopsoas-Muskeln,
also vom Bauch her behandeln.
Körper-Segmente (KS) und
Entwicklungs-Hypothesen (Biodynamik)
Mögliche affektmotorische Bedeutungen zu zwölf Segmenten
nach dem Konzept der Biodynamik (Ebba Boyesen):
1. Augen- und Gehirn-Segment
I = drittes Auge
2. Geruchs- und Gehör-Segment
3. Mund-Segment
4. Hals-Segment mit den innere Flexoren der Arme und
Hände
5. Brust-Segment in Verbindung mit zugreifenden HandBewegungen
6. Zwerchfell-Segment
III = Solar Plexus
7. Bauch-Segment
8. Becken-Segment
9. Oberschenkel-Segment
10. Knie-Segment
11. Waden-Segment
12. Knöchel-Segment und Fuß-Segment
VR
Augen- und Gehirn-Segment
KS
auch bei W. Reich
schließt Schädel, Stirn und Brauen ein
 Steht in Verbindung mit dem Ausdruck von Schreck und Trauer
 In diesem Segment manifestiert sich u. a. die Erstarrung früherer
Traumatisierungen
 Ein glasiger oder toter Blick kann da Abschalten des Organismus
angesichts transmarginalen Stresses anzeigen,
ein starrer Blick eine Unnahbarkeit
 Wut kann an weit geöffneten Augen und zusammengezogenen
Brauen erkannt werden
 Kontroll-Zentrum von Ich und Über-Ich
 Affektive Verwirrung in Verbindung mit dem ödipalen Konflikt:
Du sagst, du liebst mich. Aber du handelst anders.
 Die Person versucht zu verstehen.
 Eine angespannte Stirn weist u. a. hin auf Sorgen, Bestürzung,
Zweifel und Verzweiflung, jede Form des Nachdenkens und
Erstickungs-Gefühle.
 Gefühle, die hauptsächlich in den Augen offen oder unterdrückt zum
Ausdruck kommen, sind Leibe, Freude, Scham, Wut, Angst und
Traurigkeit.
 Da die Augen das Hauptaffekt-Organ sind, kommt es hier am
ehesten wieder zu ein er Blockierung. Darum ist es unerlässlich, sich
immer wieder mit ihnen zu befassen.
Geruchs- und Gehör-Segment
 Der Geruch ist mit dem Instinkt verbunden
 Eine neurotische Person tendiert dazu, mit dem Geruch zu
kompensieren, was sie nicht zu fühlen wagt.
 In den Ohren ist Selbst-Kritik enthalten.
 Die Ohren möchten gern etwas Nettes hören.
 Hinter den Ohren sitzt Scham.
KS
KS
Mund-Segment und Kehle
auch bei W. Reich
Mit Mund, Kiefer, Kinn, Schlund, Kehle (Biodynamik) und oberen
Nacken
 Ort für Ausdrucks-Bewegungen des Weinens, Saugens, Würgens,
Beißens oder Brüllens
 Aufsteigende Affekte werden bisweilen im Hals heruntergewürgt
 Der Mund ist am Ausdruck aller Emotionen, aber auch von
Wünschen und Gelüsten beteiligt.
 Zu den mit dem Mund verbundenen Ausdrucks-Funktionen gehören
Sprechen, Lachen, Weinen, Lächeln. Außerdem wird er zum
Beißen, Spucken, Würgen, Schlucken und Saugen benutzt.
Einige der damit verbundenen Einstellungen sind Aggressivität,
Hilflosigkeit, Abhängigkeit, Festhalten und sexuelle Gefühle.
 Mund und Kiefer enthalten vielfach verdrängte Wut
 Kiefer-Spannungen können auch Unsicherheit, Schüchternheit oder
Trauer binden
 Hier werden Verlust, Frust und Ärger gehalten.
 Die Kehle ist oft geschwollen vor Bitterkeit.
 Bitterkeit wird kompensiert durch zu viel Essen.
 Die Zähne aufeinander zu beißen, ist ein häufiger Mechanismus
der Gefühls-Unterdrückung. Er kann zu chronischer Verspannung
der Kiefer-Muskulatur führen (Knirschen als nächtliche Abfuhr von
Spannungen wie bei Beißkindern).
KS
Hals-Segment mit Innenarmen
auch bei W. Reich
Das bei Reich Kehle und Nacken einschließt
 Durch den Hals laufen lebenswichtige Gefäße und Nerven, die
das Gehirn und die anderen Körper-Teile miteinander verbinden
Daher ist die Hals-Nacken-Region einerseits eine sehr
verletzliche Region, andererseits eine bevorzugte Stelle für
Verspannungen
 Angst wird im Nacken festgehalten
 Hier liegt auch der Trapezius-Muskel, der oft zu viel Last tragen
muss.
 Viele Konflikte liegen hier: sowohl Stärke als auch Verletzbarkeit
 Die zwei schwarzen Dreiecke sind Angst-Punkte
 Arme und Hände stehen für den emotionalen Bezug zwischen
dem Ich und dem anderen
 In den Armen und Händen liegt zugreifen, bekommen und
nehmen, was die Person braucht oder was sie haben möchte.
 Hier liegt auch die Fähigkeit, das zurück zu stoßen, was man
nicht braucht oder nicht will.
Brust-Segment mit Außenarmen
KS
auch bei W. Reich
Mit den großen Brust-Muskeln (Pectoralis), den Schultern-Muskeln, den
Muskeln zwischen den Schulter-Blättern, den Interkostal-Muskeln
 Dient als Resonanz- und Klang-Raum für Stimme und Gefühle
 Ist Sitz zwischenmenschlicher, leidenschaftlicher, weicher,
hingebender, vertrauensvoller, freudiger, mitfühlender, herzlicher und
liebevoller Gefühle
 Kann auch Traurigkeit, Sehnsucht, Bedauern, Schmerz und Leid
beherbergen
 Hier liegt im Pectoralis-Muskel die Angst, zuzugreifen.
 Hier liegt auch beschützen und beschützt werden.
 Hier liegt die Angst, zu berühren, ohne vorsichtig sein zu müssen.
 Angst vor Freiheit.
 Spannungen können eine generelle Selbst-Beherrschung, ein An-sichHalten, Angst, Härte oder Unnahbarkeit anzeigen
 Brust wie ein Fass als Ausdruck von Macht oder gebremster Macht
 Da die Brust das Herz enthält, ist sie – psychologisch gesehen – der
Sitz zwischenmenschlicher, leidenschaftlicher, weicher, hingebender,
vertrauensvoller, freudiger, mitfühlender, herzlicher und liebevoller
Gefühle. Ein gekränktes oder „gebrochenes“ Herz kann auch
Traurigkeit, Sehnsucht, Bedauern, Schmerz und Leid beherbergen.
 Brust, Arme und Hände drücken diese Gefühle aus.
Zwerchfell-Segment
KS
auch bei W. Reich
umfasst neben dem Zwerchfell als dem wichtigsten Muskel für die Einund Ruhe-Atmung auch die oberen Bauch-Organe und die unteren
Rücken-Muskeln
 Da das Zwerchfell an der Lenden-Wirbelsäule verankert ist, wirkt
seine Verspannung auf die Wirbelsäule und beeinträchtigt die
Einheit von Atem und Bewegung.
 Beteiligt an der Körper-Abwehr „Atem-Reduktion“
 Das Zwerchfell kann spastisch sein.
 Zwerchfell-Spannungen begrenzen den Austausch zwischen
aggressiven und sexuellen Gefühlen (Unterbauch und Rücken) und
den Gefühlen im Brust- und Herz-Bereich
 Die Person hat ein „Loch“ im Körper, kann nicht für sich einstehen.
 Sie versteckt ein regressives orales Bedürfnis danach, klein und
abhängig zu sein oder kämpft dagegen an.
 Auch das emotionale Zentrum.
 Der Raum zum Atmen … muss geschlossen werden, um die eigene
Stärke halten zu können.
 Das gesunde Funktionieren von Brust-Korb- und Bauch-Segment
hängt von der uneingeschränkten Beweglichkeit des Zwerchfells ab.
Bauch-Segment
KS
auch bei W. Reich
Umfasst die Muskeln, die durch den unteren Bauch und entlang der
Wirbelsäule verlaufen (auch Iliopsoas, den Lendenmuskel)
 Der Iliopsoas wird auch als Trauma-Muskel angesehen, denn er
kontrahiert bei Schreck und zieht den Oberschenkel bei SchreckReflex Richtung Rumpf. Aber er aktiviert auch die Lauf-Bewegung.
Um den Psoas zu bewegen, muss man als Hebel-Kraft seine Füße
einsetzen.
 Hara oder das untere Dantian (TCM) ist das Energie-Zentrum des
Körpers.
 Chronische Kontraktion hier kann starke Emotionen betäuben.
 Entspannte Bauch-Atmung hat oft eine befreiende Wirkung.
Das Bauch-Gefühle wird befreit.
 Zentrum für Bedürfnis und Gier
 Kann die Stelle der Balance im Körper sein mit guter Kraft.
 Kann aber auch das kompensierte orale Baby verstecken:
Ich will es und ich will es jetzt gleich.
 Könnte eine viszerale Panzerung beinhalten oder ein
Ungleichgewicht, verursacht von der Angst loszulassen.
 Der wichtigste Effekt bei der Entspannung des Bauchs ist, dass die
Person von zurückgehaltenen Gefühlen überflutet wird, die
normalerweise in Form von Schluchzen und einem tiefen
kleinkindlichen Weinen zum Ausdruck kommen. Der Bauch zuckt
dabei krampartig.
KS
Becken-Segment
auch bei W. Reich
Becken-Boden, Genitalien, Uterus und Eierstöcke, After, BeckenMuskulatur
 Spannungen können sich in Störungen der Sexualität oder der
Ausscheidung äußern.
 Ist das Becken nicht durchlässig für Lust, kann „Becken-Angst oder –
Wut“ entstehen.
 Verwurzelung des Menschen in sich selbst:
Ruhen den Körpers im Becken als Schwerpunkt
 Verwurzelung des Menschen in der Welt:
Fester stand mit den Füßen auf der Erde (Grounding, Erdung)
Spannungen entfremden Menschen von dem Gefühl, gegründet zu
sein.
 Becken-Gürtel mit dem Zentrum des orgastischen Reflexes
 Angst, spontane Bewegungen zuzulassen
 Ort der Lust-Angst, aber auch der geerdeten Sexualität
 Wichtig, darauf zu schauen, ob das Becken eher in einer
„hysterischen“ Position nach hinten gezogen wird oder eher
„phallisch“ nach innen vorn gedrückt wird in einer anal-repressiven
Position.
 Die Entspannung der Kehle durch Saugen erlaubt es dem Becken,
sich zu öffnen.
Oberschenkel-Segment
KS
 Muskeln der Oberschenkel werden gebraucht, um aufrecht zu
stehen und geerdet zu sein.
 Bei Frauen gibt es die Tendenz, die sog. postödipalen
Reiterhosen zu entwickeln.
Dort wird sexuelle Ladung gehalten, die nicht fließen kann.
 Männer sind dort oft überdehnt.
 Bei Frauen sitzen dort die sog. „Jungfrauen-Muskeln“, um die
Beine zusammen zu halten und den Verlust von Kontrolle zu
verhindern.
Knie-Segment
KS
 Das Knie-Segment verbindet die Waden mit dem
Oberschenkel..
 Man muss sehen, in welchem Alter die Person begonnen hat zu
laufen.
 Der Punkt VI sagt, wenn er sehr gepolstert ist, etwas über eine
mögliche Identifikation einer Frau mit der negativen Haltung der
Mutter gegenüber Sexualität und Männern
Waden-Segment
 Die Waden halten das Gefühl für und das Bedürfnis nach
Unabhängigkeit, auf etwas zuzugehen oder wegzugehen
Knöchel- und Fuß-Segment
 Wenn die Knöchel (und oft auch die Waden) geschwollen
sind, deutet das auf eine Repression in der Sexualität und
der Freiheit hin
Bereiche des Körpers (BK)
 Gesichts-Bereich
 Hals-Bereich
 Brust-Bereich
 Bauch-Bereich
 Becken-Bereich
 Rücken- und Gesäß-Bereich
 Bereich der Schultern, Arme und Hände
 Bereich der Hüften, Beine und Füße
VR
Gesichts-Bereich 1
BK
 Es gibt offensichtlich einen Zusammenhang zwischen der Anspannung bestimmter
Gesichts-Muskeln und bestimmten Gefühlen.
 Das absichtliche Herstellen eines bestimmten Gesichts-Ausdrucks ruft im Autonomen
Nerven-Systemen (ANS) entsprechende emotionsspezifische Muster hervor.
Man fühlt sich wohler, wenn man lächelt, und schlechter, wenn man einen negativen
gesichts-Ausdruck aufrechterhält.
 Bei allen Muskeln, die einen negativen Gesichts-Ausdruck machen, wirkt Anspannung
hemmend auf die Atmung.
Bei positiven Gesichts-Ausdrücken (Lächeln mit Weitstellen der Nasen-Löcher) wird der
Bauch dagegen locker und die Einatmung leichter.
Welche Muskeln man anspannt, hat also einen Einfluss darauf, wie man die Welt sieht.
 Nur bewegte Augen sehen gut.
Wenn man mit unbewegten Augen starrt, wird nicht nur das Gesichtsfeld eingeengt,
sondern auch Reaktions-Geschwindigkeit und Sehschärfe lassen nach.
Mit dauernd unbeweglichen Augen lässt unser Interesse an unserer Umwelt nach wie
auch unsere Initiative und Kontakt-Freudigkeit.
Da wir unsere Augen auch beim Denken bewegen, lässt Augen-Erstarrung auch unser
Denken lahm und unkreativ werden.
 Bei allen Stimmungs-Störungen wie Ängsten, Depressionen, Zwängen und
posttraumatischen Belastungs-Störungen erstarren die Augen, d. h. sie bewegen sich
weniger als normal.
 Es ist insgesamt sinnvoll, die Augen zu bewegen und die Möglichkeiten zum Starren
einzuschränken, wenn es einem schlecht geht.
Gesichts-Bereich 2
 Nase: Bei positiven Reizen und Vorstellungen oder wenn wir etwas Angenehmes
riechen wollen, schalten wir auf Aufnahme-Bereitschaft und öffnen die Nase weit.
Dadurch können wir besser atmen, richten uns mehr auf und bekommen
tendenziell eine bessere Laune.
 Die meisten Kiefer-Beschwerden ergeben sich aus Verspannungen der großen
Kiefer-Muskeln: Masseter und Temporalis.
Diese Muskeln sind besonders stressanfällig. Viele beißen die Zähne zusammen
und tun alles nur noch zähneknirschend.
 Alle Kopf-Fehlhaltungen ziehen Kiefer-Fehlstellungen nach sich.
BK
Hals-Bereich
 h
BK
Brust-Bereich
 h
BK
Bauch-Bereich
 h
BK
Becken-Bereich
 h
BK
Rücken- und Gesäß-Bereich
 h
BK
Bereich der Schultern, Arme und Hände
 h
BK
Bereich der Becken, Beine und Füße
 h
BK
Arbeit mit dem Körper (AK)
 Körper-Arbeit
 Entladungs-Methoden
 Energie-Druck-Punkte
 Schädel-Platte und Stirn
 Augen-Segment
 Mund und Kiefer
 Mund und Hals
 Hals
 Brust
 Zwerchfell
 Bauch
 Becken
 Beine und Füße
Energie-Entladungs-Punkte
AK
Schädel-Platte und Stirn
AK
Muskel-Haltungen
und damit
verbundene
Emotionen
Hauptmuskel-Gruppen
und muskuläre
Entladungs-Techniken
EnergieEntladungsPunkte
Stress- und
BewegungsÜbungen
somatische
Äußerungen
Fixierter Blick
fragender
Verwunderung
Das Gesicht als sensibler
Bereich muss mit Vorsicht
massiert werden.
4
Spannungs-KopfSchmerz
Sorge, Ärger,
gerunzelte Stirn,
Skepsis
Was-soll-ich-nurtun-Blick
Occipitalis (Hinterkopf) zur
Entspannung des
Frontalis (Stirn)
massieren.
Kopf-Haut dehnen.
Übertrieben
Grimassen
bewirken, dass die
Muskeln ermüden
und fixierte MuskelHaltungen entladen
werden.
Wut, Aggression
(Temporalis)
Mit reibender Bewegung
mit Hand-Flächen Druck
auf beide Seiten des
Kopfes (Temporalis)
ausüben.
Depression,
Verzweiflung
Erstaunen
(hochgezogene
Augenbrauen)
Erstickungs-Gefühle
(verbunden mit
Geburts-Trauma und
Anästhesie)
Von der Mitte aus sanft
über die Augen-Brauen
streichen bis hinter die
Ohren.
Vorsicht: Gesichts-Nerven
sind leicht verletzlich.
5
6
7
8
9
Schreien,
Kreischen, Beißen,
Weinen entladen
unterdrückte
Gefühle und
Spannungen in der
Stirn.
Migräne
Druck im Kopf
Fixierte MuskelHaltung erzeugt
Falten, da sich die
Muskeln nicht
mehr bewegen.
Mimik und HandGestik sind oft
miteinander im
Ausdruck
verbunden – dies
beachten, um
Gefühle richtig zu
deuten.
Augen-Segment
AK
Muskel-Haltungen
und damit
verbundene
Emotionen
HauptmuskelGruppen und
muskuläre
EntladungsTechniken
EnergieEntladungsPunkte
Stress- und
BewegungsÜbungen
somatische
Äußerungen
Unzulänglichkeit,
Scham und
Schüchternheit
Unter Augen entlang
über Wangen bis zur
Stirn streichen
4a
Myopie (Rückzug
aus Kontakt)
Wut (weit offene,
funkelnde Augen)
Mit Hand-Tellern
Augen abdecken
(Palmieren)
Mit Licht-Stift wahllose
unterschiedlich lange
und schnelle Impulse
geben, bis vorsätzliche
Seh-Kontrolle aufhört.
Panik (aufgerissene
Augen)
Traurigkeit
(freifließende
Tränen, rote,
feuchte, zusammengezogene,
verschleierte Augen)
Lachende Augen
Spannung
(flatternde AugenLider)
Flacher Affekt
(Niemand-zuHause-Blick)
Occipitalis massieren,
um
Zusammenziehung
der Augen zu
veringern.
Temporalis
massieren.
4b
Augen nach oben rollen.
Augen weit öffnen.
Kontakt- und RückzugsÜbungen:
Augen schließen (Ich
gehe weg.) und Augen
öffnen (Ich komme
wieder.).
Vorsicht!
Grenzen respektieren.
Betroffene nicht
demaskieren.
Hypermetropie
(unterdrückte Wut,
andere auf
Abstand halten)
Sinusitis
(NebenhöhlenEntzündungen)
Mund und Kiefer
AK
Muskel-Haltungen und
damit verbundene
Emotionen
HauptmuskelGruppen und
muskuläre
EntladungsTechniken
EnergieEntladungsPunkte
Stress- und
BewegungsÜbungen
somatische
Äußerungen
Aggression, Festhalten,
Kontrolle
(Masseter)
Mund und Lippen
massieren
1
Masseter massieren:
Muskel festhalten mit
Daumen im Mund
und Zeigefinger
außen
3
Zur Wut-Entladung:
• An Handtuch
festbeißen, halten
und loslassen
(Vorsicht bei ZahnErsatz)
• Schreien, Kreischen
Infantiles
Oralverhalten:
Daumenlutschen,
Lippenbeißen,
Zunge
rausstrecken,
Nägelkauen
Abhängigkeit,
Hilflosigkeit
Sexuelle Gefühle
Sehnsucht,
Unsicherheit
(Sauggefühle, die
verhindert wurden)
Erstarrtes Lächeln,
Abscheu, Verlangen
Wut
(verspannter Kiefer,
zusammen-gebissene
Zähne, zusammengekniffene Lippen
Trotz
(vorgeschobenes Kinn)
Temporalis zur
Entspannung des
Mundes massieren
Äußeren FlügelMuskel im hinteren
Backen-ZahnBereich des
Oberkiefers
massieren (oben
hinter dem letzten
Backen-Zahn)
2
Zur Entladung der
Kehle und des
Zwerchfells:
• Durch Berühren des
Zäpfchens
Brechreiz auslösen
• Spucken
An Daumen oder HandInnenfläche saugen
Zähne
zusammenbeißen und
loslassen
Lippen vorstrecken
Überessen
Alkoholismus
DrogenAbhängigkeit
Rauchen
Mund und Hals
Muskel-Haltungen
und damit
verbundene
Emotionen
HauptmuskelGruppen und
muskuläre
EntladungsTechniken
EnergieEntladungsPunkte
Stress- und
BewegungsÜbungen
Saugen
Um Weinen zu
stimulieren:
9
Kiefer übertrieben weit
vorschieben
Mitleidigkeit
(Mentalis, KinnMuskel)
• Mentalis
massieren und
dann halten, bis
er zittert
Sorge, Zweifel
(zitterndes Kinn)
•
Sanft über
Platysma
(breiter flächiger
Muskel vom
Schlüsselbein
zum Kinn) in
Richtung Mund
streichen
Tränen
zurückgehalten
Webschieben
negativer Gefühle
•
Unter dem Mund
massieren und
nach oben in den
Mund-Boden
drücken
10
Zunge weit
rausstrecken
Würgen zulassen im
Zusammenhang mit
Ausdrucks- und
Zurückhalte-Funktionen
der Kehle
AK
somatische
Äußerungen
Hals
AK
Muskel-Haltungen
und damit
verbundene
Emotionen
HauptmuskelGruppen und
muskuläre
EntladungsTechniken
EnergieEntladungsPunkte
Stress- und
BewegungsÜbungen
somatische
Äußerungen
Weinen
In Schulter- und
Nacken-Mitte Druck
ausüben und
massieren
10
Kopf über Tisch-Kante
hängen lasse, um Kehle
zu öffnen
chronische HalsEntzündungen
Wut
Ausdruck
zurückhalten
(schabendes
Geräusch bei
KehlenBlockierung)
Sternocleidomastoideus (SCM)
hinter dem Ohr bis
Schlüsselbein und
Brustbein zwischen
zwei Fingern kneifen
und massieren
Periodisch Druck auf
Hals ausüben (aber
nicht Kehle), während
Klient beim Atmen
Geräusch macht
Trapezius (Nacken bis
Mitte Rückgrat)
dehnen und kneifen
11 a
11 b
12
16
Kopf hin und her rollen,
um Trapezius zu lockern
Zunge rausstrecken und
einatmen, um Kehle,
Kiefer und Brust zu
entladen
Husten löst Weinen aus
und öffnet Kehle
Schreien, Würgen,
Schlucken können
Kehle entladen
Atem-Rolle
Nacken auf Tennis-Ball
rollen
Verspannter
Nacken
Sprach-Defekte
sexuelle
FunktionsStörungen
(Hals und BeckenSegment hängen
funktional,
muskulär und
energetisch
zusammen.
Spannung kann
von dem einen auf
das andere
verschoben
werden)
Brust
AK
Muskel-Haltungen
und damit
verbundene
Emotionen
Hauptmuskel-Gruppen und
muskuläre EntladungsTechniken
EnergieEntladungsPunkte
Stress- und
BewegungsÜbungen
somatische
Äußerungen
Selbstschutz
(runde Schulter,
gewölbte Brust)
Beim Ausatmen obere Brust
zusammendrücken, beim
Einatmen loslassen
11 a
Schlagen
11 b
beim Ausatmen Arme
nach unten strecken
Sorge, Mitleid,
Verlangen,
Sehnsucht
(gebrochenes Herz)
Muskeln zwischen den
Rippen massieren
AtmungsStörungen
(Asthma,
Bronchitis etc.)
Freude, Mitgefühl
Vertrauen
Selbst-Wert, Stolz
zurückgehaltene Wut
(Fass-Brust)
Tun, Ausdrücken
(Arme)
Angst
(hochgezogene,
starre Schultern)
Überlastung (runde
Schultern)
11 c
16
Brust-Muskeln massieren
19
Schulter-Blatt in Seitlage
anheben
20 a
Gewebe zur Beruhigung
neben Wirbel-Säule nach
oben rollen
21
Muskeln neben Rückgrat
Richtung Wirbel-Säule
massieren
Knoten im Rücken durch
festen Finger-Druck entladen
kalte Stellen halten und
massieren
mit Faust auf Rückgrat
klopfen
20 b
22
23
24
31
33
Arme im Stehen nach
vorn oder im Liegen
nach oben
ausstrecken
(Sehnsucht)
Atem-Rolle:
Rücken von Schultern
bis Hüften bei
ausgestreckten
Armen und Geräusch
bei Atmen
Handtuch auswringen
(implodierende Wut
übertreiben)
Rücken zu Brücke
beugen
Kreislauf, BlutDruck
Chronische
Verspannungen
von Armen und
Händen
Angina
(MandelEntzündung)
Tachykardie
(Herz-Rasen)
Zwerchfell
AK
Muskel-Haltungen
und damit
verbundene
Emotionen
HauptmuskelGruppen und
muskuläre
EntladungsTechniken
EnergieEntladungsPunkte
Stress- und
BewegungsÜbungen
somatische
Äußerungen
Macht
Tiefenmassage des
Zwerchfells (breites
Muskel-Band, das
direkt unter den
Rippen ansetzt, unter
Lunge und über
Magen, zieht sich
herum bis zur WirbelSäule) unter Rippen
beim Ausatmen
(dabei SchulterPunkte halten)
11 a
Atem-Rolle, Brücke
11 b
Würge-Reflex hat hier
seinen Ursprung,
Stimulierung des
Reflexes oder
Erbrechen löst
Zwerchfell-Blockierung
Zwerchfell-Starre
bei BerufsSängern und
Bläsern
Selbst-Behauptung
Wut
Äußerung der
Gefühle, die aus
dem Bauch
kommen, wird bei
Verspannung des
Zwerchfells
eingeschränkt
Bauch-Massage löst
auch Spannungen im
Zwerchfell-Segment
Eine Hand auf
Zwerchfell, die
andere Hand im
Rücken unter
Zwerchfell
11c
13
Arme beim Einatmen
heben (hoch über den
Kopf), beim Ausatmen
senken
RückenSchmerzen
AtmungsStörungen
VerdauungsStörungen
(Magen-Geschwür,
nervöser Magen)
Schluckauf
Bauch
AK
Muskel-Haltungen
und damit
verbundene
Emotionen
HauptmuskelGruppen und
muskuläre
EntladungsTechniken
EnergieEntladungsPunkte
Stress- und
BewegungsÜbungen
somatische
Äußerungen
Selbst-Behauptung
Rectus abdominus
(Schambein bis
Brustkorb) kneten
14
Atem-Rolle
(bis zu den Hüften)
VerdauungsStörungen
(Geschwüre,
NahrungsAllergien, Kolitis
etc.)
Aggression
Wut
starke Gefühle „aus
dem Bauch“
tiefes Schluchzen
zurückgehaltene
Gefühle als
Implosion von
Gefühls-Energie
verursacht
Spannungen
Bauch-Massage im
UhrzeigerSinn(stimuliert
parasympathisches
Nerven-System –
löst Wein-Entladung
aus)
Bauch-Atmung
Druck auf LendenBereich entlädt
Bauch-Spannung
Brücke: auf Füßen
stehen,
Fäuste unter Fersen,
Körper bis Schultern
vom Boden heben (nur
Schultern und Füße am
Boden),
atmen (entlädt ebenfalls
Becken
Schmerzen im
unteren Rücken
Becken
AK
Muskel-Haltungen
und damit
verbundene
Emotionen
HauptmuskelGruppen und
muskuläre
EntladungsTechniken
EnergieEntladungsPunkte
Stress- und
BewegungsÜbungen
somatische
Äußerungen
sexuelle Gefühle
Nacken massieren
(BlockierungsZusammenhang)
15
Becken-Schaukel
17
Becken-Stoßen
18
Becken-Heben
sexuelle
FunktionsStörungen
32
Brücke
34
Rücken-Brust-Stellung
(Brust und Knie am
Boden)
Verletzlichkeit
(heftige invasive
Techniken
vermeiden)
Leisten-Bereich leicht
massieren
Angst,
Verlust-Angst
(nach Fehlgeburt,
Abtreibung)
Unteren Bauch
massieren, um Uterus
und Eierstöcke zu
stimulieren
Wut
Po-Backen
massieren, wenn
verspannt
Lust
Charisma
chronische
Verspannungen der
Becken-BodenMuskulatur
(z. B. durch
vorzeitige
SauberkeitsErziehung)
Psoas massieren
Knie-Spreize
(ausatmend öffnen,
einatmend schließen)
tiefe Hocke
Beine offen halten,
während wer
zusammendrückt oder
geschlossen halten,
während wer öffnet
Treten und jemanden im
Liegen wegtreten mit
beiden Beinen
Blasen-Störungen
gynäkologische
Störungen
Hernie
(EingeweideBruch)
Retraktion des
Hoden-Sacks
vergrößerter Penis
(infolge
unzureichender
Entladung)
Hämorrhoiden
Verstopfung
Beine und Füße
AK
MuskelHaltungen und
damit
verbundene
Emotionen
HauptmuskelGruppen und
muskuläre
EntladungsTechniken
EnergieEntladungsPunkte
Stress- und BewegungsÜbungen
somatische
Äußerungen
Unsicherheit,
Autarkie,
Stabilität
(ErdungsFunktionen)
Abduktoren,
Waden und
Füße kräftig
massieren
17
Erdungs-Übungen
schwache Knie
18
Ischias
An Zehen
ziehen
26
Bioenergetischer Bogen: aufrecht
stehen, Knie gebeugt, Zehen
nach innen, Fersen nach außen,
zurücklehnen, Fäuste auf
Lenden-Bereich, atmen
Trotz,
Dickköpfigkeit
(gräbt Fersen in
den Boden)
Charisma mit
Knien verknüpft
25
28
29
30
34
35
Vortreten: stehe aufrecht mit dem
Rücken zur Wand und bringe das
Becken nach vorne, indem du 1-2
Schritte machst.
Verlagere dein Gewicht auf das
eine und das andere Bein.
Mit dem Rücken gegen die Wand
stellen, Hände über den Kopf an
die Wand, Füße gegen den
Boden drücken, Becken nach
vorn kippen, Knie gebeugt,
atmen
Bein-Krämpfe
Festhalten bei der
anal
zurückhaltenden
Persönlichkeit
kann sich auch als
Spannung in den
Füßen (geballte
Zehen) äußern
Wege aus der Verspannung (WV)
 Allgemein
 Weg über Worte und Denken
 Weg über Bewegung
 Weg über Sinnes-Organe und
Vorstellung
 Direkter Weg über den Körper
 Der Weg über alle Kanäle
VR
Allgemein
WV
 Anspannung wird als unbewusste Gewohnheit längst nicht mehr von den Teilen
des Gehirns gesteuert, die für bewusste Bewegung zuständig sind, sondern von
unteren Schichten, die dem Bewusstsein nicht zugänglich sind.
 Anspannung hat sich strukturell in Muskulatur und Bindegewebe verfestigt.
Man kann nicht mehr bewusst locker lassen.
Oft begreift eine verspannte Person nicht einmal, was Entwicklungs-Begleitende
meinen, wenn sie über deren Verspannungen sprechen.
Durch sensomotorische Amnesie spürt die Person ihre Verspannungen nicht mehr.
Sie „kennt“ die betroffenen Muskel-Gruppen nicht mehr.
 Aus ihrer Fehlhaltung herauszugehen, ist anstrengend, schmerzhaft oder einfach
nicht möglich.
 Der direkte Zugang ist der betroffenen Person wie den Entwicklungs-Begleitenden
versperrt.
 Da aber Spüren und Bewegen, Vorstellen, Denken und Fühlen verschiedenen
Aspekte des gleichen Vorgangs sind und einen Zugang zu den unbewussten HirnSchichten haben, kann man verschiedene Wege nutzen, um die Teufels-Kreise
der Verspannung in der Gegenwart zu unterbrechen.
Weg über Worte und Denken
WV
 Eine Aufklärung und schlüssige Erklärung der Beschwerden einer somatoform
gestörten und Entspannung brauchenden Person kann diese aus ihrer AngstGedanken-Spirale herausholen, an einer unbekannten, schweren Krankheit zu leiden.
Dies lässt auch die aktuellen Anspannung sinken.
 Gespräch und Reflexion helfen, wenn erhöhte muskuläre Spannungs-Zustände durch
bestimmte Wert-Haltungen, z. B. einem Leistungs-Perfektionismus, aufrechterhalten
werden.
 Versuche, die Einstellung und inneren Formeln (Einschärfungen, Antreiber, Gebote,
Verbote usw.) von Entspannung suchenden Personen durch rationale Argumente zu
ändern, scheitern dagegen fast immer.
Aufforderungen zum positiven Denken, zum Lockerlassen, zur Stress-Reduktion helfen
nicht, solange die Dauerkontraktionen in der Muskulatur aufrechterhalten bleiben.
 Erst mit einer veränderten muskulären Situation kann man wieder bewusst
lockerlassen, wenn man im Alltag unwillkürlich anspannt.
 Deswegen beziehen heute viele Psychotherapeuten die körperliche Ebene mit ein.
Dabei spielt auch das Auftreten der Begleit-Person, das sich körperlich auf die
Entspannung suchenden Personen übertragen kann, eine wichtige Rolle im
Entspannungs-Prozess:
 eine ruhige Stimme
 eigene Beweglichkeit und Beschwerde-Freiheit
 Sicherheit im Beziehungs-Aufbau
Weg über Bewegung
 Bewegung wirkt sich bei den meisten Krankheiten positiv aus, vor allem bei
Verspannungs-Krankheiten.
 Durch Schmerz und eingeschränkte Atmung kann sich alles im Körper lahm
anfühlen, so dass es eine Riesenüberwindung kostet, sich zu einer Bewegung
aufzuraffen.
Oft scheitern gute Bewegungs-Vorsätze an solchem Anfangs-Widerstand.
Überwinden wir diesen Widerstand, sind Ganzkörper-Bewegungen wie Gehen,
Joggen, Schwimmen, Berg-Wandern, Tanzen, Ski-Langlaufen am besten.
Alles Schnell, was Spaß macht und leicht geht, wirkt zumeist entspannend.
 Alle langsamen, sanften Bewegungs-Formen wie Yoga, Tai-Chi, Qigong, die
Feldenkrais-Methode „Bewusstheit durch Bewegung“ sind Möglichkeiten, um
aus Verspannung und Hektik in einen ruhigen Bewegungs-Fluss zu kommen.
 Im Alltag kommt es darauf an, den ganzen Körper bei den Tätigkeiten ruhig und
rhythmisch mitzubewegen: kein Staubsaugen mit steifem Rücken, kein Kochen
mit starr nach vorn gebeugtem Kopf, kein Putzen ohne Schulter-Bewegung usw.
 Lachen, Weinen und Singen könne die Atmen- und Gefühls-Muskulatur aus der
Erstarrung lösen.
 Durch sensomotorische Amnesie kann man die verspannten Bereiche auch bei
den besten Übungen angespannt lasen, ohne es zu merken.
WV
Weg über Sinnes-Organe
und Vorstellung
 Den gleichen Entspannungs- und Beruhigungs-Effekt wie langsame, achtsam
ausgeführte Bewegungen kann in leichteren Fällen auch das Aufgehen in der
Tätigkeit haben.
Wir konzentrieren uns auf unsere Sinnes-Eindrücke und passen die Bewegungen
ganz der Aufgabe an, anstatt mit Ehrgeiz, Selbst-Zwang und einem Zuviel an
Muskel-Anspannung an die Tätigkeit heranzugehen.
Das Fehlen von überflüssiger Anspannung erkennt man an der Leichtigkeit und
Anmut der Bewegung.
 Bei der Hingabe an eine Tätigkeit fließt der Atem. Es entsteht „Flow“.
Auf diese Weise kann sinnerfüllte Arbeit entspannend wirken.
 Konzentrieren wir uns dagegen kämpferisch oder ängstlich auf negative SinnesEindrücke, verstärken diese sich noch, denn wir verspannen immer mehr.
Nichts ist schlimmer, als einen Schmerz zu belauern.
 Positive Achtsamkeit, Akzeptanz oder die Konzentration auf positive SinnesEindrücke im Hier und Jetzt holen aus der Defensive und entspannen.
 Über die Sinnes-Organe wirken Licht-Therapie, Musik- und Klag-Therapie, Düfte
und Wärme-Anwendungen.
 Weil das sensomotorische System schon in der Vorstellung anspringt, kann man
auch mit autogenem Training, Visualisierungs-Übungen, Phantasie-Reisen u. Ä.
Entspannungs-Reaktionen hervorrufen.
WV
Direkter Weg über den Körper
 Vielleicht noch wirksamer sind manuelle Verfahren, mit denen die
Entspannungs-Begleitenden auf verschiedene Arten direkt an Muskeln
und Binde-Gewebe arbeiten, um sie in ihrem funktionellen
Zusammenhang zu lockern und wieder in Bewegung zu bringen.
 Dazu gehören:
 Feldenkrais' Funktionale Integration
 Osteopathie
 Rolfing
 Trager-Arbeit
 Bodymind-Balancing
 Bowen-Technik
 Atmen-Therapien
 bestimmte Massage-Techniken u.v.a.m.
 Statt Entspannung suchende Personen mechanisch durchzuwalken,
lenkt man dabei ihre Aufmerksamkeit auf die Körper-Wahrnehmung.
 Diese passiven Verfahren sollten durch aktive ergänzt oder sogar
ersetzt werden, um die Entspannungs-Erfolge noch dauerhafter zu
machen.
 Vor allem geht es darum, dass die Person verstehen lernt, was ihre
Beschwerden mit ihrem Alltags-Verhalten zu tun haben und wie sie
selbst vorbeugen kann.
WV
Der Weg über alle Kanäle (AK)
 Allgemein
 Körper-Bewusstseins-Training
 Pandiculations
 Trigger-Punkt-Behandlung mit Bewegung
 Manuelle Bindegewebs-Behandlung der Haut
und Unterhaut
 Sensomotorische Übungen
WV
Allgemein
KörperBewusstseinsTraining
Pandiculations
Trigger-PunktBehandlung mit
Bewegung
BindegewebsBehandlung
sensomotorische
Übungen
AK
 Als psychologisch ausgerichtet Behandler ist man geneigt, sich auf
das Körper-Bewusstseins-Training zu beschränken.
Aber infolge der sensomotorischen Amnesie, die in verspannten
Personen herrscht, greift das mentale Verfahren erst nach
Anwendung der anderen Methoden.
 Erst wenn das Eingefleischte der Verspannungs-Gewohnheit durch
die anderen Verfahren schon überwunden ist, können Menschen
wieder bewusst spüren, was sie tun, und bewusst etwas anderes tun
als zuvor.
Das Verstehen mit dem Körper kann erst gelingen, wenn man die
betreffende Region wieder zu bewegen und zu spüren beginnt.
Erst dann können die Entspannung suchenden Personen ihr
individuelles Spannungs-Muster auch bei komplexen AlltagsBewegungen und schließlich auch in Belastungs-Situationen
erkennen und ablegen.
 Dabei hilft oft, das Spannungs-Muster absichtlich herzustellen und es
dann wieder bleiben zu lassen.
Durch vergleichendes Spüren wird der Unterschied klar.
Allmählich können sie bereits die ersten Anzeichen unnötiger MuskelKontraktionen wahrnehmen, wenn sie in alte Gewohnheiten
zurückfallen.
Körper-Bewusstseins-Training
AK
 Körper-Bewusstseins-Training stellt das Kernstück der sensomotorischen KörperTherapie dar. Es beginnt bei Erstkontakt und zieht sich als roter Faden durch den
gesamten Entspannungs-Prozess.
 Mit Körper-Bewusstseins-Training kann man erkennen,
 auf welche Probleme man eventuell noch mit verstärkten Spannungen reagiert,
 mit welchen Wert-Haltungen diese in Verbindung stehen und
 welche lebensgeschichtlichen Bezüge die Spannungen haben.
 Ohne Körper-Bewusstseins-Training bliebe die Entspannung suchende Person von der
Entwicklungs-Begleitenden abhängig, würde leicht wieder in die alten Gewohnheiten
rutschen und litte bald wieder unter den gleichen Beschwerden.
 Die Entspannungs-Suchenden werden zu aufmerksamen, aktiven und mündigen
Menschen, die selbst für sich sorgen können.
 Am Anfang könne die Heilung suchenden Personen noch nicht spüren, dass sie ihre Muskeln
ständig kontrahieren.
 Sie können aber das Ergebnis ihrer Fehlhaltungen sehen, wenn wir sie detailliert mit Fotos, vor
dem Spiegel oder durch vormachen der Haltung darauf hinweisen.
 Wir machen sie auf ihre mit Verspannung verbundenen Bewegungs- und HaltungsGewohnheiten aufmerksam.
 Zum Vergleich machen wir Bewegungen ohne Anspannung und erklären genau, was wir dabei
anders machen.
 Wir zeigen die Muskeln auch auf Abbildungen, erklären ihre Funktion, lassen sie am eigenen
Körper finden und ihre Verspannung mit den Händen spüren.
 Bei und nach manuellen Behandlungen lenken wir die Aufmerksamkeit der EntspannungSuchenden auf ihre Körper-Wahrnehmung: „Wie fühlt sich … jetzt an?“ „Merken sie eine
Veränderung in der …?“
Pandiculations
AK
 Beispiel: chronisch hochgezogene Schultern, die nicht mehr schräg nach außen abfallen,
sondern zu Hals und Arm hin rechte Winkel bilden und eng gezogen sind. Von außen
fühlen sie sich an der Oberseite hart an. Das sind die verspannten, verkürzten oberen
Trapez-Muskeln und Schulter-Blatt-Heber, die die Schultern hochgezogen halten.
Den Betroffenen gelingt nicht, die Schultern locker fallen zu lassen. Ihr Gehirn hat
vergessen, wie das geht.
 Um Menschen wieder einen bewussten Zugang auf die chronisch verspannten und mit
sensomotorischer Amnesie belegten Muskeln zu ermöglichen, streichen wir als erstes mit
der Hand darüber: „Sieh mal, Hirn. Da ist etwas, was dich interessieren könnte.“
 Dann bewegen wir die Schulter mehrfach zuerst weiter nach oben, also in die Fehlhaltung
hinein. Die Aufwärts-Bewegung geht mit der unwillkürlichen Anspannung, nicht dagegen.
Der Körper hat keinen Grund – anders als beim abrupten Dehnen – sich gegen die
Bewegung zu sperren.
 Anschließend bewegen wir die Schulter wieder nach unten, aber nur bis zur AusgangsStellung. Das sensorische Feedback ist für das Gehirn etwas Neues, Interessantes, was
es schon lange nicht mehr gespürt hat.
 Nun zieht die Entspannung suchende Person absichtlich noch stärker nach oben, und
zwar gegen unsere Hände, die auf der Schulter einen Gegendruck nach unten in FaserRichtung des gemeinten Muskels ausüben.
Dann reduziert die Person den Druck allmählich und wir nehmen selbst den Druck
entsprechend zurück. Dies wird mehrmals wiederholt, bis die Schultern unten
angekommen ist.
 Dann erst lassen wir den Ellbogen dieser Seite kurz nach unten in unsere Hand drücken,
die einen orientierungsfördernden Gegendruck gibt.
Trigger-Punkt-Behandlung mit Bewegung
 Trigger-Punkte oder Myogelosen sind punktuelle
Verspannungen der Muskeln, die sich als feste
Knötchen unterschiedlicher Form und Größe (1 mm bis
1 cm) von außen tasten lassen.
 Wir behandeln sie mit gezieltem Finger-Druck und
lasen die Person gleichzeitig den zugehörigen Muskel
leicht bewegen.
 Durch die erhöhte Druck-Empfindlichkeit ist das am
Anfang schmerzhaft, was sich durch aktives Bewegen
aber rasch mildert.
 Sobald der Trigger-Punkt unter dem Finger weicher
wird, wird der Muskel für die Person spürbarer,
präsenter und in seiner Funktion verstehbarer.
 Körper-Bewusstsein und Beweglichkeit stiegen
innerhalb von Minuten beträchtlich.
 Dieses Verfahren zeigen wir den Personen auch zur
Selbst-Behandlung.
AK
Manuelle Bindegewebs-Behandlung der
Haut und Unterhaut
 Verfestigtes Bindegewebe auf den Muskeln bearbeiten wir
extrem langsam, um Schmerzen zu deduzieren, mit kleinen
drückenden und rollenden Bewegungen zwischen den
Fingern.
 Durch das Langsame wir bei beiden Beteiligten die Atmung
ruhiger und die Stimmen gelassener.
 Vor allen Körper-Gefühls-Störungen verschwinden.
AK
Sensomotorische Übungen
 Nach den manuellen Behandlungen zeigen wir den
Personen speziell auf sie zugeschnittene Übungen, die sie
sehr langsam mit genauem Hinspüren auf die einzelnen
Muskeln durchführen sollen - in einer Art Andacht.
 Bei den meisten Übungen spannt man die verspannten
Muskeln zunächst noch stärker an und nimmt dann die
Spannung allmählich zurück.
 Immer bewegt man zuerst in die Richtung, in der es leicht
geht, anstatt mit Anstrengung etwas zu erzwingen.
 Mit diesen Übungen wird man lockerer und beweglicher
und lernt außerdem eine achtsame Art des Umgang mit
sich selbst.
Das färbt auf den Alltag ab.
 Leichtere Störungen lassen sich manchmal allein durch
diese Übungen beheben.
AK
Es folgt ein zweiter Teil zur
Begleitung bei
Entwicklungs-Störungen
Vielen Dank.
Viel Erfolg.
Viel Glück.
Viel Liebe.
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