Licht und Farbe - Bayerischer Rundfunk

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Licht und Farbe
Ein Film von Wolfgang Voelker & Eckhard Huber
Beitrag: Gertraud Wagner
Licht und Farbe
Der fragile Kosmos des Augenscheins
Rot, Gelb und Blau
Drei Farben erzeugen die bunte Vielfalt
Trotz aller Warnungen konnten es einige leichtsinnige Menschen nicht lassen: Sie blickten im
Sommer 1999 mit ungeschütztem Auge in die
Sonnenfinsternis, statt eine spezielle Schutzbrille
zu benutzen, und erlitten so bleibende Schäden.
Unser unauffälliger, gewohnter Sehapparat ist
also ein empfindliches System, das unter Umständen Filter oder optische Hilfsmittel benötigt.
Auch für Täuschungen ist es anfällig, wir können
bei geschlossenem Auge durch leichten Druck
aufs Auge scheinbar Muster und Farben sehen.
Das für uns so wichtige Farbensehen beruht auf
der unterschiedlichen Reizung von drei verschieden farbempfindlichen Zelltypen auf der Netzhaut. Licht einer bestimmten Wellenlänge reizt
die Zellen jeweils in verschiedenem Maß, so dass
ein bestimmter Farbeindruck entsteht. Der gleiche Farbeindruck lässt sich aber auch mit zwei
oder mehr gleichzeitig einfallenden Lichtwellen
unterschiedlicher Frequenz erreichen. Somit
kann man mit nur drei geeigneten farbigen Lichtquellen je nach Intensitätsverteilung alle Farbeindrücke von Rot bis Violett erzeugen - die Grundlage des Mehrfarbendrucks, des Farbfilms und
des Farbfernsehens.
Wo die Bilder entstehen
Der Kopf gebiert die sichtbare Welt
Das menschliche Auge besteht im Prinzip aus einem optischen Projektionssystem mit Objektivlinse, Blende und Bildschirm, das scheinbar einfach
aufgebaut ist. Der Bildschirm allerdings ist eine
Meisterleistung der Sensorik und Informationsverarbeitung. Millionen von helligkeits- und farbempfindlichen Zellen wandeln die Helligkeitsverteilung auf der Netzhaut in elektrische Signale
um. In der Netzhaut findet bereits eine Informationsvorverarbeitung statt, bevor die elektrischen
Impulse über ein Bündel von Nervenfasern, den
Sehnerv, zum Gehirn gelangen. Die eigentliche
Bildverarbeitung und Mustererkennung geschieht
dann dort. Erst das perfekte Zusammenspiel von
Auge und Gehirn lässt Licht und Farbe entstehen.
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Rot wie die Liebe, grün wie die Hoffnung
Die Psychologie der Farbe
Obwohl es sich bei den verschiedenen Lichtfarben um gleichwertige physikalische Signale handelt, werden sie vom Menschen unterschiedlich
empfunden - rot löst andere Empfindungen aus
als gelb, grün oder blau. Diese Wahrnehmungen
werden von der Farbpsychologie erforscht und
ihre Erkenntnisse zum Beispiel in der Innenarchitektur, in der Werbung oder beim Design von
Produkten gezielt verwendet. Farbe ist aber auch
Ausdrucksmittel bei der Kleidung und bei der Körperbemalung - bei Kultur- wie Naturvölkern - und
farbiges Licht schafft Stimmungen.
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Fakten
1. Das menschliche Auge
Das menschliche Auge entspricht dem Wirbeltierauge: Es besteht aus Augapfel und Schutz- bzw.
Hilfsorganen (Tränendrüse, Lider, Augenmuskeln).
Der Augapfel liegt in der knöchernen trichterförmigen Augenhöhle: an der Spitze des Trichters
vor ziehen Fasern zur Linsenkapsel; an ihnen ist
die Linse aufgehängt, ein aus durchsichtigen Fasern bestehender elastischer Körper. Im Ziliarkörper verläuft der ringförmige Teil des Ziliar- oder
Akkommodationsmuskels. Im Ruhezustand ziehen die Aufhängefasern des Ziliarmuskels die
Linse in die Länge, flachen sie ab und verringern
dadurch ihre Brechkraft: Das Auge ist für die Ferne eingestellt. Soll ein nahe liegender Gegenstand scharf gesehen werden, so entspannt der
Ziliarmuskel durch seine Zusammenziehung die
Aufhängefasern, die Linse kann dem Zug ihrer eigenen elastischen Fasern folgen und sich stärker
wölben, ihre Brechkraft vergrößern; dieser Vorgang heißt Akkommodation.
Die Regenbogenhaut (Iris) liegt wie eine Blende
vor der Linse. Ihre Öffnung, das Sehloch (Pupille), kann durch Muskeln je nach Lichteinfall verändert werden. Der Pigmentgehalt der Regenbogenhaut bestimmt die Augenfarbe, ein wichtiges
Erbmerkmal des Menschen; ihre Abweichungen
von Hellblau über Grau bis zu Schwarzbraun hängen in erster Linie von der erbbedingten Menge
des körnigen Pigmentes in den Zellen der vorderen Gewebsschichten der Regenbogenhaut ab.
tritt der Sehnerv ein. Der Augapfel setzt sich aus
dem lichtempfindlichen (Netzhaut) und dem lichtbrechenden Anteil (Hornhaut, Linse, Glaskörper)
zusammen.
Die Lederhaut schützt als sehnenartige äußere
Hülle das Augeninnere und gibt dem Augapfel
Zwischen Hornhaut, Regenbogenhaut und Linse
liegt die vordere Augenkammer, zwischen Regenbogenhaut, Linse und Glaskörper die hintere
Augenkammer; sie enthalten das Kammerwasser. Hinter der Linse liegt der Glaskörper, eine
von der Glaskörperhaut umschlossene gallertartige Masse.
Die Netzhaut (Retina) enthält in ihrem den Augenhintergrund auskleidenden Teil die eigentli-
seine Festigkeit; sie ist gefäßarm und weiß
durchscheinend; vorn geht sie in die durchsichtige Hornhaut über, die uhrglasartig auf dem Augapfel sitzt.
Die Aderhaut liegt zwischen Leder- und Netzhaut
und ist Blutgefäßschale, die die äußeren Schichten der Netzhaut ernährt. Nach vorn geht sie in
den Strahlen- oder Ziliarkörper über, eine verdickte, ringförmige Zone, die kammartige Leistchen trägt (Ziliarfortsätze). Zwischen diesen her© Bayerischer Rundfunk
chen Sinneszellen (Stäbchen und Zapfen), die
mit den Fasern des Sehnerven in Verbindung stehen. Die Zapfen übernehmen das Sehen am
Tage und das Erkennen von Farben, die Stäbchen das Dämmerungssehen, bei dem nur Helligkeitsempfindungen hervorgerufen werden. Die
Sehnervenfasern durchbrechen die Netz-, Ader2
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und Lederhaut an der Stelle der Sehnervenpapille (Sehnervenkopf); auf ihr fehlen die Sehzel-
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Die Farbwahrnehmung von Hunden ist im Vergleich zum Mensch geringer, da diese nur ca.
20% der Zapfen eines menschlichen Auges besitzen. Das Auge der Vögel z. B. ist dem des Menschen ziemlich ähnlich. Man findet oft zehnmal
mehr Zapfen in deren Retina, was zu einer viel
höheren Auflösung führt. Je nach Tag- oder
Nachtaktivität ist jedoch das Stäbchen/Zapfenverhältnis unterschiedlich.
Der Mensch kann ca. 7 x 106 Farbtöne wahrnehmen. Das vom Menschen wahrgenommene
Farbspektrum umfasst den Wellenlängenbereich
des Lichts von ca. 390 bis knapp über 700 nm,
das entspricht einer Farbwahrnehmung von violett bis dunkelrot. Einige Tiere haben ein erweitertes Spektrum. Wellenlängen unterhalb 315 nm
(ultraviolettes Licht) werden von der Augenhornhaut absorbiert und verursachen dort Verletzungen!
len (blinder Fleck). Seitlich (schläfenwärts) vom
blinden Fleck liegt in der Netzhaut der gelbe
Fleck, die Stelle des schärfsten Sehens, wo nur
Zapfen vorhanden sind. Die Sehnerven kreuzen
sich (Sehnervkreuzung, Chiasma) beim Eintritt
ins Gehirn, wo die aus ihnen stammenden Fasern schließlich in einer Stelle der Rinde des Hinterhauptlappens (Sehrinde) enden.
2. Farbensehen
Um Farben sehen zu können, müssen mindestens 2 Typen von Photorezeptoren vorhanden
sein, die sich in ihrer spektralen Empfindlichkeit
unterscheiden. Dies ist bei sehr vielen Lebewesen der Fall. Die meisten Wirbeltiere können Farben wahrnehmen, entgegen manchen Behauptungen auch Hunde und Katzen. Außer den Primaten ist die Farbsensorik z. B. der Säugetiere
meist dichromatisch, d.h. haben 2 Zapfentypen.
Die der Primaten und der Menschen ist trichromatisch (dreifarbig, sie haben als 3 Zapfentypen.
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Die Farbe eines Objekts wird durch dessen Eigenschaften, die Zusammensetzung der Wellenlängen des beleuchtenden Lichts und die Zusammensetzung des Hintergrundes bestimmt. Farbe
ist eine Empfindungsgröße, nicht Licht ist farbig,
die Verarbeitung im visuellen System erzeugt den
Eindruck Farbe. Unterschiedliche Wellenlängen
des Lichts werden in elektrische Impulse umgewandelt und in Form von unterschiedlichen Helligkeitswerten als Farben wahrgenommen.
In der Farbenlehre nennt man die Farben des
Spektrums Spektralfarben oder Lichtfarben. Von
anderer Art sind die Körperfarben, die auf Absorption und Reflexion bestimmter Wellenlängen
(Farben) beruhen. So entstehen auch Mischfarben, die im Spektrum nicht vorkommen, z. B.
Braun. Weiß und Schwarz sind keine Farben, da
sie (Weiß) z. B. durch gemeinsame Bestrahlung
des Auges mit allen Spektralfarben entstehen
oder durch Fehlen aller Wellenlängen als
Schwarz wahrgenommen werden. Weiß ist aber
nicht gleich Weiß, in der Fotografie und Videografie schreibt man den verschiedenen Weißtönen
eine unterschiedliche “Farbtemperatur” zu. Sie
entspricht der Temperatur eines schwarzen Wärmestrahlers (glühenden Körpers), der gleichartiges weißes Licht aussendet. So hat das “Weiß”
von Glühlampen nur ca. 3200 K (Kelvin), Tageslicht im Schatten mit einem hohen Anteil an
Streulicht aus der Atmosphäre (“himmelsblau”)
kann über 8000 K besitzen.
Die menschliche Retina enthält Zapfentypen, die
man L-Typ (lange Wellenlänge), M-Typ (mittlere
Wellenlänge) und S-Typ (kurze (short) Wellenlänge) genannt hat. Die drei Zapfentypen enthalten den Farbstoff Rodopsin, das bei unterschied3
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lichen Wellenlängen Licht absorbiert. Der S-Zapfentyp absorbiert im blauen Bereich (Maximum
bei 420 nm), der M-Typ im grünen Spektralbereich (Maximum bei 534 nm) und der L-Typ im
gelben und roten Bereich (Maximum bei 564 nm).
Man nennt das Sehen mit 3 Zapfentypen trichromatisches Sehen.
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(Detektoren) subtraktiv. Man spricht auch von
additiver und subtraktiver Farbmischung. Soweit
Die Zapfen sind auf der Netzhaut zu einem unre-
die Tatsachen nach heutiger Erkenntnis. Trotzdem sind noch nicht alle Farbeffekte verstanden.
Subjektive Farbwahrnehmung
gelmäßigen Mosaik angeordnet. Die Dichte ist in
der Fovea am höchsten und nimmt zur Peripherie
hin ab. In der Foveola (den zentralen 30 Grad)
befinden sich nur Rot- und Grünzapfen. Blauzapfen gibt es nur in der peripheren Retina, aber
auch dort treten sie mit einer geringeren Dichte
auf. Sie machen insgesamt nur 9 % aller Zapfen
aus, Rotzapfen ca. 60 % und Grünzapfen ca. 31
%). Ein reines Licht von 400 nm Wellenlänge erregt nur den Blaurezeptor unter den Zapfen. Ein
Licht der Wellenlänge 420 nm erregt den Blaurezeptor stark und den Grünrezeptor sehr schwach.
Licht von 500 nm Wellenlänge spricht alle drei
Zapfensorten an. Hier (hellgrün) liegt also das
Empfindlichkeitsmaximum des menschlichen Auges. Die einzelnen Farbeindrücke werden also
durch unterschiedliche Erregungsstärken der einzelnen Zapfensorten ausgelöst. Gleiche Erregung
aller Zapfen führt zum Eindruck weiß.
Verschaltung der Farbrezeptoren
Die gesamte Verschaltung der Zapfen in der Retina ist so organisiert, dass 2 Kanäle gebildet werden: einen Helligkeitskanal und einen Farbkanal,
bestehend aus 2 Teilkanälen. Im Helligkeitskanal
wird die Summe aus Rot und Grün gebildet, im
Rot-Grün-Kanal die Differenz der beiden. Im
Blau-Gelb-Kanal schließlich wird die Differenz
aus dem Signal der Blauzapfen und der Summe
der Rot- und Grünzapfen gebildet. Die Verrechnung der Farbinformation ist in der Ebene der
Zapfen additiv, in der Ebene der Schaltneuronen
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Die Wahrnehmung der Farben durch den Menschen ist nicht neutral. Den Farben kommen
ganz spezifische “Attribute” zu; so unterscheidet
man die “warmen” (rote und gelbe) von den “kalten” (blaue und grüne) Farben; gewisse Farben
scheinen hervorzutreten, andere zurückzuweichen. Von manchen Farben geht eine raumverengende, von anderen eine raumerweiternde
Wirkung aus.
Störungen des Farbensehens
Circa 2% aller Männer weisen eine Erbkrankheit
auf: sie sind rot-grün-blind. Bei ihnen ist der rote
oder grüne Zapfentyp defekt. Die Gene für die
Rot- und Grünpigmente befinden sich auf dem XChromosom. Daher ist Rot-Grün-Blindheit bei
Männern, die ja nur ein X-Chromosom besitzen,
sehr viel häufiger als bei Frauen.
3. Farbwahrnehmung durch den Menschen
und durch die Kamera
Alle Gegenstände um uns herum werden von einer elektromagnetischen Strahlungsquelle (Sonne, Lampe etc.) angestrahlt und reflektieren dieses Licht. Der nach der Reflexion übrig gebliebene Lichtanteil wird vom Menschen wahrgenommen und interpretiert. Die Wahrnehmung in der
Summe beinhaltet zwei verschiedene Aspekte.
Zum einem das Erkennen von Hell/Dunkel und
Farbe, zum anderen die Interpretation des Gegenstandes bzw. der Handlung.
Von der Lichtquelle bis zum Menschen
Diese Bereich ist der Physik zuzuordnen: Das
sichtbare Licht wird als Teil der elektromagneti4
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schen Strahlung verstanden. Dieser Bereich liegt
bei ca. 4,3 x 1014 Hz bzw. 700 nm (Rot) bis 7,5 x
1014 Hz bzw. 400 nm (Blau). Ebenfalls elektromagnetische Strahlung ist z.B. die Strahlung der
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Zäpfchentyp mit der maximalen Empfindlichkeit
bei 450 nm zugeordnet.
Es gibt verschiedene Faktoren, die den Farbeindruck verändern können. Dies sind zum einem
die Eigenschaften des Materials und die Zusammensetzung des Lichtes und zum anderen die
Anpassungsmechanismen im Auge und Gehirn
des Menschen.
Eigenschaften und Beschaffenheit des Lichts
Radio- und Fernsehsender im Bereich 105 Hz bis
109 Hz. Das sichtbare Licht unterscheidet sich
von diesen elektromagnetischen Strahlungen nur
durch die Frequenz. Die Reflexion der Strahlen
wird durch die Materialeigenschaft des Gegenstandes bestimmt. Dabei spielen zwei Faktoren
eine wesentliche Rolle.
Der Frequenzbereich der elektromagnetischen
Strahlung, die von dem Gegenstand reflektiert
wird. Der Gegenstand wird mit dem gesamten
Frequenzbereich des sichtbaren Lichtes angestrahlt. Der Frequenzbereich, der reflektiert wird,
wird durch die physikalischen und chemischen Eigenschaften des Gegenstandes ebenso bestimmt, wie die Frequenzbereiche, die absorbiert
werden.
Weiterverarbeitung der Information
Was umgangssprachlich als Farbe eines Gegenstandes bezeichnet wird, ist der Sinneseindruck
des Menschen durch die reflektierte elektromagnetische Strahlung. Erst das menschliche Auge
verwandelt die Strahlung in elektrische Nervenimpulse, die dann durch das Gehirn eine Farbe zugeordnet bekommen. Zudem ist das Auge in der
Lage, die Intensität der Strahlung in interpretierbare Information für das Gehirn umzuwandeln.
Dieses kann dann den Sinneseindruck von Helligkeit zuordnen. In der Netzhaut des menschlichen
Auges sind die sogenannten Stäbchenzellen und
drei verschiedenen Zäpfchenzellen eingelagert.
Die Stäbchenzellen sind zuständig für das Dämmerungssehen und die Zäpfchenzellen für das
Tages- und Farbensehen. Die Zäpfchenzellen unterscheiden sich in ihrer Fähigkeit elektromagnetische Strahlung in Information umzuwandeln, die
dann das Gehirn verarbeiten kann.
Der Sinneseindruck Rot ist dem Zäpfchen mit der
maximalen Empfindlichkeit bei ca. 620 nm zugeordnet. Grün ist dem Zäpfchen mit der maximalen Empfindlichkeit bei ca. 520 nm und Blau dem
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Der Sinneseindruck Farbe ist davon abhängig,
welche Wellenlänge von einem mit Licht beleuchteten Körper reflektiert wird. Von Bedeutung ist
aber auch die Beschaffenheit, oder besser die
Zusammensetzung des Lichts. Wenn z.B. nur der
Wellenlängenbereich um 620 nm im Licht vorhanden ist, kann auch nur der Sinneseindruck
Rot entstehen - sofern der beleuchtete Gegenstand diesen Wellenlängenbereich reflektieren
kann.
Bedingt und unbedingt gleiche Farben
Gegenstände, die nur bei einer bestimmten spektralen Zusammensetzung des Lichts gleich aussehen, werden als “bedingt gleich” bezeichnet;
Farben, die bei allen spektralen Zusammensetzungen des Lichtes gleich aussehen, als “unbedingt gleich”.
Wichtig ist diese Eigenschaft z.B. bei Autolacken.
Wird ein Teil eines Autos nachträglich lackiert,
sollen zu jeder Tageszeit die zu unterschiedlichen
Zeitpunkten aufgebrachten Lackierungen denselben Farbeindruck hinterlassen. Autolacke müssen also einen “unbedingt gleichen” Farbeindruck
ermöglichen.
Zur Beurteilung der Farbe von Kleidung ist ebenfalls die Beleuchtung von Bedeutung. Kleidungsstücke rufen bei unterschiedlicher Beleuchtung
unterschiedliche Farbeindrücke hervor. Die Farbe
von Kleidungsstücken ist demnach als “bedingt
gleich” anzusehen.
Farbmischsysteme
Das additive Farbmischverfahren (RGB): Bei
dem additiven Farbmischverfahren wird durch die
Addition der drei Grundfarben (Rot, Grün und
Blau) Weiß erzeugt. Das additive Farbmischverfahren wird immer dann angewendet, wenn Licht
direkt -ohne Reflexion durch einen Gegenstand,
also z.B. beim Fernsehgerät - in das Auge gelangt. Durch Mischen von Rot und Grün entsteht
Yellow, aus Grün und Blau entsteht Cyan und aus
Rot und Blau wird Magenta.
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Das subtraktive Farbmischverfahren (CMY):
Beim subtraktiven Farbmischverfahren wird ausgehend von den drei Grundfarben Cyan, Magenta
und Yellow die Farbe durch Subtraktion oder Filtern gemischt. Subtraktive Farbmischverfahren
sind immer dann anzuwenden, wenn reflektiertes
Licht ins Auge gelangt, z.B. bei Farben die auf
Papier aufgebracht werden. Durch Mischen von
Cyan mit Magenta entsteht Blau, aus Magenta
und Yellow entsteht Rot und aus Yellow und Cyan
entsteht Grün. Werden alle Grundfarben voneinander subtrahiert, entsteht Schwarz.
Das erweiterte subtraktive Farbmischverfahren (CMYK): Theoretisch lassen sich mit dem
CMY- und dem RGB-Farbmodell alle Farbnuancen erzeugen. Das Problem in der Praxis ist, das
die drei Grundfarben Cyan, Magenta und Yellow
nicht 100% rein zu Verfügung stehen. Sie sind
immer mit Anteilen der beiden anderen Grundfarben “verschmutzt”. Die Folge ist, dass kein reines
Schwarz mehr erzeugt werden kann und dass die
Anzahl der druckbaren Farben eingeschränkt
wird. Um dies auszugleichen, ist das CMY-Modell
zum CMYK-Modell erweitert worden. Dabei werden die drei Grundfarben noch um einen
Schwarzanteil (K=Schwarz) erweitert.
Farbaufzeichnung, Farbwahrnehmung
Die Kamera (Farbaufzeichnung) sieht Farben anders als das Auge (Farbwahrnehmung). Farbe ist
Licht in einer ganz bestimmten spektralen Zusammensetzung. Ist kein Licht vorhanden, so gibt
es auch keine Farben. Licht wiederum ist derjenige Teil der uns umgebenden elektromagnetischen Strahlung, die wir sehen können. Er setzt
sich aus einer Vielzahl an verschiedenen Wellenlängen zusammen die zwischen 400 und 700 Nanometer (nm) liegen. Treffen diese Wellenlängen
gleichzeitig und zu gleichen Anteilen auf unsere
Augen, dann empfinden wir sie als “weißes” Licht.
Reflektiert ein erblickter Gegenstand hingegen
nur ein Teil des sichtbaren Wellenspektrums, weil
die verbleibenden Wellenlängen durch die molekulare Beschaffenheit der Objektoberfläche ab© Bayerischer Rundfunk
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sorbiert werden, so empfinden wir das auf unser
Auge fallende reduzierte Wellenbündel als eine
bestimmte Farbe. Licht mit einer Wellenlänge von
400 bis 500 nm erscheint als blaue Farbe, jenes
von 500 bis 600 nm als grüne, was über 600 nm
liegt, sehen wir als Rot.
Enthält die Lichtquelle nicht das gesamte, sondern bloß ein unvollständiges (und ergo farbiges)
Wellenspektrum (wie Kerzenlicht oder eine farbige Reflexionsfläche in der Nähe des Objekts) bewirkt dies, dass die angestrahlten Gegenstände
eine andere Farbe annehmen, als wir in Erinnerung haben. Bei Sonnenuntergang beispielsweise
ist nur noch das langwellige Lichtspektrum vorhanden, wodurch alle von der Sonne angestrahlten Objekte stark gelbrot gefärbt erscheinen.
Das Auge ist in der Lage, auch bei der Beleuchtung z. B. mit einer Kerze einen Gegenstand als
“weiß” zu erkennen, obwohl die Zusammensetzung des Beleuchtungsspektrums überwiegend
langwelliges Licht enthält. Die Kamera dagegen
registriert dieses Licht als “rotgelb”. Man hat zur
Charakteristierung dieser kontinuierlichen Spektren natürlicher und künstlicher Lichtquellen als
Vergleichmaß die sog. “Farbtemperatur” eingeführt, ein so charakterisiertes Spektrum entspricht dem eines erhitzten “idealen Schwarzstrahlers” mit der angegebenen Glühtemperatur.
[Die Wendel einer Glühlampe mit z. B. 3200 K
(Kelvin) Farbtemperatur hat aber nicht wirklich
diese Temperatur, da der Wolframdraht nicht die
Eigenschaften eines schwarzen Strahlers hat.]
3. Optische Sinneswahrnehmung und Fotografie
Der Entstehungsprozess einer Fotografie beinhaltet zwei Aspekte, auf der einen Seite die technische Funktion der Kamera, auf der anderen Seite
die Wahrnehmungsphysiologie des Auges.
Alle Kenntnisse über die Welt erfährt der Mensch
über seine Sinnesorgane. Die Augen haben fünfmal soviel reizempfindliche Rezeptoren wie alle
anderen Sinne zusammen, fünfzigmal mehr Nervenbahnen zum Zentralgehirn und sie liefern
zwölfmal soviel Information wie die Sinne für Gehör, Druck und Berührung, Wärme, Kälte, Geruch
und Geschmack.
Das menschliche Auge kann nur verhältnismäßig
kleine Ausschnitte sehen. Der Blick schweift ständig umher und es braucht ca. 7-10 Sekunden, um
ein einigermaßen komplettes Bild der Umgebung
zu erhalten. Der Entfernungsbereich in dem wir
klar und deutlich sehen, ist im Vergleich zu Kleinbildfotografie sehr gering. Jeder erlebte Augen6
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blick setzt sich in Wirklichkeit aus einer Vielzahl
von Augeneindrücken zusammen. Das Auge vermag sich im raschen Wechsel auf verschiedene
Objektabstände einzustellen und somit im Wahrnehmungsvermögen des Menschen ein in der
Raumtiefe durchgehend scharfes Bild zu konstruieren, so dass sich der Mensch der geringen
Schärfentiefe vom Auge kaum bewusst wird.
Das menschliche Gehirn kann immer nur eine
kleine Anzahl von Sinneseindrücken zugleich verarbeiten. Je komplexer sich die Wirklichkeit darstellt, desto größer wird die Leistung des Gehirns
sich auf wenige Reize zu konzentrieren, diese
von den anderen zu isolieren und bewusst wahrzunehmen. Es braucht viel Erfahrung als Fotograf, sich nur auf das wirklich Sichtbare zu konzentrieren und nicht durch andere Sinneseindrücke, die in der Summe maßgeblich an der
“Stimmung” des Fotografen und der fotografierten Personen mitwirken, beeinflussen zu lassen.
Bei der Betrachtung der Fotos sind diese nicht
mehr vorhanden, das Foto wirkt dann oft nichtssagend und banal.
Wie die Kamera, so muss auch das Auge das
einfallende Licht dosieren. Die Kamera besitzt die
Blende zur Steuerung der Lichtmenge und die
Verschlusszeit zu Steuerung der Zeit in der das
Licht auf die lichtempfindliche Schicht, in dem
Fall der Film, auftreffen kann.
Das menschliche Auge ist weitaus komplizierter
im Aufbau. Die Lichtmenge wird wie bei der Kamera durch eine Blende (Iris) reguliert. Wahrgenommen wird das Licht durch die Zäpfchen (ca.
6,5 Millionen), zuständig für das Farbsehen, und
die viel lichtempfindlicheren Stäbchen (ca. 120
Millionen). Beide können sich in Ihrer Lichtempfindlichkeit, wenn auch langsam, komplett oder
auch partiell den vorhandenen Lichtverhältnissen
anpassen. Ein Film dagegen hat immer dieselbe
Empfindlichkeit, eine Veränderung der Empfindlichkeit ist (noch) immer mit einem Wechsel des
Films (lichtempfindliche Schicht) verbunden. Die
drei Zäpfchentypen können sich zudem jeweils
auf ihren Farb-Bereich quantitativ anpassen. Das
heißt, dass die Empfindlichkeit der drei Zäpfchen
einzeln auf einen Mittelwert eingestellt wird und
somit die Empfindlichkeit für die drei Farbsinnesempfindungen (Rot, Grün und Blau) unterschiedlich und variabel sind. Eine 100 Watt-Glühlampe,
die ein Wellenspektrum mit ca. 2900 K abstrahlt
wird vom Auge dennoch als “farbneutral” empfunden, da sich die Zäpfchen auf die Farbverschiebung (nach rot) eingestellt haben und in diesem
Fall weniger rot- und mehr blauempfindlich werden. Diese Anpassung benötigt eine Zeitspanne
von wenigen Minuten. Maßgeblich daran beteiligt
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ist das Gehirn, welches aufgrund gespeicherter
Erfahrungswerte von Farbe bekannter Gegenstände (z.B. Hautfarbe) eine Anpassung an die
vorhanden Lichtverhältnisse bewirkt.
4. Goethes Farbenlehre
Über einen Zeitraum von mehr als 40 Jahren betrieb Goethe Farbenstudien, schuf eine Farben-
lehre, die er für wichtiger hielt als seine gesamten
poetischen Werke und plante noch an seinem
Todestag Farbversuche mit seiner Schwiegertochter Ottilie. Nachdem sein mehrbändiges
Werk "Zur Farbenlehre" von den Wissenschaftlern abgelehnt wurde, betrachtete er seine weiteren Studien als ein Erbe für künftige Generationen. Von diesen erwartete er ein grundlegendes
Erforschen des Farbensinnes und wünschte sich,
sie würden sich dabei intensiv mit seiner Farbenlehre auseinandersetzen. Als 80-Jähriger drängte
er: "Ich habe mich 40 Jahre lang mit dieser Angelegenheit beschäftigt und zwei Oktavbände mit
größter Sorgfalt geschrieben; da ist es dann auch
wohl billig, dass man diesen einige Zeit und Aufmerksamkeit schenke."
Noch bevor Goethe das erste Mal ein Prisma zur
Hand nahm, um Farben zu studieren, hatte er
eingesehen, "dass man den Farben, als physischen Erscheinungen, erst von der Seite der Natur beikommen müsse".
Unterliegen Farben der Evolution oder sind sie
bereits seit dem Urknall im Spektrum des sichtbaren Lichts enthalten? Wissenschaftler, die sich
mit dieser Frage beschäftigt haben, sind sich seit
langem darüber einig, dass Farben Empfindungen darstellen, die weder im Licht mitgeführt werden, noch im Auge entstehen, sondern erst im visuellen Zentrum des Gehirns gebildet werden.
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Die Art und Vielfalt der Farben unterliegt ebenso
den Gesetzen der Evolution wie der Artenreichtum von Tieren und Pflanzen. Gäbe es einen
Farbsimulator, der uns zeigen könnte, in welchen
Farben die verschiedenen Tierarten ihre Umgebung wahrnehmen, würde niemand mehr daran
zweifeln, dass Farben der Evolution unterliegen,
und wir wären erstaunt darüber, wie arm das Farbensehen der fleisch- und der pflanzenfressenden Säugetiere angelegt ist. Da sie lediglich über
zwei Typen von Farbrezeptoren im Auge verfügen, kennen sie neben den Helligkeitsempfindungen (Weiß - Schwarz?) vermutlich nur zwei uns
unbekannte Farbempfindungen, indem langwellige Lichter die eine und kurzwellige Lichter die andere Farbe erregen. Dagegen besitzen die Altwelt- und viele Neuweltprimaten einen dritten Farbrezeptor, der ihnen eine wesentlich größere Vielfalt unterschiedlicher Farbempfindungen ermöglicht. So verdankt der Mensch seinen Farbenreichtum den Primatenvorfahren. Zwar wird es
vermutlich niemals möglich sein, deren Farbempfindungen zu rekonstruieren, doch gibt es Indizien
dafür, dass unsere heutigen Gelb- und Blauempfindungen aus dem urtümlichen Zweifarbensehen
abgeleitet wurden und die Rot- und Grünempfindungen dem wesentlich jüngeren Farbenpaar
entsprechen, das unseren Vorfahren ein leichteres Unterscheiden reifer und unreifer Früchte ermöglichte. Weiß-Schwarz, Gelb-Blau und RotGrün bilden die drei Empfindungspaare des
menschlichen Farbensinnes, die keineswegs alle
gleichzeitig entstanden sind. Ähnlich wie die Vielfalt der Pflanzen und Tiere im Verlauf vieler Jahrmillionen aus einfachsten Urpflanzen und Urtieren entstanden ist, hat sich auch unser Farbenreichtum aus einem einfachsten Hell-DunkelEmpfinden und einem späteren Zweifarbensehen
gebildet. Mutation, Selektion und alle weiteren bekannten und noch unbekannten Evolutionsgesetze stellen die eigentliche Ursache unserer Farbenvielfalt dar.
Bereits vor mehr als 200 Jahren stellte sich Goethe die Fragen, nach welchen Gesetzen die Natur
alle die verschiedenen Tier- und Pflanzenarten
hervorgebracht hat und ob die Vielfalt der Farben
gemäß ähnlichen Gesetzen gebildet wird. Wie
seine Zeitgenossen glaubte auch Goethe, die
Erde sei erst vor relativ wenigen Jahrtausenden
entstanden. Wenn er davon sprach, dass es eine
Urpflanze oder ein Urtier geben könne, so dachte
er dabei nicht etwa an urtümliche Lebewesen aus
denen im Laufe der Zeit alle übrigen Tiere entstanden sind. Vielmehr hielt er die Urpflanze und
das Urtier für Muster, die die Natur verwende, um
von ihnen alle übrigen Pflanzen und Tiere abzuleiten. Aus der Zeit seiner zweiten italienischen
Reise und den Monaten danach sind uns Aussa© Bayerischer Rundfunk
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gen Goethes erhalten, die seine damaligen wissenschaftlichen Interessen offenbaren. In Venedig studierte er auch Amphibien und Fische und
gelangte zu seiner Hypothese, dass der Schädelknochen aus umgebildeten Wirbelknochen bestehe. Dadurch sei er "in der Erklärung der Tierbildung einen großen Schritt vorwärts gekommen."
In diesen Monaten, in denen sein Denken zutiefst
von der Suche nach den Geheimnissen der Naturbildung durchdrungen war, machte er sich erste Notizen zu einem Artikel über die Entstehung
der blauen Farbe, den er im darauf folgenden
Frühling schrieb. Mit diesem Artikel wandte er
sich erstmals gegen die Farbentheorien Isaac
Newtons (1643-1727) und versuchte zu belegen,
dass das Blau aus dem Schwarz entstehe.
Gemäß Newton sei die Brechbarkeit (Wellenlän-
ge) des sichtbaren Lichts allein entscheidend für
das Farbempfinden. Jeder Brechbarkeit entspreche eine ganz bestimmte Farbe und jeder Farbe
könnten entweder ein Licht oder eine Kombination mehrerer Lichter einer bestimmten Brechbarkeit zugeordnet werden. Alle Farbempfindungen,
die sich nicht mit dieser Hypothese in Einklang
bringen ließen - farbige Nachbilder, Kontrastfarben oder die Farben blendend heller Lichter - galten den Anhängern Newtons als Augentäuschungen. Solche, von Physikern als Täuschung bezeichneten Phänomene waren von Leonardo da
Vinci noch höchst respektvoll beschrieben worden. Darüber hinaus hatte er in der Tradition antiker Farbentheorien versucht, die Vielfalt der Farben von einigen wenigen Urfarben abzuleiten.
Dies entsprach dem Naturforscher Goethe, dem
Kontrastfarben besonders häufig erschienen und
der bemüht war, die Vielfalt der Pflanzen- und
Tierformen auf einfachere Urformen zurückzuführen. Für Goethe verkörperte Newton den Hauptschuldigen, der die Frage der Entwicklung aus
den Farbenlehren verbannt hatte. Newtons Lehre
gehe fälschlicherweise von unendlich vielen uranfänglichen Farben aus, die "für alle Ewigkeit fertig
und unveränderlich" seien, schrieb Goethe in
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späteren Jahren, und nannte dies den entscheidenden Irrtum Newtons, den er all die Jahre angefochten habe. "Man freute sich, die Urfarben
aus dem Licht hervorgelockt zu haben; es sollten
ihrer unzählige sein", klagte er und versuchte, die
Entwicklungsgesetze der Pflanzen- und Tierwelt
auf die Farben zu übertragen: "Sie (die Farbenlehre) soll, da sie bisher in dem weiten Umfange
der Naturlehre isoliert und in sich selbst verschlossen gestanden als Glied der großen Kette
von Wirkungen aufgenommen werden."
Im Gegensatz zur heutigen Erkenntnis, dass sich
die Vielfalt der menschlichen Farben im Laufe
vieler Jahrmillionen aus einem ursprünglichen
Zweifarbensehen gebildet hat, glaubte Goethe,
die Farben entstünden jederzeit und augenblicklich aus den Polaritäten Hell-Dunkel und GelbBlau. Auch bei seinen Studien über Pflanzen und
Tiere war es Goethe nicht gelungen, langjährige
Entwicklungen im Sinne der heutigen Evolutionstheorie zu erkennen.
Weshalb hielt Goethe bereits 1791 Gelb und Blau
für die beiden "ersten und einfachsten" Farben?
Schon von Geburt an besaß Goethe eine eigentümliche visuelle Veranlagung, die ihn dazu bewog, sich als "Augenmensch" zu bezeichnen. Bilder und Szenen, die ihn besonders tief beeindruckt haben, konnten ihm Stunden, Tage oder
sogar Jahre später als farbige Halluzinationen erscheinen. In diesen sog. eidetischen (von griech.
eidos: Bild) Bildern erscheinen häufig die Farben
Gelb und Blau stärker als Rot und Grün. Darüber
hinaus war Goethe relativ blendungsempfindlich
und besonders empfänglich für Kontrastfarben (z.
B. für Nachbilder oder farbige Schatten). Zu seiner Hypothese, Gelb und Blau bilden die "ersten
und einfachsten" Farben, gelangte Goethe aufgrund verschiedener Beobachtungen. Als er bei
Tageslicht das Prisma vor die Augen hielt und damit seine Umgebung beobachtete, bemerkte er,
dass an der Grenze von weißen und schwarzen
Flächen Gelb und Blau erschienen, die ohne Prisma nicht erkennbar waren. Dies deutete Goethe
als den wichtigsten Beweis für die Hypothese,
dass Farben polare Phänomene darstellen. Zudem glaubte er, die Polarität der Farben anhand
farbiger Nachbilder, farbiger Schatten (Kontrastfarben) und chemischer Farbversuche belegen
zu können. Da die Anhänger der Newtonschen
Lehre Kontrastfarben und Farben blendend heller
Lichter als Augentäuschungen betrachteten und
viele von ihnen glaubten, Personen, die zu Halluzinationen neigten, seien geisteskrank und untauglich für die Naturforschung, verschwieg Goethe seine visuelle Veranlagung und seine Bemühungen, die Entwicklungsgesetze von Pflanzen
und Tieren auch bei den Farben nachzuweisen,
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und suchte vorwiegend nach physikalischen Argumenten für seine Theorie der Urpolarität. Erst
als 70-Jähriger begann er, Details seiner eigentümlichen visuellen Erscheinungen zu beschreiben, nachdem der Physiologe Purkinje und der
Psychiater Heinroth eine solche Veranlagung als
ebenso gesund bezeichnet hatten wie die dazu
entgegengesetzte Neigung zum abstrakten Denken. So wurde erst spät ein wichtiges Motiv für
Goethes Interesse an Farben bekannt.
Vielen Freunden Goethes erschien er wie verwandelt als er nach seiner zweiten italienischen
Reise mit intensiven physikalisch-optischen Farbenstudien begann und gegen die vorherrschende Farbenlehre Newtons anzukämpfen begann.
Nur Schiller und wenige andere erkannten, dass
Goethe dabei noch immer die Entwicklungsgesetze der Natur zu ergründen suchte. In den kommenden Jahren schrieb Goethe seine "Beiträge
zur Optik", in denen er das Prisma in den Mittelpunkt rückte. Seine Theorie lautete vereinfacht
ausgedrückt: Das "höchstenergische" blendende
Licht der Sonne erscheine immer weiß, selbst
wenn es durch farbige Gläser oder durch farbiges
Pergamentpapier in hoher Intensität ans Auge
dringt. Erst durch Mäßigung des Lichts könnten
Farben entstehen, das Gelb aus dem Weiß, das
Blau aus dem Schwarz. Durch weitere Mäßigung
des Lichts entstünden das Gelbrot aus Gelb und
das Blaurot aus Blau. Grün sei eine Mischfarbe
bestehend aus Gelb und Blau, das reine Rot entweder eine Mischung aus Gelbrot und Blaurot
oder das Ergebnis einer weiteren "Steigerung"
von Gelb oder Blau ins Rote. Die beiden wichtigsten Aspekte dieser Theorie bestanden aus der
Polarität der Farben und aus der Ableitung der
Farbenvielfalt aus einer einfachen Urpolarität.
Einen wichtigen Aspekt, den Goethes Kritiker bis
heute nicht berücksichtigt haben, stellt der sog.
Bezold-Brücke-Effekt dar, der im Widerspruch zu
Newtons Farbenlehre steht. Er besagt, dass das
Licht einer bestimmten Wellenlänge in unterschiedlichen Farben erscheint, wenn die Intensität des Lichts stark zu- oder abnimmt. Alle extrem
blendenden Lichter, kurzwellige wie auch langwellige, erscheinen weiß, bei etwas geringeren
Intensitäten erscheinen langwellige Lichter weiß
mit Gelbstich und kurzwellige weiß mit Blaustich.
Als Goethe durch farbige Gläser und durch verschiedenfarbiges Pergamentpapier zur Sonne
blickte, fiel ihm auf, dass die Sonne immer weiß
erschien, trotz der farbigen Gläser, die er vor Augen hielt - er war dem Bezold-Brücke-Effekt begegnet. Daher beruht die Aussage Goethes, Farben entstünden erst durch Mäßigung des Lichts,
auf einer teilweise korrekten Annahme. Bevor jedoch der Einfluss des Bezold-Brücke-Effekts auf
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die Farbenlehre Goethes abschließend beurteilt
werden kann, sind wissenschaftliche Experimente nötig, die die Frage beantworten, ob blendungsempfindliche Eidetiker (wie Goethe) den
Bezold-Brücke-Effekt stärker empfinden als abstrakt veranlagte blendungsunempfindliche Personen.
Nach dem Vorbild des Newtonschen Berichts
über dessen erste Farbstudien stellte auch Goethe physikalische Überlegungen und Prismaversuche in den Mittelpunkt seiner Schilderung.
Goethe erwähnte weder seine eidetische Veranlagung noch sein Studium der Farbenlehre Leonardo da Vincis, weder seine Gespräche mit Herder noch seine Bemühungen, alle vielfältigen Naturphänomene auf einfache, wenn möglich polare
Urphänomene zurückzuführen. Goethe gab sich
in seiner "Konfession" als Physiker aus, um von
diesen ernst genommen zu werden. Er berichtete, er habe sich Prismen von Hofrat Büttner entliehen, die dieser nach etlichen Monaten wieder
zurückforderte. Angeblich stand bereits ein Bote
Büttners in der Türe, um die Prismen abzuholen,
als Goethe noch schnell die entliehene Kiste öffnete, um wenigstens einmal durch ein Prisma zu
blicken. Dabei soll er einen physikalischen Irrtum
Newtons erkannt haben und damit zum Gegner
der vorherrschenden Farbenlehre geworden sein.
Diese Schilderung wird bisher als völlig glaubwürdig erachtet und animierte beispielsweise den
Psychoanalytiker Kurt R. Eissler zu folgenden
vielbeachteten Deutungen: "In diesem Augenblick
der Hast, als er das Prisma seinem Besitzer zurückgeben musste, erinnerte er sich des vagen
Eindrucks aus seiner frühesten Jugend. Deshalb
schaute er durch das Prisma. Die folgende Wahrnehmung bestätigte den Inhalt der Kindheitserinnerung nicht. In diesem Augenblick ergriff ihn das
primäre Wahnerlebnis. ... In diesem Augenblick
wurde er zu der Vorstellung gedrängt, dass eine
Vaterfigur Newton gänzlich unrecht habe und
bösartig sei, und weiterhin kam ihm blitzartig die
Grundlage einer neuen Theorie in den Sinn, die
die Existenz einer ärgerlichen, von einer Vaterfigur
behaupteten
Erscheinung
widerlegen
würde. ... Von diesem Augenblick an konnten
kein Argument, kein Versuch, keine Überredung
und kein Einwand gegen seine Theorien Goethe
von seiner Überzeugung abbringen, die mit meteorhafter Plötzlichkeit am Horizont aufgetaucht
war, niemals mehr den Griff lockern, der seinen
Geist umklammerte."
Während die Irrtümer Goethes bereits analysiert
wurden und im Bereich seiner physikalisch-optischen Studien Stoff genug für ein ganzes Buch
bieten, können die Leistungen Goethes noch immer nicht abschließend behandelt werden. Fest
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steht jedoch, dass Goethe viel mehr wert auf eine
Beachtung seiner Farbenlehre legte als auf Festreden oder Monumente zu Ehren seiner Person.
5. Farbempfindung und Farbpsychologie
Farben können die verschiedensten Reaktionen
und Assoziationen im Menschen auslösen. Dabei
sind die gemachten psychologischen Empfindungen nicht nur abhängig von den individuellen Erfahrungen, sondern auch durch jahrhundertealte
(vererbte) Überlieferungen bestimmt.
Grobe Klassifizierungen ordnen die Farbe Rot zu
den warmen Farben, während blaue Farbtöne
eher den kalten Farben zugeordnet werden. Diese Einteilungen haben ihre Ursache in den mit
den Farben verbundenen Assoziationen. Die Farbe Rot steht unter anderem für Feuer und Glut
und somit auch für Wärme. Blaue Farben führen
zu Assoziationen wie Eis und Schnee. Also zu Erscheinungen, die für Kälte stehen. Diese WarmKalt-Empfindungen können zum Teil allerdings
sehr subjektiv sein. Sie hängen nicht nur vom
Kontext des Bildes ab, sondern auch von der Tagesstimmung des Betrachters.
Auf den Betrachter wirken Bildelemente, die in
hellen Farben gemalt wurden, leichter als Elemente, die überwiegend dunkel gehalten sind.
Dunkle Farben werden von Betrachter im allgemeinen als schwer empfunden. Eine Tatsache,
die übrigens auch bei der Gestaltung von Produkten berücksichtigt wird.
Durch den gezielten Einsatz von Farbe kann der
Bildautor den Blick des Betrachters beeinflussen.
Ein Bildteil, der in hellen oder hochgesättigten
Farben gemalt wurde, wird beispielsweise länger
betrachtet als ein Bildelement in sehr dunklen
oder nur sehr schwach gesättigten Farben. Signalfarben, z.B. leuchtendes Rot, lenken ebenfalls den Blick des Betrachters wie auch Helligkeitsunterschiede. Von den meisten Menschen
werden Objekte in hellen Farben zuerst betrachtet und erscheinen deshalb bildwichtiger.
Eine Vielzahl von Farben können beim Betrachter
gewisse Stimmungen und Gefühle erzeugen. Inwieweit allerdings eine tatsächliche Verbindung
zwischen der Farbe und dem ihr zugeschriebenen Farbcharakter besteht, gemessen an den
Auswirkungen auf die Psyche des Betrachters, ist
sehr schwer festzustellen. Blau gilt z.B. als beruhigend, und man glaubte die Genesung von kranken Menschen durch blaue Räume beschleunigen zu können, was letztendlich zu keinem Erfolg
führte.
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Die Empfindungen sind zu diffus als das man
eine feststehende Zuordnung machen sollte. Die
folgende Einteilung sollte daher auch keinesfalls
als Definition verstanden werden. Sie will nur gewisse Grundtendenzen zu jeder Farbe festhalten,
die bei der Erstellung von Grafiken berücksichtigt
werden sollten. Übliche Zuordnungen von Gefühlen und Stimmungen in der traditionellen Farbsymbolik sind:
• Gelb: Reife, Wärme, Optimismus, Vorwärtsstreben, Heiterkeit, Freundlichkeit, Veränderung, extrovertiert
• Rot: Aktivität, Dynamik, Gefahr, Temperament,
Zorn, Wärme, Leidenschaft, Eroberungswille,
Tatendrang, exzentrisch
• Orange: Freude, Lebhaftigkeit, Spaß, Lebensbejahung, Ausgelassenheit, fanatisch, aktiv
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• Blau: Harmonie, Zufriedenheit, Ruhe, Passivität, Unendlichkeit, Sauberkeit, Hoffnung
• Grün: Durchsetzungsvermögen, Frische, Beharrlichkeit, Entspannung, Ruhe, lebensfroh,
naturverbunden
• Violett: Selbstbezogenheit, Eitelkeit, Einsamkeit, Genügsamkeit, introvertiert, statisch
• Braun: Sinnlichkeit: Bequemlichkeit, Anpassung, Schwere, zurückgezogen
• Weiß: Reinheit, Sauberkeit, Ordnung, Leichtigkeit, Vollkommenheit, illusionär
• Schwarz: Negation, Auflehnung, Undurchdringlichkeit, Trauer, Einengung, Abgeschlossenheit, Funktionalität, pessimistisch, schwer
• Grau: Neutralität, Trostlosigkeit, Nüchternheit,
Elend, Nachdenklichkeit, Sachlichkeit, Funktionalität, Schlichtheit, unbeteiligt
Didaktische Hinweise
Die Sendung ist für den fächerübergreifenden Unterricht in Physik/Chemie/Biologie der bayerischen
Mittelschulen bestimmt.
Lehrplanbezüge (Mittelschule Bayern)
6. Jgst.
PCB
6.3.2 Das menschliche Auge
- Bedeutung des Sehens für den Menschen
- Aufbau des Auges; natürlicher und künstlicher Schutz; Gefährdungen
- Entstehung eines Bildes auf der Netzhaut; Versuche zur Brechung des Lichts
- Linsen und ihre Anwendungen in der Technik, z. B. bei Brille, Fotoapparat, Lupe
6.3.3 Farben
- Farben im Alltag des Schülers, z. B. Lieblingsfarben, Farben in der Mode
- Zerlegen des weißen Lichts in mehrere Farben
- Absorption und Reflexion des Lichts durch Farbstoffe
- Farben als Informationsträger: Signalfarben im Straßenverkehr, Farben als Indikatoren, Farben in der
Natur, natürliche Farbstoffe
Lernziele
Die Schülerinnen und Schüler sollen
• Gefährdungen des menschlichen Auges und geeignete Schutzmaßnahmen kennen lernen,
• Aufbau und Funktion des menschlichen Auges kennen lernen,
• Einblick in die Korrektur von Sehfehlern durch optische Hilfsmittel erhalten,
• die Entstehung eines reellen Bildes durch die Projektion mit einer Sammellinse verstehen,
• den Aufbau der Netzhaut und die Funktion der einzelnen Rezeptorarten kennen lernen,
• einsehen, dass der Farbeindruck von weiß und anderen Mischfarben durch gleichzeitige Wahrnehmung verschiedener Spektralfarben entsteht,
• den Unterschied von additiver und subtraktiver Farbmischung verstehen,
• Einblick in die Farbpsychologie und ihre praktische Anwendung erhalten.
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Anregungen zur Unterrichtsgestaltung
Die Sendung liefert anschauliche Beispiele zum Thema aus der alltäglichen Praxis. Die gezeigten Versuche dienen zur Erläuterung der gezeigten physikalischen Erscheinungen und biologischen Vorgänge. Sie können und sollen aber die unmittelbare Anschauung durch Lehrer- oder Schülerversuche im
Unterricht nicht ersetzen.
Die Sendung sollte abschnittsweise eingesetzt werden, wobei ihre klare Struktur bei der Aufteilung hilft.
• Teil 1, Aufbau und Funktion des menschliches Auges
Linse, Iris, Glaskörper, Netzhaut; Vergleich mit einer Videokamera
• Teil 2, Farbensehen
Zerlegung und Zusammensetzen von Mischfarben; die Farbrezeptoren in der Netzhaut; additive und
subtraktive Farbmischung
• Teil 3, Farbempfindung
Signalfarben, Erzeugung von Stimmungen durch Farbe, Anwendungen in Mode, Werbung, Produktdesign
Vorschläge für Lehrer- und Schülerversuche
• Auge und Fotoapparat
• Versuche zur Akkommodation und zur Wirkung von Korrekturlinsen bzw. Brillen, optische Wirkungen der Iris bzw. der Blende beim Fotoapparat
• Die Rezeptoren auf der Netzhaut
• Weitere Versuche zur Farbmischung
• Stückliste für die Versuchsschaltung “Lichtrezeptoren
1. Auge und Fotoapparat
Ein Modell des menschlichen Auges wird wohl in den meisten Lehrsammlungen vorhanden sein, es ist
wesentlich anschaulicher als die Abbildungen im Lehrbuch. Eine sehr gute Darstellung der Funktion
des menschlichen Auges, von Augenfehlern und ihrer Korrektur bietet die Homepage der Augenarztpraxis Dr. Rainer Fontana.
Der Vergleich des Auges mit einem modernen Fotoapparat ist problematisch, er könnte nur dazu taugen, zu zeigen, dass die wesentlichen Bauteile Objektiv, Blende (muss manuell betätigt werden können) und Rückwand auch hier vorhanden sind.
Gut geeignet für einen anschaulichen Vergleich ist eine Plattenkamera (Format mindestens 6 x 9, je
größer, desto besser) mit Mattscheibe. (Vielleicht ist solch ein Apparat noch in einem Schülerhaushalt
vorhanden.) Hier kann man auch kurz erklären, dass die Registrierung und Speicherung der verschiedenen Helligkeitswerte in winzigen Kristallen auf der Fotoplatte bzw. dem Film geschieht - im Auge geschieht das ja in der Netzhaut bzw. im Gehirn.
Wenn kein geeigneter Fotoapparat zur Verfügung steht, kann eine Anordnung aus Sammellinse und
Bildschirm den gleichen Zweck erfüllen. Ein offener Aufbau liefert allerdings wegen des stets vorhandenen Streulichts einen schlechten Kontrast des projizierten Bildes. Hier hilft ein (innen geschwärzter)
Schuhkarton (bzw. zwei Kartons, die so ineinandergesteckt werden, so dass der Abstand zwischen
Vorder- und Rückseite eingestellt werden kann. In die Vorderseite wird ein Loch geschnitten, vor das
man eine Sammellinse mit 4 Dioptrien (f = 25 cm) und Irisblende montiert. Ist in der Physik-Sammlung
keine derartige Linse vorhanden, so kann man eine der billigen Lesebrillen aus dem Supermarkt
“schlachten” oder - besser - man erwirbt eine Vorsatzlinse Nr. 4 mit etwa 4 cm Durchmesser im Fotofachhandel (ca. 30 DM). Fotoobjektive sind nicht geeignet, da ihre Brennweite zu kurz ist. Die fehlende
Irisblende ersetzt man durch schwarze Kartonstücke mit verschieden großen runden Löchern (1, 2, 3
cm Durchmesser), die man provisorisch (z. B. mit Klebstreifen) vor dem Objektiv befestigt. Auf der
Rückseite des Gehäuses wird ein etwa 10 x 15 cm großes Rechteck ausgeschnitten, in das als Mattscheibe Transparentpapier oder (besser) eine Mattscheibe geklebt wird. Im Grafikfachhandel gibt es
für diesen Zweck auch einseitig mattierte Kunststofffolien.
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2. Versuche zur Akkommodation und zur Wirkung von Korrekturlinsen bzw. Brillen
Der Abstand zwischen Objektiv und Schirm wird so eingestellt, dass weit entfernte Gegenstände (z. B.
Fenster) scharf abgebildet werden. Bringt man einen hellen Gegenstand (z. B. eine Kerzenflamme)
etwa 30 cm vor das Objektiv, so wird er unscharf abgebildet (Erklärung mit den Mitteln der Strahlenoptik, s. Abbildung). Bringt man nun eine weitere Sammellinse (3 - 4 dpt) vor das Objektiv, so wird die
Kerze scharf abgebildet, der Hintergrund wird unscharf. (Prinzip der Akkommodation, im Auge wird allerdings die Brechkraft der elastischen Linse durch Verformung mit einem Ringmuskel vergrößert.) Der
Versuch kann auch zur Erklärung der Funktion einer Lesebrille dienen. Man entfernt nun die Vorsatzlinse wieder und auch die Kerze, die Fenster im Hintergrund bleiben unscharf (Modell der Kurzsichtigkeit, der Augapfel ist zu lang, so dass das scharfe Bild schon vor der Netzhaut entsteht.) Hält man jetzt
eine Zerstreuungslinse (z. B. eigene Brille oder die eines Schülers mit -3 ... -4 dpt) vor das Objektiv,
wird das Bild wieder scharf.
Optische Wirkungen der Iris bzw. der Blende beim Fotoapparat
Nun bringt man die Kerze wieder an ihren alten Platz und eine zweite in etwa 1 m Entfernung. Die Kamera wird so eingestellt, dass die 1 m entfernte Kerzenflamme scharf abgebildet wird. Blendet man
nun die Irisblende ab (bzw. setzt das Kartonstückchen mit 1 cm-Loch vor die Linse) , so wird nicht nur
das Bild dunkler, sondern Vorder- und Hintergrund erscheinen “schärfer”, d. h. die “Schärfentiefe” der
Abbildung nimmt zu. Die Schärfenebene ist zwar gleich geblieben, aber die sog. Zerstreuungskreise
(Unscharf projizierte Punkte auf der Mattscheibe) sind kleiner geworden und somit die Abbildung
“schärfer”.)
Mit dem Auge lassen sich die Versuche mit Schärfeebenen praktisch nicht durchführen, da sich das
Auge immer automatisch auf den anvisierten Gegenstand akkommodiert. Zur Schärfentiefe ist aber
eine einfacher Versuch möglich: Man nähert sich (als Normalsichtiger) einem bedruckten Blatt Papier,
bis man es nicht mehr lesen kann. Bringt man nun ein Stückchen Karton mit einem kleinen (1 - 2 mm)
Loch vor das Auge, so wird der Text so scharf abgebildet, dass man ihn wieder lesen kann. Kurzsichtige Schüler können so auch ohne Brille weit entfernte Gegenstände erkennen.
3. Die Rezeptoren auf der Netzhaut
Zur Mustererkennung und Farbwahrnehmung des menschlichen Auges lassen sich mit einfachen Mitteln eindrucksvolle Modellversuche durchführen. Freilich muss gegenüber den Schülern betont werden, dass die Wahrnehmung im Auge zwar auch durch Wandlung des Lichts in elektrische Signale erfolgt, dass aber die Sinneszellen weitaus kleiner und zahlreicher sind als die Modellsensoren (Fotowiderstände) und der Aufbau insgesamt wesentlich komplizierter.
Mit drei der nachfolgend beschriebenen Schaltungen (sie lässt sich für je ca. 10 Euro aufbauen) können Versuche sowohl zur Mustererkennung als auch zur Farbwahrnehmung durchgeführt werden. Die
Bauteile sind so klein und leicht, dass sie - abgesehen vom Messinstrument, das am besten mit einer
längeren Leitung mit der übrigen Schaltung verbunden wird - direkt an der Batterie verlötet werden
können. (S. Stückliste)
1. Versuchsreihe “Mustererkennung”
Nach einer kurzen Erklärung der Schaltung werden über die Fotowiderstände kleine Röllchen aus
schwarzem Karton von 5 mm Durchmesser und 1 cm Länge gesteckt, damit möglichst wenig Umgebungslicht auf die Fotowiderstände fällt. Die 3 Sensoren werden in einer Reihe aufgestellt und mit einer flächigen Lichtquelle, z. B. einer Schreibtischlampe, beleuchtet. Mit den Trimmpotentiometern (kleiner Schraubendreher nötig) werden die Instrumente auf Vollausschlag eingestellt.
a) Die Fotowiderstände werden zunächst der Reihe nach mit einem Pappestückchen abgedeckt, wobei der Zeigerausschlag deutlich zurückgeht. Dazu kurze Erklärung: Bei Dunkelheit steigt der Wert des
Fotowiderstands und damit sinkt die Stromstärke durch das Messinstrument.
Die Schaltungen werden nun mit einem Pappeschirm (s. u.) abgedeckt, so dass die Schüler nur die Instrumente sehen können. Der Versuch wird wiederholt und die Schüler sollen angeben, welcher Sensor abgedeckt ist (A, B oder C).
Ergebnis: Mit einem Sensor kann nur Hell-Dunkel unterschieden werden, mit zwei Sensoren oder
mehr schon der Ort eines hellen oder dunklen Lichtflecks.
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b) Statt der kleinen Pappestücke benutzt man nun einen Pappestreifen, mit dem zwei Sensoren (z. B.
A und B) gleichzeitig abgedeckt werden können. Es werden also zwei Instrumente einen kleinen Ausschlag zeigen, das dritte Vollausschlag. Die Schüler werden aufgefordert, diese Anzeige zu deuten.
Dann verschiebt man den Streifen so, dass B und C abgedeckt werden und lässt das Messergebnis
wieder deuten. Schließlich deckt man mit einem längeren Streifen alle drei Sensoren ab und lässt das
Ergebnis erneut deuten. Ergebnis: Mit räumlich verteilten Sensoren können Muster nach Lage und Art
unterschieden werden.
2. Versuchsreihe “Farbwahrnehmung”
Auf die Fotowiderstände werden schwarze Kartonröllchen (s. o.) gesteckt, auf deren Öffnung jeweils
ein Stückchen Farbfolie (Bürofachhandel) geklebt ist. Ein Sensor wird mit blauer Folie abgedeckt, einer
mit roter und einer mit grüner. Die Sensoren werden wieder gleichmäßig beleuchtet und die Trimmpotentiometer so justiert, dass alle Instrumente den gleichen Ausschlag zeigen. Nun wird die Lampe jeweils mit einer roten, einer blauen und einer grünen DIN A4-Folie abgedeckt, so dass nur farbiges
Licht die Sensoren erreicht. Die Messinstrumente (entsprechend farbig kennzeichnen) zeigen nun verschieden starke Ausschläge, die von der Lichtfarbe abhängen. Ergebnis: Mit farbempfindlichen Sensoren lassen sich verschiedene Farben unterscheiden.
Verwendet man eine weitere, andersfarbige Folie, so wird man auf den 3 Instrumenten unterschiedliche Ausschläge ablesen, die ein Maß für Helligkeit und Farbton sind.
Man verwendet nun beispielsweise eine rosafarbene Folie und notiert die Ausschläge. Dann beleuchtet
man den Blau-Sensor mit einer Taschenlampe mit vorgesetzter Blau-Folie und den Rot-Sensor mit einer Taschenlampe mit vorgesetzter Rot-Folie. Der Abstand wird zwischen Lampe und Sensor wird (mit
Schülerhilfe) so eingestellt, dass die Meßinstrumente die gleichen Werte anzeigen wie bei der rosafarbenen Folie. Ergebnis: Die Wahrnehmung einzelner Farben können auch durch Wahrnehmung zweier (oder mehr) Farben vorgetäuscht werden.
4. Weitere Versuche zur Farbmischung
Diese sog. additive Farbmischung kann auch auf einem weißen Schirm mit zwei oder drei verschiedenfarbigen Lichtkegeln (Taschenlampen mit vorgesetzten Farbfolien) gezeigt werden, wobei man
wahrscheinlich - je nach Farbfiltern - kein echtes Weiß zustande bringt.
Betrachtet man mit einer starken Lupe den Bildschirm eines Farbfernsehgeräts (Standbild! z. B. vom
Videorecorder), so erkennt man, dass die Mischfarbe Weiß aus gleichen Teilen Rot, Grün und Blau
zusammengesetzt ist, andere Farben bestehen entsprechend aus unterschiedlichen Anteilen dieser 3
“Grundfarben”. Hier wird also die additive Farbmischung eingesetzt.
Mit den Farbfolien (s. o.) lässt sich die subtraktive Farbmischung zeigen. Die Folien wirken als Filter:
Hält man eine Folie vor eine weiße Farbfläche, so nimmt die Helligkeit ab, da ja Licht von der Folie verschluckt wird. Legt man eine zweite, andersfarbige Folie auf die erste, so wird man eine noch dunklere
Mischfarbe erhalten und mit einer dritten wieder andersfarbigen Folie erhält man nahezu schwarz.
Ergebnis: jede Folie nimmt einen bestimmten Farbanteil weg, bis schließlich (fast) nichts mehr übrigbleibt. Ein ähnliches Ergebnis erhält man auch, wenn man drei entsprechende Farben eines Deckfarbkastens auf weißem Papier übereinanderstreicht.
Die subtraktive Farbmischung mit hintereinander angeordneten Farbschichten wird nicht nur in der Malerei, sondern z. B. auch beim Farbfilm angewendet.
5. Stückliste zum Aufbau der Sensorschaltungen (Die Bauteile werden dreimal benötigt.)
1 Aussteuer-Anzeige 500 mA/650 Ohm, oder besser, weil etwas größer,
1 Drehspulinstrument 1 mA, 200 Ohm
1 Metallschicht-Widerstand 470 Ohm 1 Fotowiderstand Heimann A 9060
1 Cermet-Präzisions-Trimmpotentiometer 1 kOhm
1 Flachbatterie 4,5 Volt
Falls noch nicht vorhanden, brauchen Sie weiter:
1 Schaltdraht-Sortiment
1 Lötkolben PO 40, 230V/40 W
1 Rolle Lötdraht, bleifrei, 1,5 mm Durchmesser
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Die Messinstrumente sollten mindestens 50 cm weit von den zugehörigen Sensoren aufgestellt werden
können, damit man auch “Blindversuche” durchführen kann. Schließlich benötigt man noch eine
Trennwand aus Pappe oder Sperrholz mit geeigneter Halterung (Stativmaterial aus der Sammlung),
mit der man zwar die Messinstrumente noch für die Schülerbeobachtung sichtbar lässt, die Sensoren
und die Lampe aber abdeckt.
Arbeitsblätter
Arbeitsblatt 1: Die wichtigsten Teile des menschlichen Auges!
Arbeitsblatt 2: Querschnitt durch die Netzhaut!
Links
http://www.dr-fontana.de/serauge.htm
Der Aufbau des Auges
http://www.auge-online.de/Wissenswertes/wissenswertes.html
Bestandteile des Auges und ihre Funktion
http://www.farbe.com/farben04.htm
Farbe.com - Hauptseite
http://www.seilnacht.tuttlingen.com/Lexikon/Farbe.htm
Informationen zur Farbwahrnehmung, zum Aufbau des Auges und zum Sehvorgang, Lexikon der Farbe
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