Cannabiskonsum ein schadenstiftendes Verhalten Prof. Dr. R. Erkwoh 12.05.2017 Cannabis Tetrahydrocannabinol • pflanzliches Produkt mit einer Vielzahl an Namen: • „Gras/Marihuana“: getrocknete Blüten der weiblichen Hanfpflanze • „Haschisch“: gesammeltes und meist gepresstes "Harz" der Hanfpflanze. Es kann nicht nur aus den Blüten, sondern auch aus mit Harzen besetzten Blättern gewonnen werden. • Auch „Weed, Pot, Herbs, Gras, Joint, Tüte, Mary Jane, Dagga, Dope, Bhang, Skunk, Boom, Gangster, Kif oder Ganja“ • Wirkung über CB1- (Kleinhirn, Basalganglien, Hippocamus) und CB2-Rezeptoren (Immunsystem) = Endocannabinoidsystem • Liganden für diese Rezeptoren verhalten sich wie Neurotransmitter: Anandamid • Wirkungsstärke des handelsüblichen Cannabis = Gehalt an Δ9-THC • 1% bis ca. 15% für typische Cannabispflanzen • 10% bis 20% für Haschisch (steigend) die Cannabis-Pflanze die weiblichen Pflanzen produzieren wesentlich mehr THC, CBN (Cannabinol) und CBD (Cannabidiol) als männliche. Nur die weiblichen Pflanzen können blühen. Knoten mit Haaren weiblich Ende der Blütezeit männlich: nur Knoten Konsumarten • Pfeifen, Wasserpfeifen (Bongs oder Shishas) • Zigaretten (Joints oder Tüten) • ausgehöhlte Zigarren (Blunts) • Beimischung im Essen oder in Keksen • Verdampfen des Pflanzenmaterials, Freiwerden der psychoaktiven Cannabinoide zum Inhalieren: schneller Wirkungseintritt Störung durch Cannabiskonsum I (DSM-V) („Mißbrauch“ und „Abhängigkeit“ zusammen) • ein problematisches Konsummuster führt in klinisch bedeutsamer Weise zu Beeinträchtigungen oder Leiden, wobei mindestens zwei der folgenden Kriterien innerhalb eines Zeitraumes von 12 Monaten vorliegen: • Cannabis wird häufig in größeren Mengen oder länger als beabsichtigt konsumiert • Anhaltender Wunsch oder erfolglose Versuche, den Cannabiskonsum zu verringern oder zu kontrollieren. • Hoher Zeitaufwand für Beschaffung, Konsum oder Erholung. • Craving oder ein starkes Verlangen nach Konsum. • Wiederholter Konsum, der zu einem Versagen bei der Erfüllung wichtiger Verpflichtungen bei der Arbeit, in der Schule oder zu Hause führt (auch bei nicht täglichem Konsum). • fortgesetzter Konsum trotz ständiger oder wiederholter sozialer oder zwischenmenschlicher Probleme, die durch die Wirkung verursacht oder verstärkt werden. Störung durch Cannabiskonsum II • Wichtige soziale, berufliche oder Freizeitaktivitäten werden aufgrund der eingeschränkten kognitiven Leistungsfähigkeit aufgegeben oder eingeschränkt • Wiederholter Konsum in Situationen, in denen der Konsum zu einer körperlichen Gefährdung führt: Autofahren, bestimmte Sportarten, Führen von Maschinen • Fortgesetzter Konsum trotz Kenntnis eines anhaltenden oder wiederholten körperlichen (chronischer Husten) oder psychischen Problems (Sedierung), das wahrscheinlich durch Cannabis verursacht wurde oder verstärkt wird: Konflikte mit Partnern, Eltern, Konsum im Beisein von Kindern. • Toleranzentwicklung, definiert durch eines der folgenden Kriterien: • Verlangen nach ausgeprägter Dosissteigerung, um einen Intoxikationszustand oder einen erwünschten Effekt herbeizuführen • Deutlich verminderte Wirkung bei fortgesetztem Konsum derselben Menge • Rückbildung der Toleranz nach längerer Konsumkarenz • Entzugssymptome, die sich durch eines der folgenden Kriterien äußern: • Charakteristisches Entzugssyndrom (Kriterien folgen) • Cannabis (oder eine sehr ähnliche Substanz) wird konsumiert, um Entzugssymptome zu lindern oder zu vermeiden Nebenmerkmale Cannabiskonsum subjektives Motiv: Besserung von objektiv analysiert: Verschlimmerung von Stimmung Schlaf Schmerz weitere körperliche und psychische Probleme Produktion weiterer Motive: Euphorie erleben Probleme vergessen Reaktion auf Ärger angenehme soziale Aktivität („Chillen“) Entwicklungen • Cannabis, Alkohol und Tabak „ausprobieren“ – Cannabis wird für weniger schädlich gehalten, zeigt weniger schwerwiegende Konsequenzen (vgl. Alkoholintoxikation) – häufigerer Konsum und in mehreren Situationen • Übermäßiger Konsum mit Gleichaltrigen – Teil anderer delinquenter Verhaltensweisen: Konflikte mit anderen Gleichaltrigen, die den Konsum mißbilligen, mit Schulleitung, mit Familie • Jugendliche: Veränderungen der Stimmungsstabilität, des Aktivitätsniveaus, der Eßgewohnheiten • Erwachsene: verfestigtes Muster täglichen Konsums. Häufiger werdend (Kohorteneffekt der hohen Prävalenzen der 1960er und 1970er Jahre • Früher Beginn (<15 Jahre) = robuster Prädiktor für die Entwicklung einer Konsumstörung Remission? • „Teilremission“: • Es müssen die Kriterien der Cannabiskonsumstörung vollständig erfüllt sein • dann für eine Zeit – mindestens 3 Monate, weniger als 12 Monate –keines der Kriterien mehr vorhanden – außer Craving • „Anhaltende Remission“: • zu keinem Zeitpunkt der letzten 12 Monate (oder länger) ist irgendein Kriterium erfüllt – außer Craving • Remission „in geschützter Umgebung“ • streng überwachte, substanzfreie Gefängnisse, therapeutische Gemeinschaften, geschlossene Klinikbereiche Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) epidemiologische Suchtsurveys 12-Monatsprävalenzen des Cannabiskonsums, Repräsentativbefragung 2012 12- bis 17-jährig 4,6 % „ausprobiert“ 1,3 % regelmäßig (>10x) 18- bis 20-jährig 16,2 % regelmäßig (>10x) 15- bis 34-jährig 11,1 % regelmäßig (>10x) 18- bis 64-jährig 4,5 % regelmäßig (>10x) 18- bis 25-jährig 17,7 % mind. einmal 2008: 11,6 % 12- bis 25-jährig 3,5 % regelmäßig (>10x) 2008: 2,3 % Cannabisintoxikation I • Kurz zurückliegender Konsum • klinisch bedeutsame verhaltensbezogene oder psychische Veränderungen, die sich während oder kurz nach dem Konsum entwickeln haben: • • • • • • beeinträchtigte motorische Koordination Euphorie Angst Gefühl der Zeitverlangsamung beeinträchtigtes Urteilsvermögen sozialer Rückzug Cannabisintoxikation II • Mindestens zwei der folgenden Symptome, die sich innerhalb von 2 Stunden nach dem Konsum entwickeln: • • • • • Rötung der Bindehaut Gesteigerter Appetit Mundtrockenheit Beschleunigter Puls es können Halluzinationen bei intakter Realitätskontrolle auftreten oder akustische, visuelle oder taktile Halluzination ohne Delir • es gibt keine bessere Erklärung durch einen anderen Krankheitsfaktor Cannabisentzug (neu im DSM V) • Abrupte Beendigung (Unfall, Krankenhaus, Haft) von schwerem und langandauerndem Konsum = normalerweise täglicher oder beinahe täglicher Konsum über eine Zeitspanne von mehreren Monaten oder länger!!! • Mindestens drei der folgenden Symptome, die sich innerhalb von etwa einer Woche nach Beendigung entwickeln: • • • • • • • Reizbarkeit, Wut oder Aggression Nervosität oder Angst Schlafschwierigkeiten (Insomnie oder verstörende Träume) Reduzierter Appetit oder Gewichtsverlust Innere Unruhe Depressive Stimmung körperliche Symptome: Unterleibsschmerzen, Zittern/Tremor, Schwitzen, Fieber, Kälteschauer, Kopfschmerzen • alle diese Anzeichen oder Symptome müssen bedeutsam sein (soziale, berufliche oder andere wichtige Funktionsbereiche!) und nicht durch andere Krankheitsfaktoren besser erklärt werden können Funktionelle Folgen I • kognitive Funktionen, insbesondere die Erinnerung, das Lernvermögen und die höheren exekutiven Funktionen sind beeinträchtigt, dosisabhängig (akut und andauernd) • die Fähigkeiten zur Planung, zum Treffen von Entscheidungen, zur Konzentration auf ein Thema, zur Problemlösung, zum Behalten von Informationen und zur Bewältigung unerwarteter Situationen etwas herabgesetzt • Reduktion von zielgerichteten sozialen Aktivitäten („amotivationales Syndrom“), kausal sind dabei die schwere Intoxikation oder die Erholung von den Folgen einer Intoxikation • Cannabisrauch: krebserzeugende Stoffe Funktionelle Folgen II • Andauernder Konsum: Ausbruch und/oder Verschlimmerung vieler psychischer Störungen • kausaler Faktor für Schizophrenie und verwandte psychotische Störungen • Beeinflussung einer akuten psychotischen Episode, Verschlimmerung einiger Symptome und ungünstige Auswirkung auf die Behandlung • Ähnlichkeiten mit Generalisierter Angststörung • ~ mit Persistierender Depressiver Störung (Dysthymie) Molecular Psychiatry (2014) 19, 1201–1204; doi:10.1038/mp.2014.51; published online 24 June 2014 Genetic predisposition to schizophrenia associated with increased use of cannabis R A Power1,2, K J H Verweij3, M Zuhair1, G W Montgomery4, A K Henders4, A C Heath5, P A F Madden5, S E Medland4, N R Wray2 and N G Martin4 1.1MRC Social, Genetic & Developmental Psychiatry Centre, Institute of Psychiatry, King’s College London, London, UK 2.2Queensland Brain Institute, The University of Queensland, St Lucia, QLD, Australia 3.3Department of Developmental Psychology and EMGO Institute for Health and Care Research, VU University, Amsterdam, The Netherlands 4.4QIMR Berghofer Medical Research Institute, Brisbane, QLD, Australia 5.5Department of Psychiatry, Washington University School of Medicine, St Louis, MO, USA Correspondence: R Power, MRC Social, Genetic & Developmental Psychiatry Centre, Institute of Psychiatry, King’s College London, DeCrespigny Park, Denmark Hill, London SE5 8AF, UK. E-mail: [email protected] Received 22 January 2014; Revised 18 March 2014; Accepted 22 April 2014 Advance online publication 24 June 2014 Robert Power et al.: „Es ist gut untersucht, dass Cannabis-Konsum unter Menschen, die an Schizophrenie leiden, deutlich höher ist als in der allgemeinen Bevölkerung“ Cannabis steht im Verdacht, Ursache oder Trigger einer schizophrenen Psychose zu sein. Cannabis kann akute, wenn gleich vorübergehende psychotische Episoden auslösen. Cannabis wird auch zur Dämpfung von Symptomen wie Angst oder Unruhe während der Psychose eingesetzt. Unklar ist, ob Cannabis direkt das Risiko steigert, an Schizophrenie zu erkranken, oder ob dieselben Gene, die das Psychoserisiko steigern, auch das Risiko für Cannabisgebrauch steigern. Unklar ist, ob Cannabis das Risiko steigert, an Schizophrenie zu erkranken, oder den Übergang vom Genotyp zum Phänotyp erleichtert 2082 gesunde Probanden wurden untersucht. Konsumverhalten und Genome wurden analysiert. Fand man im Genom ein Muster, das in den Genotypisierungsdatenbanken denjenigen Allelen glich, die ein Risiko für Schizophrenie anzeigen, zeigten diese Probanden einen höheren Cannabiskonsum – höher als der Konsum der Probanden, deren Genom diese Allele nicht hatten. Je höher das Risiko ist, an Schizophrenie zu erkranken (ohne bereits erkrankt zu sein!), desto wahrscheinlicher greift jemand auch zu Cannabis, und desto mehr konsumiert er davon, bevor er erkrankt. Diejenigen, die Cannabis rauchen, könnten bei ungünstiger genetischer Belastung die Fraktion ausmachen, die eine cannabisassoziierte Schizophrenie entwickeln und aufgrund derselben Belastung bereitwilliger zur Droge greifen. Komorbidität I • Cannabis als „Einstiegsdroge“? • Regelmäßiger Cannabiskonsum: Menschen greifen im Verlauf des Lebens mit wesentlich höherer Wahrscheinlichkeit zu anderen, als gefährlicher eingeschätzte Substanzen (Opioide, Kokain) als Nicht-Konsumenten • Assoziationen zu: • geringer Lebenszufriedenheit • gehäufter Behandlung psychischer Störungen • Krankenhausaufenthalte mit erhöhten Raten von • Depressionen • Angststörungen • Suizidversuchen • Störungen des Sozialverhaltens Komorbidität II • Abhängigkeiten von Cannabis oft kombiniert mit Alkohol- und Tabakabhängigkeit • 74% der Personen, die eine Cannabistherapie beginnen, haben auch Probleme mit zu • 40% Alkohol, • 12% Kokain, • 6% Methamphetamin, • 2% Heroin und andere Opioide Komorbidität III • Cannabisabhängigkeit im vergangenen Jahr oder irgendwann ist begleitet von gleichzeitig auftretenden anderen psychischen Störungen: • • • • • • Major Depression (11%) Angststörung (24%) Bipolar-I-Störung (13%) Antisoziale PS (30%) Zwanghafte PS (19%) paranoide PS (18%) • etwa 33% der abhängigen Jugendlichen haben internalisierende Störungen (Angst, Depression, PTSD) und 60% externalisierende Störungen (Störungen des Sozialverhaltens, ADHS) Grenzen der Diagnose • medizinisch indizierte, bestimmungsgemäße Einnahme: • Toleranz und Entzug, aber • nicht als Kriterien der Cannabiskonsumstörung („Abhängigkeit“) verwendbar • unproblematischer Konsum? • schwierige Attribution sozialer, Verhaltens- und psychischer Probleme zur Substanz (multipler Substanzkonsum!) • Leugnungsneigung derer, die von anderen in eine Behandlung vermittelt werden Cannabis als Medizin? - Beschriebene günstige Wirkungen • • • • • • • • • • • • • • • • Schmerzdämpfung Spastik Depression Angst PTSD ADHS Schlafstörungen Erbrechen Übelkeit Appetitlosigkeit Rheuma entzündliche Darmerkrankungen Glaukom Asthma Psoriasis Neurodermitis keine belastbaren wissenschaftlichen Daten Cannabis als Medizin – Szene 1 • • • • • • Synthetische Verarbeitungen des Delta-9-Tetrahydrocannabinol auf BtM-Rezept bislang vertretene medizinische Indikationen: Übelkeit und Erbrechen nach Chemotherapie, Anorexie, Gewichtsverlust und Kachexie bei AIDS M. Crohn, Reizdarm, Spastik bei MS., neuropathische Par- und Dysästhesien Substanzen: • Marinol (Dronabinol: ölige Tropfen oder Kapseln, vom Apotheker als Rezeptur herzustellen) oder • vollsynthetisch zugelassen: Cesamet (USA, GB) Canemes (AT, DE: Kapseln, Nabilon) • zugelassene Fertigarznei: Sativex (Nabiximols) Mundspray mit Extrakten der C. sativa • nicht-medizinische Indikationen: Pflanzenmaterial, mit cannabinoidhaltigen Stoffen besprüht: K2, Spice, JWH-018, JWH073 Antwort auf Szene 1 • Patienten mit Indikation begannen, sich das Recht zu erklagen, ihren Hanf zu Hause zu züchten. Der staatlich kontrollierte Drogenanbau war das kleinere Übel • 5 g Cannabis/Tag: 60 €/Tag: 22.000 €/Jahr • (eine weibliche Hanfpflanze ca. 7,5 g) • Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): z. Zt. 1.100 lizensierte kranke Cannabis-User → 1.100 Cannabis-Kunden (2007: < 50) • BfArM: Agentur – 500.000 Bedürftige • Anträge für 50 Krankheiten • Expertengruppe im Auftrag der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: • keine ausreichenden Daten • nicht sehr analgetisch effektiv – nur ganz bestimmte Menschen mit Cannabis am Steuer: medicolegale Aspekte I • Grenzwert im dt. Straßenverkehr: 1 ng THC/ml (Washington und Colorado: Cannabis legal, 10 ng/ml; Schweiz 3 ng/ml) • >1 ng THC/ml: FE, Bußgeld (>700€), MPU (>500€), Ergebnisse mehrfacher Drogenscreenings, Vorbereitungskurs. • Der FE-Inhaber muß seine Fahreignung beweisen (nicht umgekehrt: die Führerscheinstelle seine Fahruneignung beweisen): Kurs zur Förderung der Fahreignung (>1000€) • Einwände: • kaum eindeutig meßbare Beeinträchtigung am Grenzwert: Qualität des Stoffes, körperlich-psychische Disposition, Maß der Gewöhnung • Einnahmeart: Inhalieren – oraler Konsum: Wirkungseintritt Min. – Std. • Andauer der Wirkung / Andauer des Verbleibens im Organismus • THC-Einfluß aufs Fahrverhalten: defensiver, kein Zusammenhang zu Verkehrsauffälligkeiten, Verdoppelung des Crash-Risikos • Kombination mit Alkohol • 0,5 Promille Alkohol entspricht 7-8 ng/ml THC (Studie Uni Würzburg) • biologisch-psychisch vergleichbarer Grenzwert? medicolegale Aspekte II • Cannabis kann die Fahrtauglichkeit grundsätzlich beeinflussen oder beseitigen. • Teilnahme am Straßenverkehr, wenn nicht in der Fahrtüchtigkeit eingeschränkt • Keine Sanktion, „wenn Cannabis aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt“ = Fahrtüchtigkeit qua C. sichern!* • Entziehung der Fahrerlaubnis möglich, wenn cannabishaltige Medikamente missbräuchlich eingenommen werden. • Heißt: BtM-Rezept mitführen! • *) Dt Ärztebl 114, 15, April 2017 im neuen § 31 Absatz 6 SGB V (10.03.2017) heißt es: (6) 1Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn 1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung a) nicht zur Verfügung steht oder b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann, 2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht. 2Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. 3 medizinisches Cannabis verordnungsfähig: Szene 2 • 10. März 2017: Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften • alle Ärzte, ohne zusätzliche Qualifikation (z.B. Suchtmedizin) • Verzicht auf spezielle Indikationen oder Versagen von Vortherapien • BtM-Rezept (Zulassung bei Bundesopiumstelle), auch privates BtM-Rezept • schriftliche Begleiterhebung • keine generelle Erstattungsfähigkeit seitens der GKV: • Antragstellung! Ohne Genehmigung: Regressgefahr! • bislang: Lizenz zur Verschreibung eine Ausnahme • jetzt: Ablehnung der Erlaubnis „nur in begründeten Ausnahmefällen“ • erhöhtes zivilrechtliches und Kunstfehlerrisiko – keine der verschreibungsfähigen Blütensorten ist offiziell für ein bestimmtes Gebiet zugelassen • Bisherige Gesetzgebung: Konsum erlaubt, Besitz und Handel verboten • Neue Gesetzgebung: Ein Schritt mehr in Richtung Legalisierung Cannabidiol: anxiolytische, antipsychotische. entzündungshemmende, antiemetische und neuroprotektive Wirkungen Cannabidiol: keine Effekte auf die akuten psychotomimetischen Effekte der akuten THC-Intoxikation Hoher THC-Gehalt plus niedriger CBD-Gehalt: unerwünschte Wirkungen Behandlungsoptionen (Dt.Ärztebl., 113,39, 653-659 • kognitive Verhaltenstherapie (CBT) in Kombination mit • MET (motivational enhancement therapy = motivationale Gesprächstherapie), • PPS psychosocial problem solving = psychosoziales Problemlösetraining), • • • • Familienbasierte Therapie: MDFT (multidimensionale Familientherapie) Motivationale Gesprächsführung: MI (motivationale interviewing), MET Gabapentin: geringer Effekt auf die Konsummenge bzw. Abstinenz Cannabinoid-Rezeptor-Agonsten (Dronabinol): Entzugssymptomatik gelindert • serotonerge Antidepressiva wirken sich negativ auf Entzugssymptome aus und können die Rückfallswahrscheinlichkeit erhöhen Sir Patrick Steward (Star Trek, X-Men): jeden Tag Marihuana - Arthritis