gedankengänge - Outdoor

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GEDANKENGÄNGE
Von der Planung eines Wohngebäudes
Begleitbroschüre Diplom Philipp Glass
2002/2003
Autor
„Der Heerd ist fast in der Mitte
des Hauses und so angelegt,
dass die F rau, w elche bey
demselben sitzt, zu gleicher Zeit
alles übersehen kann. [...] Ohne
von ihrem Stuhle aufzustehen,
übersieht die Wirthin zu gleicher
Zeit drey Thüren, dankt denen
die hereinkommen, heißt solche
bey sich niedersetzen, behält
Kinder und Gesinde, ihre Pferde
und Kühe im Auge, hütet Keller
und Boden und Kammer, spinnet
immerfort und kocht dabey. Ihre
Schlafstelle ist hinter diesem
Feu er, u nd si e b ehäl t aus
derselben eben di ese große
Ansicht, [...]. Wenn sie im
Kindbette liegt, kann sie noch
einen Theil di eser häuslichen
Pf l i cht en a us di eser i hr er
Sch laf stel l e wah r neh m en."
autor unbekannt, undatiert
Philipp Glass
2003
Inhalt
TEIL 1
01
Aufgabenstellung
02
Annäherung an den Ort
TEIL 2
03
Wohnbedürfnisse
04
Wohnformen
05
Wohnungsbau
06
Ein Traum
07
Forschung
08
Resumée
TEIL 3
09
Prozess
10
Baubeschreibung
11
Pläne
12
Visualisierungen
13
Diplom-Gutachten
TEIL 4
14
Quellen
Wohnen
Entwurf
Teil 1
„Unter allen Architekturteilen sei
die Treppe zweifelsohne für das
Gebä ude d as, w as Ader n ,
A r t e r i e n u n d V en en i m
Menschlichen Körper sind. ...“
Vi n cen zo S cam o zzi , 1 61 5
Aufgabe
Während das Erscheinungsbild der Dresdener Neustadt sonst von
Wohnhäusern aus der Zeit um 1900-1920 geprägt wird, befinden sich
an der Böhmischen Straße noch zahlreiche Gebäude aus der Zeit vor
1900. Nach der Jahrhundertwende wurden auf solchen Grundstücken
häufig Hinterhäuser errichtet. Das betreffende Flurstück weist jedoch
derzeit kein Hintergebäude auf. Die dort erkennbare Lücke soll mit
einem Hinterhaus für Wohnzwecke geschlossen werden, wobei eine
GRZ von 0,6 nicht überschritten werden soll.
Das Raumprogramm sieht vor, hier 4 Wohnungen mit einer Größe von
jeweils ca. 150qm zu errichten. Die Anzahl der Räume ist zwar prinzipiell
freigestellt, jedoch soll es möglich sein, die großen Wohnungen in je
5 Zimmer aufzuteilen, ohne hierbei einen ungünstigen Wohnungszuschnitt
in Kauf zu nehmen.
Die Wohnungen sollten folgenden Mindestanforderungen genügen:
Wohnräume (optional aufteilbar auf bis zu 5 Wohn- oder Schlafräumen)
mit Kochbereich
Bad mit Wanne und WC
Gäste WC
Gästebereich (möglichst mit Dusche (ggf. Kombination mit Gäste WC))
Abstellbereich
Balkon/ Terrasse/ Freisitz
Ki nder sp ielf l äch e f ür all e Woh neinh eiten au f dem F lur stück
Fahrradabstellmöglichkeit
Abstellfläche für KFZ (optional)
Ort
Freistaat Sachsen
Sachsen ist das Aufstrebendste der fünf neuen Bundesländer. Dominantes Merkmal ist die Industrieregion
des Städtenetzes Leipzig- Dresden-Chemnitz-Zwickau.
Fläche
in km²
18.413
Bevölkerungszahl
in Mio.
4,4
Bevölkerungsdichte
Einwohner je km²
239
BIP
in Mrd EUR
74,3
Kaufkraft
je Einwohner in
EUR
13.043
Als Drehscheibe zwischen Ost und West, in verkehrsgünstiger Anbindung im Zentrum Europas, hat sich
Sachsen in den letzten Jahren für Investoren zu einem der interessantesten Handelsplätze der Welt
entwickelt. Der Himmel ist immer blau.
Gute Argumente sprechen für den Wirtschaftsstandort Sachsen: Seine vorteilhafte geografische Lage
in der Mitte Europas garantiert kurze Wege zu Märkten und Lieferanten - zumal über Verkehrs- und
Kommunikationssysteme, die nach den enormen Investitionen der letzten Jahre zu den modernsten
Europas zählen. Als traditionell innovations- und technologieorientiertes Land verfügt Sachsen überdies
nicht nur über eine reiche und wirtschaftsnahe Forschungslandschaft, sondern auch über hochqualifizierte
und -motivierte Arbeitskräfte. Die sächsische Verwaltung fördert unternehmerisches Engagement durch
schnelle und unbürokratische Entscheidungsstrukturen.
Und schließlich sind die kultivierte Lebensart der sächsischen Bürger, die vielfältige und traditionsreiche
Kunstszene, die bezaubernde Landschaft und das günstige Klima mehr als nur angenehme Zutaten.
(Quelle: www.sachsen.de)
Ort
Stadt Dresden
Lage
Dresden liegt im südöstlichen Teil des Freistaates Sachsen, der außer an deutsches Territorium an
tschechisches und polnisches grenzt. Die Anlage der Stadt ist geprägt von der Elbweitung. Die Ausläufer
des Osterzgebirges, der Lausitzer Granitplatte und des Elbsandsteingebirges machen die reizvolle
Umgebung der sächsischen Landeshauptstadt aus.
Zahlen
Gesamtfläche
Bevölkerungsdichte
wohnberechtigte Bev.
Anzahl der Haushalte
Haushalte mit 1 Person
Haushalte mit 2 Personen
Haushalte mit 3 Personen
Haushalte mit 4 Personen
Haushalte mit 5 +Personen
328, 30 km²
1.440 EW/ km²
508.394 EW
252.700
111.800
77.100
36.900
21.500
5.400
Wirtschaftsstandort
Dresden bietet die ideale Verbindung von Wirtschaft, Forschung und Wissenschaft: Über 30 Institute,
darunter Einrichtungen der Fraunhofer- und der Max-Planck-Gesellschaft, die Technische Universität und
viele Hoch- und Fachschulen sprechen für das innovative Potenzial der Stadt.
Kulturstadt
Dresden hat wieder viel vom ursprünglichen Reiz einer sehenswerten und attraktiven Stadt zurückgewonnen.
Moderne Architektur verbindet sich mit dem historischen Stadtzentrum.
Spitzenleistungen der Weltkultur und ein lebendiges und kreatives Leben in den Stadtteilen - eine
spannende Szenekultur bieten den Dresdnern und ihren Gästen ein vielfältiges kulturelles und künstlerisches
Spektrum.
Wohnen
Dresden verkörpert eine der schönsten europäischen Stadtlandschaften. Ensembles der barocken und
gründerzeitlichen Baukultur, die berühmte Gartenstadt Hellerau oder moderne Bauten aus den letzten
Jahrzehnten geben der Stadt das charakteristische Gepräge.
Fehlten 1989 noch ca. 30.000 Wohnungen, haben heute die Mieter auf einem günstigen Wohnungsmarkt
die freie Wahl.
Grünes Dresden
Mit 64 Pr ozent Wal d- und Grünf läche gil t Dresden als eine der grünsten Städte Eur opas.
Im Norden breitet sich die Dresdner Heide aus, das größte geschlossene Waldgebiet der Stadt. Im
Zentrum befindet sich der Große Garten, eine ausgedehnte Parkanlage.
Wie ein Gürtel ziehen sich die Elbauen durch die Stadt und umsäumen den Fluss mit breiten Wiesen.
Ort
Dresden-Neustadt
Die Äußere Neustadt ist eine ehemals vor den Toren der Festungsstadt Dresden gelegene städtebauliche
Gesamtanlage. Bis heute ist der Stadtteil in seiner städtebaulichen und architektonischen Geschlossenheit
erhalten geblieben. Dieses Erscheinungsbild, welches vor allem auch durch Gebäude aus der sogenannten
Gründer- und Kaiserzeit geprägt wird, stellt eines der vielen Details dar, die Dresdens Popularität
begründen.
Die Dresdner Neustadt gehört zu den am dichtesten besiedelten Stadtteilen in Dresden. Dieser Umstand
ist ein Beleg für die große Attraktivität des Stadtteils.
Im Vergleich zu anderen Stadtteilen zeigt die Bewertung von Lebensbedingungen in der Äußeren Neustadt
eine ungewöhnliche Hierarchie, die sowohl auf die Bedingungen von Ort als auch auf die Struktur der
Bewohner zurückzuführen ist. Die Vielfalt des Angebotes an Freizeitaktivitäten trägt in erheblichem Maße
zu Originalität des Gebietes und seiner Beliebtheit bei einer jungen, qualifizierten und dynamischen
Population bei. Mit dem im Gebiet vorhandenen Freizeitangebot kann kein anderer Stadtteil konkurrieren.
Ort
Die Sozialstruktur in der Äußeren Neustadt
Die Aufgabenstellung sieht für das zu planende Wohngebäude Besserverdienende und Kinderreiche
Familien für die verhältnismäßig großen Wohneinheiten vor. Der mir vorliegende Forschungsbericht zur
Sozialstruktur zeigt in überzeugender Weise die steigende Nachfrage nach höherwertigerem Wohnraum.
Aktuell ist die Neustadt mit einer steigenden Nachfrage nach Wohnungen konfrontiert , wobei bereits
jetzt erzielte Mieten über jenen, anderer Sanierungsgebiete möglich sind.
Es existiert eine nicht unbedeutende Zahl an Personen, die Wohnungen einer Größe von 150qm und
einer hochwertigen Ausstattung finanzieren können und die bewusst nicht ihren Wohnsitz am Stadtrand
sondern in einem kulturell lebendigem Umfeld wählen.
Jedoch weist die Untersuchung zur Kinderfreundlichkeit auf ein weniger gutes Umfeld für Familien mit
Kindern. Begründungen hierfür sind vordergründig die hohe Verkehrsdichte, das wenige Grün, die geringe
Anzahl an Spielplätzen, Dreck und Müll, Lärm und weitere. Dabei ist davon auszugehen, dass das
Stadtgebiet als urbanes Mischgebiet mit sehr hoher Bebauungsdichte sich wahrscheinlich nicht in
absehbar er Zeit zu einem priv ilegierten Wohnstandort für di ese soziale Schicht entwickeln wird.
Meine Betrachtungen werden sich daher eher den „Besserverdienenden“ widmen.
Ort
Flurstück 524c
Als Orthogonale zwischen Alaunstrasse und Rothenburger Strasse zeigt sich die Böhmische Straße klar
ablesbar als eine der ältesten Strassen des Quartiers. An dieser und im nördlich von ihr liegenden Block
befindet sich das F lur stück 524c. Nördlich begrenzt wi rd dieser Block durch die Louisenstraße.
Die Böhmische Gasse war bis etwa 1840 überwiegend von Gärtnern bewohnt.
Aus der ersten Bauetappe der Äußeren Neustadt - damals noch "Neuer Anbau auf dem Sande vor
Altendresden" - findet man auch heute noch einige Häuser. Sie sind meist klein, schlicht und sparsam
verziert. Diese entstammen den wirtschaftlich schlechten Zeiten nach dem Siebenjährigen Krieg (17561763) und werden in den sogenannten "Dresdener Hungerstil" eingeordnet.
Das, das Flurstück nach Süden hin begrenzende [Gebäude Böhmische Straße 17] zählt zu den oben
beschriebenen Gebäuden.
Ort
01
04
01
02
03
04
05
02
03
05
Spielplatz
Überblick
Abstellmöglichkeit
Hofimpressionen I
Hofimpressionen II
Ort
Erhaltungssatzung
Aufgrund der in Abschnitt „Stadtteil Dresden Neustadt“ angeführten Besonderheiten und dem Anliegen,
diese zu erhalten, kam es 1994/95 zum Beschluss zur Erhaltungssatzung der Landeshauptstadt Dresden
n ach § 17 2 A bsa tz 1 Nr.1 des B aug eset zbu ch es fü r di e Dr esd ner Äu ße re Neu st adt .
Das in der Aufgabenstellung festgelegte zu beplanende Flurstück 524c fällt in den Geltungsbereich dieser.
Mit der Erhaltungssatzung sollen vordergründig die wesentlichen, erhaltensw erten städtebaulichen
Eigenarten des Gebietes unter gesetzlichen Schutz gestellt werden. Sie zielt vor allem auf den Schutz
der vorhandenen Gebäude und Bauwerksteile. In Verbindung mit den Bestimmungen der Gestaltungssatzung
soll erreicht werden, dass bei Baumaßnahmen am Gebäudebestand, als auch bei der Schließung von
Baulücken, die vorhandene städtebauliche Eigenart gewahrt bleibt.
Bedingt durch die andersartigen formalen und funktionalen Bedingungen sind die Hofbereiche auch
anders zu behandeln als die Straßenbereiche. Hier sollte eine größere Bandbreite der Gestaltung belassen
werden und mehr Spielraum für die Entwicklung und Veränderung zur Anpassung der vorhandenen
Gebäude an veränderte und sich weiter ändernde Ansprüche und Funktionen gegeben werden. Gleiches
gilt natürlich auch in Bezug auf die Lückenschließung durch Neubauten.
Es spricht viel dafür, die Proportionen des neu zu planenden Gebäudes denen des Bestandes anzupassen.
(Belichtung, Dominanz/Zurückhaltung des Baukörpers, städtebauliche Vorgaben ...)
In Bezug zur Aufgabenstellung relevante Auszüge aus der Erhaltungssatzung sind nachfolgend aufgeführt.
Ort
1. Leitziel (der allgemeinen Gestaltungsgrundsätze für die geschlossene Bebauung)
Im Einzelnen zielt die Erhaltungssatzung auf die:
Erhaltung der städtebaulichen Struktur,
Erhaltung der städtebaulichen Eigenart der vorhandenen Bausubstanz einschließlich originaler
Gestaltungselemente und der Nutzung,
sowie die Einflussnahme auf bauliche Veränderungen im Gebiet, die wesentliche Auswirkungen auf die
Städtebaulichen Besonderheiten des Gebietes erkennen lassen.
Oberstes Ziel der Satzung ist der Erhalt des charakteristischen Stadtbildes der Äußeren Neustadt als Geschichtsdokument
für die Stadt Dresden und als Lebensraum für die in ihm lebenden Bürger.
„Was du ererbst von deinen Vätern – erwirb es, um es zu besitzen“
Ausdruck der Akzeptanz und Annahme bestehender städtebaulicher Strukturen kann – und sollte – jedoch auch
ein Weiterbauen mit Schaffung eigener unverwechselbarer Gebäude sein. Denn die Äußere Neustadt soll nicht zu
einem Museum werden, sondern ein lebendiger Stadtteil bleiben, der den vielschichtigen funktionalen kulturellen
und emotionalen Bedürfnissen seiner Bewohner gerecht werden kann.
Um dieses Doppelziel – einerseits der Erhaltung des Stadtbildes, andererseits der Befriedigung heutiger Lebensbedürfnisse
– möglichst gerecht werden zu können, kann es demnach nicht um eine rein konservative Erhaltung gehen, sondern
es muss ein örtlich und sachlich abgegrenzter Spielraum für die weitere Entwicklung der Äußeren Neustadt bleiben,
der jedoch immer die Eigenart des Vorhandenen berücksichtigen muss.
2. Kategorien
Grün im Hof
Hier ist vor allem Ziel, die bisherigen geringen Freiflächen innerhalb der Hofbereiche zu erhalten, zu begründen
und ein völliges Zubauen zu verhindern. Die Nutzung innerhalb der Hofbereiche soll entsprechend den Festlegungen
au s de m E rn eu eru n g sko n zep t z um S an ie ru n gs ge bi et Ä uß er e Ne us t ad t au s ge ric h te t wer de n.
Mauern, Einfriedungen
Grundstücke entlang der Grenzen hinter der Vorderhausbebauung sollen eingefriedet werden. Die Einfriedungen
soll en in Natu rstein o der K linker hergest ellt werden . Möglich s ind auc h Hol zzäun e u nd Hecken.
Des weiteren finden wir in dieser Satzung beispielsweise Gestaltungsgrundsätze zu:
St raßen u nd Pl ätzen (Geb äud ebreit en, Geb äud ehöh en, St raßen bel äge, St raßenp rofil e, ...)
Gebäudenutzung
Gebäude – Gesamtwirkung (Fassaden, Erdgeschosszonen, Baukörper, Dachausbildung, Wandflächen und
Öffnungen, Oberflächen, Farbe, ...)
Diese beziehen sich jedoch vordergründig auf die Blockrandbebauung. Aussagen zum Blockinneren liefert folgender
Absatz.
Hofseitige Bebauung
Durch das städtebauliche System der geschlossenen Quartierbebauung – d.h., die geschlossenen Hausreihen entlang
der Straßen – entstehen zwei Freibereiche: der öffentliche Straßenraum und der halböffentliche Hofbereich innerhalb
der Quartiere.
Der Hofbereich ist der gemeinsame Freibereich für die angrenzenden Gebäude. Er dient der Belichtung und Belüftung,
bietet – oft die einzigen – Spielmöglichkeiten für Kinder im Freien und Raum für kleine Gewerbe, dient als Ausblick
aus den Wohnungen und zu vielem anderen mehr.
Er ist also für alle Anlieger in seiner Gesamterscheinung wirksam. Besonders durch den Mangel an Grün im
Straßenraum und die dort fehlenden Möglichkeiten zur Erholung, steigt die Wertigkeit der Hofbereiche als unmittelbarer
Raum für die Gestaltung der engen Lebensbereiche.
Teil 2
[ WOHNEN]
das; u rsp r.: si ch b ehagen , zu fr i eden sei n;
s pä t er : u f e nt h a l t en = si c h v e r t ei d i g en ;
h eu te: v er w e il en , bl ei b en , s ic h be f in d en;
eine feste Stelle im Raum haben, da hingehören und
verwurzelt sein;
w . er f or der t ei nen b esti m m ten w oh nr aum ;
Wohnen
Grundlegendes
Analyse entwurfsrelevanter Themen
Mit Hilfe der Analyse beginne ich mich der gestellten Aufgabe zu nähern, um einen Einstieg in das Thema
Wohnungsbau zu finden, mir einen Überblick zu verschaffen und nach geeigneten, entwurfsrelevanten
Parametern zu suchen.
Annäherung an das Thema Wohnen
Um zum eigentlichen Thema Wohnungsbau vorzustoßen, sei mir an dieser Stelle ein kleiner Ausflug ins
Tierreich gestattet.
Seit Jahrtausenden schon bauen Vögel ihre Nester nach den selben Prinzipien. Diese Prinzipien von
Konstruktion, Größe und Material stehen in direktem Zusamm enhang zu den Nutzern und deren
grundlegenden Bedürfnissen.
Die Grundbedürfnisse der Lebewesen manifestieren sich also in der von ihnen errichteten Gestalt. Diese
wiederum steht in unmittelbarer Wechselwirkung der sie umgebenden Umwelt. Durch Anpassung haben
die Lebewesen diese Gestalt definiert und geformt.
Diese Erk enntni s ist in ihrer Gr undaussage auch auf das m enschliche Wohn en übertragbar.
Wohnen
Wohnbedürfnisse
Am Anfang dieser Betrachtung sollte das Ziel formuliert werden. Dieses lässt sich in folgender Frage
darstellen:
„Welche elementaren Bedürfnisse erfüllt Wohnen/ die Wohnung und welche darüber hinaus?“
Durch die Mauern des Hauses bzw. der Wohnung wird nach Bollnow aus dem großen allgemeinen Raum
ein besonderer, privater Raum herausgeschnitten und so ein Innenraum von einem Außenraum getrennt.
Beide haben einen völlig verschiedenen Charakter. Der Außenraum ist der Raum der Tätigkeit in der
Welt, in der es stets Widerstände zu überwinden und sich der Konkurrenten zu erwehren gilt. Das ist
der Raum der Ungeborgenheit, der Gefahren und des Preisgegebenseins. Notwendig wird damit für den
Menschen der private Raum des Hauses oder der Wohnung. Der Bereich der Ruhe und des Friedens, in
dem er seine ständige Aufmerksamkeit auf eine mögliche Bedrohung aufgeben kann, ein Raum, in dem
er sich zurück ziehen und sich entspannen kann. Diesen Frieden dem Menschen zu geben, ist die oberste
Aufgabe des Wohnhauses.
In erster Linie dient die Wohnung dem Menschen als Schutz. Schutz des Privaten vor äußeren Einflüssen
wi e Witter ung , unerwünschten Bl ick en und v or Eingrif fen in die Pr ivatsphäre durch Fremde.
Wohnen ist mehr als bloßes Sein oder Sich- Befinden. Es ist nicht nur das geographische Verhältnis
zwischen uns und der Welt. Anderenfalls wäre der Mensch auf der Erde ein ewiger Fremdling, an keinem
Ort besonders gebunden, immer unterwegs, aber niemals am Ziel.
Wohnen verbindet damit also ein Gefühl des zu Hause seins, des verwurzelt sein und des Hingehörens.
Ein Gefühl, welches ein absolutes Grundbedürfnis darstellt.
Das Wohnen und somit auch die Wohnung ist also Ausdruck der menschlichen Sehnsucht nach Beständigkeit
und Halt.
Die Wohnung wird somit zur Mitte der Welt, zum Ausgangs –und Zielpunkt. Die Wohnung bietet Raum
zur Entfaltung der Persönlichkeit und zur Erschaffung der eigenen kleinen Welt.
Die Parameter menschlicher Grundbedürfnisse äußern sich in den einzelnen Nutzungen, welche sich
innerhalb des Lebensbereiches erkennen lassen. Viele dieser Bedürfnisse sind innerhalb der Wohnung
dicht überlagert. Die Art der Überlagerung ist abhängig von dem Einflussbereich des jeweiligen Nutzers,
der Überschneidung mit Mitmenschen und von der Größe und Beschaffenheit des belegbaren Territoriums.
Wohnen
Nach Professor Günter Pfeifer kann man die Bedürfnisse einteilen in:
Arbeiten – Betätigung und Beschäftigung
Schlafen - Regenerierung
Kochen – Zubereitung des Mahles und Wärmequelle
Essen – Nahrungsaufnahme und gesellschaftlicher Akt
Hygiene 1 – Entleerung und Entschlackung
Hygiene 2 – Waschen und Körperempfindung
Spielen - Entspannung
Sexualität- Fortpflanzung und Körperempfindung
Bewegung - Raumerfahrung
Speichern und Sammeln – Erinnern und Bewahren
Sind die menschlichen Grundbedürfnisse durch den Wohnraum erfüllt,
so kann sich der Mensch um die Befriedigung hierarchisch höher
liegender Bedürfnisse kümmern. So kommen w ir von der bloßen
Schutzfunktion der Wohnung über die Persönlichkeitsentfaltung zum
Bedürf nis des Si ch - Wohl fühl en- Wol lens un d sch ließl ich zur
Selbstdarstellung und Repr äsentation. Der Wohnraum w ird zum
Statussymbol.
So m uss die Wohnung in unserer Gesellschaft einer Vielzahl von
Bedürfnissen und Anforderungen gerecht w erden und dami t für
verschiedenste Situationen vorbereitet sein.
Wohnen
Wohnformen
Die verschiedenen Wohnformen, die sich im Laufe der Menschheitsgeschichte herausgebildet haben,
lassen sich vereinfacht in einer Grafik darstellen und erklären.
allein
mobil
mobile Immobilie
immobil
gesellschaftlich
In der Gesellschaft im mitteleuropäischen Raum spielt dabei das Thema Mobile oder mobile Immobilie
keine bedeutende Rolle. Lediglich für einen geringen Teil des Jahres – überwiegend als Urlaubssaison
bezeichnet – wird mobile Architektur in Form von Zelten , Wohnwagen oder –anhängern von einem
kleinen Teil der Bevölkerung genutzt.
Die traditionellen Vorstellungen vom Wohnhaus sind sehr stark. Es fehlt bei uns im Vergleich zu anderen
Völkern das Verständnis, eine alternative, räumlich stark reduzierte Raumeinheit als die persönliche
orientierende Mitte anzuerkennen. Als die Mitte, in der wir im Raum verwurzelt sind und auf die alle
unsere Verhältnisse im Raum bezogen sind. Der Ort, wo wir „wohnen“, wo wir „zu Hause“ sind und wohin
wir immer w ieder „heimkehren“ können. Wir wurden seit unserer Geburt geprägt, wie diese Mitte
auszusehen hat. Ist en Mensch nicht in der Lage eine Mitte anderer Gestalt zu akzeptieren und würde
sie dennoch zu einer solchen erheben, würde er den Halt verlieren. Er wird heimatlos – ein Flüchtling
in einer bedrohlich auf ihn eindringenden Welt.
Auf Deutschland bezogen kann also davon ausgegangen werden, dass den Immobilien die wichtigste
Rolle zukommt.
Schwieriger in der Betrachtung gestaltet sich das Thema des Allein oder in Gesellschaft – Wohnens, da
es in diesem Bereich zu einer starken Durchmischung verschiedenster Lebensweisen gekommen ist. Im
Gegensatz zu vergangenen Zeiten, stellt der Familienverbund keine existenzielle Notwendigkeit mehr
dar. In unserer heutigen Zeit sind starke Tendenzen des Allein-Lebens (Single-Haushalte), sow ie
alternativer Wohnformen (Wohngemeinschaften) erkennbar.
Zu der noch vorherrschenden sozialen Lebensform der Kleinfam ilie gesellen sich nun Formen des
Zusammenlebens verschiedenster Ausprägungen in Zwischenstufen von der Großfamilie bis hin zum
Singlehaushalt.
Trotzdem ist der Wohnungsbau in Deutschland stark von der patriarchalischen Kleinfamilie geprägt. Wie
schon erwähnt, stellt diese Lebensform nicht die Mehrzahl der Lebensentwürfe in Deutschland dar.
Diese Erkenntnisse haben im Wohnungsbau nicht zu breiten Veränderungen der Parameter geführt. Die
Pluralisierung von Lebensstilen und Haushaltsformen hat dazu geführt, dass das Wohnungsangebot nicht
mehr mit der Wirklichkeit übereinstimmt.
Wohnen
Wohnen
Wohnungsbau
Entwicklung des Wohnungsbaus im Deutschland des 20. Jahrhunderts
nach
Gert Kähler
„All Quiet on the Housing Front?“
[Die 20er Jahre] – Auf der Suche nach der „Volkswohnung“
Für die Architekten war es bis zu Beginn der 1920er Jahre völlig selbstverständlich, verschiedenen
Gesellschaftsschichten Wohnangebote zu machen, deren Unterschied nicht im Quadratmeterpreis,
sondern in der Art des Grundrisszuschnittes lag.
Spätestens seit den 20er Jahren aber wurde über eine „Volkswohnung“ nachgedacht. Dabei war es
erklärtes Ziel, Klassenunterschiede einzuebnen. In dieser Zeit wurde auf der Suche nach menschenwürdigem
Wohnen viel experimentiert, analysiert und diskutiert, was an verschiedenen Bauweisen, Grundriss- und
damit Wohnformen vorstellbar war.
Die wohl innovativsten Ansätze für den Wohnungsbau der damaligen Zeit kamen von Vertretern des
sogenannten International Style, wie Ludwig Mies van der Rohe, Le Corbusier oder Gerrit Th. Rietveld.
Mies van der Rohe sagte zu seinem 1927 in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung entstandenen Wohnblock:
„Wirtschaftliche Gründe fordern heute beim Bau von Mietwohnungen Rationalisierung und Typisierung
ihrer Herstellung. Diese immer steigende Differenzierung unserer Wohnbedürfnisse aber fordert auf der
anderen Seite größte Freiheit in der Benützungsart. Es wird in Zukunft notwendig sein, beiden Tendenzen
gerecht zu werden. Der Skelettbau ist hierzu das geeignetste Konstruktionssystem. Er ermöglicht eine
rationelle Herstellung und lässt der inneren Raumaufteilung jede Freiheit. Beschränkt man sich darauf,
lediglich Küche und Bad ihrer Installation wegen als konstante Räume auszubilden und entschließt man
sich dann noch, die übrige Wohnfläche mit verstellbaren Wänden aufzuteilen, so glaube ich, dass mit
diesem Mittel jedem berechtigten Wohnanspruch genügt werden kann.“
Die Zwanziger Jahre boten interessante Ansätze, aus denen auch unsere Generation heute noch wertvolle
Schlüsse ziehen könnte, kamen aber nie zu einer befriedigenden Lösung zum Thema „Volkswohnung“.
G errit Th. Rietveld: Haus Schröder, Utrecht, 1924
Wohnen
Auszüge aus Ernst Neuferts "Bauentwurfslehre" 1999
[Das Dritte Reich] – Normierter Wohnungsbau
Gelöst wurde die Frage auch im Dritten Reich nicht. Stattdessen hatte dieses unter anderem auch im
Bereich des Wohnungsbaus einen verhängnisvollen Einfluss.
Die Bauentwurfslehre eines Ernst Neufert suggerierte die Lösung des Problems durch die Lehrmeinung,
da ss ein Gr u nd ri ss si ch aus d er rat io nel l en An or dn un g v on Möb el stel lf l äch en er gi b t.
Auf der Suche nach der „Volkswohnung“ machten die daraus resultierenden Lösungsvorschläge der
Normierung und des Stellflächennachweises noch Sinn.
Wenn die verfügbaren Flächen gering sind, dann ist der Nachweis ein Thema, dass man Ehebett, Esstisch
und Kleiderschrank aufstellen kann. Es ist aber nur dann ein Thema.
[Nach 1945] – Massenwohnungsbau als Segen
Das Nachkriegs-Deutschland schließlich übernahm im sogenannten Sozialen Wohnungsbau typologisch
die Vorgaben, die in den 20ern als EINE Möglichkeit unter vielen, dann in den 30ern als Regelfall entwickelt
wurden:
Wohnzimm er als größter Raum, Küche in Verbindung mit einem Essplatz, Schlafzimm er, dass die
Aufstellung von Schrank und Bett erlaubte (mehr aber auch nicht), Kinderzimmer um die 10 qm – und
jedes Stück für sich als geschlossene Raumschachtel aus vier Wänden und 2,50 Meter lichter Höhe.
Für die Zeit nach 1945 war dies eine unglaubliche soziale Errungenschaft, da hier zum ersten Mal die
VW und damit menschenwürdiges Wohnen für (fast) alle verwirklicht wurde.
[Die 1950er und 1960er Jahre] – Zweifel und gescheiterte Experimente
Relativ bald erwachten Zweifel, ob diese Typologie der Weisheit letzter Schluss sei. Daraus resultierend
begann die Bundesrepublik Deutschland Ende der Fünfziger Jahre mit Wohnbau-Experimenten. Verstärkt
geschah dies nachdem der gesellschaftliche Umbruch Ende der 60er Jahre auch eine geistige Öffnung
bewirkte.
Grosse bundesweite Wettbewerbe zum Thema Flexible Wohngrundrisse wurden durchgeführt und realisiert,
wobei sich der Einfluss der Experimenten- Ergebnisse auf nachfolgende Wohnbauprojekte vernachlässigen
lässt und fast jedes Experiment seitdem verpönt war.
Wohnen
Wohnungsbau
[Weiterführende Gedanken]
Seitdem steht der deutsche Wohnungsgrundriss ehern fest – ganz
gleich, was sich darin abspielen soll. Und die Differenz zwischen den
einzelnen gesellschaftlichen Gruppen zeigt sich in der Ausstattung –
IKEA vs. Couchgarnitur – in der Bewohner zahl oder der Lage.
Es ist doch sinnvoller, die Grundbedürfnisse des Menschen und die
speziellen Bedürfnisse einer Schicht als Parameter zu verwenden, als
längst überholte Typologien auf jeden Fall anwenden zu wollen. Der
Fakt, dass z.B. Loft-Wohnungen ein absoluter Marktrenner sind, belegt,
da ss ei n an d er es Wo hn an g ebo t o f f en bar a tt r ak t i v i st. ..
Angelika Schnell schreibt:
„Tatsache i st, dass si ch trotz v er m ei ntli ch neuer Wohn- und
Gesellschaftsformen, wie sie nun schon seit Jahrzehnten propagiert
und erwartet wer den, in der Regel das i nzwischen k anonisierte
Grundrissdiagramm für die Kleinfamilie als kompakte Gruppierung von
Wohnzimmer, Küche, Bad, Elternschlafzimmer und zwei Kinderzimmern
... beständig durchsetzt.“
Warum in unserer heutigen sehr viel komplexer aufgefächerten und
materiell bessergestellten Gesellschaft (drückt sich in der um ein
vielfaches größeren Wohnfläche pro Person aus) die Grundrisse so
ei ntöni g sind, soll in fol gendem Abschnitt beleuchtet werden.
Betrachtet werden sollte das Thema unter dem Aspekt eines weitgehend
befriedigten Wohnungsmarktes. Durch diesen Umstand nämlich ist es
schwer, eine Wohnung an den Mann, die Frau, die Lebensgemeinschaft
zu bringen, so dass man sich auf ein vermeintlich sicheres Marktsegment
zurückzieht – dass, was die Leute gewöhnt sind. Wom it man nichts
falsch machen kann. Also sinkt die Zahl der Wohnexperimente – insofern
man überhaupt noch von solchen sprechen kann.
Nachzudenken wäre nun über die Frage, ob die heute existierenden
differenzierten gesellschaftlichen Gruppen als Unterscheidungsmerkmal
von Wohnungen noch gültig und als Parameter noch zutreffend und
brauchbar sind.
Ein Blick in die Imm obilienteile der Zeitungen zeigt, dass sich eine
prinzipielle Unterscheidung für unterschiedliche Gruppierungen noch
nicht herum gesprochen hat – wie bereits erwähnt, allenfalls nach
Einkommensklassen, die sich ausschließlich in Lage, Größe und Preis
der Wohnung definiert. Wo aber bleibt die Berücksichtigung der einzelnen
Anfor derungen und individuellen Bedürfni sse einzelner Gruppen?
Die Wohnung des sozialen Wohnungsbaus hat den grundsätzlich gleichen
Schnitt wie die der Stadtresidenzen und Stadtvillen für die finanziell
gehobeneren Kreise. Das Schema der „Volkswohnung“ beherrscht
offenbar das Denken der Deutschen, wenn sie sich ihre Traumwohnung
vorstellen.
Wohnen
[Heute – aus Alt mach Neu]
Ein „neues Denken“ wird erkennbar. Die Regel sind jetzt Grundrisse ohne eingezeichnete Möblierung,
was als ein Schritt zur Abkehr vom Neufertschen Schablonendenken interpretiert werden kann und mehr
Entscheidungsfreiheit für die Nutzer darstellt.
Weitere „Neuerung“ im Wohnungsbau ist jetzt, wie schon 1927 von Mies van der Rohe beschrieben, ein
fester Kern aus Installationsräumen und unterschiedlich großen Raumeinheiten, die flexibel unterteilt
werden können.
Das bedeutet noch nicht die große Freiheit, aber es ist mehr, als vielfach gewohnt.
Dargestellt wird dieses System allerdings so, als ob es den Bedürfnissen der verschiedenen gesellschaftlichen
Gruppen auf das Genaueste entspräche.
Das dies nicht der Fall ist und auch dieser Anspruch gar nicht erhoben werden kann, muss wohl nicht
näher erläutert werden.
[Freiheit durch unbegrenzte Flexibilität!?]
Eine Erkenntnis bleibt aus den Erfahrungen der 1970er Jahre mit der damals gepriesenen Flexibilität:
nämlich, dass die tatsächlich bauseits angebotene Veränderbarkeit einer Wohnung nicht genutzt wird
– und wenn, dann nur in sehr begrenztem Rahmen.
Zum Einen mag dies daran liegen, dass die Technik keine befriedigend einfachen Lösungen bereithält
und man zum Anderen in seinem Wohnumfeld die Konstanz braucht, die das sonstige Leben nicht bietet.
Der Mensch passt sich im Laufe des Lebens mit all seinen Veränderungen eher der Wohnung an, als
ständig umzubauen. Einmal, beim Einzug, richtet er sich so ein, wie er gern leben möchte, wie die
Wohnung gefällt und praktisch erscheint – und diese Chance bieten ihm die oben erwähnten Angebote
in größerem Maße, als es die zurechtgeschnittenen Wohneinheiten tun, die um die Möbelstellflächen
herum entwickelt wurden.
Flexibilität bedingt nicht zwingend bauliche Veränderungen, sondern bedeutet, dass eine durchdachte
Grundstruktur je nach Nutzung unterschiedlich interpretiert werden kann.
Wohnen
Wohnungsbau
[Wohnungsbau der europäischen Nachbarn]
Die Entwicklungen liefen annähernd parallel. Sowohl die der Experimente als auch die Fehler im
Massenwohnungs- und Städtebau.
Die annähernde Erfüllung der Aufgabe „Volkswohnung“ durch Massenproduktion wurde ebenfalls überall
positiv bewertet.
Doch grundsätzlich scheint sich nichts am Charakter der Massenwohnung geändert zu haben: der Addition
von rechteckigen, geschlossenen Raumschachteln.
Landesspezifische Unterschiede
England:
Schweiz:
semi-detached-house wird in gestapelter Form zum Laubenganghaus
Entwicklung zahlreicher Versionen von Terrassenüberbauungen
fast durchgängig verwendetet Betonschotte
Österreich:
konventionell; Küche und Bad liegen brav an der Außenwand
Schweden:
Küche und Bad in der Innenzone, um so den Allraum als neuen Familienwohnraum
(gegenüber der guten Stube) populär zu machen
Niederlande: Laubenganghaus
Was nun? – [Eine Zusammenfassung]
Bei allen Unterschieden bleibt ein Wohnraum ein Zimmer aus vier rechtwinklig zueinander stehenden
Wänden, bildet die Unterbringung genormter Möbelstücke immer noch die wichtigste Frage im Wohnungsbau.
Das, was Le Corbusier und Mies van der Rohe in den 1920er Jahren entwickelt haben, den freien
Grundriss, der Ausdruck gesellschaftlicher Befreiung sein sollte, dass gab es in der Nachkriegszeit nicht
noch einmal.
Dies ist auf den ersten Blick auch einleuchtend. Wie sonst erreiche ich die Intimität einzeln abschließbarer
Räume? Worin liegt der Sinn eines Wohnzimmers, in welches die gewohnte Schrankwand nicht hineinpasst?
Aber es herrscht Unbehagen, da die funktionalisierte Wohnung aus den standardisierten Abmessungen
von Neufert, DIN und Wohnbauvorschriften auch immer nur ein Produkt von Abmessungen sein wird
und nicht mehr als physisch-funktionale Denkweise offenbart.
Wo aber bleiben die Emotionen? Eine Wohnung kann so viel mehr sein, als Höhe x Breite x Tiefe.
Die Suche nach Mindestmaßen war ursprünglich das Ergebnis der geduldigen Suche der Architekten der
20er Jahre nach der „Ration Wohnung für Jedermann“
Es ging mit dem Schlagwort von der „Wohnung für das Existenzminimum“ nicht darum,
alle Menschen auf einem niedrigen Niveau gleich zu machen, sondern um die Verbesserung von
unerträglichen Wohnverhältnissen. Alle Menschen sollten wenigstens eine Wohnung mit Mindeststandards
bekommen.
Und hier liegt das Missverständnis: so lange man, um möglichst vielen Menschen Wohnraum zu verschaffen,
Mindeststandards definieren muss, mag es angemessen sein, von bestimmten Grundmaßen auszugehen.
Wenn aber heute die Wohnfläche in Deutschland pro Person bei 40 Quadratmetern liegt, dann sind diese
Überlegungen kaum noch angemessen.
Man kann es so ausdrücken: Je größer der zur Verfügung stehende Raum, desto unwichtiger das Maß
einzelner Möbelstücke.
Wohnen
[„Wohnströme“ – Wohnen im Zeichen des Wandels]
Der Wohnungsbau steht an der Schwelle zu einem grundlegendem Wandel. Nicht mehr die Quantität
steht im Vordergrund, sondern eine neue Qualität des Wohnens.
Gleichzeitig ist eine Veränderung der Lebensstile erkennbar, die sich bis in die Gestaltung der Wohnung
auswirkt.
Die Wohnung ist nicht mehr nur ein Schlafplatz, sie wird vielmehr zu einem Ort der Selbstinszenierung.
Die Wohnung als Massenprodukt, wie es der Städtebau des Industriezeitalters hervorgebracht hat, wird
einem Verbund von Räumen ohne Hierarchien weichen. Prof. Dietmar Eberle von der ETH Zürich fordert:
„Wir m üssen Wohnungen schaffen, die dem Nutzer die Freiheit lassen, sich selbst zu organisieren.“
[Architekturverständnis]
Ein bisher noch nicht betrachteter, dennoch w ichtiger Aspekt ist das fehlende Bewusstsein in der
Bevölkerung für die Themen Architektur und Wohnen.
Gründe dafür sind unter anderem in mangelnder Aufklärung, zum Beispiel im Schulunterricht, die spärliche
Medienpräsenz und die daraus resultierende fehlende Auseinandersetzung mit und nötige Sensibilisierung
für das Thema.
Ein für das Leben so wichtiger Bestandteil wie das Wohnen wird aus der öffentlichen Disk ussion
ferngehalten. So ist es nicht verwunderlich, dass Neuerungen auf Unverständnis stoßen, es an Bereitschaft
mangelt, neuen Ideen nachzugehen und lieber auf altbewährte und gewohnte Wohnmuster zurückgegriffen
wird.
Wohnen
Wohnträume
...In den letzten zwölf Jahren nach der Wiedervereinigung wurde eine
Entwicklung des Wohnungsmarktes besonders auffällig. Ich spreche
hier von den wuchernden Auswüchsen mittelständischer Beschränktheit
– d en i n den Peri ph er i en f ast a ll er Stä dte en tst and enen
Einfamilienhaussiedlungen.
Mit dem Fall der Mauer fielen bei vielen Deutschen scheinbar auch
jegliche Hemmungen, ihren Traum vom Wohnen zu realisieren. Nach
nunmehr einer Dekade des Bauens und Bastelns befinden w ir uns
inmitten eines gemeinschaftlichen Alptraums.
Unsere Städte leeren sich, dünnen aus, Strukturen zerfallen – während
sich die Bewohner der Speckgürtel genüsslich in ihre äußerst bequemen
Couchgarnituren kuscheln, um sich den geistig anregenden Ergüssen
des Privatfernsehens hinzugeben.
Die allen Regeln des Städtebaus, sowie ökologischen und ökonomischen
Aspekten widersprechenden Massenwohnanlagen scheinen die ultimative
Erfüllung des deutschen Wohntraumes zu sein...
Wohnen
Der Traum vom Wohnen - Das Eigenheim
Auflösung der Stadt durch Monokultur
Das freistehende Ein- und Zweifamilienhaus gilt nach wie vor als
an gest r ebt er G ebäu d ety p d er M ehr h ei t der Bev öl k er u ng .
Daraus lässt sich eine grundsätzliche Sehnsucht nach Ruhe, Privatsphäre,
Platz, Licht und Natur ableiten. Ob die vorrangig in den letzten Jahren
in den Speck gür tel n r und um di e großen Städte entstan den
Eigenheimsiedlungen diese Sehnsüchte erfüllen können, ob diese es
leisten, die offensichtlichen Bedürfnisse zu befriedigen, soll nachfolgende
Übersicht aufzeigen. Gleichzeitig soll sie Hilfe sein, Vor- und Nachteile
dieser beliebten Wohnform darzustellen, gegeneinander abzuwägen
und damit weitere Erkenntnisse für den Entwurf des Stadthauses zu
liefern:
Wohnen
Wohnträume
theoretische Vorteile und die >>> Realität:
Selbstbestimmtes Wohnen
>>> im Innenraum zutreffend
>>> starke Reglementierung den privaten Außenbereich betreffend; Gestaltungssatzungen, vorgeschriebene
Rasenmähzeiten, allgem. Verbote, erdrückende Nähe zum Nachbargrundstück
Leben mit und in der Natur – Häuschen im Grünen
>>> Siedlungen stoßen oft auf ausgedehnte landwirtschaftlich genutzte Flächen, die nur bedingt als
Natur im hergebrachten Sinne angesehen werden können
>>> Gestaltungssatzungen
>>> beträchtlicher Mehraufwand zur Pflege von Gärten führt oft zum Zierrasen
Ruhe
>>> im Innenraum zutreffend
>>> durch Trennung einzelner Wohneinheiten in einzelne Gebäude – dadurch aber Zersiedelung,
wesentlich erhöhter Anteil an Gebäudehüllfläche
>>> im Außenraum kaum oder selten zutreffend
Privatsphäre/Intimität/Sichtschutz
>>> nur teilweise gewährleistet, da Häuser zu dicht stehen
>>> im Außenbereich erreicht durch Abschirmung des Privatgrundstücks zum Nachbargrundstück durch
Zäune, Hecken, Mauern etc – hinderlich für nachbarliche Beziehung
Platz/Freiraum
>>> Platz (in Quadratmetern ausgedrückt) ist vorhanden; positiv wirkt sich eine Staffelung einzelner
Ebenen aus, die durch die erfahrene Vertikalverschiebung Räume oder Funktionseinheiten definieren,
ohne abzugrenzen;
>>> das Schema der Volkswohnung bleibt trotzdem überwiegend bestehen, die Ebenen werden wieder
in feste Raumeinheiten unterteilt – Zerstörung eines großzügigen Raumeindrucks
Wohnen
Nachteile:
Nachgewiesene negative städtebauliche Auswirkungen der Suburbanisierung
>>> Ausdünnen der Städte und daraus resultierende dramatische Wohnungsleerstände
Ökologische Aspekte
>>> Zersiedelung der Landschaft; Versiegelung von Boden
Weite Wege
>>> (große Entfernung von Arbeitsstätte, medizinischer Versorgung, kulturellen, sozialen,
kommerziellen Einrichtungen und Bildungsstätten )
>>> Folge: Staus durch Rush-Hour-Verkehr, ökonomische und ökologische Belastungen durch
Nutzung von Kfz;
geringe Anzahl an Kommunikationsschnittstellen
>>> jeder potentielle Begegnungspunkt in Form von Infrastruktur (Bäcker, Kneipe etc) fehlt
>>>Siedlungen verkommen zu fast reinen Schlafstädten und die Häuser zu Feierabend- und
Wochenendheimen
Optische Umweltverschmutzung
>>> Erscheinungsbild der Siedlungen und dessen Beitrag zur Wohlfühl-Atmosphäre
Es ist mir natürlich bewusst, dass diese Liste hier noch nicht beendet
ist, doch muss ich mich auf die augenfälligsten und wichtigsten Merkmale
beschränken
Es wird deutlich, dass der Wunsch nach Eigenständigkeit ad absurdum
geführt wird und sich der hier betrachtete Typ einer Eigenheimsiedlung
als Paradoxon darstellt, da die angestrebten und erhofften Vorteile
durch fehlende planerische Qualität ins Negative verkehrt werden.
Als Alternative scheint es sinnvoll, Wohnkonzepte und Gebäude zu
entwickel n, in denen jede einzelne Wohneinheit m öglichst viele
„Einfamilienhausqualitäten“ aufweist, welche mit den Vorteilen des
städtischen Wohnens kombiniert werden um somit in ein symbiotisches
Verhältnis überführt werden zu können.
Wohnen
Forschung
Die Auszüge aus dem nachstehenden Forschungsbericht belegen die bisher gesammelten Erkenntnisse
und fassen diese noch einmal zusammen. Des weiteren werden spezielle Anforderungen und Bedürfnisse
der hier betrachteten Zielgruppe genannt.
Die folgenden Ausführungen stützen si ch auf ein Forschungsprojek t mi t dem Titel „Lebensstile,
Wohnbedürfnisse und Mobilitätsbereitschaft“. Es handelt sich um ein Projekt, das Dr. Annette Spellerberg
mit Nicole Schneider am Wissenschaftszentrum Berlin unter Leitung von Professor Wolfgang Zapf
durchgeführt hat. Initiiert wurde eine große Repräsentativbefragung mit mehr als 3.000 Befragten in
West- und Ostdeutschland.
Überprüft werden sollte, inwieweit das Lebensstilkonzept beitragen kann, Unterschiede im Hinblick auf
Wohnverhalten und Wohnbedürfnisse zu erklären.
Wie bereits erwähnt, ist die Tendenz zu einer Verbreitung verschiedener Haushaltstypen außerhalb der
klassischen Kernfamilie im mer deutlicher erkennbar. Aber nach wie vor ist das Wohnen und Bauen in
Deutschland am klassischen Familienmodell orientiert. Dabei bilden das Alleinleben, living apart together,
die nichteheliche Lebensgemeinschaft, kinderlose Ehen, Alleinerziehende, Stieffamilien, das emty nest,
alleinlebende Ältere, usw. mittlerweile die Mehrzahl der Haushalte.
Die Ausbreitung von kleinen Haushalten ist die Folge, wobei die betreffenden Personen zumeist nicht
in kleinen Wohnungen leben oder nicht leben möchten.
Die DIN-Normen beim Bauen, die zwar auf Familien zugeschnitten sind, aber auch deren Bedürfnissen
längst nicht mehr entsprechen, hinken den Entwicklungen weit hinterher. Außerdem werden emotionale
Aspekte, indiv iduelle Gestaltungsw ünsche, Selbstdarstellungs- und Repräsentationsfunktionen des
Wohnens kaum beachtet
Für eine ausgewählte Lebensstilgruppe, die besondere Ansprüche an
den Wohnungsmarkt stellen und hohen Problemdruck bewirken, wird
im folgenden das Wohnprofil vorgestellt
Wohnen
Besserverdienender – der moderne Selbstverwirklichungstyp
Er ist gut gebildet, wohlhabend, berufs- und erlebnisorientiert, vielseitig aktiv bei Sport, Kultur und
Geselligkeit.
Die Gruppe zeichnet sich durch eine starke [Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit] aus:
Sie lebt deutlich seltener als andere Gruppen in einem Einfam ilienhaus (zu nur 23%) und doppelt so
häufig (47%) in größeren Mehrfamilienhäusern, zeigen jedoch die
h öchst e Pr äf er enz f ür da s Wohn en in E i n/Zw ei f am i l ien h äuser n (7 9% ) u nd ei ne seh r
geringe Neigung (4%) zu größeren Mehrfamilienhäusern
Der starke Wunsch nach einem Eigenheim ist um so bemerkenswerter, als diese Gruppe vor allem in
Großstädten lebt (insgesamt wohnen sie zu über 40% im Innenbereich
v on Gr oßst ädt en). D er i n ner städ ti sche Woh nst and or t en tspr i cht al ler d in gs n ur sel ten
(knapp 20%) dem geäußerten Ideal.
Di e G r upp e w ei st ei n e nu r schw ach au sgepr äg te Fam il i eno ri en ti er un g au f – d ie s ist
al so n i cht der G ru nd f ür U m zü ge a n d en S tad tra nd . Der St adtr an d er m ög l ich t ei n e
Verbindung von ihrem [Bedarf nach großen Wohnungen] bzw. Häusern, besseren Umweltbedingungen
sowie ihrer Arbeits- und kulturellen Erlebnisorientierung.
Viele Ausstattungswünsche sind unerfüllt. Ausreichende Wohnfläche, d.h. z.B. mindestens ein Raum mit
mehr als 30 qm fehlen.
Ein erheblicher Teil dieser Gruppe äußert die Absicht umzuziehen (36%; mehr als doppelt so viele wie
im Bevölkerungsdurchschnitt: 14%).
Auf die Frage, was sie bei einem Umzug vermissen würden, also die Frage nach der Ortsbindung, zeigt
sich, dass ihre Bindung nur sehr schwach ausgeprägt ist: Sie würden Freunde vermissen, ansonsten
ist zu Haus, Landschaft oder auch zu Nachbarn keine enge Bindung festzustellen.
Diese Gruppe zählt zu den Unzufriedenen, da sowohl die [Wohnungsgröße], die [Wohnungsaustattung],
sowie der Ort selbst eher schlecht bewertet werden.
Will man diese oft junge, finanzstarke und gut gebildete Gruppe in der Stadt halten, bedeutet dies, dass
Eigentum in der Stadt oder [Mehrfamilienhäuser mit Eigenheimqualitäten] gefordert sind (Schallschutz,
Innenausbau frei gestaltbar, Terrasse oder Garten, separater Ei ngang und neueste Technik).
Rückzugs-, Darstellungs- und Repräsentationsaspekte sind bei diesem Typ von besonderer Bedeutung.
Diese Gruppe steht daher im Mittelpunkt der Debatten zur Suburbanisierung.
Wohnen
Resumée
Nach angemessener Betrachtung des Themas k ann ich nun w ichtige Parameter festmachen, die im
Folgenden das Grundgerüst für den Entwurf werden.
[Bedürfnisse der Nutzerschicht]
Allgemeine Grundbedürfnisse
Erweiterte Bedürfnisse
[Eigenheimqualitäten und Vorteile städtischen Wohnens verbinden]
[Selbstbestimmung über Nutzung und Nutzungsverteilung]
Angebot an frei bespielbarem Raum
[Einbindung des Gebäudes in den städtischen Kontext]
Städtebauliche Überlegungen
Erhaltungssatzung
[Beziehungen von Außen und Innen]
[Naturbezug]
in artifizieller Gestalt
[Großzügige Raumwirkung]
Zonierung ohne Grenzen
[Aufgabenstellung]
[Wohnbaurichtlinien]
[Anforderungen des Schall- und Brandschutzes]
Wohnen
Experim ente im Wohnungsbau sind heutzutage selten. Viele Beteiligten bedienen allzu oft die von
Investoren geforderten Bilder für profitable Residenzen, anstatt die eigentlichen Belange des Lebens
neu zu überdenken und auch durchzusetzen.
Es ist also durchaus legitim, sich der mir gestellten Aufgabe in experimenteller Art und Weise zu nähern,
um som it eine Wohnform zu entwickeln, die den Anforderungen der Zielgruppe Rechnung trägt.
Ich sehe diese Aufgabe als Herausforderung zum Analysieren, Experimentieren und Interpretieren, um
nicht der Wunschvorstellung des Deutschen vom k ompakten Einheitsbrei der Grundrissgestaltung
Rechnung tragen zu müssen, sondern um auf die besonderen Bedürfnisse und Vorstellungen einer der
vielen Gesellschaftsschichten eingehen zu können.
Teil 3
[ ENTWURF ]
der;
Entwurf
Prozess
Das Erreichen einer Wohnfläche von 150qm
Aufgrund meines Bestrebens, die in der Erhaltungsatzung formulierten Grundsätze zu beachten,
sind die Spielräume, die Kubatur des Gebäudes betreffend, eher klein. Durch den städtebaulich
begründeten Wunsch, das Bauwerk nicht aus der Flucht der bestehenden Hinterhausbebauung
herausragen zu lassen, somit die Gebäudetiefe des Bestandes aufzunehmen, und der weiterhin
definierten Flurstückbreite ergibt sich eine Gebäudegrundfläche von etwa 150qm einschließlich
der notwendigen Konstruktion.
Weiterhin notwendig wird eine Erschließung der einzelnen Wohneinheiten über eine vertikale
Verbindung dieser. Bringt man diese notwendige Fläche mit in der Gebäudegrundfläche unter,
ergibt sich zunächst ein Flächendefizit in jeder einzelnen Etage, welches annähernd ein Viertel
der Fläche ausmacht.
Um dieses Defizit auszugleichen, wurde den bestehenden vier 1etagigen Wohneinheiten eine
neue, fünfte Ebene hinzugefügt und das so entstandene Volumen gleichm äßig aufgeteilt.
Um die 150qm Wohneinheiten zu erzeugen, wird es notwendig, zu der jeweiligen Etage einen
Teil der darüber- oder darunter liegenden Ebene mit zu nutzen.
Diese möglichst sinnv oll zueinander anzuordnen, ist nun der erste Schritt, um die gestellte
Aufgabe zu lösen.
Entwurf
Prozess
Es entsteht ein Raumgebilde, das funktionsfähig ist, aber im Verhältnis zu dem zur Verfügung stehenden
Wohnraumvolumen ein wenig angemessenes Raumgefühl und viel Erschließungsflächen erzeugt. Die
Höhendifferenz zwischen den einzelnen Volumen einer Wohnung beträgt hierbei eine komplette
Geschosshöhe, die Raumanordnung ist nichts anderes als eine simple Stapelung verschiedener Volumina.
Um nun den gewünschten fließenden Übergang der Räume zu erreichen, wird die Hälfte einer Wohneinheit
halbetagig verschoben und somit die Konstellation der Räum e zueinander so verändert, dass eine
Zonierung einzelner Bereiche ohne trennende Wände erreicht wird.
Das Resultat hat aber den Nachteil, ein zu starkes Verzahnen der einzelnen Wohneinheiten untereinander
zur Folge zu haben, welches den Anteil der die Wohnungen voneinander trennenden Flächen stark erhöht.
Dies wiederum zieht erhöhten konstruktiven Aufwand und schallschutztechnische Schwierigkeiten nach
sich.
Entwurf
Angestrebt wird nun eine Vereinfachung des Systems, welche durch das Hinzufügen einer sechsten
Volumeneinheit, respektive der Volumendopplung einer bestehenden Einheit erreicht werden soll. Da
dadurch keine Fläche zugefügt, sondern lediglich bestehender Raum erweitert wurde, bleibt die Grundfläche
von 150 qm bestehen.
Entstanden ist nun ein kompaktes Raumgefüge, charakterisiert durch die angestrebten Attribute Raumfluss
und/trotz Zonierung, Aufweitung und Einengung des Raumes – Split-Level-Wohneinheiten mit überschaubaren
Strukturen.
Entwurf
Prozess
[Die einzelne Wohneinheit]
Die Funktionszone
Wie jedes andere Wohnhaus unterliegt auch das hier Entstehende Notwendigkeiten, die beachtet werden
sollten.
Die gebräuchlichen Elem ente für die Bedürfnispunkte Hygiene I und Hygiene II, wie Wanne, Dusche,
Waschbeck en, Toi letten, bef inden sich übli cherw eise in den in ti msten Zonen der Woh nung.
Trotz des Wunsches, einen offenen Grundriss zu erzeugen, bin ich der Meinung, dass diese Zone vom
übrigen Raum abtrennbar sein muss. (Diese Trennung sollte alle Bedingungen einer „echten“ Trennwand
erfüllen.)
Jedes einzelne Element umschließbar auszubilden und im Raum zu verteilen, halte ich für nicht notwendig
und darüber hinaus für ökonomisch unsinnig. Weitaus sinnvoller erscheint es mir hier, um auf lange
Leitungswege und teuere Installationen verzichten zu können, die Funktionen zu einer kompakten Einheit
zusammenzufassen, die Funktionsblöcke der einzelnen Wohneinheiten übereinander zu legen und so
zu gestalten, dass sie, je nach Bedarf, Raumtrennung oder Raumabschluss ermöglichen oder den
Raumfluss erlebbar lassen.
Da die Wohnungen abwechselnd gespiegelt übereinandergestapelt sind, ordne ich die Funktionszone
dem mittleren Bereich der Wohnung, quasi der Spiegelachse, zu. Diese kann dadurch von zwei Seiten
bespielt werden. Die innere Erschließung, die in diesem Teil zur Überwindung der Höhendifferenz zwischen
den Level n n öti g sein w ir d, k ann som i t g lei ch fal ls d iesem Berei ch zu geordn et w erd en .
Es entsteht ein Funktionszone, die alle wichtigen und feststehenden Funktionen der Wohnung enthält
und somit ermöglicht, den restlichen Raum frei bespielbar zu erhalten.
Entwurf
Die innere Erschließung
Diese ist notwendig zur Verbindung der einzelnen Wohnebenen. Schnittstelle zwischen diesen ist der
Funktionsbereich. Da ich die Treppen als unabdingbare Funktionselemente begreife ordne ich diese der
Funktionszone zu und kann damit die im oberen Abschnitt erwähnte freie Bespielbarkeit des Wohnraumes
weiterhin gewährleisten.
Die effektivste und platzsparendste Variante, die Läufe anzuordnen ist, diese quer durch den Funktionsbereich
zu legen, ohne dabei Podestfläche einplanen zu müssen.
Nach Betrachtung der Auswirkungen wird deutlich, dass der Bereich der Decke über den Treppenläufen
der diagonalen Bewegungsrichtung angepasst werden muss, um Kopffreiheit gewährleisten zu können.
Konstruktion
Ausgangspunkt für di e Über legungen zur Konstruk ti on ist die Idee vom stützenfreien Raum .
Auch die Konstruktion ist ein elementarer Bestandteil des Gebäudes, so dass ich die dafür notwendigen
Elemente nach Möglichkeit nicht im Wohnraum, sondern wieder in die Funktionszone und, hier unerlässlich,
auch in die massiven Außenwände (Brandwände) zu integrieren versuche.
Um auch die Fassade stützenfrei ausführen zu können, verschiebt sich die Konstruktionsebene in Richtung
Raummitte. Um ausreichende, genügende Steifigkeit der nun auskragenden Decken zu gewährleisten,
nutze ich das eingeführte Diagonalelement und ziehe dieses bis in den Bereich meiner Fassadenebene.
Die Decke fungiert nun als Faltwerk.
Entwurf
Prozess
[Das Gebäude]
Die Haupterschließung
Aufgrund der beengten Verhältnisse der Baulücke und der Notwendigkeit der Vertikalerschließung, um
auch die oberen Wohnungen begehen zu können, erschien es wichtig, verschiedene Erschließungssysteme
auf ihre Wi rkung i n Bezug zur einzelnen Wohnung, al s auch auf entwurfsrelevante Punk te der
Wirtschaftlichkeit hin zu untersuchen.
Um den Außenraum „unverletzt“ zu lassen, bin ich gezwungen, die Erschließung mit in die
Gebäudegrundfläche zu integrieren.
Die Suche nach Erschließungssystemen für mein Wohngebäude hat mich zu zwei grundsätzlich verschiedenen
geführ t. Zum ein en dem eher k onventionell en Vertik alsch acht un d zum ander en ei ner Art
Schlaucherschließung.
Beschreibung Vertikalschacht
Der Vertikalschacht ist die gebräuchlichste und
ökonomi schste, eine i m Gr undriss l eicht zu
händelnde, räumlich unanspruchsvolle Variante,
um ei ne Schichtung von Ebenen vertik al zu
verbinden.
Man bewegt sich immer um die eigene Längsachse
rotierend nach oben oder unten.
Der Vertikalschacht wird oft in die Grundfläche
des Gebäudes integriert. Praktische Anwendung
er f ahr en aber au ch S y stem e, be i d enen
Treppentürme neben dem Gebäude stehen, wobei
hier die einzelnen Wohneinheiten m eist über
Laubengänge erschlossen werden.
Beschreibung Schlaucherschließung
Eine wenig bekannte, daher ungewöhnl iche
Variante, um geschichtete Ebenen v ertikal zu
v erb i nd en, i st di e Sch l auch er schl i eßu ng .
Der wohl wichtigste Aspekt ist, dass die in den
Wohnraum geschobene Fläche so verteilt wird,
dass diese nicht als aufdringlich oder störend
empfunden wird, sondern es erm öglicht, den
Gesamtraum wahrzunehmen.
Durch i hre, den Bew egun gsablauf abl esbar
machende, dynamisch wirkenden Gestalt wird sie
Bestandteil der Wohnung und unterstützt den
Eindruck des „Fließenden Raumes“.
Entwurf
Betrachtet man den Vergleich der Erschließungssysteme, fällt auf, dass der Schacht in keiner Weise als
selbstverständlichste Variante alle Ebenen verbindet. Er wirkt als Fremdkörper. Eingestanzt. Ein zwar
notwendiges Bauteil, aber rücksichtslos eingerammt wie einen Holzpflock in eine filigrane Raumstruktur.
Da sich eine Wohneinheit über ein und eine halbe Etage erstreckt, wäre es sinnvoll, den Schacht zentral
im Grundriss anzuordnen, so dass von ihm aus alle Ebenen erreichbar sind. In jedem Fall würde sich
der Privatraum um einen Fremdkörper winden. Im schlimmsten Fall würde die Mitte meiner Privatheit
ein halböffentliches Element bilden um das ich herumzuwohnen habe.
Hinzu kommt die, unter dem Absatz „Funktionsbereich“ beschriebene, notwendige Vertikalverbindung
der einzelnen Geschosse, um unterschiedlichste Medien (Elektro, Wasser, Heizung etc.) auf möglichst
kurzem Wege zu transportieren und in jeder Wohneinheit wiederkehrende, feststehende Elemente
(Sanitäreinheit) miteinander zu verbinden. Da ich dadurch schon einen Block im Raum habe, würde mit
dem „Schacht“ noch ein zweiter hinzukommen, was einen Bruch des Raumflusses zur Folge hätte, egal
ob ich beide miteinander verbinde oder einzeln anordne.
Es ist also notwendig, sich für einen der zwei Blöcke zu entscheiden.
Der Funk tion sbl ock ni m mt al le w i chti gen, notwendi gen F unk tionen auf und ver ei nt di ese.
Gleichzeitig kann er als privates, zur Wohneinheit unbedingt zugehöriges Element flexibel auf Bedürfnisse
reagieren, da er in seiner Blockhaftigkeit aufgelöst werden kann und somit den Eindruck des Raumes
wandelbar macht.
Der statische, unflexible Schacht ist in diesem Fall das in seiner „Öffentlichkeit“ unattraktivere Element.
Entwurf
Prozess
Entwurfsbezogene Untersuchung der Wirtschaftlichkeit beider Erschließungssysteme
Betrachtet man die beiden Varianten der Erschließung auf Grundlage des Entwurfs, wird man zunächst
das Gefühl haben, dass das Schachtsystem zwar räum lich plumper, jedoch weitaus effektiver und
wirtschaftlicher gegenüber der Schlaucherschließung sei.
Diese anfängliche Vermutung bestätigt sich bei näherer Betrachtung jedoch nicht.
Zu berücksichtigen ist, dass die Kernerschließung entweder im Inneren oder im Norden des Gebäudes
liegen sollte. In beiden Fällen besteht allerdings die Schwierigkeit des Zugangs zum Schacht, da ich das
Grundstück und damit das Gebäude von Süden her erreiche. Vier gleichartig hochwertige Wohneinheiten
können somit also nicht erzeugt werden, da ein Gang in Erdgeschossniveau durch die untere Wohneinheit
getrieben werden muss.
Überlegt man sich nun, dass mit diesem notwendigen Gang auch schon Höhe überwunden werden kann,
entwickelt man sich automatisch in Richtung Schlaucherschließung.
Die nachfolgende Übersicht zeigt den Vergleich beider Systeme und den damit verbundenen Vorteil der
Schlaucherschließung.
Gesamtbauwerk (einschließlich Konstruktion)
Fassadenfläche Nord : 208,46qm
Fassadenfläche Süd : 208,46qm
Raumvolumen : 13,18m*16,80m*11m= 2436kbm
Erschließungssystem "Kern"
(einschließlich Konstruktion, ohneZugang /
Durchgang zur Böhmischen Strasse)
Fassadenfläche Nord : 47,2qm
Fassadenfläche Süd : 5,50qm
Raumvolumen :
5,5m*3,0m*16,8m= 277,2kbm
mittlere Lauflänge : 9,44m/ Etage= 9,44m*5,5
= 51m
Grenzfläche zwischen Erschließungsraum und
Privatraum:
3m*16,8m+5,5m*16,8m+5,5m*16,8m
=51qm+92,4qm+92,4qm= 254qm
Erschließungssystem "Schlauch"
(einschließlich Konstruktion)
Fassadenfläche Nord : 40,2qm
Fassadenfläche Süd : 10,98qm
Raumvolumen:60,3kbm+43,5+43,5=146,3kbm
mittlere Lauflänge : 40m
Grenzfläche zwischen Erschließungsraum und
Privatraum :
29qm+2*28qm+4*2,7*1,5+4*4,07*1,5+4*2,6
3*1,5=29+56+16,2+24,42+15,78= 141,4qm
Zusam menfassend k ann gesagt werden, dass im Fall meiner Entw ur fsansätze die Vor teile der
Schlaucherschließung überwiegen, so dass ich sie als weiteres Element in meine Planung einbeziehen
werde.
Entwurf
Entwurf
Baubeschreibung
Ich trete durch den dunklen Durchgang in den lichten Hof.
Das Gebäude empfängt m ich in einer Freundlichkeit und Lebendigkeit, die solch einem „m odernen“
Bauwerk kaum zuzutrauen ist. Das es dazu keiner gekünstelten, grellen Farbigkeit bedarf, ist umso
erstaunlicher. Die Auswahl der Materialien ist auf Natürliches beschränkt. Die in der Höhe verspringenden
und stellenw eise diagonal verlaufenden Geschossdecken sind in Sichtbeton ausgeführt und tragen
zusammen mit den flexiblen Verschattungselementen einen großen Teil zur Lebendigkeit der Fassade
bei. Eine Haut aus matten, metallisch schimmernden Klappläden, im ständigen Dialog mit der Umwelt,
zeichnet sich ständig ändernde Codes von offenen und geschlossenen Flächen auf die Fassade, lässt sie
geheimnisvoll oder einladend wirken, verhüllt Intimstes oder gewährt Einblicke. Dahinter, wenn gerade
möglich, spiegelt die raumhohe Verglasung den blauen Himmel wider. Ich gehe näher. Bruchsteingefüllte
Stützmauern grenzen Privates vom Halböffentlichem des liebevoll gestalteten Hofes. Eine Art betonener
Schnorchel, welcher auf der linken Seite des Gebäudes herausragt, macht mich neugierig. Wie eine
Gangway markiert er den Eingang. Ich tauche ein, hoffend, die Geheimnisse des Hauses zu ergründen.
Kaum merklich überwinde ich Höhe, laufe dem von der gegenüberliegenden Seite hereinströmenden
Licht entgegen. Vorbei an zwei Wohnungstüren, quer durch das ganze Haus. Die Nordfassade. Sie bietet
mir willkommene Abwechslung, der Gang weitet sich. Langsamer nun und genussvoll schreite ich den
vollverglasten, hellen Gang hinauf, quere wiederum komplett, diesmal von West nach Ost. Erneute 90Grad-Wende und das letzte Stück hinauf. Am liebsten gleich noch einmal. Runter und wieder rauf. Aber
ich werde schon erwartet. Wohnungsbesichtigung. Ich betrete einen Raum. Wohnraum wohlgemerkt.
Das muss ich mir vergegenwärtigen. Pflanzen diesen Ausmaßes erwartet man nicht in einer Wohnung.
Auch nicht bei 150 Quadratmetern. Überwältigt bleibe ich am Eingang stehen und sehe mich um. Die
Sonne malt helle Streifen auf den schiefergrauen Boden und die Betondecke weit über mir. Ich bahne
mir einen Weg durch das Pflanzengew irr der Hausherrin, entlang der Fassade, mit meinen Blicken
unablässig den Raum durchstreifend. Vor mir eine mit großen Stufen versehene Holzfläche. Ich kann
nur schwer dem Drang widerstehen, m ich zu setzen und meinen Blick endlos über das Dach des
Vorderhauses hinweg in die Ferne schweifen zu lassen. Doch es geht weiter. Wir schlagen nun den Weg
in Richtung Rückfassade ein. Vorbei an einem raumhohen Fachwerkträger, an den sich die beiden, die
drei Wohnebenen miteinander verbindenden Treppen angliedern. An die Diagonalen geschweißte
Stahlschwerter. Puristisch.
Entwurf
Jetzt die Wanne. Eher ein Pool. Warmes Teakholz, satinierte Glasschiebewände, Sanitäranlagen aus
Edelstahl und Sichtbeton für die Konstruktion bestimmen und definieren den Bereich zwischen den
Ebenen, quer durch die ganze Wohnung.
Mittlerweile im Kochbereich angekommen. Noch immer nicht weit entfernt vom Eingang. Ein schlichter
edler Küchenblock dominiert hier den Raum. Dahinter ein schwerer langer Holztisch. Alt sieht er aus.
Genau wie die Stühle. Erbstücke. Die Klappläden vor der Nord fassade sind zum großen Teil geöffnet.
Geben den Blick frei auf die Umgebung.
Die nächste Ebene. Zwei riesige Schreibtische stehen im vorderen Bereich. Kreatives Chaos. Dazwischen
modernste Computer- und Komm unikationstechnik – der Arbeitsplatz als Tor zur Welt. Die Wand im
Rücken, ungehinderte Sicht über die eigene Wohnung, genussvolle Blicke ins Freie durch die geöffneten
Flügeltüren... Arbeiten kann so schön sein.
Aber auch der Feierabend, wie es scheint. Dieser beginnt nur ein paar Meter weiter. Lockt mit stilsicheren,
bequemen Seventies-Polstern in saftigem Orange, großformatigem Bildschirm, Stereoanlage und einer
wandlangen Reihe Bücher.
Ebene Nummer Drei ist die absolute Ruhezone. Ein riesiges Bett in der Mitte, ein einzelner Schrank an
der Seite und wieder Unmengen von Büchern. Sonst nichts.
Für die privatesten Angelegenheiten kann sowohl von der ersten als auch von der zweiten Ebene der
zweiseitig bespielbare und wenn gew ünscht blicksichere Sanitärbereich hinter den Schiebetüren in
Anspruch genommen werden.
Abschied. Man geleitet mich zur Tür. Zum ersten Mal fällt mir die markante Form der des Treppenschlauchs
auf, der sich durch den Boden in den Innenraum schiebt. Eine Hand wird mir gereicht. Traurigkeit macht
sich breit. Da hilft auch die Vorfreude auf den Abstieg nichts. Doch noch so flehende Blicke helfen nicht.
Ich darf nicht bleiben.
Mit Wehmut im Herzen nehme ich den Rückweg in Angriff. Vorbei an den drei verbleibenden Wohnungstüren,
die ihre Geheimnisse weiterhin bergen werden.
Entwurf
Ansichten/ Erscheinungsbilder der Süd- und Nordfassade
Entwurf
Gebäudegrundstruktur in Ost-West und Nord-Süd Schnitten
Entwurf
Grundrisse der Wohneinheiten 1 und 2
Entwurf
Grundrisse der Wohneinheiten 3 und 4
Entwurf
Gebäudeschnitt Nord/Süd
Entwurf
Fassadendetails Nord/Süd
Entwurf
Gebäudeschnitt Ost/West
Entwurf
Details Funktionsbereich Ost/West
Entwurf
Entwurf
Entwurf
Gutachten_Diplomprüfung_Erstprüfer (Fachbereich Architektur Reichenbach)
Herr Prof. Cristian Knoche_Reichenbach 11. 02. 2003
Der Verfasser geht die Aufgabe, ein Wohnhaus mit 4 Wohnungen je 150 qm in die 2. Reihe eines gewachsenen Umfeldes in der
Dresdner Neustadt zu planen, bewusst umfassend und experimentell an. So ist es zunächst recht interessant, in dem liebevoll
gestalteten und umfangreichen Begleitheft zu blättern und zu lesen, das der Verfasser seiner Entwurfsarbeit beilegt. Es ist dabei
festzustellen, dass die Gedanken, bestehend aus Analyse zur Aufgabenstellung, zum Ort, sowie die vertiefende Betrachtung ~um
Thema Wohnen generell in sich logisch aufgebaut ist, inhaltlich aber manchmal an der Oberfläche bleibt und über das Bedienen
verschiedener Klischees nicht hinausgeht.
Die zeichnerische Darstellung des Diplomentwurfes orientiert sich an der klassischen Gliederung, beginnend mit dem Lageplan
und der städtebaulichen Einbindung. Für diese bestehen wenig Variationsmöglichkeiten, da es sich um einen Entwurf in der zweiten
Reihe eines Innenhofes, zwischen den Brandwänden zweier benachbarter Häuser handelt. Aus den Entwurfsgedanken, die im
wesentlichen aus der Erschließung und dem Inneren des Hauses entwickelt sind, entsteht ein Baukörper mit selbstbewusstem
Erscheinungsbild, der sich aber in Ausdehnung und Höhe im wesentlichen den Gegebenheiten des Umfeldes unterordnet.
Ausgehend von den vorangestellten Grundüberlegungen, wird ein Gebäude
entwickelt, das versucht, 4 qualitativ gleichwertige Wohnungen mit der großen
Grundfläche von 150 qm in diesem Gebäude unterzubringen, wobei die qualitative
Gleichwertigkeit auch auf Orientierung und Ausblick bezogen wird.
Gleichzeitig wird versucht, ein großzügiges freies Wohnen anzubieten, ohne dabei die Zornierung in öffentliche und private Bereiche,
Arbeits- und Rückzugsbereiche usw. unterteilbar zu machen. Hier fehlt in der Darstellung jedoch der .. der Möblierbarkeit.
Es wurden vom Verfasser eine Vielzahl von Erschließungs- und Aufteilungsvarianten durchgespielt, die in verschiedenen Modellen
auch präsentiert werden.
Die Entscheidung fiel letztlich auf ein umlaufendes Erschließungssystem, das auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheint und
es auch ist, jedoch nachweisliche Qualitäten im Vergleich zu anderen Erschließungsprinzipien aufweist. Die hieraus abgeleitete
Konsequenz ist auch gleichzeitig der Nachteil des Entwurfes, der darin besteht, dass dieses Gebäude nur durch das umlaufende
Treppenhaus und nicht durch einen Aufzug erschlossen werden kann. Dies wiederspricht allen üblichen Anforderungen an eine
barrierefreie Wohnung und würde wohl zusätzlich dazu führen, dass die Vermarktung der oberen Wohnungen sich als sehr schwierig
erweist. Das im Erläuterungsbericht beschriebene Erlebnis, die Treppen zu erklimmen, schwindet in dem Moment, wo tägliche
Besorgungen auf dem sehr langen Erschließungsweg bis in die letzte Etage getragen werden müssen. Diese konzeptionelle
Einschränkung ist argumentativ nicht haltbar und stellt einen wesentlichen Nachteil des vorgestellten Konzeptes dar.
Die Pläne sind sehr umfangreich und sehr gründlich in der Darstellung. Man hat den Eindruck, das hier eine sehr bewusste
Auseinandersetzung mit dem Thema stattgefunden hat, alle erforderlichen Angaben zur Nutzung und Konstruktion, zur Materialität
der Wohnung sind in unterschiedlichen Maßstäben ausführlich und in guter Darstellung präsentiert.
Dies gilt auch für die konstruktiven Schnitte und Detaillaussagen die auf 3 einzelnen Blättern präsentiert werden, sauber konstruiert
und gezeichnet sind und den gründlichen soliden Eindruck der Arbeit unterstreichen.
Aufwendig und außergewöhnlich in seiner handwerklichen Ausarbeitung ist das Hauptmodell für den Entwurf.
Der hohe Aufwand der Edelstahlunterkonstruktion mit einem gekanteten Blech ist etwas fragwürdig, zumal handwerklich nicht
ganz bewältigt und trotz der Mühen von nur kurzem Reiz, die Aussage wird dadurch nicht unterstrichen. Insofern muss das Modell
trotz seiner besonderen Materialität als eher durchschnittlich bezeichnet werden. Hervorzuheben ist allerdings, das eine Vielzahl
von Arbeitsmodellen die Entwicklung des Entwurfes deutlich aufzeigen.
Insgesamt kann festgestellt werden, dass es sich hierbei um eine sehr ambitionierte
aufwendig dargestellte und gründliche Bearbeitung der Diplomarbeit handelt. Die
Darstellung im Begleitheft sowie in den Plänen hat ein durchweg hohes Niveau, das
Modell erfüllt die Anforderungen.
Es werden sehr eigenständige Ideen und Konzepte eingebracht, die im Wesentlichen unter dem Nachteil leiden, das die vorgeschlagene
Erschließung (ohne Aufzug) nicht funktionieren wird. Wegen der Eigenständigkeit des Lösungsansatzes und der innovativen
Gesamtlösung wird die Arbeit dennoch als sehr gut beurteilt.
Entwurf
Gutachten_Diplomprüfung_Zweitprüfer (Fachbereich Architektur Reichenbach)
Frau Prof. Dorothea Becker_Reichenbach, 11.02.2003
Städtebauliche Situaion
Die Aufgabenstellung geht von eine klassischen Baulücke aus, die mit 4 Wohnungen ä 150 qm geFüllt werden soll.
Das Prolekt nähert sich von fern der Aufgabenstellung stellt Land, Ort, gesamistädtische Entwicklung und Qualitäten im
Erläuterungsbericht voran. Über die Analyse der Entwicklung der Wohngewohnheiten und dem derzeitigen Entwicklungsstand
werden eigene Ziel für die Arbeit abgeleitet. Zentrale These ist die freie Bespielbarkeit der Flächen durch die Bewohnerinnen.
Entwurf skonzept / Erschließung‘
Wesentliches Ordnungs- und Organisationsmerkmal des Projektes ist Lage und Ausgestaltung der Treppe, die in einem weitläufigen
U fast um das Gebäude herumläuft und so alle Wohnungen erschließt. Die durch diese Lage entstehenden Räume und Situationen
führen innenräumlich zu einer Differenzierung der Wohnungen. Hinzu kommt das halbgeschossige Versetzen der Geschosse
innerhalb der Wohnung. Der Niveauunterschied wird durch Treppen erschlossen, die in Teilen von relativ steilen Rampen begleitet
werden. Auf die Erschließung über einen Aufzug wird tonlos verzichtet und führt zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der
Wohnqualität.
Im Zentrum einer jeder Wohnung wie auch des Gebäudes befindet sich der lnstallationskern mit Bad/WC. Dieser Raum befindet
sich an der Schnittstelle des Geschossversatzes und nutzt diesen räumlich aus. Das Bad ist so von zwei Seiten in unterschiedlicher
Weise nutzbar. Durch Schiebetüranlagen wird das Bad von den Wohnräumen getrennt.
Konsequenterweise werden keine Trennwände innerhalb der Wohnung vorgeschlagen., die im jedoch mäglich wären. Leider wird
keine Übersicht gegeben, wie sich die Wohnung in ihrem räumlichen Gefüge den Anforderungen der Bewohner anpassen könnte
bzw. wie eine Nutzung darin aussehen könnte.
Die Fassaden ergeben sich konsequent aus der inneren Gestaltung. Durch die feststehenden vertikalen Lamellen wird ein freier
Ausblick aus den Wohnungen nicht zugelassen, auf der Nordseite ist eine blickdichte Verdunklung unnötig.
Material / Konstruktion
Die eingesetzten Materialien sind bewußt gewählt. Die Wohnungen werden von Sichtbeton, Teakholz und
Glas geprägt.
Die Konstruktion wird durch einen vertikalen Stahlbetonträger bestimmt, der insbesondere die Treppen zur
Verbindung der Ebenen innerhalb der Wohnungen aufnimmt.
Raumprogramm
Es wurden 4 Wohnungen mit le ca. 150 qm eingeordnet, die jeweils in 3 Ebenen, halbgeschossig versetzt, angeordnet sind.
Es fehlen Nachweis zur Mäblierbarkeit wie auch das Anpassen auf unterschiedliche Anforderungen seitens der Nutzer.
Leistungen / Darstellung / Präsentaflon
Das Projekt wurde in wesentlichen Teilen im M 1:50 dargestellt (Grundrisse). Es fehlen kleinere Grundrisse zum Projektverständnis.
Ohne das Modell wäre ein erstes Projektverständnis nur mühsam aus den Unterlagen abzuleiten.
Das Modell gibt einen entsprechenden Eindruck wieder, der ledoch auf der rein strukturellen Ebene verhaften bleibt. Insbesondere
eine exaktere Darstellung der Fassaden wäre für den Gesamteindruck notwendig gewesen. Ein Möblierungsnachweis wie auch
die Veränderlichkeit der Wohnung wurden nicht dargestellt.
Die Arbeit vermittelt einen kompetenten Eindruck, der sich auch im Analyseteil weit in das Thema Wohnen vorgewagt hat und
versucht konsequente, andere Wege zu gehen. Die möglichen räumlichen Eindrücke werden nur sehr ausschnittshaft dargestellt.
Gesamtbewertung
Die Arbeit entwickelt mit viel Engagement heutige Wohnraumvorstellungen weiter und gibt eine interessante, eigenständige und
innovative Antwort auf das Thema Wohnen. Der fehlende Aufzug ist hinsichtlich einer nicht barrierefreien Erreichbarkeit der
Wohnungen ein Mangel.
Die Pläne sind sorgfältig, bearbeitet, bedürften aber einiger konzeptionellen Erläuterungen. Es baut sich keine espirit“- geladene
Stimmung auf, die das Leben in dieser Art von Wohnung doch eigentlich mit sich bringen müßte.
Teil 4
Quellen
Aufgabenstellung zu Diplomarbeit WS 2002/2003 der WHZ, Fb Architektur
Zeitschrift „detail“ Ausgabe 8/1998
Zeitschrift „detail_konzept“ Ausgabe 3/2002
Zeitschrift „Architektur und Wohnen“ Ausgabe 5/2001
Gebäude von Morgen –Forschungsbericht / Beton-Verlag
Forschungsbericht „Lebensstile, Wohnbedürfnisse und Mobilitätsbereitschaft“
Dr. Annette Spellerberg, Nicole Schneider, Professor Wolfgang Zapf, Wissenschaftszentrum Berlin
Mensch und Raum / Otto Friedrich Bollnow
Die Träume und das Unvordenkliche / Technische Universität Darmstadt
Erhaltungssatzung für die Dresdner Äussere Neustadt (02.02.1995)
Geschichte der Architektur / Jan Gympel
Homepage des Freistaates Sachsen
Homepage der Stadt Dresden
Diplomgutachten / Diplom Wintersemester 2002/2003 / WHZ / Fb. Architektur Reichenbach
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