Oberstufe Gym. 1 Zusammenfassung „Gottesvorstellungen“! KS 12 / Oberstufe Rel.ev. (die Seitenangaben beziehen sich auf das Schulbuch: “Der Mensch zwischen Gott und Welt”) 1.Griechische Gottesvorstellungen (Buch: S.4-7) 1.1. Mythologische Phase: Götter sind “Übermenschen”. Gestalt und Charakter werden menschlich oder menschenhaft bzw. menschenähnlich dargestellt (anthropomorph). Sie sind Projektionen menschlicher Machtvorstellungen und werden auch mit Menschen gemein (Halbgötter: Achilles, Herkules...). Erste Hierarchien in der Götterwelt! 1.2. Vorsokratische Naturphilosophen: Der Anthropomorphismus wird aufgegeben. Die Vernunft sucht nach dem Weltgrund, dem Ursprung! Das Göttliche ist Ursprung und Grund des Kosmos und steuert Werden und Vergehen. Elementlehren (Wasser, Luft)! Erste klare Transzendenzvorstellungen. Es ist kein physischer Stoff! 1.3. Plato: Gott ist Vollkommenheit und bracht daher logischerweise keine Veränderung. Sie erzeugt das Wahre und Gute. Es entsteht die Vorstellung einer „Idee“: Das in sich selbst Sein einer Sache (das Gute, Wahrheit...) und der Gedanke, dass die Seele göttlich sei. 1.4. Hellenistische Stoa: Rückbesinnung auf die Mythologie (s. 1.1.). Allerdings ist das Göttliche nicht Person oder Personen, sondern der „logos“, die Vernunft als beseeltes Lebewesen ist in der Welt vorhanden, wie eine „pneuma“, ein Hauch. Sie lenkt den Kosmos. 2.Alttestamentliche Gottesvorstellungen (Buch: S.22-35) 2.1. Gott wird in der konkreten, immanenten Geschichte erfahrbar. Gott als Retter Israels. Er allein ist der Helfer und wird als solcher bekannt. (Exodus, Schilfmeerwunder) Sein Name ist Ausdruck seiner Handlungsweise. „Jahwe“, „Ich bin für Euch da“! 2.2. Gott ist der Gott, welcher hilft und erfahrbar ist. Daran misst sich die Gottesverehrung. Die anderen Götter mögen zwar existieren, sind aber nicht von Relevanz. Jahwe beansprucht für sich die Verehrung. Ausschließlichkeitsforderung führt zum praktischen Monotheismus (Henotheismus, Monolatrie). 3.3. Bildlosigkeit: Klare Distanz zu zeitgenössischen Religionen (Goldenes Kalb). Natur ist keine Erscheinungsform Jahwes, natürlich damit auch keine Produkte (Symbole, Allegorien) aus Stoffen der Natur! Sein Wollen und Heilswirken ist autonom, für den Menschen nicht verfügbar. 3.4. Solidaritätsforderung: Die ethische Frage wird nun laut! Hier macht das Gottesvolk „Anleihen“ aus der Umwelt. Nur: An der Liebe zu den Menschen misst sich die Liebe zu Gott, das ist neu. Soziale Spielregeln werden somit zur Forderung Gottes, zum Gebot! Recht, Schutz der Volksgemeinschaft, Rücksicht auf das Individuum werden gewissermaßen zur „Chefsache“! Gottesverehrung ist nicht nur mehr der Kultus allein, sondern auch das rechte Tun. 2.5. Jahwe als Schöpfer: Jetzt erst klare Unterscheidung von Transzendenz und Immanenz. Gott ist Gott und Welt ist Welt. Außer Gott gibt es sonst nichts „Göttliches“, sondern nur Geschöpfliches. Echter Monotheismus! Alles Geschaffene in der Welt ist Ausdruck des Willens Gottes. Vorher war nichts! Nur Gottes Wort allein! (creatio ex nihilo) © rp Oberstufe Gym. 2 3. Neues Testament (Buch, S.47-63) 3.1. Notwendigkeit der Suche nach dem historischen Jesus: Legitimationsgründe! Jesus historische Existenz wurde bisweilen bezweifelt. Viel wichtiger jedoch: Die Suche nach dem „Ur-Jesus“, nach seiner „ipsissima vox“. 3.2. Außerbiblische Belege über Jesus: Bei Tacitus (annales XV, 44) und dem jüdischen Geschichtsschreiber Josephus (antiquitates iudaicae XX, 200) und Plinius. 3.3. Rekonstruktion der Hauptquellen; Zwei Quellentheorie: Durch eine Synopse (griech: Zusammenschau) der drei älteren Evangelien (ohne Johannes!) kam die Forschung zu einem Modell literarischer Abhängigkeit: Lukas und Matthäus hatten als Hauptvorlagen Markus und eine zweite, verschollene Quellen, die sog. „Logienquelle“. Sondergut Matthäus Markus Logienquelle „Q“ Matthäus Sondergut Lukas Lukas 3.4. Weitere Echtheitskriterien: Es gibt sachliche Schwierigkeiten, schroffe Aussagen Jesu, die widersprüchlich oder spannungsreich wirken (z.B. Lk. 16,1-8), oder Vorwürfe an Jesus (z.B. Mk.3,2) Sie wurden nicht „wegharmonisiert“. Dann gibt es das Unähnlichkeitskriterium, einmalige inhaltliche Aussagen Jesu, sie habenkeine Parallelen in der Religionsgeschichte (Nähe des Gottesreiches). Sehr markant auf der Suche nach Echtheit sind auch bestimmte Sprachformen, allen voran Jesu Gleichnisse, aber auch Stilformen wie z.B. antithetische Parallelismen (Mt.9,37b). 3.5. Der kerygmatische (geglaubte, verkündigte) Jesus Christus: Merke: Historischer Jesus und kerygmatischer Christus sind eine Unterscheidung, keine Trennung beider Personen! Viel am historischen Jesus ist für das Kerygma (Verkündigung) wichtig! Diese Unterscheidung trifft der Wissenschaftler. In der kirchlichen Praxis und in persönlichen Glaubensmodellen sind beide Figuren gleich wichtig, bzw. deren Unterscheidung nicht so relevant! 3.6. Apokalyptik (griech.: „Enthüllung“) und Eschatologie: Jesu Verkündigung greift z.T. zeitgenössische Vorstellungen auf. Nach dem „alten Äon“, also unserer Geschichte, folgt eine Art Katastrophe, oft mit kosmischen Zügen (Naturerscheinungen usw.), die jedoch eher den Charakter von „Geburtswehen“ hat: Es folgt ein tausendjähriges Reich der Gottesherrschaft (Chilliasmus, Millenium) und dann, bisweilen noch nach einem kurzen Aufbäumen des Bösen, der neue Äon, das vollkommene Reich Gottes. Alter Äon © rp Katastrophe Millenium (2. Katastrophe) Neuer Äom Oberstufe Gym. 3 3.7. Eschatologie (Lehre von den letzten Dingen): Typisch für Jesu Botschaft und neu ist die Vorstellung, dass das Reich Gottes nicht nur einst in (ferner) Zukunft anbrechen wird, sondern sein Licht schon in die Gegenwart wirft. Es wird daher zwischen präsentischer und futurischer Eschatologie (z.B. Lk.17,20; Mt.10,7; unterschieden (nicht getrennt!!!). Gegenwart und Zukunft stehen in einem lebendigen, von Wachstum und Verantwortung gezeichneten Verhältnis (Senfkorn, törichte Jungfrauen...). Man spricht in der Theologie gerne vom Schema Verheißung und Erfüllung. 3.8. Gericht: Der nur auf seine Gegenwart, Vergangenheit und ausschließlich auf sich selbst fixierte Mensch kommt buchstäblich in die „Krise“ (krisis, griech.: Gericht). Er ignoriert gegenwärtiges und künftiges Heil und kann sich nur selber, sprich: gar nicht, helfen. 3.9. Dass kommendes Gottesreich gegenwärtig ist, hat ethische Auswirkungen auf die Vorstellungen über ein Gottesbild. Die Zuwendung zu verlorenen oder deklassierten Menschen (Aussätzige, Verlorener Sohn, Zöllner...) ist schon jetzt Zeichen des anbrechenden Heils. Krankenheilungen sind ebenso Zeichen hierfür wie Befreiungsakte von Schuld. (Sabbatheilungen, Ehebrecherin, Zachäus...) Die ethischen Konsequenzen (Bergpredigt, Schuldvergebung, Doppelgebot...) werden in den Begriffen Umkehr und Nachfolge beschrieben. Ethik und praktische Moral sind Antwort auf die Begegnung mit Gott. 4. Position Martin Luthers, Reformation (Buch S.112-116) 4.1. Die natürliche Gotteserkenntnis hat Grenzen. Allein aus der Schöpfung vermag der Mensch Gottes Wesen und Willen mittels der Vernunft nur sehr andeutungsweise zu erfassen. 4.2. Der Weg zu Gott führt allein über den Glauben (sola fide). Es geht um ein inniges Vertrauensverhältnis zu Gott. Weder gute Werke noch die Aktivität kirchlicher Institution an sich öffnet den Weg zu Gott. Woran jeder Mensch sein „Herz hängt“, das ist sein Gott! 4.3. Der Wille Gottes und seine Liebe wird allein in Christus (solus Christus) den Menschen offenbar. Durch seinen Kreuzestod wird der Mensch von seinen Sünden befreit. Es bleibt ihm nur glaubendes Vertrauen auf das Werk Christi. 4.4. Gültige Auskunft über diese Botschaft gibt allein die Bibel (sola scriptura). Neben ihr gelten weder Papsttum, Konzilien, Dogmen noch irgendwelche anderen, kirchlichen Verlautbarungen. Die Bibel allein hat Autorität, wenn es um das Leben der Kirche geht. Diese entscheidende Erkenntnis hat sich als wesentlicher Unterschied zwischen den reformatorischen und der römisch-katholischen Kirche bis auf den heutigen Tag erhalten. Die Formulierungen sola fide, solus Christus und sola scriptura haben sich im Verlauf der Kirchengeschichte als die drei großen, reformatorischen Prinzipien etabliert. 4.5. Für das Gottesbild bedeutet obiges eine gewisse Spannung. Hinter der Ohnmacht und dem Leiden Jesu (und der Menschen) steht der verborgene Gott, undurchschaubar und rätselhaft, (deus absconditus), der sich jedoch durch das Kreuz (theologia crucis) in seiner Liebe und Zuwendung als offenbarter Gott (deus relevatus) den Menschen zeigt. Diese Spannung ist eine Beziehung, keine Alternative. © rp