Yin und Yang: der Schlüssel zur Lebensenergie

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Psychologie | Philosophie
Yin und Yang:
der Schlüssel zur Lebensenergie
Sind Sie meist gut drauf und voller Lebensenergie? Oder hat Sie der Tag schon geschafft,
noch lange bevor es Abend wird? Woran liegt es, dass einige Menschen beinahe unermüdlich sind, während andere ständig über Energielosigkeit klagen? Der Schlüssel für
unsere Lebensenergie liegt in unserem ganz persönlichen Umgang mit den polaren Kräften
von Yin und Yang. Bringen wir beide Pole ins Gleichgewicht, bauen wir automatisch unsere Energie auf. Sind Yin und Yang hingegen nicht ausgewogen, verlieren wir nicht nur
unsere Mitte, sondern eben auch einen Teil unserer Energie.
Text und Fotos: Dominik F. Rollé (www.lebensraum-fengshui.ch)
Die Bedeutung von Yin und Yang
Die bildhaften Schriftzeichen der chinesischen Sprache geben einen guten Einstieg für ein vertieftes Verständnis: Die ursprüngliche
Bedeutung von Yin ist ‹die Schattenseite des Bergs› und Yang ‹die
Sonnenseite des Bergs›. Auf der Schattenseite finden wir die kühlen, fallenden Winde, auf die Mensch und Natur mit Zusammenziehen und Beruhigen reagieren. Auf der Sonnenseite erzeugt die
Wärme hingegen Aufwind und Öffnung, die bei Mensch und
Natur Ausbreiten und Aktivieren bewirken. Dabei zeigen beide
Seiten zwei Aspekte derselben Begebenheit, in diesem Fall des
Klimas mit der Thermik. Das Eine kann nicht ohne das Andere
existieren – ohne Sonnenseite gibt›s auch keine Schattenseite des
Bergs – ohne steigende Winde gibt›s auch keine fallenden.
Die Natur als Lehrmeister
In der Natur existieren Yin und Yang immer als polares Paar, das
meist einen unsichtbaren, aber für alles Leben sehr entscheidenden Energiestrom erzeugt. So teilt sich der Tagesverlauf in eine
Nachtphase (= Yin) und eine Tagphase (= Yang). Im Wechsel
der kühlenden Dunkelheit (= Yin) und des erwärmenden Lichts
(= Yang) werden wir Menschen zu Entwicklung und Kreativität
angeregt. Diese Anregung vermissen Menschen in Nord-Skandinavien, wenn im Winter die Sonne lange nicht zu sehen ist oder
im Sommer keine Nacht mehr existiert. Erst ein ausgewogenes
Verhältnis, das regelmässig von einem Pol zum andern pulsiert,
erzeugt ideale Verhältnisse für unsere Lebensenergie.
Das Kraftfeld zwischen Yin und Yang
Yin und Yang generieren auf verschiedenen Ebenen ein Kraftfeld,
das beim Menschen unter anderem folgende Wirkung erzielt:
Yin
Yang
Wirkung beim Menschen
Schatten
Licht
wichtig für Sehsinn und Zellstoffwechsel
kalt
warm
fördert die Durchblutung und Anpassungsfähigkeit
weich
hart
wichtig für Tastsinn (und auch Hörsinn)
unten
oben
wichtig für Sinnfindung und Entwicklung
weiblich
männlich
wichtig für Beziehung und Fortpflanzung
geschlossen
offen
bestimmt das Energie-Management
passiv
aktiv
wichtig für Ausgeglichenheit und Gesundheit
einatmen
ausatmen
basisch
sauer
zuhören
sprechen
ruhen
gehen
wichtig für Leben und Stoffwechsel
wichtig für Ernährung und Gesundheit
Grundlage jeder Kommunikation
wichtig für Muskelsystem und Regeneration
Die Liste liesse sich beliebig weiterführen. Sie macht deutlich,
dass es zu allem ein Gegenstück gibt und dass es zwischen
beiden ein Gleichgewicht braucht. So sind wir zum Beispiel nur
dann auf Dauer leistungsfähig, wenn wir den Tagesverlauf in
eine passive und in eine aktive Phase aufteilen. In jeder Stresssituation verschiebt die verstärkte Belastung das Gleichgewicht
zur Aktivität – also zum Yang hin. Auf Dauer heisst dies, dass
wir unser Yin auslaugen oder bildlich ausgedrückt, unsere Reserven aufbrauchen. Jedes Burn-out ist klares Anzeichen dafür,
dass man zulange mit übermässigem Yang sein eigenes Yin
erschöpft hat.
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Das ideale Gleichgewicht zählt
Im Feng Shui gilt der Weg der Mitte als der segensreiche, weil
Man sollte meinen, dass es ein Kinderspiel sei, im Leben einzig er am meisten Lebensenergie erzeugt. Dabei wird aber niemand
zwei Aspekte ins Gleichgewicht zu bringen. Die Natur würde es starr in der Mitte bleiben können, denn wir pendeln natürlicherja eigentlich auf perfekte Weise vormachen. Offensichtlich sind weise immer hin und her. In der Nacht sind wir mehr im Yin
wir mit unserem modernen Lebensstil recht stark aus dem Lot ge- und am Tag mehr im Yang. Wichtig ist, dass in der Summe ein
kommen, sonst würden nicht die Kosten des Gesundheitssystems vernünftiger Ausgleich herrscht. Was zuwenig gelebt wird, muss
deswegen bewusst verstärkt werden.
ständig weiter steigen.
Die oben stehende Liste macht noch etwas Weiteres klar: Jedes
zusammengehörige Paar braucht ein vernünftiges Gleichgewicht! Yin und Yang in der Raumgestaltung
Querverbindungen sind nicht möglich: Es funktioniert also nicht, Mit der passenden Raumgestaltung kann man sich nun dazu
dass sich ein immer aktiver Workaholic (= übermässiges Yang) motivieren, den schwachen Pol gezielt zu integrieren. Ein
z. B. mit viel Schatten (= Yin) ins Gleichgewicht bringen kann. Mensch, der zu mehr Yin-Tendenz neigt, braucht in der RaumStarke Aktivität lässt sich ausschliesslich mit intensiver Ruhe ins gestaltung also mehr Yang-Anregung. Umgekehrt braucht
Gleichgewicht bringen. Entweder man erreicht dies täglich, oder der überaktive Workaholic in seinen 4 Wänden mehr Yinriskiert auf Dauer einen Zusammenbruch. Bei einem längeren Elemente.
Spital- und Kuraufenthalt müsste dann das Yin
langsam wieder hergestellt werden. Wer PhaDer Yin-Typ braucht
Der Yang-Typ braucht
sen intensiver Belastung durchlebt, muss deshalb
Yang-Gestaltungselemente:
Yin-Gestaltungselemente:
gut darauf achten, dass sein Schlaf tief und re• harte Materialien
• weiche Materialien
generierend ist.
• glatte Oberflächen
• poröse Oberflächen
• Steinboden oder Parkett
• Teppich oder Kork
Die eigene Mitte finden
Yin und Yang beschreiben ein Fliessgleichge• helles Licht
• dunkle Nischen
wicht, das ununterbrochen neu ausgeglichen
• offene Räume
• geschossene Räume
werden muss – genauso wie das Gleichge• grosse Fenster mit Ausblick
• kleine Fenster mit Vorhängen
wicht-Halten beim Radfahren auch. Dazu muss
• viel Freifläche
• viel weiche Möbel
man sich ständig selbst beobachten. Die zen• klare leuchtende Farben
• sanfte Pastelltöne
trale Frage, die sich dabei stellt: Neige ich
• viel Kontrast
• wenig Kontrast
normalerweise eher zur Yin-Seite oder eher zur
• warme Farben (rot/orange/gelb)
• kalte Farben (blau/grün)
Yang-Seite?
Anzeichen von Yin-Tendenz:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Trägheit
zurückgezogenes Leben
Bedürfnis nach Ruhe
viel Zuhören
Antriebslosigkeit
tiefe Gefühle
Entschlussunfähigkeit
chronische Probleme
Charakter: «stilles Wasser»
Anzeichen von Yang-Tendenz:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Wenn Yin (hier das ruhende Wasser)
und Yang (das bewegte Wasser)
im Gleichgewicht sind, entsteht ein
Raumwirbel, der die Grundlage für
alle Lebensenergie ist.
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Nervosität
viele soziale Kontakte
Party-Stimmung
viel Sprechen
voller Terminkalender
schnelle Gedanken
Zwischenfälle durch Übereilung
akute Probleme
Charakter: «Wirbelwind»
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Yang: die einheitlich weisse Farbgebung, die ausschliesslich harten
Materialien und die offene Raumhöhe erzeugen nur Yang. Weil es
an Yin fehlt, fällt man hier schnell in
ein Energieloch.
Yin: Welche Wohltat, nach einem
strengen Tag in diesem dunklen
Raum aufzutanken! Die starke
Yin-Energie erhält mit dem grossen
hellen Bild den entscheidenden
Yang-Impuls.
Der Spiegel der Architektur
In der Entwicklung der Architektur während der letzten Jahrzehnte beobachtet man eine deutliche Verlagerung zu YangGestaltungselementen hin. Währenddem unsere Grosseltern
noch in stark Yin-lastigen Räumen wohnten, findet man in der
modernen Architektur fast ausschliesslich Yang-Elemente. Ware
früher Eingang, Treppe, Wohnen, Essen, Kochen getrennt, so
sind sie heute alle offen miteinander verbunden. Statt der weichen Tapeten, Teppiche und Vorhänge haben wir heute Glattputz, Holz- oder Steinböden, und meist grosse Fensterflächen
ohne Stoff. Die Formensprache, die früher auch mal geschwungen verspielt war, orientiert sich heute an der schnörkellosen
Geradlinigkeit. Auch die dunklen Nischen wurden aus den
Häusern verbannt; alles muss heute Licht durchflutet und strahlend weiss sein.
Die dumpfe Energie unserer Vorfahren wurde mit der modernen Architektur weggeputzt, mit ihr allerdings auch diejenigen
Yin-Elemente, die unserem Leben wieder mehr Gleichgewicht
geben könnten. Architekten sind Kinder unserer Gesellschaft:
Sie drücken letztlich das aus, was die Gesellschaft als Ganzes
repräsentiert. Mit dem Hang zu immer mehr Geschwindigkeit
ist es verständlich, dass alles Yin reduziert wurde. Ob wir uns
damit aber einen Gefallen erweisen? Gemäss Feng Shui provoziert eine Yang-lastige Architektur Nervosität, Hyperaktivität,
Kommunikationsdefizite, Energiemangel und Burn-out – kurz:
die Problematik unserer Zeit.
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Ein Wort zur Formensprache
Die moderne Architektur ist geradlinig und kantig geworden. Der
Kubus wird in allen Variationen zelebriert. Dies erzeugt einen
starken Yang-Impuls. Kreis und Rundungen sind kaum mehr gefragt – zum einen, weil sie teurer sind, zum andern, weil sie nicht
mehr zu einem hektischen Lebensstil passen. Das Geschwungene und Runde würde jedoch die heute so nötige Yin-Energie ins
Haus holen!
Interessant ist der Zusammenhang, dass alles Geradlinige und
Kantige den Verstand aktiviert und das Runde und Geschwungene die Gefühle aufleben lässt. Viele moderne Gebäude wirken
mit ihrer Gradlinigkeit aus diesem Grund entseelt und gefühlskalt.
Weil der Bewohner unweigerlich von seinem Haus geprägt wird,
leiden viele Familien an einer gegenseitigen Entfremdung und Entseelung. Der Verstand dominiert darin unmissverständlich über die
Gefühle. Verborgene Verletzungen und schlummernde Frustration
sind nicht selten die Folge. Statt die Bewohner zu therapieren,
könnte man aber die Raumgestaltung wirkungsvoll verändern.
Von oben links im Uhrzeigersinn:
Jeder Raum verfügt über Zonen mit mehr
Yin und solche – wie hier beim Fenster – mit
mehr Yang. Da ein Bett Ruhe geben sollte,
steht es hier völlig am falschen Ort.
Die kalt-weisse Wand hinter dem Sofa ist
starkes Yang, das keine Entspannung gibt.
Die Gedanken kreisen hier ruhelos weiter
und spornen zum Weiterarbeiten an.
Energie entsteht überall dort, wo Weichheit und Härte, Licht und Schatten, Leere
und Fülle, Rundung und Geradlinigkeit im
Gleichgewicht sind – auch in der Beziehung.
Obwohl es viele weisse Möbel hat, schafft
die farbige Wohnecke einen Yin-Bereich,
in den man sich gerne zurückzieht – alleine
oder gemeinsam zum Gespräch.
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Links:
Yang-Pflanze: Spitze Pflanzen strahlen
eine stark aktivierende Energie ab,
die mitunter auch zu Hektik und Streit
anspornen kann.
Unten:
Yin-Pflanze: Runde Pflanzen haben
ein beruhigendes Energiefeld,
das sich auch sehr nahe an einem Sofa
gut anfühlen kann.
Meist fehlt es an Yin
Eine Kultur, die immer schneller und eine Architektur, die immer
geradliniger wird, benötigt zum Ausgleich in erster Linie YinElemente. Für das Zusammenleben ist dies vor allem in den Privathäusern wichtig. Wenn Sie hier schon einige wenige Dinge
beachten, können Sie bereits viel erreichen:
Mehr Dunkelheit: Allgegenwärtig weisse Wände holen zwar
am meisten Licht in den Raum, erzeugen damit aber auch einen
ständigen Impuls zu Aktivität. Es ist erstaunlich, wie bereits eine
abgedunkelte Wand mehr Ruhe ausstrahlen kann. Gerade hinter
einem Sofa, oder – oft noch wichtiger – an der Kopfwand des
Bettes kann eine farbige Wand das so wichtige Yin stärken.
Mehr Weichheit: Ein schöner Teppich beim Esstisch, bei der
Sitzecke oder im Spielzimmer verändert die Atmosphäre spürbar. Man wird darauf den Gang verlangsamen und innerlich
zur Ruhe kommen. Ein Teppich kann gleichzeitig wie eine Insel
wirken, auf die man sich zum Schutz vor dem hektischen Alltag
zurückziehen kann.
Mehr Rückenstärkung: Unser Körper ist mit den Sinnesorganen nach vorne ausgerichtet, währenddem die Hinterseite geschlossen ist. An lange benutzten Aufenthaltsorten wie Schreibtisch, Bett,
Leseecke oder Sofa sollte deshalb der Rücken von einer Wand
oder einem grossen Möbelstück gestärkt werden und die Vorderseite den offenen Raum überblicken. Damit befindet sich der Körper
zwischen einem aufbauenden Energiestrom von geschlossenem Yin
und offenem Yang.
Mehr Geschlossenheit: Überall dort, wo riesige Fensterflächen die Räume beherrschen, braucht es zumindest
nachts ein schliessbares Vorhangsystem. Der Ausblick durch
die Fenster aktiviert unsere Sinnesorgane. Zuviel davon
kann vor allem in der Ruhephase das Nervensystem überreizen. Genau so wie sich das Auge mit dem Lid schliessen kann, sollte sich ein Fenster mit Vorhängen schliessen
lassen. Gleichzeitig kann es helfen, einige Zimmertüren zu
schliessen, um die Energie besser nach innen lenken zu
können.
Soweit die wichtigsten Tipps. Probieren Sie es aus und beobachten
Sie die Wirkung! Der gestalterische Ausgleich von Yin und Yang
kann im Leben Erstaunliches bewirken: Man reagiert plötzlich ausgeglichener, baut mehr Atempausen in den Alltag ein, wird für andere aufnahmefähiger und fühlt sich allgemein energievoller. Genau
dies wird mit einem Zitat aus dem Buch der Riten ‹Li Chi› auf den
Punkt gebracht: «Bewirke Harmonie der Mitte – und Himmel und
Erde kommen an ihren rechten Platz und alle Dinge gedeihen.»
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