Ausgabe 01/08 MMA-Verluste erfolgreich bekämpfen Ausgabe 01/08 MMA richtig behandeln: Produktivität der Sau erhöhen 82 % der Saugferkelverluste treten erreichen. Je geringer das Geburtsge- laufen die hungrigen und durstigen in der ersten Lebenswoche auf, wicht der Ferkel ist, umso wichtiger Ferkel aufgeregt um die Sau herum 61 % davon in den ersten drei Ta- ist eine sofortige Kolostrumaufnahme, und versuchen, an das Gesäuge zu ge- gen. Diese nüchternen Zahlen ver- um ein weiteres Absinken der Tempe- langen. Da das Gesäuge häufig schmerz- deutlichen, dass dieser Zeitraum ratur zu vermeiden und die Vitalität haft ist, liegen die Sauen auf dem Ge- für die Ferkel von entscheidender der Ferkel zu erhalten. säuge, so dass die Ferkel erfolglos Gleichzeitig kommt das Ferkel bei der sie Sauenurin oder Wasser vom Stall- Bedeutung ist. sind. In ihrer Verzweifelung trinken Ferkel sind unmittelbar nach der Ge- Geburt aus der keimfreien Gebärmut- burt auf eine reichliche Versorgung ter in die sehr keimhaltige Umgebung mit den im Kolostrum enthaltenen des Abferkelstalles und ist einer Viel- Nährstoffen und Antikörpern zwin- zahl von Erregern ausgesetzt. Ohne gend angewiesen, denn die Energiere- die im Kolostrum enthaltenen mütter- serven des neugeborenen Ferkels sind lichen Antikörper sind die Ferkel schutz- sehr gering. Nach der Geburt sinkt los. Die Übertragung der Antikörper die Körpertemperatur der Ferkel um muss innerhalb der ersten 36 Lebens- 1 bis 4 °C ab. Kräftige Ferkel erreichen stunden abgeschlossen sein. den Normalwert der Körpertemperatur von 39 °C innerhalb von 12 bis 24 Das typische Bild unterversorgter Fer- Stunden. Schwache Ferkel benötigen kel von an MMA erkrankten Sauen mehrere Tage um diese Temperatur zu kennt jeder Sauenhalter. Zunächst Wie entsteht MMA? Beim MMA-Komplex spielen zu Anfang Bakterien keine Rolle. Zunächst kommt es bedingt durch Stress, Umstallung und Bewegungsmangel im Abferkelabteil zu reduzierter Darmtätigkeit und einer unzureichenden Produktion von Verdauungssäften, die sich dann auch in einer Verstopfung der Sauen äußert. Daraufhin können Darmbakterien (meist Coli-Bakterien) und von ihnen produzierte Gifte (Endotoxine) durch die Darmschleimhaut ins Blut übertreten. Erst dann entwickelt sich der MMA-Komplex in seinen verschiedenen Ausprägungen. Um solchen Verdauungsstörungen vorzubeugen, können spezielle „Verdauungsförderer“ (z. B. von Ropapharm International, bioptivet, Essentico, Agrochemica) ins Laktationsfutter Eine Sau mit hochgradig entzündeter, verhärteter und schmerzender Gesäugeleiste lässt Ihre Ferkel nicht mehr saugen. Foto: Prof. Dr. K. Heinritzi, Schweineklinik d. LMU München eingemischt werden. boden. Mit zunehmender Entkräftung Atemfrequenz bei Dreiviertel der er- kauert dann ein Häuflein von zittern- krankten Sauen Fressunlust und in den, frierenden und von Durchfall Zweidrittel der Fälle Verstopfung. Bei (E. Coli, Clostridien) geplagten Fer- jeder vierten Sau liegt nur eine Gesäu- keln neben der Sau und es kommt geentzündung vor. Bei etwa 30 Pro- unweigerlich zu Todesfällen. Ferkel, zent der Fälle konnte eine Kombinati- die diese Tortur überleben, tragen on von Mastitis und Gebärmutterent- dauerhafte Schäden davon und sind zündung beobachtet werden und bei Sofortige Kolostrumaufnahme nach der auch später weit von dem entfernt, fast jeder zweiten MMA-Sau liegt eine Geburt ist für Ferkel überlebenswichtig. was landläufig unter „Qualitätsferkel“ alleinige Gebärmutterentzündung vor. Foto: J. Hilgers, LRS verstanden wird. Infos unter: www.mma-tipp.de Genaue Beobachtung und Fiebermessen Zur Diagnose einer MMA-Erkrankung Der MMA-Komplex ist kein einheit- kann neben dem Fiebermessen eine hat, steigt der pH-Wert bei einer erkrankten Sau in Richtung pH 7 und höher. liches Krankheitsbild. Der Sauenhal- Messung des pH-Wertes der Sauen- ter muss deshalb genau hinsehen. milch einen weiteren Hinweis auf Welche Sauen sind besonders gefährdet Typische Symptome sind neben der MMA geben. Während eine gesunde Dauert eine Geburt länger als sechs erhöhten Körpertemperatur (39,2 bis Sau in den ersten Tagen nach der Stunden, erkranken erfahrungsgemäß 41,0 °C) und der erhöhten Herz- und Geburt einen Milch-pH-Wert um 6,4 weit über 80 Prozent der Sauen an MMA. Häufig muss bei MMA-Sauen Keine unnötigen Oxytocin-Injektionen Geburtshilfe geleistet werden. Bei diesen „berührten Geburten“ gelangen Injiziert man gebärenden Sauen zu erhöhte sich aber auch die Zahl der weitere Fäkalkeime in die Gebärmut- Beginn der Austreibungsphase grund- tot geborenen Ferkel deutlich. Eben- ter. Vor unnötigen Oxytocin-Injektio- los Oxytocin zur Geburtsbeschleuni- so steigt die Zahl der Ferkel, die mit nen muss aber gewarnt werden. gung, führt dies zu erhöhten Ferkel- einem vorzeitig gerissenen und blu- verlusten. Wie kanadische und mexi- tenden Nabel geboren werden deut- kanische Wissenschaftler herausge- lich an. Zusätzlich haben Ferkel der chronische Infektion von Nieren, Harn- funden haben, verkürzten sich wie mit Oxytocin injizierten Sauen eine leiter und Blase haben. Hinweise auf zu erwarten die Geburtsdauer und schwächere Atmung und sind häufi- eine solche Infektion sind häufiges, die zeitlichen Abstände zwischen den ger mit Mekonium (Kot des neu ge- angestrengtes Urinieren, übel riechen- ausgetrieben Ferkeln. Gleichzeitig borenen Ferkels) verschmiert. der Urin und Beimengungen wie Gefährdet sind auch Sauen, die eine Schleim, Eiter und Kalk. Ausgabe 01/08 Alarm im Sauenstall verlusten und bestehenden MMA- flutet rasch innerhalb von 25 Minuten Eine MMA-Erkrankung der Sau mit Problemen durchgeführt wurde. Zu- an, senkt das Fieber schnell, lindert Milchmangel ist für die Ferkel eine nächst wurde das Resistenzverhalten den Schmerz und bekämpft die Katastrophe. Folglich ist eine Behand- der am MMA-Geschehen beteiligten Bakteriengifte (Endotoxine). Um den lung zu wählen, bei der mit großer Coli-Bakterien, Strepto- und Staphy- Milchfluss anzuregen, wurde den Sicherheit ein Therapieerfolg zu er- lokokken festgestellt. MMA-Sauen zusätzlich Oxytocin injiziert. warten ist. Jede Verzögerung oder eine Therapieumstellung geht auf Hier erwies sich nur der Wirkstoff Kosten der Ferkel und beeinträchtigt Cefquinom (Cobactan 2,5%) in allen Die Behandlung zeigte in dieser Feld- die Rentabilität erheblich. vier Beständen und bei allen relevan- studie eine deutliche und messbare ten Keimen als wirksam. Der Wirkstoff Wirkung. Die Sauen waren innerhalb Die richtige Behandlung zeichnet sich wie alle sogenannten eines Tages fieberfrei, fraßen und Die veterinärmedizinische Fachzeit- bakteriziden (keimabtötenden) Anti- konnten ihre Ferkel normal säugen. schrift „Der Praktische Tierarzt“ be- biotika durch einen raschen Wirkungs- Die Ferkelverluste sanken in der Folge richtete kürzlich über eine Feldstudie, eintritt aus. Das Präparat wurde 1 x auf den vier Betrieben im Vergleich die auf vier Sauenbetrieben (Bestands- täglich über zwei Tage injiziert. Zu- zur Vergangenheit im Schnitt um größen von 180 bis 700 Sauen) mit sätzlich wurde „Flunixin“ (Finadyne® 23 %. Die Ferkel entwickelten sich durchschnittlichen 15 % Saugferkel- RPS) einmalig injiziert. Das Präparat gleichmäßig durch die ungestörte Milchaufnahme, so dass der Effekt der gelungenen Behandlung bis zum Nach der Geburt ist vor dem Belegen 7. Lebenstag (Ende der Studie) zu Insbesondere nach MMA-Erkrankun- sich die Injektion von Prostaglandin beobachten war. gen sammeln sich in der Gebärmut- etwa 36 Stunden nach der Geburt ter bakteriell infizierte Entzündungs- bewährt. In Studien hat sich gezeigt, sekrete und Nachgeburtsreste. Um dass hierdurch beim nächsten Wurf Nur durch eine rasch wirkende MMA- dieses Material zu beseitigen, hat ein Ferkel mehr geboren wird. Behandlung mit einem hochwirksa- Fazit für die Praxis men Antibiotikum, einem Entzün- IMPRESSUM dungshemmer und Oxytocin kann die aho focus Herausgeber: V.i.S.d.P.: Copyright: Design: Gesundheit der Sau und die Versorwww.animal-health-online.de Dr. Manfred Stein Am Kiebitzberg 10, 27404 Gyhum [email protected], Tel.: 0 42 86/4 00, Fax: 0 42 86/4 44 Dr. Manfred Stein, Torsten Lange www.conwerbeagentur.de gung der Ferkel mit Muttermilch gewährleistet werden. Die Ferkelverluste werden deutlich gesenkt und die Rentabilität durch die Erhöhung der Produktivität der Sau gesichert.