Bildungspsychologie I (Wahlfachmodul) MMag. Margarete Halmetschlager WS 2008/09 Vorlesung 6 Überblick Inhalte der 6. Vorlesung Lernen als Wissenserwerb (Fortsetzung) VEL-Programm (Beispiel für selbstreguliertes Lernen) Teilprozesse des Lernens Arten der Wissensrepräsentation Gedächtnis 3 Vienna E-Lecturing (VEL) Training zum selbstregulierten Lernen im Studium (Wagner, Schober, Reimann, Atria & Spiel, 2007) Ausgangslage Immer raschere technische und gesellschaftliche Veränderungsprozesse -> Bereitschaft, Interesse und Kompetenz zum LLL (= in weiten Bereichen selbstgesteuert!) sind notwendiger denn je! Schule vermittelt diese Kompetenzen nur bedingt -> Studierende weisen zum Teil große Defizite in diesem Bereich auf Entwicklung von motivationsfördernden Lernmodellen für Studierende Ausgangslage VEL soll Fremdbestimmung beim Lernen reduzieren Selbstständigkeit der Studierenden fördern selbstreguliertes Lernen fördern VEL wurde in mehreren Phasen entwickelt, immer wieder evaluiert und optimiert VEL bietet eine lerntheoretisch fundierte Struktur mit hoher inhaltlicher Flexibilität (d.h. es ist nicht an konkrete Inhalte gebunden) Ausgangslage Durchführung von VEL im Rahmen der 2-semestrigen VO „Forschungsmethoden und Evaluation“ (PflichtLV im Diplomstudium Psychologie, 2. Abschnitt) Warum gerade hier? Mehrheit der Studierenden steht der verpflichtenden Ausbildung in Methodenlehre negativ gegenüber (vgl. Gal & Gainsburg, 1994) Mehrheit der Studierenden erlebt eine für den Lernerfolg hinderliche Statistikangst (vgl. Onwuegbuzie, 2004) Lehrziele von VEL Fachwissen Lernkompetenz Kompetenz zum kollaborativen Lernen (Teamarbeit) E-Kompetenz Lehrziel Fachwissen Studierende sollen in der LV jenes Wissen und Können erwerben, das für das Verstehen, Planen, Durchführen und Bewerten empirischer Studien notwendig ist Lehrziel Lernkompetenz „Um erfolgreich zu lernen, muss man lernen wollen und lernen können!“ VEL orientiert sich am Phasenmodell zum SRL von Zimmerman (2000): 1. Phase: „forethought“ (Planung der Lernhandlung) 2. Phase: „performance / volition control“ (konkrete Umsetzung der Lernhandlung) 3. Phase: „self-reflection“ (Bewertung der durchgeführten Lernhandlung) Lehrziel Kompetenz zum kollaborativen Lernen Selbstbestimmungstheorie von Deci & Ryan (1993): Eine Person arbeitet und lernt vor allem dann (intrinsisch) motiviert, wenn sie Erfolgserlebnisse hat sie sich als autonom handelnd erlebt sich als sozial eingebunden erlebt E-Valuers 3-2-1 Bildung von Kleingruppen zu 5 Personen Wahl eines Gruppennamens Gruppenfoto Förderung der Gruppenidentität Rainbow Lehrziel E-Kompetenz = jene Fähigkeiten, die notwendig sind, um sich am Online-Informationsaustausch zu beteiligen und um mit der Online-Lernplattform umzugehen Didaktische Prinzipien von VEL Prinzip der Vernetzung Blended-Learning-Ansatz Ineinandergreifende Vermittlung von verschiedenen Lehrzielen Anwendung expliziter und impliziter Vermittlungsformen Berücksichtigung verschiedener Wissensarten Prinzip der optimalen Instruktion Im Idealfall soll Lehrender mit seinen Instruktionen erreichen, dass Studierende sich für das Fach interessieren sich mit dem Lehrstoff auseinandersetzen inhaltliche Leitideen finden eine eigene, reflektierte Position erwerben Didaktische Prinzipien von VEL Blended Learning: VEL kombiniert virtuelle Einheiten (Online-Lernmodule) mit Präsenzeinheiten (Face-to-Face-Meetings) Inhalte beider Einheitenarten sind miteinander verknüpft Didaktische Prinzipien von VEL Ineinandergreifen verschiedener Lehrziele: „embedded approach“ (Simpson, 1987), d.h. Lehrziele werden nicht hintereinander und unabhängig voneinander vermittelt, sondern gleichzeitig und ineinander greifend Beispiel: Fähigkeit, aus Texten zu lernen (Lernkompetenz) wird direkt an den fachlich relevanten Texten geübt (Fachkompetenz) Didaktische Prinzipien von VEL Kombination von expliziten und impliziten Vermittlungsformen: Studierende werden in Online-Modulen explizit angeleitet sich mit einer bestimmten Literatur auseinanderzusetzen inhaltliche Aufgaben zu erledigen einen Selbsttest durchzuführen Implizites Lernen findet im Rahmen der Gruppenarbeiten statt (Diskussionen zum Lernstoff) Studierende erwerben so nicht nur Fachkompetenz, sondern auch die Fähigkeit zum kollaborativen Lernen Didaktische Prinzipien von VEL VEL fördert 3 verschiedene Wissensarten: deklaratives Wissen (Faktenwissen) prozedurales Wissen (WIE wird das Faktenwissen angewendet) konditionales Wissen (WANN wird das Faktenwissen angewendet) Beispiel: Auswertungsmethoden 1. theoretische Erarbeitung aus der Literatur 2. Übung an konkreten Daten 3. Diskussion der Vor-/Nachteile der verschiedener Auswertungsmethoden unter konkreten Bedingungen Didaktische Prinzipien von VEL Lehrfunktionen als VEL-Prinzip für optimale Instruktionen: ! " # $ ! Didaktische Prinzipien von VEL Feedback-Formen in VEL individuelles Feedback (computergeneriert): betrifft die Lernfortschritte jedes Einzelnen am Ende jedes Online-Moduls -> Selbsttest zum erarbeiteten Lernstoff gruppenspezifisches Feedback: entweder mündlich in den Face-to-Face-Einheiten oder schriftlich auf der Lernplattform, Peer-Feedback durch gegenseitiges Bewerten der Arbeit der Gruppen allgemeines Feedback: Gesamtbeurteilung aller Gruppenarbeiten pro OnlineModul durch die Lehrenden Didaktische Prinzipien von VEL Motivationsförderndes Feedback gibt konkrete Informationen berücksichtigt mögliche Auswirkungen auf den Selbstwert berücksichtigt unternommene Anstrengungen wird weniger als Kontrolle und persönliche Bewertung, sondern als Unterstützung empfunden Hervorheben der Stärken Ansprechen der Schwächen mit Angabe von Verbesserungsmöglichkeiten Programmstruktur und Ablauf von VEL 10 Online-Module 15 Präsenzeinheiten 1 Kick-off-Veranstaltung 6 Meet-the-Expert Einheiten 4 Tutorien 4 Trainingseinheiten zum SRL Programmstruktur und Ablauf Online-Module werden sukzessive zu feststehenden Terminen freigegeben behandeln in sich abgeschlossene, aufeinander aufbauende Inhalte aus dem Vorlesungsstoff zum SRL (Vernetzung mit den parallel zum jeweiligen Online-Modul stattfindenden SRL-Training) Jedes Online-Modul enthält: 1 fachliche Aufgabe (Tasks) 1 Aufgabe zur Förderung von SRL (SRL-Exercise) Programmstruktur und Ablauf Präsenzeinheiten Kick-off-Veranstaltung grundlegende Informationen zu Organisation und Ablauf der LV Meet-the-Expert Einheiten Vermittlung und Reflexion von Fachwissen entsprechen am ehesten einer „klassischen“ VO, ABER: bauen auf den bereits erworbenen Kenntnissen auf -> vertiefende Diskussion der Fachinhalte Tutorien Grundlagen der Gruppenarbeit Plattformschulung („Fit for eLearning“) Reflexion der bisherigen Arbeit in den virtuellen Gruppen Projektmanagement Programmstruktur und Ablauf Präsenzeinheiten - SRL-Trainings 4 Einheiten im WS + 1 Einheit im SS Inhalte: Selbstregulation und Selbstmotivation Emotionsregulation und Feedback Zeitmanagement kognitive Lernstrategien 2 Prinzipien: TeilnehmerInnen sollen sich selbst als Lernende mit individuellen Stärken und Schwächen bewusst erfahren können Erweiterung des individuellen Lernrepertoires anhand von Selbsterfahrung, Selbstreflexion und Übung Programmstruktur und Ablauf Ablauf der SRL-Trainingseinheiten Selbsterfahrungsübung Studierende sollen sich in konkrete Situation hineinversetzen (z.B. Probleme bei Prüfungsvorbereitung) und durch Selbstreflexion ermitteln, wie sie mit den in dieser Situation typischerweise auftretenden Problemen umgehen würden theoretischer Input (SRL-Trainer/in) Erwerb von deklarativem Wissen zum jeweiligen Thema der Einheit Gruppenübungen zuvor vermittelte Theorie soll praktisch angewandt werden. Ziel: Entstehung eines Produkts, das die Studierenden mitnehmen können (z.B. Merkblatt) Programmstruktur und Ablauf Ablauf der SRL-Trainingseinheiten Transfer in den Alltag Studierende diskutieren, wie sie das Gelernte bei der Bearbeitung der schriftlichen Aufgaben im jeweiligen Online-Modul umsetzen können Abschluss Ziele des jeweiligen Trainings werden zusammengefasst Studierende erhalten Handout mit den wesentlichen Leitgedanken Ausblick auf das kommende Training Aufbau der VEL Online-Module Aufbau der VEL Online-Module Home Startseite Hier kommt man automatisch beim Einstieg in das Modul hin Inhalt Thema das Moduls Anknüpfung an bisheriges Wissen Aktivierung von Vorwissen durch einleitende Frage Beispiel: Modul 3 Thema: Operationalisierung Anknüpfung: „Sie haben im Laufe Ihres bisherigen Studiums den Begriff „Operationalisierung“ sicherlich schon oft gehört.“ Aktivierung: „Was genau bedeutet er?“ Aufbau der VEL Online-Module Aufbau der VEL Online-Module Content Angabe des Themas des Moduls Umschreibung der praktischen Relevanz der Inhalte auf ihre Bedeutsamkeit hin Beispiel: Modul 3 „Operationalisierung“ „Das hier angebotene Wissen ermöglicht es Ihnen, psychologische Merkmale messbar zu machen. Dieses Wissen brauchen Sie, wenn Sie eine Evaluationsstudie planen.“ Aufbau der VEL Online-Module Aufbau der VEL Online-Module Goals Gibt die Lernziele des Moduls an und informiert die Studierenden darüber, was sie konkret lernen werden Beispiel: Modul 3 „Operationalisierung“ fachliche Ziele: Untersuchungsziele generieren, relevante psychologische Merkmale messbar machen Ziel bezogen auf Lernkompetenz: konstruktiv mit negativem Feedback nach Misserfolg umgehen können Aufbau der VEL Online-Module Aufbau der VEL Online-Module Literature ist die erste Seite, die die Studierenden zum aktiven Handeln auffordert Angaben zur Fachliteratur, die für das Modul relevant ist Beispiel: Modul 3 „Operationalisierung“ Eine Passage aus dem Lehrbuch „Forschungsmethoden und Evaluation“ von Bortz & Döring (2006) lesen Aufbau der VEL Online-Module Aufbau der VEL Online-Module Task Jedes Modul enthält eine Gruppenaufgabe, die mittels des angegebenen Literatur in der virtuellen Gruppe schriftlich zu bearbeiten ist Zeit für die Erledigung der Gruppenaufgabe sind jeweils 2 Wochen Das Produkt der Gruppenarbeit muss bis zur angegebenen Deadline (Ende des Moduls) auf der Plattform gepostet werden Aufbau der VEL Online-Module Aufbau der VEL Online-Module Selftest Hier können Studierende individuell ihr deklaratives Wissen zum Modulinhalt überprüfen Test mit 8-10 Fragen im MC-Format am Testende Button „Auswerten“ erreichte Punktzahl Auflistung, welche Items richtig und falsch beantwortet wurden ergebnisabhängiges, individuelles Feedback Aufbau der VEL Online-Module Aufbau der VEL Online-Module SRL-Exercise Aufgabe, die ebenfalls eine Bearbeitung in der virtuellen Gruppe verlangt und die sich auf die jeweilige SRL-Einheit bezieht Aufbau der VEL Online-Module Aufbau der VEL Online-Module Feedback Hier finden die Studierenden Feedback (schriftlich durch Lehrende) Zu Beginn des Studienjahres (bzw. im WS) vorrangig gruppenspezifische Feedbacks durch Lehrende -> bieten mehr Orientierungsmöglichkeiten als allgemeine Feedbacks oder Peer-Feedbacks im SS verstärkter Einsatz von Peer-Feedbacks Aufbau der VEL Online-Module Aufbau der VEL Online-Module Checklist Hier sehen Studierende eine zusammenfassende Auflistung aller im Modul zu erledigenden Aufgaben mit den entsprechenden Deadlines -> Einträge können per Mausklick abgehakt werden Außerdem Kurzfragebogen zum subjektiven Kompetenzfortschritt -> Reflexion des Arbeits- und Lernprozesses Aufbau der VEL Online-Module Aufbau der VEL Online-Module Ihre Meinung Dient einerseits dem eigenen Reflexionsprozess, andererseits der prozessbegleitenden Evaluation Online-Fragebogen, in dem angegeben werden soll, wie hilfreich die einzelnen Aspekte des Moduls empfunden wurden wieviel Zeit für die Bearbeitung des Moduls investiert wurde Möglichkeit zu eigenem freiem Kommentar Ergebnisse der Evaluation von VEL Studienjahr 2003/04 Kontrollgruppe: 300 Studierende -> reduzierte Variante von VEL (ohne Selbstregulationsförderung und geleitete Kleingruppenarbeiten) Versuchsgruppe: 50 Studierende 2 SRL-Trainingsgruppen zu jeweils 25 Personen 10 E-Groups zu jeweils 5 Personen Ergebnisse der Evaluation Evaluationsdesign VEL Gruppe Kontrollgruppe Prä-Test Prä-Test Wintersemester Post-Test 1 Post-Test 1 Sommersemester Post-Test 2 Post-Test 2 Ergebnisse der Evaluation VEL-Gruppe: höhere Kompetenzeinschätzung hinsichtlich fachlichen Wissens Lernkompetenz Kooperationsfähigkeit Umgangs mit „Neuen Medien“ bessere Leistungen bei Verständnisfragen bei Anwendungsaufgaben mittelgroße Effekte zugunsten der VEL-Gruppe Ergebnisse der Evaluation Ergebnisse der Evaluation Unterschiede zwischen VG und KG: bei Verständnisfragen bei Anwendungsfragen Keine Unterschiede zwischen VG un KG: bei Wissensfragen Ergebnis spricht für den Erfolg des VEL-Konzepts, denn Aneignung von reproduktivem Wissen fällt relativ leicht ABER: wenn dieses Wissen nicht verstanden und nicht angewendet werden kann, dann bleibt es nutzlos („träges Wissen“, Renkl, 1996) LERNEN ALS WISSENSERWERB (Fortsetzung) Lernen = komplexer, mehrstufiger Prozess => Teilprozesse: Enkodieren: Informationsverarbeitungsprozess, der zu einer Repräsentation im Gedächtnis führt (= mentale Repräsentation) Speichern: Aufrechterhaltung von enkodierter Info über eine gewisse Zeitspanne hinweg (vgl. STM vs. LTM) Abruf: Auffinden der Info im Gedächtnis und Auslesen Lernen Ziel: Anwendung des erworbenen Wissens Transfer (= Übertragung von erworbenem Wissen und Können auf neue Situationen oder Lernbedingungen) Beim/für Lernen sind bedeutsam: emotionale Faktoren motivationale Faktoren persönlichkeitsbezogene Faktoren Arten der Wissensrepräsentationen Lernen als Wissenserwerb = Aufbau von neuen Wissensrepräsentationen Konstruktion von Wissensstrukturen Veränderung von bestehenden Wissensrepräsentationen Modifikation von Wissensstrukturen Diese Wissensstrukturen sind: Schemata Netzwerke mentale Modelle Arten der Wissensrepräsentationen Schema: = „Wissenspaket“ über Objekt (bzw. Mensch und Situation), das beim Erkennen dieses Objekts im Alltag eine Rolle spielt Beispiel: Schema Vogel hat Flügel hat Federn kann fliegen Schema tritt meist nicht allein auf, sondern im Verbund mit anderen Schemata Semantisches Netzwerk Arten der Wissensrepräsentationen Beispiel: Semantisches Netzwerk Tier hat Flügel hat Federn kann fliegen kann singen ist gelb hat Flossen hat Kiemen kann schwimmen ist groß kann nicht fliegen kann beißen ist gefährlich goldfarbig ungefährlich Arten der Wissensrepräsentationen mentales Modell: = komplexe Wissenstruktur kann verschiedene Arten von Wissen enthalten (z.B. deklaratives und prozedurales Wissen) Wissen kann unterschiedliche Formate haben (z.B. anschauliches bzw. visuell-räumliches Wissen vs. unanschauliches propositionales Wissen) Beispiel: Welche Bundesländer grenzen an Italien? => Aktivierung des folgenden mentalen Modells: "Italien = Südwesten. Welche Länder liegen im Südwesten? Kärnten, Osttirol, Tirol". Arten der Wissensrepräsentationen mentales Modell: = komplexe Wissenstruktur kann verschiedene Arten von Wissen enthalten (z.B. deklaratives und prozedurales Wissen) Wissen kann unterschiedliche Formate haben (z.B. anschauliches bzw. visuell-räumliches Wissen vs. unanschauliches propositionales Wissen) Beispiel: Welche Bundesländer grenzen an Italien? => Aktivierung des folgenden mentalen Modells: "Italien = Südwesten. Welche Länder liegen im Südwesten? Kärnten, Osttirol, Tirol". Salzburg wird nur selten genannt ... Gedächtnis Was stimmt nicht in dem Bild? Hase springt sofort ins Auge -> er hat in einer Küche nichts verloren ;-) Implizites Gedächtnis: Gespeicherte Information wird verfügbar OHNE (große) Anstrengung Was fehlt in dem Bild? z.B. Herd, Sessel, Abwasch (= Spüle) Explizites Gedächtnis: Es bedarf einer gewissen Anstrengung, um gespeicherte Information aus diesem abzurufen Ein kleines ... Sie werden gleich ein Bild sehen. Bitte merken Sie sich möglichst viele Details. Sie haben dazu 30 Sekunden Zeit. Ein kleines Experiment ... Was macht der mittlere Mann in der 1. Reihe? Ein kleines Experiment ... In der rechten unteren Ecke hält eine Frau einen Regenschirm. Zeigt der Knauf nach links oder nach rechts? Ein kleines Experiment ... Welche zwei Tiere sind abgebildet? Gedächtnisarten Ein großer Teil der von uns wahrgenommenen Info verankert sich nie fest in unserem Gedächtnis, sondern wir verfügen nur für kurze Zeit darüber. Die 3 wenig dauerhaften Gedächtnisarten sind: ikonisches Gedächtnis Kurzzeitgedächtnis Arbeitsgedächtnis Ikonisches Gedächtnis Experimente von Sperling (1960, 1963): VPn sahen Anordnungen aus 3 Zeilen mit Buchstaben und Ziffern 7 1 V F X L 5 3 B 4 W 7 Ikonisches Gedächtnis Experimente von Sperling (1960, 1963): VPn sahen Anordnungen aus 3 Zeilen mit Buchstaben und Ziffern Ganzbericht: VPn mussten soviele Items wie möglich wiedergeben Teilbericht: VPn hörten hohen, mittleren oder tiefen Ton, mussten dann oberste, mittlere oder unterste Zeile wiedergeben VPn merkten sich ca. 4 Items VPn konnten alle Items in der entsprechenden Zeile wiedergeben Gesamte Info im ikonischen Gedächtnis! Ikonisches Gedächtnis Experimente von Sperling (1960, 1963): Hohe Kapazität des ikonischen Gedächtnisses Informationen verblassen sehr rasch Ganzbericht: VPn konnten nicht alle Items wiedergeben Teilbericht: Ton mit Zeitverzögerung vorgegeben: beste Leistung bei 0 Sekunden, schlechteste Leistung bei 1 Sekunde (entspricht Leistung bei Ganzbericht) Ikonisches Gedächtnis Experimente von Sperling (1960, 1963): Ikonisches Gedächtnis ist NICHT das sogenannte „fotografische“ Gedächtnis! Sogenanntes „fotografisches“ Gedächtnis = eidetische Vorstellungskraft Menschen mit eidetischer Vorstellungskraft können sich wesentlich länger an Details aus Bildern erinnern als es durch ikonisches Gedächtnis möglich wäre ca. 8 % der Kinder und Jugendlichen sind Eidetiker, Erwachsene sehr selten Es gibt noch keine Erklärung, wieso eidetische Vorstellungskraft mit dem Alter abnimmt Noch ein kleines ... Bitte merken Sie sich die folgende Ziffernreihe. Sie haben dazu 20 Sekunden Zeit. 8 1 7 3 4 9 4 2 8 5 Noch ein kleines Experiment... Schreiben Sie nun möglichst viele der Ziffern auf! Noch ein kleines Experiment... Wie viele Ziffern haben Sie sich gemerkt? 8 1 7 3 4 9 4 2 8 5 Noch ein kleines Experiment... Bitte merken Sie sich nun die folgende Buchstabenreihe. Sie haben dazu wieder 20 Sekunden Zeit. J M R S O F L P T Z B Noch ein kleines Experiment... Schreiben Sie nun möglichst viele der Buchstaben auf! Noch ein kleines Experiment... Wie viele Buchstaben haben Sie sich gemerkt? J M R S O F L P T Z B Kurzzeitgedächtnis Wahrscheinlich haben Sie sich an jeweils 5 - 9 Items erinnert „Magic 7“ (George Miller, 1956) Menschen können sich, wenn sie sich Zufallsfolgen aus Buchstaben, Ziffern, Wörtern (bzw. jedem bedeutsamen Material) merken sollen, kurzfristig an 7 (plus/minus 2) Elemente erinnern (= Gedächtnisspanne) Und noch ein kleines ... Bitte merken Sie sich die folgenden 20 Ziffern. Sie haben dazu 20 Sekunden Zeit. 16181870191419391989 Und noch ein kleines Experiment... Schreiben Sie nun möglichst viele der Ziffern auf! Und noch ein kleines Experiment... Wie viele Ziffern haben Sie sich gemerkt? 16181870191419391989 1618 1870 1914 1939 1989 Kurzzeitgedächtnis Wenn Sie die Ziffern als unzusammenhängend gesehen haben, dann haben Sie sich vermutlich wieder 7 (+/- 2) gemerkt Wenn Sie die Ziffern als Jahreszahlen (1618 - 1870 - 1914 - 1939 - 1989) gesehen haben, dann haben Sie sich vermutlich mehr als 7 Ziffern gemerkt! Chunking (Anderson, 1996): Gedächtnisspanne kann deutlich vergrößert werden, wenn es gelingt, Chunks (= bedeutungsvolle Info-Einheiten) zu bilden! Kurzzeitgedächtnis Rehearsal (= erhaltende Wiederholung): Beispiel: Nachschlagen einer Nummer im Telefonbuch und innerliches Vorsagen bis zum Wählen Ohne Rehearsal dramatisches Sinken der Behaltensleistung! Arbeitsgedächtnis Beispiel: Sie haben eine Nummer im Telefonbuch nachgeschlagen, wollen diese aufschreiben, müssen aber zuerst Papier und Bleistift suchen .... Kurzzeitgedächtnis ermöglicht Ihnen, die Nummer zu behalten Arbeitsgedächtnis ermöglicht Ihnen, jene kognitiven Prozesse durchzuführen, die zu einer effektiven Suche gehören Nach heutiger Sicht der Forschung ist Kurzzeitgedächtnis eingebettet in größeren Kontext des Arbeitsgedächtnisses Arbeitsgedächtnis hilft, die psychologische Gegenwart aufrechtzuerhalten = jene Gedächtnisressource, die wir z.B. für Sprachverstehen und Problemlösen nutzen (verschiedene Elemente müssen in schneller Folge koordiniert werden -> Arbeitsgedächtnis ermöglicht kurzfristige, spezifische Fokussierung auf die benötigten Elemente) = Pipeline für Infos vom und zum Langzeitgedächtnis Arbeitsgedächtnis 3 Komponenten des Arbeitsgedächtnisses (Baddeley & Andrade, 2000): phonologische Schleife (phonological loop): speichert und manipuliert sprachbasierte Info (hier große Überschneidung mit dem KZG) Beispiel: Wiederholen einer Telefonnummer durch „Hören“, während man sie im Kopf durchgeht visuell-räumlicher Notizblock (visuospatial sketchpad): gleiche Funktion wie phonologische Schleife, aber für visuellräumliche Info zentrale Exekutive (central executive): verantwortlich für Kontrolle der Aufmerksamkeit und Koordination von phonologischer Schleife und visuell-räumlichem Notizblock Arbeitsgedächtnis Messung der Arbeitsgedächtnisspanne (Daneman & Carpenter, 1980): Lesen Sie die folgenden Sätze laut vor: Er hat sie bevormundet, als sie ein Schulmädchen war, und sie gegängelt, als sie studierte. Er hatte einen länglichen Schädel, der auf seinen Schultern saß wie eine Birne auf einem Teller. Die Produkte digitaler Elektronik werden zukünftig eine entscheidende Rolle spielen. Das Taxi fuhr Richtung Michigan Avenue, wo sie einen klaren Blick auf den See hatten. Als sich zuletzt seine Augen öffneten, war kein Glanz von Triumph zu sehen, kein Schatten von Zorn. Arbeitsgedächtnis Messung der Arbeitsgedächtnisspanne (Daneman & Carpenter, 1980): Schreiben Sie das jeweils letzte Wort der 5 Sätze auf! Auflösung: studierte Teller spielen hatten Zorn Auswertung: 2.5 und weniger = kleine Arbeitsgedächtnisspanne 4 und mehr = große Arbeitsgedächtnisspanne Langzeitgedächtnis = „Lagerhalle“ aller Ereignisse, Erfahrungen, Infos, Emotionen, Fertigkeiten, Wörter, Kategorien, Regeln, Beurteilungen und und und, die über das sensorische Gedächtnis angeeignet wurden. Es ist ALLES gespeichert! Es ist nicht immer leicht, die Inhalte wiederzufinden, wenn man sie braucht ... Abruf von Langzeitinfos ist leichter, wenn Umstände, unter denen der Abruf erfolgt, möglichst gut zu den Umständen passen, unter denen die Infos seinerzeit enkodiert wurden! Langzeitgedächtnis Hinweisreize beim Abruf (retrieval cues): können von außen kommen (z.B. Frage bei einer Prüfung) können intern generiert werden (z.B. „Wo habe ich das schon einmal gehört?“) Von der Qualität eines Hinweisreizes hängt ab, wie leicht/schwer ein Gedächtnisinhalt gefunden werden kann Beispiel: Wie heißt der römische Kaiser, der mir gerade nicht einfällt? Wie heißt der römische Kaiser, der Rom angezündet haben soll? Und schon wieder ein kleines ... Bitte merken Sie sich die folgenden Wortpaare. Sie haben dazu 1 Minute Zeit. Apfel - Boot Hut - Knochen Fahrrad - Uhr Maus - Baum Ball - Haus Ohr - Bettdecke Und schon wieder ein kleines ... Nun wird ein Behaltensintervall hergestellt ... D.h. es dauert noch ein bisschen, ehe Sie das Gelernte abgefragt werden ;-) Abruf und Wiedererkennen Abruf: Prüfer/in stellt z.B. die Frage „Was ist der serielle Positionseffekt?“ => Prüfling reproduziert die gelernte Info Wiedererkennen: Multiple-Choice Item, z.B. „Wie lautet die Bezeichnung für einen visuell-sensorischen Gedächtnisinhalt?“ Echo Engramm ikonische Repräsentation abstrakter Code Aufgabe 1 Welche Wörter fehlen in den Paaren: Hut - ? Knochen Fahrrad - ?Uhr Ohr - ? Bettdecke Aufgabe 2 Wählen Sie das richtige Paar aus den vorgegebenen Möglichkeiten: Apfel - Baby Apfel - Boot Apfel - Flasche Maus - Baum Maus - Zunge Maus - Zelt Ball - Haus Ball - Berg Ball - Horn Welche Aufgabe war leichter? Abruf und Wiedererkennen Die Wiedererkennungsaufgabe sollte leichter gewesen sein... Grund: Beide Aufgaben erfordern eine Suche anhand von Hinweisreizen, ABER: Beim Abruf haben Sie NUR den Hinweisreiz zum Finden der Info Beim Wiedererkennen brauchen Sie nur mit JA oder NEIN auf die Frage „Habe ich dieses Paar schon einmal gesehen?“ zu antworten Wiedererkennungssituationen können auch SEHR schwierig sein (vgl. manche Multiple-Choice-Prüfungen...) Kontext und Enkodieren Sie treffen diesen Herrn auf der Party eines Studienkollegen. Sie wissen, dass Sie ihn von irgendwoher kennen, können ihn aber nicht zuordnen. Erst nach einiger Zeit fällt Ihnen ein, dass Sie vor einigen Tagen ein Strafmandat von ihm erhalten haben ... „Kontextschock“ Gedächtnisinhalte, die in einem bestimmten Kontext enkodiert wurden, können in einem anderen Kontext schwerer abgerufen werden. Prinzip der Enkodierspezifität Experimente von Tulving & Thomson (1973): 1) VPn sahen Wortpaare (z.B. Zug - schwarz), sollten sich das 2. Wort merken 2) VPn erhielten Wort vorgegeben (z.B. weiß), sollten dazu 4 Wörter assoziieren -> Vorgabewörter waren so gewählt, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit 2. Wörter aus der Liste assoziiert wurden 3a) VPn sollten in ihrer Assoziationsliste alle Wörter markieren, die sie aus 1) wiedererkannten 3b) VPn erhielten 1. Wörter aus 1) vorgegeben, sollten die 2. Wörter reproduzieren. Prinzip der Enkodierspezifität Experimente von Tulving & Thomson (1973): Ergebnisse: ad 3a) VPn sollten in ihrer Assoziationsliste alle Wörter markieren, die sie aus 1) wiedererkannten VPn erkannten im Mittel 54 % der ursprünglich vorgegebenen Wörter wieder ad 3b) VPn erhielten 1. Wörter aus 1) vorgegeben, sollten die 2. Wörter reproduzieren. VPn konnten das im Mittel in 61 % der Fälle Abrufleistung war besser als Wiederkennungsleistung Prinzip der Enkodierspezifität Experimente von Tulving & Thomson (1973): Abrufleistung war besser als Wiederkennungsleistung Kontext beim Abruf entsprach dem Kontext beim Enkodieren ad Wortpaar schwarz - Zug: => „schwarz“ wird im Kontext „Zug“ enkodiert => Abruf im Kontext „weiß“ ist daher schwieriger als Abruf im Kontext „Zug“ Prinzip der Enkodierspezifität Zahlreiche Experimente dazu, z.B.: Taucher lernten und reproduzierten Wortlisten am Strand vs. unter Wasser (Gooden & Baddeley, 1975) VPn lernten und reproduzierten Wortlisten bei gleicher vs. unterschiedlicher Musik (Balch & Lewis, 1996) VPn lernten und reproduzierten Wortlisten bei Schokoladegeruch vs. anderem Geruch (Schab, 1990) Serieller Positionseffekt VPn lernen Wortlisten lernen und sollen diese später in der richtigen Reihenfolge wiedergeben (= serial recall) ... gute Leistung bei ersten Wörtern (1) gute Leistung bei letzten Wörtern (2) geringe Leistung bei mittleren Wörtern (1) Primacy-Effekt (2) Recency-Effekt Serieller Positionseffekt VPn lernen Wortlisten lernen und sollen später so viele Wörter wie möglich wiedergeben (= free recall) ... gute Leistung bei ersten Wörtern (1) gute Leistung bei letzten Wörtern (2) geringe Leistung bei mittleren Wörtern (1) Primacy-Effekt (2) Recency-Effekt Serieller Positionseffekt Primacy Effekt: Früher eingehende Informationen werden besser erinnert als später eingehende Informationen Grund: Früher eingehende Info kann leichter ins LZG übergehen, weil noch keine Info vorhanden ist, die mit Abspeicherung im LZG inferiert und diese negativ beeinflussen könnte Primäreffekt tritt auch auf bei Beurteilungen (vgl. „erster Eindruck“ von z.B. einem Menschen -> kann sehr dauerhaft, d.h. veränderungsresistent sein) Serieller Positionseffekt Recency Effekt: Später eingehende Informationen üben einen größeren Einfluss auf die Erinnerungsleistung aus als früher eingehende Informationen Grund: Längere Verfügbarkeit von aktuellen Infos im KZG, weil sie nicht mehr von neuen Infos „überschrieben“ werden Rezenzeffekt ist von Bedeutung bei aufeinanderfolgenden Beurteilungen (z.B. Bewerbungsgesprächen) Bei Gesamtbeurteilung nach allen Bewerbungsgesprächen tritt auch der Primäreffekt auf! Serieller Positionseffekt Recency Effekt: Wortliste als Bahnschwellen: Die nahen Schwellen ragen stärker aus dem Kontext heraus Konsequenzen für den Unterricht? Verarbeitungstiefe Level-of-Processing Theory (Craik & Lockhart, 1972, 1990) Je tiefer eine Information verarbeitet wird, desto wahrscheinlicher wird sie ins LZG übertragen Wenn bei der Verarbeitung einer Information z.B. Analyse Interpretation Vergleich Elaboration stattfindet, kann man sich besser an diese Info erinnern Verarbeitungstiefe Level-of-Processing Theory (Craik & Lockhart, 1972, 1990) Beispiel: Wort TRAUBE merken Ist das Wort groß geschrieben? physikalisches Urteil Reimt sich das Wort auf LAUBE? Reimurteil Bezeichnet das Wort eine Frucht? Bedeutungsurteil T I E F E Vergessen Hermann Ebbinghaus‘ Experimente: sinnlose Silben aus jeweils 3 Buchstaben (z.B. CEG, GAL) „reines“ Gedächtnismaß (d.h. nicht durch frühere Lernerfahrungen und Assoziationen konfundiert) Ergebnis: Vergessenskurve (1850-1909) Vergessen Vergessenskurve: erstes Lernen z.B. 12 Durchgänge erneutes Lernen einige Tage später nur mehr 9 Durchgänge Lernersparnis = 25 % Repetitio est mater studiorum! Interferenz Gedächtnisinhalte beeinflussen einander und erschweren so ihr Behalten proaktive Interferenz: gerade eingeprägte Information INTERFERENZ zuvor eingeprägte Information Informationen, die in der Vergangenheit erworben wurden, beeinflussen das Behalten von später erworbenen Informationen Interferenz Gedächtnisinhalte beeinflussen einander und erschweren so ihr Behalten retroaktive Interferenz: gerade eingeprägte Information INTERFERENZ zuvor eingeprägte Information Neu erworbene Informationen beeinflussen das Behalten von früher erworbenen Informationen Interferenz Beispiel: Sie bekommen eine neue Telefonnummer Es fällt Ihnen schwer, sich die neue Nummer zu merken. Zu Beginn fällt Ihnen immer wieder die alte Nummer ein, wenn Sie nach Ihrer Telefonnummer gefragt werden ... proaktive Interferenz Nach einiger Zeit können Sie die Nummer im Schlaf. Es fällt Ihnen schwer, die alte zu reproduzieren, obwohl sie diese viele Jahre lang hatten ... retroaktive Interferenz Verbesserung der Gedächtnisleistung Gespeicherte Informationen können einfacher abgerufen werden, wenn beim Abruf der gleiche Kontext vorliegt wie beim Enkodieren beim Abruf die gleiche Art von Aufgabe durchgeführt wird wie beim Erwerb dieses Gedächtnisinhaltes (z.B. für eine mündliche Prüfung beim Lernen sprechen) beim Enkodieren „Hilfen“ angewandt werden, wie z.B. elaborierendes Wiederholen Mnemotechniken Elaborierendes Wiederholen Beim Lernen bzw. ersten Wiederholen wird das Lernmaterial reichhaltiger gemacht, damit es leichter enkodiert werden kann Das kann z.B. geschehen durch Vorstellen eines Bildes dadurch „duale Kodierung“ (verbal + visuell) -> vgl. Paivio (1995) Beispiel: Es soll das Wortpaar MAUS - BAUM gelernt werden Vorstellung: Eine Maus läuft auf der Suche nach Käse einen Baum hoch Elaborierendes Wiederholen „Der-Nächste-in-der-Reihe Effekt“: tritt auf, wenn man z.B. nach jemand anderem einen Vortrag halten soll => man kann sich schwerer an das erinnern, was der Vorredner gesagt hat Grund: Aufmerksamkeitsverschiedung (Aufmerksamkeit ist schon mehr auf eigenen Beitrag gerichtet) tritt auch auf bei Vorstellungsrunden => man erinnert sich in der Regel schwerer an den Namen der Person, die sich unmittelbar vor einem vorgestellt hat Gegenmittel => Vorstellung eines Bildes (z.B. Name der Person vor einem ist Lisa => „Mona Lisa“) Mnemotechniken Längere Folgen von Informationen werden mit vertrauten, bereits enkodierten Informationen assoziiert Methode der Orte: einzelne Informationen (oder Teile der Information) werden entlang eines bekannten Weges „abgelegt“ Beispiel: Einkaufsliste Ich soll Folgendes einkaufen: Brot, Orangensaft, Eis, Bananen Ich lege die einzelnen Items meiner Liste an „landmarks“ auf dem bekannten Weg zum Supermarkt ab Mnemotechniken Methode der Orte: Beispiel: Einkaufsliste Mnemotechniken Wäscheleine-Methode: Items einer Liste werden mit einer Folge von Hinweisreizen assoziiert (typischerweise eine Folge von Reimen aus Zahlen und Wörtern) Beispiel: Einkaufsliste (Brot, Orangensaft, Eis, Bananen) Heinz balanciert Brot auf 1 = Heinz seinem Kopf; das Baby 2 = Schrei schreit, weil es in einer 3 = Brei Badewanne mit Orangensaft 4 = Stier sitzt; das Eis ist zu Brei zerlaufen; ein Stier mit Bananen statt Hörnern ... Metagedächtnis = Wissen über das im eigenen Gedächtnis gespeicherte Wissen darüber, wie eigenes Gedächtnis arbeitet „Gefühl-etwas-zu-wissen“ (Hart, 1965): VPn sollten Fragen zum Allgemeinwissen beantworten dazu Einschätzung ihrer Sicherheit, die richtige Antwort aus mehreren Möglichkeiten herauszufinden 1 = ziemlich sicher NICHT Gefühl, etwas 6 = ziemlich sicher JA zu wissen, kann Ergebnis: zutreffend sein! Einschätzung 1 => 30 % Lösung erkannt Einschätzung 6 => 75 % Lösung erkannt Metagedächtnis „Gefühl-etwas-zu-wissen“ (Hart, 1965): „Welches ist der größte Planet unseres Sonnensystems?“ Wie sicher sind Sie, die richtige Antwort zu erkennen? 1 = Ich erkenne sie ziemlich sicher nicht 6 = Ich erkenne sie ziemlich sicher Der größte Planet unseres Sonnensystems ist: a) Pluto b) Venus c) Saturn d) Jupiter Erinnern als rekonstruktiver Prozess Kann ein Gedächtnisinhalt nicht als spezifische Repräsentation abgerufen werden, so wird er rekonstruiert Dabei kommt es meist zu Gedächtnisverzerrungen (= Abweichung des rekonstruierten Inhalts vom tatsächlichen Inhalt) Experimente von Bartlett (1934): Vorwissen beeinflusst die Art und Weise, wie man sich an neue Informationen erinnert VPn mussten sich Geschichte merken, deren Inhalt und Stil aus einer anderen Kultur stammten (z.B. Märchen von amerikanischen Indianern) Nacherzählungen wiesen 3 charakteristische Veränderungen auf Erinnern als rekonstruktiver Prozess ad Experimente von Bartlett: 3 charakteristische Veränderungen: Nivellierung (leveling): Vereinfachen der Geschichte Akzentuierung (sharpening): Hervorheben und Überbetonen von bestimmten Details Assimilation (assimilating): Ändern von Details, um eine bessere Übereinstimmung mit dem eigenen Hintergrund und Wissen zu erzielen Ersetzen von unvertrauten Wörten durch vertraute (z.B. „Boot“ statt „Kanu“, „Fische fangen“ statt „Seehunde jagen“) Passagen, die auf übernatürliche Kräfte verwiesen, wurden einfach weggelassen Erinnern als rekonstruktiver Prozess Neuere Forschung hat Bartlett vielfach bestätigt, z.B. Experiment von Braun (2002): Frage an VPN: „Haben Sie in Ihrer Kindheit Disneyland besucht und dort einer Comic-Figur die Hand geschüttelt?“ => 7 % der VPn JA dann Lesen einer Werbung für Disneyland => Wachrufen einer Vorstellung über einen Besuch dann: „Kehren Sie nun in Ihre Kindheit zurück und erinnern Sie sich an die Figuren Mickey Mouse, Goofy und Donald Duck. Bugs Bunny, Ihre Lieblingsfigur, ist nur ein paar Meter von Ihnen entfernt. Sie gehen hin, um ihm die Hand zu schütteln.“ dann neuerlich Frage: „Haben Sie in Ihrer Kindheit Disneyland besucht und dort einer Comic-Figur die Hand geschüttelt?“ Ergebnis: 16 % der VPn gaben nun an, in Disneyland Bugs Bunny die Hand geschüttelt zu haben ... Erinnern als rekonstruktiver Prozess Neuere Forschung hat Bartlett vielfach bestätigt, z.B. Experiment von Braun (2002): Frage an VPN: „Haben Sie in Ihrer Kindheit Disneyland besucht und dort einer Comic-Figur die Hand geschüttelt?“ => 7 % der VPn JA dann Lesen einer Werbung für Disneyland => Wachrufen einer Vorstellung über einen Besuch dann: „Kehren Sie nun in Ihre Kindheit zurück und erinnern Sie sich an die Figuren Mickey Mouse, Goofy und Donald Duck. Bugs Bunny, Ihre Lieblingsfigur, ist nur ein paar Meter von Ihnen entfernt. Sie gehen hin, um ihm die Hand zu schütteln.“ dann neuerlich Frage: „Haben Sie in Ihrer Kindheit Disneyland besucht und dort einer Comic-Figur die Hand geschüttelt?“ Ergebnis: 16 % der VPn gaben nun an, in Disneyland Bugs Bunny die Hand geschüttelt zu haben ... Erinnern als rekonstruktiver Prozess Experiment von Braun (2002): Bugs Bunny ist KEINE Disneyfigur und kommt daher in Disneyland auch gar nicht vor ... Erinnern als rekonstruktiver Prozess Augenzeugenberichte zeigen, dass Gedächtnisinhalte SEHR störanfällig gegenüber Verzerrungen durch später dazu gekommene Informationen sind Experimente von Elisabeth Loftus: VPn sahen Film über Autounfall, danach Einschätzung der Geschwindigkeit der beteiligten Autos: VG1: „Wie schnell fuhren die Autos, als sie einander berührten?“ VG2: „Wie schnell fuhren die Autos, als sie ineinander krachten?“ Erinnern als rekonstruktiver Prozess Experimente von Elisabeth Loftus: Ergebnis: VG1: „Wie schnell fuhren die Autos, als sie einander berührten?“ => im Mittel 50 km/h VG2: „Wie schnell fuhren die Autos, als sie ineinander krachten?“ => im Mittel 65 km/h Eine Woche später Frage: „Haben Sie zerbrochenes Glas gesehen?“ VG1: VG2: 14 % JA 25 % JA neue Info (zerbrochenes Glas) beeinflusst ursprüngliche Erinnerung! Faschinformationseffekt (Loftus, 2005) VPn sahen Bilderserie über Autounfall, dann Fragen VG1: VG2: „Fuhr ein anderes Auto an dem roten Datsun vorbei, während er vor dem Stoppschild hielt?“ „Fuhr ein anderes Auto an dem roten Datsun vorbei, während er vor dem Nachrang-Schild hielt?“ Dann Vorgabe des ursprünglichen Bildes (Datsun vor Stoppschild) und eines falschen Bildes (Datsun vor Nachrang-Schild) => VPn sollten richtiges Bild erkennen Ergebnis: VG1: 75 % richtig (STOPP) VG2: 41 % richtig (STOPP) Falschinformationseffekt Faschinformationseffekt (Loftus, 2005) VPn sahen Bilderserie über Autounfall, dann Fragen VG1: VG2: „Fuhr ein anderes Auto an dem roten Datsun vorbei, während er vor dem Stoppschild hielt?“ „Fuhr ein anderes Auto an dem roten Datsun vorbei, während er vor dem Nachrang-Schild hielt?“ Dann Vorgabe des ursprünglichen Bildes (Datsun vor Stoppschild) und eines falschen Bildes (Datsun vor Nachrang-Schild) => VPn sollten richtiges Bild erkennen Falschinfo Ergebnis: VG1: 75 % richtig (STOPP) VG2: 41 % richtig (STOPP) Falschinformationseffekt Weitere Versuche zeigten: Je ähnlicher die Falschinformation der ursprünglichen Information ist, desto größer ist der Falschinformationseffekt Literatur Wagner, P., Schober, B., Reimann, R., Atria, M. & Spiel, C. (2007). Vienna E-Lecturing: Trainingskonzept zum selbstregulierten Lernen im Studium. In M. Landmann & B. Schmitz (Hrsg.), Selbstregulation erfolgreich fördern. Praxisnahe Trainingsprogramme für effektives Lernen (S. 290-311). Stuttgart: Kohlhammer. Krapp, A. & Weidenmann, B. (Hrsg.) (2006). Pädagogische Psychologie, Kapitel 5 (5. Aufl.). München: PVU. Zimbardo, P. G. & Gerrig, R. J. (2008). Psychologie, Kapitel 7 (18. Aufl.). München: Pearson Studium. Danke für die Aufmerksamkeit!