Zum Monster - Sira Busch

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1.1
Das Monster
Zu Gruppen
Was eine Gruppe ist erfährst du gleich. Um nämlich eine Gruppe zu verstehen, musst du erst verstehen, was eine Menge ist. Aber das was du dir
unter einer Menge intuitiv vorstellst, ist vermutlich auch schon das Richtige.
Um genau zu sein, sei aber dieses gesagt: Eine Menge ist eine Zusammenfassung von verschiedenen Objekten. Diese Objekte heißen Elemente der
Menge. Also beispielsweise sind alle ganzen Zahlen ...−3, −2, −1, 0, 1, 2, 3...
eine Menge. Ein Element ist beispielsweise die −3. Ein anderes die −2 usw.
Also erstmal gar nichts besonderes! Aber man kann was besonderes daraus
machen.
Definition 1.1. Eine Gruppe ist eine Menge zusammen mit einer Verknüpfung, sodass vier Regeln gelten. Eine Verknüpfung ist zum Beispiel sowas wie +, -, multiplizieren oder dividieren. Die Regeln werden von Mathematikern nicht Regeln, sondern Axiome genannt und sind die folgenden:
(0) Wenn man zwei Elemente der Gruppe verknüpft, kommt wieder ein
Element heraus, was in der Gruppe enthalten ist.
(1) Es muss ein Neutralelement in der Menge sein. Das heißt, in der Menge muss ein Element vorhanden sein, welches ich mit jedem anderen
verknüpfen kann, ohne dass sich was tut. Mit dem Beispiel später wird
das sehr klar.
(2) Zu jedem Element der Menge muss auch sein inverses Element in der
Menge sein. Das inverse Element zu einem Element ist das Element,
welches ich mit dem Element verknüpfen kann, sodass wieder das Neutralelement herauskommt. Das klingt verwirrend. Aber warte auf das
Beispiel!
(3) Das Assoziativgesetz muss gelten. Das kennst du bestimmt aus der
Schule. Das war das hier: a+(b+c)=(a+b)+c. Dass ich hier das +
als Verknüpfung wählte ist reine Willkür.
Beispiel 1.2. Nun das Beispiel was alles aufklärt! Wir betrachten wieder
die ganzen Zahlen. Die ganzen Zahlen sind zusammen mit der Addition eine
Gruppe.
Wir können das beweisen“! Also.
”
Zu (0) Wenn man zwei ganze Zahlen addiert, so kommt wieder eine ganze
Zahl raus. Das kann man aufwendig beweisen, aber dir wird das ja so erstmal
intuitiv richtig vorkommen und das ist es auch.
Zu (1) Das Neutralelement. Welche Zahl kann ich auf jede Zahl addieren,
1
ohne dass sich was ändert? Die 0. Die 0 ist eine ganze Zahl. Also haben wir
ein Neutralelement in unserer Menge und die erste Regel nachgewiesen.
Zu (2):
−3 + 3 = 0, −2 + 2 = 0, −1 + 1 = 0, 0 + 0 = 0, 1 + (−1) = 0, 2 + (−2) = 0...
Klappt! Zu jedem Element x der Menge finden wir ein Inverses – und zwar
−x – sodass bei der Verknüfung unser Neutralelement 0 raus kommt.
Jetzt zu (3): Okay das ist eigentlich superklar. Um es wirklich zu beweisen, muss man es aber knifflig machen. Dafür muss man erstmal die ganzen
Zahlen konstruieren, dann eine genaue Definition der Addition angeben und
dann eine Gleichung umstellen, aber das ist jetzt nicht so wichtig. Es wird
dir ja auch so klar sein, dass wenn du drei ganze Zahlen addierst, es egal ist,
ob du erst die ersten beiden addierst und danach die dritte dazu oder eben
erst die zweite und dritte Zahl und am Ende die erste dazu. Wobei die Konstruktion der ganzen Zahlen natürlich auch spannend ist. In meinem Text
über das Mathestudium sage ich ja: Ob ich frage, warum [. . . ] überhaupt
”
die reellen Zahlen existieren“. Naja. Die kann man eben auch konstruieren.
Aber dazu vielleicht wann anders. Erstmal nun: Die ganzen Zahlen mit der
Addition sind eine Gruppe! Hurra!
Beispiel 1.3. Nun noch ein Beispiel. Denn: Es liegt nahe, dass nicht alles
eine Gruppe ist. Und das ist natürlich auch wichtig zu sehen. Die ganzen
Zahlen sind bspw. mit der Multiplikation als Verknüpfung keine Gruppe.
Wir schauen wieder: (1) Das Neutralelement ist vorhanden. Es ist die 1.
Alles was ich mal 1 nehme ändert sich nicht.
(2) Was müsste ich mit 2 multiplizieren, sodass 1 rauskommt? 21 . Die Zahl
1
2 ist aber keine ganze Zahl. Also hat 2 kein inverses Element in der Menge.
Jedes Element muss aber ein Inverses haben nach den Regeln. Also kann
(2) nicht erfüllt werden. Tatsächlich ist es so, dass für jedes Element n,
welches nicht 1 ist, allgemein gilt: Das Inverse n1 ist nicht in der Menge
enthalten. Also fehlen ganz ganz viele inverse Elemente! Und weil das gar
nicht geht, wissen wir nun, dass die ganzen Zahlen mit Multiplikation ganz
sicher keine Gruppe sind. Es gibt auch Untergruppen. Eine Untergruppe U
einer Gruppe G ist eine Gruppe, deren Elemente alle auch in G enthalten
sind.
1.2
Nebenklassen und Normalteiler in Gruppen
Um gleich das Monster sehr grob zu verstehen, brauchen wir etwas Vorarbeit.
Ich werde jetzt viele Buchstaben verwenden. Das fängt dann schon an etwas
komplizierter auszusehen, aber solange du Übersicht darüber behälst, für
was jeder Buchstabe steht, sollte es okay sein.
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Definition 1.4. Im folgenden sei G eine Gruppe und U eine Untergruppe
von G. Sei g ein Element von G. Die Nebenklasse von g bezüglich U
ist die Menge aller Elemente in G, die man als Verknüpfung von g mit
Elementen in U darstellen kann.
Beispiel 1.5. Ist G eine Gruppe die aus Elementen
a, b, c, d, e, f, g, . . . , q, r, s, t, u, v, w, . . .
besteht und U eine Untergruppe von G die aus Elementen
q, r, s, t, u, v, w, . . .
besteht. Dann ist die Links–Nebenklasse von g bezüglich U die Menge mit
Elementen
gq, gr, gs, gt, gu, gv, gw, . . . .
Alle Elemente der Nebenklasse sind natürlich in G enthalten nach Gruppenaxiom (0). Gerade schrieb ich Links–Nebenklasse, weil ich das g immer links neben die Elemente von U schrieb. Analog gibt es natürlich auch
Rechts–Nebenklassen.
Definition 1.6. Ein Normalteiler N einer Gruppe G ist eine Untergruppe in G, für die gilt, dass die Linksnebenklasse von g bezüglich N immer mit der Rechtsnebenklasse von g bezüglich N übereinstimmt und zwar
unabhängig davon, wie wir g wählen.
Wenn wir das Beispiel von oben betrachten bedeutet unabhängig von der
Wahl von g einfach, dass wir anstatt g auch
a, b, c, d, e, f, h, . . . , q, r, s, t, u, v, w, . . .
schreiben könnten und die Aussage würde wahr bleiben.
1.3
Die Monstergruppe
Als ich in meinem Text zum Mathestudium sagte, dass es etwas riesiges
gibt, was Mathematiker Monster nennen, war das nicht gelogen. Schau da:
https://de.wikipedia.org/wiki/Monstergruppe
In meinem Text sage ich, dass das Monster eine Menge ist. Das ist zwar
nicht ganz falsch aber auch nicht ganz korrekt. Tatsächlich handelt es sich
hier eigentlich um die Monstergruppe. Also eine Gruppe, wie wir sie eben zusammen erkundeten! Gruppen wie gerade haben ja diese vier Regeln, die ich
nannte. Manchmal passen Menge und Verknüpfung aber auch so gut zusammen, dass noch ganz viele Regeln mehr gelten. Beispielsweise das Kommutativgesetz oder das Distributivgesetz, was du bestimmt auch in der Schule
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mal sahst. Manche Regeln sind aber auch ganz kompliziert.
Die Monstergruppe ist eine sporadische Gruppe. Eine sporadische Gruppe
ist eine spezielle endliche, einfache Gruppe. Was endlich bedeutet ist leicht:
Wenn die Menge nur endlich viele Elemente besitzt, dann ist sie endlich. Da
es unendlich viele ganze Zahlen gibt, ist die Menge der ganzen Zahlen mit
Addition bspw. eine unendliche Gruppe. Was genau das speziell ist, ist eine
lange Geschichte, die ich selbst kaum kenne. Was das einfach heißt: Dass
eine Gruppe einfach ist, heißt, dass sie eine weitere Regel erfüllt. Diese Regel ist: Nur das Neutralelement und die Gruppe selbst dürfen Normalteiler
in der Gruppe sein. Also. Die Monstergruppe ist eine sporadische Gruppe. Und jetzt ist sie aber sogar noch mehr besonders. Die Monstergruppe
ist die größte sporadische Gruppe. Also die Gruppe, die mit Abstand die
meisten Elemente hat. Die Monstergruppe hat 8 mal 10 hoch 53 Elemente. Die nächst kleine sporadische Gruppe ist die Baby-Monstergruppe mit
4 mal 10 hoch 33 Elementen. Wirklich. Ich denke mir das nicht aus. Schau
https://de.wikipedia.org/wiki/Baby-Monstergruppe
Da es nur 26 sporadische Gruppen gibt, ist die Monstergruppe schon allein
deshalb sehr besonders. Aber halt auch einfach, weil sie trotz ihrer Endlichkeit so doll groß ist!
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