Neuordnung des Rechts der Untersuchungshaft und der einstweiligen Unterbringung Überblick Einführung Föderalismusreform macht neue Abgrenzung von Bundesrecht und Landesrecht erforderlich: • Bundesrecht -> > Regelung des gerichtlichen Verfahrens (§§ 119 ff StPO) • Landesrecht L d ht -> Ausgestaltung A t lt der d Untersuchungshaft und der einstweiligen Unterbringung (UVollzG NRW) Bundesrecht § 119 StPO Bundesrecht, (1) (gilt auch für einstweilige Unterbringungen nach § 126a StPO) Ausschließlich zur Abwehr von Flucht Flucht-, VerdunklungsVerdunklungs und/oder Wiederholungsgefahr Anordnung von • Beschränkungen, Überwachung, Abbruch bzw. Anhalten von ¾ Besuchen, ¾ Telekommunikation sowie ¾ Schrift- und Paketverkehr • Beschränkung B hä k d der Üb Übergabe b von G Gegenständen ä d b beii B Besuchen h • Anordnung der Trennung von anderen Inhaftierten • Einschränkung oder Ausschluss der gemeinsamen Unterbringung mit anderen Inhaftierten Bundesrecht, Beschränkungen nach § 119 StPO (2) • Anordnungen trifft das Gericht (§ 119 Abs. Abs 1 S. S 3 StPO) • StA und Vollzugseinrichtung können vorläufige Anordnung treffen treffen, wenn Anordnung vom Gericht nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann (§ 119 Abs. 1 S. 4 StPO) • Binnen 3 Werktagen Vorlage an das Gericht zur Genehmigung (§ 119 Abs. 1 S. 5 StPO) Bundesrecht, § 119 StPO (3) Ausführung der Anordnungen: • Anordnende Stelle (§ 119 Abs. 2 S. 1 StPO) • Gericht kann Ausführung widerruflich auf StA übertragen • Hilfe u u.a. a durch Vollzugseinrichtung Bundesrecht, § 119 StPO (4) Rechtsbehelfe gegen Anordnungen und Maßnahmen nach § 119 StPO: • Antrag auf gerichtliche Entscheidung bzw bzw. Beschwerde (bei richterlichen Anordnungen); § 119 Abs. 5 S. 1 StPO • Keine aufschiebende Wirkung; § 119 Abs. 5 S. 2 StPO • Gericht kann vorläufige Anordnungen treffen Bundesrecht, § 119a StPO (5) Rechtsbehelf gegen behördliche Entscheidung oder Maßnahmen im Vollzug der UHaft bzw. der einstw. Unterbringung: g g • Antrag auf gerichtliche Entscheidung; § 119a Abs. 1 S. 1 StPO • Bei Untätigkeit der Behörde kann nach 3 Wochen gerichtl. Entscheidung beantragt werden. Kein vorgeschaltetes Widerspruchsverfahren, da einstweilige Unterbringung keine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung i.S. des Vorschaltverfahrensgesetzes NRW ist. Landesrecht Untersuchungshaftvollzugsgesetz NRW (UVollzG NRW) vom 27.10.2009, in Kraft getreten am 01.03.2010, 01 03 2010 gilt gem gem. § 35 Abs. Abs 2 MRVG für Vollzug der Unterbringungen nach §§ 126a, 453c i.V.m. § 463 StPO, soweit dies mit einer einstweiligen Unterbringung in einem psychiatrischen p y Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt vereinbar ist. Zuständigkeit Z ständigkeit für alle Entscheid Entscheidungen ngen im Rahmen des Vollzugs: Therapeutische Leitung (§ 6 Abs. 2 MRVG i.V.m. § 4 UVollzG) (Ausnahme: Entscheidungen im Rahmen des § 119 StPO) Trennungsprinzip (§§ 3, 10 UVollzG) • Trennung von anderen Gefangenen Gefangenen, namentlich Strafgefangenen • Unterbringung in besonderen Abteilungen oder Untersuchungshaftvollzugsanstalten • In Einzelräumen (Ausnahmen in § 10 Abs. 2 UVollzG) Im Maßregelvollzug aus therapeutischen und strukturellen Gründen nicht durchführbar Verlegungen (§ 7 UVollzG; § 15 Abs. 2 MRVG) eigentlich durch das Gericht aber: Entscheidungen durch den Träger gem gem. § 15 Abs. 2 MRVG haben Vorrang. Beschäftigung (§ 11 UVollzG) • Im MRV: Ergotherapie • Keine Teilnahmepflicht (§ 11 Abs. 1 UVollzG) • Kein weitergehendes Recht auf Arbeitsangebote als Patientinnen und Patienten in der Unterbringung gem. §§ 63, 64 StGB Taschengeld / Barbetrag (§ 11 Abs. 5 UVollzG) • Kein Anspruch auf Barbetrag gem gem. § 14 Abs. Abs 4 MRVG (§ 35 Abs. 1 MRVG verweist nur auf §§ 15, 29, 30 MRVG, nicht aber auf § 14 MRVG) • Bei Bedürftigkeit Anspruch gegen Träger der Sozialhilfe (§§ 27, 35 Abs. 2 SGB XII) • In Ausnahmefällen (namentlich zur Überbrückung einer unverschuldeten Bedürftigkeit zu Beginn der Inhaftierung) darlehensweise Taschengeldgewährung auf Antrag ¾ Höhe: 0,43 €/Arbeitstag Freizeit (§ 12 UVollzG) (1) • Sportmöglichkeiten Sportmöglichkeiten, Freizeitgruppen Freizeitgruppen, Gemeinschaftsveranstaltungen, Veranstaltungen zur Weiterbildung g und die Benutzung g einer Anstaltsbücherei sollen angeboten werden. • Darüber hinaus gehende Rechte: 1. 2. 3 3. 4. Zeitungs- und Zeitschriftenbezug auf eigene Kosten gemeinschaftlicher Hörfunk- und Fernsehempfang u.U. U eigenes i Hö Hörfunkf k und dF Fernsehgerät h ä auff eigene i K Kosten Bücher und andere Geräte zur Fortbildung oder Freizeitbeschäftigung g g Freizeit (§ 12 UVollzG) (2) Einschränkung und Aufhebung der Rechte möglich möglich, wenn • Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung gefährdet oder • Besitz Besitz, Überlassung oder Benutzung des Gegenstandes (Nr. 1, 3 und 4) mit Strafe oder mit Geldbuße bedroht ist Persönlicher Bereich (§ 13 UVollzG) Untergebrachte dürfen • eigene Kleidung und Bettwäsche benutzen, • Zimmer in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten, • aus einem von der Einrichtung vermittelten Angebot Nahrungs- und Genussmittel sowie andere Gegenstände g des p persönlichen Bedarfs kaufen. Die Rechte können ausgeschlossen oder eingeschränkt werden, wenn die Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung dies erfordert. Religionsausübung (§§ 15 – 17 UVollzG) (1) • Keine Versagung religiöser Betreuung durch Seelsorger/in der (eigenen) Religionsgemeinschaft • Recht zum Besitz grundlegender religiöser Schriften Entzug nur bei grobem Missbrauch • Belassung von Gegenständen des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang Religionsausübung (§§ 15 – 17 UVollzG) (2) • Teilnahme am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen des eigenen Bekenntnisses • Teilnahme am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen anderer Religionsgemeinschaften mit Zustimmung von deren Seelsorger/in Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen g kann nach Anhörung g der Anstaltsseelsorge ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten b t ist. i t B Besuche h (§§ 18, 18 19 UVollzG) UV ll G) (1) • Recht auf Besuchsempfang für mindestens 2 Std./mtl. • Keine Anrechnung von Besuchen in persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten, die nicht schriftlich oder durch Dritte wahrgenommen werden können • Zulassung zum Besuch nur mit schriftlicher Besuchserlaubnis Aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung kann die Zulassung von Durchsuchung abhängig gemacht werden g werden. oder der Besuch untersagt Beschränkung der Besucherzahl ist möglich. Besuche (§§ 18, 19 UVollzG) (2) Besuchsüberwachung möglich • bei richterlicher Anordnung gem gem. § 119 StPO • auf Anordnung der Leitung der Einrichtung Besuche (§§ 18, 19 UVollzG) (3) Einzelheiten zur Besuchsüberwachung durch Einrichtung • Optische Überwachung möglich aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung • Akustische Überwachung im Einzelfall möglich bei konkreten Anhaltspunkten für eine Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung g bei Gefährdung g der • Abbruch des Besuches möglich Sicherheit oder Ordnung durch Verhalten des/der Besuchers/in bzw. des/der Untergebrachten • Gegenstände dürfen übergeben werden, wenn Erlaubnis der Einrichtung vorliegt. Schriftwechsel (§ 20 UVollzG) • Empfang und Absenden auf eigene Kosten möglich • Bei Bedürftigkeit (= Taschengeldempfang auf Darlehensbasis nach § 11 Abs. Abs 5 UVollzG) Kostenübernahme durch Einrichtung in angemessenem Umfang • Überwachung nur bei ausdrücklicher Anordnung nach § 119 StPO Dann wird zu kontrollierender Schriftwechsel an zur Überwachung zuständige Stelle (kann auch die Einrichtung sein!) übermittelt. Von dem gedanklichen Inhalt dürfen nur zur Textkontrolle befugte Personen Kenntnis nehmen. Telefongespräche (§ 21 UVollzG) sind auf eigene Kosten möglich möglich, wenn ¾ räumliche, personelle und organisatorische Verhältnisse der Einrichtung dies zulassen und ¾ Sicherheit oder Ordnung nicht entgegenstehen. Überwachung nur bei ausdrücklicher Anordnung nach § 119 StPO Dann muss die beabsichtigte Überwachung dem/der Gesprächspartner/in des/der Patienten/Patientin unmittelbar nach Herstellung g der Verbindung g mitgeteilt werden. Rechtzeitig vor Beginn des Gesprächs muss der/die Patient/in über die beabsichtigte Überwachung und die Mitteilungspflicht informiert werden. Pakete (§ 23 UVollzG) (1) • Paketempfang zulässig • Öffnung und Kontrolle in Gegenwart des/der Adressaten/in • ausgeschlossene Inhalte: ¾ NahrungsNahrungs und Genussmittel ¾ Inhalte, die die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung gefährden können => Ausgeschlossene Gegenstände können aufbewahrt, zurückgesandt oder vernichtet werden, wenn der Rücksendung besondere Gründe entgegenstehen. Pakete (§ 23 UVollzG) (2) • Paketversand kann in begründeten Ausnahmefällen gestattet werden. • Inhalt soll aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung überprüft werden. Verkehr mit der Verteidigung (§ 22 UVollzG) • ist ohne Beschränkung und Überwachung schriftlich, schriftlich mündlich und unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 S. 1 UVollzG möglich. g • Zulassung zum Besuch kann unter Darlegung der Gründe von einer Durchsuchung des/der Verteidigers/in abhängig gemacht werden, wenn die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung dies erfordern. • Kenntnisnahme des gedanklichen Inhalts der von der Verteidigung mitgeführten Schriftstücke und Unterlagen ist nicht zulässig. zulässig Gesundheitsfürsorge g (§§ 24 – 28 UVollzG)) ((1)) • ähnlich wie nach § 12 MRVG => wie gesetzlich Krankenversicherte nach dem SGB V • Kostenbeteiligung volljähriger Untergebrachter nach M ß b einer Maßgabe i noch h zu erlassenden l d V Verw.Vorschrift V h ift • Untergebrachte können externen ärztlichen Rat (keine Behandlung) einholen unter folgenden Bedingungen: ¾ ¾ ¾ ¾ auf eigene Kosten Anhörung des ärztlichen Dienstes der Einrichtung wechselseitige Entbindung von der Schweigepflicht Versagung aus räumlichen, organisatorischen oder personellen Gründen oder zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung möglich Gesundheitsfürsorge (§§ 24 – 28 UVollzG) (2) • Zwangsmaßnahmen nur zulässig zulässig, wenn ¾ unerlässlich und ¾ durch das Gericht angeordnet g • Durchführung nur unter ärztlicher Leitung (Ausnahme: Notfallmaßnahmen) • Keine Verpflichtung zu Zwangsmaßnahmen, solange g des/der Untergebrachten g von freier Willensbestimmung ausgegangen werden kann Freistunde (§ 24 Abs. 2 UVollzG) Täglich 1 Stunde Stunde, wenn die Witterung dies zur festgesetzten Zeit zulässt; es sei denn die Betroffenen arbeiten ohnehin im Freien Freien. Sicherheit und Ordnung g in der Einrichtung Allgemeine Verhaltensvorschriften (§ 31 UVollzG) • Tageseinteilung der Einrichtung (Arbeitszeit (Arbeitszeit, Freizeit Freizeit, Ruhezeit) verbindlich • Keine Störung des geordneten Zusammenlebens • Befolgen der Anordnungen der Bediensteten • Kein Verlassen des zugewiesenen Bereichs ohne Erlaubnis • Zimmer und überlassene Sachen sind in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln. p für Lebensgefahr g oder erhebliche • Meldepflicht Gesundheitsgefahr anderer Personen Durchsuchung (§ 32 UVollzG) • Generell voraussetzungslos gestattet • Körperliche Durchsuchung von Männern nur durch Männer von Frauen nur durch Frauen. Männer, Frauen Schamgefühl ist zu schonen. • Allgemeine Anordnung zur körperlichen Durchsuchung mit Entkleidung nach Besuchskontakten oder nach Abwesenheit aus der Einrichtung zulässig. -> Durchsuchung von Männern nur in Gegenwart von Männern, von Frauen nur in Gegenwart von Frauen ohne Anwesenheit anderer Patientinnen und Patienten Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelkonsum (§ 33 UVollzG) • Geeignete Maßnahmen können zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung allgemein g oder im Einzelfall angeordnet g werden. • Ohne körperliche Eingriffe • Bei festgestelltem Suchtmittelmissbrauch können Kosten der Maßnahme den Betroffenen auferlegt werden. Erkennungsdienstliche Maßnahmen (§ 35 UVollzG) • Zur Sicherung des Vollzuges, zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder zur Identitätsfeststellung mit Kenntnis der Betroffenen 1. 2. 3. 4 4. Aufnahme von Lichtbildern Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale Messungen Ef Erfassung sonstiger ti biometrischer bi ti h M Merkmale, k l iinsbesondere b d von Fingern und Handflächen • Können zur Personalakte genommen werden. • Elektronische Speicherung zulässig • Anspruch auf teilweise Vernichtung der Unterlagen nach Entlassung. Belehrung über dieses Recht erforderlich. Unmittelbarer Zwang (§ 36 – 41 UVollzG) • Anwendung gegen Untergebrachte zulässig zur rechtmäßigen Durchführung von Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen g und Zweckerreichnung g nur auf diese Weise möglich • Gegen Dritte bei Befreiungsversuchen, widerrechtlichem Eindringen oder unbefugtem Aufenthalt in der Einrichtung • Androhung erforderlich • Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit • Kein Schusswaffengebrauch im Maßregelvollzug Besondere Sicherungsmaßnahmen (§§ 42 – 44 UVollzG) (1) Voraussetzungen: • Erhebliche Störung der Sicherheit oder Ordnung kann nicht auf andere Art und Weise vermieden oder behoben werden; insbesondere • Abwehr der Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen sowie g von Selbstverletzungen g • Verhinderung Besondere Sicherungsmaßnahmen (§§ 42 – 44 UVollzG) (2) Maßnahmen: • Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen • Beobachtung von Untergebrachten, Untergebrachten auch mit technischen Hilfsmitteln • Absonderung • Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien • Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum ohne g gefährdende Gegenstände g • Fesselung Disziplinarmaßnahmen (§§ 45 – 47 UVollzG) (1) • möglich zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung bei schuldhaftem Pflichtenverstoß, wenn Verwarnung g nicht erfolgversprechend g p ist • Maßnahmen: − − − − − − Verweis Beschränkung/Entzug des Rechts auf Beschaffung bzw. Besitz von Gegenständen bis zu 3 Monate Beschränkung/Entzug von Lesestoff Lesestoff, Hörfunk und Fernsehen bis zu 3 Monate; alles zusammen nur bis zu 2 Wochen Beschränkung/Entzug Veranstaltungsteilnahme bis zu 3 Mo. Entzug Arbeit und Beschäftigung bis zu 4 Wochen Arrest bis zu 4 Wochen Disziplinarmaßnahmen (§§ 45 – 47 UVollzG) (2) • Detaillierte Verfahrens Verfahrens- und Vollzugsvorschriften in §§ 46, 47 UVollzG • Anwendung im Maßregelvollzug nur mit äußerster Zurückhaltung (LVR lehnt Disziplinarmaßnahmen aus therapeutischen Gründen gänzlich ab) Datenschutz Datenschutz (§§ 65 – 73 UVollzG) Umfangreiche bereichsspezifische Regelungen zu Erhebung, Umgang und Schutz der personenenbezogenen p g Daten von Untergebrachten g Näheres im Einzelfall im Gesetz nachlesen