Die Orangerie des Schlosses Moritzburg Zeitz Was ist eigentlich eine Orangerie? „Der Begriff Orangerie, der heute in erster Linie für das Gebäude gebraucht wird, stand im 17. und 18. Jahrhundert zunächst als Synonym für eine Sammlung fremdländischer Gewächse, unter denen die Zitruspflanzen die beliebtesten waren. Eine möglichst umfangreiche Orangerie diente unmittelbar der fürstlichen Repräsentation und gehörte zu den kostspieligen Erfordernissen jeder Hofhaltung. Die besonderen Eigenschaften der exotischen Pflanzen wie der starke Duft der Blüten und die intensive Farbe von Früchten und Laub machten sie überaus kostbar. Von größter Bedeutung für das Selbstverständnis des Herrschers war jedoch die botanische Besonderheit des immergrünen Laubes und des gleichzeitigen Blühen und Fruchtens. Die im Gegensatz zu mitteleuropäischen Pflanzen fehlende Winterruhe des Zitrus wurde als Symbol für das ewige Leben angesehen. Die fürstliche Zitrussammlung war somit Sinnbild für die Unsterblichkeit des Herrscherhauses. In Deutschland gehörte seit Anfang des 18. Jahrhunderts eine Orangerie in jeden größeren Schloßgarten. Während die Pflanzen sommers im Garten aufgestellt waren, brauchten sie im Winter eine frostfreie Unterkunft. Im Unterschied zu den Gewächshäusern besteht eine Orangerie vorwiegend aus festem Mauerwerk, was eine stärkere architektonische Gestaltung und Ausschmückung ermöglicht.“ (1) „Im Stich von Georg Schreiber aus dem Jahre 1725 ist das ursprüngliche Gebäude der Orangerie mit seinem Gartenparterre überliefert. Die Orangerie wurde später als das Schloß Moritzburg gebaut. Ihre Lage direkt am Burggraben, ihre Ausrichtung nach der falschen Himmelsrichtung (Osten) und ihr kleiner Garten lassen darauf schließen, daß sie nachträglich in ein bestehendes Gefüge eingesetzt wurde. Mit Hilfe einer Altersbestimmung der Bauhölzer konnte das Gebäude auf das Jahr 1708 datiert werden. Der Garten vor dem Gebäude ist mittels Holzzaum abgegrenzt. In der Gartenmitte sehen wir ein abgesenktes Parterre mit Springbrunnen in der Mitte. In den seitlichen Blumenbeeten sind die Wappen des Herzog Moritz und seiner Frau Amalia erkennbar. An der Kante des umlaufenden Weges stehen die aufgereihten Orangenbäume. Außerhalb des Gartens steht der Wasserturm, der den Springbrunnen speiste. Das Gebäude der Orangerie besteht aus einem Mittelpavillon und den zwei Seitenflügeln. Zu dem Flachdach auf dem Mittelpavillon führt ein rückwärtiger Treppenaufgang. Unter baukünstlerischen Gesichtspunkten betrachtet, liegt der Wert des Gebäudes vor allem in seiner Grundrißform. Die Komposition aus Mittelpavillon und viertelkreisförmigen Seitenflügeln ist eine typische Bauform für Orangerien des Barock, die hier aber auf sehr kleiner Grundfläche verwirklicht wurde. Dies ist eine Besonderheit der Zeitzer Orangerie.“ (2) Der Innenraum des Gebäudes war ursprünglich hallenartig offen. Jeder Seitenflügel besitzt einen Kamin. Das Gebäude ist jedoch kein reiner Zweckbau. Der Mittelpavillon mit seiner Raumhöhe von 5 Metern ist ein repräsentiver Festsaal. Er besitzt eine umlaufende Voutendecke mit Stuckgesimsen. Außerdem sind in den Außenwänden halbrunde Figurennischen eingelassen. Vermutlich standen darin allegorische Plastiken, welche die vier Jahreszeiten darstellten. Diese aufwendige Gestaltung des Innenraumes läßt darauf schließen, daß sich hier in den Sommermonaten der Herzog und sein Hofstaat aufhielten. In den Außenwänden befinden sich große Sprossenfenster, die viel Licht in das Gebäude lassen. Die Fassaden sind relativ einfach geschmückt durch Pilaster, Gurtgesimse und Giebeldreieck. Die Dachterrasse ist durch Baluster eingefasst. Nur zehn Jahre nach der Fertigstellung der Orangerie wird das Herzogtum Sachsen- Zeitz aufgelöst, da Herzog Moritz stirbt, ohne Nachkommen zu hinterlassen. Die Orangerie wurde jedoch weiter genutzt und erhält im Jahre 1735 das Mansardach mit dem Zwerchhaus auf dem Mittelpavillon, welches noch heute erhalten ist. 811 wird die ursprüngliche Nutzung aufgegeben. Vor dem Gebäude werden an der Schloßstraße ein Gefängnis und später das Amtsgericht gebaut. Zu diesem Zweck wird der Brunnen abgebrochen und der Orangeriegarten eingeebnet. Das Gelände wird als Gemüsegarten, Gefängnishof und sogar als Friedhof genutzt. Damit ist die Orangerie in eine Hinterhofsituation geraten. 1821 kauft die Stadt Zeitz das Gebäude und nutzt es zu Wohnzwecken sowie als Speiseanstalt für Arme. 1844 wird in der Orangerie die 1. Kleinkinderbewahranstalt der Stadt Zeitz eingerichtet. Die Besitzer des Hauses Nr. 14 blieben und begannen nach der Wende, ihr Anwesen umfassend instand zu setzen und zu modernisieren. Neben dem Einbau einer neuer Heizung wurde das Dach neu eingedeckt und auch der schöne barocke Laubengang im Hof renoviert. Durch den Abbruch nicht mehr benötigter Hintergebäude konnte der Hofbereich neu gestaltet und bepflanzt werden. Er zeigt sich heute als idyllischer Flecken und dient den Bewohnern zur Erholung. Das Schlossereigebäude als rückseitiger Grundstücksabschluß blieb erhalten und wurde ebenfalls instandgesetzt. Als letzter Instandsetzungsabschnitt verblieben die Arbeiten an der Straßenfassade, die wegen des hohen und für Zeitz einzigartigen Denkmalwertes sowohl fachlich als auch finanziell sehr anspruchsvoll werden sollten. Durch die Denkmalschutzbehörde wurde das Gebäude als hochgradiges Baudenkmal eingestuft. Deshalb mussten vor Beginn der Arbeiten der Erhaltungszustand der Verputze und der gestaltprägenden Sandsteinbauteile sowie die erhalten gebliebenen Farbfassungen durch einen Restaurator untersucht werden. Mit den Ergebnissen dieser Untersuchung konnten die weiteren Instandsetzungsarbeiten am Werkstein geplant werden. Der Sandstein zeigte extreme Verwitterungserscheinungen durch Abschalungen und schichtenweises Auflösen der Steinsubstanz. Die denkmalpflegerische Zielstellung lag darin, soviel wie möglich von der alten Steinsubstanz zu erhalten. Dies wurde durch Sicherungsfestigungen erreicht. Anschließend wurde durch abschnittsweises Antragen von Steinersatzmörteln die ursprüngliche Oberfläche hergestellt. Im Bereich des Erdgeschosses wurde der in jüngerer Zeit angebrachte Zementputz abgenommen und durch Kalkputz ersetzt. Im Obergeschoß blieb der originale Putz erhalten, hier mussten jedoch Mauerwerksrisse verpresst werden. Im Ergebnis der Farbuntersuchung wurden 7 unterschiedliche Farbfassungen dokumentiert. Ausgeführt wurde die Renaissance Erstfassung. Die Putzflächen der Fassade sind weiß gefasst. Die Gewände und Gliederungen sind hellbraun abgesetzt und durch einen schwarzen Begleitstrich umrahmt. Haustür und Toranlage wurden erneuert bzw. aufgearbeitet. Der schmiedeeiserne Wandausleger wurde renoviert, der seit Jahren verschwundene Schlüssel nach alten Fotos nachgefertigt. Dadurch wird die Erinnerung an die alte Handwerkerstraße und den Schlossereibetrieb der Vorfahren wachgehalten. Da die Eigentümer das Haus aus Familienbesitz erhielten und darin aufgewachsen sind, bewahren Sie das bauhistorische Erbe. Ein solches Engagement wäre auch anderen historischen Gebäuden in Zeitz zu wünschen. Die Stadt Zeitz hat das Bauvorhaben durch Städtebaufördermittel unterstützt. Oliver Kaptain , freischaffender Architekt, Zeitz Literaturangaben (1) Der Süden im Norden – Orangerien, ein fürstliches Vergnügen Herausgeber: Staatliche Schlösser und Gärten Baden- Würtenberg, Oberfinanzdirektion Karlsruhe, in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Orangerien in Deutschland e.V. Verlag Schnell + Steiner GmbH Regensburg, 1999, ISBN 3-7954-1257-9 (2) Orangerie Schloss Moritzburg Zeitz Abschlussarbeit für das Aufbaustudium Denkmalpflege der Otto- Friedrich- Universität Bamberg und der Fachhochschule Coburg, Autoren: Volker Thiele und Marc Wiese, 1999