Alber 48488 / p. 1 /4.10.2012 VERLAG KARL ALBER A Alber 48488 / p. 2 /4.10.2012 Die Frage nach dem Verhältnis des Menschen zur Natur wird in dieser Arbeit anhand der schellingschen Naturphilosophie neu aufgearbeitet. Im Kontext der Transzendentalphilosophie ist ›Natur‹ nicht bloß regionaler Sachbereich, sondern auch konstitutives Moment in der Struktur transzendentaler Subjektivität. Das Selbstverständnis des neuzeitlichen Menschen zentriert sich zunächst in dem Begriff der Autonomie, der in den Philosophien Kants und Fichtes paradigmatisch entwickelt wurde. Es wird gezeigt, wie Schelling das transzendentalphilosophische Denken aufnimmt und überwindet. Diese Überwindung erst ermöglicht ihm, das Projekt einer Philosophie der Natur eigens zu begründen. Innerhalb einer Theorie absoluter Identität verhandelt Schelling Voraussetzungen und Konsequenzen dieser Grundlegung, die ihren systematischen Abschluss erst mit dem freiheitsphilosophischen Denken 1809 findet. Die hier unterbreitete Deutung erlaubt, Schellings Denken von 1795 bis 1809 konsequent als eine einzige Grundlegungsbewegung zu lesen. Der Autor: Sebastian Schwenzfeuer, geb. 1979, studierte Philosophie, Neuere Deutsche Literaturgeschichte und Sprachwissenschaft an der AlbertLudwigs-Universität Freiburg, wo er 2010 mit vorliegender Arbeit promoviert wurde. Er war 2007–2009 Stipendiat der Landesgraduiertenförderung Baden-Württemberg und erhielt für seine Dissertation den Wetzstein-Preis für Philosophie 2010. Seit 2010 ist er Akademischer Mitarbeiter im Ethisch-Philosophischen Grundlagenstudium an der Universität Freiburg. Alber 48488 / p. 3 /4.10.2012 Sebastian Schwenzfeuer Natur und Subjekt Alber 48488 / p. 4 /4.10.2012 3 BEITRÄGE ZUR SCHELLING-FORSCHUNG Herausgegeben von Lore Hühn (Freiburg) Paul Ziche (Utrecht) Philipp Schwab (Freiburg) Alber 48488 / p. 5 /4.10.2012 Sebastian Schwenzfeuer Natur und Subjekt Die Grundlegung der schellingschen Naturphilosophie Verlag Karl Alber Freiburg / München Alber 48488 / p. 6 /4.10.2012 Originalausgabe © VERLAG KARL ALBER in der Verlag Herder GmbH, Freiburg / München 2012 Alle Rechte vorbehalten www.verlag-alber.de Satz: SatzWeise, Föhren Herstellung: AZ Druck und Datentechnik, Kempten Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier (säurefrei) Printed on acid-free paper Printed in Germany ISBN 978-3-495-48488-3 Alber 48488 / p. 7 /4.10.2012 Vorwort Die vorliegende Abhandlung ist die geringfügig korrigierte Version meiner Arbeit, die im Frühjahr 2010 als Dissertation im Fachbereich Philosophie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. angenommen wurde. Mein Dank gilt all jenen, die an der Entstehung dieser Arbeit direkt oder indirekt mitgewirkt haben. Namentlich möchte ich Lore Hühn für ihre Unterstützung und die Hilfe bei der Ausgestaltung im Ganzen danken – durch sie habe ich zuerst gelernt, sachlich und historisch gehaltvolle Thesen auszuformulieren. Danken möchte ich ebenso Bruno Haas für die unvergesslichen Seminare, der Landesgraduiertenförderung Baden-Württemberg für die Gewährung eines Stipendiums, der Wissenschaftlichen Gesellschaft Freiburg für die Bewilligung eines Druckkostenzuschusses, Herrn Trabert vom Verlag Karl Alber in Freiburg für die Aufnahme in das Verlagsprogramm, ebenso den Herausgebern der Reihe. Dankbar bin ich Astrid für Ihre Zuwendung und Anteilnahme, und nicht zuletzt meinen Eltern, Jutta und Klaus, denen ich diese Arbeit widmen möchte. VII Alber 48488 / p. 8 /4.10.2012 Alber 48488 / p. 9 /4.10.2012 Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Erster Teil: Das liberative Modell 1. Der Stellenwert der Naturphilosophie . . . . . . . . . . . . 1.1. Die zweifache Stellung der Naturphilosophie . . . . . . 1.1.1. Die Alternative von Kritizismus und Dogmatismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2. Ambivalenzen der schellingschen Terminologie . 1.1.3. Der problematische Stellenwert der Naturphilosophie . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Die Naturphilosophie in den Systemen Kants und Fichtes 1.2.1. Kants Begriff der Natur . . . . . . . . . . . . . 1.2.2. Fichtes Ansätze zu einer Philosophie der Natur . 1.3. Entwicklungen im Konzept einer Naturphilosophie . . 13 13 2. Die Naturphilosophie als Teil der Transzendentalphilosophie 2.1. Der Standpunkt des transzendentalphilosophischen Denkens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1. Der Ausgangspunkt des transzendentalen Denkens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2. Das Ich als Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Die Deduktion des transzendentalen Naturbegriffes . . 2.2.1. Begrenztheit und Unbegrenztheit des Selbstbewusstseins . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2. Die erste Epoche . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3. Die zweite Epoche . . . . . . . . . . . . . . . 49 18 23 30 33 33 40 43 53 53 58 67 69 73 78 IX Alber 48488 / p. 10 /4.10.2012 Inhaltsverzeichnis 3. Die Naturphilosophie als selbständige Grundwissenschaft 3.1. Das Programm der Naturphilosophie . . . . . . . . 3.2. Die Begründung der Naturphilosophie . . . . . . . 3.2.1. Der transzendentalphilosophische Grund . . 3.2.2. Der naturphilosophische Grund . . . . . . . . . . . . . 87 . 89 . 96 . 97 . 101 4. Die Aporie des liberativen Konzeptes und die Überwindung der Transzendentalphilosophie . . . . . . . . . . . . . . . 4.1. Fichtes und Schellings Streit um die Transzendentalphilosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Das integrative Modell als Lösungsversuch . . . . . . . 4.3. Der reflexionslogische Hintergrund der Transzendentalphilosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4. Die Selbstaufhebung der Transzendentalphilosophie . . 4.5. Die Überwindung der Transzendentalphilosophie . . . 107 108 118 127 130 146 Zweiter Teil: Das integrative Modell 1. Die Identitätsphilosophie als Naturphilosophie . . . . . 1.1. Das Verhältnis der Identitätsphilosophie zur Transzendentalphilosophie . . . . . . . . . . . . . 1.2. Die Abkünftigkeit der Transzendentalphilosophie . 1.3. Der Wechsel der Definitionsweisen . . . . . . . . . 1.4. Die systematische Gleichrangigkeit von Natur- und Identitätsphilosophie . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5. Die Identitätsphilosophie als Opposition zur Transzendentalphilosophie . . . . . . . . . . . . . 2. Die Grundlegung der Identitätsphilosophie . . . . . . 2.1. Die Deutung der intellektuellen Anschauung . . 2.2. Die Unzulänglichkeit der schellingschen Deutung 2.3. Der Standpunkt des Absoluten . . . . . . . . . . . . 160 . . 167 . . 175 . . 181 . . 184 . . . . 194 194 200 207 3. Das freiheitsphilosophische Denken als Rehabilitierung der Transzendentalphilosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Die Stellung des freiheitsphilosophischen Denkens . . . 3.2. Der Gegenstand des freiheitsphilosophischen Denkens . 218 220 227 X . . . . . . 156 . . . . Alber 48488 / p. 11 /4.10.2012 Inhaltsverzeichnis 3.3. Freiheitsphilosophisches und identitätsphilosophisches Denken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4. Die Zentralstellung des Freiheitsbegriffes . . . . . . 3.5. Die naturphilosophische Grundlage des freiheitsphilosophischen Denkens . . . . . . . . . . . . . . . 3.6. Die menschliche Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . 3.6.1. Die naturphilosophische Interpretation des idealistischen Freiheitsbegriffes . . . . . . . . 3.6.2. Die freiheitsphilosophische Interpretation des idealistischen Freiheitsbegriffes . . . . . . . . . 236 . 244 . 251 . 265 . 271 . 279 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Primärliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Forschungsliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 289 291 Namenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 XI Alber 48488 / p. 12 /4.10.2012 Alber 48488 / p. 13 /4.10.2012 Einleitung Die Zeit des bloß historischen Glaubens ist vorbei, wenn die Möglichkeit unmittelbarer Erkenntniß gegeben ist. Wir haben eine ältere Offenbarung als jede geschriebene, die Natur. Diese enthält Vorbilder, die noch kein Mensch gedeutet hat, während die der geschriebenen ihre Erfüllung und Auslegung längst erhalten haben. Das einzig wahre System der Religion und Wissenschaft würde, wenn das Verständniß jener ungeschriebenen Offenbarung eröffnet wäre, nicht in dem dürftig zusammengebrachten Staat einiger philosophischen und kritischen Begriffe, sondern zugleich in dem vollen Glanze der Wahrheit und der Natur erscheinen. (SW VII, 415 f.) Eine Betrachtung der Natur in dem hier implizierten Sinne ist Naturphilosophie. Offenbar hat das, was in dem angedachten Sinne Natur heißt, eine für alle Philosophie und für das menschliche Weltverhältnis insgesamt grundlegende Funktion, ist Natur doch scheinbar das Maß der Wahrheit selbst, insofern das System der Wissenschaft und Religion erst durch das Verständnis der Natur in seine Klarheit gebracht wird. Ist Natur selbst Offenbarung, dann hat sie dem Menschen etwas zu bedeuten. Es ist die Frage, wie der Natur diese Funktion zukommen kann. Um ein angemessenes Verständnis von Schellings Philosophie der Natur (in diesem Sinne) zu gewinnen, muss sie daher im Hinblick auf das strukturelle Problem des Zusammenhanges von Natur und Subjektivität gelesen werden. Der Gegenstand der folgenden Abhandlung ist die Frage nach der Grundlegung der schellingschen Naturphilosophie. Ihre Grundlegung soll in zwei Hinsichten betrachtet werden: a) einerseits im Hinblick auf den Stellenwert der Naturphilosophie, b) andererseits im Hinblick auf ihre Bedeutung. Beide Hinsichten sind im Werk Schellings verflochten, systematisch gesehen sind sie jedoch grundverschieden und müssen daher begrifflich unterschieden werden. a) Die Frage nach dem Stellenwert der schellingschen Naturphiloso1 Alber 48488 / p. 14 /4.10.2012 Einleitung phie betrifft die architektonische Stelle, an der die Naturphilosophie ihren Platz findet, d. h. ihren systematischen Ort. Diese Stelle schreibt sich aus bestimmten Modellvorstellungen her und betrifft die Frage, wie Philosophie als Wissenschaft, die hier bei Schelling, wie im ganzen deutschen Idealismus, stets als Systemphilosophie konzipiert ist, aufgebaut sein soll. Schelling wechselt im Laufe seiner philosophischen Entwicklung, insbesondere in den Jahren 1795–1820, sein Modell der Systemarchitektonik zwei Mal, es finden sich demnach in den Schriften dieses Zeitraums drei unterschiedliche Modellvorstellungen. Sie können in chronologischer Reihenfolge als liberatives, integratives und iteratives Modell vorstellig gemacht werden. Schelling selber ist in seinen Selbstdarstellungen und Rückblicken stets darauf bedacht gewesen, und dies keineswegs ganz zu Unrecht, die Kontinuität seines philosophischen Schaffens herauszustellen. Dies bedingt dann aber auch, dass er die Wechsel seiner Modelle nie eigens hervorhebt oder benennt, ja vielmehr umgekehrt diese Wechsel geradewegs zu verschleiern sucht. Grundsätzlich geht es in den von Schelling unterbreiteten Modellvorstellungen um das Verhältnis verschiedener Disziplinen oder Richtungen der Philosophie, die inhaltlich von Schelling verschieden besetzt werden. So ist gemäß dem liberativen Modell die Philosophie grundsätzlich zweiteilig aufgebaut, und zwar aus zwei voneinander prinzipiell verschiedenen und voneinander unabhängigen Disziplinen. Ob dabei die Variablen dieser Disziplinen mit den Stichworten ›Dogmatismus‹ und ›Kritizismus‹ oder mit ›Transzendentalphilosophie‹ und ›Naturphilosophie‹ besetzt werden, ist zunächst zweitrangig. Das integrative Modell bestimmt demgegenüber die beiden Disziplinen als Teile eines umgreifenden Systems, die beide zwar in ihrem Gegenstandsbereich, d. h. extensional unterschieden, nicht aber prinzipiell verschieden sind. Die Variablen dieses Modells besetzt Schelling inhaltlich mit Natur- und Geistphilosophie, vom Thema her gesehen markiert dies kaum einen Unterschied zu dem für das liberative Modell vorgeschlagenen Inhalt – das Modell selbst ist gleichwohl ein völlig anderes. 1 Das dritte Modell, das iterative, bestimmt das Verhältnis 1 Eine Variante auf das integrative Modell deutet Schelling 1809 an: In der Freiheitsschrift wird das Verhältnis beider Disziplinen als demjenigen von Leib und Seele analog gesetzt (vgl. SW VII, 356). Dies ist mit Sicherheit nicht in demselben Sinne als die Relation von einem Teil zu einem extensional anderen Teil zu interpretieren. Trotzdem 2 Alber 48488 / p. 15 /4.10.2012 Einleitung mehrerer Disziplinen als aufeinanderfolgende Momente. Ihr Aufeinanderfolgen bestimmt sich als ihr geschichtliches Verhältnis, so dass das zweite Moment erst nach dem ersten auftreten kann. Beide Disziplinen sind damit weder ganz selbständig, da sie nur nacheinander auftreten können, noch bloß über verschiedene Extensionen eines umfassenden, gleichzeitigen Ganzen definiert, dem sie als Teilmenge subsumiert werden. Dass dieser veränderte Stellenwert der Disziplinen für deren inhaltliche Ausgestaltung und deren grundsätzliche philosophische Bedeutung ohne Auswirkung sein sollte, wird man kaum unterstellen wollen. Gerade diesen veränderten Stellenwert hat Schelling aber nie eigens benannt. Im Folgenden sollen zwei dieser Modelle, das liberative und das integrative, untersucht werden. Der Modellwechsel ist dabei genau datierbar: Er fällt in den November des Jahres 1800. In einem Brief an seinen Kollegen und Freund Fichte wird dieser Modellwechsel zuerst sichtbar, schlägt sich dann aber auch schnell in seinen publizierten Texten nieder, so etwa in der Anfang 1801 veröffentlichten Schrift Ueber den wahren Begriff der Naturphilosophie und die richtige Art ihre Probleme aufzulösen. Der Wechsel der Modelle fällt demnach zeitlich mit dem Übergang von der Frühphilosophie in die Identitätsphilosophie zusammen, ist aber von der Sache her gesehen nicht mit diesem Übergang selber identisch. Der Modellwechsel von dem liberativen hin zu dem integrativen Modell ist nicht selbst der Grund oder Anlass für den Übergang von der Früh- zur Identitätsphilosophie und umgekehrt ist der Übergang von der Früh- zur Identitätsphilosophie nicht notwendig an diesen Modellwechsel gekoppelt, wenn er auch kontingenterweise damit verbunden ist. Der zweite Modellwechsel findet ungefähr 1810/11 statt. In dem ersten Weltalter-Fragment von 1811 ist er jedenfalls bereits voll ausgeprägt, wohingegen die nur wenig früher gehaltenen Stuttgarter Privatvorlesungen diesen Wechsel noch nicht deutlich anzeigen. Dieser zweite Wechsel des Modells sowie das zugehörige dritte, iterative Modell sollen in vorliegender Abhandlung nicht thematisiert werden. Ihr Gegenstand erstreckt sich allein auf die schellingsche Schaffensphase von 1795 bis 1809. Diese Einschränkung rechtfertigt sich aus dem Thema: Die Grundlegung der Naturphilosophie, die hier sind beide als integrierte Seiten eines Ganzen gesehen und gehören somit zu dem integrativen Modell noch hinzu, auch wenn hier eine andere Teil-Teil-Relation leitend ist. 3 Alber 48488 / p. 16 /4.10.2012 Einleitung den eigentlichen Gegenstand bildet, ist 1809 mit Schellings Philosophischen Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit abgeschlossen. Es ist allgemein bekannt, dass Schelling nach 1809 sein Konzept von Naturphilosophie nicht mehr substantiell weiterentwickelt, sondern, wenn er auf es zu sprechen kommt, stets auf die bereits entwickelten Darstellungen zurückgreift. Allein die sehr späte Abhandlung Darstellung des Naturprocesses aus den Jahren 1843/44 würde hier neue Gesichtspunkte geben 2 – sie gehört aber in einen ganz anders gelagerten Problemkreis und nicht mehr zur Frage nach der Grundlegung der Naturphilosophie, gleichwohl sie inhaltlich Probleme der Naturphilosophie behandelt. b) Die andere hier analysierte Hinsicht der schellingschen Naturphilosophie ist die Frage nach ihrer Bedeutung. Ist die Betrachtung des Stellenwertes eine Diskussion des systematischen Rahmens oder des architektonischen Bauplanes, so ist demgegenüber in dieser Hinsicht nach der philosophischen Bestimmung des Begriffes ›Natur‹ wie auch nach der philosophischen Funktion der Naturphilosophie zu fragen. Hierzu muss vor allem zwischen den verschiedenen schellingschen Schaffensphasen unterschieden werden. Für den hier zu betrachtenden Zeitraum (1795–1809) sind dies drei Weisen, die in ebenfalls chronologischer Darstellung transzendentalphilosophisches, identitätsphilosophisches und freiheitsphilosophisches Denken heißen mögen. Was hiermit bezeichnet werden soll, 3 sind zunächst weniger verschiedene Thesen als Formationen des Denkens. Transzendental- und Identitätsphilosophie unterscheiden sich nicht allein durch ihre verschiedenen Grundthesen, sondern schon durch die Art und Weise, wie jeweils gedacht wird und Argumente entfaltet werden. Was hier mit Formationen gemeint ist, entspricht vielleicht am ehesten dem, was Hegel in seiner Enzyklopädie die »Stellung des Gedankens« (Enz. II, GW 19, 51) nennt, die ja nicht durch ganz bestimmte Thesen definiert ist, sondern durch eine bestimmte Denkhaltung, innerhalb derer dann auch recht unterschiedliche, gar sich entgegengesetzte Thesen auftreten können. In diesem Sinne haben die drei genannten Formationen des schellingschen Denkens eine je eigentümliche Stellung, und d. h. einen je eigenen Standpunkt. Um anzudeuten, worauf damit hingewiesen werden soll, sei zu2 3 4 Vgl. Buchheim 1992, 109–169. Vgl. Buchheim 1994, 13–16, an den diese Überlegungen angelehnt sind. Alber 48488 / p. 17 /4.10.2012 Einleitung nächst angemerkt, dass alle drei Formationen trotz ihrer tiefgreifenden Verschiedenheit gleichwohl unter den Begriff des systematischen Denkens gehören, 4 der aber in ihnen je sehr verschieden artikuliert wird. In einem nicht-trivialen Sinne denkt Schelling immer »systematisch«: Dies bedeutet, dass sowohl Gliederung als auch Ausgestaltung seiner Philosophie sich von der Entfaltung eines Prinzips herschreiben. Transzendentalphilosophisches Denken zeichnet sich im Wesentlichen durch den vermöge der Selbstvergewisserung der transzendental gedachten Subjektivität vorgegebenen Horizont aus. Die Grundfunktion des ›Ich bin‹ ist ihr zentraler Satz, d. h. ihr Grundsatz, oder anders gesagt: ihr Prinzip. Für diese Formation des Denkens ist es überhaupt wichtig, einen Grundsatz zu haben. Dies gilt schon für das identitätsphilosophische Denken nicht mehr in der gleichen Weise, baut dieses doch nachweislich auf einer Evidenz auf, die in einem eminenten Sinne auch Einsicht, d. h. »anschaulich« ist, und entsprechend »gesehen« werden muss. Einen Grundsatz in einem starken Sinne gibt es hier eigentlich nicht mehr, vielmehr aber eine Grundeinsicht, die sich in allen Ausgestaltungen ausgedrückt findet und wiederholend bestätigt. Demgegenüber nimmt sich das freiheitsphilosophische Denken (die dritte hier betrachtete Formation), welcher Ausdruck hier nur diejenige Formation bezeichnet, die sich in der Freiheitsschrift von 1809 dartut, wiederum anders aus. Es ist wesentlich von einem Zentralwort her organisiert, nämlich dem Begriff der Freiheit, und behandelt die Sprache insgesamt auch ganz anders. Die Andersheit (dieser Formation) gegenüber dem identitätsphilosophischen Denken ist hauptsächlich eine des Sprechens, offenkundig wird im freiheitsphilosophischen Denken anders gesprochen, und keineswegs nur Anderes gesagt. 5 Im identitätsVgl. hierzu Rombach 1965 f., Bd. 1, 11–56. Der Zusammenhang zwischen identitäts- und freiheitsphilosophischem Denken ist weitaus schwieriger zu bestimmen, als zwischen identitäts- unnd transzendentalphilosophischem Denken. Das identitätsphilosophische Denken bildet nämlich auch 1809 noch den entscheidenden Hintergrund für die neue Art des Denkens, die vor allem eine andere Art des Umgangs mit der Sprache ist, der sich gleichwohl auch schon früher gelegentlich andeutet. Wenn Schelling 1806 schreibt: »In kurzen Sätzen, mit so einfachen Zügen, als mir damals möglich schien, habe ich zuerst im Jahr 1801 die Lehre von der Natur und dem All, auf eine neue Weise dargestellt. Ich habe Ursache gefunden, über manches in dem Theil, wo die Betrachtung ins Besondere eingeht, meine Ansicht zu verbessern oder zu ändern, überhaupt sie zu erweitern. Die allgemeinen Gründe aber, wie sie dort aufgestellt sind, haben sich mir bei jeder folgenden Untersuchung, selbst in dem, was mehr noch aus Divination als aus bewußter Erkenntniß entsprungen war, zum 4 5 5 Alber 48488 / p. 18 /4.10.2012 Einleitung philosophischen Denken gibt es dieses Zentralwort hingegen nicht, dort liegt der Fokus auf der Einsicht in die absolute Identität des Seins. Diese drei Formationen des Denkens sind nun für die Grundlegung der Naturphilosophie insofern wichtig, als Schelling im Durchgang durch alle drei die Naturphilosophie als solche erst vollständig etabliert. Sie dienen hier also vor allem als terminologische Unterscheidung verschiedener Denkweisen, in denen sich das schellingsche Projekt einer Philosophie der Natur artikuliert, und nur in dieser Weise sollen sie hier thematisch werden. Ihr Verhältnis zueinander ist hierfür von zentraler Bedeutung. So erweist sich das transzendentalphilosophische Denken in gewisser Weise als kontradiktorisches Gegenteil zum identitätsphilosophischen Denken, insofern durch die Grundeinsicht der Identitätsphilosophie der Grundsatz der Transzendentalphilosophie aufgehoben und zu einem Grundirrtum verkehrt wird. 6 Das freiheitsphilosophische Denken ist andererseits beiden vorhergehenden Denkweisen nicht entgegengesetzt, indem es einerseits nicht prinzipiell anders funktioniert als identitätsphilosophisches Denken, aber durch sein Zentralwort wiederum die Transzendentalphilosophie nicht ausschließt, sondern in gewissem Sinne gerade einzuschließen vermag. Grundsätzlich zu unterscheiden sind diese Denkweisen von den vorher angesprochenen Modellen. Transzendentalphilosophisches Denken ist eine Formation, kein Modell im oben genannten Sinne. Dies wird schon allein daran ersichtlich, dass im Zeitraum von 1795–1809 sich zwei Modelle, aber drei Denkformationen aufzeigen lassen und diese Wunder bewährt« (SW VII, 144) – dann zeigt die Rede von der »Divination«, dass Schelling erst nach und nach die Sprache zu seinen Einsichten sucht. Zwischem dem Divinierten und dem Wort liegt selber eine strukurelle Beziehung vor, die Gegenstand philosophischer Arbeit sein kann. Dieses Suchen nach den Namen bildet m. E. eine eigene Formation aus, deren Höhepunkt in den Weltalter-Fragmenten zu finden ist. Schon Michelet sieht in den Aphorismen von 1806 den Ansatz für die gesamte spätere Philosophie, vgl. Michelet 1843, 191 f. – Ein gutes Beispiel findet sich in der Freiheitsschrift, wenn Schelling nämlich nach einem Namen für die höchste Einheit der Liebe sucht, die noch nicht als Einheit gedacht werden kann: »[W]ie sollen wir es bezeichnen?« (SW VII, 406). Schließlich wählt er den Namen ›Urgrund‹ bzw. ›Ungrund‹. Darin scheint ein Mehrwert zu liegen, denn die formale Struktur des Gedankens ist gegenüber den identitätsphilosophischen Schriften keineswegs neu, ja von der gleichen Struktur wie der Gedanke der absoluten Identität; vgl. Rang 2000, 26–28. Schellings Hinwendung zu Inhalten und Formen der Mythologie und Religionsgeschichte scheint mir intrinsisch mit dieser Art des Denkens zusammenzuhängen. Vgl. Frank 1982, 245–284. 6 Das wird häufig übersehen, vgl. Bonsiepen 1997, 149 f.; Gerhard 2002, 13. 6 Alber 48488 / p. 19 /4.10.2012 Einleitung somit nicht eindeutig korreliert sind. Dies geht soweit, dass die Transzendentalphilosophie, die Schelling bis 1800 als Moment des liberativen Modells auffasst, gar nicht in dieses Modell passt, was notwendig zu systematischen Schwierigkeiten führen muss. Die Überwindung des subjektivitätstheoretischen Paradigmas, d. i. die Überwindung der transzendentalphilosophischen Formation, geht einher mit einem Wechsel des Modells. Aber weder ist das integrative Modell die logische Konsequenz dieser Überwindung, noch ist dieser Wechsel Grund für die Neuformierung des Denkens. Die Bedeutung der Grundlegung der Naturphilosophie kann inhaltlich auf die knappe Formel gebracht werden, dass die Überwindung der Transzendentalphilosophie diese Grundlegung ist. Sie ist diese Grundlegung im Sinne der Legitimierung der Naturphilosophie, wenn auch nicht in ihrer eigentlichen Durchführung. Es ist die hier vertretene These, dass die Identitätsphilosophie, wohinein sich das transzendentalphilosophische Denken in seiner immanenten Durchführung selber aufhebt, nichts anderes als die Naturphilosophie im Sinne einer selbständigen Grundwissenschaft ist und diese die Grundlegung der Naturphilosophie erst als solche durchführt. Die Identitätsphilosophie ist damit die von Anfang an intendierte Naturphilosophie. 7 Das für Schellings Frühphilosophie leitende Programm zweier Dies wird in der Forschung meist fundamental anders gesehen, was z. B. bei SchmiedKowarzik exemplarisch deutlich wird, der nach der Behandlung von Schellings Naturphilosophie bis 1800 »noch einen kurzen Blick auf Schellings weitere philosophische Entwicklung« werfen will, »wenn auch nur sehr summarisch und im Hinblick auf die naturphilosophische Problemstellung« (Schmied-Kowarzik 1996, 82). Der kurze Seitenblick auf das Werk nach 1800 lässt aber sowohl jenes als auch die Naturphilosophie bis 1800 nur verkürzt in den Blick treten. Vgl. auch W. Bonsiepen, der sich bewusst auf die Frühphase Schellings beschränkt, ohne »die sehr spekulative, empirieferne Naturphilosophie des Identitätssystems« (Bonsiepen 1997, 19) zu berücksichtigen und ohne zu ahnen, dass die Identitätsphilosophie im eminenten Sinne nichts anderes als Naturphilosophie ist. Ähnliches bei Blamauer 2006 und Heckmann/Krings/Meyer 1985. Küppers spricht vorsichtig von einer Modifikation in der späteren Naturphilosophie, welche nun als Teil eines Systems auftrete (vgl. Küppers 1992, 16). Dies kommt Schellings eigener Darstellung natürlich sehr nahe, gleichwohl wird die systematische Problematik dabei unterschätzt. Dies resultiert vornehmlich aus einer verkürzten Zugangsweise zu Schellings Naturphilosophie, die sie nur in regionaler Bedeutung und nicht in ihrer Grundlegungsproblematik thematisiert. Einzig Mutschler 1990 sieht den engen Zusammenhang von Natur- und Identitätsphilosophie. Darüber hinaus scheint das identitätsphilosophische Denken besondere Schwierigkeiten für den Nachvollzug aufzugeben, gibt es doch auch bis dato kaum eine wirklich ertragreiche Diskussion derselben, die 7 7 Alber 48488 / p. 20 /4.10.2012 Einleitung Grundwissenschaften, die bloß liberal nebeneinander bestehen und sich ergänzen, erweist sich als undurchführbar und wird durch die Identitätsphilosophie abgelöst, 8 die sich als die eigentliche Ausprägung der auch schon in der Frühphase anvisierten Naturphilosophie erweist. Das identitätsphilosophische Denken positioniert Schelling allerdings derart, dass ihm dieser Übergang vom transzendental- zum identitätsphilosophischen Denken selber in seiner Tiefe lange verdeckt bleibt. Es ist daher die weitere hier vertretene These, dass Schelling sich in seinen philosophischen Bemühungen nach 1801 an einem Verständnis dieses Übergangs abarbeitet und erst in der Freiheitsschrift 1809 zu einem vorläufigen Ende findet. Die Abhandlung von 1809 ist damit der Zielpunkt identitätsphilosophischen Denkens und bildet daher auch hier den Schlusspunkt der Untersuchung. Das Hauptproblem der schellingschen Naturphilosophie war schon von jeher ihre philosophische Legitimität und Funktion, scheint sie doch nichts anderes als ein in die Natur projizierter Ableger der Transzendentalphilosophie zu sein und damit letztlich nichts anderes als eine ins Objektive gewendete Hypostase der Subjektivität. 9 Schellings philosophische Bemühungen erschienen mithin als Ausdruck eines übersteigerten und letztlich fehlgehenden menschlichen Selbstverhältnisses, 10 das zugleich die (wissenschaftliche) Wahrheit über die Natur durch Hypostasen und Anthropomorphismen verstelle. Es gilt aber demgegenüber hier zu zeigen, dass die Naturphilosophie aus und in der Überwindung der Transzendentalphilosophie ihre Legitimität erhält, wenn dies auch nach sich zieht, dass Schellings Programm zweier helfen würde, Schellings Ausführungen einen ausweisbaren phänomenologischen Sinn abzugewinnen, ausgenommen Rang 2000. 8 Vgl. Holz 1975, 60, der abschwächend und die eigentliche sachliche Problematik übersehend von Transzendental-, Natur- und Identitätsphilosophie als ›korrelativen Aspekten‹ spricht. 9 Vgl. schon Ludwig Noack: »Und woher weiß Schelling überhaupt, daß die Natur nicht bloß Object und Product, sondern zugleich productiv sei? Nur dadurch, daß das angeblich Unbedingte, unendlich Thätige im Ich, also das Ergebnis des transscendentalen Idealismus, ohne Weiteres auch auf die Natur übertragen wird. Mit welchem Recht dies geschieht, darüber suchen wir bei Schelling vergebens Aufklärung« (Noack 1859, 301). In der Tat bringt Noack damit das sachliche Problem der Grundlegung der Naturphilosophie auf den Punkt. Schelling bleibt nämlich eine ausdrückliche Erklärung bezüglich dieser Übertragung schuldig, wenn sich auch, wie hier zu zeigen versucht wird, intern die Berechtigung seines Ansatzes ausarbeiten lässt. Vgl. auch Jähnig 1966, 34 f. 10 Vgl. Hartmann 1923, 113–121. 8 Alber 48488 / p. 21 /4.10.2012 Einleitung Grundwissenschaften als solches nicht durchführbar ist, sondern seinerseits revidiert werden muss. Dies gesteht Schelling denn auch zumindest indirekt durch seinen 1800 vollzogenen Modellwechsel zu. Die Naturphilosophie steht damit von vornherein mitten in der Grundlegungsproblematik menschlichen Weltverhältnisses, gerade insofern sie ihre Bedeutung und philosophische Funktion aus der ontologischen Fundierung transzendentaler Subjektivität herschreibt. 11 In kritischer Absetzung zu Fichtes Überhöhung der Subjektivität über alles Seiende, das diesem nur als ein perennierend zu überwindendes Nicht-Ich gilt, rehabilitiert Schelling die Natur als einen Begriff, der intim mit der Struktur menschlicher Subjektivität selber verbunden ist. Der damit bezeichnete Sachkomplex, also der Zusammenhang von Natur und Selbstvollzug der Subjektivität, ist kritisch gegen ein ausschließlich subjektzentriertes Denken und Weltverständnis gerichtet. 12 Für die Grundlegung der Naturphilosophie ist die Überwindung der Transzendentalphilosophie (als einer eigenen Denkformation) entscheidend. Ein angemessenes Selbstverständnis identitätsphilosophischen Denkens muss demnach genau diesen Übergang eigens reflektieren können. Tatsächlich aber hat Schelling große Schwierigkeiten, diesen Übergang als solchen begreiflich zu machen, schließt doch die Identitätsphilosophie die Transzendentalphilosophie aus. Es muss aber möglich sein, diesen Übergang identitätsphilosophisch zu rekonstruieren, insofern die Natur-, d. h. hier: Identitätsphilosophie eben in dieser Überwindungsbewegung selber erst legitimiert wird. Dies leistet Schelling aber erst 1809 in der Freiheitsschrift. Erst dort gestaltet er das identitätsphilosophische Denken so um, dass der Standpunkt der Transzendentalphilosophie wieder eigens verständlich werden kann. 13 Dort zeigt er nämlich, wie es möglich ist, alles Seiende von dem Begriff der Freiheit her zu deuten, was eben auch das Spezifische der Transzendentalphilosophie zu rekonstruieren erlaubt. Die Freiheitsschrift ist demnach der Schlusspunkt in der Grundlegung der Naturphilosophie, insofern hier zwar nicht deren konkrete Durchgestaltung geschieht Dies hat zuerst und in aller Deutlichkeit Brandner 2002 gesehen, an den hier in wesentlichen Punkten angeknüpft wird. Er stellt vor allem den Zusammenhang der Frage nach der Seinsweise der Subjektivität und der Legitimität der schellingschen Naturphilosophie in aller wünschenwerten Deutlichkeit heraus. 12 Wieland liest daher ganz zu Recht die Naturphilosophie überhaupt als eine Selbstkritik der Philosophie (vgl. Wieland 1975, 256). 13 Vgl. die Diskussionen in Danz 2011. 11 9 Alber 48488 / p. 22 /4.10.2012 Einleitung oder weitergeführt wird, 14 aber dafür, und dies ist umso wichtiger, ihre Legitimität auf den Begriff gebracht wird. Erst damit ist die Naturphilosophie vollständig grundgelegt. Der Schlüsselbegriff in Schellings Konzept der Natur ist, und das gilt gleichermaßen für die frühere wie die spätere Phase seines Denkens (wenn auch auf je unterschiedliche Weise), 15 der Begriff der Freiheit. Freiheit wird zu einem Grundbegriff von Philosophie derart ausgeweitet, dass sie keineswegs mehr Inbegriff und Merkmal menschlicher Subjektivität darstellt, vielmehr selber ontologisch gewendet wird und alles Seiende wesentlich konstituiert. Daraus wird auch ersichtlich, dass erst mit der Freiheitsschrift, die eben den Begriff der Freiheit sowohl in ontologischer wie auch in spezifisch menschlicher Hinsicht thematisiert, die Grundlegung der Naturphilosophie eigens abgeschlossen wird. 16 Aufzeigen lässt sich der hier zu betrachtende Bogen des schellingschen Denkens, also der Zeitraum von 1795 bis 1809, gerade an dem Freiheitsbegriff. Formelhaft kann er folgendermaßen bestimmt werden: Zunächst wird Freiheit transzendental gedacht und der Subjektivität zugeschrieben, entsprechend ist alles Objektive (die Dinge an sich) nur »aufgehobene Freiheit« (AA I,9,1, 67). Dies ist die zentrale Einsicht im System des transscendentalen Idealismus. Neun Jahre später lautet die Leitformel nun geradezu invertiert, dass »Freiheit der positive Begriff des An-sich überhaupt ist« (SW VII, 352). Offenbar kann diese veränderte Sicht nur vor dem Hintergrund des identitätsphilosophischen Denkens her verständlich werden, zum einen, weil die Freiheitsschrift wesentlich aus »den Grundsätzen einer wahren Naturphilosophie« (SW VII, 357) resultiert, und letztere ist, wie hier gezeigt wird, eben die Identitätsphilosophie selbst, zum andern, weil gerade die Identitätsphilosophie »eine Erkenntniß der Dinge, wie sie an sich« sind (AA I,10, 117), darstellt. Die Einsicht in den ontologischen Begriff der Freiheit muss demnach schon dem identitätsphilosophischen Denken angehören, dessen Abschluss die Freiheitsschrift dann auch konsequenterweise bildet. 17 Scheier spricht auch von einer Wende »von der natürlichen Natur zur mythologischen« (Scheier 1986, 389). 15 Gerade in diesem Sachkomplex liegt auch das Einheitliche von Schellings Denkweg, wie etwa von Loer 1974 und Ehrhardt 1984 betont. 16 Vgl. die Diskussionen der Freiheitsschrift in Wenz 2010, Elm/Peetz 2012, Roux 2010. 17 Damit bestätigt sich auch die Lesart von Sandkühler 1984, der die Naturphilosophie 14 10 Alber 48488 / p. 23 /4.10.2012 Einleitung Der Übergang von der Transzendental- in die Identitätsphilosophie im Jahr 1800 hat weitläufige Konsequenzen, entdeckt Schelling doch damit wie nebenbei die Geschichtlichkeit von Denkformationen. Nach 1809 wird ihn dies zu dem oben angedeuteten zweiten Modellwechsel, hin zu einem iterativen Modell, bewegen, um in diesem Rahmen die fundamentale Geschichtlichkeit allen Denkens zu erörtern. Da dies aber nicht mehr in den Kontext der Grundlegung der Naturphilosophie gehört, sondern weitere ontologische und metaphysische Konsequenzen betrifft, gehört die Betrachtung solcher Überlegungen nicht mehr hierhin. Die hier analysierten Formationen des Denkens werden in größtmöglicher Weise ernst genommen: Es wird als Hypothese angenommen, dass Schellings Denken im Durchlaufen dieser Formationen in sich kohärent und sachorientiert ist. Bewiesen wird diese Hypothese gleichwohl nicht, sie dient als heuristisches Mittel, um den Texten ein Möglichstes an Sinn abzugewinnen. Dass es dabei etwas für uns Heutige zu lernen gibt, ist immer impliziert, bleibt aber Sache derjenigen Erfahrung, die man mit dem Denken macht. Es sei auch betont, dass es ausschließlich um eine Interpretation der Grundlegung der Naturphilosophie geht, nicht um eine Diskussion spezifisch naturphilosophischer Inhalte, auch wenn es vielleicht zunächst verwunderlich scheinen mag, dass Schellings Naturphilosophie ohne eine genauere Erörterung von Konzepten wie ›Materie‹, ›Leben‹ oder ›Organismus‹ verhandelt wird. Die Arbeit beschränkt sich darauf, Schellings Naturphilosophie systematisch bezüglich ihrer Stellung und ihrer Bedeutung zu thematisieren, also ihre Funktion in der Ausbildung menschlichen Weltverhältnisses und der Grundlegungsproblematik der Philosophie zu bestimmen; und blendet demnach alle spezielleren und bloß historischen Hinsichten ab, etwa das Verhältnis von Spekulation und Empirie, 18 Naturphilosophie und Naturwissenschaft, wissenschaftshistorische und wissenschaftstheoretische Einordnungen 19 u. ä. betreffend, wie auch die Rezeptions- und Wirkungsals eine Wende von der Erkenntnistheorie zur Ontologie begreift. Dies ist umso deutlicher, als die Identitätsphilosophie selber die Naturphilosophie ist und zugleich das Ansichsein des Seienden bedenkt. 18 Vgl. dazu Mutschler 1990, vgl. allgemein zu dem Projekt einer Philosophie der Natur unter den Bedingungen der Moderne Mutschler 2002. 19 Vgl. dazu Bach 2001, Breidbach/Ziche 2001 und den umfangreichen Ergänzungsband in der historisch-kritischen Ausgabe (AA I, Ergänzungsband zu 5–9). 11 Alber 48488 / p. 24 /4.10.2012 Einleitung geschichte der schellingschen Naturphilosophie 20 sowie ihr Verhältnis zur romantischen Naturphilosophie. 21 Diese Enthaltsamkeit ist dabei rein methodisch und soll nichts weiter über die ausgelassenen Perspektiven andeuten. Der Aufbau der Arbeit ergibt sich strukturell aus dem oben Dargelegten. Sie gliedert sich in zwei Teile, die jeweils einem der zu betrachtenden Modelle, dem liberativen und dem integrativen, zugeordnet sind. Der erste Teil behandelt das für Schellings Frühphilosophie leitende Programm einer Aufteilung der Philosophie in zwei Grundwissenschaften, wie es paradigmatisch in der Einleitung des Systems des transscendentalen Idealismus entworfen ist. Inhaltlich betrifft dies die Frage nach der Naturphilosophie im Kontext der Transzendentalphilosophie. Es gilt, beide Disziplinen und deren Verhältnis zueinander zu untersuchen. Dies bildet den Ausgangspunkt, von dem her sowohl die Überwindung der Transzendentalphilosophie verständlich wird als auch die für Schellings Philosophie nach 1800 entscheidenden Weichen des identitätsphilosophischen Denkens gestellt werden. Im zweiten Teil wird die Identitätsphilosophie als die eigentlich intendierte Naturphilosophie herausgestellt und in ihrer Grundlegung betrachtet, die sich in dem freiheitsphilosophischen Denken vollendet, dessen Interpretation daher den Abschluss der Untersuchung bildet. 20 21 Vgl. dazu Bach/Breidbach 2005, Mischer 1997, 108–140. Vgl. Mischer 1997, 141–164, Stein 2004. 12 Alber 48488 / p. 25 /4.10.2012 Erster Teil Das liberative Modell Die Grundlegung der schellingschen Naturphilosophie muss zunächst mit einer Problematisierung des frühen schellingschen Konzeptes von Naturphilosophie beginnen, d. h. mit dem, was er im Zeitraum von 1794–1800 vor dem für sein Konzept maßgeblichen Hintergrund der kantischen und fichteschen Philosophie entwickelt. 1 Schellings leitendes Modell eines liberativ-pluralistischen Konzeptes von Philosophie, das sich aus mehreren, im konkreten Fall aus zwei voneinander unabhängigen Disziplinen zusammensetzt, muss systematisch dargestellt und schließlich in seiner inneren Aporetik begriffen werden. 1. Der Stellenwert der Naturphilosophie 1.1. Die zweifache Stellung der Naturphilosophie In seinem 1800 erschienen System des transscendentalen Idealismus, welches die Phase des im engeren Sinne transzendentalphilosophischen Denkens bei Schelling beschließt und unmittelbar in die daran anschließende Phase der sogenannten Identitätsphilosophie überleitet, stellt Schelling zu Beginn, in der Einleitung (AA I,9,1, 29–42) programmatisch fest, wie er sich den Aufbau des Systems der Philosophie insgesamt vorstellt: Wir haben durch das Bisherige nicht nur den Begriff der TransscendentalPhilosophie deducirt, sondern dem Leser zugleich einen Blick in das ganze System der Philosophie verschafft, das, wie man sieht, durch zwei Grundwissenschaften vollendet wird, die, einander entgegengesetzt im Princip und der Richtung, sich wechselseitig suchen und ergänzen. (AA I,9,1, 32) Vgl. Gerhard 2002, 17–58, zum kantischen Hintergrund als maßgeblichem Einfluss insbesondere Boenke 1990, 17–30. 1 13 Alber 48488 / p. 26 /4.10.2012 Erster Teil: Das liberative Modell Das Ganze der Philosophie gliedert sich demnach in zwei gleichwertige Teile, dessen einer die im Zitat bereits genannte Transzendentalphilosophie ist, der andere die Naturphilosophie. Etwas vorher hatte er nämlich schon erläutert: »In die beiden möglichen Richtungen der Philosophie haben sich also Natur- und Transscendental-Philosophie getheilt« (AA I,9,1, 32). Diese Zweigliederung der Philosophie als solcher begründet Schelling aus der Struktur des Wissens. In der Eingangssequenz der Einleitung heißt es nämlich: 1. Alles Wissen beruht auf der Uebereinstimmung eines Objectiven mit einem Subjectiven. – Denn man weiß nur das Wahre; die Wahrheit aber wird allgemein in die Uebereinstimmung der Vorstellungen mit ihren Gegenständen gesetzt. 2. Wir können den Inbegriff alles blos Objectiven in unserm Wissen Natur nennen; der Inbegriff alles Subjectiven dagegen heiße das Ich, oder die Intelligenz. Beide Begriffe sind sich entgegengesetzt. Die Intelligenz wird ursprünglich gedacht als das blos Vorstellende, die Natur als das blos Vorstellbare, jene als das Bewußte, diese als das Bewußtlose. Nun ist aber in jedem Wissen ein wechselseitiges Zusammentreffen beider (des Bewußten und des an sich Bewußtlosen) nothwendig; die Aufgabe ist: dieses Zusammentreffen zu erklären. (AA I,9,1, 29) Dieses »Zusammentreffen« zu erklären, was die Aufgabe der Philosophie darstellt, ist nun nach Schelling auf zwei grundsätzlich verschiedene Weisen, oder, wie er sich ausdrückt, »Wegen« zu erreichen. »A. Entweder wird das Objective zum Ersten gemacht, und gefragt: wie ein Subjectives zu ihm hinzukomme, das mit ihm übereinstimmt […] B. Oder das Subjective wird zum Ersten gemacht, und die Aufgabe ist die: wie ein Objectives hinzukomme, das mit ihm übereinstimmt« (AA I,9,1, 30 f.). Insgesamt ist die Philosophie also verstanden als eine Untersuchung oder Wissenschaft des Wissens, und zwar genauer: des wahren Wissens. Darin gründet der allgemeine Begriff der Philosophie, der sich dann in die zwei möglichen Arten von Grundwissenschaften differenzieren kann, über die differentia specifica von Richtung und Prinzip voneinander diskriminiert. Die zu jedem Wissen strukturell zugehörige Möglichkeit des Irrtums, des falschen Wissens, blendet Schelling demgegenüber methodisch ab. 2 Dies liegt wohl nicht zuletzt darin begründet, dass er bei seiner Beschreibung der wesentlichen 2 Ab 1809 wird Schelling sich dann unter dem Stichwort einer »falschen Imagination« 14 Alber 48488 / p. 27 /4.10.2012 Der Stellenwert der Naturphilosophie Strukturen des Wissens dasjenige, was er – wie aus obigem Zitat ersichtlich – das »Objektive« nennt, in der Folge sowohl als propositionalen Gehalt wie als seiende Sache auffasst. Objekt ist einerseits das Seiende selbst, andererseits das Gewusste im Wissen, der Wissensinhalt. Versteht man mit Schelling Wahrheit zunächst als Übereinstimmung, dann ist im Falle des wahren Wissens nicht nur das Subjektive (als der Wissensakt der Intelligenz) übereinstimmend mit dem Objektiven (als dem Seienden), sondern, trivialerweise, auch das im Wissen Gewusste, das Intentum, übereinstimmend mit der seienden Sache. Wahrheit ist, dass man sagt, wie es ist; das ›wie man sagt‹ und ›wie es ist‹ stimmen in diesem Fall überein. 3 Der Wissensinhalt ist in einem zu präzisierenden Sinne übereinstimmend mit der seienden Sache, er ist das Gewusste, das eben sowohl dieses wie jenes meint. Hier vom Wissensinhalt als einer Proposition zu reden mag insofern erlaubt sein, als Schelling durchgängig, im Übrigen gleich wie Kant, Wissen als Urteilen versteht, und seine Untersuchung des Wissens die Urteilsfunktionen als solche thematisiert, das logisch-transzendentale Fundament jeden Urteilens und damit auch jeden Sprechens. Wissen besteht aus Sätzen. 4 Diese Bestimmung der Philosophie hält sich in dem Bereich, der ihr (SW VII, 390) in umso intensiverer Weise gerade dieser Irrtumsmöglichkeit menschlicher Erkenntnisbemühungen philosophisch annehmen. 3 Es tut not, Schellings verwendete Terminologie stets auf ihre phänomenalen Sachverhalte hin zu bestimmen. Wollte man Schellings Unternehmen schon allein deshalb unsinnig finden, weil hier scheinbar einer obsoleten Adäquationstheorie der Wahrheit das Wort geführt wird, dann ginge man allzu schnell an der eigentlichen Sache vorbei. Zwar ist die Einführung von Terminologie, um die es hier im § 1 der Einleitung zu tun ist, nie ein unschuldiger Akt, aber die Frage, was Wahrheit wirklich heißt, lässt sich dort allein nicht festmachen. So bedenke man etwa, dass Schelling die Wahrheit zwar in die Übereinstimmung setzt, gleich darauf aber betont, dass Subjektives und Objektives ganz ungleichartig seien. Die Frage ist dann aber, wie man eine Übereinstimmung zwischen zwei ganz Ungleichartigen überhaupt denken könne – sicherlich nicht orientiert an der Vorstellung von Bild und Abbild; vgl. Punkt 2 in obigem Zitat (AA I,9,1, 29). 4 Das ist im Übrigen eine Einsicht, die Schelling vielleicht in eine interessante Perspektive für modernere Reflexionen auf die Sprache rücken kann. So werden Tugendhats Einwände gegen Schelling dadurch zumindest gemildert, da Tugendhat die propositionale Beschaffenheit der Erkenntnis gegen Schelling ausspielen will, aber übersieht, dass Schelling selber das Wissen immer an die Sprache (das Urteilen) rückbindet und somit die Einsichten der Transzendentalphilosophie gar nicht so weit von Tugendhats eigener Sprachanalyse entfernt sind. Vgl. Tugendhat 1979, 316. Auch M. Frank verweist auf Schellings Einsicht entgegen moderner Polemik; vgl. Frank 1989, 173. 15 Alber 48488 / p. 28 /4.10.2012 Erster Teil: Das liberative Modell von Kant und Fichte gegeben wurde. Fichte schreibt 1801 prägnant, dies gilt aber der Sache nach auch bereits für die Bestimmung der Philosophie, die er von ihr vor 1800 gibt: »Die Wissenschaftslehre soll, wie die Zusammensetzung des Worts zeigt, seyn eine Lehre, eine Theorie des Wissens, welche Theorie sich nun ohne Zweifel auf ein Wissen vom Wissen gründet, dasselbe erzeugt, oder mit Einem Worte, es ist« (GA II,6, 139). Die Wissenschaftslehre begründet also, was Wissen überhaupt zu einem solchen macht und wie dies untersucht werden kann. Sie, die Wissenschaftslehre, ist »Wissenschaft der Wissenschaft überhaupt« (GA I,2, 119), gerade indem sie das Wissen als solches, und damit in der Folge jede Wissenschaft, grundsätzlich, d. i. auf einen Grundsatz gebracht, reflektiert. Die eine der beiden Grundwissenschaften, die Transzendentalphilosophie, entspricht nun historisch betrachtet dem fichteschen Projekt der Wissenschaftslehre, das aus dem Selbstvollzug des sich-wissenden Ich heraus alles Seiende, das Nicht-Ich, als solches transzendental zu deduzieren versucht oder in Schellings Sprache gesagt: vom Subjekt ausgehend das Objektive herleitet. Davon wird weiter unten eingehend die Rede sein. Wichtig ist hier zu sehen, dass die Naturphilosophie als die andere Grundwissenschaft gleichrangig neben der Transzendentalphilosophie steht, verschieden allein »im Princip und der Richtung« (AA I,9,1, 32), nämlich ausgehend vom Objektiven, das Subjektive hinzufindend. Was darunter zu verstehen ist, verdeutlicht er wenig später: Die nothwendige Tendenz aller Naturwissenschaft ist also, von der Natur auf’s Intelligente zu kommen. Dieß und nichts anders liegt dem Bestreben zu Grunde, in die Naturerscheinungen Theorie zu bringen. – Die höchste Vervollkommnung der Naturwissenschaft wäre die vollkommene Vergeistigung aller Naturgesetze zu Gesetzen des Anschauens und des Denkens. (AA I,9,1, 30) Das aus den Naturwissenschaften bekannte Auffinden der Gesetzmäßigkeiten des jeweils betrachteten Seienden dient Schelling demnach als Modell, den Weg vom Objekt ausgehend zum Subjektiven hin zu charakterisieren. 5 Das Auffinden von Gesetzmäßigkeiten in Es sei vermerkt, dass Schelling die Naturwissenschaften auch von der Naturphilosophie unterscheidet: »Sie [die Aufgabe, vom Objekt auszugehen; S. S.] ist also ohne Zweifel Aufgabe der Naturwissenschaft, die dasselbe thut.« (AA I,9,1, 30). Die Naturwissenschaft tut also dasselbe wie die Naturphilosophie, ist aber nicht mit ihr identisch. 5 16 Alber 48488 / p. 29 /4.10.2012 Der Stellenwert der Naturphilosophie der Natur, z. B. bestimmten mathematisch formulierten Gesetzen wie den keplerschen Bewegungsgesetzen der Planeten, mache die Natur »intelligent« (AA I,9,1, 31), insofern die besonderen Fälle (etwa die am Himmel beobachteten verschiedenen Stellungen der Planeten) dadurch auf ihren allgemeinen Begriff gebracht werden und als durch ein Allgemeines (nämlich ein Gesetz) strukturiert erkannt werden können. Worin das Prinzip der Naturphilosophie aber besteht, führt Schelling im System des transscendentalen Idealismus nicht näher aus. In dieser Schrift will er allein die eine Seite der Philosophie darstellen. »Nicht das ganze System der Philosophie, sondern nur die Eine Grundwissenschaft desselben soll hier aufgestellt, und dem abgeleiteten Begriff zufolge vorerst genauer charakterisirt werden« (AA I,9,1, 32). Erst aus dem Prinzip der Naturphilosophie ließe sich verständlich machen, warum es sich hier um eine philosophische Grundlagenwissenschaft handeln soll, was aus dem angeführten Vergleich mit den Naturwissenschaften allein noch keineswegs deutlich wird, bleibt doch offen, worin das eigentlich Philosophische der Naturphilosophie besteht, im Unterschied zu jeder empirischen Naturwissenschaft. Gerade insofern man sich vergegenwärtigt, dass die Transzendentalphilosophie sich wesentlich absetzt und absetzen muss von allem bloß Empirischen, um überhaupt ihren eigenen Standpunkt zu generieren, kann die Naturphilosophie nicht einfach auf der Seite reiner Empirie angesiedelt werden. Sie wäre dann von wesentlich anderem Rang als die Transzendentalphilosophie. Diese Möglichkeit scheidet im Grunde, auch angesichts der historischen Abkunft von Schellings Unternehmen aus der kantisch-fichteschen Philosophie, von vornherein aus. Die Frage, wie die Naturphilosophie überhaupt zu einer philosophischen Wissenschaft wird oder warum sie Philosophie ist und nicht bloße Naturwissenschaft – was die oben zitierte Stelle sogar nahelegen könnte zu denken, vergäße man, dass es hier, im System von 1800 ja nicht um die Grundlegung der Naturphilosophie, sondern allein um die andere Grundwissenschaft, die Transzendentalphilosophie, geht –, stellt sich auch gerade angesichts der Bestimmung der Philosophie im Allgemeinen als einer Wissenschaft des Wissens. Zwar will Schelling darauf hinaus, die beiden Momente des Wissens, das Subjektive und das Objektive, als mögliche Ausgangspunkte zweier grundverschiedener Wissenschaften darzutun – und ist der Ausgang vom wissenden Subjekt und der Ausgang vom seienden Objekt nicht grundverschieden? Er scheint die Unterscheidung zweier Grundwissenschaften damit 17 Alber 48488 / p. 30 /4.10.2012 Erster Teil: Das liberative Modell auf die zwei Grundmöglichkeiten philosophischen Denkens, seit Fichte benannt als die Gegenüberstellung von Dogmatismus, wofür wesentlich Spinoza, und Kritizismus, wofür Fichte selber oder in eingeschränkter Form Kant einsteht, zu beziehen und damit die schellingsche Zweiteilung selber eng an die fichtesche Vorlage anzuschließen. Allerdings ergeben sich aus dieser Überlegung sogleich auch Bedenken: So ist der scheinbare gleichgewichtige Gegensatz von Dogmatismus und Kritizismus bei Fichte keineswegs ein gleichgewichtiger, vielmehr ein überaus ungleichgewichtiger. Fichte anerkennt nur scheinbar, nur auf der verbalen Oberfläche, neben seiner eigenen Wissenschaftslehre, also dem Kritizismus, eine andere Möglichkeit des Philosophierens, die Möglichkeit eines anderen, nämlich realistischen Systems im Unterschied zu seinem idealistischen. Sprechend für dieses Ungleichgewicht ist die Zweite Einleitung in die Wissenschaftslehre von 1797, dort heißt es nämlich in einer Anmerkung: Auf dieselbe Verwechselung der beiden Reihen des Denkens im transscendentalen Idealismus würde es sich gründen, wenn jemand neben und außer diesem Systeme noch ein Realistisches gleichfalls gründliches und consequentes System möglich finden sollte. Der Realismus, der sich uns allen, und selbst dem entschiedensten Idealisten aufdringt, wenn es zum Handeln kömmt, d. h. die Annahme, daß Gegenstände ganz unabhängig von uns außer uns existiren, liegt im Idealismus selbst, und wird in ihm erklärt, und abgeleitet; und die Ableitung einer objectiven Wahrheit, sowohl in der Welt der Erscheinungen, als auch in der intelligibeln Welt, ist ja der einzige Zweck aller Philosophie. (GA I,4, 210) Der Dogmatismus, der hier Realismus heißt, ist also ein möglicher Standpunkt der Reflexion, aber ein untergeordneter, insofern er seinerseits wieder aus dem Kritizismus, der hier transzendentaler Idealismus heißt, abgeleitet werden kann. Der Realismus ist ein weniger »gründliches und consequentes System« (GA I,4, 210). Möglich ist nach Fichte eine andere Philosophie neben der Wissenschaftslehre also sehr wohl, aber nicht als gleichrangige, und damit nicht als eine zweite Grundwissenschaft, die mit dem eigentlichen Kritizismus konkurrieren könnte. 1.1.1. Die Alternative von Kritizismus und Dogmatismus Es ist augenfällig, dass Schelling, der sich in seinen 1795 publizierten Philosophischen Briefen über Dogmatismus und Kriticismus um genau diese Konstellation zweier Grundmöglichkeiten philosophischen Den18 Alber 48488 / p. 31 /4.10.2012 Der Stellenwert der Naturphilosophie kens bemüht, 6 den Sachverhalt anders darstellt als später Fichte. Letzterer erklärt 1797: Der Dogmatismus kann sonach sein Princip nur wiederholen, und unter verschiedenen Gestalten wiederholen, es sagen, und immer wieder sagen; aber er kann von ihm aus nicht zu dem zu Erklärenden übergehen, und es ableiten. In dieser Ableitung aber besteht eben die Philosophie. Der Dogmatismus ist sonach auch von Seiten der Speculation angesehen, gar keine Philosophie; sondern nur eine ohnmächtige Behauptung und Versicherung. Als einzig mögliche Philosophie bleibt der Idealismus übrig. (GA I,4, 198) Dies entspricht der wiedergegebenen Einschätzung Fichtes, dass der Realismus im transzendentalen Idealismus gegründet und somit ersterer von letzterem abkünftig sei. Demgegenüber betont Schelling die Gleichursprünglichkeit beider Philosophien. Was mich betrifft, ich glaube, es giebt ein System des Dogmatismus so gut, als es ein System des Kriticismus giebt. Sogar glaube ich, im Kriticismus selbst die Auflösung des Räthsels gefunden zu haben, warum diese beiden Systeme nothwendig nebeneinander bestehen müssen, warum es, solange noch endliche Wesen existiren, auch zwei sich geradezu entgegengesetzte Systeme geben muß: warum endlich kein Mensch sich von irgend einem System anders, als nur praktisch d. h. dadurch, daß er eins von beiden in sich selbst realisirt, überzeugen könne. (AA I,3, 73 f.) Den Grund für diese beiden Möglichkeiten findet Schelling durch transzendentale Reflexion in einem »ursprünglichen Widerstreit im menschlichen Geiste« (AA I,3, 59), einen Streit, den er auch später, 1800, als fundamentale Struktur des Ich herausstellt. Das Ich des Selbstbewußtseyns ist das nach diesen entgegengesetzten Richtungen gehende. Es besteht nur in diesem Streit, oder vielmehr es ist selbst dieser Streit entgegengesetzter Richtungen. So gewiß das Ich seiner selbst bewußt ist, so gewiß muß jener Widerstreit entstehen und unterhalten werden. (AA I,9,1, 83 f.) Damit steht Schelling im Grunde auf demselben Standpunkt wie Fichte zwei Jahre später, da die Möglichkeit beider Standpunkte gerade aus dem Wesen des menschlichen Geistes abgeleitet wird. Dies betont Schelling aber nicht eigens – er hebt vielmehr auf die Aufhebung beider Positionen im Absoluten ab. 6 Vgl. dazu Hühn 1998b. 19 Alber 48488 / p. 32 /4.10.2012 Erster Teil: Das liberative Modell Es bestätigt sich also durchgängig, daß, sobald man bis zum Absoluten aufsteigt, alle widerstreitenden Principien vereinigt, alle widersprechenden Systeme identisch werden. […] Folgt nicht ganz natürlich eben aus jenem Resultat ein andres, daß der Kriticismus, um sich vom Dogmatismus zu unterscheiden, mit ihm nicht bis zur Erreichung des letzten Ziels fortschreiten müsse. Dogmatismus und Kriticismus können sich nur in der Annäherung zum letzten Ziele als widersprechende Systeme behaupten. Eben deßwegen muß der Kriticismus das letzte Ziel nur als Gegenstand einer unendlichen Aufgabe betrachten; er wird selbst nothwendig zum Dogmatismus, sobald er das letzte Ziel als realisirt (in einem Object) oder als realisirbar (in irgend einem einzelnen Zeitpunkte) aufstellt. (AA I,3, 101 f.) Diese Überlegungen Schellings sind eine Vorstufe zu der 1800 gegebenen Einteilung der Philosophie in zwei Grundwissenschaften. 7 Die historische Vorläuferschaft sagt aber an sich nichts über die systematische, d. h. auch transzendentale, Begründetheit dieses Programms. Schelling selber gibt dem Dogmatismus denn auch eine andere inhaltliche Ausgestaltung als Fichte, der ihn vornehmlich als theoretische Position begreift. Schelling betont nämlich: Mein Grund für die Behauptung, daß die beiden sich durchaus entgegengesetzten Systeme, Dogmatismus und Kriticismus, gleich möglich sind, und daß beide so lange nebeneinander bestehen werden, als nicht alle endlichen Wesen auf derselben Stufe von Freiheit stehen, ist kurz gesagt dieser: daß beide Systeme dasselbe Problem haben, dieses Problem aber schlechterdings nicht theoretisch, sondern nur praktisch, d. h. durch Freiheit, gelöst werden kann. Nun sind nur zwei Lösungen desselben möglich: die eine führt zum Kriticismus, die andre zum Dogmatismus. (AA I,3, 75) Diese praktizistische Komponente 8 ist es, die über den bloß theoretischen Ausgang von einem äußeren Objekt hinausgeht; nach Fichte besteht der Dogmatismus ja gerade in der Behauptung ›Es gibt Dinge außer mir‹ (vgl. GA I,4, 210). Diesen Praktizismus will Schelling auch direkt bei Spinoza nachweisen, insofern dieser wesentlich auf die Selbstvernichtung des Subjektes abziele. Fragen Sie nicht, mein Freund, wie Spinoza den Widerspruch einer solchen Foderung ertragen konnte? Zwar fühlte er wohl, daß das Gebot. Ver- 7 8 Vgl. Görland 1973, 171–174. Vgl. Iber 1994, 58 f. 20 Alber 48488 / p. 33 /4.10.2012 Der Stellenwert der Naturphilosophie nichte dich selbst! unerfüllbar wäre, solange ihm Subject überhaupt so viel galt, als es im System der Freiheit gilt. Aber das eben wollte er ja. Sein Ich sollte nicht sein Eigenthum sein, es sollte der unendlichen Realität angehören. (AA I,3, 84) Der Praktizismus ist aber notwendig ein Moment des Subjektes, eine Forderung an das Subjekt. Der Ausgang vom Subjekt ist damit dem Dogmatismus wesentlich eingeschrieben und letztlich eigentlich dasselbe wie der Kritizismus. So kann Schelling denn auch festhalten: Diese Anschauung seiner Selbst hatte Spinoza objectivisirt. Indem er das Intellectuale in sich anschaute, war das Absolute für ihn kein Object mehr. Dies war Erfahrung, die zweierlei Auslegungen zuließ: Entweder er war mit dem Absoluten, oder das Absolute war mit ihm identisch geworden. Im letztern Fall war die intellectuale Anschauung Anschauung seiner selbst – im erstern, Anschauung eines absoluten Objects. Spinoza zog das Letzte vor. Er glaubte, daß er selbst mit dem absoluten Objekt identisch sei, er glaubte sich selbst in seiner Unendlichkeit verloren. Er täuschte sich, indem er dies glaubte. Nicht er war in der Anschauung des absoluten Objects, sondern umgekehrt, für ihn war alles, was objectiv heißt, in der Anschauung seiner selbst verschwunden. Aber jener Gedanke – im absoluten Objekt untergegangen zu seyn – war ihm eben deßwegen erträglich, weil er falsch und durch Täuschung entstanden war, um so erträglicher, da diese Täuschung unzerstörbar ist […]. (AA I,3, 88) Gleichwohl geht Schelling später zu einer Beschreibung des Kritizismus über, die der fichteschen Bestimmung der Aufgabe der Wissenschaftslehre genau entspricht. Letzterer meint doch: Die Frage, welche sie zu beantworten hat, ist, wie bekannt, folgende: Woher das System der vom Gefühle der Nothwendigkeit begleiteten Vorstellungen; oder: Wie kommen wir dazu, dem, was doch nur subjectiv ist, objective Gültigkeit beizumessen; oder, da objective Gültigkeit durch Seyn bezeichnet wird: Wie kommen wir dazu, ein Seyn anzunehmen? Da diese Frage von der Einkehr in sich selbst, von der Bemerkung, daß das unmittelbare Object des Bewusstseyns doch lediglich das Bewusstseyn selbst sey, ausgeht, so kann sie von keinem andern Seyn, als von einem Seyn für uns reden; und es wäre völlig widersinnig, sie mit der Frage nach einem Seyn ohne Beziehung auf ein Bewusstseyn für einerlei zu halten. (GA I,4, 211) Genau dies, nämlich zu erklären, wie ein äußeres Sein als ein Sein für das Subjekt möglich ist, fasst auch Schelling als zentrale Aufgabenbestimmung der Transzendentalphilosophie. 21 Alber 48488 / p. 34 /4.10.2012 Erster Teil: Das liberative Modell Es kann dem Transscendental-Philosophen nie darum zu thun seyn, das Daseyn der Dinge an sich zu beweisen, sondern nur, daß es ein natürliches und nothwendiges Vorurtheil ist, äußere Gegenstände als wirklich anzunehmen […]. (AA I,9,1, 34) Die schellingsche Bestimmung der Aufgabe der Transzendentalphilosophie stimmt mit der fichteschen in diesem Punkt also exakt überein. Zwar ist mit der Feststellung der Überlegenheit des Kritizismus durch Fichte dessen Verhältnis zum Realismus noch keineswegs hinreichend interpretiert, die Bedenken gegen eine mögliche zweite Grundwissenschaft neben dem kritischen (kritizistischen) System ergeben sich aber schon so. Bestimmt Schelling die Möglichkeit dieser beiden Wissenschaften aus der Struktur des Wissens, so erhebt sich unweigerlich die Frage, inwiefern dies gerade aus der vorgeschlagenen Definition folgen soll. Ist doch das Wissen unweigerlich etwas Subjektives, und die fichtesche Philosophie gerade Wissenschaftslehre als eine Theorie des Wissens, mithin die Untersuchung des Wissens als solches der Kritizismus und die schellingsche Definition der Philosophie als eines Systems des Wissens selber schon der fichteschen Wissenschaftslehre entlehnt. Das Anliegen einer zweiten selbständigen philosophischen Wissenschaft ist somit, angesichts dieser historischen Referenzen, zumindest begründungsbedürftig. Diese Begründung zu geben ist denn auch die eigentliche Schwierigkeit, bemüht sich Schelling doch recht wenig, die Einteilung der Philosophie in zwei unabhängige Teile wirklich argumentativ einzuholen. Seine Ausführungen in der Einleitung des Systems von 1800 sind wohl kaum Argumente zu nennen, eher Skizzen eines Systemumrisses, und es wird die Aufgabe sein, die verstreuten Bemerkungen Schellings so zusammenzusehen, dass zumindest einsichtig wird, warum Schelling eine Naturphilosophie im skizzierten Sinne für möglich hält. Offenkundig weicht Schelling damit von den systematischen und denkerischen Vorgaben der fichteschen Philosophie deutlich ab, bringt sich aber in einige Begründungsnot gerade dadurch, dass er wesentliche Bestimmungen der fichteschen Wissenschaftslehre auch übernimmt, wie im Falle der Bestimmung des Oberbegriffes der Philosophie als System des Wissens. Es ist von vornherein abzusehen, dass Schelling damit eine Spannung in sein Konzept legt, die nur schwer in den Griff zu bekommen sein wird, ist es doch 22 Alber 48488 / p. 35 /4.10.2012 Der Stellenwert der Naturphilosophie gerade die Wissenschaftslehre, die eine andere Philosophie, die – wohlgemerkt: gleichwertig und gleichberechtigt – neben ihr bestehen könnte, gerade prinzipiell und eben nicht rein zufällig (etwa weil Fichte sich nicht für eine solche interessierte) ausschließt. Die Wissenschaftslehre ist, wie bekannt, eine Fundamentalbegründung der Philosophie selber: eine Letzt- und Selbstbegründung des Denkens aus sich selbst. Es ist schwer ersichtlich, wie daneben eine gleichwertige zweite Fundierung, die gleichwohl mit der ersten transzendentalphilosophischen kompatibel sein soll, möglich sein könnte. 1.1.2. Ambivalenzen der schellingschen Terminologie Einen möglichen Ansatz für eine Begründung dieser Einteilung der Philosophie in zwei Grundwissenschaften könnte man darin erblicken wollen, dass Schelling die Übereinstimmung oder, wie er sagt, Identität von Subjektivem und Objektivem nicht nur als Wissen, und damit in Anlehnung an Fichte bestimmt, sondern auch noch durch andere Begriffe bestimmt. So ist die schellingsche Frühphilosophie geprägt durch die enge Kopplung der Begriffe Natur und Geist, wie etwa in der bekannten Passage aus der Einleitung in den Ideen zu einer Philosophie der Natur von 1797: »Die Natur soll der sichtbare Geist, der Geist die unsichtbare Natur seyn. Hier also, in der absoluten Identität des Geistes in uns und der Natur außer uns, muß sich das Problem, wie eine Natur außer uns möglich seye, auflösen« (AA I,5, 107). Lässt man einmal den Ausdruck ›Geist in uns‹ mit dem Subjektiven und den Ausdruck ›Natur außer uns‹ mit dem Objektiven konvergieren, dann ist auch hier von einer Identität des Subjektiven und Objektiven die Rede. Diese absolute Identität ist zwar durchaus, und wie weiter unten gezeigt wird, wesentlich, durch den Begriff des Wissens zu interpretieren, allerdings ist sie in sich auf diese Deutung nicht festgelegt. So klingt die Rede von der absoluten Identität, versteht man sie etwa von Schellings späterer Identitätsphilosophie her, nicht nach Transzendentalphilosophie. Gerade das Adjektiv ›absolut‹ weist auf eine Form der Identität, die innerhalb der Wissenschaftslehre, d. h. genauer deren Darstellungen bis 1800, allein dem Ich als solchem zukommt. So schreibt Schelling in Anlehnung an Fichte in Vom Ich als Princip der Philosophie von 1795: »Da das Ich seinem Wesen selbst nach, durch sein blosses Seyn, als absolute Identität gesezt ist, so ist es gleichviel, ob der oberste Grundsaz so ausgedrükt wird: Ich bin ich, oder: Ich bin!« 23