EZB mit dem Latein am Ende: Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

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EZB mit dem Latein am Ende
Im Wortlaut, 05. September 2014
Foto: Irina Neszeri
Von Fabio De Masi, Europaabgeordneter für DIE LINKE und Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft
und Währung des Europäischen Parlaments
Die Europäische Zentralbank (EZB) ist mit ihrem Latein am Ende. Das billige Geld ist gegen
Kürzungsdiktate machtlos. Die großen Volkswirtschaften, Deutschland, Frankreich und Italien,
stagnieren oder schrumpfen. Die Inflationsrate (Teuerung) im Euroraum sinkt weiter und betrug im
August nur noch 0,3 Prozent.
Ein Gespenst geht daher um in Europa: die Deflation. Eine solche Phase sinkender Preise ist
gefährlich, weil private Haushalte ihren Konsum aufschieben oder sich schlicht nichts leisten
können. Und Unternehmen verzichten daher trotz niedriger Zinsen auf Investitionen. Zudem steigt
die reale Schuldenlast der Haushalte, weil die Einkommen sinken, aber nicht die Schulden. Ein
Teufelskreis. Deswegen fordern mittlerweile selbst Bundesbank und EZB höhere Löhne in
Deutschland, um die Wirtschaft und die Preise anzukurbeln.
Zinsen: Der finale Countdown
EZB-Präsident Mario Draghi hat am Donnerstag den Leitzins, zu dem sich Banken Geld leihen, um
0,1 Prozent auf jetzt 0,05 Prozent gesenkt. Zusätzlich wurden auch "Strafzinsen", die Banken für
Geld zahlen, dass sie ungenutzt bei der EZB parken, um 0,1 Prozent auf 0,2 Prozent erhöht. Dies soll
die Banken bewegen mehr Kredite an die reale Wirtschaft zu vergeben. Draghi tanzt auf der NullLinie: Er kann die realen Zinsen (Zinsen abzüglich Inflation) bei sinkendem Preisniveau nicht weiter
drücken.
Die Zinssenkungen werden ohnehin verpuffen. Das Kern des Problems ist die Kürzung der
Staatsausgaben beziehungsweise der Investitionsstau. Zudem herrscht "Bilanzrezession": Die
privaten Haushalte in den Krisenstaaten ächzen unter Lohn- und Sozialkürzungen, Arbeitslosigkeit
und Schulden, die sie versuchen abzubauen. Den Unternehmen fehlen somit Kunden, um
Investitionen zu rechtfertigen. An wen sollten die Banken in dieser Situation Kredite vergeben? Mit
Zockerei wie Wetten auf Wechselkurse oder Rohstoffe lässt sich schneller Geld verdienen. Und die
Strafzinsen werden vermutlich von den betroffenen Banken, wie einst in Dänemark, einfach an die
Kunden weiter gereicht.
EZB als Müllkippe
Auch wird die EZB Schrottpapiere kaufen: Asset-backed securities (ABS). Dabei handelt es sich um
Kredit-Tranchen unterschiedlicher Qualität, die gebündelt, verpackt und verkauft werden. Solche
Kreditpakete enthalten faule Eier und haben in der Krise Banken das Genick gebrochen. Das ABSShopping überrascht nicht: Draghi hat das US-Finanzunternehmen BlackRock, einen der größten
Anleger im europäischen ABS-Markt, als Berater engagiert. Draghi macht Brandstifter zur
Feuerwehr.
Die ABS-Käufe sollen die Kreditvergabe ankurbeln. Zombie-Banken werden durch die EZB gratis
saniert. Freilich ohne den Finanzsektor klein und effektiv zu regulieren (small and beautiful). Die
Reform des Bankensektors wird so torpediert, ohne die Probleme der Realwirtschaft zu lösen.
Wettbuden werden daher weiterzocken statt Investitionen finanzieren.
Investieren statt kürzen
Die Geldpolitik ist somit machtlos: Nun hat Draghi in einer auf Rede auf der internationalen
Konferenz der Notenbanken in Jackson Hole mehr Finanzpolitik gefordert. Dies führte zu einem
Telefonat mit Bundeskanzlerin Merkel, die sonst immer die Unabhängigkeit der EZB betont. Sie
setzte Draghi unter Druck, den Kurs der Depression fortzusetzen. Merkels Sorge scheint
unbegründet: Zwar forderte Draghi neben der Senkung von Unternehmenssteuern auch etwas mehr
öffentliche Investitionen. Diese sollen aber in der EU nur gestattet werden, wenn Strukturreformen
gemacht werden. Auf Deutsch: Löhne und Renten senken und den Sozialstaat zerstören. Was der
Staat dann in die Wirtschaft pumpt, wird den kleinen Leuten wieder aus dem Geldbeutel gezogen.
Das kann nicht funktionieren.
Die "Sparpakete" haben durch den Einbruch der Wirtschaft zu mehr, nicht zu weniger Schulden
geführt. DIE LINKE fordert den Stopp der Kürzungsdiktate und die Abwicklung vermeintlicher
Schuldenbremsen (Fiskalpakt). Wir brauchen jetzt schnell mehr öffentliche Investitionen. Diese
müssen daher durch direkte Kredite der EZB ohne Umweg über private Banken finanziert werden.
Darüber hinaus brauchen wir eine Vermögensabgabe für Millionäre sowie die Millionärssteuer. Das
Vermögen der europäischen Millionäre übertrifft mit 17 Billionen Euro die Staatsschulden aller EUStaaten.
linksfraktion.de, 5. September 2014
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