This Survey is published on the responsibility of the Economic and

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KOMMENTIERTE ZUSAMMENFASSUNG
Bisher hat Österreich die internationale Finanzkrise besser als andere OECD-Staaten
überstanden. Trotzdem steht das Land vor der stärksten Rezession seit einem halben Jahrhundert.
Darüber hinaus beinhalten Österreichs umfangreiche Wirtschaftsbeziehungen zu Mittel- und
Osteuropa Risiken für das BIP-Wachstum und die finanzielle Stabilität. In der Eurozone wurde die
Geldpolitik angesichts der Krise gelockert. In Österreich wurden Maßnahmen ergriffen, um die
Liquidität und die Kapitalbasis des Finanzsystems zu stärken, wobei automatische Stabilisatoren in
Verbindung mit finanzpolitischen Einzelmaßnahmen ebenfalls zur Abfederung beitragen.

Auch wenn in Österreich und anderen Staaten Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzmärkte
eingeleitet wurden, ist möglicherweise weitere Unterstützung erforderlich, um auftretenden
Gefahren einer weiteren Verschlechterung zügig entgegentreten zu können. Maßnahmen zur
Einkommenssicherung sollten weiterhin auf den Schutz von Arbeitern und weniger auf den
Schutz von Arbeitsplätzen abzielen sowie in Verbindung mit Programmen zur Verbesserung der
langfristigen Arbeitsmarktfähigkeit stehen. Trotzdem kann es in der derzeitigen Phase der Krise
sinnvoll sein, bestehende Arbeitsplätze durch Unterstützung für begrenzte Zeit zu erhalten.

Die Verschlechterung der Haushaltslage erfordert die baldige Präsentation glaubwürdiger
Maßnahmen zur mittelfristigen Konsolidierung, die in Kraft treten, wenn sich die
wirtschaftlichen Bedingungen wieder verbessern. Diese Maßnahmen werden durch das neu
entwickelte vierjährige System zur Ausgabenbegrenzung und den Übergang zur
leistungsbezogenen Finanzplanung unterstützt, erfordern aber auch eine intensivere Mitwirkung
der Länder.
Wenn die aktuelle Krise überstanden ist, muss die Wirtschaft stärker auf Wachstum
ausgerichtet werden. Gegenüber den Ländern, die in der vergangenen Dekade stärker gewachsen
sind, muss wieder Boden gut gemacht werden. Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitsproduktivität
und der Arbeitskräfteauslastung können und müssen eingeleitet werden.

Der Unterschied hinsichtlich der Produktivität zwischen dynamischen, dem internationalen
Wettbewerb ausgesetzten Produktionsbranchen und vergleichsweise rückständigen und
geschützten Dienstleistungsbranchen sollte durch aktivere Maßnahmen zur Förderung des
Binnenwettbewerbs verringert werden.

Der weiterhin vorhandene Kontrast zwischen der Arbeitsmarktfähigkeit von Fachkräften
jüngeren und mittleren Alters einerseits sowie älteren und weniger gut ausgebildeten Arbeitern
andererseits sollte durch Maßnahmen zur Verbesserung des Arbeitskräfteangebots und
Steigerung der Nachfrage im Hinblick auf benachteiligte Gruppen verringert werden.
Eine hochwertige Ausbildung ist der Schlüssel sowohl für Wachstum als auch für sozialen
Zusammenhalt. Österreichs Bildungssystem sollte vom Kindergarten bis zur Universität gestärkt
werden. Ehrgeizige Reformen, die bereits in einigen Bereichen eingeleitet wurden, sollten als
nationale Priorität angesehen werden.
1

Ab dem Alter von drei Jahren sollten alle Kinder von einer hochwertigen vorschulischen Bildung
profitieren.

Im Rahmen der Schulpflicht sollten die Ressourcen auf die wichtigsten und innovativsten
politischen Initiativen konzentriert werden, etwa auf die Neue Mittelschule. Die Bundesregierung
sollte ihre Anstrengungen für eine größere Autonomie der Schulen fortsetzen, wenn im
Gegenzug vermehrt Rechenschaft über die Einhaltung nationaler Bildungsstandards
nachgewiesen wird.

Im tertiären Bildungsbereich muss trotz der steigenden Anzahl an Studienbewerbern
gewährleistet sein, dass die Lehrqualität aufrecht erhalten bleibt. Die Universitäten sollten bei der
Auswahl ihrer Studenten und der Einhebung von Studiengebühren mehr Freiraum erhalten,
wobei ein umfassendes Stipendiensystem und einkommensabhängige Darlehen zur Wahrung der
Chancengleichheit notwendig sind.
EINSCHÄTZUNG UND EMPFEHLUNGEN
Österreich ist von den Auswirkungen der internationalen Krise betroffen...
Die wirtschaftliche Expansion Österreichs wurde durch die internationale Finanzkrise gestoppt, die im
Sommer 2007 ausbrach und sich im Herbst 2008 ausweitete. Der Abschwung bis Ende 2008 war jedoch
weniger dramatisch als in den meisten anderen Ländern der Eurozone mit hohen Einkommen. Der private
Konsum und die Investitionen sind stabiler geblieben, ebenso die Exporte, insbesondere in die Länder
Mittel- und Osteuropas (MOE). Erste Anzeichen der internationalen Krise in Österreich waren allgemeine
Spannungen im Bereich der Bankenfinanzierung und ungünstigere Kreditbedingungen in allen
Wirtschaftsbereichen. Als Reaktion darauf ergriff die Regierung Maßnahmen zur Stärkung der Liquidität
und Kapitalausstattung von Banken sowie zur Stärkung des Vertrauens von Kontoinhabern und
Kreditgebern ein. Der zweite Kanal, durch den sich die Schwäche der Weltwirtschaft auf Österreich
auswirkt basiert auf dem anhaltenden Abschwung im internationalen Handel, da die Exporte 60% des
österreichischen BIP ausmachen. Werden zusätzlich die Unsicherheiten im Finanzsektor und der Rückgang
bei der Erwerbstätigkeit im Inland berücksichtigt, so zeigt sich, dass der private Konsum und die
Investitionen von Unternehmen zurückgehen. Vor diesem Hintergrund und ungeachtet nennenswerter
politischer Maßnahmen wird Österreich die tiefste und langwierigste Rezession seit Mitte der 1950er Jahre
vorausgesagt, die – wenn auch verzögert – zu einem starken Anstieg der Arbeitslosigkeit führen wird.
...und ist Risiken in Mittel- und Osteuropa ausgesetzt
Das Finanzsystem wurde weniger stark als in anderen Ländern beeinträchtigt, da es durch die
problematischsten internationalen Anlagenklassen oder durch faule inländische Kredite weniger belastet
ist. Spannungen traten allerdings im Februar 2009 auf, als das wahrgenommene Risiko von
Gläubigerpositionen in einigen MOE-Ländern angesichts schlechterer wirtschaftlicher Aussichten und
Problemen im Bereich der Zahlungsbilanz stark anstieg. Österreichische Banken waren in den vergangenen
Jahren in zahlreichen Ländern der Region sehr aktiv, insbesondere durch von Tochterunternehmen
vergebene grenzüberschreitende Anleihen und Kredite, die einen erheblichen Anteil zum Gesamtumsatz
der Banken beitrugen. Da die Vermögen österreichischer Banken in MOE über 60% des österreichischen
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BIP entsprechen, kamen Befürchtungen über Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte infolge einer
möglichen Bankenkrise auf, und die Risikoprämie für österreichische Staatsanleihen stieg Anfang 2009
deutlich um 130 Basispunkte, obgleich sie seitdem wieder gesunken ist. Weiterhin besteht Unsicherheit
hinsichtlich der Lage in einigen MOE-Ländern. Tiefe Rezessionen in der Region würden das
österreichische Finanzsystem, den regionalen Handel und nationale Aktivitäten weiter belasten. Die
dadurch ausgelösten Risiken sind in den verschiedenen MOE-Ländern allerdings unterschiedlich, einerseits
aufgrund der jeweils sehr unterschiedlichen ökonomischen Bedingungen, andererseits aufgrund der
unterschiedlichen relativen Wichtigkeit als Wirtschaftspartner für Österreich.
Aufgrund der Krise wurden einige politische Maßnahmen ergriffen
Eine
Reihe
von
währungspolitischen,
finanzpolitischen,
haushaltsbezogenen
arbeitsmarktbezogenen Maßnahmen wurden seit dem vergangenen Herbst ergriffen.
und

Zusätzlich zum finanzpolitischen Impuls durch das Eurosystem hat die österreichische Regierung
ein Paket mit einem Umfang von 100 Milliarden € (36% des BIP) zusammengestellt,
einschließlich einer Aufstockung des Einlagensicherungsprogramms um 10 Milliarden €,
15 Milliarden € für Kapitalspritzen in Finanzinstitute sowie 75 Milliarden € zur Unterstützung
von Interbankkrediten (über eine neue Clearingbank) und für Regierungsgarantien für die
Ausgabe von Bankschuldverschreibungen. Banken, die diese Ressourcen in Anspruch nehmen
möchten, müssen Verträge mit den Behörden unterzeichnen und die Kreditgewährung ausweiten.
Ein neues Garantieprogramm sichert die Kreditaufnahme von kleinen und mittleren Unternehmen
für Investitionen und den Betriebskapitalbedarf ab. Durch diese Maßnahmen wurden die größten
Spannungen im Finanzsystem zwischen Oktober 2008 und April 2009 teilweise abgemildert.

Auch im Bereich der Steuerpolitik wurde auf die außergewöhnlichen Umstände reagiert. Da der
Anteil der Steuern und der öffentlichen Ausgaben am BIP hoch ist und die sozialen
Transferleistungen in Österreich umfangreich sind, spielen die automatischen Stabilisatoren eine
besonders wichtige Rolle. Durch Einzelmaßnahmen wurden zusätzliche Impulse gesetzt,
insbesondere durch Maßnahmen zur Stützung der Kaufkraft von Privathaushalten (unter anderem
Anhebungen der Leistungen für Familien, eine Aussetzung der Studiengebühren und eine
Absenkung der Mehrwertsteuer für Medikamente), Senkungen der Einkommensteuer
(vorgezogen von 2010 auf 2009) und andere Maßnahmen, zum Beispiel neue Investitionen in die
Infrastruktur. Das Haushaltsdefizit wird Prognosen zufolge 2009 von fast Null auf ungefähr 4,5%
des BIP ansteigen – wobei etwa zwei Drittel dieses Anstiegs die Folge von automatischen
Stabilisatoren sind und ein Drittel auf situationsbezogene Impulse zurückgeht.

Auch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wurden ergriffen. In Österreich sind die Einkommen
von Arbeitern im Fall des Arbeitsplatzverlusts gut gesichert, zunächst durch die
Arbeitslosenversicherung, anschließend durch die ebenso unterstützende Sozialhilfe. Alle
Empfänger von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe werden grundsätzlich in aktive
Arbeitsmarktprogramme eingegliedert, in denen ihre arbeitsmarktrelevanten Fähigkeiten beurteilt
und – sofern möglich – adaptiert werden. Vor kurzem wurde ein selten genutztes staatliches
Subventionsprogramm erweitert, das Unternehmen unterstützt, die ihre Arbeitnehmer behalten,
auch wenn die Geschäftsaktivitäten einbrechen. Das Programm kann nun bis zu 18 Monate in
Anspruch genommen werden und gleicht Einkommenseinbußen aufgrund von
Arbeitszeitverkürzung bis zu 90% des Grundgehalts aus. Teilnehmende Unternehmen sind
angehalten,
die
subventionierten
Stunden
für
Neuqualifizierungsund
Weiterbildungsmaßnahmen zu nutzen. Etwa 50.000 Arbeitnehmer profitierten im April 2009 von
diesem Programm und bis Ende 2009 wird erwartet, dass ihre Zahl auf nahezu 70.000 ansteigen
wird, was einem Viertel der Zahl der derzeit registrierten Arbeitslosen entspräche.
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Mehr könnte nötig werden, wobei Verzerrungen zu vermeiden sind
Diese unterschiedlichen politischen Eingriffsmöglichkeiten sollten weiterhin zeitnah und flexibel
eingesetzt werden, wobei stets bedacht werden muss, dass dauerhafte ungünstige Nebenwirkungen zu
vermeiden sind, und dass die politische Unterstützung schrittweise beendet werden muss, wenn sich die
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wieder verbessern. Die großzügige Einkommenssicherung ist
grundsätzlich mit Programmen zur Verbesserung der Arbeitsmarktfähigkeit der Empfänger verknüpft.
Dabei muss darauf geachtet werden, dass diese Verknüpfung auch während der Krise erhalten bleibt.
Weder die jüngsten Steuersenkungen noch die soziale Sicherung scheinen die Marktsignale in
unangemessener Weise zu verzerren oder die Anpassung von Unternehmensstrukturen und
Arbeitnehmerqualifizierungen zu behindern. Es ist unerlässlich, dass eventuelle weitere Maßnahmen in
dieser Hinsicht ebenfalls so neutral wie möglich sind. Maßnahmen zur Sicherung der finanziellen Stabilität
scheinen bisher allgemein wirksam zu sein, jedoch kann weitere Unterstützung notwendig werden, falls es
zu weiteren regionalen oder globalen Schocks kommt. Maßnahmenpläne sollten vorbereitet werden, für
den Fall, dass sich die Finanzkrise in einem oder mehreren MOE-Ländern verschärft. Die österreichische
Regierung überwacht die Entwicklungen genau. Sie hat Kontakte zur Vertrauensbildung und
Krisenbewältigung innerhalb der MOE-Region und der internationalen Finanzgemeinschaft aktiv
betrieben. Darüber hinaus bestehen enge Kontakte mit den jeweiligen Amtskollegen. In Abhängigkeit von
den weiteren Entwicklungen könnten weitere grenzüberschreitende Initiativen notwendig werden.
Österreich hat die Kooperation in Steuerfragen weiter verbessert.
Als Reaktion auf die veränderten Gegebenheiten hat Österreich die OECD-Standards für den
Informationsaustausch in Steuersachen übernommen und seine bisherige Ablehnung des entsprechenden
Artikels des OECD-Musterabkommens aufgegeben. Sobald der Informationsaustausch gemäß dem OECDModell eingeleitet wird, ist Österreich in der Lage, Auskünfte in allen Steuerangelegenheiten zu geben, die
für die Durchführung oder Durchsetzung nationaler Gesetze seiner Vertragspartner in absehbarer Zeit
relevant sein werden. Österreich wird darin bestärkt, diese Entscheidung so schnell wie möglich
umzusetzen.
Die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen muss gewährleistet bleiben
Die Verschlechterung der Haushaltslage in Österreich ist zwar weniger dramatisch als in zahlreichen
anderen OECD-Ländern, aber trotzdem erheblich und unvermeidbar. Beim weiteren Vorgehen muss
allerdings die langfristige Stabilität der öffentlichen Haushalte sichergestellt werden, nicht zuletzt deshalb,
weil dies die Voraussetzung für die kurzfristige Wirksamkeit des makroökonomischen Impulses ist. Daher
ist es wichtig, bald eine glaubwürdige Marschrichtung zur Haushaltskonsolidierung für die Zeit nach der
Rezession festzulegen. Grundlage muss dabei die Ausgabenbeschränkung sein, gegebenenfalls aber auch
die Anhebung wenig verzerrender Steuern. Zwei Faktoren sollten in diesem Zusammenhang eine positive
Wirkung haben. Erstens sollte die kürzlich erfolgte Einführung von rollenden vierjährigen Obergrenzen für
die Staatsausgaben (die zyklische Ausgaben für Arbeitslosenversicherung und Sozialhilfe zulassen) die
Ausgaben im Rahmen halten. Zweitens hat Österreich Fortschritte bei der Begrenzung von Ausgaben im
Zusammenhang mit der alternden Gesellschaft gemacht, insbesondere bei den Pensionen. Trotzdem
müssen in diesem Bereich weitere Anstrengungen unternommen werden, da weiterhin zahlreiche Risiken
und Ungewissheiten bestehen. Die Altersversorgung sollte für alle Beamte vollständig harmonisiert,
Anreize zur Frühpensionierung beschränkt, die Berufsunfähigkeitspension neu gestaltet, ein neuer
Nachhaltigkeitsmechanismus für die Altersversorgung konzipiert und Gesundheitsreformen sollten
entschiedener umgesetzt werden.
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Die Reform der Steuerverwaltung sollte die Konsolidierung nach der Krise unterstützen
Vor dem Ausbruch der Krise hat Österreich wichtige institutionelle Reformen im Steuerbereich
eingeleitet. Die strategische Planung der öffentlichen Ausgaben und die leistungsbezogene Finanzplanung
werden ab 2013 umgesetzt. Dies beinhaltet ausdrückliche Leistungsvorgaben für alle wichtigen
öffentlichen Dienste, so dass die Abschätzung der Kosten öffentlicher Aktivitäten gegenüber deren
positiven sozialen Auswirkungen erleichtert wird. Derartige Fortschritte hin zu mehr Transparenz sollten
die Offenlegung von Bereichen ermöglichen, in denen Ressourcen wirksamer eingesetzt werden können.
In Verbindung mit einer wünschenswerten – zugegebenermaßen schwierigen – Reform der
Finanzbeziehungen mit den Ländern würde die verbesserte Transparenz hinsichtlich Kosten und Nutzen
der Aktivitäten der Länder zu Einsparungen führen. Gemäß einem kürzlich veröffentlichten Bericht des
Rechnungshofs gibt es zahlreiche Einsparpotentiale bei den Ausgaben auf subzentraler Ebene.
Anstrengungen zur Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen mit dem Ziel einer besseren
Abstimmung von Leistung (Ausgaben) und Finanzierung (Steuern) auf föderaler Ebene und Länderebene
würden auch eine Gelegenheit bieten, die Struktur des Steuersystems neu zu bewerten und zu ordnen. Dies
sollte insbesondere den ökonomisch wünschenswerten, aber bisher unerreichten Übergang von einer
„arbeits- und einkommensbasierten“ zu einer „vermögens- und konsumorientierten“ Steuerstruktur
fördern. Bei einer Neubeurteilung des Steuersystems sollten alle diese Gesichtspunkte berücksichtigt
werden.
Das Wachstumspotential kann weiter gesteigert werden
Obgleich die makroökonomische Reaktion der Politik auf die internationale Finanzkrise oberste
Priorität hat, sollten Strukturreformen auf dem Produkt- und dem Arbeitsmarkt nicht vernachlässigt
werden. Österreich kann weiterhin ein relativ hohes BIP pro Kopf vorweisen, doch in den vergangenen
fünfzehn Jahren hat das Land gegenüber den Spitzenreitern an Boden verloren. Dies zeigt weiter
bestehende ungenutzte Potentiale bei Arbeitsproduktivität und Arbeitskräfteauslastung auf. Der
Produktivitätsrückstand hat sich in den letzten Jahren verringert, bei der Arbeitskräfteauslastung hat sich
die Lage hingegen eher verschlechtert. Die am stärksten global ausgerichteten Branchen haben ihre
Innovationsanstrengungen verstärkt und nennenswerte Produktivitätssteigerungen erreicht; im
geschützteren Dienstleistungsbereich ist dagegen weniger Dynamik zu beobachten. Strukturreformen und
Maßnahmen zur Produktivitätssteigerung, Förderung von Investitionen und Schaffung von Arbeitsplätzen
würden nicht nur das Wachstumspotential und das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen deutlich
steigern, sondern auch den sozialen Zusammenhalt stärken.
Die Regulierung des Dienstleistungsmarkts sollte Innovationen und Investitionen stärker
unterstützen
Trotz wichtiger Liberalisierungsinitiativen, die in den vergangenen Jahren in großen
Wirtschaftszweigen wie dem Einzelhandel und dem Telekommunikationsbereich gestartet wurden, ist der
gesetzliche Rahmen im Dienstleistungsbereich nach wie vor in Teilen restriktiv. Aufgrund fehlender
Wettbewerbsanreize, Vorschriften für den Markteintritt und die Gründung neuer Unternehmen sowie
diverser
branchenspezifischer
Bestimmungen
werden
Wettbewerb,
Innovation
und
Produktionssteigerungen nicht in ausreichender Weise gefördert. Dies ist ein entscheidender Faktor, der
den Kontrast zwischen den positiven Entwicklungen in Bezug auf Produktivität und die Schaffung von
Arbeitsplätzen in der verarbeitenden Industrie einerseits und den schwächeren Daten des
Dienstleistungsbereichs im internationalen Vergleich andererseits verstärkt. Obgleich der
wettbewerbsrechtliche Rahmen – abgesehen von Ausnahmen in einigen Branchen – wirksam und
umfassend ist, sind weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Wettbewerbs erforderlich, insbesondere
durch eine Stärkung der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Die Vorschriften sollten angepasst werden,
um in geschützten Märkten mehr Wettbewerb zu erreichen und Markteintritt, Innovationen und
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Investitionen zu erleichtern. Die BWB sollte beauftragt werden, aktiver als Verfechterin des Wettbewerbs
aufzutreten. Dazu sollte sie entsprechend ausgestattet werden.
Im Infrastrukturbereich ist mehr Wettbewerb notwendig
Mehr Wettbewerb in netzgebundenen Sektoren wie Energie, Transport und Kommunikation würde
die Realeinkommen steigern und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft insgesamt verbessern. Diese
Industrien zeichnen sich durch große vertikal integrierte Unternehmen aus, die im Vergleich zu anderen
OECD-Ländern relativ hohe Staatsbeteiligungen aufweisen. Letztere scheinen als Garantie für Qualität und
Versorgungssicherheit in Schlüsselbereichen von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung befürwortet zu
werden, doch Kosten und Preise liegen weit über den OECD-Richtwerten. Die Strompreise für die
Industrie übersteigen beispielsweise den OECD-Durchschnitt und obgleich die Preise für
Telekommunikationsdienstleistungen niedriger als im OECD-Durchschnitt sind, sind sie höher als in
anderen europäischen Ländern mit hohen Einkommen. Die branchenspezifischen Regulierungsbehörden
und die BWB sollten Marktstrukturen, Entwicklungen und Preise insbesondere in den Bereichen Strom,
Gas, Eisenbahnpersonenverkehr, Postdienstleistungen und Telekommunikation genau beobachten.
Der Dualismus auf dem Arbeitsmarkt sollte eingeschränkt werden
Der österreichische Arbeitsmarkt ist insgesamt robust, die Beschäftigungsquote ist hoch und die
Arbeitslosenquote niedrig – ungeachtet des jüngsten Anstiegs der Arbeitslosigkeit. Gleichzeitig besteht ein
großer Unterschied zwischen der Beschäftigungsquote einer großen und erfolgreichen Kerngruppe von
Arbeitnehmern mit mindestens höherer Schulbildung einerseits sowie mehreren Problemgruppen, zum
Beispiel älteren Arbeitnehmern und Arbeitnehmern mit geringerer Schulbildung andererseits. Im Vergleich
zu OECD-Ländern mit hohen Einkommen scheint dieser Unterschied in Österreich besonders ausgeprägt
zu sein und ist ein Hemmnis für potentielles Wachstum. Die Herausforderungen des Arbeitsmarkts, denen
sich Problemgruppen gegenüber sehen, könnten in der Zukunft noch größer werden, wenn Arbeitnehmer
aus Nachbarländern nach der vollständigen Umsetzung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für die neuen EUMitgliedstaaten ab 2011 leichter in Österreich arbeiten können. Die Steigerung der Erwerbstätigkeit älterer
und gering qualifizierter Arbeitnehmer sollte höhere Priorität erhalten, indem man die verbliebenen
Anreize, dem Arbeitsmarkt fernzubleiben, ebenso überdenkt,, wie den Abbau von Hindernissen für eine
stärkere Nachfrage nach diesen Arbeitnehmern in den Wirtschaftssektoren fördert. Ein zentrales Ziel der
Politik sollte die Qualifizierung dieser Arbeitnehmer und die Förderung ihrer Arbeitsmarktfähigkeit sein.
Die Erwerbstätigkeit älterer Arbeitnehmer kann gesteigert werden
Die Erwerbstätigenquote unter den älteren Arbeitnehmern ist insbesondere die Folge eines massiven
Rückzugs dieser Gruppe aus dem Arbeitsleben, der bis vor einigen Jahren zu beobachten war.
Altersversorgung, Frühpensionierung und Berufsunfähigkeitspension waren Anreize für diesen Rückzug.
Die Leistungen in diesem Bereich wurden seitdem gekürzt, doch kumulative Kohorteneffekte bestehen
nach wie vor. Die Anreize für ältere Arbeitnehmer, eine Tätigkeit aufzunehmen, wurden durch einige
politische Maßnahmen in jüngster Zeit abgeschwächt. Der Pensionsabschlag bei Frühpensionierung wurde
2007 verringert, indem die bis dahin für die Frühpensionierung anwendbaren versicherungsmathematisch
neutralen Abschlagssätze gekürzt wurden. Um die Erwerbstätigkeit älterer Arbeitnehmer zu steigern,
sollten die Systeme zur Frühpensionierung und Berufsunfähigkeitspensionierung neu gestaltet werden. Die
Abschlagssätze, die vor dem geregelten Pensionierungsalter anwendbar sind, sollten
versicherungsmathematisch neutral sein.
Arbeitsanreize für gering Qualifizierte sollten ausgeweitet werden
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Die Erwerbstätigenquote bei den gering qualifizierten Personen ist eine der niedrigsten unter den
OECD-Staaten mit hohen Einkommen. Dies zeigt, dass Arbeitsanreize nicht ausreichend vorhanden sind,
und dass nur geringe Nachfrage nach diesen Arbeitskräften besteht. Nehmen gering Qualifizierte eine
Arbeit auf oder wechseln von Teilzeit auf Vollzeit, sind sie implizit von höherer Besteuerung betroffen,
auch wenn dies teilweise durch die Steuerreform des Jahres 2009 abgemildert wurde. Der implizite
Steuersatz für nicht erwerbstätige, gering qualifizierte Frauen mit zwei oder mehr Kindern ist hoch. Auch
wenn die Durchsetzung der Regeln bezüglich der Arbeitsmarktverfügbarkeit für die Empfänger von
Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung im OECD-Vergleich sehr strikt ist, gilt dies nicht für
Sozialhilfeempfänger. Die Aufteilung der Zuständigkeiten (die Arbeitslosenversicherung fällt in die
Zuständigkeit des Bundes, für die Sozialhilfe sind die Länder verantwortlich) scheint eine Ursache für
Ineffizienz zu sein. Die Anreize für gering Qualifizierte zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit sollten
verstärkt werden, indem die implizite Besteuerung für Personen mit geringem Einkommen, die eine
Tätigkeit aufnehmen, verringert wird, indem die Verwaltung von Arbeitslosenversicherung und Sozialhilfe
besser verzahnt wird und Sozialleistungen stärker als bisher an die Erwerbsabhängigkeit gebunden
werden.
Die Nachfrage der Wirtschaft nach gering qualifizierten Arbeitnehmern kann gesteigert
werden
Die Beschäftigungskosten für gering Qualifizierte sind in Österreich hoch und im Vergleich zum
Kernarbeitsmarkt starr, wo die Löhne flexibel gestaltet werden können. Mindestlöhne machen einen
Hauptbestandteil der Mindestkosten aus. Einen gesetzlichen Mindestlohn gibt es nicht, allerdings wurden
hunderte von Mindestlöhnen in einzelnen Branchen ausgehandelt, und diese liegen im Verhältnis zum
allgemeinen Durchschnittslohn deutlich über dem OECD-Mittel. Unter diesen Umständen wird das
Regierungsvorhaben zur Festlegung eines nationalen Mindestlohns für alle Gehaltsverhandlungen, der
unter den Mindestlöhnen in den größten Branchen liegt, wahrscheinlich nur geringe Wirkung zeigen.
Trotzdem kann dieses Vorhaben Einfluss auf die Kosten für die Übernahme von Arbeitern mit untypischen
Arbeitsverträgen in die Fixanstellung haben, ebenso auf die potentiellen Arbeitskosten für derzeit inaktive
oder arbeitslose Personen. Die Gesamtkosten für die Anstellung von gering Qualifizierten sind auch
deshalb hoch, da die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung beträchtlich sind – in nur wenigen
OECD-Staaten sind sie noch höher. Die Erfahrungen in anderen OECD-Staaten zeigen, dass die
Erwerbstätigkeit von gering Qualifizierten durch eine deutliche Senkung der Arbeitgeberbeiträge zur
Sozialversicherung gesteigert werden könnten. Dies müßte jedoch zur Gänze durch
Ausgabenbeschränkungen in nicht prioritären Bereichen oder durch Anhebung von nur gering
verzerrenden Steuern finanziert werden.
Die Aufwertung des Humankapitals durch bessere Bildung ist entscheidend
Österreichs Wirtschaftswachstum hängt unter anderem von der Qualität seines Bildungssystems ab.
Obwohl die Arbeitnehmer lange mit sehr guter Berufsqualifikation ausgestattet werden konnten, steht
Österreich nun vor der großen Herausforderung, die Jugend in neuen, anspruchsvolleren und
spezifischeren Fähigkeiten zu schulen, die aufgrund des technologischen Wandels, des internationalen
Wettbewerbs und der Erfordernis einer gleichmäßigeren Verteilung des Humankapitals erforderlich
wurden. Wie in vielen anderen Ländern auch, erweist es sich als schwierig, das Bildungssystem an diese
Herausforderungen anzupassen. Bisher ist das Bildungssystem wie eine riesige Behörde organisiert: der
Bedarf an Steuergeldern ist hoch, die personellen und materiellen Ressourcen lassen sich nur schwer
umstrukturieren, und das Management ist eher ablauf- als ergebnisorientiert. Auch die besonders komplexe
föderale Struktur ist ein Problem, denn die Bundesregierung, die Länder und die Gemeinden erfüllen
politisch voneinander unabhängige Aufgaben, haben aber sich überschneidende Zuständigkeiten.
Reformvorhaben auf verschiedenen Bildungsebenen treffen auf Probleme aus der Vergangenheit aufgrund
von Auffassungsunterschieden innerhalb der Gesellschaft, der politischen Parteien, der Lehrkräfte sowie
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der Bundes- und Landesbehörden in Bezug auf die wichtigsten Herausforderungen und die dringendsten
Veränderungen. Die neue Regierung hat einen ehrgeizigen Bildungsreformplan vorgelegt. Entscheidend
für den Erfolg des Vorhabens ist es, mindestens teilweise einen Konsens der diversen Interessensgruppen
zu finden.
Die vorschulische Bildung muss deutlich ausgeweitet werden
Die vorschulische Infrastruktur Österreichs weist im internationalen Vergleich einige Schwächen auf.
In vorschulischen Einrichtungen sind die Klassen groß und sozioökonomisch benachteiligte Kinder
(einschließlich Kinder von Einwandererfamilien) sind nicht ausreichend vertreten. Die Bundesregierung
hat sich vor kurzem mit den Ländern, die gemäß der Verfassung für Vorschulen zuständig sind, darauf
geeinigt, ein verpflichtendes und gebührenfreies Kindergartenjahr für alle Fünfjährigen auf Halbtagsbasis
einzuführen. Die Regelung wird ab September 2009 wirksam und im September 2010 allgemein
angewendet. Darüber hinaus werden nennenswerte zusätzliche Ressourcen in die Schaffung neuer
Betreuungseinrichtungen, eine bessere deutsche Sprachförderung in den vorschulischen Einrichtungen und
die Ausbildung privater Tagesbetreuer investiert. Des weiteren wurde vereinbart, einen Bildungsplan zu
erarbeiten, um in ganz Österreich hohe Qualitätsstandards durchzusetzen. Auch wenn dies wichtige
Schritte in die richtige Richtung sind, ist das Verbesserungspotential noch immer beträchtlich. Das
Grundziel der Politik sollte es sein, allen Kindern ab dem Alter von drei Jahren eine hochwertige
vorschulische Bildung zu ermöglichen.
Die laufenden Reformen der verpflichtenden Schulbildung erfordern eine umfassendere
Neuzuweisung von Ressourcen
Im Jahr 2007 wurde die verpflichtende Schulbildung umfassend reformiert, um die zu frühe
Festlegung der Schüler auf eine spätere akademische oder „normale“ Berufslaufbahn zu beenden. Aus
diesem Grund wurde eine neuartige Gesamtschule eingerichtet, die Neue Mittelschule. Damit diese
Maßnahme erfolgreich sein kann, sind ausreichend Lehrer und eine geeignete Infrastruktur notwendig.
Gleichzeitig bestehen umfangreiche Potentiale zur Rationalisierung der Schul- und Klasseninfrastruktur
sowie bei der Verteilung des Lehrpersonals im Land. Ressourcen sollten da, wo sie weniger benötigt
werden, freigesetzt und in die wichtigsten und innovativsten Maßnahmen umgelenkt werden. Bei derartigen
Vorhaben müssen allerdings zahlreiche verwaltungsbezogene und politische Hürden überwunden werden.
Die Bundesregierung sollte ihre Anstrengungen zur Erneuerung der Strukturen der verpflichtenden
Schulbildung fortsetzen, indem die Schulen mehr Autonomie erhalten und im Gegenzug vermehrt
Rechenschaft über die Einhaltung nationaler Bildungsstandards ablegen müssen.
Die beabsichtigte Einführung einer hochwertigen tertiären Bildung verläuft nicht nach Plan
Die Zahl der Studierenden an österreichischen Universitäten ist relativ gering, insbesondere in den
naturwissenschaftlichen und technischen Studienfächern. Die Regierung beabsichtigt, mehr jungen
Menschen eine hochwertige tertiäre Bildung anzubieten. Die bisherige Organisations- und
Finanzierungsstruktur der Universitäten paßt jedoch nicht zu diesen Plänen. Universitäten müssen
grundsätzlich alle qualifizierten Bewerber in die Studiengänge und Seminare ihrer Wahl aufnehmen, ohne
dass eine Auswahlmöglichkeit für die Universitäten besteht und ohne eine finanzielle Beteiligung der
Studenten. Das daraus folgende Missverhältnis zwischen ehrgeizigen Leistungszielen und nur begrenzt
verfügbaren Ressourcen hat zu einer Verschlechterung der Bildungsqualität geführt. Alternative tertiäre
Bildungseinrichtungen, die ihre Studenten auswählen und Gebühren erheben, bieten mittlerweile offenbar
bessere und stärker arbeitsmarktrelevante Studiengänge. Während auf umfassendere Reformen gewartet
wird, muss trotz der steigenden Anzahl an Studienbewerbern gewährleistet sein, dass die Lehrqualität
erhalten bleibt. Die Universitäten sollten bei der Auswahl ihrer Studenten und der Erhebung von
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Studiengebühren mehr Freiraum erhalten, wobei ein umfassendes Stipendiensystem
einkommensabhängige Darlehen zur Gewährleistung der Chancengleichheit notwendig sind.
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