Schweizerischer Bundesrat Strategie Nachhaltige Entwicklung: Leitlinien und Aktionsplan 2008–2011 Bericht vom 16. April 2008 Impressum Schweizerischer Bundesrat Strategie Nachhaltige Entwicklung: Leitlinien und Aktionsplan 2008 –2011 Bericht vom 16. April 2008 Koordination, Redaktion, Kontakt Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) Sektion Nachhaltige Entwicklung, CH-3003 Bern http://www.are.admin.ch/nachhaltigeentwicklung Produktion Rudolf Menzi, Stabsstelle Information, ARE Grafische Gestaltung Desk Design, 3032 Hinterkappelen Vertrieb BBL, Verkauf Bundespublikationen, CH-3003 Bern www.bundespublikationen.admin.ch, Art.-Nr. 812.080.d In elektronischer Form: www.are.admin.ch 8.2008 5000 200554/1 345-53173-0808-1006 Strategie Nachhaltige Entwicklung: Leitlinien und Aktionsplan 2008–2011 Bericht des Schweizerischen Bundesrates vom 16. April 2008 2 Inhalt 1 Ausgangslage 5 1.1 Auftrag 5 1.2 Die Strategie Nachhaltige Entwicklung des Bundes 5 1.3 Wichtige Schnittstellen zur Strategie Nachhaltige Entwicklung 1.3.1 Aufgabenüberprüfung 6 6 1.3.2 Legislaturplanung 2007–2011 6 1.3.3 Wachstumspolitik 7 2 Leitlinien für die Politik der Nachhaltigen Entwicklung 8 2.1 Zukunftsverantwortung wahrnehmen 8 2.2 Ausgewogene Berücksichtigung der drei Zieldimensionen 8 2.3 Nachhaltige Entwicklung in alle Politikbereiche einbeziehen 11 2.4 Koordination zwischen den Politikbereichen erhöhen und Kohärenz verbessern 11 2.5 Nachhaltige Entwicklung partnerschaftlich realisieren 12 3 Der Aktionsplan 2008–2011 13 3.1 Absichten und Zielsetzung 13 3.2 Schlüsselherausforderungen und Massnahmen 15 1 – Klimawandel und Naturgefahren 15 2 – Energie 17 3 – Raumentwicklung und Verkehr 19 4 – Wirtschaft, Produktion und Konsum 21 5 – Nutzung natürlicher Ressourcen 23 6 – Sozialer Zusammenhalt, Demografie und Migration 25 7 – Öffentliche Gesundheit, Sport und Bewegungsförderung 26 8 – Globale Entwicklungs- und Umweltherausforderungen 28 3.3 Transversale Themenfelder: Herausforderungen und Massnahmen 32 9 – Finanzpolitik 32 10 – Bildung, Forschung, Innovation 33 11 – Kultur 36 4 Zuständigkeiten und Begleitmassnahmen zur Umsetzung der Strategie 38 4.1 Zuständigkeiten, Zusammenarbeit auf Bundesebene und Finanzierung 38 4.1.1 Organisation 38 4.1.2 Zusammenarbeit auf Bundesebene und Finanzierung 38 4.2 39 Nachhaltigkeitsbeurteilung Inhalt 3 4.3 Aktualisierung der Strategie, Controlling und Berichterstattung, Wirksamkeitsprüfung 41 4.4 Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden 41 4.5 Zusammenarbeit mit weiteren Akteurgruppen 42 4.6 Kommunikation 42 Anhang 1: Die Massnahmen des Aktionsplans 2008–2011 44 Anhang 2: Massnahmen der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 in ihrem Bezug zum Aktionsplan 2008–2011 45 Anhang 3: Beschreibung der IDANE-Kriterien der Nachhaltigen Entwicklung 47 Anhang 4: Legende zu den Indikatoren 51 Anhang 5: Im IDANE vertretene Verwaltungseinheiten 52 4 5 1 Ausgangslage 1.1 Auftrag Seit zehn Jahren hat der Bundesrat seine strategischen Absichten und konkreten Handlungsan­ weisungen zur Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklung in der Schweiz in einer nationalen Strategie zusammengefasst. Nach der ersten Strategie «Nachhaltige Entwicklung in der Schweiz» im Jahr 1997, fünf Jahre nach der UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung von Rio de Janeiro, verabschiedete der Bundesrat im Jahr 2002 im Vorfeld des «Weltgipfels für Nachhaltige Entwicklung» von Johannesburg seine zweite «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002». Gleichzeitig mit der Verabschiedung der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 am 27. März 2002 beschloss der Bundesrat, die Strategie bis 2007 zu erneuern. Basis für die neue Strategie waren eine Gesamtevaluation der Strategie 2002 1 und eine Bilanz über die Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklung in der Schweiz 2 . Anlässlich deren Kenntnisnahme am 17. Januar 2007 bestätigte der Bundesrat den Beschluss zur Strategieerneuerung. Diesen setzt der Bundesrat mit dem vorliegenden Bericht um. 1.2 Die Strategie Nachhaltige Entwicklung des Bundes Der Bundesrat orientiert sich auch künftig an der Definition von Nachhaltiger Entwicklung, die im Hinblick auf die UNO-Konferenz von 1992 über Umwelt und Entwicklung von Rio de Janeiro durch die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung 1987 erarbeitet und nach ihrer Vorsitzenden «Brundtland-Definition» benannt worden ist. Danach ist eine Entwicklung nachhaltig, wenn sie gewährleistet, dass die Bedürfnisse der heutigen Generation befriedigt werden, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse zu beeinträchtigen. Zwei ergänzende Aspekte sind für das Verständnis von Nachhaltiger Entwicklung von zentraler Bedeutung: Die Idee der Grenzen der Tragfähigkeit des globalen Ökosystems und der Vorrang der Befriedigung der Grundbedürfnisse insbesondere der Armen. 3 Dieser Definition liegt eine ethische Orientierung zugrunde. An die Stelle einer umfassenden Ver­ fügungsgewalt über die Zukunft soll eine Zukunftsverantwortung auf der Basis der Gerechtigkeit zwischen den Generationen und den Weltregionen treten. Denn Nachhaltige Entwicklung setzt vor­ aus, dass die Lebensgrundlagen für alle jetzt und künftig lebenden Menschen gesichert werden, und zwar unter menschenwürdigen und gerechten Bedingungen. Diesen Grundsatz der Zukunftsverantwortung hat die Staatengemeinschaft – und mit ihr auch die Schweiz – mit der Verabschiedung der Dokumente der Rio-Konferenz sowie des Weltgipfels für Nachhaltige Entwicklung in Johannesburg 2002 als Leitidee anerkannt. Die Strategie Nachhaltige Entwicklung enthält Elemente mit unterschiedlichem Charakter. In den Leitlinien für die Politik der Nachhaltigen Entwicklung (Ziff. 2) zeigt der Bundesrat sein Verständnis von Nachhaltiger Entwicklung auf und wie er diese in die Gesamtheit der Bundespolitiken integrieren will. Er lehnt sich dabei an die Leitlinien der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 an und konkretisiert sie weiter. Ziffer 3 enthält den Aktionsplan des Bundesrates im Bereich der Nachhaltigen Entwicklung für die Legislaturperiode 2007–2011. Diesen richtet er auf langfristige Schlüsselherausforderungen aus. Hervorgehoben werden auch transversale Politikbereiche wie Finanzpolitik, Bildung, Forschung, Innovation und Kultur, die auf alle Schlüsselherausforderungen einwirken. 1 Arbeitsgemeinschaft Interface/evaluanda: Evaluation der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002. Luzern/Genf, 2006 2 Interdepartementaler Ausschuss Nachhaltige Entwicklung (IDANE): Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 – Bilanz­ und Empfehlungen für die Erneuerung. Bern 2007 3 World Commission on Environment and Development: Our Common Future. Oxford/New York 1987, S. 43 6 Ausgangslage Für die Umsetzung der Strategie (Ziff. 4) stützt sich der Bundesrat auf die bestehenden Gremien ab. Zuständig für die Verfolgung der Strategie ist der Interdepartementale Ausschuss Nachhaltige Entwicklung (IDANE), dessen Vorsitz dem Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) als Fachstelle für die Nachhaltige Entwicklung des Bundes obliegt. Gegenüber der Strategie 2002 werden die Beurteilung und Optimierung von politischen Vorhaben unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigen Entwicklung (Nachhaltigkeitsbeurteilung, NHB) sowie das Controlling verstärkt. Die einzelnen Elemente der Strategie weisen eine unterschiedliche Gültigkeitsdauer auf. Die Leit­ linien der Strategie (Ziff. 2) und die Begleitmassnahmen zur Umsetzung (Ziff. 4) gelten als nicht befristete Elemente, welche die Leitplanken für ein langfristiges kohärentes Handeln des Bundesrates setzen. Der Aktionsplan 2008–2011 (Ziff. 3) ist hingegen zeitlich befristet und nach vier Jahren zu erneuern. 1.3 Wichtige Schnittstellen zur Strategie Nachhaltige Entwicklung 1.3.1 Aufgabenüberprüfung Der Bundesrat führt eine systematische Überprüfung der Aufgaben des Bundes durch. Gestützt auf ein Aufgabenportfolio wird ausgelotet, auf welche Aufgaben ganz verzichtet und bei welchen Aufgaben die Staatstätigkeit reduziert werden kann. Ebenfalls geprüft werden Reformen, Ausgliederungen oder die Entflechtung von Aufgaben, die von Bund und Kantonen gemeinsam wahrgenommen werden. 2006 beschloss der Bundesrat in einem ersten Schritt das Gesamtziel, dass sich der Bundeshaushalt – unter Einschluss der Finanzierungslücke der Sozialversicherungen – bis 2015 nur noch im Gleichschritt mit dem Wirtschaftswachstum entwickeln soll (3 Prozent nominal pro Jahr). Im April 2008 legte der Bundesrat Zielwachstumsraten und Reformstossrichtungen für die einzelnen Aufgabenbereiche fest. Gleichzeitig entschied der Bundesrat, dass der Bereich der sozialen Wohlfahrt gesondert behandelt werden soll. Deren Zielhorizont wurde auf das Jahr 2020 erstreckt. Daraus resultiert ein Kürzungsbedarf von 5,3 Milliarden gegenüber dem Trend-Ausgabenwachstum des Bundeshaushalts. Anschliessend werden die konkretisierten Massnahmenvorschläge zu einem Aktionsplan zusammengefasst und den Kantonen, Parteien und interessierten Organisationen im Rahmen eines «Politischen Dialogs» zur Stellungnahme unterbreitet. Schliesslich werden die Gesetzes- und Verfassungsvorlagen erarbeitet und die beschlossenen Massnahmen umgesetzt. 1.3.2 Legislaturplanung 2007–2011 Der Bundesrat legt in seinem Bericht über die Legislaturplanung jeweils sein Regierungsprogramm für vier Jahre fest. Zwischen der Planung der Legislatur und der Strategie Nachhaltige Entwicklung bestehen enge Zusammenhänge. Beide Prozesse sind thematisch breit angelegt, unterscheiden sich aber in den inhaltlichen Fokussierungen und im Zeithorizont. Die Strategie Nachhaltige Entwicklung legt Vorgaben fest, die langfristigeren Charakter aufweisen. Inhaltlich rückt sie eine Reihe von Schlüsselherausforderungen in den Vordergrund (siehe Ziff. 3). Sie beschränkt sich auch nicht wie die Legislaturplanung auf gesetzgeberische Vorhaben, sondern beinhaltet auch wichtige strategische Aktionen auf der Ebene der Umsetzung vorhandenen Rechts. Die Grundlagen für die Legislaturplanung wurden im Bericht des Perspektivstabs der Bundesverwaltung «Herausforderungen 2007–2011» 4 festgehalten. In diesen Bericht sind unter anderem alle massgeblichen Perspektivarbeiten des Bundes eingeflossen, insbesondere die Szenarien des Staatssekretariates für Wirtschaft (SECO) für die Entwicklung des Bruttoinlandproduktes, die Demografieszenarien des Bundesamtes für Statistik (BFS), die Perspektiven des Güter- und des Personenver- 4 http://www.bk.admin.ch/dokumentation/publikationen/00290/00930/index.html?lang=de Ausgangslage kehrs des ARE und die Energieperspektiven des Bundesamtes für Energie (BFE), die wichtige Grundlagen auch für die Politik der Nachhaltigen Entwicklung darstellen. Durch die gleichzeitige Berücksichtigung dieser Arbeiten besteht eine Abstimmung zwischen der Strategie Nachhaltige Entwicklung und dem Bericht über die Legislaturplanung 2007–2011. 1.3.3 Wachstumspolitik Als eng auf die Legislaturplanung abgestimmter, breit angelegter und überdepartementaler Prozess soll die Wachstumspolitik des Bundesrates, gestützt auf periodisch zu erneuernde Reformpakete, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Schweiz steigern. Es besteht eine Schnittstelle zur Strategie Nachhaltige Entwicklung, welche die drei Zieldimensionen «wirtschaftliche Leistungsfähigkeit», «ökologische Verantwortung» und «gesellschaftliche Solidarität» integral verfolgt (siehe dazu Ziff. 2.2). Die Stärkung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit stellt also auch ein Ziel der Nachhaltig­ keitsstrategie dar. Im Bereich der wirtschaftlichen Entwicklung verfolgen die Wachstumspolitik und die Strategie Nachhaltige Entwicklung jedoch unterschiedliche Schwerpunkte, indem die Wachstumspolitik die notwenige Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch wie auch die Wirkungen auf das Sozialkapital wohl als Nebenziele berücksichtigt, nicht jedoch selbst ein Programm mit geeigneten umweltpolitischen oder sozialpolitischen Massnahmen beinhaltet. Die Strategie Nachhaltige Entwicklung ihrerseits thematisiert die wirtschaftliche Entwicklung insbesondere in den Ziffern 3.2.4 und 3.2.8. Die einzelnen Massnahmen des Wachstumspakets werden im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit mit Hilfe der Methode der Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) 5 überprüft. Akzente werden gestützt auf eine Relevanzanalyse gemäss der Methode der Nachhaltigkeitsbeurteilung gesetzt (siehe auch Ziff. 4.2). Analyse wie spätere Evaluation sind dabei in erster Linie den federführenden Ämtern überbunden. 5 Die RFA wird auf Bundesebene seit dem Jahr 2000 für Gesetze und Verordnungen angewendet. http://www.seco.admin.ch/themen/00374/00459/00465/index.html 7 8 2 Leitlinien für die Politik der Nachhaltigen Entwicklung Die Leitlinien für die Politik der Nachhaltigen Entwicklung basieren auf der Bundesverfassung (BV 6 , Art. 2, 54, 73) sowie auf für die Nachhaltige Entwicklung wichtigen internationalen Referenzdokumenten der Vereinten Nationen 7 und der OECD 8 . Die aktualisierte Strategie der Europäischen Union 9 stellt ebenfalls eine wichtige Informationsquelle dar. Die hier aufgeführten Leitlinien konkretisieren und aktualisieren die Leitlinien, welche der Bundesrat im Bericht «10 Jahre nach Rio – Die Schweiz auf dem Weg zu einer Politik der Nachhaltigen Entwicklung» an die Kommission für Nachhaltige Entwicklung (CSD) der UNO übermittelte 10 und in seiner Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 festlegte. 11 2.1 Zukunftsverantwortung wahrnehmen Die grundlegende Herausforderung, die Bedürfnisbefriedigung aller Menschen, namentlich auch jener in den Entwicklungsländern, zu gewährleisten und gleichzeitig den Umwelt- und Ressourcenverbrauch zu senken, erfordert einen langfristigen grundlegenden Veränderungsprozess von Wirtschaft und Gesellschaft. Nach dem in der Erklärung von Rio über Umwelt und Entwicklung verankerten Prinzip der gemeinsamen, aber geteilten Verantwortung müssen dabei die hoch ent­ wickelten Industrieländer mit ihrer besonderen Verantwortung für vergangene und gegenwärtige Entwicklungsprozesse und ihren grösseren finanziellen und technischen Ressourcen voranschreiten. Angesichts ihrer Wachstumsdynamik müssen die Entwicklungsländer und insbesondere die Schwellenländer jedoch rasch nachfolgen. Zukunftsverantwortung bedeutet, dass die Vorsorge-, Verursacher- und Haftungsprinzipien als grundlegende Rahmenbedingungen für langfristig tragfähiges wirtschaftliches, ökologisches und gesellschaftliches Handeln auf allen Ebenen zu fördern sind. Ein vorsorgender Ansatz ist notwendig, um eine mögliche Schädigung der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt zu verhindern und präventive Massnahmen zu ergreifen, auch wenn über die wissenschaftlichen Zusammenhänge noch keine vollkommene Klarheit vorliegt. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Preise die wahren Kosten widerspiegeln, und dass die Verursacher für die von ihnen angerichteten Schäden an der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt aufkommen. 2.2 Ausgewogene Berücksichtigung der drei Zieldimensionen Die in der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 definierten Kriterien zur Konkretisierung der anzustrebenden Ziele in den drei Dimensionen «ökologische Verantwortung», «wirtschaftliche Leistungsfähigkeit» und «gesellschaftliche Solidarität» werden inhaltlich weitergeführt (siehe die folgende Auflistung). Bei der Ausgestaltung der Politiken ist darauf zu achten, dass allen drei Zieldimensionen und allen Kriterien der Nachhaltigen Entwicklung Rechnung getragen wird (um­ fassende Betrachtung der drei Nachhaltigkeitsdimensionen). 6 SR 101 UN DESA: Guidance in Preparing a National Sustainable Development Strategy: Managing Sustainable Development in the New Millennium. New York 2002; UNESCO: International Implementation Scheme for the United Nations Decade for Education for Sustainable Development 2005–2014. Paris 2005 8 OECD: The DAC Guidelines, Strategies for Sustainable Development: Guidance for Development Co-operation. Paris 2001 9 Rat der Europäischen Union: EU-Strategie für Nachhaltige Entwicklung, angenommen am 15./16. Juni 2006 10 Schweizerischer Bundesrat: 10 Jahre nach Rio 1992 – Die Schweiz auf dem Weg zu einer Politik der Nachhaltigen Entwicklung. Bericht vom 3. Juni 2001 zuhanden des Sekretariates der Commission on Sustainable Development. Bern 2001 11 Siehe auch Interdepartementaler Ausschuss Nachhaltige Entwicklung (IDANE): Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 – Bilanz und Empfehlungen für die Erneuerung. Bern 2007 7 Leitlinien für die Politik der Nachhaltigen Entwicklung Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit – Einkommen und Beschäftigung erhalten und den Bedürfnissen entsprechend mehren unter Berücksichtigung einer sozial- und raumverträglichen Verteilung – Das Produktivkapital, basierend auf dem Sozial- und Humankapital, mindestens erhalten und qualitativ mehren – Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Wirtschaft verbessern – In der Wirtschaft primär die Marktmechanismen (Preise) unter Berücksichtigung der massgebenden Knappheitsfaktoren und externen Kosten wirken lassen – Ein Wirtschaften der öffentlichen Hand, das nicht auf Kosten zukünftiger Generationen erfolgt (zum Beispiel Schulden, vernachlässigte Werterhaltung) Ökologische – Naturräume und Artenvielfalt erhalten Verantwortung – Den Verbrauch erneuerbarer Ressourcen unter dem Regenerationsniveau beziehungsweise dem natürlichen Anfall halten – Den Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen unter dem Entwicklungspoten­ zial von erneuerbaren Ressourcen halten – Die Belastung der natürlichen Umwelt und des Menschen durch Schadstoffe auf ein unbedenkliches Niveau senken – Die Auswirkungen von Umweltkatastrophen verhindern beziehungsweise reduzieren und Unfallrisiken nur insoweit eingehen, als sie auch beim grösstmöglichen Schadensereignis keine dauerhaften Schäden über eine Generation hin­a us verursachen Gesellschaftliche Solidarität – Gesundheit und Sicherheit der Menschen in umfassendem Sinn schützen und fördern – Bildung und damit Entwicklung sowie Entfaltung und Identität der Einzelnen gewährleisten – Die Kultur sowie die Erhaltung und Entwicklung gesellschaftlicher Werte und Ressourcen im Sinn des Sozialkapitals fördern – Gleiche Rechte und Rechtssicherheit für alle gewährleisten, insbesondere die Gleichstellung von Frau und Mann, die Gleichberechtigung beziehungsweise den Schutz von Minderheiten sowie die Anerkennung der Menschenrechte – Die Solidarität innerhalb und zwischen den Generationen sowie global fördern Das «Kapitalstockmodell» bildet eine ergänzende Grundlage für die schweizerische Nachhaltigkeitspolitik. 12 Das von der Weltbank entwickelte Konzept basiert auf der Idee, dass es drei Nachhaltigkeitsdimensionen bzw. Kapitalstöcke gibt: Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft. Das auf der Erde vorhandene «Kapital» darf demnach nicht einfach aufgezehrt werden, sondern muss kontinuierlich erneuert werden. Nachhaltigkeit ist dann gegeben, wenn auf Dauer von den Zinsen und nicht vom Kapital gelebt wird. Das Kapitalstockmodell ist verfeinert worden: Die Konzepte der starken und schwachen Nachhaltigkeit befassen sich mit der Frage der Substituierbarkeit von Kapitalstöcken. Starke Nachhaltigkeit verlangt, dass keiner der drei Kapitalstöcke über längere Zeit abnehmen darf, während schwache Nachhaltigkeit diese Bedingung nur für das gesamte Nachhaltigkeitskapital 12 Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), Bundesamt für Raumentwicklung (ARE): Nachhaltige Entwicklung in der Schweiz – methodische Grundlagen. Bern 2004 Der Begriff des Kapitals gemäss Kapitalstockmodell geht weniger weit als die Zieldimensionen. Der Begriff «Kapital» umfasst Bestände, wie z.B. Produktionsanlagen, natürliche Ressourcen oder gesellschaftliches Vertrauenskapital. Die Zieldimensionen beinhalten hingegen weitere Aspekte, wie z.B. Verteilungsfragen oder politische Gestaltungsprinzipien. Während sich der Kapitalbegriff in den Bereichen Ökonomie und Ökologie ohne grössere Schwierigkeiten umschreiben lässt, wird das Sozialkapital in der wissenschaftlichen Literatur noch kontrovers diskutiert. 9 10 Leitlinien für die Politik der Nachhaltigen Entwicklung stellt. Schwache Nachhaltigkeit erlaubt also beispielsweise den Abbau des Umweltkapitalstockes, solange als «Kompensation» mehr Wirtschafts- oder Sozialkapital geschaffen wird. Gestützt auf den rechtlichen Gehalt der Nachhaltigkeitsbestimmungen der Bundesverfassung (insbesondere Art. 2 und 73) 13 vertritt der Bundesrat eine Mittelposition zwischen starker und schwacher Nachhaltigkeit, die im englischsprachigen Fachdiskurs als «sensible sustainability» und im schweizerischen als «schwache Nachhaltigkeit plus» bezeichnet wird. Dieser Ansatz folgt der Überlegung, dass einzelne Elemente der Kapitalstöcke ersetzt werden können. Deshalb ist eine begrenzte Substitution zwischen den Kapitalstöcken zulässig, sofern in den Abwägungsprozessen ­s ichergestellt wird, dass diese transparent erfolgen, nicht systematisch zulasten der gleichen Nachhaltigkeitsdimension gehen und dass insgesamt die Belastbarkeit der Biosphäre respektiert wird. Viele Aspekte der Umwelt weisen nach der Auffassung des Bundesrates spezifische Eigenschaften auf, die – auch unter Berücksichtigung des technischen Fortschrittspotenzials – eine Substituierbarkeit durch gesellschaftliches oder wirtschaftliches Kapital als unrealistisch erscheinen lassen. Viele Umweltgüter wie z.B. ein stabiles Klima, Biodiversität, fruchtbare Böden oder die Ozonschicht der Atmosphäre, sind einerseits unverzichtbar für das Überleben der Menschheit, eine Vernichtung dieser Umweltgüter lässt sich andererseits in der Regel nicht durch Kapital kompensieren. Eingriffe in die Natur dürfen nicht zu einem irreversiblen Verlust führen, da er die Handlungsmöglichkeiten der zukünftigen Generationen einschränkt. Das Konzept der «schwachen Nachhaltigkeit plus» bedeutet, dass bei der Entwicklung von Vor­ haben oder bei Projektbeurteilungen im Rahmen der umfassenden Berücksichtigung der Zieldimensionen bei der Austauschbarkeit gewisse Randbedingungen oder Grenzen zu beachten sind: – Soziale, wirtschaftliche und ökologische Minimalanforderungen 14 sind zu respektieren; – Entwicklungen oder Auswirkungen, die nur schwer oder gar nicht rückgängig gemacht werden können (Irreversibilität), sind zu vermeiden; – Lasten, die nicht mit einem entsprechenden Nutzen einhergehen, sollen nicht auf künftige ­G enerationen verschoben werden; – Umweltbelastungen und soziale Probleme sollen nicht ins Ausland verlagert werden; – Bei Unsicherheiten oder Risiken, die aufgrund eines unzureichenden Kenntnisstandes oder als Ereignis mit zwar geringer Eintretenswahrscheinlichkeit, aber hohem Schadenpotenzial be­ stehen, ist grosse Vorsicht geboten; – In Bereichen, in denen bereits akute Nachhaltigkeitsprobleme bestehen oder in denen sich angesichts eines aktuellen Trends die Probleme verschärfen könnten, sind weitere Verschlechterungen zu unterlassen. Damit die Beurteilung von Vorhaben unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigen Entwicklung nach einheitlichen Kriterien erfolgt, stellt der Bundesrat die notwendigen Instrumente zur Verfügung (siehe Ziff. 4.2). 13 Bundesamt für Raumentwicklung (ARE): Fragen im Zusammenhang mit den Nachhaltigkeitsbestimmungen in der Bundesverfassung – Rechtsgutachten. Bern 2004. Im allgemeinen Zweckartikel der Bundesverfassung wird der Begriff der Nachhaltigen Entwicklung in einem umfassenden Sinn verwendet. Der Zweckartikel nimmt Bezug auf die Brundtland-Definition der Nachhaltigen Entwicklung mit der Betonung der drei Zieldimensionen, des Vorrangs der Grundbedürfnisse der Benachteiligten und der Tragfähigkeitsgrenzen der Biosphäre. Der Verfassungsgrundsatz der Nachhaltigkeit, wie er in Artikel 73 verankert ist, verpflichtet Bund und Kantone dazu, danach zu streben, die Beanspruchung der Natur durch den Menschen auf Dauer in ein ausgewogenes Verhältnis, in ein Gleichgewicht zu bringen. Merkmal dieses Gleichgewichtes ist die Orientierung an der Erneuerungsfähigkeit. In Artikel 73 wird also speziell die ökologische Dimension angesprochen und im Vergleich zu Artikel 2 verdeutlicht, weil die Nachhaltigkeit heute neben dem Vorsorge- und Verur­ sacherprinzip als einer von drei tragenden Grundsätzen des Umweltbereichs anerkannt ist. 14 Dies können sein: gesetzlich festgelegte Grenzwerte (z.B. Emissionswerte, gesundheitlich relevante Umweltnormen gemäss Umweltschutzgesetz und entsprechenden Verordnungen), wissenschaftliche Grenzwerte, die sich (noch) nicht in gesetzlichen Grenzwerten widerspiegeln (z.B. Niveau von Treibhausgasemissionen, bei dem eine zusätzliche Erderwärmung gestoppt wird), sozialpolitische Normen wie Chancengleichheit, Gleichberechtigung, minimales Einkommen, menschenwürdige Lebensbedingungen, Existenzsicherung, oder Gewährleistung der Menschenrechte. Leitlinien für die Politik der Nachhaltigen Entwicklung 2.3 Nachhaltige Entwicklung in alle Politikbereiche einbeziehen Der Bundesrat versteht Nachhaltige Entwicklung nicht als weitere Sektorpolitik, sondern als «regula­ tive Idee», die in alle Sachpolitiken einzubeziehen ist. Sämtliche Politikbereiche sind auf die Nachhaltige Entwicklung auszurichten. Dies geht aus Artikel 2 BV hervor, der die Nachhaltige Entwicklung zu einer verpflichtenden Aufgabe für Bund und Kantone erklärt und vor allem programmatischen Charakter für alle Behörden hat. Die Zweckbestimmung ist als rechtlich verbindliche Richtlinie und als Handlungsauftrag für alle gesetzgebenden und rechtsanwendenden Behörden zu verstehen. Die Hauptaufgabe des Zweckartikels liegt in der Richtungsweisung für die staatsleitenden Behörden von Bund und Kantonen. So hat sich der Bundesrat beispielsweise bei der Bestimmung der Ziele und Mittel der Regierungspolitik am Staatszweck zu orientieren. Ebenso ist der Zweckartikel Wegweiser für das Bundesgericht in seiner Funktion als oberste rechtsprechende Behörde. Diese Leit­ linie bedeutet, dass die Nachhaltige Entwicklung vorab in die bestehenden Planungs- und Steuerungsprozesse des Bundesrates, der Departemente und der Ämter integriert werden sollte. Auf die Schaffung von Parallelstrukturen für die Nachhaltigkeitspolitik ist zu verzichten. 2.4 Koordination zwischen den Politikbereichen erhöhen und Kohärenz verbessern Nachhaltige Entwicklung erfordert einen frühzeitigen Einbezug der drei Zieldimensionen und eine amtsübergreifende Problembearbeitung zugunsten langfristig tragfähiger Lösungen. Bei der Erfüllung aller Aufgaben ist die ökologische, die wirtschaftliche und die soziale Dimension der Nachhaltigen Entwicklung zu berücksichtigen. Diese Integration der drei Dimensionen der Nachhaltigen Entwicklung ist bei politischen Planungen und Entscheiden sowie bei konkreten Vorhaben ein vorrangiges Kriterium. Es ist sicherzustellen, dass wichtige politische Entscheidungen auf Vorschlägen beruhen, deren soziale, ökonomische und ökologische Auswirkungen frühzeitig und transparent beurteilt wurden, wie dies Artikel 141 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz) 15 verlangt. Ein weiteres wichtiges Element einer nachhaltigen Politikgestaltung ist die Ex-post-Bewertung der Wirkungen von politischen Entscheidungen (Art. 170 BV). Mit Hilfe von Wirksamkeitsüberprüfungen, sind Informationen darüber zu liefern, wie Massnahmen umgesetzt werden, wie ihre Adressaten darauf reagieren, ob und welche Nebenwirkungen daraus resultieren und ob die Politik ihre Ziele erreicht oder nicht. Transparente Entscheidverfahren und ein umfassender Einbezug der verschiedenen Akteure sollen ganzheitliche Güterabwägungen und breit legitimierte Entscheide ermöglichen, umsetzungsfähige Lösungen hervorbringen und dazu beitragen, dass in den politischen Entscheiden den Gesichtspunkten der Nachhaltigen Entwicklung möglichst Rechnung getragen wird. Dabei sind Konflikte offenzulegen und die getroffenen Wertungen zu begründen. Über diese Abstimmung und das Konfliktmanagement hinaus sind Optimierungen anzustreben und Synergien zu entwickeln. Instrumente der Nachhaltigkeitsbeurteilung können den Abstimmungsprozess durch die Bereitstellung objektiver Grundlagen und Entscheidhilfen unterstützen. Die diesbezüglichen Regelungen im Hinblick auf die Umsetzung dieser Strategie sind in Ziffer 4 festgehalten. Ergänzend sind zur Verbesserung von Koordination und Kohärenz geeignete Zusammenarbeitsstrukturen notwendig. 15 SR 171.10. http://www.admin.ch/ch/d/sr/171_10/a141.html 11 12 Leitlinien für die Politik der Nachhaltigen Entwicklung 2.5 Nachhaltige Entwicklung partnerschaftlich realisieren Nachhaltige Entwicklung ist nicht nur eine Aufgabe staatlicher Instanzen oder ausschliesslich des Bundes. Zahlreiche Probleme unseres Landes können nur in enger Zusammenarbeit der drei staatlichen Ebenen konstruktiv gelöst werden. Eine Bundesratsstrategie, die sich allein auf die Bundespolitik beschränken würde, würde daher zu kurz greifen. Die Zusammenarbeit mit Kantonen und Gemeinden ist unerlässlich. Wegen des föderalistischen Staatsaufbaus der Schweiz verfügen Kantone und Gemeinden in vielen nachhaltigkeitsrelevanten Themenfeldern über grosse Kompetenzen und Einflussmöglichkeiten. Dabei nehmen die Förderung von Nachhaltigkeitsprozessen auf Stufe der Kantone, der Regionen und der Gemeinden als Schnittstellen zur Zivilgesellschaft sowie die Sensibilisierung zur Nachhaltigen Entwicklung eine sehr wichtige Rolle ein. Wie eine allein auf die Bundesebene beschränkte Strategie würde auch eine auf die öffentliche Hand eingegrenzte Strategie angesichts der heute für die Nachhaltige Entwicklung relevanten Einflussfaktoren und Akteurgruppen zu kurz greifen. In die Politik der Nachhaltigen Entwicklung sind daher auch die Zivilgesellschaft und der Privatsektor einzubeziehen. Die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Behörden und Interessengruppen ist in der Praxis bereits etabliert. In der internatio­ nalen Nachhaltigkeitspolitik existiert seit Jahren eine regelmässige Zusammenarbeit mit interessierten Nichtregierungsorganisationen vor allem aus den Bereichen Umwelt, Entwicklung, Wirtschaft und Soziales. Diese werden in die Vorbereitungen der Behörden für wichtige internationale Verhandlungen einbezogen und haben der Nachhaltigen Entwicklung in der Schweiz in den letzten zehn Jahren wichtige Impulse verliehen. Die Zusammenarbeit mit Nichtregierungskreisen soll auch in Zukunft weitergeführt werden. Die nichtinstitutionellen Akteure sind auch aufgerufen, die Leitlinien der Strategie in ihren täglichen Aktivitäten zu berücksichtigen. Dies betrifft namentlich die Unternehmen des Privatsektors, die zu verantwortlichem Handeln aufgerufen sind. Unternehmen können die Nachhaltige Entwicklung durch ihr alltägliches, operatives Handeln fördern, indem sie bestehende Handlungsspielräume so nutzen, dass sie bei der Gestaltung ihrer Produkte und bei ihren Produktionsprozessen auf möglichst geringe Belastungen bzw. möglichst grosse Mehrwerte in gesellschaftlicher und ökologischer Hinsicht achten. Ihrem Engagement können Unternehmen auch Verbindlichkeit und Legitimität verschaffen, indem sie sich an den verschiedenen Regelwerken, Normen und Standards, etwa im Bereich des Umweltmanagements oder der sozialen Verantwortlichkeit, beteiligen. 13 3 Der Aktionsplan 2008 – 2011 3.1 Absichten und Zielsetzung Der Bundesrat will, dass die bisherigen Ansätze der Nachhaltigen Entwicklung in der neuen Legis­ laturperiode mit Hilfe der Strategie Nachhaltige Entwicklung stärker vorangetrieben werden. Es soll vermehrt von einem sektoriell orientierten Denken und Handeln auf eine stärker querschnittsorientierte transdisziplinäre Betrachtung hingearbeitet werden. Dabei sind die Bestrebungen, die Umweltqualität zu verbessern und gleichzeitig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die gesellschaftliche Solidarität zu steigern, besser aufeinander abzustimmen. Gegenläufige Trends wie Kompensation von Ökoeffizienz durch Konsumsteigerungen oder die zwischen den Bevölkerungsgruppen ungleiche Verteilung der Bedürfnisdeckung sollen möglichst vermieden werden. Verbesserungen innerhalb der Schweiz dürfen schliesslich nicht Verschlechterungen für künftige Generationen oder auf globaler Ebene bewirken. Um die dargelegten Ziele zu erreichen und die Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit zu lenken, sind konkrete Aktionen notwendig. Dabei wird der Bundesrat zuerst die aus der Lageanalyse des Interdepartementalen Ausschusses Nachhaltige Entwicklung (IDANE) 16 als vorrangig identifizierten Handlungsachsen angehen, nämlich: – Die Bekämpfung der globalen Klimaerwärmung und die Bewältigung von Naturgefahren, dies insbesondere durch Verminderung des Energieverbrauchs und eine vermehrte Nutzung von erneuerbaren Energien, unter Berücksichtigung der bedeutsamen Sektoren Mobilität und Raum­ entwicklung; – Die Steigerung der Produktivität der Wirtschaft, verbunden mit einer Entkoppelung vom Ressourcen- und Energieverbrauch, und die vermehrte Ausrichtung des Produktions- und Konsumverhaltens auf Nachhaltigkeit; – Die nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen sowie eine qualitative und quantitative Verminderung der Beeinträchtigungen der Umwelt; – Die Sicherstellung eines gerechten Zugangs zu den sozialen und wirtschaftlichen Ressourcen und die Verbesserung der Integration aller Bevölkerungsgruppen; – Die Intensivierung der Beiträge für die globale Armutsbekämpfung und die Friedensförderung sowie die Erhöhung deren Wirksamkeit. Daraus und aus einer vergleichenden Beurteilung von Nachhaltigkeitsstrategien im Ausland leitet der Bundesrat für sein Handeln im Bereich der Nachhaltigen Entwicklung acht strategisch vorrangige Schlüsselherausforderungen ab: 1. Klimawandel und Naturgefahren; 2. Energie; 3. Raumentwicklung und Verkehr; 4. Wirtschaft, Produktion und Konsum; 5. Nutzung natürlicher Ressourcen; 6. Sozialer Zusammenhalt, Demografie und Migration; 7. Öffentliche Gesundheit, Sport und Bewegungsförderung; 8. Globale Entwicklungs- und Umweltherausforderungen. 16 Interdepartementaler Ausschuss Nachhaltige Entwicklung (IDANE): Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 – ­B ilanz und Empfehlungen für die Erneuerung. Bern 2007 14 Der Aktionsplan 2008–2011 Ferner müssen verschiedene Politikbereiche, die aufgrund ihres ausgeprägten transversalen Querschnittscharakters auf alle Schlüsselherausforderungen einwirken, Grundlagen und Voraussetzungen für nachhaltiges Handeln schaffen: 9. Finanzpolitik; 10.Bildung, Forschung, Innovation; 11.Kultur 17 . Im Aktionsplan zur Strategie zeigt der Bundesrat auf, welche prioritären Ziele er in dieser Legislatur für die einzelnen Schlüsselherausforderungen (Ziff. 3.2) sowie die transversalen Themenfelder (Ziff. 3.3) verfolgt und mit welchen Massnahmen diese erreicht werden sollen. Der Aktionsplan ist grundsätzlich kein zusätzliches Aktivitätsprogramm des Bundes. Die Massnahmen stellen vielmehr Schwerpunktsetzungen oder Akzentverschiebungen innerhalb der bestehenden Politiken in Richtung Nachhaltige Entwicklung dar. Aus diesem Grund erfolgt auch die Finanzierung über den ordent­ lichen Budgetprozess (siehe Ziff. 4.1). Zum Aktionsplan gehören grundsätzlich Massnahmen, die in der direkten Kompetenz des Bundesrates liegen. Dabei geht es einerseits um legislatorische Vorhaben, andererseits um strategisch bedeutsame Aktionen oder Akzentverschiebungen beim Vollzug des geltenden Rechts, welche relevante Lösungsbeiträge für die Nachhaltige Entwicklung leisten. Zur Zielerreichung in den Schlüsselherausforderungen werden in der Regel weitere Massnahmen, teilweise auf der Ebene des Vollzugs bereits beschlossener Politik benötigt. Die Massnahmen des Aktionsplans erfüllen alle oder die Mehrzahl der folgenden Kriterien: – Ganzheitlichkeit, d.h. Berücksichtigung der drei Zieldimensionen «ökologische Verantwortung», «wirtschaftliche Leistungsfähigkeit» und «gesellschaftliche Solidarität»; – Intergenerationalität (die Massnahmen betreffen langfristige Probleme oder Dynamiken); – Globaler Bezug (die Massnahmen betreffen globale Probleme oder Dynamiken); – Übergeordnete Einordnung (Massnahmen können einer oder mehreren Schlüsselherausforderungen zugeordnet werden); – Wichtigkeit und Relevanz (Massnahmen erfordern ein Handeln oder eine Unterstützung durch den Bundesrat und leisten relevante Lösungsbeiträge für Herausforderungen); – Innovationsgehalt und Pilotcharakter (die Massnahmen bringen neue Lösungsansätze und/oder lassen sich auf andere Bereiche/Gebiete übertragen). Die Umsetzung des Aktionsplans wird im Rahmen eines detaillierten Controllings überwacht (siehe Ziff. 4.3). Grundlage dazu bildet das Nachhaltigkeitsmonitoring MONET 18 . Seine rund 120 regelmässig aktualisierten Indikatoren dienen als Informationsgrundlage für die breite Bevölkerung und die politischen Akteure. Die Indikatoren vermitteln keine abschliessende Aus­s age, denn die komplexe Thematik der Nachhaltigen Entwicklung lässt sich nicht allein in Zahlen fassen. Im Folgenden werden die Fortschritte in den Schlüsselherausforderungen und den transversalen Themenfeldern insgesamt mit Hilfe einer Auswahl besonders aussagekräftiger Indikatoren aus dem MONET-System abgebildet. Dabei ist zu beachten, dass MONET periodisch überprüft und aktualisiert wird und folglich die Auswahl der Indikatoren ändern kann. Die in Ziffer 3.2 aufgeführten Indikatoren wurden aufgrund ihrer Eignung für das Monitoring, das heisst wegen des Vorhandenseins einer Zeitreihe, ausgewählt. Indikatoren, die aus einmaligen Studien oder Erhebungen stammen, wurden also nicht berücksichtigt. Bei den Beurteilungen handelt es sich durchgängig um Trendbewertungen in Bezug auf die gewünschte Entwicklungs- 17 18 Die Kultur ist als transversales Thema – und nicht im Sinne einer Sektorpolitik – verankert, um ihre Rolle als Grundlage des für die Nachhaltige Entwicklung notwendigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungsprozesses zu unterstreichen. www.monet.admin.ch Der Aktionsplan 2008–2011 richtung, nicht jedoch um Bewertungen in Bezug auf einen bestimmten normativen oder gesetzlich definierten Zielwert. Die Abstützung auf Indikatoren zur Erfolgskontrolle erfolgt auch bei den einzelnen Massnahmen. Über die präzisen Inhalte und organisatorischen Eckpunkte des Controllings (Termine, Zuständigkeiten, usw.) wird im jährlich aktualisierten «technischen Bericht» zur Strategie 19 informiert. 3.2 Schlüsselherausforderungen und Massnahmen 1 – Klimawandel und Naturgefahren Herausforderungen und Ziele Seit rund 250 Jahren verändert der Mensch durch die Emission von Treibhausgasen die Zusammensetzung der Atmosphäre. Dies verstärkt den natürlichen Treibhauseffekt und führt zu Veränderungen des Klimas mit Folgen für die Schweiz wie extreme Niederschläge und damit auch Hochwasser und Murgänge, zunehmende Hitzewellen und auch Trockenperioden. Um 0,6°C hat die Temperatur im weltweiten Durchschnitt im letzten Jahrhundert bereits zugenommen, besonders stark seit 1970. Diese Erwärmung wird mit grosser Wahrscheinlichkeit durch Treibhausgase verursacht, die der Mensch insbesondere mit der Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgas sowie durch die grossflächige Entwaldung der Tropen in die Atmosphäre bringt. Der Klimawandel beeinflusst nicht nur die ökologische, sondern auch die gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung in grundlegender Weise (z.B. Veränderung des alpinen Tourismus durch verminderte Schneesicherheit, längerfristig bedeutende jahreszeitliche Änderungen im Gewässerhaushalt). Zudem hat die Klimaerwärmung Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung (z.B. Gesundheitsgefährdung durch Hitze und neue Krankheitserreger). Gemäss dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) müssen die globalen CO 2 -Emissionen bis 2050 bis zu 50% im Vergleich zum Niveau von 1990 verringert werden, um den Temperaturanstieg unter 2°C zu halten und katastrophale Auswirkungen für den Menschen zu vermeiden. Von den Industriestaaten werden dabei wesentlich stärkere Reduktionen gefordert (eine Reduktion der CO 2 -Emissionen zwischen 60 und 80% bis 2050). Um weit reichende und irreversible Folgen des Klimawandels zu vermeiden, bleibt nach Einschätzung des IPCC zum Handeln nur noch Zeit bis zum Jahr 2020. Das Bundesgesetz vom 8. Oktober 1999 über die Reduktion der CO 2 -Emissionen (CO 2 -Gesetz) 20 fordert, dass die CO 2 -Emissionen aus der energetischen Nutzung fossiler Energieträger bis zum Jahr 2010 gegenüber 1990 gesamthaft um 10% zu vermindern sind. Das von der Schweiz ebenfalls ratifi­ zierte Kyoto-Zusatzprotokoll der Klimarahmenkonvention verlangt die Reduktion der Emissionen von sechs verschiedenen Treibhausgasen bis zum Zeitraum 2008–2012 gegenüber dem Stand von 1990 um 8%. Relevante Handlungsfelder für die Erreichung der Kyoto-Zielvorgabe sind nebst dem Energie- und Verkehrssektor die Landwirtschaft, die Waldbewirtschaftung sowie industrielle Prozesse (insbesondere die Zementherstellung und die Verwendung synthetischer Treibhausgase). Die Verhandlungen im Rahmen der Klimarahmenkonvention über die Ziele für die Zeit nach 2012 haben begonnen. Einen für die Schweiz wichtigen Bezugspunkt bildet das von der Europäischen Union propagierte Reduktionsziel von –20% bis 2020 im Vergleich zu 1990. 19 20 Der technische Bericht ist auf www.are.admin.ch/themen/nachhaltig/00262/00528/index.html?lang=de einsehbar. SR 641.71 15 16 Der Aktionsplan 2008–2011 Nicht nur die Emissionsreduktion, sondern auch eine gezielte Anpassungsstrategie zur Bewältigung der Folgen der Klimaänderung ist erforderlich. Bei der Klimaerwärmung muss davon ausgegangen werden, dass die Anzahl der Extremereignisse weiter zunehmen wird. Eine Anpassung der Schutzmassnahmen an die Auswirkungen des Klimawandels wird somit zu einer Herausforderung für die ganze Gesellschaft. Hinzu kommt, dass viele grosse wasser- und waldbauliche Infrastrukturen erneuerungsbedürftig sind, weil sie die heutigen Anforderungen nicht mehr erfüllen. Erneuerungen und Sanierungen sind zwingend, wenn der entsprechende Schutz weiterhin gewährleistet bleiben soll. Diese Substanzerhaltung erfordert grosse Investitionen. Da die Prävention wesentlich kostengünstiger ist als die reine Schadenbehebung, will der Bundesrat die Prävention stärken. Zur Umsetzung des integralen Risikomanagements werden Gefahrengrundlagen benötigt. Bis 2011 sollen deshalb flächendeckend in der ganzen Schweiz Gefahrenkarten vorhanden sein. Diese müssen möglichst rasch in die Nutzungsplanung der Gemeinden überführt werden. Zudem müssen bestehende Schutzbauten auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft werden. Architekten und Planende sowie die ganze Bevölkerung müssen im Umgang mit den Naturgefahren vertraut sein, damit naturgefahrengerecht gebaut und bei einer Warnung die richtigen Massnahmen getroffen werden. Dadurch können Schäden minimiert sowie Menschenleben und Sachwerte möglichst gut geschützt werden. Die vertiefte Analyse der längerfristigen Auswirkungen des Klimawandels auf Wirtschaft (z.B. Tourismus, Landwirtschaft, Energieversorgung, Wasserverfügbarkeit) und Gesellschaft (insbesondere Gesundheit) sowie die Formulierung entsprechender Anpassungsmassnahmen stehen aller­d ings noch aus. Hinweise, ob die Entwicklung nachhaltig verlaufen wird, geben unter anderen die folgenden Indikatoren: Indikatoren 21 Gewünschte Trend Entwicklung CO 2 -Intensität des motorisierten Individualverkehrs l l CO 2 -Intensität der Volkswirtschaft l l Treibhausgasemissionen l 22 ~ CO 2 -Emissionen l 23 k Entwicklung der Schäden durch Naturkatastrophen l … 21 Trendbewertung Für Erklärungen zu den in den Tabellen verwendeten Symbolen siehe Anhang 4. Auf die grafische Wiedergabe von Zahlenreihen wird im Folgenden verzichtet. Auf dem MONET-Internetportal sind laufend aktualisierte Angaben zu den einzelnen Indikatoren und zusätzliche Hintergrundinformationen abrufbar. 22 Zusätzlich zur angestrebten Zielrichtung besteht bei diesem Indikator ein Zielwert: bis 2010 –8% unter den Stand von 1990 (Referenz: Durchschnitt 2008–2012). 23 Zusätzlich zur angestrebten Zielrichtung besteht bei diesem Indikator ein Zielwert: bis 2010 –10% für CO -Emissi2 onen aus energetischer Nutzung fossiler Energieträger (Referenz: Durchschnitt 2008–2012), aufgeteilt auf Emissionen aus energetischer Nutzung fossiler Brennstoffe (–15%) und Emissionen aus der Nutzung fossiler Treibstoffe ohne Flugtreibstoffe für internationale Flüge (–8%). Der Aktionsplan 2008–2011 Massnahmen Der Bundesrat will die Ziele über den Vollzug bestehender Instrumente und Programme (CO 2 -Gesetz, Kyoto-Protokoll, Nationale Plattform Naturgefahren PLANAT) erreichen. Im Rahmen des Aktionsplans definiert er ergänzend die folgenden Massnahmen: – 1–1 Weiterentwicklung Klimapolitik Die gegenwärtige Politik auf der Basis des CO 2 -Gesetzes und des Kyoto-Protokolls ist im Hinblick auf die Zeit nach 2010 zu einer umfassenden Klimapolitik weiterzuentwickeln. Eine künftige Klimagesetzgebung soll zur Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration auf einem ungefährlichen Niveau sowie zur Bewältigung von mit dem Klimawandel verbundenen nachteiligen Veränderungen beitragen. Einerseits sind emissionsarme Produkte und Strukturen zu fördern und Emissionen aus dem Verbrauch von fossilen Energieträgern und weiteren Quellen weiter zu reduzieren. Anderseits sind angesichts der bereits ablaufenden Klimaveränderungen die Voraussetzungen für die systematische Beobachtung der längerfristigen Auswirkungen sowie zur Entwicklung geeigneter Anpassungsstrategien zu schaffen. – 1–2 Schutz vor Naturgefahren Das integrale Risikomanagement ist umfassend umzusetzen. Dabei sollen die präventiven Massnahmen bevorzugt gefördert werden. Die Warnung und Alarmierung sowie die Zusammenarbeit und Koordination mit den verschiedenen Anspruchsgruppen ist zu verbessern. Im Bildungsbereich sind Anstrengungen notwendig, damit Architekten und Planende bei ihren Bauten und Anlagen die Naturgefahren adäquat berücksichtigen und die Bevölkerung sich im Ereignisfall richtig verhält. Die langfristige Finanzierung der Gefahrenprävention ist zu prüfen. 2 – Energie Herausforderungen und Ziele Der schweizerische Primärenergiebedarf verteilte sich in 2006 auf 46,4% Erdöl, 24,6% Kernbrennstoffe (zur Herstellung von Atomstrom), 10,1% Rohwasserkraft (zur Herstellung von Hydroenergie), 9,7% Erdgas und 9,2% übrige Energieträger. Davon sind lediglich ca. 18% erneuerbar (vor allem Rohwasserkraft und Holz). Auch der weltweite Primärenergiebedarf wird heute zu ca. 80% aus nicht erneuerbaren Quellen gedeckt. Das heutige Energiesystem beruht also weitgehend auf nicht erneuerbaren Ressourcen, zudem belastet es die Umwelt, beeinträchtigt das Klima und überlässt viele Probleme unseren Nachkommen. Indem die verbleibenden fossilen Energieressourcen sich zunehmend auf unsichere Weltgegenden konzentrieren, ergeben sich auch Herausforderungen in Bezug auf Versorgungssicherheit sowie politische Krisen und Konflikte. Nachhaltig kann nur ein Energiesystem sein, das die Bedürfnisse von Wirtschaft und Gesellschaft dank rationellerer Energienutzung mit stark reduziertem Ressourceneinsatz abdeckt und soweit möglich erneuerbare Quellen nutzt. Ein nachhaltiges Energiesystem beinhaltet auch einen sparsamen Umgang mit der Energie. Artikel 89 BV (Energiepolitik) 24 und das Energiegesetz vom 26. Juni 1998 (EnG) 25 verlangen von Bund und Kantonen, dass sie sich für eine ausreichende, breit ge­ fächerte, sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung sowie für einen sparsamen und rationellen Energieverbrauch einsetzen. In einer langfristigen Optik wird geprüft, wie der Weg zu einer «2000 Watt-Gesellschaft» auszugestalten wäre, die dank starker Effizienzsteigerung der Energieverwendung, Förderung der erneuerbaren Energien und von neuen wenig energieintensiven Lebens- und Unternehmensformen mit einem Drittel des heutigen Energieleistungs- 24 25 http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/a89.html SR 730.0 17 18 Der Aktionsplan 2008–2011 bedarfs auskommen und diesen zu einem grossen Teil durch erneuerbare Energieträger decken kann. Hinweise, ob die Entwicklung nachhaltig verlaufen wird, geben unter anderen die folgenden Indikatoren: Indikatoren Gewünschte Trend Entwicklung Endenergieverbrauch pro Person l k Erneuerbare Energien j 26 k Verbrauch fossiler Brenn- und Treibstoffe (absolut) l j Energieintensität der Volkswirtschaft l l Endenergieverbrauch im Verkehr l k Trendbewertung Massnahmen Der Bundesrat will die Ziele über den Vollzug bestehender Instrumente und Programme (insbesondere Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Quellen, Vorschriften und Information, Ressortforschung) erreichen. Im Rahmen des Aktionsplans definiert er ergänzend die folgenden Massnahmen: – 2–1 Programm EnergieSchweiz Das Programm EnergieSchweiz setzt für die zweite Etappe zwischen 2006 und 2010 auf Kontinuität und noch mehr Wirkung, um damit den Beitrag an die Ziele der Energie- und Klimapolitik zu verstärken. Im Mittelpunkt der zweiten Programmetappe steht die Förderung der Energie­ effizienz in allen Marktbereichen. Die Schwerpunkte werden wie folgt gesetzt: (1) Gebäudemodernisierung (umfassende Information der Liegenschaftseigner über die energetischen Aspekte bei der Gebäudemodernisierung), (2) erneuerbare Energien (Bereitstellung von mehr Instrumenten zur Förderung der erneuerbaren Energien), (3) energieeffiziente Geräte und Motoren (bessere Nutzung der Sparpotenziale in den Bereichen Haushaltgeräte, Elektronik, Licht und elektrische Antriebe), (4) rationelle Energie- und Abwärmenutzung der Wirtschaft (Einbindung bei Zielvereinbarungen und bei ergänzenden Programmen des Ziels, 50% der CO 2 -Emissionen aus Brennstoffen des Bereichs Industrie und Dienstleistungen einzusparen), (5) energie­e ffiziente und emissionsarme Mobilität (Reduktion des CO 2 -Ausstosses der Neuwagenflotte auf 140 g/km bis im Jahr 2010 und gleichzeitige substantielle Reduktion des Energieverbrauchs und des Ausstosses von Luftschadstoffen). 26 Zusätzlich zur angestrebten Zielrichtung besteht bei diesem Indikator ein Zielwert: bis 2030 Erhöhung des aus erneuerbaren Energien produzierten Stroms um 5400 GWh oder 10% des heutigen Schweizer Stromverbrauchs: http://www.bfe.admin.ch/themen/00490/index.html?lang=de Der Aktionsplan 2008–2011 – 2–2 Weiterentwicklung Energiestrategie Die neusten Energieperspektiven zeigen, dass der Energieverbrauch vor allem im Strombereich, bei den Treibstoffen sowie den industriellen Prozessen weiter ansteigen wird, was neben der Problematik des Klimawandels die Frage aufwirft, wie der wachsenden Nachfrage ein ausreichendes, sicheres und bezahlbares Energieangebot gegenübergestellt werden kann. Der Bundes­ rat präsentierte am 21. Februar 2007 seine Energiestrategie. Sie beruht im Wesentlichen auf den vier Pfeilern erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Energieaussenpolitik und Neubau von Grossanlagen zur Stromerzeugung. Auf der Basis der bisher verfolgten Politik ist die Energiestrategie im Hinblick auf die langfristigen Ziele einer nachhaltigen Energieversorgung weiterzuentwickeln und mittels Aktionsplänen für Energieeffizienz und erneuerbare Energien zu konkretisieren. 3 – Raumentwicklung und Verkehr Herausforderungen und Ziele Die «Grundzüge der Raumordnung Schweiz» des Bundesrates aus dem Jahr 1996 sind explizit dem Nachhaltigkeitsgedanken verpflichtet. Ihre Leitidee bildet das vernetzte System von städtischen und ländlichen Räumen mit kompakten, flächensparenden Siedlungen. Diese Leitidee soll die wirtschaftlichen (Standortvoraussetzungen für die Wirtschaft, Infrastrukturausstattung, ausgewogene Entwicklung der Teilräume, Erschliessung etc.), die gesellschaftlichen (hochwertige, attraktive Siedlungs- und Erholungsräume, Schutz vor Naturgefahren) und die ökologischen Ansprüche an den Raum (haushälterische Bodennutzung, Weiterentwicklung einer wertvollen Kulturlandschaft, Erhalt der verbleibenden Naturräume) umfassend abstimmen. Wie Evaluationen zeigen, folgt die Raumentwicklung noch nicht dieser Zielvorstellung und ist somit als nicht nachhaltig zu bezeichnen. Deutlichste Zeichen sind der nach wie vor kaum gebremste Bodenverbrauch von rund 1 m 2 pro Sekunde und die fortschreitende Zerschneidung und Zersiedlung der Landschaft. Die Mobilität ist Rückgrat und zentrale Einflussgrösse der Raumentwicklung. Nachhaltiger Verkehr heisst, die Mobilitätsbedürfnisse von Bevölkerung und Wirtschaft zu befriedigen, die Teilräume sachgerecht zu erschliessen und gleichzeitig die Beeinträchtigungen auf Mensch und Umwelt zu vermindern. Die Umwelteffizienz des Verkehrs hat sich in den letzten Jahrzehnten insgesamt verbessert. Beim Energieverbrauch und den Treibhausgasemissionen hat jedoch noch keine Trendwende im erforderlichen Ausmass stattgefunden. Auch der «Modal Split», d.h. die Verteilung auf Langsamverkehr, motorisierten Individualverkehr und öffentlichen Verkehr, hat sich kaum verändert. Der Anteil des öffentlichen Verkehrs im Personenverkehr liegt trotz grosser Investitionen seit Jahren bei rund 20%, weil auch die Infrastrukturen für den Strassenverkehr verbessert wurden. Und das Verkehrsvolumen steigt nach wie vor im Gleichschritt mit dem Bruttoinlandprodukt, im Güterverkehr sogar überproportional. Es gilt, die Anstrengungen für eine haushälterische Bodennutzung zu verstärken und die Siedlungsentwicklung vermehrt nach innen zu lenken. Im Sinne einer Referenzgrösse soll die Siedlungsfläche bei 400 m 2 pro Kopf der Bevölkerung stabilisiert werden. Eine ausgewogene Entwicklung der Teilräume des Landes ist sicherzustellen und ein Verkehrssystem zu erhalten, das den Bedürfnissen von Wirtschaft und Bevölkerung genügt und die negativen Auswirkungen des Verkehrs auf Bevölkerung, Umwelt und Wirtschaft reduziert. 19 20 Der Aktionsplan 2008–2011 Hinweise, ob die Entwicklung nachhaltig verlaufen wird, geben unter anderen die folgenden Indikatoren: Indikatoren Gewünschte Trend Entwicklung Siedlungsfläche k j Siedlungsfläche pro Kopf k j j k Lärmbetroffene Personen l j Gütertransportintensität l j Modal Split bzw. Anteil öffentlicher Verkehr und Langsamverkehr am Personenverkehr (Landweg) Trendbewertung Massnahmen Der Bundesrat will die Ziele über Schwerpunktsetzungen in der laufenden Politik und beim Vollzug bestehender Instrumente (insbesondere Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung 27 , Instrumente der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung und -planung) und, im Rahmen des Aktionsplanes, mit folgenden ergänzenden Massnahmen erreichen: – 3–1 Raumkonzept Schweiz Damit sollen im Hinblick auf eine Ablösung der Grundzüge der Raumordnung Schweiz von 1996 zwischen allen institutionellen Ebenen koordinierte Zielvorgaben und Leitlinien zur künftigen Raumentwicklung unseres Landes erarbeitet werden. Weiter sollen die notwendigen Massnahmen für deren Umsetzung entwickelt werden. Zentrale Aspekte sind eine verstärkte Ausrichtung der kantonalen Richtplanung und der kommunalen Nutzungsplanung auf die Nachhaltige Entwicklung und die Schaffung von geeigneten Rahmenbedingungen für eine flächen- und kostensparende Siedlungsentwicklung. Raumansprüche sollen zukünftig konsequent nach innen, d.h. in die weitgehend überbauten Gebiete gelenkt werden. Hierfür sind insbesondere die Abstimmung zwischen Raumplanung, Verkehr und Umweltschutz sowie die interkommunale Zusammenarbeit zu verbessern. – 3–2 Massnahmenplan «zukunftsfähige Verkehrsinfrastruktur» Zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern (öffentlicher Verkehr, motorisierter Individual­ verkehr und Langsamverkehr) sind koordinierte Zielvorgaben umzusetzen und mit innovativen Ansätzen zu ergänzen. Mit dem Schwerpunkt «Umsetzung Sachplan Verkehr» soll sichergestellt werden, dass die Detailplanung der einzelnen Verkehrsträger nach den übergeordneten Zielen, Grundsätzen und Prioritäten des 2006 vom Bundesrat beschlossenen, umfassend auf die Nachhaltige Entwicklung ausgerichteten Programmteils des Sachplans erfolgt. Der Schwerpunkt «Infrastrukturfonds – Finanzierung Infrastruktur» stellt sicher, dass die Finanzierung der Verkehrsinfrastrukturen nach den die Nachhaltigkeitsprinzipien berücksichtigenden planerischen Vorgaben des Infrastrukturfonds erfolgt. Der Schwerpunkt «Stärkung des öffentlichen Verkehrs» sorgt mit Hilfe von Instandhaltung, Modernisierung und Ausbau der Eisenbahninfrastruktur und dank der Schaffung geeigneter institutioneller Strukturen dafür, dass die angestrebte Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs und des Personenverkehrs auf die Schiene bzw. den öffentlichen 27 SR 700 Der Aktionsplan 2008–2011 Verkehr erreicht wird. Der Schwerpunkt «Stärkung des Langsamverkehrs» will mit gezielten Massnahmen erreichen, dass der Anteil der Langsamverkehr-Etappen an der gesamten Personenmobilität zunimmt. – 3–3 Massnahmenplan «nachhaltige Mobilität» Die Rahmenbedingungen für einen auf die Nachhaltige Entwicklung ausgerichteten Verkehrs­ betrieb sind weiterzuentwickeln. Im Rahmen des Schwerpunkts «Verlagerung» sollen marktwirtschaftliche Instrumente die Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene unterstützen (z.B. neu zu entwickelnde Alpentransitbörse) und externe Kosten des Verkehrs ausgleichen. In der Luftfahrt steht der Einbezug in ein internationales Emissions­ handelssystem im Vordergrund. Im Rahmen des Schwerpunkts «Erarbeitung Umwelt-Etikette» soll eine Umwelt-Etikette entwickelt werden, die Auskunft über die Umweltbelastung und die Energie- und Ressourceneffizienz von Personenwagen gibt. Durch das «Dienstleistungszentrum für innovative und nachhaltige Mobilität UVEK» sollen Projekte unterstützt werden, die neue Ideen und marktfähige Ansätze für eine zukunftsträchtige Mobilität entwickeln und erproben. – 3–4 Massnahmenplan «Verkehrssicherheit» Der Bundesrat verfolgt das Ziel, die Anzahl der im Strassenverkehr getöteten und schwer verletzten Personen innert zehn Jahren signifikant zu senken. Zu diesem Zweck hat er das UVEK beauftragt, Umsetzungsvarianten mit Prioritäten, Kostenschätzungen und Alternativen vorzulegen. Der Bundesrat entscheidet voraussichtlich in der ersten Hälfte des Jahres 2008 über das weitere Vorgehen. Gleichzeitig ist das UVEK auf Grund seiner Querschnittsaufgabe «Verkehrs­ sicherheit» dafür verantwortlich, weitere Massnahmen vorzuschlagen und zu ergreifen, um das bundesrätliche Ziel zu erreichen. 4 – Wirtschaft, Produktion und Konsum Herausforderungen und Ziele Im Hinblick auf eine wissensbasierte, hochproduktive und ressourcenleichte Volkswirtschaft ist ein langfristiger Veränderungsprozess erforderlich, der die sozioökonomische Entwicklung stärkt und mit der Notwendigkeit einer absoluten Absenkung des Umwelt- und Ressourcenverbrauchs in Einklang bringt. Die Produktivität der gesamten Wirtschaft ist laufend zu verbessern. Dazu muss ein breites Spektrum von Politiken beitragen, wie z.B. Bildung, Forschung, Innovation (BFI), Steuer- und Wettbewerbspolitik, Arbeitsmarktpolitik oder die Politik im Bereich der Infrastrukturen. Diesbezüglich ist auf die parallel und komplementär zu dieser Strategie verfolgte Wachstumspolitik hinzu­ weisen (siehe Ziff. 1.3.3), deren Inhalte zur Vermeidung von Doppelspurigkeiten in dieser Strategie nicht wiederholt werden. Hier wird ergänzend die Umorientierung der Produktions- und Konsum­ muster in den Vordergrund gerückt. Die Produktion von Gütern und Dienstleistungen erfolgt unter hohem Wettbewerbsdruck und in einem globalisierten Umfeld. Der Konsum nimmt weltweit zu. Es besteht die Gefahr, dass diese Entwicklung auf Kosten der Umwelt und gerechter Arbeitsbedingungen geht. Die Herausforderung besteht darin, die Herstellung und den Konsum von Produkten (Gütern, Dienstleistungen, Bau­ werken) so auszurichten, dass diese über ihren gesamten Lebensweg hohen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Anforderungen genügen. Werden diese Anforderungen eingehalten, können daraus sowohl Kosteneinsparungen als auch geringere externe Kosten – z.B. im Bereich der Gesundheit – resultieren. Es sind deshalb gemäss dem von der Schweiz mitinitiierten und mitunterzeichneten UN-Beschluss für ein zehnjähriges Rahmenprogramm zur Förderung von nachhaltigen Produktions- und Konsummustern adäquate Massnahmen umzusetzen. Konsumentinnen und Konsumenten können durch die Nachfrage solcher Produkte einen wichtigen Beitrag leisten. Der Bund selbst nimmt bei seinem Konsumverhalten eine Vorbildfunktion ein, indem 21 22 Der Aktionsplan 2008–2011 er im Rahmen seiner Beschaffungstätigkeit Produkte nachfragt und Bauwerke realisiert, die wirtschaftlich, umweltschonend und gesundheitsverträglich sind und die sozial verantwortungsvoll produziert werden. Bei der Festlegung und Umsetzung der Massnahmen ist das partnerschaftliche und koordinierte Zusammenwirken von Staat, Wirtschaft, Gesellschaft und Forschung von grosser Bedeutung. Dabei ist auch die Verantwortung der Unternehmungen zu betonen, in ihrer Tätigkeit vermehrt Nachhaltigkeitsanliegen zu berücksichtigen («Corporate Social Responsibility»), sei es durch Entwicklung von nachhaltigkeitsorientierten Geschäftsstrategien, sei es durch entsprechende Gestaltung von Produkten und Produktionsprozessen oder durch die Übernahme von Standards und Normen im Bereich umwelt- und sozialverantwortlichen Handelns (siehe auch Leitlinie 2.5). Die staatlichen Interventionen sind so gering wie möglich zu halten. Generell gilt es, über Anreize und durch die Entwicklung geeigneter Rahmenbedingungen verstärkte Innovationsimpulse für einen nachhaltigkeitsorientierten Strukturwandel der Wirtschaft zu vermitteln. Ein Haupterfordernis ist, dass die Preise für Energie, Mobilität, Entsorgung, Raum- und Ressourcenverbrauch der Kostenwahrheit entsprechen, indem nicht nachhaltige Subventionen abgebaut und die externen Kosten internalisiert werden. Durch Kostenwahrheit entstehen Anreize zur Steigerung der Umwelteffizienz, womit sich auch Kosten einsparen lassen, und der technische Fortschritt wird in die Richtung von nachhaltigen Produkten und Prozessoptimierungen gelenkt. Darin liegen wirtschaftliche Potenziale, die im 21. Jahrhundert an Bedeutung gewinnen werden. Hinweise, ob die Entwicklung nachhaltig verlaufen wird, geben unter anderen die folgenden Indikatoren: Indikatoren Gewünschte Trend Entwicklung Haushaltseinkommen j k Multifaktorproduktivität j j Materialintensität der Volkswirtschaft l l und Dienstleistungen l l Abfallproduktion (Summe inkl. Recycling) l j Energieintensität der Produktion von Gütern Trendbewertung Massnahmen Um die Ziele auf dem Gebiet dieser Schlüsselherausforderung zu erreichen, will der Bundesrat ergänzend zur Wachstumspolitik und zu weiteren für diese Herausforderung wichtigen Massnahmen dieses Aktionsplans (insbesondere 1–1, 2–1 und 3–3) die folgenden Massnahmen durchführen: – 4–1 Integrierte Produktepolitik IPP Produktion und Konsum von Gütern und Dienstleistungen, die hohen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Anforderungen genügen, will der Bund über die öffentliche Nachfrage (nachhaltige Beschaffungspraxis des Bundes) und über fundierte ressourcenrelevante Informationen für Marktteilnehmende stärken. Weiter sind im Rahmen einer nachhaltigen Materialwirtschaft Strategien zur Verringerung des Ressourcenverbrauchs und der Umweltauswirkungen bei gleichwertiger oder erhöhter Produktqualität vorzuschlagen. Der Aktionsplan 2008–2011 – 4–2 Nachhaltiges Bauen Die jährlichen Bauausgaben in der Schweiz von über 50 Mia. Franken, davon ein Drittel von öffentlichen Auftraggebern, sollen sich gemäss den Leitlinien dieser Strategie entwickeln. Dafür soll eine nachhaltige Immobilienstrategie des Bundes (inkl. Vereinbarung zur Begrenzung der CO 2 -Emissionen von Bundesbauten) formuliert werden. Der Bund will Bauleistungen und Bauwerke beschaffen, die über ihren gesamten Lebensweg hohen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Anforderungen genügen. Weiter will er auf das Bauwesen Einfluss nehmen über baurelevante Programme (wie z.B. EnergieSchweiz), über die Mitgestaltung von Vorschriften, Normen und Standards im Bau (z.B. Minergie-ECO) sowie durch die Stärkung des Netzwerks zum nachhaltigen Bauen in der Schweiz. – 4–3 Weiterentwicklung der Agrarpolitik In der Agrarpolitik wird die Umlagerung von Mitteln der Marktstützung zu Direktzahlungen in sozialverträglicher Geschwindigkeit weiter vorangetrieben, und es wird ein neues Instrument zur nachhaltigen Ressourcennutzung eingeführt (Umsetzung der Agrarpolitik 2011). Im Hinblick auf das Ziel, die Mittel möglichst zielgenau einzusetzen, wird ein Bericht zum Direktzahlungs­ system erstellt. Dabei sind die aussenhandelspolitischen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen (weitere Liberalisierungsschritte im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO und/oder allfälliges Freihandelsabkommen im Agrar- und Lebensmittelbereich zwischen der Schweiz und der EU). 5 – Nutzung natürlicher Ressourcen Herausforderungen und Ziele Indem natürliche Ressourcen wie die Biodiversität oder der Wald Leistungen erbringen, die für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung letztlich unverzichtbare Grundvoraussetzungen bilden, liegt deren Erhaltung im Interesse aller Zieldimensionen der Nachhaltigen Entwicklung. Die biologische Vielfalt ist eine zentrale Lebensgrundlage des Menschen. In der Schweiz kommen viele gefährdete Arten nur noch in kleinen Beständen an wenigen Stellen vor. Der Schutz, die Aufwertung und Vernetzung solcher Standorte ist erst in den vergangenen 15 Jahren richtig angelaufen. Diese geschützten Gebiete sind aber zu klein, um gefährdete Arten langfristig zu erhalten. Bereits wurden mehrere Instrumente entwickelt, um die biologische Vielfalt in der Schweiz zu schützen (Biotop­ inventare, Rote Listen, Biodiversitätsmonitoring, ökologischer Ausgleich usw.). Die Landschaft bildet die Grundlage für die qualitative Sicherung der Regenerationsfähigkeit natürlicher erneuerbarer Ressourcen, das heisst der Funktionsfähigkeit von Ökosystemen. Zudem bilden die landschaftlichen Qualitäten eine Grundlage der Lebensqualität und Standortattraktivität. Die Wälder sind zentral als Rohstoffquelle, Habitat für Biodiversität, als Senke für Klimaemissionen, Lebens- und Arbeitsraum für Menschen, Erholungsgebiet, als Filter für Wasser, Schutzwald und Stabilisator für Ökosysteme. Während weltweit der Schutz der Wälder vor Übernutzung im Vordergrund steht, sind in der Schweiz eine vermehrte Nutzung des einheimischen Rohstoffs und Energieträgers Holz sowie eine bessere Wertschöpfung im Inland energie- und klimapolitisch von grosser Bedeutung. Zudem ist dem Wasser mit seiner wichtigen ökologischen, aber im Zusammenhang mit der Wasserkraft- und Trinkwassernutzung auch wirtschaftlichen und sozialen Funktion, weiterhin die not­ wendige Beachtung zu schenken. Herausforderungen stellen ferner Umweltbeeinträchtigungen wie Gewässerbelastungen durch chemische Verbindungen und Hormone, die Luftbelastung durch Feinstaub, Bodenverunreinigungen durch Schwermetalle sowie der sichere und nachhaltige Umgang mit Chemikalien und gefährlichen Abfällen dar. 23 24 Der Aktionsplan 2008–2011 Hinweise, ob die Entwicklung nachhaltig verlaufen wird, geben unter anderen die folgenden Indikatoren: Indikatoren Gewünschte Trend Entwicklung Brutvogelbestand j k Zerschneidung der Landschaft l j Ökologische Ausgleichsflächen j j Phosphorgehalt im Seewasser l l Feinstaubkonzentration l l Trendbewertung Massnahmen Der Bundesrat will die Ziele über Schwerpunktsetzungen in der laufenden Politik und beim Vollzug bestehender Instrumente erreichen (Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz 28 , Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer 29 , Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz 30 , Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über den Wald 31 , Vollzugsprogramme wie z.B. Aktionsplan Risikobeurteilung und Risikomanagement synthetischer Nanomaterialien). Im Rahmen des Aktionsplans dieser Strategie definiert er ergänzend die folgenden Massnahmen: – 5–1 Wirkungsanalyse Biodiversität Die bisher in der Schweiz ergriffenen Massnahmen zur Erhaltung der Biodiversität sind auf ihre Wirkung zu prüfen. Auf dieser Grundlage wird zu entscheiden sein, ob die bisher verfolgte Politik den Anforderungen genügt oder ob eine weiter reichende Strategie zur Förderung der Bio­ diversität ergriffen werden soll. – 5–2 Weiterentwicklung Chemikalienpolitik Mit der neuen EU-Chemikalienverordnung REACH wird ein Paradigmenwechsel vollzogen, der einige Unzulänglichkeiten der alten, in der Schweiz aber noch geltenden Chemikalienregelung beseitigt. Im Zentrum steht dabei die Umkehr der Beweislast, wonach die Hersteller oder Importeure von Stoffen die Sicherheit der Verwendung demonstrieren müssen. Eine solide Beurteilungsgrundlage für mögliche Risiken ist in der EU neu Bedingung für den Marktzugang. Damit muss eine Vielzahl von Stoffen, die bisher ohne Kenntnisse über mögliche Risiken vermarktet wurden, toxikologisch geprüft werden. Die Schweiz muss ihre Chemikalienpolitik überprüfen und bestehende Unzulänglichkeiten in den nächsten Jahren schrittweise beseitigen. Nur so kann ein hohes Schutzniveau für Mensch und Umwelt gewährleistet werden. Weiter sollte die Schweiz, wie am Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung in Johannesburg 2002 bekräftigt, das «Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals» (GHS) möglichst zeitgleich mit den EU-Staaten einführen. 28 29 30 31 SR SR SR SR 814.01 814.20 451 921.0 Der Aktionsplan 2008–2011 25 6 – Sozialer Zusammenhalt, Demografie und Migration Herausforderungen und Ziele Eine nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung basiert auf einer solidarischen, gerechten Gesellschaft. Dieser Anspruch ist stets den sich wandelnden Herausforderungen anzupassen. Zahlreiche Entwicklungen setzen den gesellschaftlichen Zusammenhalt einer Belastung aus. Aufgrund der erwarteten demografischen Alterung werden das System der sozialen Sicherheit und die Sozialpolitik mittel- und langfristig stark herausgefordert. Der Altersquotient (65-Jährige und Ältere im Verhältnis zu den 20- bis 64-Jährigen) wird im Laufe der kommenden Jahrzehnte von 25,7% (2005) auf rund 50% im Jahr 2050 ansteigen. Es gilt die Alterssicherungssysteme an die demografische Entwicklung anzupassen, ohne dabei zukünftigen Generationen spürbar zusätzliche finanzielle Lasten zu auf­ erlegen. Die demografische Entwicklung verlangt, dass wir uns auf eine «Gesellschaft der vier Gene­ ra­t ionen» einstellen. Die Politik muss künftig vermehrt Ansätze verfolgen, die die vorhandenen Potenziale der verschiedenen Generationen nutzen und die Generationenbeziehungen insgesamt stärken. Weiter drängt sich eine verstärkte Koordination und Integration von finanziellen Sozialleistungen und staatlichen Dienstleistungen – neben der Sozialpolitik insbesondere die Arbeitsmarkt-, Aus­ länder-, Gesundheits-, Wohnungs-, Familien-, Bildungs- und Steuerpolitik – auf, wenn man verhindern will, dass Personen in eigentliche Armutsfallen geraten. Zusätzlich ergeben sich weitere Integrationsherausforderungen. Das Auseinanderdriften und die Pluralisierung der Gesellschaft stellen den gesellschaftlichen Zusammenhalt auf die Probe. Das Sozialkapital im Sinne der Summe von Faktoren, die das geordnete Zusammenleben der Menschen, das gegenseitige Vertrauen und damit die gesellschaftliche Entwicklung fördern, ist zu stärken. Von vorrangiger Bedeutung ist die Integration der ausländischen Wohnbevölkerung. Die gegenseitige Kenntnis der in der Schweiz gelebten Kulturen ist von entscheidender Bedeutung für den Zusammenhalt des Landes. Es gilt, die Probleme, die mit der mangelnden Integration zusammenhängen, zu vermindern und Folgekosten zu minimieren: Bei geringer sozialer oder beruflicher Integration besteht ein erhöhtes Risiko von Arbeitslosigkeit, Armut, Krankheit, Sucht und Kriminalität. Der Staat muss günstige Rahmenbedingungen für Chancengleichheit und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben schaffen. Hinweise, ob die Entwicklung nachhaltig verlaufen wird, geben unter anderen die folgenden Indikatoren: Indikatoren Gewünschte Trend Entwicklung Jugenderwerbslosigkeit l j Personen unter der Armutsgrenze l l j k j l j j Freiwilligenarbeit, Beteiligung der Ausländer in % der Schweizer 18–24-jährige Ausländer in postobligatorischer Ausbildung in % der Schweizer Gleichstellung: Frauenlohn in % des Männerlohnes Trendbewertung 26 Der Aktionsplan 2008–2011 Massnahmen Der Bundesrat will die Ziele über Schwerpunktsetzungen in der laufenden Politik und beim Vollzug bestehender Instrumente erreichen (insbesondere Umsetzung 5. Revision der Invalidenversicherung (IV), Sicherstellung der Zusatz-Finanzierung für die IV, Planung der 12. Revision der Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV), Bundesauftrag Integrationsmassnahmen). Im Rahmen dieses Aktionsplans definiert er ergänzend die folgenden Massnahmen: – 6–1 Strategie zur Bekämpfung der Armut Gemäss einem parlamentarischen Auftrag 32 wird eine Strategie zur Armutsbekämpfung ent­ wickelt. Die Strategie soll gemeinsam von den zentralen Akteuren entwickelt und getragen werden. Unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und der Zuständigkeiten von Bund und Kantonen soll die Strategie in erster Linie Anpassungen bestehender Massnahmen enthalten und sich an alle drei staatlichen Ebenen und die Sozialpartner richten. Die Strategie soll zwecks breiter Abstützung vom Bundesrat, der Konferenz der Kantonsregierungen und den Gemeinden/Städten verabschiedet werden und auf folgende Themen ausgerichtet werden: (1) Kinder und Jugend­ liche im Vorschul- und Schulalter, (2) Übergang in die Berufsausbildung und in den Beruf, (3) Working Poor-Familien und Alleinerziehende, (4) Koordination und Ausgestaltung bedarfsabhängiger Leistungen, Steuern etc. zur Vermeidung von Armutsfallen und negativer Arbeitsanreize, (5) Langzeitarbeitslosigkeit. – 6–2 Anpassung Arbeitsmarktpolitik an demografische Alterung Um die für die wirtschaftliche Entwicklung und die Finanzierung der Sozialwerke wichtige hohe Erwerbsquote der älteren Arbeitskräfte im Zuge der demografischen Alterung der Schweizer Bevölkerung zu wahren, sind Anstrengungen notwendig. Die Arbeitsmarktpolitik und damit eng verbundene Politikfelder wie die Sozialversicherungen müssen Anreize so setzen, dass ältere Arbeitnehmende nicht benachteiligt und unfreiwillig vorzeitig aus dem Arbeitsmarkt gedrängt werden. Gestützt auf ein 2005 vorgeschlagenes Konzept eines Massnahmenpakets wird der Bundesrat über weitere Schritte für dessen Realisierung befinden. 7 – Öffentliche Gesundheit, Sport und Bewegungsförderung Herausforderungen und Ziele Während der Gesundheitszustand der Schweizer Bevölkerung, gemessen an Lebenserwartung und Sterblichkeitsrate, noch nie so gut war wie heute, ist im Gegensatz dazu eine Zunahme von chronischen Krankheiten auszumachen, namentlich als Folge von Übergewicht (Diabetes, Herzkreis­ lauferkrankungen), Tabakrauchen (Krebs, Lungenprobleme) und anderen Suchtproblemen sowie psychischen Problemen, z.B. aufgrund von grösseren Arbeitsbelastungen oder verwandten gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen. Die Gesundheitsversorgung war bisher zu exklusiv auf die kurative (heilende) Medizin ausgerichtet. Künftig muss auch auf den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung Gewicht gelegt werden. Entsprechend sollten daher in Zukunft die Krankheitsprävention und die Gesundheitsförderung stärker berücksichtigt werden. Dazu sind einerseits Prävention und Gesundheitsförderung als wichtige Pfeiler des Gesundheitssystems zu stärken sowie die Steuerung und die Koordination der Akteure und Massnahmen zu verbessern. Andererseits ist eine multisektorale Politik zu verfolgen, die die Zusammenhänge zwischen Gesundheitszustand einerseits und Umweltsituation, Ernährungsgewohnheiten, Bewegungs- und Mobilitätsverhalten sowie sozialen Unterschieden andererseits thematisiert. Unabdingbare Anliegen sind die Förderung der öffentlichen Gesundheit zu gleichen Bedingungen für alle – dazu gehören unter anderem gesundheitsrelevante Informationen und Bildung –, die Stärkung des sozialen Zusammenhalts sowie 32 Motion 06.3001 der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) des Nationalrates. Der Aktionsplan 2008–2011 27 der verbesserte Schutz vor Gesundheitsbedrohungen. Ebenso sind die sportlichen Aktivitäten der Bevölkerung und die Mobilität aus eigener Kraft zu fördern und bewegungs- und gesundheitsbe­ günstigende sowie lärmarme Lebensräume zu schaffen oder zu erhalten. Dabei gilt es, für regelmässige sportliche Aktivität der Bevölkerung optimale Bedingungen zu schaffen. Eine zentrale Herausforderung in der Krankenversicherung ist die dauerhafte Dämpfung der Kostenentwicklung. Entscheidend sind daher Reformen, welche die Bedürfnisse in einer sich wandelnden Gesellschaft befriedigen und welche die Effizienz und den Wettbewerb sowie die Qualität im Gesundheitswesen sicherstellen. Insbesondere sind Anreize zu eliminieren, die zu einer Mengenausweitung medizinischer Leistungen beitragen, ohne dass dies durch zusätzliche Bedürfnisse in einer alternden Gesellschaft gerechtfertigt erscheint. Hinweise, ob die Entwicklung nachhaltig verlaufen wird, geben unter anderen die folgenden Indikatoren: Indikatoren Gewünschte Trend Entwicklung Gesundheitsrelevantes Verhalten: körperliche Aktivität j k Lebenserwartung in guter Gesundheit j j Ausgaben für Prävention und Gesundheitsförderung j l Gesundheitsausgaben k j Sucht-/Genussmittelkonsum: Rauchen l ~ Trendbewertung Massnahmen Der Bundesrat will die Ziele über Schwerpunktsetzungen in der laufenden Politik und beim Vollzug bestehender Instrumente (insbesondere Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenver­ sicherung 33 und zugehörige Verordnungen) erreichen. Im Rahmen des Aktionsplanes definiert er ergänzend die folgenden Massnahmen: – 7–1 Stärkung von Prävention, Gesundheitsförderung und gesundheitlicher Chancengleichheit Durch neue bundesgesetzliche Grundlagen sollen Prävention und Gesundheitsförderung in der Schweiz gestärkt werden. Die neuen gesetzlichen Grundlagen sollen einerseits die Steuerung und Koordination der Präventions- und Gesundheitsförderungsaktivitäten aller staatlicher (Bund, Kantone, Gemeinden) und privater Akteure verbessern und andererseits die bestehende bundesgesetzliche Lücke im Bereich der Prävention von nicht übertragbaren und psychischen Krankheiten schliessen. Zudem ist eine Politik zu erarbeiten, die Möglichkeiten und Massnahmen aufzeigt, mit denen die heute in der Schweiz bestehende ungleiche Verteilung der Chancen, gesund zu bleiben und ein der durchschnittlichen Lebenserwartung entsprechendes Alter zu erreichen, überwunden werden kann. 33 SR 832.10 28 Der Aktionsplan 2008–2011 – 7–2 Nationale Strategie «Bewegung, Ernährung und Gesundheit» 2008–2012 Diese hat primär zum Ziel, die zunehmende Zahl der übergewichtigen und adipösen Menschen in der Schweiz und insbesondere der Kinder zu bremsen und zu reduzieren. Dabei wird auch der Art und Weise der Produktion und des Vertriebs der Nahrungsmittel ein bedeutender Stellenwert zukommen. – 7–3 Strategie «Migration und Gesundheit», Phase 2 Längerfristiges Ziel dieser Strategie ist die Schaffung eines Gesundheitswesens, welches auf eine durch Migration veränderte Gesellschaft und deren Bedürfnisse eingeht. Um den Zugang zum Gesundheitswesen zu verbessern und um spezifische Leistungen zu erbringen, werden Massnahmen in vier definierten Interventionsbereichen umgesetzt: Bildung (Aus-, Fort- und Weiterbildung); Information, Prävention und Gesundheitsförderung; Gesundheitsversorgung; Forschung und Wissensmanagement. – 7–4 Allgemeine Sport- und Bewegungsförderung Gezielte Angebote für alle Alters- und Leistungsstufen sollen dazu beitragen, dass sich die Schweizer Bevölkerung mehr bewegt. Die Akzeptanz für die gesellschaftliche Bedeutung von Sport und Bewegung ist zu erhöhen, und die Rahmenbedingungen und Strukturen für die Sportund Bewegungsförderung sind zu verbessern. Tägliche Sport- und Bewegungsaktivitäten im Kindes- und Jugendalter sowie regelmässige Sport- und Bewegungsaktivitäten im Erwachsenen­ alter sind zu fördern. Überdies ist Sport verstärkt als Mittel zur sozialen Integration zu nutzen. – 7–5 Fairer und sicherer Sport Damit der Sport seine positiven Wirkungen für die Nachhaltige Entwicklung entfalten kann, sind dessen Schattenseiten zu bekämpfen. Ein Aktionsprogramm soll dazu beitragen, dass die Prinzi­ pien der Ethik-Charta im Sport umgesetzt und Doping wirksam bekämpft werden. Suchtprävention im und durch den Sport ist zu verstärken, und Massnahmen gegen Gewalt und sexuelle Übergriffe im Sport sind zu ergreifen. 8 – Globale Entwicklungs- und Umweltherausforderungen Herausforderungen und Ziele Die wirtschaftliche Globalisierung wird sich im Laufe des 21. Jahrhunderts fortsetzen. Die westlichen Länder und einige fortgeschrittene Entwicklungsländer entwickeln sich zu «Wissensgesellschaften», deren Wohlstand auf Wissen und dem Einsatz der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien basiert. Die Industrieproduktion wird in zunehmendem Mass in Entwicklungs- und Schwellenländer insbesondere Asiens erfolgen. Die transnationalen Unternehmen sind Motoren der wirtschaftlichen Entwicklung und wichtige Akteure im Globalisierungsprozess. Der internationale Austausch von Finanzdienstleistungen wird vermehrt an Bedeutung gewinnen. Dieser wirtschaftliche Globalisierungsprozess ist mit bedeutenden Umwelt- und Entwicklungs- bzw. Armutsherausforderungen verknüpft. Die Beanspruchung der Biokapazität der Erde durch die westlichen Länder ist weiterhin zu gross und wächst auch stark in einigen sich industrialisierenden Entwicklungs­ ländern. Schon heute werden die globalen natürlichen Ressourcen stärker genutzt, als unter der Bedingung einer Nachhaltigen Entwicklung zur Verfügung stehen. Die globalen Umweltveränderungen nehmen zu. 2005 wurde im Rahmen des «Millennium Ecosystem Assessment» festgestellt, dass ungefähr 60% der Ökosysteme, welche das Leben auf dem Planeten erst ermöglichen, degradiert oder in nicht nachhaltiger Weise genutzt werden. Der «Global Environment Outlook – GEO 4» des UNO-Umweltprogramms UNEP ist die neueste weltweite Analyse der globalen Umweltsituation und kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Die gegenwärtigen Entwicklungstendenzen deuten darauf hin, dass sich die Situation in den nächsten 50 Jahren noch erheblich verschlechtern wird. Diese Probleme können nur gelöst werden, wenn es den staatlichen und Der Aktionsplan 2008–2011 nicht-staatlichen Akteuren gelingt, ihre Handlungen zu koordinieren. Das globale Umweltsystem sollte in der Lage sein, alle anstehenden und aufkommenden globalen Umweltprobleme kohärent aufzunehmen und sie effektiv und effizient anzugehen. Es muss einen institutionellen Rahmen bieten, der den Schutz und die nachhaltige Nutzung der globalen natürlichen Ressourcen gewähr­ leistet und in einem institutionellen Gleichgewicht zu den anderen Pfeilern der Nachhaltigen Entwicklung steht. Um die ihm zugedachte Funktion auszuüben, muss die globale Umweltgouvernanz deutlich gestärkt und weiterentwickelt werden. Es bestehen viele Doppelspurigkeiten, Inkonsis­ tenzen und teils sogar Widersprüche zwischen den verschiedenen Akteuren und Konventionen, die ein wirkungsvolles Vorgehen verhindern. Zudem müssen einerseits noch bestehende Lücken im ­i nternationalen Regelwerk gefüllt werden, andererseits die vorhandenen Konventionen und Abkommen vollständig umgesetzt werden. Handlungsbedarf besteht z.B. in der Umsetzung des Übereinkommens über biologische Vielfalt (CBD – Convention on Biological Diversity). Im Bereich Chemikalien fehlt bisher eine internationale Konvention für Schwermetalle und persistente anorganische Schadstoffe. Ausserdem fehlen bisher international verbindliche Regeln für eine nachhaltige Waldnutzung. Im Bereich Wasser sollte ein internationales Forum geschaffen werden, in dem diese Thematik diskutiert und eine auf nachhaltiger Nutzung basierte Politik formuliert werden können. Das Ziel eines starken Umweltregimes ist nur erreichbar, wenn eine breitere internationale Abstützung für die Umweltthematik erreicht werden kann und angemessene Finanzmittel in die vorhandenen Fonds fliessen. Die Umweltpolitik muss ausserdem mit Fragen der Entwicklungspolitik, der Politik der humanitären Hilfe, der internationalen Sicherheitspolitik, der Migrationspolitik, der internationalen Gesundheitspolitik und der internationalen Handelspolitik koordiniert werden. Seit 1990 konnte der Anteil Menschen, die mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen müssen, von rund 28% auf 18% (2004) gesenkt werden. Zwar haben die Ungleichheiten im globalen Massstab zugenommen, doch gibt es in vielen Regionen, gerade auch in Afrika, ein ermutigendes Einkommenswachstum der armen Bevölkerung. Wegen des weiterhin grossen wirtschaftlichen Gefälles zwischen armen und reichen Ländern steigt die Zahl der potenziellen Migrantinnen und Migranten. Im Entwicklungskontext werden die Millennium-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (MDG) aus dem Jahr 2000 als Eckpunkte einer menschenrechtlich und ökologisch geprägten Entwicklungspolitik betrachtet. Die MDG verpflichteten alle Länder, ihr Engagement zu erhöhen, um die Armut zu beseitigen, die menschliche Würde und die Gleichberechtigung zu fördern sowie Frieden, Demokratie und ökologische Nachhaltigkeit zu verwirklichen. Alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen haben vereinbart, bis zum Jahr 2015 gemeinsam messbare Ziele zur Bekämpfung von Hunger, Armut, Krankheit, Analphabetismus, der Diskriminierung von Frauen und der Umweltzerstörung zu erreichen. Am UNO-Weltgipfel im Jahr 2005 wurden die Schwerpunkte der internationalen Politik in drei Handlungsfeldern erneut bestätigt: Nachhaltige Entwicklung (Millennium-Entwicklungsziele), Sicherheit (entwicklungsförderliche Sicherheitspolitik) sowie Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit. Während der Vorbereitung zu diesem Gipfel wurde klar, dass die Millennium-Entwicklungsziele nicht realisiert werden können, wenn die gegenwärtige Umweltzerstörung ungehindert fortgeführt wird. Damit wurde deutlich, dass die internationale Entwicklungspolitik und die internationale Umweltpolitik noch besser aufeinander abzustimmen sind. Insgesamt ist eine vermehrte Kohärenz und Gleichstellung der institutionellen multilateralen Pfeiler anzustreben. Entscheidend ist ein gut funktionierendes globales Regelwerk für den internationalen Handel und Kapitalverkehr, welches aber nicht allein einseitigen wirtschaftlichen Anliegen Rechnung trägt. Neben der Förderung eines diskriminierungsfreien Zugangs sind in der Welthandels­ organisation die Bemühungen für ein umweltverträgliches und die Armut linderndes Handelsystem voranzutreiben. Daneben sind die noch relativ schwachen und heterogenen internationalen institutionellen Regelwerke auf globaler Ebene in den Bereichen Umwelt (multilaterale Umweltabkommen) und Soziales aufzuwerten. Sie sind den Regelwerken im Bereich Wirtschaft gleichzustellen, welche dank den Streitschlichtungs- und Sanktionsmechanismen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) über die grösste Durchschlagskraft verfügen. 29 30 Der Aktionsplan 2008–2011 Hinweise, ob die Entwicklung nachhaltig verlaufen wird, geben unter anderen die folgenden Indikatoren 34 : Indikatoren Gewünschte Trend Entwicklung Öffentliche Entwicklungshilfe im Verhältnis zum Bruttovolkseinkommen zu Marktpreisen Anteil der bilateralen öffentlichen Entwicklungshilfe, welche in arme Länder (gemäss Definition der UNO) fliesst Öffentliche Entwicklungshilfe zur Stärkung der Handelskapazität Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe, die die internationale Umweltpolitik direkt unterstützt Fair Trade j k j l j j NN NN j j Trendbewertung NN Massnahmen Um die Ziele zu erreichen, definiert der Bundesrat im Rahmen des Aktionsplans die folgenden priori­ tären Massnahmen: – 8–1 WTO und Nachhaltige Entwicklung Die Schweiz ist bestrebt, die weitere Liberalisierung und Integration der Weltwirtschaft im Rahmen der WTO voranzutreiben und sich dabei speziell für Nachhaltigkeitsanliegen zu engagieren. In den Verhandlungen in der WTO will sich der Bundesrat einerseits für die wirtschaftliche und entwicklungsspezifische Dimension der Nachhaltigkeit einsetzen, wobei insbesondere durch den weiteren Abbau nicht nachhaltiger Subventionen sowie von Handels- und Investitionshemmnissen die ökonomische Ressourcenverwendung optimiert werden soll. Andererseits gilt es, auch die anderen Dimensionen der Nachhaltigkeit innerhalb der WTO zu stärken. Im Bereich Ökologie setzt sich der Bundesrat für die Kohärenz von handelsrelevanten Bestimmungen und internationalen Umweltabkommen, für die Sicherstellung der Konsumenteninformation mittels eines WTO-kompatiblen Öko-Labelling, für die Anerkennung ökologischer Mindeststandards durch das Handelsregime sowie für die Anwendung und die Erweiterung des Vorsorge- und Verursacherprinzips innerhalb der WTO ein. Als Massnahmen im gesellschaftlichen Bereich tritt die Schweiz in der WTO für eine Stärkung der gegenseitigen Zusammenarbeit der multilateralen Organisationen und für eine Verbesserung des Dialogs mit Nichtregierungsorganisationen ein. – 8–2 Stärkung der internationalen Umweltgouvernanz Die Schweiz setzt sich ein für die Stärkung des UNO-Umweltprogramms (UNEP) als zentraler Pfeiler des internationalen Umweltregimes, für die Umsetzung und Weiterentwicklung der von der internationalen Gemeinschaft 2002 beschlossenen Massnahmen zur Stärkung der interna­ tionalen Umweltgouvernanz, für die Unterstützung der strategischen Vision einer UNO-Umweltorganisation, sowie für die Weiterführung der Idee der Erarbeitung von globalen Umweltzielen (Global Environmental Goals GEG). Die Schweiz setzt sich für ein umfassendes internationales 34 Die Indikatoren zu dieser Schlüsselherausforderung sind als vorläufig zu betrachten. Zur Zeit der Beschlussfassung zur vorliegenden Strategie ist die globale Dimension des Indikatorensystems MONET Gegenstand eines speziellen Revisionsprojektes. Der Aktionsplan 2008–2011 Klimaregime ein, das alle wichtigen Emittenten in Pflicht nimmt. Sie engagiert sich für eine weitere Stärkung und Umsetzung der Biodiversitätskonvention und insbesondere für ein griffiges Regime über den Zugang zur Nutzung von genetischen Ressourcen sowie die faire Aufteilung der dabei anfallenden Gewinne. Weiter setzt sich die Schweiz ein für die Ausarbeitung einer Konvention für persistente anorganische Schadstoffe, sowie für die Weiterentwicklung der globalen Chemikalienstrategie und zugunsten von Partnerschaftsinitiativen zur Lösung interna­ tionaler Abfallprobleme. Sie tritt ein für eine Waldkonvention und für ein Wasserforum, für adäquate finanzielle Mittel zur Umsetzung von internationalen Umweltschutzvorhaben, für eine weitere angemessene Wiederauffüllung und Stärkung des globalen Umweltfonds als zentraler internationaler Umweltfinanzmechanismus und für die Berücksichtigung der umweltpolitischen Prioritäten in der Entwicklungspolitik. – 8–3 Angemessene Finanzierung zur Erreichung der MDG Die Schweiz setzt sich aktiv dafür ein, dass 2008 bei der Überprüfung des Finanzierungsrahmens «Financing for Development» eine angemessene internationale Finanzierung der MDG mit Einbezug aller sechs Dimensionen – entsprechend der Priorisierung der UNO – vereinbart wird: (1) eigene Finanzressourcen der Entwicklungsländer, (2) ausländische Direktinvestitionen, (3) Handel als Motor für Entwicklung, (4) internationale Entwicklungszusammenarbeit, (5) multilaterale Entschuldungsmassnahmen und (6) Verbesserung der Kohärenz und Konsistenz der globalen Finanz­a rchitektur für Entwicklung. In Bezug auf ihren eigenen Beitrag unterzieht die Schweiz ihre Beziehungen zu den Entwicklungsländen gesamthaft einer Kosten-/Nutzen- und Qualitäts­ analyse mit einem Fokus auf der Frage, wie die Globalisierung entwicklungsfördernd, armutsund ungleichheitsmindernd gestaltet werden kann. – 8–4 Mitgestaltung der multilateralen Vereinbarungen für Nachhaltige Entwicklung Die Schweiz bestimmt die Geschäftspolitik der internationalen Organisationen aktiv mit und setzt sich in ihren Gremien und Foren aktiv für Nachhaltige Entwicklung ein. Sie nimmt eine aktive Rolle im Marrakesch-Prozess für die Förderung von nachhaltigen Produktions- und Konsum­m ustern, insbesondere im Bereich nachhaltiges Beschaffungswesen, ein. Sie unterstützt darin im Sinne der Vorbeugung gezielt die Stärkung der ökologischen Aspekte der Nachhaltigen Entwicklung sowie die Anliegen der ärmsten Entwicklungsländer für eine faire Globalisierung im Einklang mit der natürlichen Umwelt. In der sozialen Dimension Nachhaltiger Entwicklung geht es dabei um die Vereinbarungen zur Deckung der Grundbedürfnisse der Ärmsten (vor allem die MDG), um die Sicherung von Arbeit und Einkommen für die arme ländliche Bevölkerung, deren Subsistenz durch die Globalisierung gefährdet ist, sowie um die Absicherung der verwundbarsten Bevölkerungsgruppen gegen Risiken wie übertragbare Krankheiten, Ressourcenverknappung (Wasser, Energie), die Folgen des Klimawandels und der Naturgefahren sowie gegen Unsicherheit und Gewalt in fragilen Staaten. Der Bund strebt eine erhöhte Akzeptanz der multilateralen Politik für Nachhaltige Entwicklung in der Schweizer Öffentlichkeit, Zivilgesellschaft und Wirtschaft an. – 8–5 Zivile Friedensförderung und Förderung der Menschenrechte Die Schweiz wirkt im Rahmen ihrer Möglichkeiten im regionalen und globalen Rahmen daran mit, gewaltlose Lösungen bestehender Konflikte zu ermöglichen. Sie leistet in ausgewählten Konflikt­ fällen, in denen die Schweiz Zugang zu den Konfliktparteien und deren Akzeptanz hat, effiziente Beiträge zur Vertrauensbildung, Vermittlung und Prävention. Die Massnahmen der Schweiz bauen auf einer systematischen Kontextanalyse auf; sie unterstützen die Schlüsselakteure darin, ihre Konflikte im Rahmen von politischen und rechtlichen Prozessen zu regeln, liefern Unterstützung bei der Überwindung struktureller Ursachen von Armut und Gewalt, beim Aufbau von Rechtsstaatlichkeit und bei der Respektierung der Menschenrechte sowie beim Wiederaufbau in Nachkriegssituationen. Die Schweiz wird zudem systematisch den menschenrechtsorientierten Ansatz in die Armutsbekämpfung integrieren, namentlich im Zugang zu Wasser, Nahrung und Gesundheitsversorgung, aber auch im Grundrecht auf Nichtdiskriminierung. 31 32 Der Aktionsplan 2008–2011 – 8–6 Abgrenzung «globale öffentliche Güter» – Entwicklungspolitik Zwischen der Entwicklungszusammenarbeit und der Agenda für die Sicherstellung «globaler öffentlicher Güter», wie z.B. Schutz vor ansteckenden Krankheiten oder Gewährleistung der inter­n ationalen Finanzmarktstabilität, bestehen Überschneidungen. Eine Entflechtung soll eine effizientere Finanzallokation und Leistungserbringung in beiden Bereichen ermöglichen sowie die Grundlage für eine Neuregelung der innen- und aussenpolitischen Zuständigkeiten der Bundes­s tellen unter den Bedingungen der Globalisierung bieten. Ein Mitwirken im «Global 25 Forum» würde zudem eine Plattform für ein internationales Engagement bieten. 3.3 Transversale Themenfelder: Herausforderungen und Massnahmen 9 – Finanzpolitik Herausforderungen und Ziele Nachhaltige Entwicklung verlangt, dass die gegenwärtigen Generationen nicht auf Kosten der zukünftigen leben. In finanzpolitischer Hinsicht gilt es dabei, eine unerwünschte Umverteilung von Wohlstand unter den Generationen zu vermeiden. Die Finanzpolitik muss für Stabilität besorgt sein und das Wirtschaftswachstum begünstigen, die Beschäftigung, die Wohlfahrt und den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern. Dies wird durch ein mittelfristig ausgeglichenes Bundesbudget, eine tiefe Verschuldungsquote sowie eine im internationalen Vergleich niedrige Staats- und Fiskalquote erreicht. Die konsequente Umsetzung der Schuldenbremse stellt sicher, dass die Defizite der Finanz­r echnungen eingedämmt werden. Diese strukturellen Defizite stellen die wichtigste Ursache der Neuverschuldung seit 1990 dar. Die Trendwende in der Schuldenwirtschaft ist geschafft. Die Verschuldungsquote ist seit 2005 rückläufig. Die Stabilisierung der Bundesschulden und damit die Senkung der Verschuldungsquote benötigen dennoch weitergehende Massnahmen. Es muss gewährleistet werden, dass die Schuldenbremse längerfristig umsetzbar bleibt, ohne dass dadurch die Budgetqualität in Frage gestellt wird. Durch Reformen und ein bewusstes Setzen von Prioritäten sind sowohl die Ausgabendynamik der Bundesausgaben gesamthaft als auch die hohen Wachstumsraten in gewissen Aufgabenbereichen zu brechen. Ferner müssen die langfristigen Her­ ausforderungen einer alternden Gesellschaft möglichst frühzeitig angegangen werden. Auf lange Sicht stellen die Kosten einer alternden Gesellschaft eine der grössten finanzpolitischen Herausforderungen dar. Die Schätzungen deuten darauf hin, dass langfristig die obligatorischen öffentlichen Sozialversicherungen ohne korrigierende Massnahmen auf der Leistungs- und/oder Finanzierungsseite gewichtige Ausgabenüberschüsse einfahren werden. Sowohl die Verschuldung der Sozialversicherungen als auch der Druck auf die Ausgaben des Bundes würden entsprechend zunehmen. Um die Nachhaltige Entwicklung zu fördern, werden finanzpolitische Instrumente auch in den Bereichen Energie, Verkehr, Emissionen und Ressourcen eingesetzt. Finanzielle Anreize sind geeignet, das Verhalten der Menschen zu beeinflussen. In der jüngeren Vergangenheit konnten zusammen mit Sektorpolitiken sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite aus Sicht der Nachhaltigkeit wichtige neue Instrumente eingeführt werden (z.B. CO 2 -Abgabe, Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe LSVA, Direktzahlungen in der Landwirtschaft). Der Aktionsplan 2008–2011 33 Hinweise, ob die Entwicklung nachhaltig verlaufen wird, geben unter anderen die folgenden Indikatoren: Indikatoren Gewünschte Trend Entwicklung Defizitquote der öffentlichen Haushalte l Fiskalquote der öffentlichen Haushalte l j Ökologisierung des Steuersystems j j Umweltbezogene Steuern j j Verschuldungsquote der öffentlichen Haushalte l j Trendbewertung Massnahmen Der Bundesrat will die Zielerreichung über folgende, primär das Haushaltsgleichgewicht betreffende Massnahme unterstützen. Für Massnahmen, die den Staatshaushalt auf der Einnahmen- und Ausgabenseite nachhaltiger ausgestalten sollen, sei auf die im Zusammenhang mit den vorangehenden Schlüsselherausforderungen erwähnten Massnahmen verwiesen. – 9–1 Entwicklungsszenarien Die Finanzpolitik muss sich vermehrt mit den Herausforderungen der Zukunft beschäftigen. Nur wenn die Weichen frühzeitig in die richtige Richtung gestellt werden, kann der Handlungsspielraum erhalten und verhindert werden, dass die Gesellschaft zu verspäteten, dafür umso massiveren Kurskorrekturen gezwungen wird. Der Bund benötigt ein Instrument, das eine lang­ fristige Optik in der Finanzpolitik ermöglicht. Mit dem Instrument «Entwicklungsszenarien» wird der Bundesrat mindestens alle vier Jahre längerfristige Entwicklungsszenarien für bestimmte Aufgabenbereiche aufstellen, die über den Zeithorizont der Finanzplanung hinausgreifen. Mit den Entwicklungsszenarien wird dem Bund ein Instrument in die Hand gegeben, das mögliche Steuerungs- und Korrekturmassnahmen aufzeigt. Die Entwicklungsszenarien dienen dazu, Entwicklungstendenzen mit ihren finanziellen Folgen in spezifischen Aufgabengebieten über den Finanzplanhorizont hinaus aufzuzeigen und Politikoptionen zu diskutieren. Dieses neue Instrument wird erstmals im Rahmen der Legislaturfinanzplanung 2007–2011 eingesetzt werden. 10 – Bildung, Forschung, Innovation Herausforderungen und Ziele Wissen und die Nutzung dieses Wissens gehören heute zu den kostbarsten Ressourcen, um Entwicklungsprozesse nachhaltig zu gestalten. Ein hohes Niveau an Kompetenzen (Fach- und Schlüssel­ kompetenzen) befähigt die Menschen, komplexe Probleme zu lösen, und es stärkt die Kreativität und Wettbewerbsfähigkeit des Landes. Wissen als Resultat von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) ist auch eine der wichtigsten Voraussetzungen zur Befähigung, Werte und Verhalten kritisch zu reflektieren, die eigene Identität zu entfalten, sich praktische Orientierung für die Lebensbewältigung anzueignen und die kulturelle und wirtschaftliche Integration zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu ermöglichen. Wissen und Fähigkeiten sind schliesslich auch wichtig, um das Verständnis der Zusammenhänge zwischen Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und natürlicher Umwelt sowie entsprechendes Handeln zu fördern. Dem lebenslangen Lernen kommt dabei eine zen- 34 Der Aktionsplan 2008–2011 trale Rolle zu. Dies wird bei der Frage eines Weiterbildungsgesetzes gemäss dem neuen Verfassungsartikel 64a zu berücksichtigen sein. Der Bundesrat stuft die BFI-Politik als prioritär ein. Dem Parlament hat er beantragt, diesem Bereich in den Jahren 2008–2011 ein jährliches mittleres Budgetwachstum von 6% zu gewähren. Die angestrebten Ziele im Bildungsbereich folgen der Leitlinie «Bildung: Nachhaltige Sicherung und Steigerung der Qualität», die angestrebten Ziele im Forschungs- und Innovationsbereich orientieren sich an der Leitlinie «Forschung und Innovation: Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und des Wachstums». Dabei soll auch dazu beigetragen werden, das Nachhaltigkeitsverständnis in allen Bereichen und auf allen Stufen der Bildung (in der formellen 35 Bildung einschliesslich der Berufsbildung, in der informellen 36 Bildung sowie in der nicht formellen 37 Bildung in einer Perspektive des lebenslangen Lernens) sowie bei der Forschung umfassend zu verankern und zu stärken. Die Qualität und die Ausrichtung des Bildungssystems – zentrale Faktoren für die Befähigung künftiger Generationen, die Ziele der Strategie Nachhaltige Entwicklung des Bundesrates effektiv umzusetzen – müssen permanent und auf allen Ebenen, vom Kindergarten bis zur Hochschule, verbessert werden. Notwendig ist dabei vor allem auch die Weiterführung des Reformprozesses in den Hochschulen, in dessen Kontext die zahlreichen Angebote in Lehre und Forschung zur Thematik der Nachhaltigen Entwicklung landesweit besser aufeinander abzustimmen und koordiniert weiterzuentwickeln sind. Darauf wird insbesondere auch bei der Erarbeitung des neuen Bundesgesetzes über die Förderung der Hochschulen und die Koordination des schweizerischen Hochschulbereichs (HFKG) zu achten sein, dessen Inkraftsetzung für 2012 vorgesehen ist. Schliesslich ist auch von Bedeutung, dass lokale Verwaltungen, der Privatsektor, die Zivilgesellschaft, die Akteure auf dem Gebiet der Weiterbildung sowie die Medien für die Rolle sensibilisiert werden, die sie für die Stärkung des Bewusstseins für die Nachhaltige Entwicklung in ihren Umfeldern, als Akteure der informellen und nicht formellen Bildung, aktiv leisten können. Hinweise, ob die Entwicklung nachhaltig verlaufen wird, geben unter anderen die folgenden Indikatoren: Indikatoren Gewünschte Trend Entwicklung Lesefähigkeit der 15-Jährigen j k Humanressourcen für Wissenschaft und Technologie j j 18–24-jährige in postobligatorischer Ausbildung j k Patentanmeldungen j j j j Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (Anteil an Bruttoinlandprodukt) 35 36 37 Trendbewertung Bildung, die in Erziehungs- und Bildungsinstitutionen praktiziert wird und mit anerkannten Qualifikationen und Diplomen abschliesst. Bildung, die von den Individuen im täglichen Leben angeeignet wird (Lernen im Betrieb, in der Familie etc.). Bildung, die ausserhalb der hauptsächlichen Unterrichts- und Bildungsstrukturen oder parallel zu diesen vermittelt wird und meist nicht zum Erwerb offizieller Diplome führt. Sie kann auch durch Institutionen vermittelt werden, die die formellen Bildungssysteme ergänzen (künstlerischer, musikalischer, sportlicher Unterricht oder private Kurse). Der Aktionsplan 2008–2011 Massnahmen Der Bundesrat will die Ziele primär über Schwerpunktsetzungen bei der Festlegung und der Umsetzung seiner BFI-Politik erreichen. Im Bereich der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) stehen die Erforschung und Früherkennung von Naturgefahren, die Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit von Materialien und Systemen sowie das Studium, die Planung und Weiterentwicklung des Ressourcenschutzes, der Ressourcen- und Energienutzung, der Infrastruktur und der Raumordnung im Vordergrund. Beim Schweizerischen Nationalfonds (SNF) sind die Grundlagenforschung (Umweltwissenschaften) und die orientierte Forschung (u.a. Nationale Forschungsschwerpunkte Klima und Nord-Süd, Nationales Forschungsprogramm 54 «Nachhaltige Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung») zu nennen. Von Bedeutung ist auch die Schweizer Beteiligung an Forschungsrahmenprogrammen der Europäischen Union zum Themenkomplex «Nachhaltigkeit, Umweltschutz, erneuerbare Energien». Im Hinblick auf die Stärkung des Engagements der einzelnen Hochschulen ist dem Gedanken der Nachhaltigen Entwicklung im Rahmen des neuen HFKG Nachdruck zu verleihen. Die Hochschulen sind aufgerufen, Forschungsaktivitäten im Bereich der Schlüsselherausforderungen und Querschnittsthemen dieser Strategie voranzutreiben. Eine wichtige Rolle misst der Bundesrat auch den Wissenschaftsakademien bei, die mit ihren Aufgaben im Bereich der Früherkennung, des Dialogs zwischen Forschung und Politik bzw. Gesellschaft, und der Ethik wichtige Beiträge für die Nachhaltige Entwicklung leisten. Die Nachhaltige Entwicklung ist eine gesetzlich festgeschriebene Querschnittaufgabe im Bereich Fachhochschulen und Berufsbildung. Die Aktivitäten der Förder­ agentur für Innovation (KTI) richten sich zudem auch am Kriterium der Nachhaltigen Entwicklung aus. Ausser den üblichen Förderaktivitäten besteht im Bereich des Wissenstransfers seit 2006 ein Konsortium für Umwelt und Energie. Dadurch wird ein Schwerpunkt auf zukunftsträchtigen Gebieten der Umwelttechnologie und des Umweltschutzes gelegt. Was schliesslich die Bildung betrifft, bietet das Bildungsmonitoring darüber hinaus die Gelegenheit, Bilanz über die vorgenommenen ­A ktivitäten zu ziehen. In Ergänzung zu diesen Massnahmen stuft der Bundesrat die folgenden Bereiche als prioritär ein: – 10–1Weiterführung der Politik zur Verankerung der Nachhaltigen Entwicklung in den Schweizer Schulen Der Bundesrat begrüsst den Massnahmenplan 2007–2014 der «Plattform Bildung für Nachhaltige Entwicklung», welche die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) und verschiedene an der Bildung für Nachhaltige Entwicklung interessierte Verwaltungseinheiten des Bundes vereinigt. Dieser Massnahmenplan zielt unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und der Zuständigkeiten von Bund und Kantonen im Bildungsbereich darauf, die Anliegen der Nachhaltigen Entwicklung im Bildungswesen zu integrieren. Er fokussiert in einer ersten Phase auf die formelle Bildung auf den obligatorischen Schulstufen und wird periodisch weiterentwickelt. – 10–2Stärkung der nicht formellen und informellen Bildung für Nachhaltige Entwicklung Zusätzlich zur formellen sind auch im Bereich der nicht formellen und der informellen Bildung Umsetzungsaktivitäten zu fördern. Der Bundesrat unterstützt die Bestrebungen der in diesem Bereich tätigen Akteure, sich untereinander vermehrt zu vernetzen und gemeinsam Umsetzungsprogramme zu entwickeln. Entsprechende Aktionen sollen im Rahmen der Dekade der Vereinten Nationen für die Bildung für Nachhaltige Entwicklung Anerkennung finden. 35 36 Der Aktionsplan 2008–2011 11 – Kultur Herausforderungen und Ziele Nachhaltige Entwicklung und kulturelle Entfaltung bedingen sich gegenseitig. Die soziale und kulturelle Entfaltung des Individuums ist ein Hauptziel menschlicher Entwicklung, Kultur die Grundlage jedes gesellschaftlichen Handelns und Seins. Kulturelle Aspekte sind deshalb im Rahmen jeglichen politischen Handelns zu beachten. Neben diesem umfassenden Einbezug setzt eine nachhaltige soziale und gesellschaftliche Entwicklung auch spezifische Förderungen und Massnahmen im Bereich des Kulturschaffens und der Kulturpflege voraus. Der Umsetzung der Kulturpolitik des Bundes kommt, unter Beachtung der Kompetenzen der Kantone, in dieser Hinsicht grosse Bedeutung zu. Sie postuliert und konkretisiert die Förderung und Vermittlung der kulturellen Vielfalt und die Ermög­ lichung des Zugangs zur Kultur für alle Bevölkerungskreise und Altersgruppen. Zentrale Ziele des Bundes sind die Förderung des kulturellen Schaffens sowie die sachgerechte Pflege des Kultur­ erbes und die Sicherstellung der entsprechenden Rahmenbedingungen. Als Teil unseres Staatsverständnisses ist die kulturelle Vielfalt in der Bundesverfassung verankert. Das Übereinkommen zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen der UNESCO, an dessen Erarbeitung die Schweiz massgeblich beteiligt war, anerkennt die kulturelle Vielfalt als grundlegenden Faktor für eine nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung. Ihre Gewährleistung ist ein wichtiges Postulat auch der schweizerischen Nachhaltigkeitspolitik. 38 Das zeitgenössische Schaffen ist diesbezüglich ebenso elementar wie die Wahrung des materiellen und immateriellen Kulturerbes. Die Kulturpolitik des Bundes muss deshalb im Rahmen der gesetzlichen wie finanziellen Möglichkeiten das vielfältige Kulturschaffen von gesamtschweizerischem Interesse, die sachgerechte Pflege des Kulturerbes und die entsprechenden Rahmenbedingungen entlang seiner Zuständigkeit fördern und sicherstellen. Hinweise, ob die Entwicklung nachhaltig verlaufen wird, geben unter anderen die folgenden Indikatoren 39 : Indikatoren Gewünschte Trend Entwicklung Trendbewertung Öffentliche Ausgaben Kulturförderung NN NN NN Öffentliche Ausgaben Kulturpflege NN NN NN Museumsbesuche/Anteil Jugendlicher NN NN NN Regelmässiger Gebrauch einer zweiten Landessprache k k NN NN Anzahl Personen mit Muttersprache einer Sprachminderheit 38 39 NN Bundesamt für Statistik (BFS), Bundesamt für Raumentwicklung (ARE), Bundesamt für Umwelt (BAFU): Monitoring der Nachhaltigen Entwicklung MONET – Schlussbericht. Neuchâtel 2003, S. 18 (Postulat 1a) Die Indikatoren zu diesem transversalen Themenfeld stellen erst eine indikative Auswahl dar und müssen im Rahmen der Umsetzung dieser Strategie erst noch festgelegt werden. Der Aktionsplan 2008–2011 Massnahmen Wegen der Bedeutung der Kultur als Grundvoraussetzung nachhaltigen Handelns unterstreicht der Bundesrat deren Bedeutung als transversales Querschnittsthema, das alle anderen Themengebiete günstig beeinflussen soll. Er will die Ziele über den sachgerechten Vollzug bestehender Instrumente erreichen, insbesondere über das Bundesgesetz über die Kulturförderung des Bundes (KFG) für die direkte Förderung der kulturellen Vielfalt und über die in Artikel 70 BV stipulierte Sprachförderung im Hinblick auf individuelle und gesellschaftliche Mehrsprachigkeit sowie den Austausch unter den verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Die Förderung der Kulturlandschaften und des baulichen Kulturerbes will der Bundesrat über das Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz erreichen. Im Rahmen des Aktionsplans definiert der Bundesrat folgende Massnahme: – 11–1Schutz und Pflege des immateriellen Kulturerbes Die Pflege des immateriellen Kulturerbes dient der kulturellen Kontinuität und der Stärkung kultureller Identitäten. Der beschleunigte gesellschaftliche Wandel, die globale Vernetzung der Kommunikation und des Handels sowie die damit einhergehenden Angleichungstendenzen lassen die zentrale Bedeutung des immateriellen Kulturerbes bei der Sozialisierung von Kindern und Jugendlichen, bei der Kommunikation zwischen den Generationen, bei der Wertevermittlung, bei der Ausformung kultureller Selbstverständnisse sowie im interkulturellen Dialog ins Bewusstsein rücken. Unter der Voraussetzung der Ratifizierung des Übereinkommens zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes der UNESCO durch das Parlament wird sich der Bundesrat für die Pflege des immateriellen Kulturerbes und für die Stärkung des Bewusstseins für dessen Bedeutung engagieren, namentlich durch das Erstellen und Führen einer Inventarliste des immateriellen Kulturerbes in der Schweiz. 37 38 4 Zuständigkeiten und Begleitmassnahmen zur Umsetzung der Strategie 4.1 Zuständigkeiten, Zusammenarbeit auf Bundesebene und Finanzierung 4.1.1 Organisation Generell gilt für die Umsetzung der Strategie, dass keine zusätzlichen Umsetzungsstrukturen vorgesehen sind. Für eine erfolgreiche Umsetzung der Strategie bedarf es dennoch einer klaren Bestimmung und Bezeichnung der Verantwortungsbereiche und der Strukturen. Die politische Verantwortung für die Strategie und den Aktionsplan trägt der Bundesrat. Neben dem ARE erfüllt der Interdepartementale Ausschuss Nachhaltige Entwicklung (IDANE) die Rolle einer Informations-, Koor­d inations- und Diskussionsplattform für sämtliche nachhaltigkeitsrelevanten Tätigkeiten und Prozesse des Bundes (inklusive die Strategie Nachhaltige Entwicklung und deren Weiterentwicklung). Den einzelnen Verwaltungseinheiten obliegt die zentrale Verantwortung für die Umsetzung der Strategie Nachhaltige Entwicklung innerhalb und ausserhalb der Bundesverwaltung. Für eine wirkungsvolle Umsetzung kommt dem Engagement der Direktionen der Verwaltungseinheiten eine hohe Bedeutung zu. Im Hinblick auf eine konsequente Umsetzung der Strategie auf Bundesebene gelten folgende Grundsätze: G1–1: Der IDANE wird beauftragt, die Zusammenarbeit unter den Verwaltungseinheiten und die Integration der Nachhaltigkeitsprinzipien in die Sektorpolitiken zu fördern. G1–2: Im IDANE sind sämtliche Verwaltungseinheiten vertreten, deren Aufgaben für die Nachhaltige Entwicklung von Bedeutung sind (siehe Liste der IDANE–Verwaltungseinheiten im Anhang 5). G1–3: Die Vertretungen im IDANE werden von den Verwaltungseinheiten selbst ernannt und sollen diese mit hoher Verbindlichkeit vertreten können. G1–4: Der IDANE wird vom ARE als für die Nachhaltige Entwicklung zuständige Fachstelle des Bundes geleitet. Das ARE führt das Sekretariat des IDANE und bereitet dessen Arbeiten vor. G1–5: Das ARE, die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), das Bundesamt für Umwelt (BAFU), das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) bilden zusammen das als Steuerungsgremium wirkende IDANE-Büro. G1–6: Das Vizepräsidium des IDANE wird alternierend von einem im IDANE-Büro vertretenen Amt übernommen. Das mit dem Vizepräsidium beauftragte Amt stellt die Schwerpunkte seines Einsatzes in einem Jahresprogramm zusammen. Die Übergabe der Vizepräsidiumsfunktion erfolgt in Absprache zwischen altem und neuem Funktionsträger. G1–7: Der IDANE regelt die organisatorischen Einzelheiten seiner Arbeitsweise. 4.1.2 Zusammenarbeit auf Bundesebene und Finanzierung Die Nachhaltige Entwicklung ist grundsätzlich nicht als Zusatzaufgabe des Bundes zu verstehen und möglichst in die ordentlichen Planungs- und Politiksteuerungsprozesse auf Ämter-, Departementsund Bundesratsstufe zu integrieren. Dabei sind die Verwaltungseinheiten aufgefordert, auf eine möglichst umfassende Nutzung von Synergien und eine optimale Abstimmung im Falle von Konflikten hinzuarbeiten. Für die Integration der Nachhaltigen Entwicklung bedarf es auch der Kenntnis der relevanten Grundsätze. Dies erfordert gezielte Weiterbildungsanstrengungen. Die Nachhaltige Entwicklung soll grundsätzlich keine Ausweitung der staatlichen Aktivität schaffen, sondern primär durch Prioritätensetzung und Umschichtung bei den bestehenden Ressourcen realisiert werden. Die Finanzierung der einzelnen Massnahmen muss über die ordentlichen Budgetverfahren gesichert werden. Zuständigkeiten und Begleitmassnahmen zur Umsetzung der Strategie Neben der Gewährleistung der Koordination unter den Bundesämtern und der Erstellung eines detaillierten Programms für die Umsetzung der Strategie stellt das ARE die Berichterstattung über den Verlauf der Umsetzung auf der Basis der Mitteilungen der Ämter zusammen. Die Informationen zu den einzelnen Massnahmen und deren Umsetzung werden im technischen Bericht zur Strategie zusammengestellt. Das ARE leitet weiter die Evaluationsarbeiten, stellt die Kommunikation der Strategie sowohl auf Bundesebene als auch mit den weiteren Akteurgruppen sicher und pflegt ­e inen Erfahrungsaustausch über die nationalen Strategien im europäischen Umfeld. In Bezug auf die Zusammenarbeit und die Finanzierung gelten folgende Grundsätze: G1–8: Jede Verwaltungseinheit ist verantwortlich für den Einbezug der für die Umsetzung der Strategie Nachhaltige Entwicklung notwendigen finanziellen Ressourcen in ihre ­F inanzplanung. Sie weisen bei Vorlagen gegenüber dem Bundesrat wie Bestimmungen auf Verordnungs-, Gesetzes- und Verfassungsstufe die erfolgte Abstimmung mit der Strategie Nachhaltige Entwicklung aus und sie berücksichtigen in ihren Planungen und in ihren internen Abläufen die Strategie Nachhaltige Entwicklung. Alle Verwaltungseinheiten fördern die Teilnahme von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an spezifischen Weiterbildungsangeboten zur Nachhaltigen Entwicklung. G1–9: Der IDANE unterstützt die verschiedenen Verwaltungseinheiten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Bereich der Nachhaltigen Entwicklung. Er unterstützt weiter das ARE bei der Zusammenstellung und Bewertung der Berichterstattung und der Evaluation der Strategie zuhanden des Bundesrates und unterbreitet die sich ergebenden Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Politik der Nachhaltigen Entwicklung dem Bundesrat. G1–10: Das ARE stellt im Sinne der Sicherstellung der Konsistenz und der Wirksamkeit der Umsetzung des Aktionsplans den Erfahrungsaustausch zwischen den einzelnen Verwaltungseinheiten sicher. An gemeinsamen Projekten im Rahmen des IDANE beteiligen sich mitinteressierte IDANE-Verwaltungseinheiten, welche die begrenzten finanziellen Mittel des ARE ergänzen. G1–11: Zum Zweck der Sensibilisierung und der Information können an den Aktivitäten des IDANE neben den offiziellen Vertretungen der einzelnen Verwaltungseinheiten weitere bei der Umsetzung der Strategie direkt oder indirekt betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesverwaltung einbezogen werden. G1–12: Der IDANE stellt gute Beispiele für die Nachhaltigkeitsintegration in den Sektorpolitiken zusammen und orientiert die Verwaltungseinheiten des Bundes sowie die Öffentlichkeit in geeigneter Form darüber. 4.2 Nachhaltigkeitsbeurteilung Im Hinblick auf eine ausgewogene Berücksichtigung der drei Zieldimensionen (siehe Leitlinie 2.2) und auf die Verbesserung der Kohärenz der Politik (siehe Leitlinie 2.4) sind eine transparente Darlegung und die Begründung der getroffenen Entscheide, die sich auf umfassende Unterlagen und eine frühzeitige Interessenabwägung abstützen müssen, sehr wichtige Anliegen des Bundesrates. Die im Rahmen der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 entwickelte Methodik der Nachhaltigkeitsbeurteilung 40 (NHB) erfüllt die Anforderungen für diese Beurteilungen. Die NHB ist eine Ex-­ ante-Beurteilungs- und Optimierungsmethode, die es ermöglicht, die sozialen, ökonomischen und ökologischen Auswirkungen von politischen Vorhaben und Geschäften des Bundes auf Strategie-, Plan- und Programmebene zu beurteilen. Sie hilft Zielkonflikte offenzulegen und erlaubt, möglichst 40 Bundesamt für Raumentwicklung (ARE): Nachhaltigkeitsbeurteilung – Rahmenkonzept und methodische Grund­ lagen. Bern 2004 39 40 Zuständigkeiten und Begleitmassnahmen zur Umsetzung der Strategie frühzeitig Verbesserungs- und Optimierungsvorschläge zu entwickeln und Varianten ins Spiel zu bringen. Im Zentrum der Methode steht die systematische Erfassung der direkten und indirekten, erwünschten und unerwünschten Wirkungen eines Vorhabens. Durch eine nachvollziehbare und inte­g rale Abschätzung bzw. Beurteilung der Wirkungen wird Transparenz geschaffen. Die NHB beinhaltet nebst der Beurteilung im engeren Sinn auch Grundsätze, die während der Beurteilung zu beachten sind (Vorgehen). Die NHB begleitet ein Vorhaben während dessen Entwicklung bis zum Schlussentscheid. Dabei kann eine NHB aus mehreren Zwischenbeurteilungen bestehen. Im Rahmen der NHB sollen die Geschäfte und Vorhaben anhand der 15 inhaltlichen Nachhaltigkeitskriterien gemäss Leitlinie 2.2, der etwas stärker ausdifferenzierten 27 Kriterien des Interdepartementalen Ausschusses Nachhaltige Entwicklung (IDANE) 41 oder von daraus abgeleiteten sektor­ spezifischen Nachhaltigkeitskriterien und -indikatoren beurteilt werden. Ausgangsbasis für deren Ableitung sind die genannten allgemeinen Kriteriensets, mit denen die sektoralen Kriteriensets kompatibel sein müssen. Die Ermittlung von Wirkungen eines Vorhabens nach einem inhaltlichen Kriterienraster wird gemäss NHB-Rahmenkonzept mit Vorgaben dazu ergänzt, wie mit Zielkonflikten umzugehen ist und wie spezifische Einzelwirkungen zu bewerten sind (gemäss dem Konzept der «sensible sustainability» bzw. der «schwachen Nachhaltigkeit plus», vgl. Leitlinie 2.2). Eine NHB ist insbesondere bei neuen bedeutsamen und nachhaltigkeitsrelevanten Vorhaben legislatorischer, planerisch-konzeptioneller oder baulicher Natur vorzunehmen. Die Nachhaltigkeitsbeurteilung weist Schnittstellen zu bestehenden oder geplanten anderen Beurteilungsinstrumenten auf. Dabei sind auf legislatorischer Ebene die Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) und bei Planungen, welche Rahmenbedingungen für der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterliegende Projekte setzen, die Strategische Umweltprüfung (SUP) zu nennen . 42 Bei Projekten im Verkehrs­ bereich sind der Leitfaden zur Bewertung von Projekten im Schienenverkehr (NIBA) und die Nachhaltigkeits-Indikatoren für Strasseninfrastrukturprojekte (NISTRA) zu nennen. Es ist zu prüfen, inwieweit Synergien zwischen den Ansätzen verstärkt genutzt oder sogar integrierte Anwendungen durchgeführt werden könnten. Das ARE unterstützt, zusammen mit den für andere strategische Prüfansätze zuständigen Bundes­ stellen, die Verwaltungseinheiten bei der Wahl der Methodik und der Instrumente und bei der Durchführung der Beurteilung. In diesem Bereich gelten folgende Grundsätze: G2–1: Die Nachhaltigkeitsbeurteilung soll zur Verringerung von Zielkonflikten und optimalen Ausnützung von Synergien zwischen den Zieldimensionen der Nachhaltigen Entwicklung bei relevanten Vorhaben angewandt werden. Insbesondere bei den im Aktionsplan enthaltenen Massnahmen ist in ihrer Erarbeitung und im Hinblick auf einen Entscheid des Bundesrates das Einhalten der Grundsätze der Nachhaltigen Entwicklung auszuweisen. Das ARE legt zusammen mit den zuständigen Verwaltungseinheiten und im Einvernehmen mit den für andere strategische Prüfansätze zuständigen Verwaltungseinheiten das Vorgehen fest. G2–2: In Bezug auf die verwendeten Beurteilungsansätze ist auf eine Vereinheitlichung der Rahmenbedingungen hinzuarbeiten. Das ARE erarbeitet und entwickelt zusammen mit den betroffenen Verwaltungseinheiten die dafür notwendigen Grundlagen weiter (z.B. sektorspezifische Kriterien und Indikatoren, themenspezifische Vertiefungen), stellt sie als Anwendungsunterstützungen zur Verfügung und orientiert die Verwaltungseinheiten des Bundes und die Öffentlichkeit in geeigneter Form darüber. 41 42 Siehe Anhang 3. Während die SUP für EU-Mitgliedstaaten gestützt auf eine entsprechende Richtlinie verbindlich ist, befindet sie sich in der Schweiz noch in Abklärung. Zuständigkeiten und Begleitmassnahmen zur Umsetzung der Strategie 4.3 Aktualisierung der Strategie, Controlling und Berichterstattung, Wirksamkeitsprüfung Der Bundesrat aktualisiert den Aktionsplan (Ziff. 3) im Rhythmus der Legislaturperioden. Die Ziffern 2 (Leitlinien) und 4 (Zuständigkeiten und Begleitmassnahmen) bleiben langfristig gültig und werden nur bei Bedarf angepasst. Mit Hilfe eines Controllings zur Umsetzung der Strategie und einer periodischen Berichterstattung wird dem Bundesrat ermöglicht, auf sich verändernde Rahmenbedingungen rechtzeitig zu reagieren. Dabei übernimmt das Monitoring der Nachhaltigen Entwicklung (MONET), zusammen mit weiteren indikatorenbasierten Hinweisen zum Stand der Nachhaltigen Entwicklung, wie z.B. dem «ökologischen Fussabdruck» 43 , eine wichtige Rolle. MONET misst und dokumentiert die aktuelle Lage und Entwicklung der Schweiz hinsichtlich der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Aspekte der Nachhaltigen Entwicklung und dient bei der nationalen Berichterstattung als Grundlage. Die Verwaltungseinheiten integrieren die Nachhaltige Entwicklung gemäss Strategie vermehrt in ihrer periodischen Berichterstattung zu einzelnen sektorpolitischen Geschäften oder Bereichen. Artikel 170 BV verlangt von der Bundesversammlung, dafür zu sorgen, dass die Massnahmen des Bundes auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Der Bundesrat will die Wirkungsorientierung der Strategie Nachhaltige Entwicklung verstärken. Zur Verbesserung der Wirkungsorientierung führt der IDANE Diskussionen über die grundsätzliche Ausgestaltung der Strategie. Eine Evaluation nach vier Jahren ermöglicht im Hinblick auf die Aktualisierung des Aktionsplans eine rückblickende Gesamtbeurteilung von Vollzug, Wirkungen und Zielerreichung. In diesem Bereich gelten folgende Grundsätze: G3–1: Für das Umsetzungscontrolling aktualisieren die federführenden Ämter jährlich die Massnahmenblätter im technischen Bericht, welcher zur Information der interessierten Akteurgruppen innerhalb und ausserhalb der Bundesverwaltung im Internet publiziert wird. G3–2: Die Strategie wird nach vier Jahren im Hinblick auf die Aktualisierung des Aktionsplans umfassend evaluiert. Über die Ergebnisse wird dem Bundesrat Bericht erstattet. Im Rahmen dieser Berichterstattung legen die Verwaltungseinheiten ebenfalls dar (siehe Ziff. 4.1.2), wie sie die Grundsätze der Strategie intern umsetzen. G3–3: Als gesamtschweizerisches Monitoring der Nachhaltigen Entwicklung dient das Indikatorensystem MONET. Dieses wird weiterentwickelt und periodisch überprüft. G3–4: Die Nachhaltige Entwicklung ist in der periodischen Berichterstattung zu einzelnen sektorpolitischen Geschäften oder Bereichen vermehrt zu berücksichtigen. 4.4 Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden Ein zentrales Anliegen des Bundesrates ist die Berücksichtigung der Grundsätze der Nachhaltigen Entwicklung auch auf der Stufe der Kantone und Gemeinden. Die vertikale Integration Bund – Kantone – Gemeinden ist ein vorrangiges Ziel, das hierfür im Rahmen der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 geschaffene «Forum Nachhaltige Entwicklung» unter der Leitung des ARE ist tatkräftig weiterzuführen. Die bundesrätliche Strategie Nachhaltige Entwicklung soll auf kantonaler und kommunaler Ebene möglichst eine stufengerechte Ergänzung erfahren. Kantone und Gemeinden sind aufgerufen, analoge Initiativen zur Strategie des Bundesrates zu ergreifen, seien dies eigene 43 Vgl. Interdepartementaler Ausschuss Nachhaltige Entwicklung (IDANE): Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 – Bilanz und Empfehlungen für die Erneuerung. Bern 2007, Kapitel 4.1 und 4.2 41 42 Zuständigkeiten und Begleitmassnahmen zur Umsetzung der Strategie Strategien zur Nachhaltigen Entwicklung, die Verwendung von Mess- und Beurteilungsinstrumenten aus der Optik der Nachhaltigen Entwicklung, institutionelle Vorkehren zur stärkeren Verankerung der Nachhaltigen Entwicklung in der Politiksteuerung oder die Integration der Nachhaltigen Entwicklung in wichtigen Politikfeldern. Grundlage sollen die Leitlinien für das Handeln im Bereich der Nachhaltigen Entwicklung gemäss Ziffer 2 bilden. Dabei ist die Nachhaltige Entwicklung grundsätzlich nicht als Zusatzaufgabe zu verstehen und möglichst in die ordentlichen Planungs- und Politiksteuerungsprozesse auf allen Stufen zu integrieren. Im Hinblick auf die Förderung der Zusammenarbeit im Bundesstaat und von Nachhaltigkeitsprozessen in Kantonen und Gemeinden orientiert sich das ARE, in Zusammenarbeit mit dem IDANE, an folgenden Grundsätzen: G4–1: Das «Forum Nachhaltige Entwicklung» ist weiterzuführen, und der Dialog zwischen Bund, Kantonen und Städten bzw. Gemeinden ist zu stärken. G4–2: Lokale Nachhaltigkeitsprozesse sind weiter zu fördern mit dem Ziel, diese verstärkt in den ordentlichen Planungs- und Politiksteuerungsprozessen zu verankern. G4–3: Kantone und Gemeinden sind bei Entwicklung und Einsatz von adäquaten Instrumenten zu Monitoring, Controlling und bei der Beurteilung der Nachhaltigen Entwicklung zu unterstützen. G4–4: Zur Motivation und Vermittlung von Anreizen sind gute Beispiele für Nachhaltigkeitsstrategien und -aktivitäten in Kantonen und Gemeinden zusammenzustellen. 4.5 Zusammenarbeit mit weiteren Akteurgruppen Der Bundesrat kann aufgrund der geltenden Kompetenzordnung nicht auf alle Bereiche einwirken. Neben Kantonen, Gemeinden und Regionen sind alle weiteren Akteure, wie der Privatsektor, Nichtregierungsorganisationen, Kirchen oder Parteien, gehalten, die Inhalte der Strategie Nachhaltige Entwicklung stufengerecht zu berücksichtigen (z.B. eigene Strategie Nachhaltige Entwicklung, Förderung der Nachhaltigkeitsberichterstattung oder -beurteilung, Dialogprozesse zu den jeweiligen Bezugsgruppen, Bildungsaktivitäten). Die im Zusammenhang mit der Erneuerung dieser Strategie eingeleitete Zusammenarbeit soll Ausgangspunkt eines Dialoges zwischen Bund, weiteren institu­ tionellen Akteuren, der Zivilgesellschaft und dem Privatsektor werden, welcher im Hinblick auf die Umsetzung der Strategie zu intensivieren ist. In Bezug auf die Zusammenarbeit mit den weiteren Akteurgruppen gilt folgender Grundsatz: G5–1: Das ARE schafft in Zusammenarbeit mit dem IDANE ein Netzwerk für den stärkeren Einbezug der weiteren Akteurgruppen in den Umsetzungsprozess der Strategie Nachhaltige Entwicklung. 4.6 Kommunikation Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung der Strategie auf nationaler, kantonaler und kommunaler Ebene ist die Transparenz der staatlichen Tätigkeit und damit eine proaktive Informationspolitik. Der Bundesrat strebt ein optimales, kohärentes Zusammenspiel der verschiedenen Kommunikationsaktivitäten mit allen Akteuren (bundesinterne und externe Dialoggruppen) an. Zuständigkeiten und Begleitmassnahmen zur Umsetzung der Strategie Zur Förderung der Kommunikation der Strategie Nachhaltige Entwicklung bei den unterschiedlichen Akteurgruppen gilt folgender Grundsatz: B6–1: Der IDANE verbessert die Kommunikation mit wichtigen Zielgruppen der Strategie. Hierfür entwickelt er ein geeignetes Vorgehen, das den Bedürfnissen der verschiedenen bundesinternen und -externen Dialoggruppen gerecht wird. 43 44 Anhang 1: Die Massnahmen des Aktionsplans 2008–2011 Schlüsselherausforderungen und transversale Themenfelder Massnahmen 1 – Klimawandel und Naturgefahren 1–1 Weiterentwicklung Klimapolitik 1–2 Schutz vor Naturgefahren 2–1 Programm EnergieSchweiz 2–2 Weiterentwicklung Energiestrategie 3–1 Raumkonzept Schweiz 3–2 Massnahmenplan «zukunftsfähige Verkehrsinfrastruktur» 3–3 Massnahmenplan «nachhaltige Mobilität» 3–4 Massnahmenplan «Verkehrssicherheit» 4–1 Integrierte Produktepolitik IPP 4–2 Nachhaltiges Bauen 4–3 Weiterentwicklung der Agrarpolitik 5–1 Wirkungsanalyse Biodiversität 5–2 Weiterentwicklung Chemikalienpolitik 6 – Sozialer Zusammenhalt, Demografie und Migration 6–1 Strategie zur Bekämpfung der Armut 6–2 Anpassung Arbeitsmarktpolitik an demografische Alterung 7 – Öffentliche Gesundheit, Sport und Bewegungsförderung 7–1 Stärkung von Prävention, Gesundheitsförderung und gesundheitlicher Chancengleichheit 7–2 Nationale Strategie «Bewegung, Ernährung und Gesundheit» 2008–2012 7–3 Strategie «Migration und Gesundheit», Phase 2 7–4 Allgemeine Sport- und Bewegungsförderung 7–5 Fairer und sicherer Sport 8–1 WTO und Nachhaltige Entwicklung 8–2 Stärkung der internationalen Umweltgouvernanz 8–3 Angemessene Finanzierung zur Erreichung der MDG 8–4 8–5 Mitgestaltung der multilateralen Vereinbarungen für Nachhaltige Entwicklung Zivile Friedensförderung und Förderung der Menschenrechte 8–6 Abgrenzung «globale öffentliche Güter» – Entwicklungspolitik 9 – Finanzpolitik 9–1 Entwicklungsszenarien 10 – Bildung, Forschung, Innovation 10–1 Weiterführung der Politik zur Verankerung der Nachhaltigen Entwicklung in den Schweizer Schulen 2 – Energie 3 – Raumentwicklung und Verkehr 4 – Wirtschaft, Produktion und Konsum 5 – Nutzung natürlicher Ressourcen 8 – Globale Entwicklungs- und Umweltherausforderungen 10–2 Stärkung der nicht formellen und informellen Bildung für Nachhaltige Entwicklung 11 – Kultur 11–1 Schutz und Pflege des immateriellen Kulturerbes 45 Anhang 2: Massnahmen der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 in ihrem Bezug zum Aktionsplan 2008–2011 Massnahme in Strategie 2002 Stand der Umsetzung gemäss Bilanz 2006 44 Bezug zu Aktionsplan 2008–2011 1. WTO und Nachhaltige Entwicklung + Massnahme wird innerhalb Schlüssel­ herausforderung 8 weitergeführt. 2. Konzept für den Service public im Infrastrukturbereich √ Da umgesetzt wird die Massnahme nicht weitergeführt. 3. Fiskalische Anreize zur Ressourcenschonung – Massnahme wird in Schlüsselheraus­ forderung 2 integriert. 4. Einführung einer Integrierten ­P roduktepolitik + Massnahme wird innerhalb Schlüssel­ herausforderung 4 weitergeführt. 5. Sensibilisierung der Bevölkerung über das Bildungswesen + Massnahme wird innerhalb des trans­ versalen Themenfeldes 10 weitergeführt. 6. Förderung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit Entwicklungsund Transitionsländern + Weiterverfolgung erfolgt im Rahmen der normalen Verwaltungstätigkeit. 7. Abdecken neuer Armutsrisiken + Massnahme wird innerhalb Schlüssel­ herausforderung 6 weitergeführt. 8. Nationales Programm «Gesundheit – Ernährung – Bewegung» (Programm AMEPA) + Massnahme wird innerhalb Schlüssel­ herausforderung 7 weitergeführt. 9. Weiterentwicklung der Energie- und Klimapolitik + Massnahme wird innerhalb der Schlüsselherausforderungen 1 und 2 weitergeführt. 10. Förderung von sauberen Fahrzeugen – Massnahme wird innerhalb Schlüssel­ herausforderung 3 (Massnahme 3–3) weiter­g eführt. 11. Anreizstrategie für Natur und Landschaft √ Massnahme wird innerhalb Schlüssel­ herausforderung 5 weitergeführt. 12. Stärkung des internationalen Umweltsystems + Massnahme wird innerhalb Schlüssel­ herausforderung 8 weitergeführt. 13. Massnahmenprogramm «Nachhaltige Raumplanung» + Massnahme wird innerhalb Schlüssel­ herausforderung 3 weitergeführt. 14. Neue Strategie Regionalpolitik + Massnahme realisiert. Weiterverfolgung erfolgt im Rahmen der normalen ­Verwaltungstätigkeit. 15. Leitbild Nachhaltige Mobilität + Auf die Erarbeitung eines eigentlichen Leitbildes wird verzichtet. Materiell wird die Massnahme innerhalb Schlüssel­ herausforderung 3 weitergeführt. 16. Stärkung des öffentlichen Verkehrs + Massnahme wird innerhalb Schlüssel­ herausforderung 3 weitergeführt. 17. Neue Strassenverkehrssicherheits­ politik + Massnahme wird innerhalb Schlüssel­ herausforderung 3 weitergeführt. 18. Mitwirkung bei der Formulierung und Umsetzung einer multilateralen Politik der Nachhaltigkeit + Massnahme wird innerhalb Schlüssel­ herausforderung 8 weitergeführt. + Massnahme wird innerhalb Schlüssel­ herausforderung 8 weitergeführt. 19. Neue Formen der Entwicklungs­ finanzierung 44 Interdepartementaler Ausschuss Nachhaltige Entwicklung (IDANE): Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 – ­B ilanz und Empfehlungen für die Erneuerung. Bern 2007 46 Anhang 2: Massnahmen der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 in ihrem Bezug zum Aktionsplan 2008–2011 Massnahme in Strategie 2002 Stand der Umsetzung gemäss Bilanz 2006 44 Bezug zu Aktionsplan 2008–2011 20. Zivile Friedensförderung, Konflikt­ prävention und Wiederaufbau + Massnahme wird innerhalb Schlüssel­ herausforderung 8 weitergeführt. 21. Monitoring Nachhaltige Entwicklung √ Massnahme wird als Begleitmassnahme zur Umsetzung der Strategie weiter­ geführt. 22. Nachhaltigkeitsbeurteilung (NHB) + Massnahme wird als Begleitmassnahme zur Umsetzung der Strategie weiter­ geführt. Legende: Massnahme √ (abgeschlossen), + (gemäss Programm), – (noch nicht gestartet) 44 Interdepartementaler Ausschuss Nachhaltige Entwicklung (IDANE): Strategie Nachhaltige Entwicklung 2002 – ­B ilanz und Empfehlungen für die Erneuerung. Bern 2007 47 Anhang 3: Beschreibung der IDANE-Kriterien der Nachhaltigen Entwicklung Umwelt U 1 Artenvielfalt Der zum Teil rasante Artenschwund, der in der Schweiz besonders ausgeprägt, aber global erfolgt, stellt eine der bedeutendsten irreversiblen Ressourcenzerstörungen dar. Seine langfristigen Konsequenzen bzw. Auswirkungen sind kaum absehbar. Einerseits stellt sich die Frage nach den Auswirkungen auf das ökologische Gleichgewicht, anderseits aber auch die Frage, welche Bedeutung diesem verlorenen Erbgut in der Zukunft als potenzielle wirtschaftliche Ressource zukäme. U 2 Klima Die befürchtete anthropogene Veränderung der globalen Klimasituation hat mannigfaltige, zum Teil gravierende Auswirkungen für die Menschen (Nahrungsmittelproduktion, Wasservorkommen, Küstenverlauf, Naturgefahren, u.a.m.). Massgebend sind immer die Auswirkungen auf die betroffenen menschlichen Lebensgemeinschaften, wobei die vergleichsweise kurzen Zeiträume dieser Veränderung einen wesentlichen Aspekt darstellen. Die Verdünnung der stratosphärischen Ozonschicht, ausgelöst durch gewisse anthropogene Stoffe wie insbesondere FCKW, wurde erst in den späten 1980er-Jahren entdeckt. Die dadurch erhöhte UVStrahlung hat negative (bis krebserregende) Wirkungen auf alle Lebewesen. Das sog. Ozonloch trat zunächst in der südlichen Polarzone auf, hat sich aber bis zu bewohnten Gebieten ausgedehnt und tritt auch vermehrt in der nördlichen Hemisphäre auf. Es handelt sich hier um eine der dramatischsten und unbestrittenen Wirkungen zivilisatorischer Aktivitäten. U 3 Emissionen Die Emissionen zivilisatorischer Aktivitäten sind vielfältiger Art. Hier angesprochen sind vor allem die Schadstoffemissionen in die Luft (Schwefel, Stickstoff, Partikel etc.), die Lärmemissionen, aber auch ionisierende und nichtionisierende Strahlung. Sie betreffen zunächst Gesundheit und Wohlbefinden des Menschen, haben aber auch vielfältige direkte und indirekte sowie kurz- und langfristige Wirkungen auf den natürlichen ­L ebensraum bzw. die Biosphäre. Emissionen werden primär als lokales/regionales Problem verstanden. Sie erhalten mit der weltweiten Verstädterung und Technisierung des Lebens auch global zunehmende Bedeutung. U 4 Landschaft, Kultur-, Naturraum Der natürliche Lebensraum ist für den Menschen sowie für Tiere und Pflanzen eine unabdingbare Lebensgrundlage. Für den Menschen hat er vielfältige direkte und indirekte Bedeutung (Gesundheit, Erholung, emotionaler Bezug etc.). Naturraum ist dabei oft auch Kulturraum und damit Element des Kulturgutes und der Identität. Tiere und Pflanzen sind im Naturraum auf ein ökologisches Gleichgewicht angewiesen, das durch die zivilisatorischen Aktivitäten in hohem Masse beeinflusst und gestört wird. Landschaft, Kultur- und Naturraum haben zunächst in den dicht besiedelten Regionen wie der Schweiz eine hohe Bedeutung. Ihre Bedeutung nimmt aber auch global ständig zu. U 5 Wasser Beim Kriterium Wasser ist zwischen den quantitativen und qualitativen Aspekten zu unterscheiden. Wasser ist Ressource und Lebensraum. Die quantitativen Wasserressourcen sind sehr ungleichmässig über die Erde verteilt. In der Schweiz stellt sich dieses Problem nur am Rande. Die qualitativen Probleme, welche durch die vielfältige Belastung der Gewässer durch zivilisatorische Aktivitäten entstehen, stehen eindeutig im Vordergrund. Sie betreffen sowohl die Dimension Ressource als auch den Lebensraum. Global gesehen gehören regionale Wasserknappheiten zu den kritischsten Problemen bis hin zur politischen Destabilisierung von Regionen. U 6 Stoffe, Organismen, Abfälle Stoffe im weitesten Sinne des Wortes sind einerseits Ressourcen, anderseits belasten sie in vielfältiger Weise die natürlichen (Stoff-)Kreisläufe, insbesondere wenn es sich um durch den Menschen qualitativ veränderte oder quantitativ angereicherte Elemente handelt oder wenn diese auf «unnatürliche» Weise in die natürlichen Kreisläufe eingebracht werden. Insbesondere ist die Frage der langfristigen Auswirkungen und der Irreversibilität oft sehr schwierig zu beantworten. Obwohl Stoffe zunächst primär lokale Probleme erzeugen, können sie auf natürlichen Wegen, aber auch durch Handel und Transport zu überregionalen und globalen Problemen führen. 48 Anhang 3: Beschreibung der IDANE-Kriterien der Nachhaltigen Entwicklung U 7 Energie Dieses Kriterium betrifft die Nutzung natürlicher Ressourcen, aber auch die Belastungen (Emissionen, Ab­ fälle), die bei der Energieproduktion und -nutzung erzeugt werden. Einerseits werden zurzeit gewisse beschränkte energetische Ressourcen ineffizient verbraucht, während nahezu unerschöpfliche Ressourcen kaum genutzt werden. Dies beruht vor allem auf verzerrten, nicht die wahren Knappheitsverhältnisse ­s piegelnden Kostenstrukturen und auf der Erzeugung erheblicher externer Kosten. Anderseits wird Energie mit Technologien erzeugt, welche bisher nicht gelöste Probleme im Stoffkreislauf produzieren (Kernenergie). Die Probleme haben sowohl ressourcen- als auch belastungsmässig primär globale Dimension. Zur Lösung müssen aber vor allem auch lokale Ansätze beitragen. U 8 Boden, Fläche, Fruchtbarkeit Bei diesem Kriterium geht es einerseits um den quantitativen Verlust an Kulturland durch eine immer aus­ gedehntere Bodennutzung für Siedlung und Verkehr in den dicht besiedelten Regionen, aber auch um qualitative Veränderungen des Kulturlandes durch verschiedene Formen der Belastung. Anderseits geht es global um den sowohl quantitativ wie auch qualitativ zunehmenden Verlust an Kulturland als wichtige Basis für die Nahrungsmittelproduktion. Hier sind mannigfaltige Ursachen im Spiel (Klima, Erosion, Übernutzung mit der Folge von Versalzung und Verdichtung etc.).. U 9 Minimierung von Umweltrisiken Das Kriterium besagt, dass die Auswirkungen von Umweltkatastrophen zu reduzieren sind und Unfallrisiken nur insoweit einzugehen sind, als sie auch beim grösstmöglichen Schadensereignis keine dauerhaften Schäden über eine Generation hinaus verursachen. Ereignisse mit zwar geringer Eintretenswahrscheinlichkeit, aber hohem Schadenpotenzial sind so gut als möglich zu verhindern. Wirtschaft W 1 BIP pro Kopf Das BIP (Bruttoinlandprodukt) ist ein Mass für die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft in einer Periode. Es entspricht dem Wert aller im Inland produzierten Güter und Dienstleistungen. Das BIP pro Kopf entspricht dem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen. Dieses wird als Indikator für den Wohlstand interpretiert. Wohlstand hat viele Dimensionen, Einkommen ist dabei eine wichtige, zumal es neben direktem materiellem Wohlstand (Konsum) auch den Zugang zu anderen Dimensionen des Wohlstands ermöglicht (Vermögen, Bildung, Gesundheit, Umweltqualität etc.). Die Berücksichtigung dieses (auch umstrittenen) Indi­ kators fusst auf der Hypothese, dass Nachhaltige Entwicklung nicht möglich ist, wenn beim BIP pro Kopf zu grosse Abstriche gemacht werden. W 2 Effiziente Infrastruktur und Dienstleistungen Qualitativ hoch stehende und effiziente Infrastrukturen und Dienstleistungen der öffentlichen Hand stiften Nutzen für die Gesellschaft und sind damit Teil der gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrt. Eine Verringerung dieses Indikators führt zu Wohlfahrtsverlust. Dieses Kriterium zielt auf die Qualität und Effizienz und nicht den Umfang der durch die öffentliche Hand angebotenen Infrastrukturen und Dienstleistungen. Es geht somit insbesondere darum, dass die vom Staat (neben der privaten Wirtschaft) für die Allgemeinheit erbrachten Leistungen in einer hohen Qualität und effizient erbracht werden. W 3 Wertvermehrende Investitionsquote Werterhaltend ist die Investitionsquote (Anteil der Bruttoinvestitionen am Bruttosozialprodukt), wenn Entwertungen des Kapitalstocks periodisch durch Ersatzinvestitionen kompensiert werden. Eine werterhaltende Investitionsquote ist notwendig, um den volkswirtschaftlichen Kapitalstock (Privatwirtschaft, öffentliche Hand) zu erhalten. W 4 Langfristig tragbare Staatsverschuldung Ein mittelfristig – über einen Konjunkturzyklus – ausgeglichenes Haushaltsbudget ist eine Voraussetzung, damit die öffentliche Hand den aufgetragenen Aufgaben nachkommen kann. Ein längerfristiges Ungleichgewicht führt zur Handlungsunfähigkeit des Staates und zu negativen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung. Anhang 3: Beschreibung der IDANE-Kriterien der Nachhaltigen Entwicklung W 5 Ressourceneffizienz Die Ressourcen (Kapital, Arbeit, Boden, Umwelt, Wissen) sind knapp. Ein effizienter Umgang mit den Ressourcen ist deshalb eine Voraussetzung für eine Nachhaltige Entwicklung. Ressourcenverschwendung behindert die Bedürfnisbefriedigung heutiger und zukünftiger Generationen. W 6 Wettbewerbsfähigkeit Die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit meint die Fähigkeit der Schweizer Wirtschaft, sich im internatio­ nalen Handel zu behaupten. Für die Schweiz als kleine offene Volkswirtschaft ist eine intakte wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit eine wichtige Voraussetzung für die langfristige Erhaltung eines angemessenen ProKopf-Einkommens und damit für die Befriedigung der legitimen Bedürfnisse der heutigen und zukünftigen Generationen. W 7 Arbeitskräftepotenzial Arbeit ist neben Kapital und Umweltressourcen der zentrale Produktionsfaktor für die Wirtschaft und damit bestimmend für die wirtschaftliche Entwicklung. Das qualitativ/quantitative Arbeitskräftepotenzial besteht aus der erwerbsfähigen Bevölkerung und deren Know-how. Der Erhalt bzw. die Steigerung des Arbeitskräftepotenzials verbessert die Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung der heutigen und zukünftigen Genera­ tionen und ist damit positiv für eine Nachhaltige Entwicklung. W 8 Innovationsfähigkeit, leistungsfähige Forschung Innovationsfähigkeit ist die Fähigkeit einer Volkswirtschaft, «Neues» zu schaffen, das zu einer verbesserten gesellschaftlichen Bedürfnisbefriedigung führt. Eine leistungsfähige Forschung und deren nutzbringende Umsetzung ist eine Voraussetzung für eine innovative und wettbewerbsfähige Wirtschaft. W 9 Ordnungspolitische Rahmenbedingungen Damit sind die in Artikel 94 der Bundesverfassung angesprochenen Rahmenbedingungen gemeint. Bund und Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für günstige Rahmenbedingungen für die private Wirtschaft. Die Rahmenbedingungen sollen so ausgestaltet werden, dass sie der Wirtschaft als Ganzes und nicht partikulären Interessen Einzelner dienen. Abweichungen vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit, insbesondere auch Massnahmen, die sich gegen den Wettbewerb richten, sind nur zulässig, wenn sie in der Verfassung vorgesehen oder durch kantonale Regalrechte begründet sind. Gesellschaft G 1 Bildung, Lernfähigkeit Bildung unterstützt die Personenwerdung, die Sozialisation und die Lernfähigkeit der Menschen und quali­ fiziert diese für den Arbeitsprozess G 2 Gesundheit, Wohlbefinden, Sicherheit, Rechtssicherheit Nach der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Gesundheit der «Zustand vollständigen körperlichen, geis­ tigen und sozialen Wohlbefindens des Menschen». Wohlbefinden geht teilweise über die Gesundheit hinaus. Es ist z.B. die Folge angenehmer Klimabedingungen in Gebäuden, «guter» Luft und Ruhe in Siedlungsräumen, gesunder Nahrungsmittel u.a.m. Dieses Wohlbefinden ist sowohl für die Lebensqualität als auch für die ­A rbeitsleistung wichtig. Das Sicherheitsbedürfnis des Menschen liegt auf sehr verschiedenen Ebenen. Es beginnt bei der Vermeidung gewaltsamer Konflikte zwischen Völkern und Völkergruppen und reicht bis hin zu Gewaltakten und anderen Verbrechen im Alltag. Es betrifft aber auch Sicherheit vor Katastrophen bis hin zur individuellen Sicherheit vor Unfällen. In der Nachhaltigen Entwicklung muss Sicherheitspolitik begriffen werden als umfassende Friedenssicherung und auch als Abwendung von Gefahren im wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Bereich. Artikel 8 der Bundesverfassung beschreibt das Prinzip der «Rechtsgleichheit» vorab in Absatz 1 mit der Aussage «alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich». Das Diskriminierungsverbot ergänzt diese Aus­s age. Rechtssicherheit setzt nach Artikel 9 den Schutz vor Willkür und die Wahrung von Treu und Glauben voraus. 49 50 Anhang 3: Beschreibung der IDANE-Kriterien der Nachhaltigen Entwicklung G 3 Freiheit, Unabhängigkeit, Individualität Neben verschiedenen «Freiheiten» im Grundrechtskatalog (wie Glaubens- und Gewissensfreiheit, Artikel 15 der Bundesverfassung etc.) deklariert Artikel 10 Absatz 2 das Recht auf «persönliche Freiheit», insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und Bewegungsfreiheit. Dies beinhaltet auch das Recht auf Unabhängigkeit und auf Individualität. Die Selbstverantwortung wird im 3. Kapitel der Bundesverfassung (Sozialziele), in Artikel 41 Absatz 1, angesprochen: staatliche Instanzen sollen nur als Ergänzung zur «persönlichen Verantwortung und zu privater Initiative» beansprucht werden. G 4 Identität, Kultur Massgebend für die persönliche Identität ist der Schutz der Würde eines jeden Menschen, wie dies in Artikel 7 der Bundesverfassung garantiert ist. Auch das Diskriminierungsverbot in Artikel 8 Absatz 2 unterstützt die unversehrte Identität jedes einzelnen Menschen. Artikel 11 lässt der Unversehrtheit von Kindern und ­J ugendlichen besonderen Schutz zukommen. Kultur ist eine wichtige Basis für das Zusammenleben in diesem Land, denn gemeinsame Werte wie Toleranz, Solidarität und die Idee der Menschenrechte sind kulturelle Errungenschaften. G 5 Werthaltung Für die Werthaltung gegenüber anderen Menschen und der Natur sind in der Präambel der Bundesverfassung für Volk und Staat Verantwortlichkeiten festgelegt worden «gegenüber der Schöpfung und gegenüber den künftigen Generationen». Auch ist der Wille ausgedrückt, in «gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung zu leben». Artikel 2 (Zweck), Absatz 3 der Bundesverfassung nennt den Einsatz des Staates zugunsten der «dauerhaften Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und einer friedlichen und gerechten internationalen Ordnung». G 6 Solidarität, Gemeinschaft In der Präambel der Bundesverfassung wird das Bestreben zur Solidarität angesprochen. Die Schweiz soll sich entsprechend dem Zweckartikel in der Bundesverfassung als solidarische Gemeinschaft verstehen, in welcher «die gemeinsame Wohlfahrt, ... der innere Zusammenhalt, und die kulturelle Vielfalt des Landes» gefördert werden (Art. 2 Abs. 2). Der soziale Zusammenhalt wird u.a. gestützt durch «die Sicherheit des Landes» (Art. 2 Abs. 1), wozu auch Gefühle der «inneren Sicherheit» beitragen. Die Gerechtigkeit wird in der Erklärung von Rio gefordert als «gerechte Partnerschaft unter den Staaten». Die Bundesverfassung erwähnt in Artikel 2 Absatz 4 den Einsatz der Schweiz für eine «... gerechte internationale Ordnung». Der zweite Titel der Bundesverfassung «Grundrechte, Bürgerrechte und Sozialziele» dient der Gewährleistung von Gerechtigkeit für alle. G 7 Offenheit, Toleranz Die Präambel der Bundesverfassung spricht die «Offenheit gegenüber der Welt» an, Artikel 2 Absatz 4 den Einsatz des Staates für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 15), das Diskriminierungsverbot nach Artikel 8 Absatz 2 und das Willkürverbot in Artikel 9 können als Voraussetzungen für eine tolerante Gesellschaft gewertet werden. G 8 Soziale Sicherheit, Armutsanteil Das System der sozialen Sicherheit in der Schweiz bezweckt den Schutz vor Risiken wie Krankheit, Invalidität, Alter, Unfall, Tod, Einkommensausfall. Ausserdem soll die Existenz jener gesichert werden, welche nicht in der Lage sind, dies autonom zu tun. Artikel 12 der Bundesverfassung spricht «das Recht auf Hilfe in Notlagen» direkt an: Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe. Die Hilfe muss ein menschenwürdiges Dasein gewährleisten. G 9 Chancengleichheit, Gleichstellung, Partizipation Nach Artikel 2 Absatz 3 der Bundesverfassung ist die Schweizerische Eidgenossenschaft gehalten, für möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern zu sorgen. Artikel 8 Absatz 3 soll die Gleichberechtigung von Mann und Frau sicherstellen. Nach Artikel 37 ist die politische Partizipation auf Bundesebene weitestgehend den Bürgerinnen und Bürgern vorbehalten. 51 Anhang 4: Legende zu den Indikatoren Gewünschte Entwicklung Trend* j Zunahme Zunahme j Positiv (in Richtung Nachhaltigkeit) l Abnahme Abnahme l Negativ (weg von der Nachhaltigkeit) k k Neutral Stabilität Trendbewertung Keine wesentliche Veränderung ~ Unregelmässig NN Aussage noch nicht möglich … Keine Aussage möglich (erst 1 Messung) NN Angabe noch nicht verfügbar * In der Regel seit 1990 (sofern genügend Datenpunkte vorhanden) Keine Aussage NN Angabe noch nicht verfügbar 52 Anhang 5: Im IDANE vertretene Verwaltungseinheiten Bundeskanzlei, BK Bundesamt für Bauten und Logistik, BBL Bundesamt für Berufsbildung und Technologie, BBT Bundesamt für Energie, BFE Bundesamt für Gesundheit, BAG Bundesamt für Kommunikation, BAKOM Bundesamt für Kultur, BAK Bundesamt für Landwirtschaft, BLW Bundesamt für Migration, BFM Bundesamt für Raumentwicklung, ARE Bundesamt für Sozialversicherung, BSV Bundesamt für Sport, BASPO Bundesamt für Statistik, BFS Bundesamt für Strassen, ASTRA Bundesamt für Umwelt, BAFU Bundesamt für Verkehr, BAV Bundesamt für Veterinärwesen, BVET Bundesamt für Wohnungswesen, BWO Bundesamt für Zivilluftfahrt, BAZL Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, DEZA Direktion für Völkerrecht, EDA-DV Eidgenössisches Büro für Konsumentenfragen, BFK Eidgenössische Finanzverwaltung, EFV Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum, IGE Generalsekretariat des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport, GS-VBS Politische Direktion, EDA-PD Sekretariat der nationalen schweizerischen UNESCO-Kommission Staatssekretariat für Bildung und Forschung, SBF Staatssekretariat für Wirtschaft, SECO