Musik an der Kanti Glarus lernen und erleben Unterlagen zur Musikgeschichte Barock, Artusi gegen Monteverdi Giovanni Artusi: Von der Unvollkommenheit der modernen Musik, 1600 Ich wurde eingeladen, einige neue Madrigale zu hören...im Hause von Antonio Goretti; dort traf ich...vortreffliche Männer, und mit ihnen hatten sich viele edle und musikalisch gebildete Geister versammelt. Die Madrigale wurden ein und noch einmal gesungen; die Machart war nicht schlecht, auch wenn sie neue Regeln, neue Mittel und neuen sprachlichen Ausdruck einführte. Aber sie sind rau und dem Ohr wenig gefällig, und sie können auch nicht anders sei, denn wenn man die guten Regeln überschreitet, die zum Teil in der Erfahrung – der Mutter aller Dinge – begründet sind, zum Teil der Natur abgelauscht und zum Teil mit Beweisführungen demonstriert, muß man annehmen, dass dann dabei Dinge herauskommen, die der Natur und der Eigentümlichkeit der eigentlichen Musik-Harmonie entartet sind und weit entfernt von der Aufgabe des Musikers zu erfreuen ... Ich streite nicht ab, dass die Entdeckung neuer Dinge nicht nur gut, sondern auch notwendig ist. Wenn du sagst, „Ich wünsche dass sie (die Dissonanzen) klar gehört werden, aber in einer Weise, dass sie das Ohr nicht verletzen“, warum verwendest du sie dann nicht in der richtigen Weise, der Vernunft gemäß in Übereinstimmung mit dem, wie viele andere Komponisten in dieser Akademie komponiert haben? Konsonanzen werden frei in den Harmonien gebraucht, aber Dissonanzen, müssen anders behandelt werden; dieser Weg wird gezeigt von Artusi in seinem (Lehrbuch)“Kunst des Kontrapunkts“, aber nicht auf die Weise, wie es die neuen Meister tun. Unsere alten Meister haben niemals gelehrt, dass Septimen uneingeschränkt und offen verwendet werden können, denn sie geben einer Komposition keinen Liebreiz. Claudio Monteverdi: Vorwort zum fünften Madrigalbuch Gelehrte Leser. Wundert Euch nicht, dass ich diese Madrigale in Druck gebe, ohne vorher auf die Einwände zu antworten, die Artusi gegen einige winzige Passagen machte, denn im Dienst des Herzogs von Mantua bin ich nicht Herr über meine Zeit, wie ich sie bisweilen brauchte. Nichtsdestoweniger habe ich diese Antwort geschrieben, um klarzustellen, dass ich meine Sachen nicht aufs Gratewohl mache, und sobald ich diese Antwort überarbeitet habe, wird sie mit dem Titel „Seconda Pratica, overo Perfettione della moderna musica“ im Druck erscheinen, über den sich womöglich einige wundern werden, wenn sie glauben, dass es keine anderer Kompositionsweise gibt als die von Zarlino gelehrte. Aber sie sollen versichert sein, dass es zu den Dissonanzen und Konsonanzen auch andere Überlegungen gibt als jene festgelegten, die, mit Ruhe betrachtet, die moderne Kompositionsweise verteidigen; und dieses habe ich Euch mitteilen wollen, zum einen, damit dieser Begriff „Seconda Pratica“ nicht irgendwann von anderen Leuten benutzt wird, zum anderen, damit auch einfallsreiche Leute sich über anderer „zweite Dinge“, den musikalischen Satz betreffend, Gedanken machen und glauben können, dass der moderne Komponist durchaus auf dem Boden der Wahrheit arbeitet.