04/2011 Das Sofa von Florence Knoll

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KLASSIKER
D as S ofa von F lorence K noll
Ein Pionier des modernen
Wohnens in USA
Als Klassiker steht das Sofa von Florence Knoll von 1954 in zahlreichen Museen. Mit seinem klaren Aufbau und seiner soliden
Ausführung hat es alle Modetrends überdauert. Und es erzählt Geschichten, die auch in die Schweiz führen.
In Amerika wird das private Wohnen in der Regel durch Interior Designer
gestaltet. Diese bringen ein Know-How in Stilkunde mit und planen
und beraten die Kunden mit ihren Farb- und Materialkenntnissen. Sie
verkaufen auch Möbel, Leuchten und Textilien. Läden für den privaten
Einrichtungsbedarf waren bis vor kurzem selten anzutreffen. Die Sprache
der Interior Designer ist die Raumstimmung. Ihren Stil entwickeln sie
meist unabhängig von der Architektur des Gebäudes.
Anders in Büros und öffentlichen Gebäuden, bei denen der Architekt
das Interieur bestimmt. Er wird zum Designer oder wählt das Mobiliar
im Stil des Hauses. Vor dem 2.Weltkrieg sind zahlreiche Architekturpioniere aus dem Umfeld des Bauhauses nach Amerika ausgewandert, wo sie ihre konsequente Moderne im Bauen und in der Lehre
umsetzen konnten.
In diesen Kreisen wuchs Florence Schust (*1917) auf. Aus einer Schweizer Einwandererfamilie stammend war sie mit zwölf Jahren Waise und
wurde von der Familie des finnischen Architekten Eliel Saarinen aufgenommen und gefördert. Sie studierte Architektur an der Cranbrook
Academy, dem kreativen Zentrum von Architektur und Design in USA.
Dort lernte sie unter anderen Mies van der Rohe, Marcel Breuer und
Charles Eames kennen. Als Innenarchitektin machte sie in New York
die Erfahrung, dass es für moderne Gebäude kein entsprechendes
Möbelangebot gab. Sie traf auf Hans Knoll, den Sohn des Stuttgarter
Möbelherstellers Walter Knoll, der in New York seit 1938 Möbel produzierte. Zusammen bauten sie die Knoll Kollektion auf mit Entwürfen
namhafter Architekten aus dem beruflichen Umfeld von Florence Schust.
Sie setzten sich auch für die Honorierung und die Namensnennung
der Entwerfer ein. 1941 kam die erste Kollektion auf den Markt. Zwei
Jahre danach heirateten sie und Florence Knoll wurde mit 26 Jahren
Leiterin der Planungsabteilung von Knoll Associates.
1946 wurde sie Mitglied der Geschäftsleitung, was ihr ermöglichte,
den Gesamtauftritt der Firma zu prägen. Sie führte das gestalterische Team und entschied persönlich über jedes Design-Objekt in der
Kollektion. In diesem Jahr begann die
Zusammenarbeit mit dem Schweizer
Grafiker Herbert Matter, der nach
Amerika ausgewandert war. Er
entwarf das Signet und gestaltete den Katalog während
zwanzig Jahren. Die Schweizer Textilgestalterin Suzanne Huguenin
war während zehn Jahren für Knoll Textilien tätig.
Als Hans Knoll 1955 bei einem Autounfall starb, war das Unternehmen
auf Erfolgskurs. Florence Knoll heiratete 1958 wieder. Florence Knoll
Basset führte die Firma bis 1965 weiter. Danach hat sich Knoll ohne die
Knolls verändert, aber auch weiter entwickelt. 2002 erhielt Florence
Knoll den Nationalen Preis «Medal of Arts».
Knoll produzierte anfänglich ausschliesslich für den Bürobereich. Sofas
brauchte man höchstens in Direktionsbüros. Mit dem Ziel, Möbel auch
nach Europa zu exportieren, wo nach dem Krieg im Zeichen des Wiederaufbaus Wohnungseinrichtung Mangelware war, wurde der Wohnbereich bei Knoll ausgebaut. In den 1950er Jahren wollte Knoll auch
mit der Produktion in Europa Fuss fassen, um die Transportwege zu
verkürzen. Mit dieser Aufgabe wurde Toby E. Rodes (*1919) betraut.
Er baute 1956 Knoll International in Stuttgart auf mit Produktionsstätten in verschiedenen Ländern. Dazu gehörte auch die Schreinerei
Röthlisberger bei Bern, welche bis 1971 Tischblätter für Knoll herstellte.
1958 verlegte Toby Rodes die Zentrale in die Schweiz nach Basel,
von wo aus er bis 1966 Knoll in Europa und Asien vertrat. In seinen
Memoiren «Einmal Amerika und zurück», in denen er ein spannendes
Stück Zeitgeschichte dokumentiert, schildert er Begegnungen und
Erfahrungen mit Knoll. Als Zeitzeuge steht das Sofa von Florence
Knoll seit 1963 in seinem Wohnraum.
Heute wird das Sofa von Florence Knoll in unveränderter Form im
Rahmen der Kollektion Knoll Studio angeboten. Das Modell wird als
Sessel oder als Sofa mit zwei oder drei Sitzen hergestellt. Ein Zweisitzer
mit Stoffbezug ist ab 8600 CHF erhältlich. Auf einem verchromten
Untergestell bilden Holzrahmen die Konstruktion von Sitz, Rücken und
Lehnen. Der Sitzrahmen ist mit einer Nosag-Federung, das heisst einer
flachen Wellen- und Schlangenfederung, ausgestattet. Die Kissen sind
aus Schaumstoffen unterschiedlicher Dichte aufgebaut und kapitoniert. Das Sofa wird mit verschiedenen
Stoff- und Lederqualitäten bezogen.
Als Klassiker hat es nicht an
Aktualität verloren und mit
seiner einfachen Form passt
es in jedes Interieur.
von Verena Huber
4/11 Raum und Wohnen
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