KLASSIKER D as S ofa von F lorence K noll Ein Pionier des modernen Wohnens in USA Als Klassiker steht das Sofa von Florence Knoll von 1954 in zahlreichen Museen. Mit seinem klaren Aufbau und seiner soliden Ausführung hat es alle Modetrends überdauert. Und es erzählt Geschichten, die auch in die Schweiz führen. In Amerika wird das private Wohnen in der Regel durch Interior Designer gestaltet. Diese bringen ein Know-How in Stilkunde mit und planen und beraten die Kunden mit ihren Farb- und Materialkenntnissen. Sie verkaufen auch Möbel, Leuchten und Textilien. Läden für den privaten Einrichtungsbedarf waren bis vor kurzem selten anzutreffen. Die Sprache der Interior Designer ist die Raumstimmung. Ihren Stil entwickeln sie meist unabhängig von der Architektur des Gebäudes. Anders in Büros und öffentlichen Gebäuden, bei denen der Architekt das Interieur bestimmt. Er wird zum Designer oder wählt das Mobiliar im Stil des Hauses. Vor dem 2.Weltkrieg sind zahlreiche Architekturpioniere aus dem Umfeld des Bauhauses nach Amerika ausgewandert, wo sie ihre konsequente Moderne im Bauen und in der Lehre umsetzen konnten. In diesen Kreisen wuchs Florence Schust (*1917) auf. Aus einer Schweizer Einwandererfamilie stammend war sie mit zwölf Jahren Waise und wurde von der Familie des finnischen Architekten Eliel Saarinen aufgenommen und gefördert. Sie studierte Architektur an der Cranbrook Academy, dem kreativen Zentrum von Architektur und Design in USA. Dort lernte sie unter anderen Mies van der Rohe, Marcel Breuer und Charles Eames kennen. Als Innenarchitektin machte sie in New York die Erfahrung, dass es für moderne Gebäude kein entsprechendes Möbelangebot gab. Sie traf auf Hans Knoll, den Sohn des Stuttgarter Möbelherstellers Walter Knoll, der in New York seit 1938 Möbel produzierte. Zusammen bauten sie die Knoll Kollektion auf mit Entwürfen namhafter Architekten aus dem beruflichen Umfeld von Florence Schust. Sie setzten sich auch für die Honorierung und die Namensnennung der Entwerfer ein. 1941 kam die erste Kollektion auf den Markt. Zwei Jahre danach heirateten sie und Florence Knoll wurde mit 26 Jahren Leiterin der Planungsabteilung von Knoll Associates. 1946 wurde sie Mitglied der Geschäftsleitung, was ihr ermöglichte, den Gesamtauftritt der Firma zu prägen. Sie führte das gestalterische Team und entschied persönlich über jedes Design-Objekt in der Kollektion. In diesem Jahr begann die Zusammenarbeit mit dem Schweizer Grafiker Herbert Matter, der nach Amerika ausgewandert war. Er entwarf das Signet und gestaltete den Katalog während zwanzig Jahren. Die Schweizer Textilgestalterin Suzanne Huguenin war während zehn Jahren für Knoll Textilien tätig. Als Hans Knoll 1955 bei einem Autounfall starb, war das Unternehmen auf Erfolgskurs. Florence Knoll heiratete 1958 wieder. Florence Knoll Basset führte die Firma bis 1965 weiter. Danach hat sich Knoll ohne die Knolls verändert, aber auch weiter entwickelt. 2002 erhielt Florence Knoll den Nationalen Preis «Medal of Arts». Knoll produzierte anfänglich ausschliesslich für den Bürobereich. Sofas brauchte man höchstens in Direktionsbüros. Mit dem Ziel, Möbel auch nach Europa zu exportieren, wo nach dem Krieg im Zeichen des Wiederaufbaus Wohnungseinrichtung Mangelware war, wurde der Wohnbereich bei Knoll ausgebaut. In den 1950er Jahren wollte Knoll auch mit der Produktion in Europa Fuss fassen, um die Transportwege zu verkürzen. Mit dieser Aufgabe wurde Toby E. Rodes (*1919) betraut. Er baute 1956 Knoll International in Stuttgart auf mit Produktionsstätten in verschiedenen Ländern. Dazu gehörte auch die Schreinerei Röthlisberger bei Bern, welche bis 1971 Tischblätter für Knoll herstellte. 1958 verlegte Toby Rodes die Zentrale in die Schweiz nach Basel, von wo aus er bis 1966 Knoll in Europa und Asien vertrat. In seinen Memoiren «Einmal Amerika und zurück», in denen er ein spannendes Stück Zeitgeschichte dokumentiert, schildert er Begegnungen und Erfahrungen mit Knoll. Als Zeitzeuge steht das Sofa von Florence Knoll seit 1963 in seinem Wohnraum. Heute wird das Sofa von Florence Knoll in unveränderter Form im Rahmen der Kollektion Knoll Studio angeboten. Das Modell wird als Sessel oder als Sofa mit zwei oder drei Sitzen hergestellt. Ein Zweisitzer mit Stoffbezug ist ab 8600 CHF erhältlich. Auf einem verchromten Untergestell bilden Holzrahmen die Konstruktion von Sitz, Rücken und Lehnen. Der Sitzrahmen ist mit einer Nosag-Federung, das heisst einer flachen Wellen- und Schlangenfederung, ausgestattet. Die Kissen sind aus Schaumstoffen unterschiedlicher Dichte aufgebaut und kapitoniert. Das Sofa wird mit verschiedenen Stoff- und Lederqualitäten bezogen. Als Klassiker hat es nicht an Aktualität verloren und mit seiner einfachen Form passt es in jedes Interieur. von Verena Huber 4/11 Raum und Wohnen 29