KuBus 57 Die erste deutsche Popakademie 00`00" BA 00`05

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KuBus 57
Die erste deutsche Popakademie
00'00" BA
00'05"
Johanna Zeul, 22, macht Musik, seit sie denken kann.
00'11"
Mit vier Jahren Klavierunterricht, mit 13 Jahren die erste Gitarre.
00'16"
Die Tochter eines Liedermachers hat eine eigene Band und gilt als das größte Talent ihrer
Heimatregion.
00'24"
Aber der große Durchbruch lässt bislang auf sich warten. Ein Schicksal, dass sie mit vielen anderen
Musikern teilt.
00'35" O-Ton Johanna Zeul
"Ich habe im Moment überhaupt kein Einkommen. So als startender Künstler verdienst du nichts.
Du musst dir ja erst mal einen Namen erspielen"
00'47" O-Ton Johanna Zeul
"Pop-Star möcht ich auch werden. Hauptsächlich.
Aber nicht Rockstar.....ähhh. nicht... nicht Popstar wie diese Pop-Sternchen, die gleich wieder als
Sternschnuppen vom Himmel runter kullern, sondern....
01'03" O-Ton Johanna Zeul
....na so, dass es halt im Gedächtnis bleibt."
01'07"
Johanna Zeul kann vielleicht schon bald geholfen werden.
01'11"
Genau an dieser Stelle wird ab Sommer nächsten Jahres in Mannheim ein Akademiegebäude
stehen.
01'17"
Die erste Popakademie Deutschlands. Johanna Zeul wird dort Pop studieren.
01'23"
Bis der Neubau allerdings steht, hat die renommierte Musikhochschule Mannheim die
Popstudenten erst einmal in ihren Mauern aufgenommen.
01'31"
An der Popakademie kann man zwei Fächer studieren: Der Studiengang Popmusikdesign richtet
sich an den künstlerisch-kreativen Nachwuchs. Wie etwa Johanna Zeul.
01'43"
Im Bereich Musikbusiness hingegen werden zukünftige Manager im Musikgeschäft ausgebildet.
01'48"
Das Konzept: beide Studiengänge werden eng miteinander verzahnt. Musiker lernen etwas übers
Geschäft, die zukünftigen Manager erhalten umgekehrt eine musikalische Grundkompetenz.
02'03"
Johanna Zeul ist eine von 57 Glücklichen, die sich unter 700 Bewerbern in einem strengen
Auswahlverfahren durchgesetzt haben.
02'12"
Neben der allgemeinen Hochschulreife waren musikalisches Können, mindestens zwei Jahre
Erfahrung in der Popbranche als auch musiktheoretisches Wissen gefragt.
02'25"
Am Ende des dreijährigen Studiums winkt der akademische Titel eines "Bachelor der Pop-Akademie
Baden-Württemberg".
02'41"
Sieht so ein Professor aus?. An einer Pop-Akademie ganz entschieden: Ja!
02'46"
Udo Dahmen, 52 Jahr alt, Dozent für Popmusikdesign und künstlerischer Leiter der PopHochschule,
02'53"
Wie will er aus Johanna Zeul einen Popstar machen? Und will er das überhaupt?
03'02" O-Ton Udo Dahmen
"Popmusik kann man lernen. Das ist die erste Aussage.
Und zwar dadurch, dass man möglichst viele kreative und möglichst viel verrückte Leute an einen
Platz bringt, sie unter Dampf hält, dadurch, dass ein strenges Kurrikulum da ist.
03'15" O-Ton Udo Dahmen
Es ist natürlich klar, dass es für Viele gilt, dass man gerne Star sein möchte, man muss aber eben
wissen, dass das sehr viele Fähigkeiten voraussetzt, vor allem aber auch sehr viele Talente.
03'26" O-Ton Udo Dahmen
Wir generieren Talent, das heißt durch unser sehr intensives Auswahlverfahren, aber eben dann
auch durch die Ausbildung und das ist sicher eins der Ziele, dass die Leute in der Lage sind, ihre
eigenen Unternehmen zu gründen, die Bands, mit denen sie arbeiten, als Unternehmen zu sehen,
und so weiter und sofort. Und deswegen sind die Anteile an Business in beiden Studiengängen sehr
sehr groß."
03'50"
Musikmarkt lautet das Zauberwort für die zukünftigen Pop-Akademiker.
03'55"
Gezielt für dessen Bedürfnisse soll ausgebildet werden.
04'00"
An der Popakademie werden sich zwei Welten begegnen: Kunst und Kommerz, Musiker und
Marktstrategen.
04'07"
Und das im gesamten Spektrum der Branche. Komponisten, Texter, Produzenten, Manager,
Musikverleger bis hin zum Konzertveranstalter werden die Akademie absolvieren.
04'20"
Folgerichtig wird das Projekt auch vom weltweit größten Musikkonzern, von Radiostationen und
Musiksendern unterstützt.
04'28"
Von allen eben, die den Musikmarkt auf Hochtouren halten.
04'33"
Die Sponsoren hoffen damit eine Lücke zu schließen: nämlich eine bisher fehlende Ausbildung für
den professionellen Nachwuchs der Popbranche in Deutschland zu schaffen.
04'42"
Und sie investieren damit in den drittgrößten Musikmarkt der Welt, der neben Milliardenumsätzen
auch noch eine Menge Arbeitsplätze schafft.
04'51"
Der Löwenanteil wird dabei mit Pop- und Rockmusik verdient.
04'58"
Ein Geschäft, das er Bestens kennt.
05'02"
Hubert Wandjo, zuständig für Musikbusiness.
05'05"
Einer der erfolgreichsten Musikmanager Deutschlands.
05'10"
Er hat mit Bruce Springsteen und Michael Jackson gearbeitet.
05'15"
Und mit Nena.
05'22"
Nena ist einer der raren Musikexportschlager Deutschlands im Popbereich.
05'27"
Ihr gelang der Sprung an die Spitz der US-Charts, auch dank Hubert Wandjo.
05'33"
Muss aber die Künstlerin Nena selbst wissen, wie Musikmarketing funktioniert? Dafür gibt es doch
Manager?
05'42" O-Ton Hubert Wandjo
"Dem ausgeliefert zu sein ist so ziemlich die schlimmste Situation, in die man geraten kann in
diesem sehr sehr schnellen Geschäft. Also schadet es nicht, wenn ein Musiker sich Gedanken
machen kann über seine eigene Vermarktung."
05'54" O-Ton Hubert Wandjo
Also es gibt erst mal grundständiges Wissen, dass muss man einfach haben, dazu gibt's einfache
Vorlesungen.
06'00" O-Ton Hubert Wandjo
Das Ganze wird dann relativ schnell aber auch verfestigt durch Projektarbeiten, wo auch Musiker
andere Musiker als zu vermarktenden Act, als Projekt haben, wo sie sich Gedanken machen
müssen über Marketingpläne."
06'20"
Nur eine deutsche Band ist derzeit international noch erfolgreicher als Nena.
06'25"
Rammstein. Sechs Millionen CDs haben die Brachialrocker außerhalb Deutschlands verkauft.
06'31"
Mit ausschließlich deutschen Song-Texten.
06'35"
Ob bei dieser Art von Musik die Texte im Ausland überhaupt eine Rolle spielen, mag dahingestellt
sein.
06'40"
An der Popakademie wird Sprache aber ganz sicher eine Thema werden.
06'57" O-Ton Hubert Wandjo
"Ob das Nena mit 99 Luftballons war, oder jetzt Rammstein, es sind eher die Exoten, die
exotischen Texte. Es war auch bezeichnend, dass Nena damals nicht mit ihrer englischen Version
Nummer Eins (ging) wurde in den USA, sondern mit der deutschen Version, obwohl man sie extra
angefertigt hat, um in den USA eventuell Erfolg zu haben.
07'14" Off:
Bei Rammstein ist es diese Urwüchsigkeit, wie sie die deutsche Sprache benutzen, ist es dann
wieder so überzeichnet, dass das Amerikaner schon wieder gut finden.
07'26" On:
Man würde als Marketingmann oft gern mal sagen: Mach du doch jetzt deutsch, das ist besser für
dich. Aber die können es dann nicht, weil mit deutschen Texten umzugehen ist was ganz anderes
als englische Plattitüden zu singen."
07'43"
In Deutschland selbst ist Rammstein durchaus umstritten.
07'47"
Ein Grund: ihr Image ist hier nicht das allerbeste.
07'51"
Immer wieder werden den Musikern rechte, neonazistische Tendenzen unterstellt.
07'56"
Genau das könnte aber auch der Grund für ihren Erfolg sein.
08'00"
Eine komplizierte Geschichte, das mit dem Image.
08'08" O-Ton Udo Dahmen
"Also Popmusik lebt ja nicht alleine von der Sprache oder von der Musik.
08'13" O-Ton Udo Dahmen
....sondern auch durch das Image, durch die Performance derjenigen, aber auch das "Behaviour",
auch "Corporate Behaviour" einer Band lebt.
08'24" O-Ton Udo Dahmen
Als authentischer Popstar muss ich mich ja ständig erfinden. Also bin ich der böse Bube, sind wir
die Lieben, sind wir die Schweigersöhne, und so weiter. Das muss klar stilisiert sein."
08'35" O-Ton Udo Dahmen
Das werden wir natürlich alles in Segmenten ausbilden, und dann in den einzelnen Personen und
den Bands zusammenführen durch sehr konkrete Maßnahmen in Projekten."
08'47"
Ein anderes Image, eine gänzlich andere Musik: Xavier Naidoo, der national erfolgreichste deutsche
Popstar der letzten Jahre.
08'57"
Mit seiner eigenständigen Mixtur aus Hip-Hop, Deutsch Rock, Soul, Reggae und Pop hat Naidoo
alle wichtigen Musikpreise abgeräumt.
09'05"
Der 32-jährige produziert und vertreibt nicht nur seine eigene Musik, er gehört auch zu den
Projektsponsoren der Pop-Akademie.
09'13"
Und er wird dort auch unterrichten.
09'33" O-Ton Xavier Naidoo
"Also ich bin ja auch erst erschrocken, als ich gehört habe: ich werde Dozent. Das hab ich in der
Zeitung gelesen
09'41" O-Ton Xavier Naidoo
Und musste mir natürlich erst mal drüber klar werden: was kannst du denn vermitteln?
09'51" O-Ton Xavier Naidoo
Ich werde schon sagen, dass ich keine Allerwelts-Einerlei-Texte hören will. Sondern ich will
wirklich von jedem hören, was in seiner Seele vorgeht.
10'09" O-Ton Xavier Naidoo
In Zeiten wie diesen, wo einem suggeriert wird, man kann in drei Monaten oder acht Wochen oder
so gut sein, dass man vor Publikum, dass man halt diesen ganzen Job da machen kann. Da muss ich
mich doch schwer wundern, denn ich glaub nicht dran. Ich glaub, dass sogar die Ausbildung, die
man hier mitkriegt, auch nicht das Endgültige ist."
10'34"
"Wir sind Helden" heißt die Newcomerband dieses Jahres in Deutschland.
10'38"
Mit einer Mischung aus elektronischer Musik, Punk und Pop.
10'41"
Das Debüt-Album schoss regelrecht auf Platz 1 der deutschen Charts.
10'47"
Ein Überraschungserfolg? Oder von langer Hand geplant und professionell in die Wege geleitet?
10'53"
Wie planbar ist der Erfolg?
10'56" O-Ton Hubert Wandjo
"Da kommt sehr, sehr Vieles zusammen.
Es ist einfach neu, es ist wie man heute sagen würde "fresh".
Es sind junge Leute, die sind glaubwürdig, die haben Charisma, die haben gute Songs. Und es wird
aufgesogen, auch von den Medien, weil das fehlte bisher in der Form.
11'10" Off:
Wenn es um Künstler geht, die diese Plattform eben nicht haben, dann ist es nur bedingt planbar.
11'15" On:
Man kann die bestmöglichen Voraussetzungen zur Verfügung stellen, aber es lässt sich nicht bis ins
letzte Eckchen durchplanen. Und Erfolg lässt sich nicht komplett durchkalkulieren."
11'30"
Die Popmusik lebt von der permanenten Erfindung neuer Trends.
11'34"
Aber wer eigentlich prägt diese Trends? Wer erfindet all die Träume und Sehnsüchte?
11'41"
Die Musikindustrie, die die Musiker so lange knebelt und presst, bis sie in den Markt passen?
11'46"
Oder etwa das Musikfernsehen, dem verführerische Bilder oft wichtiger scheinen als gute Musik?
11'53"
Oder eben doch die Musiker, die – allein gegen alle - den Groove von der Strasse in die Studios
tragen?
12'03"
Fragen, der sich auch und gerade die Popakademie an der Schnittstelle zwischen Kunst und
Kommerz stellen muss.
12'12" O-Ton Musiker
"WE WANT MONEY!"
12'14" O-Ton Udo Dahmen
"Dass Musik von der Strasse kommt, ist eigentlich eher eine Legende. Wenn sie die Karrieren vieler
bekannter Musiker verfolgen, dann werden sie feststellen, dass zum Beispiel fast alle Mitglieder der
Rolling Stones Studenten von Kunsthochschulen waren.
12'26" O-Ton Udo Dahmen
Das Negieren dieses Zusammenhangs in den Medien, denn man erzählts natürlich nicht gerne,
begründet die Legende. Es ist aber eben eine Legende. Und nicht die Wahrheit."
12'37"
Die Kunst besteht wohl darin, aus all dem Komplizierten etwas ganz, ganz einfaches zu machen.
12'42"
Was nicht ganz einfach ist.
12'45" O-Ton Johanna Zeul
"Und das ist eben auch das, was ich seltsam finde: "Wie macht man einen Hit", heißt ein
Unterrichtsfach. Da frag ich mich: gibt's da ein spezielles Rezept dafür? Nee, würde ich nicht sagen.
Weil es gibt unterschiedliche Sachen, die Hits geworden sind, und die sind nicht alle gleich
aufgebaut."
13'06"
Schön wäre es, wenn wir Johanna Zeul eines Tages wieder sehen.
13'10"
Bei MTV oder Viva vielleicht.
13'13
Als ersten Pop-Star mit akademischem Titel.
13'17'' BE
www.goethe.de/kubus
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