UKD Universitätsklinikum Düsseldorf Düsseldorfer Unser Team Kinder Onkologie Hämatologie Immunologie - News Klinik für Kinder-Onkologie, -Hämatologie und Klinische Immunologie Ihre Ansprechpartner vor Ort: Frau OÄ Dr. G. Janßen K4-Ambulanz Onkologie, Hämatologie, Palliativmedizin Tel. 0211 81-18590 Frau OÄ Dr. M. Kuhlen K4-Station Onkologie, Hämatologie, Tel. 0211 81-17662 Frau OÄ PD Dr. A. Tröger K4-Ambulanz Onkologie, Hämatologie Tel. 0211 81-18590 Herr OA PD Dr. H.-J. Laws K2-Ambulanz Immunologie, HIV, Rheumatologie, Hämostaseologie Tel. 0211 81-18297 Herr OA PD Dr. R. Meisel KMT-Station Stammzelltransplantation, Stammzellherstellung Tel. 0211 81-16185 Herr OA Dr. F. Schuster KMT-Ambulanz Stammzelltransplantation, Stammzellherstellung Tel. 0211 81-16224 Herr OA PD Dr. R. Wessalowski K4-Station Onkologie, Hämatologie, Regionale Tiefenhyperthermie Tel. 0211 81-16233 Ausgabe 4 | Juli 2012 Themen: Neue Antikörpertherapien bei Lymphomen und Leukämien in der Düsseldorfer Kinderonkologie Kinderrheumatologie im Fokus Vorwort Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, nach Jahrzehnten des Stillstandes in der Entwicklung neuer Chemotherapeutika, die insbesondere Tumorerkrankungen im Kindesalter adressieren, ist in den letzten 5 Jahren viel Bewegung in die Entwicklung neuer Medikamente gekommen. Dies liegt z.T. an geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen, die die pharmazeutische Industrie zwingt, jetzt auch die Besonderheiten von Tumorerkrankungen im Kindesalter in den Blick zu nehmen. Ich freue mich deshalb, dass Herr Dr. Friedhelm Schuster neue Antikörpertherapien bei therapierefraktären Lymphomen oder Leukämien in seinem Artikel des aktuellen Newsletter vorstellt. Die Kinderonkologie Düsseldorf gehört zu den wenigen Zentren weltweit, die an diesen innovativen Therapieentwicklungen teilnehmen. Bei einem speziellen, von Herrn Dr. Schuster beschriebenen Antikörper sind wir sogar das weltweit erste Zentrum, in dem dieser Antikörper im Rahmen einer wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit einer Münchener Firma eingesetzt werden kann. Die zum Teil verblüffend effektiven Therapieansätze, die oft weit über die der konventionellen Chemotherapie hinausgehen, haben uns selbst überrascht. In einem zweiten Beitrag beschreibt Herr Dr. Prasad Th. Oommen den kinderrheumatologischen Arbeitsbereich unserer Klinik und die vielfältigen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten, die Kindern mit der Diagnose „Rheuma“ zur Verfügung gestellt werden können. Impressum: Herausgeber: Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Kinder-Onkologie, -Hämatologie und Klinische Immunologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Moorenstraße 5, 40225 Düsseldorf Fotos: Unternehmenskommunikation UKD, OA Dr. Friedhelm Schuster, Dr. Prasad Thomas Oommen Ich bedanke mich für die kontinuierliche, seit vielen Jahren sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit und wünsche allen Kolleginnen und Kollegen, die in den bevorstehenden Wochen ihren wohlverdienten Jahresurlaub verbringen werden, gute Erholung. Mit freundlichen Grüßen Ihr Prof. Dr. A. Borkhardt Wir haben auch eine Website! www.uniklinik-duesseldorf.de/kinderonkologie Neue Antikörpertherapien bei Lymphomen und Leukämien in der Düsseldorfer Kinderonkologie K inder, die an einer Leukämie oder an einem Lymphom erkrankt sind, besitzen durch die initiale Chemotherapie exzellente Heilungschancen. Im Falle eines Rezidivs sind die Heilungschancen der Patienten auf Grund einer verminderten Sensibilität der Tumorzellen gegenüber der Chemotherapie und den häufiger auftretenden schweren Nebenwirkungen zum Teil deutlich vermindert. D eshalb werden besondere Anstrengungen unternommen, um durch neue Therapieoptionen einerseits die Heilungsrate bei diesen Patienten im Rezidiv zu erhöhen, andererseits die Nebenwirkungen in einem toleranten Bereich einzugrenzen. A ls neue und zusätzliche Therapieoptionen stehen diesen Patienten seit kurzem Antikörpertherapien zur Verfügung. Antikörper sind Eiweißstoffe, die normalerweise von den B-Zellen/Plasmazellen als Reaktion auf einen Kontakt mit fremdem Antigen gebildet werden. Die Antikörper besitzen eine spezifische Bindungsmöglichkeit und können unerwünschte Zellen oder Organismen (wie zum Beispiel Bakterien, Viren im Rahmen einer Infektion) erkennen - und mit Hilfe von Immunzellen vernichten. Mittlerweile ist es möglich, Antikörper im Labor zu generieren, die definierte Antigene erkennen und an diese spezifischen Zielstrukturen binden können. Im klinischen Einsatz befinden sich konventionelle Antikörper (mit zwei gleichen Bindungsstellen z. B. für das Leukämie-/Lymphomspezifische Antigen CD20), bispezifische Antikörper (mit zwei Bindungsstellen für verschiedene Antigene ohne FcTeil) und bispezifische trifunktionale Antikörper (wie bispezifische mit intaktem Fc-Teil) (siehe Abbildung 1). Der Vorteil der verschiedenen Antikörper liegt in der guten Tumorwirksamkeit, bei gleichzeitig recht Conventional antibody Abb. 1 geringem Nebenwirkungsprofil. Insbesondere werden die Nebenwirkungen einer Chemotherapie, die z.T. in Kombination verabreicht wird, nicht potenziert. D ie Klinik für Kinderonkologie in Düsseldorf hat seit kurzem die Möglichkeit, einen bispezifischen und einen trifunktionalen Antikörper bei der Behandlung von Leukämie- bzw. Lymphomrezidiven einzusetzen. Der bei Leukämierezidiven verwendete bispezifische Antikörper hat einerseits eine hypervariable Region, die das Antigen CD19 erkennt und damit an Leukämiezellen bindet, andererseits eine zweite Bindungsstelle für CD3, einen T-Zelloberflächenmarker. Durch die räumliche Annäherung von Tumor- und zytotoxischen Zielzellen wird eine sogenannte immunologische Synapse ausgebildet, in der aus der zytotoxischen Zelle lytische Zytokine (Perforin, Granzyme) freigesetzt werden, die zu einer Lyse der Zielzelle = Tumorzelle führen. Hierbei konnte gezeigt werden, a) dass die zytotoxischen T-Zellen aktiviert werden und proliferieren, b) dass eine zytotoxische T-Zelle mehrere Tumorzellen zerstören kann und dass c) dieser Effekt unabhängig von einer spezifischen Bindung der T-Zelle über den T-Zellrezeptor bzw. über weitere Bindungen von Co-Stimulatoren (z.B. CD28) ausgelöst wird. In den ersten klinischen Studien konnte durch eine alleinige Therapie mit dem Antikörper eine über 80% nachfolgende Remission induziert werden (Bargou et al, Lancet 2008; Topp et al. JCO 2011). Die Klinik für Kinderonkologie in Düsseldorf nimmt als eine der wenigen pädiatrischen Zentren weltweit an der Phase I/II-Studie für diesen Antikörper teil. Nach der Antikörpertherapie, die zum Teil stationär als auch ambulant verabreicht wird, ist eine Knochenmark-/Blutstammzell- Transplantation zur Erhaltung der Remission notwendig. ls erste Kinderklinik weltweit konnte unsere Klinik Erfahrungen mit dem trifunktionalen Antikörper FBTA05 bei Lymphomrezidiven oder reifen B-Zell-Leukämien im Kindesalter im Rahmen von Heilversuchen sammeln. Dieser trifunktionale bispezifische Antikörper besitzt Bindungsstellen für CD20, einem Antigen, das auf reifen Leukämie- und Lymphomzellen expremiert wird. Die zweite Bindungsstelle ist für das Antigen CD3, das, wie beschrieben, auf zytotoxischen Lymphozyten expremiert wird. Der trifunktionale Antikörper FBTA05 besitzt zusätzlich einen funktionierenden FcTeil. Bei diesem Antikörper konnten drei verschiedene Wirkungsweisen im Labor nachgewiesen/postuliert werden (siehe Abbildung 2): 1)eine direkte Lyse ausgelöst durch die räumliche Anordnung von zytotoxischen T-Zellen und Tumorzellen 2)eine antikörpervermittelte Zytoxizität (ADCC= antibody dependent cell cytoxicity) durch Bindung des Antikörpers a) an die Tumorzelle und b) über den intakten FC-Teil an „Fresszellen“ (z.B. Makrophagen, NKZellen (natürliche Killerzellen)) 3)die Generierung einer Immunantwort im Sinne von tumorspezifischen (Gedächtnis)Zellen im murinen Modell. A ufgrund dieser Daten wurden in der Kinderklinik in Düsseldorf zwei verschiedene Behandlungskonzepte mit dem Antikörper FBTA05 durchgeführt: zur Remissionsinduktion und zur Erhaltung der Remission nach Knochenmark- /Blutstammzell-Transplantation. Lysis Tumor cell Trifunctional antibody Tumor cell T-cell T D er Einsatz von Antikörpern in der Krebstherapie scheint ein neuer vielversprechender Therapieansatz zu sein. Hierzu trägt die gute antileukämische bzw. antitumorale Wirkung bei. Als weiterer großer Vorteil ist (bei den bereits mit Chemotherapien stark vorbelasteten Patienten) das geringe Nebenwirkungsprofil zu nennen. Insbesondere werden die Toxizitäten der Chemotherapien durch die (zumeist) in Kombination verabreichten Antikörpern nicht verstärkt, so dass bei Leukämien- oder Lymphomrezidiven neue Therapiechancen und damit bessere Heilungsraten möglich sein könnten. OA Dr. Friedhelm Schuster T Activation Phagocytosis Antigen presentation T-cell b. nach 7 Tagen FBTA05-Therapie / KM: < keine Blasten Macrophage/DC Molecular design Abb. 2 a. After Rituxmab treatment Access.cell b. After FBTA05 treatment Access.cell Modes of action Abb. 3 1 Examples Im ersten Fall konnte bei einem Patienten mit Rezidiv einer B-Zell-Leukämie eine hämatologische und zytogenetische Remission mit alleiniger Ak-Gabe (täglich Applikation für sieben Tage) erreicht werden (siehe Abbildung 3). Bei einem Patienten mit Burkitt-Lymphom-Rezidiv konnte eine intensivere Inflammation im MRT im Rahmen der Therapie mit dem trifunktionalen Antikörper FBTA05 im Vergleich zu dem konventionellen Antikörper Rituximab beobachtet werden (siehe Abbildung 4). Zum Erhalt der Remmission wurde der Antikörper nach Durchführung von Knochenmark-/ Blutstammzell-Ttransplantationen regelmäßig in wöchentlichen Abständen verabreicht. Diese Daten werden nun weiter wissenschaftlich ausgewertet und nach Abschluss der Evaluation der Fachwelt zur Verfügung gestellt. a. FBTA05-Therapie / KM: 98% Blasten L Bispecific antibody Tumor cell A Ab- mediated cell killing (ADCC 2) 1 Rituximab, Alemtuzumah Abbildung 1: verschiedene Antikörper im Überblick. oberste Reihe: molekulares Design, mittlere Reihe: Wirkungsweisen; untere Reihe: Beispiele für Antikörper der jeweiligen Gruppe, die sich im klinischen Einsatz befinden T-cell mediated cell killing In clinical developent 1 Ab- mediated cell killing (ADCC 2) 2 +T-cell mediated cell killing 4 +Anti-tumor-immunity In clinical developent Abbildung 3: Induktion einer hämatologischen und zytogenetischen Remission nach sieben Tagen alleiniger Antikörpertherapie mit FBTA05 (Bild rechts) bei einem Patienten mit Rezidiv einer reifen B-Zell-Leukämie im Knochenmark (KM) FBTA05 treatment induced an inflammatory response pattern at tumour site. Abb. 4 Abbildung 2: nachgewiesene/postulierte Funktionsweisen des bispezifischen trifunktionalen Antikörpers FBTA05 (CD3-CD20 Antikörper mit funktionierendem Fc-Teil) : L= Leukämiezelle, T- zytotoxische T-Zelle, DC= Dendritische Zelle= Antigenpräsentierende Zelle Abbildung 4: Nachweis einer deutlich intensiveren Inflammation bei stärkerer KM-Aufnahme (= hellere Darstellung) im MRT im Rahmen der Therapie mit dem trifunktionalen Antikörper FBTA05 (rechts) im Vergleich zu dem konventionellen Antikörper Rituximab (links) bei einem Patienten mit Manifestation eines Burkitt-Lymphom-Rezidivs an den cervicalen Lymphknoten