Agoraphobie und Panikstörung

Werbung
Agoraphobie und
Panikstörung
Referentinnen:
Bettina Roth
Katerina Anagnostakou
Seminar:
Leitung:
Verhaltenstherapie bei Angststörungen
Dipl.-Psych. Caroline Kuhn
Gliederung
 Beschreibung der Störung
 Störungstheorien und –modelle
 Behandlung von Panikanfällen
 Behandlung von Agoraphobien
 Effektivität und Probleme in der Behandlung
2
Beschreibung der Störung:
Definition der Panikstörung
F41.0 nach ICD-10
•
wesentliches Kennzeichen sind wiederkehrende schwere Angstattacken
 diese beschränken sich nicht auf eine spezifische Situation oder
besondere Umstände
 sie sind deshalb nicht vorhersehbar
•
typische Symptome:
•
sekundär bestehen meist kognitive Symptome:
Furcht zu sterben, Furcht vor Kontrollverlust oder Angst, wahnsinnig zu
werden
•
meist dauern Anfälle nur wenige Minuten
•
Häufigkeit und Verlauf sind sehr unterschiedlich
•
einer Panikattacke folgt meist ständige Furcht vor einer erneuten Attacke
plötzlicher Beginn mit Herzklopfen,
Brustschmerz, Erstickungsgefühlen,
Schwindel und Entfremdungsgefühlen
3
Diagnostische Leitlinien
•
Tritt eine Panikattacke in einer eindeutig phobischen Situation auf, wird sie
in der vorliegenden Klassifikation als Ausdruck des Schweregrades einer
Phobie gewertet, der diagnostisch Priorität eingeräumt wird. Eine
Panikstörung soll nur bei Fehlen der unter F40 genannten Phobien
diagnostiziert werden.
•
Eine eindeutige Diagnose ist nur bei mehreren schweren vegetativen
Angstanfällen zu stellen, die innerhalb eines Zeitraums von etwa 1 Monat
aufgetreten sind,
(1)
(2)
(3)
in Situationen, in denen keine objektive Gefahr besteht;
wenn die Angstanfälle nicht auf bekannte oder vorhersagbare
Situationen begrenzt sind;
zwischen den Attacken müssen weitgehend angstfreie
Zeiträume liegen (Erwartungsangst ist jedoch häufig).
4
Beschreibung der Störung:
Definition der Agoraphobie
F40.0 nach ICD-10
•
Agoraphobie beschreibt eine Gruppe zusammenhängender und sich
überschneidender Phobien, beispielsweise

Angst das eigene Haus zu verlassen, Geschäfte zu betreten, sich in
eine Menschenmenge oder auf öffentliche Plätze zu begeben oder
alleine in Zügen, Bussen, Flugzeugen zu reisen
•
Fehlen eines „Fluchtwegs“ als eines der Schlüsselsymptome
5
Diagnostische Leitlinien
Für eine eindeutige Diagnose müssen alle folgenden Kriterien erfüllt sein:
(1)
(2)
(3)
Die psychischen oder vegetativen Symptome müssen primäre
Manifestationen der Angst sein und nicht auf anderen Symptomen wie
Wahn- oder Zwangsgedanken beruhen.
Die Angst muss in mindestens 2 der folgenden umschriebenen
Situationen auftreten: in Menschenmengen, auf öffentlichen
Plätzen, bei Reisen mit weiter Entfernung von Zuhause oder bei Reisen
alleine.
Vermeidung der phobischen Situation muss ein entscheidendes
Symptom sein oder gewesen sein.
Das Vorliegen oder Fehlen einer Panikstörung bei der Mehrzahl der4
agoraphobischen Situationen kann mit der fünften Stelle angegeben werden:
F40.00
F40.01
ohne Angabe einer Panikstörung
mit Panikstörung
6
Beschreibung der Störung:
Epidemiologische Daten
•
Isolierte Panikanfälle:

treten bei ca. 15-30 % der Allgemeinbevölkerung mindestens
einmal im Leben auf
Panikstörung
Agoraphobie
Lebenszeitprävalenz
3%
5%
Geschlechterverteilung (w:m)
2:1
3-4:1
Beginn der Störung
im jungen Erwachsenenalter (zwischen 20 und
30 Jahren);
die Erstmanifestation vor der Pubertät oder
nach dem 40. Lebensjahr ist selten
7
Beschreibung der Störung:
Verlauf und Prognose
•
der Verlauf der Störungen ist ungünstig:

nur 14,5 % zeigen nach 7 Jahren eine Spontanremission
(Wittchen, 1991)
•
Komorbidität (Wittchen, 1991):

affektive Störung 71,4 %

Medikamentenabusus
28,6 %

Alkoholabusus
50 %

lediglich 14,2 % wiesen keine Komorbidität auf
•
weitere Folgeprobleme:

starke psychosoziale Beeinträchtigungen

starkes Inanspruchnahme des Gesundheitssystems
•
kurz vor Beginn der Panikstörung wurden gehäuft schwerwiegende
Lebensereignisse festgestellt (bei ca. 80% der Patienten)
•
Risikofaktoren:

Geschlecht, Lebensalter, Lebensereignisse, Familienstand
8
Beschreibung der Störung:
Differentialdiagnostische Aspekte
•
wichtig für die Einordnung von Panikanfällen und phobischen Ängsten ist
der Kontext, in dem sie auftreten
•
Panikanfälle auch im Rahmen von Sozialphobien, spezifischen Phobien,
Zwangssyndromen, PTBS
•
Abgrenzung ist durch die zentrale Befürchtung während des Anfalls möglich
 bei Panikstörung / Agoraphobie also: Furcht vor einer körperlichen /
geistigen Katastrophe
9
Gliederung
 Beschreibung der Störung
 Störungstheorien und –modelle
 Behandlung von Panikanfällen
 Behandlung von Agoraphobien
 Effektivität und Probleme in der Behandlung
10
Störungstheorien und –modelle
a.
Das psychophysiologische Modell der Panikstörung
b.
Entstehung der Agoraphobie
11
Störungstheorien und –modelle
a.
Das psychophysiologische Modell der Panikstörung
b.
Entstehung der Agoraphobie
12
Störungstheorien und –modelle
Das psychophysiologische Modell der Panikstörung
Psychophysiologischer Teufelskreis:
•
Panikanfall beginnt mit einer physiologischen oder psychischen
Veränderung
•
Veränderung muss wahrgenommen und mit Gefahr assoziiert werden
•
Reaktion auf die wahrgenommene Bedrohung: Angst / Panik
•
diese führt zu weiteren physiologischen Veränderungen:
körperliche und/oder kognitive Symptomen
•
werden diese Symptome wiederum wahrgenommen und mit Gefahr
assoziiert, kommt es zur Steigerung der Angst
13
Reduktion der Angst:
•
Beenden des Panikanfalls möglich auf 2 Arten:

wahrgenommene Verfügbarkeit von Bewältigungsmöglichkeiten

automatisch einsetzende negative Rückkopplungsprozesse
Einflussgrößen auf den Aufschaukelungsprozess:
•
kurzfristig wirken psychische und physiologische Zustände und
momentane situative Faktoren
•
längerfristig wirken relativ überdauernde situative Faktoren und
individuelle Prädispositionen einer Person
14
Störungstheorien und –modelle
a.
Das psychophysiologische Modell der Panikstörung
b.
Entstehung der Agoraphobie
15
Störungstheorien und –modelle
Entstehung der Agoraphobie
Zwei-Faktoren-Theorie (Mowrer)
• klassische und operante Konditionierung
• Annahme: Bei Phobien werden ursprünglich neutrale Reize
aufgrund traumatischer Ereignisse mit einem
Angstzustand assoziiert (klassische Konditionierung)
und die darauf folgende Vermeidung der Reize durch
den Abbau des unangenehmen Zustandes verstärkt
(operante Konditionierung).
• als Erklärung für klinische Phobien nicht ausreichend
• Grundlage der Konfrontationstherapie
16
„Einfache“ vs. „komplexe“ Agoraphobie (Goldstein und Chambless)
• „einfache“ Agoraphobie:
• „komplexe“ Agoraphobie:
Patienten fürchten die phobische
Situation an sich
Patienten fürchten die Konsequenzen
der Angst („Angst vor der Angst“)
 heute als zentrale Annahme für das Verständnis des
Zusammenhangs von Panikanfällen und Agoraphobien
17
Gliederung
 Beschreibung der Störung
 Störungstheorien und –modelle
 Behandlung von Panikanfällen
 Behandlung von Agoraphobien
 Effektivität und Probleme in der Behandlung
18
Behandlung von Panikanfällen
Behandlungsinhalte:
• Konfrontation mit internen Reizen
• Vermittlung von Bewältigungsstrategien
• kognitive Methoden
19
kognitiv-verhaltenstherapeutisches
Behandlungsprogramm (Margraf, Schneider)
• 15 Sitzungen, je 50 Minuten
• nur Einzeltherapien
• Aufnahme auf Tonband  Bearbeitung von Fragen/ Zweifel in der
folgenden Sitzung
• Therapiekomponente: Informationsvermittlung, kognitive Therapie,
Konfrontation mit angstauslösenden Reizen
• Grundprinzipien:
– Reduktion der Angst
– Vermittlung von Fertigkeiten und Strategien, die selbständig
einsetzbar sind
– Vermittlung eines glaubwürdigen Erklärungsmodells
20
Erklärungsmodelle
•
•
•
•
Wirksamkeit und Akzeptanz der therapeutischen Maßnahmen
Generalisierung des Therapieerfolgs
Prophylaxe von Rückfällen
Bereitstellung einer Alternative zu der Befürchtung, an einer
(unerkannten) schweren körperlichen oder psychischen Krankheit
zu leiden
• Erhöhung der Motivation
21
Der „Teufelkreis“ bei Angstanfällen
(äußere Reize)
körperliche
Empfindungen
Wahrnehmung
Gedanken
(„Gefahr“)
physiologische
Veränderungen
„Angst“
(sichtbares Verhalten)
22
Individualisierung des „Teufelkreises“
•plötzliche Erinnerung
mulmiges
Gefühl
•Starke Empfindungen
•Fremdheitsgefühle
•Was ist passiert?
•Ich bin merkwürdig
•Angst, verrückt zu
werden
Hormonausschüttung
Schreck
Angst
23
mögliche Probleme
• mangelnde Auseinandersetzung mit dem physiologischen
Erklärungsmodell
• Patienten „überreden“ statt „überzeugen“
• „therapeutischer“ Overkill
24
Korrektur der Fehlinterpretation körperlicher
Symptome
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Identifikation der Fehlinterpretation
Einschätzung des Ausmaßes, in dem die Patienten davon
überzeugt sind
Sammeln aller Daten, die dafür sprechen
Sammeln aller Daten, die dagegen sprechen
Erstellen einer alternativen Erklärung
Sammeln aller Daten, die für die alternative Erklärung sprechen
Überzeugungsrating für die Fehlinterpretation
Überzeugungsrating für die alternative Erklärung
25
praktische Tipps
•
•
•
•
•
geleitetes Entdecken
Immer wieder die Seite des Patienten aufgreifen
jegliche Fragen/ Zweifel aktiv ermutigen
Entscheidungskonflikte aufbauen
Geduld
26
Verhaltensexperimente
• Überprüfung der Fehlinterpretationen des Patienten und der
Erklärungsalternativen im Hinblick auf ihren Wahrheitsgehalt
• Konfrontation mit den gefürchteten Symptomen
27
Rückfallprophylaxe
• Betonung des Aspektes des Lernens von Fähigkeiten
• Erläuterung des Unterschiedes zwischen Rückschlägen und
vollständigen Rückfällen
• Generalisierung der Therapieinhalte
• eigene Entscheidungen/ Eigenverantwortung in der
Therapieplanung
• Selbstverstärkung der Patienten
• gemeinsam mit dem Patienten alle früheren Fehlinterpretationen
durchgehen
28
Gliederung
 Beschreibung der Störung
 Störungstheorien und –modelle
 Behandlung von Panikanfällen
 Behandlung von Agoraphobien
 Effektivität und Probleme in der Behandlung
29
Behandlung von Agoraphobien
• Konfrontation in vivo bei phobischem Vermeidungsverhalten
• unterschiedliche Vorgehensweisen
– graduelles Vorgehen
– Reizüberflutung
30
Vorbereitung auf die Konfrontation
•
•
•
•
•
Vermittlung des Erklärungsmodells
Absetzen von Medikamenten
keine Unterstützung von Fluchttendenzen
Verbot von Sicherheitssignalen
Einräumen von Bedenkzeit
31
massierte Reizkonfrontation
• 5-10 aufeinanderfolgende Tage
• individuelle Anpassung der Übungen
• Beginn mit stark auslösenden, aber therapeutisch gut
kontrollierbaren Situationen
• genügend Zeit für die einzelnen Übungen
• Ziel: deutlicher Angstanstieg und –abfall in der Situation
• Verstärkung für das Ertragen der Angst
• Ausschalten möglicher Störquellen
32
Abschluss der Therapie
• soweit kein Flucht-/ Vermeidungsverhalten des Patienten sucht der
Patient allein phobische Situationen auf
• Einsatz der erarbeiteten Fertigkeiten zur Vorbeugung von
Rückfällen
33
Gliederung
 Beschreibung der Störung
 Störungstheorien und –modelle
 Behandlung von Panikanfällen
 Behandlung von Agoraphobien
 Effektivität und Probleme in der Behandlung
34
Effektivität der Agoraphobiebehandlung
• massierte Konfrontation: konsistent sehr starke Wirkungen auf die
Hauptsymptomatik, individuell definierte Zielsymptome, allgemeines
Wohlbefinden, Arbeit und Freizeit
• weniger positive Symptome auf Persönlichkeitsmaße oder
Symptome anderer Störungen
• keine bedeutsamen Verschlechterungen!!!
• „Symptomverschiebung“ nicht häufiger als in der
Allgemeinbevölkerung
• bessere und umfassendere Wirkungen der massierten Konfrontation
als die der graduierten Konfrontation oder der systematischen
Desensibilisierung
• stabile Erfolge über lange Zeiträume
• seltene Rückfälle
35
Effektivität der Panikbehandlung
• deutliche und stabile Verbesserungen oder vollständige
Remissionen
• langfristig völlige Beseitigung der Panikanfälle
• Überlegenheit von kognitiv- behavioralen Programmen und der
Methode der Reizüberflutung gegenüber der progressiven
Muskelrelaxation und der Pharmakotherapie
36
Probleme bei der Durchführung
Akzeptanz von Seiten der Patienten
• Ablehnungsquote geringer beim graduellen Vorgehen
• Abhängig von der Vorbereitung des Patienten auf die Konfrontation
37
Literatur
• Schneider, S. & Margraf, J. (1998). Agoraphobie und Panikstörung.
Hogrefe.
• Brunnhuber, S,. Frauenknecht, S. & Lieb, K. (2005). Intensivkurs
Psychiatire und Psychotherapie. Urban & Fischer Verlag.
38
Danke für eure Aufmerksamkeit!
39
Herunterladen