15 A 1.2 Indikationsstellung 1.2 Indikationsstellung 1.2 Indikationsstellung Ludger Staib 1.2.1 Grundlagen 왘 Definition. Unter einer Indikation versteht man einen Krankheitszustand, der 1.2.1 Grundlagen 왗 Definition eine medizinische Maßnahme rechtfertigt oder erfordert. (Dagegen verbietet sich beim Vorliegen einer Kontraindikation eine solche Maßnahme.) 왘 Merke. Eine Indikation muss immer durch einen Arzt gestellt werden. In chirurgischen Kliniken hat es sich bewährt, die Patienten, bei denen eine Operation geplant ist, im Rahmen einer Indikationsbesprechung nach einem definierten Standard (Krankengeschichte, Bildgebung, Risikoprofil) vorzustellen und zu diskutieren. Der behandelnde Arzt muss sich bei jeder medizinischen Maßnahme (Blutabnahme, Röntgen, Endoskopie, Operation, Chemotherapie) über die Indikation im Klaren sein, sie dem Patienten erklären und dies auch dokumentieren (S. 21). 왘 Merke. Bei allen Maßnahmen müssen Risiko und Aufwand im Vergleich zu Es muss genau definiert sein, um welchen Krankheitszustand und um welche Maßnahme es sich handelt. 왗 Merke Der behandelnde Arzt muss sich bei jeder medizinischen Maßnahme (Blutabnahme, Röntgen, Endoskopie, Operation, Chemotherapie) über die Indikation im Klaren sein, sie dem Patienten erklären und dies auch dokumentieren (S. 21). 왗 Merke alternativen Verfahren gegeneinander abgewogen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn durch andere Maßnahmen das spezifische Risiko des Eingriffs vermindert werden kann. Dieses Grundprinzip gilt für alle diagnostischen und operativen Eingriffe. Zu Indikationsformen siehe Tab. A-1.4, S. 22, zur operativen Dringlichkeit (Eingriffszeitpunkt) s. S. 26. 1.2.2 Ambulante oder stationäre Operation? 1.2.2 Ambulante oder stationäre Operation? Ambulante Operation Ambulante Operation Es gibt verbindliche Kataloge für Eingriffe mit einem „ambulanten Potenzial“, d. h. bei denen eine ambulante Durchführung indiziert ist. Es gibt verbindliche Kataloge für ambulante Eingriffe. Beispiele: ■ Leistenbruch (Lichtenstein, Kinderchirurgie). ■ Kleinere proktologische Eingriffe (Hämorrhoiden, Marisken, Fibrome). ■ Kleinere Hauttumoren. ■ Port-Implantation. ■ Diagnostische Laparoskopie. Aus D. Henne-Bruns u.a..: Duale Reihe - Chirurgie (ISBN 978-3-13-125293-7) © 2007 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden! Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Es muss genau definiert sein, um welchen Krankheitszustand und um welche Maßnahme es sich handelt. Es besteht in der Regel ein medizinischer und juristischer Ermessensspielraum (absolute und relative Indikationen), dessen Breite durch Leitlinien und Richtlinien eingegrenzt wird. Beispiele: ■ Vorausgegangene Oberbaucheingriffe waren lange Zeit eine Kontraindikation für eine laparoskopische Cholezystektomie, heute besteht hier eine Indikation zu einer vorgeschalteten diagnostischen Laparoskopie. Nach deren Ergebnis liegt es im Ermessen des Operateurs, ob er den Eingriff laparoskopisch oder offen fortführt. ■ Eine klinisch „stumme“ Cholezystolithiasis bietet keine Indikation für eine Cholezystektomie, während eine symptomatische Cholelithiasis eine gesicherte Operationsindikation darstellt. Voraussetzungen für ambulante Operationen: ■ ■ ■ ■ ■ ■ Der Eingriff muss ambulant mit seinen eventuellen Konsequenzen durchführbar sein. Unauffällige Voruntersuchungen, keine Infektion im OP-Gebiet, keine Malignität, keine Adipositas permagna, keine offenen Frakturen/ausgedehnte Weichteilverletzungen. Einverständnis des Patienten. Geeignete Person für die direkte postoperative Betreuung zu Hause. Keine stationäre Überwachung erforderlich. Aufklärung und Prämedikation im Vorfeld erledigt. 왘 Internet A 1 Voraussetzungen für operative Eingriffe Wird die Indikation für einen Eingriff gestellt, so muss sich der Chirurg entscheiden, ob die Operation ambulant oder stationär erfolgen soll. Für ambulante Eingriffe müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein: ■ Der Eingriff muss ambulant mit seinen eventuellen Konsequenzen durchführbar sein (z. B. kann eine diagnostische Laparoskopie grundsätzlich ambulant erfolgen, ist aber ambulant kontraindiziert, wenn je nach Befund danach eine Pankreasresektion erfolgen soll). ■ Unauffällige Voruntersuchungen (z. B. Gerinnungsparameter, negative Blutungsanamnese), keine Infektion im OP-Gebiet, keine Malignität im OPGebiet, keine Adipositas permagna, keine offenen Frakturen/ausgedehnte Weichteilverletzungen. ■ Der Patient muss mit der ambulanten Durchführung einverstanden sein und eine geeignete Person benennen, die ihn zu Hause direkt postoperativ betreut. ■ Der Eingriff muss komplikationslos verlaufen sein, sodass keine stationäre Überwachung des Patienten erforderlich ist. ■ Das ambulante Operieren erfordert einen gut organisierten Ablauf. Alle notwendigen Maßnahmen wie Aufklärung und Prämedikation müssen im Vorfeld erledigt werden. 왘 Internet. www.operieren.de Stationäre Operation Stationäre Operation Präoperative Diagnostik: Frühzeitig muss die Entscheidung getroffen werden, ob die präoperative Diagnostik ambulant oder stationär durchgeführt werden kann bzw. muss. Wichtig ist immer eine vollständige und qualitativ hochwertige Diagnostik, um die Indikation zu einer Operation als Arzt stellen und auch verantworten zu können. Präoperative Diagnostik: Wird die Indikation zur stationären Durchführung einer Operation gestellt, so muss im Vorfeld entschieden werden, ob noch diagnostische Maßnahmen durchgeführt werden müssen und ob diese ambulant oder stationär zu erfolgen haben. Aus Gründen der Abrechnung kann es sinnvoll sein, Maßnahmen prä- oder poststationär durchzuführen, da der stationäre Aufenthalt einschließlich aller Maßnahmen mit einer risikoadaptierten Fallpauschale vergütet wird (DRG-System). Aus medizinischen Gründen kann es dennoch notwendig sein, die Diagnostik stationär zu komplettieren, da sich eine gesicherte Indikation immer auf eine vollständige und qualitativ hochwertige Diagnostik stützt und die Indikationsstellung im Verantwortungsbereich des behandelnden Arztes liegt. 왘 Merke 왘 Merke. Eine stationäre Operation ist immer (nur) dann indiziert, wenn die Kriterien für eine ambulante Operation (s.o.) nicht erfüllt sind. Festlegung einer Therapiestrategie: Eine komplexe Behandlungsstrategie sollte interdisziplinär besprochen werden, um das weitere Vorgehen gemeinsam festzulegen (z. B. Operation sofort oder erst nach einer Vorbehandlung). Die Besprechung wird protokolliert und richtet sich nach der individuellen Patientensituation, Leitlinien und evidenzbasierten Daten. Festlegung einer Therapiestrategie: Es ist üblich, bei einer komplexen Behandlungsstrategie (z. B. multiviszerale Tumorresektion, Behandlung des Ösophaguskarzinoms) den Fall interdisziplinär zu besprechen (z. B. in einem sog. Tumorboard bzw. einer Tumorkonferenz: Der Fall wird in einer strukturierten Konferenz zwischen den Spezialisten der Erkrankung diskutiert: Onkologe, Chirurg, Pathologe, Strahlentherapeut, Radiologe) und gemeinsam die Strategie festzulegen. Hierbei wird auch besprochen, ob die Operation unmittelbar oder erst nach einer Vorbehandlung (z. B. neoadjuvante Radiochemotherapie) erfolgen soll und ob eine Operation einzeitig oder mehrzeitig durchgeführt werden soll (z. B. erst Resektion eines Kolonkarzinoms, dann Resektion von Lebermetastasen). Das Ergebnis wird protokolliert und richtet sich nach der individuellen Patientensituation, Leitlinien und evidenzbasierten Daten. Wenn die Therapiestrategie vom behandelnden Arzt mit dem Patienten und seinen Angehörigen ausführlich besprochen wird, wird dies auch bei komplexen Zusammenhängen als vertrauensbildend empfunden. Second Opinion: Gerade vor größeren Eingriffen ist es üblich, eine zweite Meinung einzuholen. Second Opinion: Bei größeren Eingriffen ist es durchaus üblich, eine zweite Meinung zu der gestellten Indikation einzuholen. Dies kann sowohl durch den Patienten selbst erfolgen, durch seinen Hausarzt oder seinen behandelnden Arzt. Aus D. Henne-Bruns u.a..: Duale Reihe - Chirurgie (ISBN 978-3-13-125293-7) © 2007 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart Dieses Dokument ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in keiner Form an Dritte weiter gegeben werden! Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 16