Psychosen und Schizophrenie

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2.
Psychosen:
Psychosen sind schwere seelische Erkrankungen, welche die psychischen
Funktionen des Menschen erheblich beeinträchtigen. Oft ist es den
Betroffenen durch einen gestörten oder stark beeinträchtigten Realitätsbezug
nicht mehr möglich, im alltäglichen Leben zurecht zu kommen.
Bei der Psychose kommen folgende Symptome vor:
Denkstörung (Rededrang, Ideenflucht, sprunghaftes Denken,
Vorbeireden, umständliches Denken, eingeengtes Denken,
Perseveration)
Wahrnehmungsstörung (Halluzinationen, Wahn)
Affektstörung (gehobene oder gereizte Stimmung, inadäquate
Affektivität)
Verhaltensstörungen (Distanzlosigkeit, Enthemmung, sozialer Rückzug)
Minderung oder Aufhebung der Kritik- und Urteilsfähigkeit
Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörung
Libidostörungen (Libidoreduzierung, Libidosteigerung (beim Mann)
Schlafstörungen
Die psychotischen Erkrankungen umfassen folgende Erkrankungen:
2.1
Schizophrenie
Manie
Schizoaffektive Psychose
Depressionen mit psychotischen Symptomen
Wahnerkrankungen im Alter
durch Substanzen (Drogen oder Alkohol) hervorgerufene Zustände
paranoide Psychose
Angst- und Glückspsychose
Schizophrenie:
Die schizophrenen Störungen sind im allgemeinen durch grundlegende und
charakteristische Störungen von Denken und Wahrnehmung sowie inadäquate
(unangemessene) oder verflachte Affektivität gekennzeichnet. Die Störung
beeinträchtigt die Grundfunktionen, die dem Menschen ein Gefühl von
Individualität, Einzigartigkeit und Entscheidungsfreiheit geben. Die Betroffenen
glauben oft, dass ihre innersten Gedanken, Gefühle und Handlungen anderen
bekannt sind oder, dass andere daran teilnehmen.
Ein Erklärungswahn kann entstehen, mit dem Inhalt, dass natürliche oder
übernatürliche Kräfte tätig sind, welche die Gedanken und Handlungen des
Betroffenen Individuums in oft bizarrer Weise beeinflussen.
Die Wahrnehmung ist oft auf andere Weise gestört:
Farben oder Geräusche werden ungewöhnlich lebhaft oder in ihrer Qualität
verändert wahrgenommen oder ein Wesen ist nicht vorhanden, trotzdem wird
es wahrgenommen.
Der Betroffene hört Stimmen, die das Verhalten oder die Gedanken des
Betroffenen kommentieren.
Bei dem charakteristischen schizophrenen Denken werden nebensächliche
und unwichtige Züge eines Gesamtkonzeptes, die bei normaler psychischer
Aktivität eine geringe Rolle spielen, in den Vordergrund gerückt und an Stelle
wichtiger und situationsentsprechender Elemente verwendet.
So wird das Denken vage, schief und verschwommen und der sprachliche
Ausdruck wird gelegentlich unnatürlich. Brücken und Einschiebungen in den
Gedankenfluss sind häufig. Gedanken scheinen wie von einer äußeren Stellen
entzogen.
Die Stimmung ist charakteristischerweise flach, kapriziös oder unangemessen.
Ambivalenz (widersprüchliches Denken und Handeln) und Antriebsstörungen
können als Trägheit, Negativismus oder Stupor (völlige körperliche und
geistige Regungslosigkeit) erscheinen.
Ich-Störungen: Darunter versteht man Störungen der Ich-Haftigkeit des
Erlebens sowie Störungen der Ich-Umwelt-Grenzen (Depersonalisation,
Derealisation, Gedankenausbreitung, Gedankenentzug, Gedankeneingebung
und Fremdbeeinflussungserlebnisse).
Die Schizophrenie kann mit schwerwiegend gestörtem Verhalten beginnen
oder schleichend mit allmählicher Entwicklung seltsamer Gedanken und
Verhaltensweisen. Der Verlauf zeigt gleichfalls große Unterschiede und ist
keineswegs unvermeidlich chronisch oder sich verschlechternd.
2.11
Ursachen (Etiologie):
- Vererbung
(nach wissenschaftlichen Untersuchungen spielt die genetische Disposition
eine wesentliche Rolle. Die Morbidität für Schizophrenie liegt in betroffenen
Familien höher als in der Durchschnittsbevölkerung, z.B. für Kinder von einem
schizophrenen Elternteil bei 10%, bei Erkrankung beider Elternteile etwa über
40%).
- Frühkindliche Hirnverletzungen (bei Geburt, Hirnverletzungen,
Hirnentzündungen)
- Psychosoziale Entwicklung (Umweltfaktoren)
(z.B. dominante schizophrenogene Mutter, Störungen im Rollengefüge der
Familie, pathologische Kommunikationsmuster innerhalb der Familie,
außergewöhnliche Belastungen, Stress.
- Biochemische Ursachen
Aus biochemischer Sicht wird als wichtigstes Korrelat akuter schizophrener
Psychose einer Hyperaktivität des zentralnervösen dopaminergen Strukturen
(Botenstoff-Strukturen) diskutiert. Bei einer Psychose ist die
Informationsübertragung innerhalb der Systeme im Gehirn gestört, d.h. die
eingehenden Informationen können nicht mehr richtig verarbeitet werden.
Die o.g. Ursachen führen zur Störung der Informationsübertragungssysteme
im Gehirn.
Einige Symptome, insbesondere die Denkstörung Schizophrenie lassen sich
psychologisch mit Störung der Informationsverarbeitung erklären u.a. die
Schwäche der selektiven Aufmerksamkeit bzw. der Filterfunktionen für
irrelevante Informationen sowie Störungen der Reaktions- und Assoziationshierarchien. Diesbezüglich wird u.a. dem Thalamus eine wichtige Rolle
beigemessen.
2.12
Diagnostik / Checkliste der Symptome
Frühsymptome dieser Störung, zur Prüfung einer evtl. erhöhten Gefährdung
eventuell betroffener Personen:
1.
Sie sind schweigsamer geworden und ziehen sich lieber in die eigenen
vier Wände zurück, als mit anderen etwas zu unternehmen.
2.
Sie sind eher unsicher oder schüchtern anderen gegenüber
3.
Ihre Stimmung war über Wochen hinweg eher bedrückt, traurig oder
verzweifelt.
4.
Sie schlafen schlechter als gewöhnlich, z.b. haben sie Schwierigkeiten
beim Einschlafen oder Durchschlafen oder wachen früher auf als sonst.
Oder sie essen mit mehr oder weniger Appetit als normalerweise.
5.
Ihre Bewegungen, ihr Denken und Sprechen sind merklich langsamer
geworden.
6.
Ihre Ausdauer und Motivation in Schule, Ausbildung oder Arbeit und
bei Freizeitunternehmungen hat auffällig nachgelassen.
7.
Sie achten weniger als früher auf ihre persönlichen Bedürfnisse oder
ihre Gesundheit, Ernährung, Körperhygiene, Kleidung, Ordnung im
persönlichen Wohnbereich.
8.
Sie sind häufig nervös, unruhig oder angespannt.
9.
Sie haben im Vergleich zu früher häufiger Streit und Diskussionen mit
Angehörigen, Freunden oder anderen Personen.
10.
Ihre Gedanken geraten in ihrem Kopf manchmal durcheinander
11.
Sie haben häufiger als früher den Eindruck, dass andere sei
hereinlegen, betrügen oder ausnutzen wollen.
12.
Sie haben zunehmend den Eindruck, dass bestimmte Vorkommnisse im
Alltag (z.B. Hinweise und Botschaften aus ihrer Umwelt) mit ihnen
persönlich zu tun haben oder nur für sie bestimmt sind.
13.
Ihre gewohnte Umgebung kommt ihnen manchmal unwirklich oder
fremdartig vor (z.B. besonders eindrucksvoll, ergreifend, bedrohlich)
14.
Sie nehmen Geräusche oder Farben i ihrer Umwelt ungewohnt intensiv
oder deutlich wahr. Manchmal erscheinen ihnen Dinge oder Menschen
äußerlich z.B. in ihrer Form oder Größe, verändert.
15.
Ihre Gedanken werden manchmal plötzlich von anderen Gedanken
unterbrochen oder gestört.
16.
Sie fühlen sich phasenweise ganz besonders beobachtet, verfolgt oder
durch etwas bedroht.
17.
Sie sehen, hören, schmecken oder riechen manchmal Dinge, die
andere überhaupt nicht bemerken können.
Auswertung:
Treffen mindestens drei der Aussagen 1 bis 13 für die letzten sechs Monate
auf Sie zu? Oder trifft mindestens eine der Aussagen 14-17 für irgendeinen
Zeitraum ihres Lebens auf Sie zu? Dann sollten Sie Kontakt zu einem
Psychiater aufnehmen.
Dies gilt besonders dann, wenn ein zusätzlich erhöhtes Risiko vorliegt:
- Wenn ein enger Familienangehöriger unter einer psychischen Erkrankung
leidet und deshalb in nervenärztlicher Behandlung ist.
- Wenn Geburtskomplikationen (z.B. zeitweise Sauerstoffmangel) bekannt
sind.
- Wenn die Mutter während der Schwangerschaft erkrankt war.
2.12
Therapie
Medikamentös:
Neuroleptika (es gibt sehr unterschiedliche Neuroleptika). Die Neuroleptika
normalisieren die gestörte Informationsübertragung, so dass es zu einer
Abschirmung gegen die Reizüberflutung und damit zur Beruhigung des
Patienten kommt. Die Neuroleptika stellen die Balance der gestörten
Neurotransmitter (Botenstoffe im Gehirn) wieder her. Diese Wiederherstellung
der Balance kann 2-3 Jahre dauern. Hierzu ist die regelmäßige Einnahme der
Neuroleptika Voraussetzung.
Stützende Gespräche oder Psychotherapie, wodurch der Betroffene lernt,
wie er/sie mit seiner Krankheit, Stress oder Hochspannungen umgehen kann.
Er/Sie lernt die Bearbeitung individueller Probleme (z.B. Leistungsprobleme in
Ausbildung und Beruf, Dauerkonflikte) und trainiert soziale Fähigkeiten.
Integration in die Gesellschaft:
Er wird in die Familie, den Beruf und in die Gesellschaft integriert.
Kognitive Übungen
2.2
Schizoaffektive Störungen:
Bei diesen Störungen handelt es sich um episodische Störungen, bei denen
sowohl affektive als auch schizophrene Symptome in derselben
Krankheitsphase auftreten, meistens gleichzeitig oder höchstens durch einige
Tage getrennt.
Es wird unterschieden zwischen “schizoaffektiver Störung, gegenwärtig
manisch“, wobei sowohl schizophrene als auch manische Symptome in der
selben Krankheitsepisode auftreten und „schizoaffektive Störung, gegenwärtig
depressiv“, wobei sowohl schizophrene als auch depressive Symptome
während derselben Krankheitsepisode auftreten, und gemischte
schizoaffektive Störung, wobei sowohl schizophrene als auch manische und
depressive Symptome gleichzeitig auftreten.
Bei schizophrenen Krankheitsepisoden treten folgende Symptome auf:
1. Wahnphänomene: Beeinflussungswahn, Beeinträchtigungswahn,
Verfolgungswahn, Eifersuchtsinhalte
2. Ich-Störungen: Depersonalisation, Derealisation, Gedankenentzug,
Gedankeneingebung, Gedankenausbreitung,
3. Halluzinationen: Optische und akustische Halluzinationen
4. Denkstörungen (formal), Zerfahrenheit, umständliches Denken,
sprunghaftes Denken, Vorbeireden
5. Katatoner Stupor (motorisch bewegungslos) oder sonst grob
desorganisiertes Verhalten, katatone Erregung.
Die Manie (manische Phase) ist durch gehobene Stimmung, sorglose
Heiterkeit, unkontrollierbare Erregung, vermehrten Antrieb, Überaktivität,
Rededrang, vermindertes Schlafbedürfnis, verminderte soziale Hemmungen,
ablenkbare Aufmerksamkeit, eher erhöhte Selbsteinschätzung, große Ideen
oder maßlosen Optimismus und Wahrnehmungsstörungen, leichtsinniges
Geldausgeben, erhöhte sexuelle Libido gekennzeichnet.
Depressive Krankheitsphase:
Bei diesen Phasen bestehen folgende Symptome:
- Verlust der Freude an allen oder fast allen Aktivitäten.
- Mangel an Reagibilität auf üblicherweise angenehme Reize
- In Kombination mit einigen der folgenden Symptome:
- eine besondere Qualität der depressiven Stimmung, d.h. die depressive
Stimmung wird als deutlich anders empfunden als etwa die Gefühle nach
dem Tod eines geliebten Menschen.
- Die Depression ist in der Regel morgens schlimmer
- Frühes Erwachen am Morgen (deutlich früher als üblich)
- Ausgeprägte psychomotorische Hemmung oder Erregung
- Erhebliche Appetitlosigkeit oder Gewichtsverlust
- Sehr starke oder unangenehme Insuffizienzgefühle
Die manisch-depressive gemischte Krankheitsepisode umfasst sowohl die
Symptomatik der schizophrenen als auch die der depressiven und auch die
manische Krankheitsepisode, wie oben dargestellt ist, gleichzeitig oder
abwechselnd ohne freies Intervall.
Therapie:
Akuttherapie:
Bei akuten schizomanischen Krankheitsepisoden bestehen folgende
Behandlungsmöglichkeiten:
- Neuroleptika als Monotherapie
- Lithium als Monotherapie
- Neuroleptika und Lithium als Kombinationstherapie
- Antiepileptika, vor allem Carbamazepin oder Valproat, Lamotrigin oder
Gabapentin mit Lithium oder mit Neuroleptika.
Bei akuten schizodepressiven Episoden bestehen folgende
Behandlungsmöglichkeiten:
- Monotherapie nur mit Neuroleptika (z.B. atypische Neuroleptika)
- Monotherapie mit Antidepressiva
- Kombination von Neuroleptika und Antidepressiva
- Lithium
- Elektrokrampfbehandlung
- Psychotherapie
Prophylaxe:
Die Prophylaxe erfolgt mit Lithium, oder mit Antiepileptika (Carbamazepin,
Valproat, Lamotrigin oder Gabapentin) oder mit Neuroleptika.
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