Olivenöl in der Kontroverse

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aktuell | ernährungslehre & -praxis
Nr. 3
März 2008
Nachstehender Beitrag kommentiert eine aktuelle Kontroverse
und war daher für unsere Rubrik „Im Fokus“ vorgesehen. Aufgrund der breiten Beachtung in den Medien werden jedoch
Beratungskräfte in der Praxis bereits mit dieser Thematik konfrontiert. Daher haben wir dem Thema Raum in unserer Rubrik
Ernährungslehre und -praxis eingeräumt.
Prof. Helmut F.
Erbersdobler, Kiel
Inst. f. Humanernährung
und Lebensmittelkunde der
Christian-AlbrechtsUniversität zu Kiel
Düsternbroker Weg 17
24105 Kiel
Weitere Autoren:
Prof. Christian A. Barth,
München
Prof. Günther Wolfram,
München
Olivenöl in der Kontroverse
●
●
Wissenschaftliche Forschungsergebnisse und ihre Wiedergabe in der Presse
gehen nicht immer konform. Ergebnisse, die einen bestimmten Zusammenhang beispielsweise nur andeuten
und weitere unterstützende Forschung
benötigen, werden in den Medien
gerne vorschnell als bahnbrechende
neue Erkenntnis „gefeiert“. Eine einzige Studie lässt aber selbst bei tadellosem Studiendesign bei vielschichtigen
physiologischen oder epidemiologischen Zusammenhängen meist noch
keine abschließende Beurteilung zu,
denn Methoden und Interpretationen
können bei komplexen Zusammenhängen Fehler bergen. Berichte oder
Leitlinien wissenschaftlicher Fachgesellschaften beruhen daher stets auf
einer ganzen Reihe von Studien, meist
gesichtet in so genannten Metastudien.
Ein Beispiel einer solchen völlig überzogenen Medienreaktion auf Ergebnisse einer einzigen, dazu noch kritisch
zu sehenden Studie, liefert die aktuelle
Diskussion um den Gesundheitswert
von Olivenöl.
Hintergrund
Die Promotionsarbeit von Michael
REINBOLD „Induktion von Apoptose
durch ungesättigte Fettsäuren in Zellen
des kardiovaskulären Systems“ am
Fachbereich Pharmazie der Philipps
Universität Marburg 2007 hat kürzlich
erheblichen Staub aufgewirbelt. Sie
wurde vom emeritierten Prof. Dr. Dr. J.
?
Während in der Dissertation kein Hinweis auf Olivenöl zu finden ist, wurden
in Presseverlautbarungen und in zahlreichen Meldungen der Tagespresse
wahrlich dramatische Schlussfolgerungen gezogen. So hieß es z. B.:
„Olivenöl könnte die Entwicklung einer Arteriosklerose sogar fördern und nicht – wie
allgemein angenommen – eine Arteriosklerose
hemmen.“ Und:
„Die landläufige Meinung, dass Olivenöl gesund ist, muss wohl revidiert werden.“ Und
dann wieder etwas einschränkend:
„Sicher muss vor einer endgültigen Aussage
die Wirkung von Olivenöl beim Menschen
geprüft werden. Aber schon jetzt darf man berechtigte Zweifel an den so einseitig gepriesenen Vorteilen von Olivenöl haben.“ (Presseverlautbarung der Universität Münster vom 23.1., Bild-Zeitung vom Januar
2008, Die Welt vom 24. 01.2008 sowie
unter: http://www.g-o.de/)
KRIEGLSTEIN, ehemals Institut für Pharmazie und medizinische Chemie der
Philipps- Universität Marburg, derzeit
Gastprofessor in Münster, betreut. Die
Arbeit wurde am Institut für pharmazeutische und medizinische Chemie
der Universität Münster fertiggestellt
und dort außerdem von Frau Professor
Dr. Susanne KLUMPP betreut. Weitere
Kooperationen bestanden mit der Abteilung für präventive Kardiologie des
Universitätsklinikums Marburg und
dem Leibniz-Institut für Atheroskleroseforschung Münster.
Die Ergebnisse der
Dissertation
1. In-vitro-Versuche
Der Hauptbefund der In-vitro-Versuche besteht in der Beobachtung, dass
in der Zellkultur von Endothelzellen
aus menschlicher Nabelschnur Ölsäure
in einer Konzentration von 200–400 μM
die Aktivität der Proteinphosphatase
Typ 2C (PP2C) erhöht und gleichzeitig
die Apoptose (Zelltod) begünstigt.
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aktuell | ernährungslehre & -praxis
Kommentar: Es ist seit langem bekannt, dass Fettsäuren in Zellkulturen
zytotoxisch wirken können, insbesondere wenn sie in freier Form zugesetzt
werden. Deshalb werden sie bei solchen Untersuchungen vor Zusatz zur
Kultur schonend an ihren physiologischen Transporter, das Albumin, gebunden [1], bzw. binden an das Serum
des Kulturmediums.
Eine solche Komplexierung der Fettsäure sieht REINBOLD als problematisch an, da sie nicht der direkten Wirkung der Fettsäure entspricht. Daher
wurden die Kulturmedia durch Reduktion des Serumanteils entsprechend
modifiziert, so dass die Fettsäuren
nicht mehr gebunden wurden. Die Brisanz dieser Versuchsbedingungen für
die Verhältnisse in vivo relativiert REINBOLD durch den Satz: „Bedenkt man jedoch, dass Fettsäuren reversibel an
Serumproteine spezifisch binden können, wird es sehr schwierig, vernünftige Konzentrationen an freien
Fettsäuren am Endothel großer Arterien vorherzusagen bzw. genau zu bestimmen.“
Die Ergebnisse an der Zellkultur sind
interessant, sie werden aber von mehreren älteren Untersuchungen anderer Wissenschaftler nicht gestützt. Zur
Frage der Wirkung von Ölsäure und
anderen Fettsäuren auf Endothelzellen sind nämlich bereits mehrere Untersuchungen veröffentlicht worden,
wovon 8 wegweisende unten angeführt sind [3–10]. Keine dieser Veröffentlichungen, die wie z. B. die von
HENNIG et al. [6] den Befunden von
REINBOLD sogar widersprechen, werden in der Dissertation zitiert. Ein
solch mangelnder Bezug auf vorangegangene Forschungen sollte in einer
Dissertation nicht vorkommen. Dies ist
auch deshalb gravierend, weil das Verhältnis von Albumin zu Fettsäuren sich
in diesen früheren Untersuchungen
als kritisch und entscheidend für die
Wirksamkeit oder Nichtwirksamkeit
herausgestellt hat.
Fütterungsversuch
an Meerschweinchen
In einem Tierversuch erhielten Meerschweinchen entweder eine fettreiche
Diät mit 25 % Trioleat (56 Energieprozent!) oder mit 0,08 % Fett. Dabei wurden bei der Hochfett- Gruppe vermehrte Fetteinlagerungen in Leber,
Herz und Unterhautfettgewebe, jedoch
keine atherosklerotischen Veränderungen festgestellt. Letzteres war auch
nicht zu erwarten, da Atherosklerose
bei Nagetieren nur mit Diäten, denen
Cholesterol in höherer Dosierung zugesetzt wurde, induziert werden kann.
Kommentar: Damit ist das „experimentum crucis1“, die Ergebnisse in
der Zellkultur durch Fütterungsversuche am Meerschweinchen zu bestätigen, fehlgeschlagen. Eine derart
fettreiche Ernährung ist für das Meerschweinchen als Pflanzenfresser ein
„Fütterungsstress“. Die deutlichen
Fettablagerungen in verschiedenen
Organen zeigen, dass die Tiere diese
großen Mengen Fett nicht mehr verstoffwechseln konnten. Im Falle der
fettarmen Diät ist die Frage, ob dabei
die fettlöslichen Vitamine noch adäquat resorbiert wurden.
Ungewöhnlich an der Versuchsanordnung und für die Fragestellung alles
andere als zielführend ist weiterhin
der Vergleich einer fettreichen mit
einer fettarmen Diät, wenn es darum
geht, spezifische Effekte der Ölsäure
festzustellen. Hier hätte man eher
Trioleat mit einem Triglycerid gleicher
Dosierung aus anderen Fettsäuren
vergleichen müssen. Eine entsprechende dritte Versuchsgruppe war
zwar vorgesehen, wurde aber von den
für Tierversuche zuständigen Behörden abgelehnt – ein Beispiel dafür, wie
die enge Auslegung des Tierschutzes
zu fragwürdigen Versuchergebnissen
führt und damit de facto Versuchstiere
nutzlos „verbrennt“.
Weitergehende Aspekte
Der Mensch lebt nicht von
Olivenöl allein
Entscheidend für die aufgeworfene
Frage nach dem Gesundheitswert von
Olivenöl sind Ergebnisse am Menschen.
Allgemein anerkannt ist, dass Ölsäure
im Austausch gegen gesättigte Fettsäuren in der Nahrung des Menschen das
atherogen wirkende LDL-Cholesterol
im Serum senkt und das kardioprotektive HDL-Cholesterol stabil hält oder
gar etwas ansteigen lässt. Viel wichtiger
aber ist, dass die DGE in ihrer evidenzbasierten Leitlinie „Fettkonsum und
Prävention ausgewählter ernährungsmitbedingter Krankheiten“ [11], für
die die bisher vorliegende wissenschaftliche Literatur in Form von sehr großen
und langjährigen epidemiologischen
Studien am Menschen sorgfältig gesichtet wurde, in 12 großen Studien
keine Belege dafür gefunden hat, dass
die Ölsäure die Entstehung einer Atherosklerose begünstigt.
Generell ist festzustellen, dass Olivenöl
und Trioleat nicht gleichzusetzen sind
(쏆 Tabelle 1). Außerdem hat kaum ein
seriöser Wissenschaftler behauptet, dass
die Wirkung des Olivenöls allein auf
dem hohen Ölsäuregehalt beruht [10,
12]. Es wurde immer z. B. auch auf die
antioxidativen Prinzipien (Vitamin E,
Squalen u. a.) sowie auf die Polyphenole im nativen Olivenöl verwiesen.
Auch dass Olivenöl allein für die „gesunde“ traditionelle mediterrane Diät
verantwortlich sei, gilt schon lange
nicht mehr [13]. Außerdem sind die
Fettsäuren (FS) in % d. Gesamt-FS
Trioleat
Olivenöl
Gesättigte FS
Ölsäure
Mehrfach ungesätt. FS.
Fettverzehr in g pro Tag
Männer
Frauen
–
16
38
36
100
74
33
30
–
10
18
14
1
Bezeichnet einen Versuchsansatz, bei dessen Scheitern die
zu überprüfende Hypothese als widerlegt oder nicht ausreichend gilt.
B10
Ernährungs Umschau | 3/08
Tab. 1: Vergleich des Ölsäuregehalts von Trioleat, Olivenöl und des durchschnittlichen Tagesverzehrs an Fett laut Ernährungsbericht 2004 [14]
Zeiten, in denen ein Kreter 90 g Olivenöl und mehr pro Tag verzehrt hat,
schon seit einem halben Jahrhundert
vorbei.
쏆 Tabelle 1 zeigt, dass in unserer Ernährung in Deutschland immer noch
die gesättigten Fettsäuren dominieren.
Der Grund dafür ist, dass die Hauptlieferanten für Fett hierzulande – nämlich
Fleischerzeugnisse und Milchprodukte,
aber auch Margarine und bestimmte
Gebäckerzeugnisse [15] – hohe Anteile
an gesättigten Fettsäuren aufweisen.
Die Empfehlung in der Pressemitteilung der Universität Münster vom
23.1.2008: „KRIEGLSTEIN und KLUMPP
raten zu einer ausbalancierten Zusammensetzung der Ernährung aus ungesättigten Fettsäuren, die eher in flüssigen Fetten, und gesättigten Fettsäuren,
die eher in festen Fetten wie Butter zu
finden sind“, ist somit unnötig und unsinnig.
Zusammenfassende
Bewertung
1. Auch wenn sich die Befunde in der
Zellkultur als richtig erweisen sollten,
müsste ihre Relevanz für den Menschen erst noch im Tierversuch und
im Ernährungsversuch am Menschen
bestätigt werden, bevor sich Aussagen für die Bevölkerung ableiten lassen. Es handelt sich somit um eine
Überinterpretation, die man so nicht
gelten lassen kann und die nicht vereinbar mit dem gegenwärtigen Konsens zur Methodik der Public-HealthForschung ist [2].
2. Im Versuch an Meerschweinchen
wurden zwei Diäten mit drastisch unterschiedlichem Fettgehalt miteinander verglichen. Die Aussagekraft dieses Versuches ist äußerst begrenzt,
zumal keine atherosklerotischen Gefäßveränderungen beobachtet wurden.
3. In der am Schluss der Dissertation zitierten Literatur werden frühere wegweisende Veröffentlichungen zur untersuchten Problematik nicht erwähnt, was als gravierender Mangel
anzusehen ist.
4. Die Schlussfolgerungen für die Ernährung und Gesundheit des Menschen (s. Presseverlautbarungen)
sind nicht nachvollziehbar, weil sie
die Praxis der Ernährung nicht berücksichtigen. Die in den Versuchen
„nachgestellten“ Ernährungssituationen (hohe bis alleinige Zufuhr von
Ölsäure) finden in unserer Bevölkerung selbst unter extremen Bedingungen nicht statt.
Es ist immer gefährlich, wenn vorschnelle Über- oder Fehlinterpretationen von Forschungsergebnissen durch
Wissenschaftler in die Öffentlichkeit gebracht werden und von den Medien,
nur weil sie das Gegenteil des bisher Bekannten und Anerkannten behaupten,
bevorzugt weiter verbreitet werden.
Aber unsere Spaßgesellschaft lebt leider
vom „Rummel“ und dazu gehört auch
die krawallartig aufgeplusterte Kontroverse.
Literatur
왎
1. Barth CA, Willershausen B, Walther B,
Weis E (1980) Morphology and Metabolism of Adult Rat Hepatocytes in Primary Culture. Zschr Physiol Chem 361,
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2. Barth CA (2007) Zur wissenschaftlichen Grundlage von Nährwertprofilen.
Ernährung 1, 270–745
3. Carluccio MA, Massaro M, Bonfrate C,
Siculella L, Maffia M, Nicolardi G, Distante A, Storelli C, De CaterinaR.
(1999) Oleic acid inhibits endothelial
activation : A direct vascular antiatherogenic mechanism of a nutritional component in the mediterranean
diet. Arterioscler Thromb Vasc Biol 19,
220–228
4. De Caterina R, Libby P. (1996) Control
of endothelial leukocyte adhesion molecules by fatty acids. Lipids. 31, Suppl:
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5. DP, Falcone DJ, Amberson JB, Hefton
JM. (1985) Interaction of arterial cells.
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7. Massaro M, Carluccio MA, Paolicchi A,
Bosetti F, Solaini G, De Caterina R.
(2002) Mechanisms for reduction of endothelial activation by oleate: inhibition
of nuclear factor-kappa B through antioxidant effects. Prostaglandins Leukot
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8. Massaro M, Carluccio MA, De Caterina R. (1999) Direct vascular antiatherogenic effects of oleic acid: a clue
to the cardioprotective effects of the
Mediterranean diet. Cardiologia. 44,
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9. Muangman P, Tamura RN, Gibran
NS. (2005) Antioxidants inhibit fatty
acid and glucose-mediated induction of
neutralendopeptidase gene expression in
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J Am Coll Surg. 200, 208–215
10. Park JY, Kim YM, Song HS, Park KY,
Kim YM, Kim MS, Pak YK, Lee IK, Lee
JD, Park SJ, Lee KU (2003) Oleic acid
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activation of protein kinase C and NFkappa B. Biochem Biophys Res Commun. 303, 891–895
11. Deutsche Gesellschaft für Ernährung
e.V. (DGE), Herausgeber, 2006 Evidenzbasierte Leitlinien „Fettkonsum
und Prävention ausgewählter ernährungsmitbedingter Krankheiten“ www.
dge.de\leitlinie
12. Pérez-Jiménez F, Ruano J, Perez-Martinez P, Lopez-Segura F, Lopez-Miranda
J (2007) The influence of olive oil on
human health: not a question of fat
alone. Molecular Nutrition & Food Research 51, 1199-1208
13. Trautwein, EA, Henninger, K, Erbersdobler HF (1998) Ist die mediterrane
Ernährung eine empfehlenswerte Ernährungsweise? Ernährungs-Umschau 45,
359–364
14. Deutsche Gesellschaft für Ernährung
e. V. (DGE), Herausgeber, 2004 Ernährungsbericht 2004, DGE Medien Service, Bonn
15. Erbersdobler HF (2007) Möglichkeiten
zur Reduktion des Fettgehalts in Lebensmitteln – was ist technologisch möglich.
Proceedings of the German Nutrition Society, 9, 60–69
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Olivenöl: ein Kurzportrait
Olivenöl – Kulturgut und
Bestandteil der mediterranen Kost
(scs)Olivenbäume wurden schon in der
Antike angebaut. Seit dieser Zeit ist das
Olivenöl ein fester Bestandteil der sog.
mediterranen Kost, die im Vergleich
zur heutigen Ernährungsweise in Mitteleuropa als besonders gesundheitsfördernd gilt.
Olivenöl zeichnet sich qualitativ durch
eine große Geschmacksvielfalt aus, die
ähnlich wie beim Wein durch die über
150 verschiedenen Olivensorten sowie
den unterschiedlichen Reifezustand
der Früchte bei der Ernte bedingt ist.
Herstellung und Qualitätsstufen
Bei der Ölpressung werden die zerkleinerten Oliven schonend ausgepresst
und der entstehende Saft ohne weitere
Zusätze oder Erhitzung in Öl und
Fruchtwasser getrennt. Das so entstandene Öl wird als „natives“ Olivenöl bezeichnet (im Gegensatz zum raffinierten Öl). Sowohl bei den traditionellen
gesättigte einfach
Fettungesäuren
sättigte
Fettsäuren
wie auch bei modernen Herstellungsverfahren erreicht die Temperatur bei
der Ölpressung idealerweise höchstens
27° C. Nur bei dieser niedrigen Temperatur entstandene Öle dürfen die Bezeichnung „kaltgepresst“ tragen.
Die Bezeichnung „natives Olivenöl
extra“ steht für die höchste Qualitätsstufe, für die ein Öl zusätzlich zur Kaltpressung einen einwandfreien Geschmack und bestimmte Laborparameter aufweisen muss. Es folgen die
niedrigeren Stufen, u. a. die im deutschen Handel erhältlichen Güteklassen
„natives Olivenöl“ und „Olivenöl“.
Ernährungsphysiologische
Einordnung
Olivenöl zeichnet sich gegenüber anderen Ölen v. a. durch zwei Eigenschaften aus:
■ ein hoher Gehalt an einfach ungesättigten Fettsäuren (rund 70 %, der
größte Teil davon Ölsäure)
■ ein im Vergleich zu raffinierten Ölen
beim nativen Olivenöl höherer Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen
Linolsäure
(2-fach
unges.)
Linolensäure
(3-fach
unges.)
Vitamin
E
βKarotin
Olivenöl
15,0
69,0
8,3
0,9
12,1
220
Rapsöl
7,2
57,5
22,4
9,2
22,8
3 300
Sonnenblumenöl
10,6
22,4
63,0
0,5
62,5
26
Maiskeimöl
13,2
26,0
55,3
1,0
33,8
140
Weizenkeimöl
17,4
15,6
55,5
8,0
175,0
0
8,6
15,8
55,0
13,0
3,3
0
11,8
18,9
53,0
7,7
17,0
3 500
Distelöl
9,2
10,9
75,1
0,5
44,5
10
Leinöl
9,6
18,2
13,9
54,2
5,8
0
12,9
40,3
42,0
1,0
3,5
0
Walnussöl
Sojaöl
Sesamöl
Quelle: Heseker (2007) Nährstoffe in Lebensmitteln, Umschau Zeitschriftenverlag
Zusammensetzung ausgewählter Speiseöle in g/100g, Abweichungen zu den
Prozentangaben in der Tab. auf S. B10 beruhen auf unterschiedlichen Quellen.
Der hohe Anteil einfach ungesättigter
Fettsäuren bewirkt, dass natives Olivenöl, wie in der mediterranen Küche
üblich, nicht nur kalt zu Salaten etc.,
sondern auch zum Braten und Schmoren eingesetzt werden kann (bis ca.
180° C). Andere kaltgepresste Öle,
auch Rapsöl, eignen sich dazu nicht.
Raffiniertes Rapsöl hat mit einem ebenfalls hohen Gehalt an einfach ungesättigten Fettsäuren aber gute Brateigenschaften und enthält zusätzlich mit der
α-Linolensäure noch eine n-3-Fettsäure in beachtlicher Menge. Dem raffinierten Öl fehlen allerdings der arteigene Geschmack und die sekundären
Pflanzenstoffe, die im nativen Olivenöl
noch enthalten sind (s. Literaturstelle
12, S. B11 und im Text, S. B10).
Sowohl Raps- als auch Olivenöl, beide
zurzeit „in Mode“, haben also ihre Vorteile und können bei der Speisenzubereitung kombiniert eingesetzt werden.
Andere Öle wie z. B. das n-3-fettsäurereiche Walnussöl finden daneben ihre
eigene Verwendung in der kalten
(Gourmet-)Küche.
Bedeutung im Ernährungsalltag
Die Gleichsetzung einer reichlichen
Verwendung von Olivenöl mit gesunder
Ernährung entspricht nicht den Forschungsergebnissen zur mediterranen
Kost (s. Literaturstelle 13). Viele andere
Faktoren wie z. B. der mäßige Fleischgenuss, ein hoher Kohlenhydratgehalt
und ein reichliches Obst- und Gemüseangebot ebenso wie eine Esskultur, die
sich Zeit zum Essen und Genießen
nimmt, bestimmen deren hohen Gesundheitswert mit. In diesem Rahmen
nimmt das Olivenöl neben anderen
hochwertigen Ölen seinen Platz als geschmacklich hochwertiges Naturprodukt mit günstiger Fettsäurezusammensetzung ein.
Infos zum Olivenöl finden sich unter:
www.olivenoel-info.net
„Ernährungslehre und -praxis“, ein Bestandteil der „Ernährungs Umschau“. Verlag: UMSCHAU ZEITSCHRIFTENVERLAG Breidenstein GmbH, Sulzbach/Ts. Zusammenstellung und
Bearbeitung: Dr. Eva Leschik-Bonnet, Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Dr. Udo Maid-Kohnert, mpm Fachmedien (verantwortlich).
B12
Ernährungs Umschau | 3/08
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