223_242_BIOsp_0206.qxd 20.03.2006 9:30 Uhr Seite 227 Industrie-Applikationen 227 Peptid-Arrays für die Charakterisierung von Antikörper- und Protein-Bindungen Ole Brandt und Heinrich Gausepohl INTAVIS Bioanalytical Instruments AG, Köln 왘 Arrays mit Hunderten unterschiedlicher Peptide auf deren Oberfläche können helfen, eine Vielzahl immunologischer und biochemischer Fragestellungen zu beantworten. Anwendungen von Peptid-Arrays sind unter anderem die Charakterisierung von Antikörpern, Protein-Bindungsdomänen oder Kinasen, die eine entscheidende Rolle bei der Regulierung der Signaltransduktion in Zellen spielen. Mini- und Mikro-Arrays haben dabei den großen Vorteil der parallelen Analyse einer Probe gegen eine Vielzahl an Substraten auf der Oberfläche des Arrays, bei einem gleichzeitig geringen Verbrauch an Probenmaterial. Mit identischen Kopien eines Arrays können so auf effiziente Weise mehrere Kinasen oder Antikörper gegen die gleichen PeptidSubstrate getestet werden. Bindungsstudien auf PeptidArrays Protein-Protein- oder Antikörper-Protein-Interaktionen liegen zumeist definierte Peptid-Sequenzen als Erkennungsmotive zugrunde. Diese Sequenzen haben bei Antikörpern aber auch bei einigen Protein-Domänen oft nur eine Länge von wenigen Aminosäuren (ca. 4–15). Für viele Protein-Kinasen können inzwischen Konsensussequenzen angegeben werden, die von den entsprechenden Kinasen erkannt und phosphoryliert werden. So werden z. B. von der Proteinkinase B (PKB) Proteine mit dem Motiv RXRXX(S/T)X erkannt[1]. Neben den Kinasen spielen eine Vielzahl an ProteinDomänen wie SH2, SH3 oder WW – um nur einige zu nennen – bei der Zellregulation eine entscheidende Rolle[2]. Aufgrund der großen Zahl noch nicht charakterisierter Antikörper, Bindungsdomänen und Kinasen ist BIOspektrum · 2/06 · 12. Jahrgang den nun Antikörper, die zuvor gegen das entsprechende Protein generiert wurden, an unterschiedliche Epitope, so können diese mit großer Wahrscheinlichkeit für einen Sandwich-Assay verwendet werden (Abb. 1). Für die Charakterisierung der Bindungsstellen von Proteinen oder Antikörpern können Bibliotheken mit variierenden Bindungsmotiven hergestellt werden, die es anschließend ermöglichen, Aussagen über Vorhandensein und Intensität von Interaktionen auf dem Array zu treffen. Neues Peptid-Array-Format Abb. 1: Schematische Abbildung von überlappenden Peptiden einer Proteinsequenz zum Epitop-Mapping von Antikörpern. noch einiger wissenschaftlicher Einsatz zur Aufklärung von Bindungsmotiven notwendig. Einen Beitrag hierzu können Peptid-Bibliotheken mit Motivvariationen leisten, die sich besonders gut für eine genaue Charakterisierung von Antikörpern, Kinasen oder anderen Proteinen eignen. Spezifische Antikörper, die das jeweilige Antigen möglichst selektiv erkennen, werden für ELISA-Assays, Antikörper-Arrays, die Detektion von Phosphorylierungen oder Lokalisierungsstudien von Proteinen in Zellen benötigt. Für SandwichELISA kommen sogar zwei Antikörper zum Einsatz, die an unterschiedliche Epitope des gleichen Proteins binden. Solche Antikörper-Paare bieten, da zwei Bindungsstellen eines Proteins erkannt werden müssen, eine wesentlich höhere Spezifität als einzelne Antikörper[3]. Design von Peptid-Arrays Peptid-Bibliotheken für Arrays können entsprechend der Fragestellung synthetisiert werden. So können für die Auswahl von Antikörper-Paaren gegen ein definiertes Protein überlappende Peptide der entsprechenden Sequenz synthetisiert werden. Bin- Wir zeigen hier exemplarisch die Anwendung eines neuen Peptid-Array-Formats[4] anhand einer Bindungsstudie von Streptavidin an eine Peptid-Bibliothek mit Histidin-Prolin(HP)Motiven. Für die Herstellung der Arrays wurden Peptide vollautomatisch mit dem MultiPep Synthesizer auf modifizierten Cellulose-Scheibchen synthetisiert. Die modifizierte Cellulose mit den kovalent gebundenen Peptiden kann anschließend aufgelöst und auf unterschiedliche Oberflächen gespottet werden, sodass aus einer Synthese eine beliebige Anzahl an PeptidArrays hergestellt werden kann. Dieses unterscheidet die neue Methode von der SPOT-Methode[5], bei der die Peptide auf einer Membran synthetisiert werden, die anschließend direkt für den jeweiligen Assay eingesetzt wird. Nach dem Spotten der aufgelösten Scheibchen bildet sich eine dreidimensionale Schicht Abb. 2: Peptid-Array mit HP-Motiven für Streptavidin-Bindungsstudien. Innerhalb der Farbmarkierung (rote Spots) wurden drei Blöcke einer Peptid-Bibliothek in jeweils vier Reihen gespottet. In jeder Reihe wurden von links nach rechts folgende Peptide auf einen Objektträger gespottet: Biotin-(A)8, Strep-Tag I, Strep-Tag II, Nano-Tag, 19 Peptide und Biotin-(A)8. Die 19 Peptide in Reihe 1: AAAHP*AAA, Reihe 2: AAAHPQ*AA, Reihe 3: AA*HPQFAA und Reihe 4: AA*HPQNAA (* = alle Aminosäuren ohne Cystein). Die Auswertung der ersten Reihe ergab die stärkste Bindung von Streptavidin an das Peptid mit HPQ, gefolgt von HPM und HPF. 223_242_BIOsp_0206.qxd 20.03.2006 9:30 Uhr Seite 228 Industrie-Applikationen 228 aus Peptid-Cellulose-Konjugaten auf der Oberfläche aus. Neben gewöhnlichen Glas-Objektträgern können Objektträger mit weißer Kunststoffbeschichtung verwendet werden, sodass Fluoreszenzdetektion, Autoradiographie aber auch gängige Farbumsetzungen mit Alkalischer Phosphatase (AP) oder Peroxidase (HRP) zur Analyse möglich sind. Die letzteren Detektionsverfahren ermöglichen es, die Analysen ohne teure Laserscanner nur mit einem gewöhnlichen Flachbettscanner durchzuführen. Neben der Menge der aufgebrachten Peptid-Konjugate kann auch der Spot-Durchmesser und somit die Anzahl der Spots pro Fläche angepasst werden. Ein Vorteil gegenüber konventionell hergestellten PeptidArrays ist die höhere Beladung an Peptiden auf der Oberfläche, die es ermöglichen sollte, auch noch niedrig affine Bindungen zu detektieren. Bindungsstudie am Beispiel von Streptavidin Der hier gezeigte Array (Abb. 2) besteht aus drei Blöcken, die in Farbmarkierungen (rote Spots) eingeschlossen sind. Jede Reihe besteht aus vier Kontrollen, 19 Peptiden mit Sequenzvariationen und schließlich einer weiteren Kontrolle. Die Peptid-Cellulose-Konjugate wurden auf Objektträger mit weißer Beschichtung aufgetragen. Nach dem Blocken der Oberfläche wurde der Array mit Streptavidin-AP-Konjugat inkubiert, gewaschen und die Umsetzung von AP-Substrat (NBT/BCIP) beobachtet. Der Array wurde mit einem gewöhnlichen Flachbettscanner eingescannt und die Intensitäten ausgewertet. Für die Peptide mit fixem HP-Motiv und einer veränderten Aminosäure wurden HPQ und HPM als die beiden stärksten Binder ermittelt (Abb. 2). Eine stärkere Bindung ergab sich für vier (HPQF und HPQN) und mehr Aminosäuren. Als ein weiteres Beispiel wurde ein Array mit Phospho-Peptiden mit einem Phospho-Serinspezifischen Antikörper inku- Messung der durch MicroRNAsvermittelten Regulation der Genexpression Sabine Moter1, Mark Springer2 Abb. 3: Bindungstest eines Phospho-Serin-spezifischen Antikörpers gegen eine Peptid-Bibliothek, bestehend aus 288 Sequenzvariationen. Stärkste Bindung wird bei einer Peptid-Sequenz mit X-TpS-X-Motiv (T = Threonin, pS = Phospho-Serin, X = Gemisch aller Aminosäuren) beobachtet. Detektiert wurde mit einem Sekundärantikörper (Alkalische Phosphatase Konjugat). biert und mittels Sekundärantikörper detektiert (Abb. 3). Zusammenfassung Die hier verwendeten Arrays bieten die Möglichkeit, Interaktionen von Antikörpern, Proteinen und anderen Bindungspartnern an Peptiden zu analysieren. Sie ermöglichen ein paralleles Screening auf identischen Kopien eines Arrays, der mit den gängigsten Detektionsverfahren analysiert werden kann. Literatur [1] Alessi, D. R., et al. (1996): Molecular basis for the substrate specificity of protein kinase B; comparison with MAPKAP kinase-1 and p70 S6 kinase. FEBS Lett. 399(3): 333–338. [2] Pawson, T., and Nash, P. (2003): Assembly of cell regulatory systems through protein interaction domains. Science 300: 445–452. [3] MacBeath, G. (2002): Protein microarrays and proteomics. Nat Genet. 32: Suppl. 526–532. [4] Frank, R., et al. (2004): Patent applied for. [5] Frank, R., et al. (2002): The SPOTsynthesis technique. Synthetic peptide arrays on membrane supports – principles and applications. J. Immunol. Methods 267: 13–26. Korrespondenzadresse: Dr. Ole Brandt INTAVIS AG Im Neuenheimer Feld 583 D-69120 Heidelberg Tel.: 06221-6582 553 Fax: 06221-6582 554 [email protected] 1Applied Biosystems, Darmstadt, 2Applied Biosystems, Foster City, CA, USA 왘 Kleine nicht-kodierende RNAs, so genannte small noncoding-RNAs (sRNAs), spielen eine wichtige Rolle bei der Genregulation, indem sie die Hemmung (Repression), das Ausschalten (Gene Silencing) oder die Verstärkung (Enhancing) der Genexpression vermitteln. Die MicroRNAs (miRNAs), eine Unterklasse der sRNAs, sind regulatorische Moleküle, welche die Aktivität von Genen z. B.. während der Zelldifferenzierung und Embryonalentwicklung kontrollieren. Reife miRNAMoleküle mit einer Länge von 18–25 Nukleotiden gehen aus einem längeren Vorläufermolekül (Precursor) hervor, welches eine Haarnadelstruktur bildet. Mittels der in letzter Zeit entwickelten Real-Time-PCR-Assays ist es möglich geworden, reife miRNAs in unterschiedlichen Zelltypen nachzuweisen und zu quantifizieren. Entdeckung der MicroRNAs 1993 wurde ein Artikel über die Embryonalentwicklung des Fadenwurms Caenorhabditis elegans veröffentlicht[1], in dem die Funktion des Gens für eine kleine non-coding-RNA namens lin4 zum ersten Mal beschrieben wurde. Lin4 war das erste bekannte Gen einer neuen Klasse regulatorischer RNAs, die später MicroRNAs genannt wurden. Das lin4-Gen kodiert ein 22 Nukleotide langes RNA-Molekül, das die Translation einer mRNA in Proteine unterdrückt, die den zeitlichen Verlauf der postembryonalen Entwicklung von C. elegans steuern. In der Folge dieser Entdeckung wurden zahlreiche miRNAs in den Genomen fast aller multizellulären Organismen gefunden. Die nächste Aufgabe ist nun, die Targets all dieser miRNAs in vivo zu identifizieren und die Bedeutung der regulatorischen Aktivität der miRNAs in zentralen biologischen Prozessen zu entschlüsseln. Small non-coding-RNAs Anfänglich wurden miRNAs aus solchen Regionen des Genoms isoliert, die auch als „Junk“DNA bezeichnet werden, da sie nicht für Proteine kodieren. Zu der Klasse der nicht-kodierenden RNAs gehören neben den miRNAs small interfering-RNAs (siRNAs) und short hairpinRNAs (shRNAs). Der Prozess der RNA-Interferenz wurde 1989 von Mello und Fire[2] beschrieben. Hierbei vermitteln doppelsträngige RNA-Moleküle das „Silencing“ homologer Gene durch eine Antisense-Basenpaarung. MicroRNAs unterscheiden sich von anderen Angehörigen der sRNA-Familie in ihrer Wirkungsweise und in den RNA-Molekülen, mit denen sie interagieren. In tierischen Organismen wirken miRNAs häufig durch Repression der Translation des Ziel-mRNA-Moleküls. In der Taufliege Drosophila melanogaster entzifferten Genetiker die Rolle von miRNAs bei der Zellproliferation und dem Zelltod während der Entwicklung[3], und in C. elegans wurde eine Beteiligung bei der Regulation der zeitlichen Abfolge von Entwicklungsprozessen nachgewiesen[3, 4]. Real-Time-PCR-Assays zur Quantifizierung von MicroRNAs Die Aufklärung der Rolle, die miRNAs in biologischen Prozessen wahrnehmen, wird durch BIOspektrum · 2/06 · 12. Jahrgang