4.21 Peptide und Proteine

Werbung
4.21 Peptide und Proteine
2
2
2
5
2 2 2
2
5
2
2
2
2 2
H
H
2
2
H
O
O
2
2
+
N2C 2C
N2C 2C
2
2
H
O2H H
O2H
2
H
H 2C 2H 2
H
2
Protein von griech.
protos, der Erste, das
Ursprüngliche
H
Aminosäure (Alanin)
H
+ Wasser
B2 Formale Bildung eines Dipeptids unter
Wasserabspaltung
xmqar@swb+u
ncybÖß?%9*=&
kmpeä#w§¡
…
Wer sie nicht kennte
Die Elemente,
Ihre Kraft
Und Eigenschaft,
Wäre kein Meister
Über die Geister.
Die deutsche Bezeichnung für Proteine lautet
Eiweiß. Sie leitet sich vom Eiklar des Hühnereis
ab. Eiweiße sind lebenswichtige Bestandteile
der Zellen. So sind beispielsweise Enzyme
(Kap. 4.27 und 4.28), einige Hormone oder auch das Hämoglobin, der rote Blutfarbstoff,
Eiweiße. Aufgrund ihrer Bedeutung nennt man die Eiweiße daher auch Proteine.
Peptidbindung. Proteine sind polymere
Verbindungen aus Aminosäuren. Dabei werden
die Aminosäuren durch Peptidbindungen
untereinander verknüpft. Eine Bindung
entsteht dadurch, dass die a-Aminogruppe des einen Aminosäuremoleküls mit der
Carboxylgruppe eines anderen Aminosäure­
moleküls reagiert. Dabei wird ein Wasser­
molekül abgespalten, die Reaktion ist daher
eine Kondensationsreaktion [B2].
Eine Peptidbindung entsteht, wenn zwei Aminosäuren durch eine Kondensations­
reaktion miteinander reagieren.
B1 Zu Aufgabe 1
152 Naturstoffe
Räumlicher Bau. Röntgenstrukturanalysen
zeigen, dass der C — N-Bindungsabstand in der
Peptidgruppe 132 pm beträgt. Der Bindungs­
abstand zwischen diesen Atomen in Aminen (z. B. Ethylamin (CH3CH2NH2)) liegt dagegen bei
147 pm. Zudem liegen alle an der Peptidgruppe
beteiligten Atome in einer Ebene und zusätzlich herrscht keine freie Drehbarkeit um 2
2
2
5
2
2 2 2
2
5
2 2
2
H
!
2
Dipeptid (Glycylalanin)
H
O
H
C
2
C 2N
C 5 N2
2
O5
O @2
C
C
2
2
2
2
Peptidgruppe
H
2
22
2
2
2
H O
H H
2
O
2
+
N2C 2C 2N2C 2C
2
2
2H
H
O
H
H 2C 2H 2
H
2
C
2
+
2
Aminosäure (Glycin)
B3 Mesomere Grenzformeln der Peptidgruppe
die C — N-Bindungsachse. Diese Befunde kann man durch das Vorliegen von Mesomerie
erklären. Der Bindungszustand kann durch
zwei mesomere Grenzformeln dargestellt
werden [B3].
Bei der Bindung zwischen dem C- und dem
N-Atom liegt ein gewisser Doppelbindungs­
charakter vor, der zum einen den verkürzten
Bindungsabstand und zum anderen die stark eingeschränkte Drehbarkeit erklärt.
Peptide und Polypeptid. Ein Aminosäure­
polymer kann sich aus einer beliebigen Anzahl von Aminosäuren zusammensetzen. Ein Dipeptid wird aus zwei Aminosäuren
gebildet, ein Tripeptid aus drei Aminosäuren
usw. Oft wird das Polypeptid vom Protein
durch die Anzahl der am Aufbau beteiligten
Amino­säuren abgegrenzt. Eine Differenzierung
sollte aber besser auf biochemischer Ebene
erfolgen. Danach sind Polypeptide Amino­
säurepolymere, die keine definierte biologische Funktion im Organismus haben,
während es sich bei Proteinen um Amino­
säurepolymere, mit definierter biologischer
Funktion handelt.
Diese ist an eine bestimmte Abfolge der
Aminosäuren gebunden. Diese Abfolge nennt
man Sequenz.
A1 Erläutern Sie B1 hinsichtlich des Unterschieds zwischen Protein und Polypeptid.
4.22 Eigenschaften und Nachweis von Proteinen
Bezeichnung
Eigenschaften
Vorkommen
Albumine
in Wasser löslich, gerinnen bei 65 °C
im Eiklar,
Blut,
Fleischsaft, in Milch, Kartoffeln
Globuline
löslich in
Salzlösungen,
nicht löslich in
Wasser
im Eiklar,
Blutplasma
(Fibrinogen),
in Muskeln,
Milch
Pflanzen­samen
Skleroproteine
(Gerüsteiweiß)
unlöslich in
Wasser und in
Salzlösungen
Bindegewebe,
Knorpel, Knochen, Federn, Haare,
Nägel, Naturseide
B1 Vorkommen und Eigenschaften einiger wichtiger Proteine
Überall im Organismus kommen Proteine vor.
Sie erfüllen verschiedene Funktionen und
müssen daher verschiedene Eigenschaften
besitzen. Dennoch können sie mit den
gleichen Reaktionen nachgewiesen werden, da sie alle Aminosäurepolymere sind und
aufgrund der Peptidgruppen grundsätzlich
einen gleichen Aufbau besitzen [B2].
Wegen ihrer unterschiedlichen Eigenschaften
werden Proteine in drei verschiedene Gruppen
eingeteilt [B1].
Der Tyndall-Effekt. Bestrahlt man eine klare
Proteinlösung im abgedunkelten Raum mit
einem dünnen Lichtstrahl [V1], erkennt man in der Proteinlösung einen deutlich abgegrenzten „Lichtstreifen“ (Kap. 8.9). Der
Tyndall-Effekt zeigt, dass Proteinlösungen
kolloidale Lösungen sind.
O
H
...
N
R1
C
H
C
N
H
R2
O
H
H
C
N
C
O
R3
C
H
...
C
N
H
Farbreaktionen. Proteine können durch
bestimmte Farbreaktionen erkannt werden.
Die bekannteste Reaktion ist die Biuretreak­
tion [B3]. Dabei erhält man im Alkalischen
nach Zugabe von Kupfer(II)-sulfat-Lösung zu
einer Eiweißlösung eine violette Lösung [V2].
B3 Biuretreaktion.
Violettfärbung von
Kupfer(II)-sulfat-Lösung
weist Eiweiß nach
Für die Xanthoproteinreaktion benötigt man
als Nachweisreagenz konzentrierte Salpetersäure. Es kommt zu einer charakteristischen
Gelb­färbung [B4, V3].
V1 Man löst 0,5 g Gelatine in 200 ml warmem
Wasser auf. Auf eine Taschenlampe wird
eine Lochmaske aus Pappe (Lochdurchmesser ca. 0,5 cm) geklebt. Nach dem
Verdunkeln des Raums wird die Lösung mit
dem gebündelten Strahl von der Seite aus
bestrahlt.
V2 10 ml einer möglichst klaren Proteinlösung
werden mit 10 ml Natronlauge versetzt. Anschließend gibt man einige Tropfen
einer verdünnten Kupfer(II)-sulfat-Lösung (Fehling-I-Lösung) dazu.
V3 Auf ein Stück eines hartgekochten Eies gibt
man wenig konzentrierte Salpetersäure.
B4 Xanthoprotein­
reaktion. Mit Salpetersäure ergibt sich eine
Gelb­färbung
B2 Allgemeiner Aufbau von Proteinen
Naturstoffe 153
4.23 Struktur der Proteine
—
—
H2N
COOH
… Asp—Pro—Ala—Arg—Ser—Tyr—Val—His—Glu—Phe—Lys—Gly—Asn—Ile…
B1 Aminosäuresequenz mit Kürzeln dargestellt
Bei Proteinen unterscheidet man bis zu vier
Ebenen der Molekülstruktur: Die Primär-, die
Sekundär-, die Tertiär- und die Quartärstruktur.
Primärstruktur. Proteine sind Aminosäure­
polymere. Die Reihenfolge der einzelnen
– durch Peptidbindung verknüpften – Aminosäuren, die das Protein aufbauen, bezeichnet
man als Primärstruktur. Die Primärstruktur ist somit identisch mit der Aminosäuresequenz
des Proteins. Um lange Namen für Proteine zu vermeiden, verwendet man für die am
Aufbau beteiligten Aminosäuren die aus drei
Buch­staben bestehenden Kürzel (Kap. 4.18). Per definitionem wird die Aminosäuresequenz
so dargestellt, dass die freie Aminogruppe
(N-terminales Ende) links steht und die
Aminosäure mit der freien Carboxylgruppe
(C-terminales Ende) rechts ist [B1].
Sekundärstruktur. Die Sekundärstruktur eines Proteins beschreibt räumliche Struktur­
elemente, die sich regelmäßig wiederholen.
Die molekularen Ursachen für diese Regel­
mäßigkeit sind die Wasserstoffbrücken, die
zwischen der C O- und der N — H-Gruppe
einer anderen Peptidgruppe auftreten. Da in Proteinen sehr viele Wasserstoffbrücken auftreten, führt dies zu einem sehr starken
Zusammenhalt im Molekül.
a-Helix. Bei sehr großen Aminosäureresten
ordnet sich die Polymerkette bevorzugt als
a-Helix an. Dabei windet sich das Molekül
schraubenförmig um seine Längsachse. Diese
Wendel wird durch intramolekulare Wasser­
stoffbrücken zusammengehalten. Die a-Helix
ist rechtsgängig, d. h. die Windungen der
Proteinkette sind wie bei einem Korkenzieher
angeordnet, die Aminosäurereste weisen nach
außen [B2].
b-Faltblatt. Diese Variante der Sekundär­
struktur beruht auf intermolekularen Wasser­
stoffbrücken zwischen nebeneinander­
liegenden Proteinketten. Die Aminosäure­- reste stehen dabei abwechselnd oberhalb und unterhalb der Peptidgruppenebene [B3]. Oft treten in einem Proteinmolekül
mehrere a-Helices und b-Faltblattstrukturen
neben­einander auf [B4]. Der Rest des Protein­
moleküls bildet strukturell vielgestaltige Be­reiche mit Schlaufen oder spiraligen Struk­- turen.
N-terminal R CH C H N HC O C N R CH C H N HC HC O H N C R R CH N H O C HC O H N C R R CH C-terminal B2 Die a-Helix wird durch Wasserstoffbrücken
zwischen den Peptidbindungen stabilisiert (links),
Schrägeinblick in Richtung der Längsachse der
a-Helix (rechts)
154 Naturstoffe
C-terminal R O H R O N-terminal B3 b-Faltblatt, eine Sekundärstruktur – unterschiedliche Darstellungsmöglichkeiten: Formel­
darstellung (links), Bändermodell (rechts)
S t r u kt u r d e r P rot e i n e
Exkurs BSE
a-Helix und
ß-Faltblatt
(Pfeil weist in N ¥ CRichtung) innerhalb
eines Moleküls
B4 Proteinmolekül mit a-Helices und b-Faltblattstrukturen
Unter der Primärstruktur eines Proteins ver­
steht man seine Aminosäuresequenz. Die
Sekundärstruktur beruht auf dem Vorhanden­
sein von Wasserstoffbrücken. Die beiden
Hauptformen dabei sind die a-Helix und die
ß-Faltblattstruktur.
Ende des 20. Jahrhunderts beunruhigte eine rätsel­
hafte Krankheit bei Rindern die Bevölkerung. Die Krankheit hatte den Namen BSE (Bovine Spongiforme Encephalopathie). Die Namens­
gebung beruhte auf der klinischen Symptomatik,
da bei infizierten Rindern die Gehirnmasse
schwammartig perforiert war. Medizinische Untersuchungen ergaben, dass die Ursache für diese
Krankheit, die auch auf den Menschen übertragbar
war, Proteine waren. Daher fasste man BSE mit
vergleichbaren Krankheiten wie Scrapie (Schaf)
oder nvCJD (Mensch) unter dem Begriff Prionen­
erkrankungen zusammen. Prion leitet sich aus dem Englischen ab (Protein­aceous Infectious particle) und bedeutet soviel wie infektiöses
Protein. Das Protein existiert in einer normalen,
gesunden Konformation und in einer krankheitsauslösenden. Der Unterschied liegt lediglich in der
Sekundärstruktur.
Während bei der gesunden Konformation der
a-Helix-Anteil überwiegt, ist bei der krankheitsauslösenden Konformation der b-Faltblattanteil
abnormal hoch [B5].
A1 Zeichnen Sie die Formel des Tetrapeptids
mit folgender Primärstruktur: Ala — Ser — Arg — Trp.
A2 Zeichen Sie die Formeln aller möglichen
Dipeptide, die aus den Aminosäuren Alanin
und Glycin gebildet werden können.
A3 Ein Dipeptid ist aus den Aminosäuren Lysin
und Valin (Lys — Val) aufgebaut. Begründen
Sie, an welchem Stickstoffatom bevorzugt
eine Protonierung stattfinden wird.
A4 Recherchieren Sie im Internet, welche Proteine einen besonders hohen a-Helixbzw. b-Faltblattanteil haben.
A5 Informieren Sie sich über die Krankheit
Kuru. Beschreiben Sie die Ursache und
Symptome der Krankheit.
B5 Protein mit normaler Konformation (links),
krankheitsauslösende Konformation (rechts)
Solche Übergänge bei der Sekundärstruktur treten
aber auch bei natürlichen Vorgängen auf. So wird
z. B. aus der Helixstruktur der Moleküle von tierischer Wolle in feuchter Wärme unter Ein­
wirkung von Zugkraft eine glatte Faltblattstruktur,
da Wasserstoffbrücken neu ausgebildet werden. Diesen Vorgang macht man sich u. a. beim Bügeln
zunutze.
Naturstoffe 155
Str u ktur der Proteine
Exkurs Haarformung und Proteinstruktur
Asn
Viele Vorgänge, die beim Umformen von Haaren
ab­laufen, lassen sich durch die Veränderung der Proteinstruktur erklären. Föhnfrisur. Haare sind sehr elastisch, besonders in
feuchtem Zustand. Unter Zugbelastung wandelt sich die
a-Helixstruktur des Keratins in eine b-Faltblattstruktur
um. Dabei werden z. B. Bindungen zwischen Ammoniumund Carboxylatgruppen durch Hydratisierung gelöst und Wasserstoff­brücken geöffnet. Wird das Haar getrocknet, werden neue Bindungen und Wasserstoffbrücken
zwischen benachbarten Proteinfäden ausgebildet. Die
Veränderung bleibt bestehen, auch wenn die Zugbelastung nachlässt. Durch
Einwirkung von Feuchtigkeit wird sie jedoch wieder rückgängig gemacht, die ursprüngliche a-Helixstruktur entsteht wieder. Föhnfrisuren sind nicht
wetter­beständig. Dauerwelle. Die Verformung der Haare nach dem Dauerwellverfahren beruht
darauf, dass Disulfid­brücken zwischen zwei Cysteinmolekülen von demselben
oder von zwei verschiedenen Peptidsträngen geöffnet und nach gewünschter
Form­gebung der Haare wieder geschlossen werden. Davon sind etwa 20 % der im Haar vorhandenen Disulfid­brücken betroffen. Im Gegensatz zur Föhn­
welle werden Elektronenpaarbindungen verändert. Die so erzielten Frisuren sind
wetterfest und einige Monate haltbar.
Beim Dauerwellverfahren laufen Redoxprozesse ab. Als Reduktionsmittel
(„Wellmittel“) wird in den meisten Fällen eine alkalische Lösung von Ammo­
niumthioglykolat (HS — CH2 — COO–NH4+ ) mit einem pH-Wert zwischen 7,5 und
8,5 eingesetzt. Als Oxidationsmittel („Fixiermittel“) wird Wasserstoffperoxid­
lösung (w = 1 bis 2 %) verwendet.
Die Prozesse bei der Erzeugung einer Dauerwelle lassen sich in folgende
Abschnitte gliedern:
a) Öffnen der Disulfidbrücken:
–
NH4 + OOC — CH2 — SH +
Disulfidbrücke
Haar
Reduktionsmittel („Wellmittel“):
Cys — S — S — Cys
+ HS — CH2 — COO– NH4+
Ammoniumthioglykolat
–
–
Cys — SH + HS — Cys + NH4 + OOC — CH2 — S — S — CH2 — COO NH4+
b) Legen der neuen Frisur und Ausspülen von überschüssigem Wellmittel. c) Schließen der Disulfidbrücken unter Verknüpfung von Cysteineinheiten, die durch
das Legen der Frisur in die gewünschte Position gebracht werden:
Oxidationsmittel („Fixiermittel“):
CH2
C
O
N H
H
H
H N
O
C
CH2
CH2
Lys
a-Helix
CH2
CH2
CH2
CH2
N H
H
H
O
O
C
CH2
CH2
S
S
CH2
Phe
Asp
Ionenbindung
Vander-WaalsKräfte
Echte Bindungen 1. Disulfidbrücken: Sie entstehen, wenn zwei
Cysteinreste miteinander reagieren.
2. Ionenbindung zwischen funktionellen
Gruppen.
Zwischenmolekulare Kräfte
3. Wasserstoffbrücken
4. Van-der-Waals-Kräfte
Quartärstruktur. Bilden mehrere Proteinmoleküle eine gemeinsame Funktionseinheit, spricht
man von einer Quartärstruktur. Dabei werden
die einzelnen Proteinketten durch die gleichen
Bindungskräfte zusammengehalten wie bei
einer Tertiärstruktur. Das bekannteste Beispiel
für ein Molekül mit Quartärstruktur ist das
Hämoglobin [B7].
b1-Globulin
+ 2 H2O
b2-Globulin
Häm
a1-Globulin
Das Hämoglobin besteht aus vier Protein-Untereinheiten, an die zusätzlich je eine Hämgruppe gebunden ist. Nur diese Struktur kann Sauerstoff binden. a2-Globulin
B7 Hämoglobin, Quartärstruktur
Naturstoffe
Disulfidbrücke
Tertiärstruktur. Um die räumliche Anordnung
aller Atome eines Proteins zu erklären, muss
man die Wechselwirkungen zwischen den Amino­- säureresten berücksichtigen [B6]. Es ergibt sich
die Tertiärstruktur. Ein Beispiel für eine Ter­tiär­- struktur ist in B4 abgebildet. Für die Aus­­- bildung der Tertiärstruktur sind von Bedeutung:
Wasserstoffperoxid
156 Cys
B6 Tertiärstruktur einer a-Helix. Verschiedene
Wechselwirkungen können daran beteiligt sein
Cys — SH + HS — Cys + H2O2
Cys — S — S — Cys
Cys
CH2
CH2
Gln
Wasserstoffbrücken
Phe
4.24 Denaturierung
Die Veränderung der räumlichen Struktur eines
Proteins bezeichnet man als Denaturierung.
Häufig geht dabei auch die biologische
Funktion des Proteins verloren. Dabei sind die
Sekundär-, Tertiär- und damit eventuell auch
die Quartärstruktur betroffen. Die Primär­
struktur ändert sich dabei in der Regel nicht.
Eine Proteindenaturierung ist meistens ein
nicht umkehrbarer Vorgang. Verschiedene
Bedingungen führen zur Denaturierung von
Proteinen:
B1 Käseherstellung
Hitze. Disulfidbrücken, Ionenbindungen,
Wasserstoffbrücken und Van-der-Waals-Kräfte
werden „aufgebrochen“ und es bilden sich an
neuen bzw. anderen Stellen Bindungen bzw.
zwischenmolekulare Kräfte aus. Dadurch
ändern sich sowohl die räumlichen Verhältnisse innerhalb eines Proteinmoleküls als auch
zwischen den Molekülen. Dadurch kommt es
beispielsweise beim Braten eines Eies zu den
bekannten Ergebnissen [B2].
pH-Wert. Durch die Protonierungen der
Seitenketten ändern sich schlagartig die
elektrischen Ladungsverhältnisse, sodass viele
Bindungen auseinanderbrechen. Ein bekanntes Phänomen dafür ist das Koagulieren
(flockig werden) des Milchproteins, wenn
Milch sauer wird.
Reduktionsmittel. Sie können Disulfidbrücken
spalten. Dieser Vorgang kann umgekehrt
werden, z. B. beim Dauerwellverfahren [Exkurs
Haarformung und Proteinstruktur].
Salze bewirken das Aussalzen, einen Verlust
der Hydrathülle. Viele Gemüsesorten werden
vor der Zubereitung gesalzen, um Wasser zu
entziehen und die Geschmacksintensität zu
steigern. Dabei werden Proteine denaturiert.
Schwermetallionen binden an Amino­
säurereste, stören so die elektrostatischen
Wechselwirkungen und verändern die
Tertiärstruktur. Darauf beruht die hohe
Giftigkeit von Blei- und Quecksilbersalzen.
Auch radioaktive Strahlung führt zur Denaturierung von Proteinen.
B2 Braten eines
Spiegeleis
Als Denaturierung bezeichnet man die meist nicht umkehrbare Veränderung der
räumlichen Struktur von Proteinen.
Positive Aspekte der Denaturierung. Die
Denaturierung von Proteinen hat nicht nur
Nachteile, sie kann auch von Vorteil sein, z. B.
wenn man in diesem Zusammenhang die
Bereiche Ernährungsphysiologie und Lebensmitteltechnologie betrachtet. Proteine, die mit
der Nahrung aufgenommen wurden, können
nur dann von Enzymen (Kap. 4.27 und 4.28)
abgebaut werden, wenn sie zuvor durch Hitze
(Kochen, Braten) oder Säure (Salzsäure des
Magens) denaturiert wurden. Bei der Käse­
herstellung [B1] werden die Caseine der Milch
ent­weder durch Säure oder Lab (ein Enzym)
ausgefällt.
V1 Verrühren Sie das Eiklar eines Hühnereiweißes mit 200 ml Wasser. Geben Sie
in Einzelversuchen zu je 5 ml des Filtrats
a) 3 ml Salzsäure (c = 1 mol · l–1), b) 10 ml
Ethanol, c) 2 g Ammoniumsulfat.
A1 Informieren Sie sich, worum es sich beim
„Autoklavieren“ handelt und welche Dinge
bei diesem Vorgang beachtet werden
müssen. Stellen Sie den Zusammenhang
zwischen Autoklavieren und Denaturierung
her.
A2 a) Recherchieren Sie, welche Schutzfunktion Fieber für den Menschen hat. b) Begründen Sie, weshalb hohes Fieber
über eine längere Zeitspanne lebens­
gefährlich sein kann.
Naturstoffe 157
Herunterladen