Das adaptive Immunsystem - Institut für Immunologie

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Prinzip & Perspektive | Review article
Das adaptive Immunsystem
Adaptive immunity
Autoren
T. Kamradt 1 K. Ferrari-Kühne 1, 2
Institut
1 Institut für Immunologie, Universitätsklinikum Jena
2 Klinik für Herz-Thoraxchirurgie, Universitätsklinikum Jena
Immunologie
Einleitung
5
Schlüsselwörter
T-Lymphozyten
B-Lymphozyten
T-Helferzellen
regulatorische T-Zellen
Antikörper
Immundefekte
q
q
q
q
q
q
Keywords
T-lymphocytes
B-lymphocytes
T-helper cells
regulatory T-cells
antibodies
immunodeficiency
q
q
q
q
q
q
eingereicht 5.6.2011
akzeptiert 1.8.2011
Bibliografie
DOI 10.1055/s-0031-1281577
Dtsch Med Wochenschr 2011;
136: 1678–1683 · © Georg
Thieme Verlag KG Stuttgart ·
New York · ISSN 0012-0472
Korrespondenz
Prof. Dr. med.
Thomas Kamradt
Institut für Immunologie
Universitätsklinikum Jena
07740 Jena
Tel. 03641/938780
eMail thomas.kamradt{at}
med.uni-jena.de
Zum adaptiven Immunsystem zählen die B- und
T-Lymphozyten sowie die von ihnen produzierten Effektormoleküle. Zwei wesentliche Eigenschaften kennzeichnen das adaptive Immunsystem: Die Zellen besitzen klonale Rezeptoren, und
sie bilden das immunologische Gedächtnis. Angeborene oder erworbene Immundefekte, bei denen wesentliche Elemente des adaptiven Immunsystems fehlen oder gestört sind, verlaufen
unbehandelt tödlich.
Unser Überleben hängt davon ab, dass unsere
Lymphozyten in der Lage sind, jeden nur denkbaren Krankheitserreger zu erkennen und zu beseitigen. Gleichzeitig darf das Immunsystem den
eigenen Organismus nicht schädigen. Das adaptive Immunsystem muss also zwei im Gegensatz
zueinander stehende Bedingungen erfüllen: maximale Diversität und Vermeidung von Autoreaktivität. Die grundlegenden molekularen Mechanismen zur Generierung von Diversität des Bund T-Zellrezeptor-Repertoires sind gleich.
Generation von Diversität
5
B- und T-Zell-Rezeptoren sind Heterodimere, die
aus einer schweren und einer leichten Kette bestehen. Bei B-Zell-Rezeptoren (BZR) spricht man von
schwerer und leichter Kette, bei T-Zell-Rezeptoren
(TZR) wird die schwere Kette als TZR-Kette und die
leichte Kette als TZR-Kette bezeichnet. Die leichten
Ketten bestehen aus drei Segmenten die englisch als
constant, joining und variable regions oder abgekürzt als C-, J- und V-Regionen bezeichnet werden.
Die schweren Ketten weisen noch ein weiteres Segment auf, die diversity region (D), so dass sie aus den
vier Elementen C, J, D und V bestehen. B- und TLymphozyten Rezeptoren entstehen durch die zufällige Rekombination der Vielzahl von Genen, die
für die unterschiedlichen Regionen kodieren kön-
nen. So gibt es 70 verschiedene TZR-V-Gen-Elemente, 61J-Gen-Elemente und ein C-Gen-Element. Zur Produktion der leichten Kette des TZR
werden aus diesem Baukasten jeweils ein V- und
ein J-Gen-Element zufällig gewählt und mit dem
C-Gen-Element kombiniert. So ergeben sich 4270
unterschiedliche Möglichkeiten, eine TZR-Kette
zusammenzusetzen. Für die schwere Kette des TZR
stehen 52 V-, 2 D-, 13 J- and 2 C-Gen-Elemente
zur Auswahl; es ergeben sich also 2704 unterschiedliche Möglichkeiten für TZR-Ketten und
demzufolge rund 11,5 Millionen unterschiedliche
TZR/-Kombinationen. Das ist beeindruckend,
aber noch lange nicht genug. Durch Ungenauigkeiten beim Zusammenfügen der einzelnen Gen-Elemente werden zusätzlich noch sogenannte N-Regionen eingebaut. Die zufällige Kombination aller
möglichen Elemente würde die Produktion von ca.
1015 unterschiedlichen TZR erlauben; das sind weit
mehr Möglichkeiten für unterschiedliche TZR als TLymphozyten im Organismus vorhanden sind. Ähnliche Zahlen gelten für die Zusammensetzung von
B-Zell-Rezeptoren. Für maximale Diversität ist also
gesorgt. Allerdings entstehen bei diesem zufälligen
Prozess der Rekombination von Gen-Elementen
nicht nur nützliche, sondern auch nutzlose und sogar schädliche (autoreaktive) Rezeptoren. Damit
stellt sich die Frage: Wie reguliert der Organismus
sein Repertoire an B- und T-Zell-Rezeptoren so, dass
möglichst keine reifen T- oder B-Zellen mit nutzlosen oder schädlichen Rezeptoren zirkulieren?
kurzgefasst
B- und T-Lymphozyten sind die Zellen des
adaptiven Immunsystems. Sie verfügen
über ein hochdiverses Repertoire an individuellen, klonalen Antigenrezeptoren. Diese
Rezeptoren werden durch die sogenannte
somatische Rekombination verschiedener
Gen-Elemente zufällig zusammengefügt.
Daraus ergibt sich, dass auch schädliche, autoreaktive Rezeptoren gebildet werden.
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B-Lymphozyten
5
Effektorfunktionen von Antikörpern
5
Die wesentliche Effektorfunktion der B-Lymphozyten ist die
Produktion von Antikörpern (Immunglobuline). Sie werden auf
der Zellmembran von B-Lymphozyten exprimiert und deshalb
auch als B-Zell-Rezeptor bezeichnet. Außerdem werden Antikörper von B-Lymphozyten und Plasmazellen sezerniert und
sind im Serum und anderen Körperflüssigkeiten nachweisbar.
Die Bindung eines Antikörpers an sein Antigen ist hochspezifisch. Schon kleinste Änderungen in der Struktur des erkannten
Antigens können dazu führen, dass der Antikörper nicht mehr
bindet. Die Bindung von Antigen an den membrangebundenen
Antikörper induziert verschiedene Effektorfunktionen von BLymphozyten. Dazu gehören die Proliferation und die Produktion von Zytokinen, mit denen andere immunologisch relevante
Zellen aktiviert werden. So ist die Produktion bestimmter Zytokine von B-Lymphozyten die Voraussetzung dafür, dass Lymphknoten gebildet werden. Zwei andere wesentliche Funktionen,
die durch Bindung von Antigen an den B-Zell-Rezeptor ausgelöst
werden sind die somatische Hypermutation und der Klassenwechsel.
Antikörper verbinden die hohe Antigenspezifität des adaptiven
mit den Effektorfunktionen des angeborenen Immunsystems.
Ein Antikörper, der Antigen gebunden hat, kann mit seiner konstanten Region, dem Fc-Teil, an Fc-Rezeptoren (FcR) von Effektorzellen wie z.B. Makrophagen, Granulozyten oder Mastzellen
binden (q Abb. 1). Es gibt spezifische Fc-Rezeptoren für die einzelnen Isotypen, also z.B. Fc-Rezeptoren für IgG und FcR für
IgE. Die Bindung von Antikörpern an diese FcR induziert zellspezifische Effektorfunktionen. So führt die Bindung von Antigenbeladenen IgE Antikörpern an die FcR von Mastzellen zur Freisetzung von Histamin und anderen Effektormolekülen der
Mastzelle; die Bindung von Antigen-beladenen IgG-Antikörpern
an die FcR von Makrophagen führt zur rezeptorvermittelten
Phagozytose des Antigens, und die Bindung von Antigen-beladenen Antikörpern an die FcR natürlicher Killerzellen (NK-Zellen) induziert die Zytolyse der Antikörper beladenen Zellen. Antikörper, insbesondere IgM, aktivieren den klassischen Weg der
Komplementkaskade (s. q Abb. 1). Dies ist eine wesentliche Effektorfunktion bei der Abwehr bekapselter Bakterien. Allerdings
können auch Autoantikörper, die z.B. an Erythrozyten oder Leukozyten binden, Komplement aktivieren, ein wesentlicher Effektormechanismus z.B. bei autoimmun bedingten Anämien.
Die somatische Hypermutation bewirkt, dass im Laufe einer Immunantwort die gegen ein bestimmtes Antigen gebildeten Antikörper mit zunehmend höherer Affinität an das Antigen binden
(Affinitätsreifung). Der zugrundeliegende Mechanismus sind
Mutationen in den Genen, die für die variablen (Antigen-bindenden) Komponenten des Antikörpermoleküls kodieren. Infolgedessen exprimieren die Tochterzellen auf ihrer Zellmembran
nicht exakt den gleichen B-Zellrezeptor. Stattdessen weisen die
B-Zellrezeptoren der neu gebildeten Tochterzellen unterschiedliche Mutationen auf. Manche dieser Mutationen haben zur Folge, dass das Antigen nicht mehr erkannt werden kann. Andere
Mutationen führen dazu, dass die Tochterzelle das Antigen noch
besser erkennen kann als die ursprüngliche Zelle. Solche Zellen
haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, das Antigen zu binden
und damit erneut zur Proliferation stimuliert zu werden. Bei
den anschließenden Zellteilungen entstehen abermals Mutationen in den Antikörper-kodierenden Genen. Wieder werden diejenigen Zellen, deren B-Zellrezeptor mutationsbedingt eine höhere Affinität für das Antigen aufweist, mit größerer Wahrscheinlichkeit an das Antigen binden und proliferieren als Zellen, bei denen die Affinität für das Antigen gleich geblieben oder
mutationsbedingt vermindert ist. Es werden also B-Zellen selektioniert, die besonders gut an das Antigen binden. Die somatische Hypermutation ist eine exklusive Eigenschaft der B-Lymphozyten. T-Lymphozyten sind nicht zur Optimierung ihrer Rezeptoren durch somatische Hypermutation in der Lage.
Neben der variablen, Antigen-bindenden Region haben Antikörper auch eine konstante Region (q Abb. 1). Dieser sogenannte
Fc-Teil ist für antikörpervermittelte Effektorfunktionen von großer Bedeutung. Anhand ihrer konstanten Regionen werden die
Antikörper in unterschiedliche Klassen oder Isotypen eingeteilt
und als IgM, IgD, IgG, IgA und IgE bezeichnet. Im Verlauf einer
Immunantwort wechselt der Isotyp der produzierten Antikörper von IgM zu einem anderen Isotyp, nämlich IgG, IgA oder IgE.
Die antigenbindende Region der Antikörper ändert sich dabei
nicht. Verändert werden durch diesen als Klassenwechsel bezeichneten Vorgang nur die Effektorfunktionen der Antikörper,
nicht jedoch ihre Antigenspezifität.
Gedächtnis
5
Die initiale adaptive Immunantwort auf ein Antigen verläuft relativ langsam und ineffizient. So dauert es ca. eine Woche bis
nach Erstinfektion Antikörper vom IgM-Typ gegen einen Erreger
nachweisbar sind und noch deutlich länger bis IgG-Antikörper
nachweisbar sind. Beim zweiten oder wiederholten Kontakt mit
dem gleichen Erreger ist ein Titeranstieg der IgG-Antikörper
sehr viel rascher und auf ein deutlich höheres Niveau zu beobachten als bei der Erstinfektion. Dieses immunologische Gedächtnis ist eine exklusive Eigenschaft des adaptiven Immunsystems. Zellen des angeborenen Immunsystems bilden kein
Gedächtnis; die Reaktion von z.B. Makrophagen oder natürlichen Killerzellen auf ein bestimmtes Antigen ist stereotyp und
ändert sich auch nach wiederholtem Antigenkontakt nicht. Das
Antikörper-Gedächtnis wird im Wesentlichen von langlebigen
Plasmazellen vermittelt, die nach einer durchgemachten Immunantwort ins Knochenmark wandern und dort beständig Antikörper produzieren, unabhängig davon, ob das Antigen im Organismus noch vorhanden ist, oder nicht. Unter günstigen Bedingungen können solche Plasmazellen über Jahrzehnte im Knochenmark überleben.
kurzgefasst
B-Lymphozyten und Plasmazellen produzieren Antikörper.
Membrangebundene Antikörper sind die B-Zell-Rezeptoren. Antikörper sind in der Lage, lösliche Antigene zu erkennen. Die Effektorfunktionen der Antikörper werden
über ihre Fc- Region vermittelt. Wesentliche Effektorfunktionen der Antikörper sind die Komplementaktivierung
und die Aktivierung von Effektorzellen, z.B. Granulozyten
oder Makrophagen, die spezifische Rezeptoren für die FcRegionen der Antikörper exprimieren. Langlebige Plasmazellen sind die Träger des Antikörpergedächtnisses.
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Antikörper
Antigen
VH
Fab
Fc
VL
Antigen
CH
CL
FcγR
C1q
Makrophage
Komplement-Aktivierung
(Klassischer Weg)
Makrophagen-Aktivierung
Abb. 1 Antikörper aktivieren Komplement und Effektorzellen. Antikörper haben eine variable Region, das sogenannte Fab-Fragment, mit der sie Antigen binden. Die variable Region ist für jeden Antikörper individuell, hier gibt es eine sehr hohe Diversität. Antikörper haben auch eine konstante Region, die
der Aktivierung von Effektorfunktionen dient. Hier ist die Diversität äußerst begrenzt. Anhand ihrer konstanten Region können die Antikörper in die Isotypen IgM, IgD, IgG, IgA und IgE eingeteilt werden. Die molekulare Struktur der konstanten Region ist bei allen Antikörper eines gegebenen Isotyps, also z.B.
IgE, identisch. Die Bindung des Komplement-Proteins C1q an Antikörper aktiviert den klassischen Weg der Komplementkaskade. Voraussetzung ist, dass der
Antikörper Antigen gebunden hat. Dadurch ändert sich die räumliche Struktur des Fc-Teils, sodass C1q binden kann. Freie Antikörper sind nicht in der Lage,
Komplement zu aktivieren. Fc-Fragemente können auch an spezialisierte Rezeptoren auf Effektorzellen binden und so die Effektorfunktion dieser Zellen aktivieren. So wird die Antigenspezifität des adaptiven Immunsystems (Antigenerkennung durch Antikörper) mit den Effektorfunktionen von Zellen des angeborenen Immunsystems (z.B. Leukozyten, Mastzellen) verbunden.
T-Lymphozyten
5
T-Lymphozyten exprimieren einen klonalen Antigenrezeptor,
den T-Zell-Rezeptor (TZR), zusammen mit dem CD3-Molekül
auf ihrer Zellmembran. Im Folgenden werden ausschließlich die
sogenannten -T-Zellen betrachtet, welche die überwiegende
Mehrheit der im Blut zirkulierenden T-Zellen ausmachen. Die
Antigenerkennung durch T-Lymphozyten unterscheidet sich
grundsätzlich von der Art, wie B-Lymphozyten Antigen erkennen. T-Lymphozyten sind nicht in der Lage, lösliche Antigene zu
erkennen. Sie erkennen ausschließlich Proteinfragmente (Peptide), die an sogenannte MHC-Moleküle gebunden sind. Jeder individuelle TZR erkennt die Kombination aus einem bestimmten
Peptid, das an ein bestimmtes Selbst-MHC-Molekül gebunden
ist. Wird das gleiche Peptid von einem anderen MHC-Molekül
präsentiert, so wird der TZR es normalerweise nicht erkennen.
Dies wird als die MHC-Restriktion der Antigenerkennung durch
T-Zellen bezeichnet.
T-Lymphozyten werden anhand der von ihnen erkannten Antigene und ihrer Effektorfunktionen in zwei wesentliche Sub-Populationen eingeteilt, die CD4+ T-Helferzellen und die CD8+ zytotoxischen T-Zellen. CD4+ T-Helferzellen erkennen Peptide, die
an MHC-Klasse-II-Moleküle gebunden sind (q Abb. 2). MHCKlasse-II-Moleküle werden im Normalfall ausschließlich von sogenannten professionellen Antigen-präsentierenden Zellen exprimiert, also von dendritischen Zellen, Makrophagen und BLymphozyten. Dendritische Zellen und Makrophagen nehmen
ständig Antigene aus ihrer unmittelbaren Umgebung durch Phagozytose und Pinozytose (dendritische Zellen) auf. Im Unterschied zu dendritischen Zellen und Makrophagen sind B-Zellen
nicht zur Phagozytose in der Lage. B-Lymphozyten internalisieren Antigen, das spezifisch an ihren B-Zellrezeptor gebunden
hat. Die aufgenommenen Proteine werden in der Zelle proteolytisch zersetzt und Peptidfragmente dieser Proteine werden gemeinsam mit MHC-Klasse-II-Molekülen auf der Oberfläche der
Zellen präsentiert.
Dendritische Zellen und Makrophagen präsentieren auf ihren
MHC-Klasse-II-Molekülen unselektiert Peptidfragmente sämtlicher Protein-Antigene, die sie aufgenommen haben. Sie unterscheiden also nicht zwischen Selbst und Nicht-Selbst und präsentieren zu jeder Zeit auch Selbst-Peptide. Dadurch ergibt sich
ein Problem: Wie verhindert das Immunsystem die Aktivierung
von T-Lymphozyten durch die Erkennung von Selbstantigenen,
die ihnen jederzeit von APZ präsentiert werden?
CD4+ T-Helferzellen benötigen ko-stimulatorische
Signale
Ein Teil der Lösung ist, dass Antigenerkennung allein nicht hinreichend für die Aktivierung von T-Lymphozyten ist. Zur Aktivierung einer T-Zelle sind mehrere Signale gleichzeitig erforderlich; die Erkennung von Antigen durch den TZR wird dabei als
Signal 1 bezeichnet. In Abwesenheit weiterer Signale führt die
Antigenerkennung durch den TZR also normalerweise nicht zur
Aktivierung der T-Zelle. Im Gegenteil, Signal 1 alleine kann Apoptose oder Anergie der T-Zelle induzieren. Zur Aktivierung der
T-Lymphozyten bedarf es weiterer, sogenannter ko-stimulatorischer Signale. Diese müssen ebenfalls von den Antigen-präsentierenden Zellen geliefert werden. In der Zellmembran von TLymphozyten sind eine Reihe ko-stimulatorischer Rezeptoren
verankert. Ein wichtiger ko-stimulatorischer Rezeptor ist das
CD28-Molekül. CD28 bindet an ko-stimulatorische Liganden
(CD80 oder CD86), die von den antigenpräsentierenden Zellen
exprimiert werden. Die Expression der ko-stimulatorischen Liganden auf den APZ ist reguliert. Wenn die APZ Gefahrensignale
wahrnehmen, typischerweise in Form evolutionär konservierter
mikrobieller Moleküle, wird dadurch die Expression der ko-stimulatorischen Liganden verstärkt; die APZ wird also in die Lage
versetzt, der T-Zelle nicht nur Antigen zu präsentieren, sondern
auch das ko-stimulatorische Signal 2 zu geben. Diese Kombination aus Antigenerkennung (Signal 1) und ko-stimulatorischen
Signalen (Signal 2) ist die Voraussetzung für die Aktivierung von
T-Zellen. Im Steady-state exprimieren die APZ normalerweise
nicht genügende ko-stimulatorische Liganden, um naive T-Zel-
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Ko-stimulatorischer
Rezeptor
Pathogen
T-Lymphozyt
Antigen-präsentierende
Zelle (APZ)
Proteolytischer Verdau
(Lysosomen)
MHC-Molekül mit
Peptidfragment
Abb. 2 T-Lymphozyten erkennen Peptide, die
an MHC-Moleküle gebunden sind. Spezialisierte
Antigen-präsentierende Zellen, dargestellt ist
eine dendritische Zelle, phagozytieren Pathogene. Im Zuge der Antigenprozessierung werden
die aufgenommenen Erreger lysiert, die Proteine
zu Bruchstücken (Peptiden) verarbeitet, die
schließlich zusammen mit MHC-Klasse-II-Molekülen zur Zellmembran transportiert und dort den
T-Lymphozyten präsentiert werden. Der T-ZellRezeptor ist spezifisch für einen bestimmten
Peptid-MHC-Komplex. Antigenerkennung allein
ist nicht hinreichend für die T-Zellaktivierung.
Zusätzlich müssen noch ko-stimulatorische
Rezeptoren der T-Zelle mit ihren Liganden auf
der Antigen-präsentierenden Zelle interagieren.
T-Zell-Rezeptor (TZR)
erkennt Peptid + MHC
len aktivieren zu können. So wird erreicht, dass die Präsentation
mikrobieller Antigene, nicht aber die Präsentation von Selbstantigenen zur T-Zell-Aktivierung führt (q Abb. 2).
Die Aktivierung von T-Lymphozyten wird nicht nur durch kostimulatorische Signale gesteuert, sondern auch durch inhibitorische Signale. T-Zellen exprimieren jederzeit den ko-stimulatorischen Rezeptor CD28. Nach Aktivierung durch Antigenerkennung und Ko-Stimulation exprimieren T-Zellen zusätzlich den
inhibitorischen Rezeptor CD152 (CTLA4). CD152 bindet an die
gleichen Liganden wie CD28, nämlich an CD80 und CD86 allerdings mit einer ca. 1000-fach höheren Affinität. Wenn also eine
aktivierte T-Zelle sowohl CD28 als auch CD152 exprimiert, dann
kann der inhibitorische Rezeptor CD152 aufgrund seiner höheren Affinität CD28 von den ko-stimulatorischen Liganden verdrängen. Dies führt zu einer Hemmung der T-Zelle und ist ein
wichtiger Mechanismus für die Begrenzung von Immunantworten. Dieser inhibitorische Mechanismus wird therapeutisch genutzt. Bei der Erkrankung von Autoimmunkrankheiten wie z.B.
der Psoriasis oder der rheumatoiden Arthritis kann ein lösliches
CD152-Molekül eingesetzt werden. Dieses lösliche CD152 bindet mit hoher Affinität an CD80 und CD86 und hemmt so die
ko-stimulatorische Interaktion zwischen T-Lymphozyten und
antigenpräsentierenden Zellen.
kurzgefasst
T-Lymphozyten erkennen Peptidfragmente, die an MHCMoleküle körpereigener Zellen gebunden sind. CD4+ T-Helferzellen (Th) erkennen Peptide, die an MHC-Klasse-II-Moleküle spezialisierter Antigen-präsentierender Zellen gebunden sind. CD8+ zytotoxische T-Zellen erkennen Peptide die
an MHC-Klasse-I-Moleküle gebunden sind. Zur Aktivierung
der T-Zellen ist Antigenerkennung allein nicht ausreichend; es werden zusätzliche ko-stimulatorische Signale
von den Antigen-präsentierenden Zellen benötigt.
Funktionelle Differenzierung von Th-Lymphozyten.
Die wichtigste Effektorfunktionen von Th-Lymphozyten sind
Proliferation, Zytokinproduktion und B-Zell-Hilfe. Es hat sich
bewährt, die CD4+ Lymphozyten anhand ihrer Zytokinproduktion in verschiedene Subpopulationen einzuteilen:
Th1-Zellen produzieren vor allem Interferon (IFN)- und Tumornekrosefaktor (TNF)-. IFN- ist wesentlich für die Aktivierung von Phagozyten. Diese benötigen IFN-, um intrazelluläre
Erreger (z.B. Salmonella spp., Mykobakterien) effektiv beseitigen zu können. Folgerichtig sind Erkrankungen mit verminderter Produktion von IFN- oder Störungen im vom IFN--Rezeptor
ausgehenden Signalweg klinisch durch systemische Infektionen
mit intrazellulären Bakterien gekennzeichnet. IFN- fördert den
Klassenwechsel von IgM nach IgG1 und hemmt die Differenzierung von Th2- und Th17-Zellen. IFN- produzierende Th-Zellen
sind allerdings auch mit bestimmten Autoimmunkrankheiten
wie z.B. der Multiplen Sklerose assoziiert.
Th2-Zellen produzieren vor allem Interleukin (IL)-4, -5, -13 und
-25. Dies sind wesentliche instruierende Signale für den Klassenwechsel von Antikörpern und deshalb kritisch für die Abwehr extrazellulärer Erreger. IL-4 und IL-5 sind u.a. entscheidend für den Klassenwechsel nach IgE, deshalb sind Th2-Zellen
ein wesentlicher pathogenetischer Faktor bei Allergien. IL-4
hemmt die Differenzierung von Th1- und Th17-Zellen.
Th17-Zellen produzieren vor allem IL-17A, IL-17F und IL-22. Sie
stimulieren die Produktion und Reifung neutrophiler Granulozyten und sind auch für die Attraktion und Aktivierung neutrophiler Granulozyten von entscheidender Bedeutung. Eine verminderte Differenzierung oder Funktion der Th17-Zellen geht
mit einer verstärkten Anfälligkeit insbesonder für Pilzinfektionen (z.B. Candida spp.) einher. Eine dysregulierte (zu viel, am
falschen Ort) Produktion von IL-17 wird bei vielen chronisch
entzündlichen Erkrankungen, z.B. rheumatoider Arthritis oder
Multipler Sklerose beobachtet. In Tiermodellen sind Th17-Zellen wesentlich für die Pathogenese von Autoimmunkrankheiten.
Regulatorische T-Zellen, Treg-Zellen, sind ebenfalls CD4+ TLymphozyten. Allerdings besteht ihre Aufgabe nicht darin, bestimmte immunologische Effektorfunktionen zu initiieren oder
zu verstärken. Stattdessen inhibieren sie Immunantworten. Zu
diesem Zweck verfügen sie über verschiedene Mechanismen.
Zum einen können Treg immunsuppressive Zytokine wie z.B.
IL-10 oder Transforming growth factor (TGF)  sezernieren. Ein
anderes wesentliches Wirkprinzip ist, dass die Treg den Wachstumsfaktor IL-2 konsumieren, den aktivierte T-Zellen zum
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Ko-stimulatorischer Ligand
1681
Prinzip & Perspektive | Review article
Überleben benötigen. Zudem können die Tregs auch die Antigen-präsentierenden Zellen beeinflussen, so dass diese ihre stimulatorische Kapazität für die T-Zellaktivierung verlieren. Etwa
5–10% unserer CD4+ T-Zellen sind Tregs; das zeigt, wie wichtig
die Eindämmung und das Beenden von Immunantworten für
den Organismus sind.
Die Entscheidung, ob eine Th-Zelle nach Aktivierung Th1, Th2
oder andere Effektorfunktionen ausüben wird, hängt wesentlich von den Antigen-präsentierenden Zellen ab. Diese geben
der T-Zelle nicht nur die Signale 1 (Peptid/MHC) und 2 (Ko-Stimulation), sondern produzieren auch Zytokine, die von der TZelle beim Kontakt mit der Antigen-präsentierenden Zelle erkannt werden. Diese instruierenden Zytokine werden auch als
Signal 3 bezeichnet. So instruiert IL-12, das von dendritischen
Zellen produziert werden kann z.B. die Differenzierung von
Th1-Zellen. IL-12 bewirkt die Aktivierung eines Promotors, des
sogenannten t-bet, der für die Expression von IFN- entscheidend ist. Ähnliches gilt für die anderen Differenzierungswege;
die von den Antigen-präsentierenden Zellen produzierten Zytokine bewirken in den Th-Zellen die Aktivierung unterschiedlicher Signalwege, die jeweils zur Aktivierung von Promotoren
führen, welche für die Expression bestimmter Zytokine entscheidend sind. Dabei bildet sich für viele Zytokine, so z.B. für
IFN- oder IL-4 ein Zytokingedächtnis. Das bedeutet, dass die
Th-Zelle beim wiederholten Antigenkontakt rascher das gleiche
Zytokin noch einmal produzieren wird als beim ersten Kontakt.
Allerdings ist dieses Gedächtnis nicht absolut, die Th-Effektorfunktionen sind in einem nicht geringen Ausmaß flexibel. So
kann z.B. eine Th17-Zelle unter den geeigneten Bedingungen zu
einer Th1-Zelle werden und selbst regulatorische T-Zellen, deren Funktion ja darin besteht, Immunantworten zu verhindern
oder unterdrücken zu können, unter bestimmten Umständen zu
IL-17-produzierenden pro-inflammatorischen Th-Zellen werden. Dies gilt allerdings vor allem für diejenigen regulatorischen
T-Zellen die, wie in diesem Abschnitt beschrieben, beim Kontakt mit Antigen-präsentierenden Zellen zu Tregs differenzieren. Eine weitere Population vom Tregs wird schon im Thymus
geprägt (durch die Expression des Transkriptionsfaktors FoxP3)
und ist gar nicht oder nur äußerst schwer dazu zu bringen, andere Effektorfunktionen als regulatorische auszuüben.
kurzgefasst
Die wesentliche Effektorfunktion der CD4+ T-Lymphozyten
ist die Produktion von Zytokinen. Damit werden weitere
Zellen des adaptiven und angeborenen Immunsystems aktiviert. Nach ihrer Zytokinproduktion unterscheidet man
CD4+ T-Lymphozyten in Th1-, Th2-, Th17- und Treg-Zellen.
Diese Einteilung ist insgesamt sinnvoll, allerdings etwas
vereinfacht. Zum Einen gibt es in vivo erhebliche Überlappungen zwischen diesen Phänotypen. Zum Anderen ist die
Zytokinproduktion einzelner Th-Zellen häufig flexibel.
B-Zell-Hilfe
5
Neben der Produktion von Zytokinen, die den Klassenwechsel
instruieren, ist noch eine weitere Funktion von T-Lymphozyten
unabdingbar für die Produktion reifer, klassengewechselter Antikörper. Aktivierte T-Lymphozyten exprimieren auf ihrer Oberfläche das CD154-Molekül. Die Interaktion dieses Moleküls mit
dem CD40-Molekül auf der Membran von B-Zellen ist eine
zwingende Voraussetzung für den Antikörper-Klassenwechsel.
Klassenwechsel kann also nur dann stattfinden, wenn eine BZelle einer T-Zelle Antigen präsentiert und dabei von der T-Zelle
durch die Interaktion von CD154 und CD40 ein stimulierendes
Signal bekommt. Mutationen im CD154 oder im CD40 sind Ursache des sogenannten Hyper-IgM-Syndroms. Die Patienten
weisen hohe IgM-Konzentrationen im Serum auf, jedoch keine
anderen (klassengewechselten) Isotypen. Es mangelt ihnen also
an IgG, IgA und IgE.
CD8+ zytotoxische T-Lymphozyten erkennen Peptide, die mit
MHC-Klasse-I-Molekülen präsentiert werden. Im Unterschied
zu den MHC-Klasse-II-Molekülen, die ausschließlich von professionellen Antigen-präsentierenden Zellen exprimiert werden,
werden MHC-Klasse-I-Moleküle von allen körpereigenen Zellen
exprimiert. An MHC-I werden Bruchstücke zytosolischer Proteine als Peptidantigene gebunden. Das sind Proteine, die von der
Zelle selbst produziert wurden, also entweder Selbst-Proteine
oder, bei Virusinfektionen, virale Proteine. Auch die MHC-I-Moleküle werden unterschiedslos mit Selbst- und Nicht-SelbstPeptiden beladen. Analog zu dem oben für die CD4+ Th-Zellen
gesagten, entscheidet also nicht die Natur des angebotenen Peptides, sondern die Kombination aus Antigenerkennung und kostimulatorischen Signalen darüber, ob eine CD8+ T-Zelle die den
Peptid/MHC-Komplex erkennt, aktiviert wird oder nicht.
Immunologische Toleranz
5
Die Tatsache, dass unsere T- und B-Zell-Rezeptoren zufällig,
nach dem Baukastenprinzip, aus einer Reihe vorhandener genetischer Elemente zusammengesetzt werden, ist das Erfolgsgeheimnis des adaptiven Immunsystems, weil so eine fast unendliche Diversität an Rezeptoren bereitgestellt werden kann.
Gleichzeitig kreiert diese Vielfalt auch ein Problem: Durch das
rein zufällige Zusammenfügen der Rezeptoren werden auch solche Rezeptoren produziert, die spezifisch für Selbst-Antigene
und damit potenziell gefährlich sind. Das Immunsystem muss
verhindern, dass Lymphozyten, die mit solchen Rezeptoren ausgestattet sind, Schaden im eigenen Organismus anrichten. Zwei
Toleranzmechanismen, nämlich die Abhängigkeit der T-Zellen
von ko-stimulatorischen Signalen und die immunsuppressive
Funktion regulatorischer T-Zellen, haben wir bereits erwähnt.
Von entscheidender Bedeutung für die Selektion des Repertoires der T-Zell-Rezeptoren ist die Selektion unreifer T-Lymphozyten im Thymus. Die Vorläuferzellen der T-Lymphozyten
wandern aus dem Knochenmark in den Thymus. Dort beginnen
sie zu proliferieren und durchlaufen zunächst die sogenannte
positive Selektion. T-Zellen erkennen Antigen nur in Verbindung
mit Selbst-MHC. Also wäre ein TZR, der nicht in der Lage ist, mit
Selbst-MHC zu interagieren, für den Organismus nutzlos. Die
unreifen T-Zellvorläufer im Thymus (die sogenannten Thymozyten) sind darauf angewiesen, Überlebenssignale (Zytokine) von
thymischen Antigen-präsentierenden Zellen zu bekommen.
Dies gelingt nur, wenn sie in der Lage sind, mit den MHC-Molekülen thymischer Antigen-präsentierender Zellen zu interagieren. Diejenigen Thymozyten, die mit MHC-I-Molekülen produktiv interagieren, werden zu CD8+ T-Zellen, diejenigen, die mit
MHC-II-Molekülen interagieren, werden zu CD4+ T-Zellen und
diejenigen, die nicht mit den im Thymus präsentierten MHCMolekülen interagieren können, werden apoptotisch – ein Vorgang, der auch als „Tod durch Vernachlässigung“ bezeichnet
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Prinzip & Perspektive | Review article
Gestörte thymische Selektion, z.B. durch den Ausfall eines wesentlichen Transkriptionsfaktors, führt zu schweren, oftmals
tödlichen Erkrankungen. Auch subtile quantitative Schwankungen der thymischen Antigenpräsentation können klinische Folgen haben. So ist eine verminderte Expression von Insulin im
Thymus mit dem autoimmunen Typ-1-Diabetes (T1D) assoziiert. Wie rigoros die thymischen Selektionsmechanismen sind,
lässt sich daran erkennen, dass nur ca. 5% der Zellen, die als unreife Vorläuferzellen in den Thymus einwandern, den Thymus
als reife, naive T-Zellen wieder verlassen.
B-Zell-Toleranz
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B-Lymphozyten, die schon als unreife Zellen im Knochemark
Antigen erkennen, werden in die Apoptose getrieben. Darüber
hinaus ist aber auch für die B-Zell-Toleranz die Toleranz der TZellen von entscheidender Bedeutung. Wie im Abschnitt über TZell-Effektorfunktionen beschrieben, benötigen B-Zellen die
Hilfe der T-Zellen, um reife Antikörperantworten gegen die
meisten Antigene zu präsentieren. Hilflose B-Zellen können im
Allgemeinen nicht gefährlich werden, und deshalb ist die T-ZellToleranz zugleich ein wesentlicher Mechanismus für B-Zell-Toleranz.
kurzgefasst
Konsequenz für Klinik und Praxis
3B- und T-Lymphozyten sind die Zellen des adaptiven Immunsystems. Sie besitzen klonale Antigenrezeptoren, die durch
somatische Rekombination von Gen-Elementen so zusammengefügt werden, dass eine praktisch unbegrenzte Vielfalt
unterschiedlicher Rezeptoren entsteht.
3Störungen des adaptiven Immunsystems manifestieren sich
klinisch als Immundefizienz, Autoimmunität oder Allergie.
Abhängig von der molekularen Pathogenese resultieren
schwere, unbehandelt letale Immundefekte (z.B. CVID, Antikörpermangelsyndrom) oder subtile, manchmal sogar subklinische Immundefekte (z.B. Störungen in bestimmten Signaltransduktionswegen).
3Störungen der Toleranzmechanismen sind die Ursache von
Autoimmunkrankheiten wie Typ-1-Diabetes, systemischer
Lupus erythematodes oder multiple Sklerose.
3Dysregulierte adaptive Immunantworten auf harmlose Antigene sind die Ursache für Allergien.
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Das T-Zellrepertoire wird im Thymus massiv selektioniert.
Nur solche T-Zellen, die in der Lage sind Selbst-MHC Moleküle zu erkennen, werden positiv selektioniert. Danach
werden diejenigen Zellen, die Selbst-Antigene erkennen
können negativ selektioniert. Nur etwa 5% der in den Thymus einwandernden unreifen Vorläuferzellen verlassen
den Thymus lebend als reife T-Zellen. Spezialisierte Antigen-präsentierende Zellen im Thymus sind in der Lage, den
T-Zellen auch solche Antigene zu präsentieren, die ansonsten im Organismus streng organspezifisch exprimiert werden (z.B. Insulin). Trotz der thymischen Selektion gehören
autoreaktive T-Zellen zum normalen Repertoire. Durch
verschiedene Mechanismen der peripheren Toleranz wird
normalerweise verhindert, dass diese Zellen Autoimmunkrankheiten verursachen.
Autorenerklärung: Die Autoren erklären, dass keine finanziellen Interessenkonflikte bestehen.
Dtsch Med Wochenschr 2011; 136: 1678–1683 · T. Kamradt u. K. Ferrari-Kühne, Das adaptive Immunsystem
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wird. Nach der positiven Selektion folgt die negative Selektion.
Dabei werden diejenigen Thymozyten in die Apoptose getrieben, deren TZR eine hohe Affinität für Selbst-Peptid/MHC-Komplexe haben. Spezielle, nur im Thymus vorkommende Antigenpräsentierende Zellen sind in der Lage, auch solche Proteine zu
exprimieren, die ansonsten im Körper streng organspezifisch
(z.B. Insulin) oder zeitlich reguliert (z.B. Sexualhormone) produziert werden. So ist es möglich, im Thymus ein Rezeptor-Repertoire zu selektionieren, das
1 höchst divers ist,
2 Antigene erkennt, die von Selbst-MHC präsentiert werden
und
3 weitgehend frei von stark autoreaktiven Klonen ist.
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