PRESSE - INFORMATION 1/10 WEH DEM, DER LÜGT Poetisches Lustspiel in fünf Aufzügen von Franz Grillparzer INHALT Der pfiffige Küchenjunge Leon will seinen Dienst beim fränkischen Bischof Gregor quittieren, da dieser zu geizig ist, um sich etwas Gutes von ihm kochen zu lassen. Da erfährt er, dass sein Herr jede Münze zweimal umdrehen muss, weil er auf das Lösegeld für seinen geliebten Neffen Atalus spart, der vom germanischen Rheingrafen Kattwald gefangen gehalten wird. Leon zögert nicht lange und bietet ihm an, seinen Neffen zu befreien, doch muss er dem Bischof zuvor hoch und heilig versprechen, dabei nicht zu lügen. Schlagfertig und wortgewandt nützt er sodann als Koch in der Feindesküche das Wahrheitsgebot als perfektes Mittel zur Täuschung und es gelingt ihm mithilfe von Kattwalds rebellierender Tochter, den Neffen zurückzubringen. Grillparzers einziges Lustspiel wurde bei seiner Wiener Uraufführung im Jahr 1838 vom Publikum verkannt, was den Dichter dazu bewog, sich aus der literarischen Öffentlichkeit zurückzuziehen. Es geht in diesem zugleich komödiantischen als auch tiefsinnigen Werk aber nicht nur um Wahrheit und Lüge, sondern auch um den Krieg zweier Völker und die unerschrockene Kraft der Liebe. PRODUKTIONSTEAM SCHAUSPIEL Julia Frisch, Alexander Lughofer, Samuel Pock, Eugen Victor INSZENIERUNG Cornelia Metschitzer LICHTDESIGN & TECHNIK Florian Kirchweger, Michael Kment PRODUKTION Tribüne Linz PREMIERE Mittwoch, 30. November 2016, 19:30h WEITERE SPIELTERMINE Sa., 03. Dezember 2016, 19:30h Mi., 07. Dezember 2016, 19:30h Sa., 17. Dezember 2016, 19:30h Di., 20. Dezember 2016, 19:30h Weitere Vorstellungen ab Jänner 2017. DAUER ca. 90min (keine Pause) VORSTELLUNGEN FÜR SCHULEN Diese Produktion kann auch von Schulklassen gebucht werden (15+). Vorstellungen sind wochentags an Vor- & Nachmittagen möglich. KARTEN & BUCHUNG 0699 11 399 844 [email protected] www.tribuene-linz.at (ONLINE-DIREKT oder E-Mail-Formular) KARTENPREISE EUR 18 (norm.); EUR 16 / 14 / 12 / 8 (erm.) KARTENPREIS FÜR SCHULKLASSEN EUR 8 pro Schüler/in, Begleitlehrer/innen frei, Nachbesprechung empfohlen! 2/10 HANDLUNGSVERLAUF 1. AUFZUG Der pfiffige Küchenjunge Leon will seinen Dienst beim fränkischen Bischof Gregor quittieren, da sein Herr zu geizig ist. Als er aber erfährt, dass der Bischof auf das Lösegeld für seinen Neffen Atalus spart, der als Geisel des heidnisch-germanischen Rheingrafen Kattwald gefangen ist, bietet er sich an, diesen zu befreien. Der Bischof, ein strenger Verfechter der absoluten Wahrhaftigkeit, willigt in den Plan unter der Bedingung ein, dass Leon dabei immer die Wahrheit sagen müsse. 2. AUFZUG Am Ziel angelangt, lässt sich Leon von einem Pilger an Kattwald als Koch verkaufen. Mit seiner entwaffnenden Ehrlichkeit gelingt es ihm, sich bei dem Grafen Respekt zu verschaffen, und auch Edrita, Kattwalds Tochter, die an den „dummen Galomir“ verheiratet werden soll, findet an Leons unverstelltem Wesen Gefallen. Mit ihrer Hilfe gelingt es ihm bald, Atalus zu sprechen, doch sein Ansinnen, diesen als Küchengehilfen zu bekommen, stößt auf den Widerstand Kattwalds, der die Fluchtabsicht wittert. 3. AUFZUG Unvermutet bietet sich den Franken eine Gelegenheit zur Flucht: Leon hat die Speisen des Festmahls, das aus Anlass der bevorstehenden Hochzeit Edritas gehalten wird, stark gewürzt; die Gäste sprechen kräftig dem Alkohol zu. Während Atalus einen Brückenpfeiler untergräbt, um die Verfolger aufzuhalten, versucht Leon in den Besitz des Burgtorschlüssels zu kommen. Doch nur mit Hilfe Edritas gelingt den beiden im letzten Augenblick das Entkommen. 4. AUFZUG Edrita holt die Flüchtenden im Wald ein; vom jähzornigen Vater bedroht und voll Abscheu gegen ihren Bräutigam hat sie beschlossen, sich Leon und Atalus anzuschließen. Unter Hindernissen setzen sie ihren Weg fort, aber selbst die gefährliche Begegnung mit dem Fährmann Kattwalds erweist sich durch Leons Ehrlichkeit gegen alle Wahrscheinlichkeit als rettendes Geschick. 5. AUFZUG Vor den Stadtmauern von Metz werden die Flüchtenden von ihren Verfolgern gestellt. Voll Gottvertrauen erfleht Leon ein Wunder, da läuten Glocken aus der Stadt, die in der Nacht zuvor von den Franken eingenommen worden ist. Beglückt schließt der Bischof seinen Neffen in die Arme. Atalus begehrt Edrita zur Frau. Da verlangt Leon Urlaub, er kann es nicht ertragen, wie Edrita einem anderen vermählt wird. Das Mädchen jedoch gesteht dem Bischof seine Liebe zu Leon. Atalus entsagt zugunsten seines Retters, und Gregor segnet den Bund. Cornelia Fischer: Knaurs großer Schauspielführer, München 1985. ENTSTEHUNG UND URAUFFÜHRUNG DES STÜCKS Grillparzers einziges Lustspiel Weh dem, der lügt wurde am 6. März 1838 im Wiener Burgtheater uraufgeführt. Den Stoff bezog der Dichter u.a. aus der Historia Francorum (Geschichte der Franken) des Gregor von Tours. 3/10 Das Stück ist im 9. Jahrhundert angesiedelt und spielt am Hofe des fränkischen Bischofs Gregor, in der Burg des germanischen Grafen Kattwald und auf der Flucht zu Wasser und zu Land. Das Hauptmotiv der Handlung ist die Wahrheit, die zwar ein erstrebenswertes Ideal darstellt, im irdischen Leben aber, wo Schein und Sein, Lüge und Wahrheit herrschen, nicht immer erreichbar ist. Innere Wahrhaftigkeit wird hier höher bewertet als die wörtlich-äußerliche, schließlich kann man auch täuschen, ohne sich der Wortlüge bedienen zu müssen. Ich werde stets die Wahrheit sprechen, erwidert Leon, und macht sich auf in Feindes Land. Was er nun dort spricht, ist allerdings die Wahrheit, die wörtliche Wahrheit, sogar zu seinem Anschlag bekennt er sich offen; was er aber verschweigt, das eben ist Lüge und Lüge ist sein ganzes Tun. Von Liebesgunst unterstützt, bringt er sein Werk glücklich zu Ende, ohne auch nur ein einziges Mal mit seinen Lippen gelogen zu haben (…). Abgesehen davon thematisiert Grillparzer in seinem Lustspiel auch den Krieg zweier Völker (zwischen den „zivilisierten Franken“ und den „barbarischen Germanen“), die auch im Glauben voneinander getrennt sind, denn die Merowinger sind Christen und die Germanen gehen noch einem Vielgötterglauben nach. Und zuletzt zeigt das Stück noch den Sieg benachteiligter Mitglieder der Gesellschaft – eines gewitzten Küchenjungen und einer mutigen jungen Frau – über die herrschende Gesellschaftsschicht. Mit ein Grund, warum das Lustspiel bei seiner Premiere auf so viel Unmut stieß. EMIL KUH ÜBER DIE URAUFFÜHRUNG Grillparzers jüngstes Drama hieß Weh dem, der lügt und stand als Lustspiel auf dem Zettel, während auf der Scene nur ein leichterer Schritt zu spüren war; Thalia jedoch, meinten die Wiener, müsse lachen und hüpfen, müsse komische Sprichwörter, drollige Missverständnisse zum Besten geben. Nichts von Alledem in Weh dem, der lügt. Das Publikum verstand keinen Spaß, als es den Spaß im Stücke vermisste, verhöhnte den Dichter, lärmte, zischte, sprach die Titelworte, welche einige Male im Stücke wiederkehren, spöttelnd nach. In der allgemeinen Verstimmung des Publikums gingen, wie begreiflich, die Vorzüge des Stückes unter, und obendrein hatte Grillparzer in der episodischen Figur des Galomir, an dem die fantastische Rückbildung des Menschen in's Tier nach dem Muster Caliban versucht worden, aber nichts als ein Cretin geglückt ist, die adeligen Zuschauer auf's Äußerste gereizt. Diese fassten den gräflichen Cretin aus dem Gesichtspunkte der Standesehre auf und verstärkten durch ihren Unwillen den Widerstand des Publikums gegen das Stück. Dass ein Küchenjunge ein Ritterfräulein heiratet, war nicht minder ein unverzeihlicher gesellschaftlicher Verstoß. Ungleich empfindlicher jedoch als die Aristokraten fühlte sich der Dichter selbst verletzt. Er verschloss seit jenem Abend jedes neu entstandene Drama in seinem Schreibtische und niemand ist es gelungen, ihn fürder zur Mitteilung eines Stückes zu bewegen. Emil Kuh: Zwei Dichter Österreichs: Franz Grillparzer, Adalbert Stifter, Pest 1872. 4/10 Am 6. März 1838 wurde die Uraufführung seines Lustspiels Weh dem, der lügt auf dem Programm des Burgtheaters angekündigt. Schon Stunden vor Beginn ließen die Herrschaften ihre Bediensteten ausreichend Plätze besetzen. Doch das erste – so spannungsvoll erwartete – Lustspiel des Tragödiendichters wurde ein Misserfolg. Offenbar hatten die Premierengäste nichts zu lachen. Die Aristokraten witterten eine herbe Kritik ihres Standes. Die Kleriker wähnten sich ebenfalls vorgeführt, weil die Pfiffigkeit eines Küchenjungen über die Weisheit eines Bischofs triumphieren durfte. Und zu allem Übel forderte eine junge Frau, die bislang ihrem Geschlecht vorenthaltene Selbstbestimmung. Weh dem, der lügt wurde ausgezischt! Nach dem Misserfolg dieses Stückes zog sich Franz Grillparzer aus der Öffentlichkeit zurück. Trotz aller späteren Ehrungen. Diese Verletzung konnte er ein Leben lang nicht verschmerzen. Das Schreiben hat er freilich nicht aufgegeben. Gabriele Bondy: Radiobeitrag (Radio Bayern 2), 06. März 2015. GRILLPARZERS POETIK UND LITERARISCHE ZUORDNUNG Grillparzers Werk wurde von verschiedenen Einflüssen bestimmt. Noch immer war in Wien die Tradition des Barocktheaters lebendig, das auf volkstümliche Weise in den Zauber- und Rührstücken der Vorstadttheater weiterlebte. Zugleich waren Goethes und Schillers Dichtungen Grillparzers Vorbilder, wenn er auch selbstbewusst genug war, seine österreichisch-wienerische Art der deutschen Klassik gegenüber zu behaupten. So verband er die fantasievolle und mimische Theaterkunst der Wiener Volksbühne mit der hohen Sprachkultur und humanen Gesinnung der Weimarer Dramen zu einem einzigartigen Ganzen, in dem die überraschend modernen Züge seines psychologischen Realismus deutlich wurden. Grabert-Mulot-Nürnberger: Geschichte der deutschen Literatur, 1979. Für mich gab es nie eine andere Wahrheit als die Dichtkunst. In ihr habe ich mir nie den kleinsten Betrug, die kleinste Abweichung vom Stoffe erlaubt. Sie war meine Philosophie, meine Physik, Geschichte und Rechtslehre, Liebe und Neigung, Denken und Fühlen. Dagegen hatten die Dinge des wirklichen Lebens, ja seine Wahrheit und Ideen für mich ein Zufälliges, ein Unzusammenhängendes, Schattenähnliches, das mir nur unter der Hand der Poesie zu einer Notwendigkeit ward. Vom Augenblick an, als mich ein Stoff begeisterte, kam Ordnung in meine Teilvorstellungen, ich wusste alles, ich erkannte alles, ich erinnerte mich auf alles, ich fühlte, ich liebte, ich freute mich, ich war ein Mensch. War dieser Zustand vorüber, trat wieder das alte Chaos ein. Mein ganzer Anteil blieb immer der Poesie vorbehalten, und ich schauderte über meinen Zustand als Mensch, wenn die immer seltener und schwächer werdenden Anmahnungen von Poesie endlich ganz aufhören sollten. Aus Grillparzers TAGEBÜCHERN. HUGO VON HOFMANNSTHAL ÜBER DEN DICHTER Der Streit, ob Klassiker, ob Romantiker, der die Zeitgenossen seiner Jugend bewegte, findet auf ihn keinen Bezug. Alle die abgeleiteten und künstlichen Gegensätze, in denen sie sich ergötzten: Künstler und Philister, Frömmigkeit und Weltverstand, das schöne Alte und das hässliche Neue, sind ihm fremd. (…) Grillparzer hält Geist und Gemüt zusammen: ihrer beider Zusammenklang, den seltenen, nennt er Sammlung, und er kennt keinen höheren Begriff als diesen. (…) 5/10 Mit Ernst und Stetigkeit geht er seinen eigenen Weg, aber wahre Lehrer treten ihm auf jeder Lebensstufe entgegen, freilich keine Lebenden, sondern Tote, die wahren Begleiter dessen, der in der Stille den Weg des echten Künstlers sucht. Lessing nennen wir zuerst unter ihnen; in der Anlage der dramatischen Verwicklung schuldet er ihm viel; auch sein Vers bis in die späten Werke hinein ist am Nathan vielleicht mehr noch gebildet als an Schillers Sprache, an der ein Zuviel von Schwung und Prunk seiner Natur, die wählerisch und streng war, widerstehen musste. Von Goethe ist es der Egmont vielleicht neben dem ersten Faust, dem er sich am tiefsten verschuldet bekannt hätte; Shakespeare nenne ich erst gar nicht, seinem Einfluss hat sich kein Deutscher entzogen. Den Euripides muss ich aber nennen, an dem ihm die Mischung des Seelengemäldes mit dem schönen geformten Mythischen reizend war. Aus den großen Spaniern machte er das Studium seines reifen Mannesalters: dass alles Gefühlte gleich Tat wird, alles Geschehen gleich Bild. (…) Ihm war Theater ein mit allen Sinnen zu fassendes Schauspiel, nicht ein geträumtes Gedicht, noch ein gelesenes Buch. (…) An das volkstümliche Theater lehnte sein hohes Theater sich an, ja es war mit jenem aus genau einer Wurzel gewachsen; auch die Oper ist immer nahe. (…) Hugo von Hofmannsthal: Auszüge aus seiner Rede auf Grillparzer (für die deutsche Grillparzer-Gedenkfeier zu Hannover, den 7. Mai 1922). GRILLPARZERS LEBEN UND WERK Franz Seraphicus Grillparzer (1791-1872), ältester von vier Söhnen des Hof- und Gerichtsadvokaten Wenzel Grillparzer (1760-1809) und seiner Frau Anna Maria, geb. Sonnleithner (1767-1819); Brüder: Karl, Kamillo, Adolf. Glückliche Kindheit, aber in der Jugend Schicksalsschläge und Depressionen: Der Tod des wortkargen, beruflich erfolglosen Vaters lässt die Familie verarmt zurück; die sensible Mutter begeht in einem Anfall von Wahnsinn Selbstmord. Der jüngste Bruder ertränkt sich aus Verzweiflung über seine kleptomanische Veranlagung, der andere zerquält sich in Selbstvorwürfen beim dritten Anzeichen von Geistesstörung. Unglückliche und sonderbare Liebesbeziehungen; hypochondrische, melancholische Veranlagung; unfähig zur dauerhaften menschlichen Bindung. Berufliche Frustration als Beamter des niederen Dienstes; geht 1856 als Hofrat verbittert ab: Als Mensch unverstanden, als Beamter übersehen, als Poet höchstens geduldet, schlepp ich mein einförmiges Dasein fort. Späte Ehrungen. Bedeutendster österreichischer Dramatiker des 19. Jhs. Kometenhafter Aufstieg zum Theaterdichter Wiens; Resignation nach dem Misserfolg von Weh dem, der lügt. In seinen Dramen Formelemente des österreichischen und spanisch-katholischen Barocktheaters, des Wiener Volksschauspiels und der Dramen der Weimarer Klassik. Zwischen den Epochen: Ich komme aus andern Zeiten/Und hoffe in andre zu gehn. Seine Helden sind weniger Tatmenschen, sondern schwanken zwischen Gewissen und Handeln. www.lehrer.uni-karlsruhe.de/~za874/homepage/Grillparzer.htm 6/10 FRANZ GRILLPARZER (15. Jänner 1791 bis 21. Jänner 1872) Er war im bürgerlichen Beruf Jurist und als Beamter von 1813 bis zu seiner Pensionierung als Hofrat 1856 im Staatsdienst tätig. Die musisch begabte Mutter und das reiche Wiener Theaterleben führten den früh literarisch Tätigen zum Schauspiel; mit der ganz dem modischen Geschmack der trivialen Schicksalstragödie verpflichteten AHNFRAU verzeichnete G. 1817 seinen ersten großen Erfolg, dem 1818 mit SAPPHO ein weiterer folgte, was ihm bis 1823 die ehrenvolle Nebenbeschäftigung als Hoftheaterdichter am Wiener Burgtheater einbrachte. Reisen führten G. nach Italien, Deutschland, Frankreich, England, Griechenland und in die Türkei; 1821 machte G. die Bekanntschaft mit Katharina Fröhlich, der er zeitlebens verlobt blieb. Nach dem Misserfolg von WEH DEM, DER LÜGT (1838; das Stück wurde schon nach drei Vorstellungen vom Spielplan abgesetzt) zog sich G., der familienbedingt – Mutter und Bruder hatten Selbstmord begangen – unter krankhafter Hypochondrie und Melancholie litt, verbittert aus der literarischen Öffentlichkeit zurück. Erst Heinrich Laube (1806 - 1884), der liberale Jungdeutsche Dramatiker und Journalist, der 1849 zum Direktor des Wiener Burgtheaters berufen wurde, leitete dort mit Aufführungen der früher entstandenen Werke des Dichters eine G.-Renaissance ein. Gegen Ende seines Lebens wurden G., der auch beruflich viele Enttäuschungen hatte hinnehmen müssen, zahlreiche Ehrungen zuteil; im Nachlass fanden sich die Dramen EIN BRUDERZWIST IN HABSBURG (1872), LIBUSSA (1872) und DIE JÜDIN VON TOLEDO (1873). G., der auch als Epigrammatiker, Erzähler und Lyriker hervorgetreten ist, gilt als der bedeutendste Dramatiker des alten Österreich der Habsburgermonarchie und einer der Hauptvertreter der nachklassischen Dichtung, wobei er zu einer eigengeprägten Dramatik fand, die Formelemente der Wiener Volkstheatertradition (WEH DEM, DER LÜGT), der Romantik (DER TRAUM EIN LEBEN, 1840) und der klassizistischen Hochstildramatik aufnahm. Allen Stücken G.s gemein ist die Grundhaltung des Nichthandeln-Könnens, weil jede Tat Schuld gebiert; daher sind sie dramatisch ambivalent, mit stark lyrischen Zügen. Der dramatische Konflikt ist entweder in die Psyche der Figur verlegt oder entsteht durch von außen einwirkende negative Kräfte. G. wurde aus der selbsterlebten Diskrepanz zwischen Fantasie und Rationalität, dem Zwang zum Handeln und der Entsagung zum Dichter des Lebensgefühls des Biedermeier par excellence; als „Spätgeborener“ beklagt er den Verlust des klassischen Humanitätsideals und sieht sich gezwungen, in tragischem Quietismus (Weltflucht-Haltung) zu verharren. G. gab der Künstlerproblematik der SAPPHO bekenntnishafte Züge, seine auf alles Pathetisch-Heroische verzichtenden historischen Dramen stellen nicht nur ein Seismogramm seiner Zeit und ihrer Gefährdungen dar, sondern geben auch Auskunft über sein aus stoischer Haltung errungenes Ideal von Ordnung und Ruhe (KÖNIG OTTOKARS GLÜCK UND ENDE, 1825; EIN TREUER DIENER SEINES HERRN, 1830; EIN BRUDERZWIST IN HABSBURG). Ungewöhnlich war auch G.s Behandlung des Medea-Stoffes in seiner Antikentrilogie DAS GOLDENE VLIESS (1821/22), wo die Handlung ohne jegliche Metaphysik ganz in die menschliche Psyche verlegt ist; dementsprechend sieht man heute die zukunftsweisende Bedeutung von G.s Dramen auch nicht im Formalen oder 7/10 Stofflichen, sondern in der Aufdeckung und Aktivierung von Schichten des Unterbewussten. Cornelia Fischer: Knaurs großer Schauspielführer, München 1985. Auf den ersten Blick präsentiert sich Grillparzers Leben als geglückte Künstlerlaufbahn im biedermeierlichen Wien. Frühe Bühnenerfolge brachten ihm den Ruf des „österreichischen Klassikers“ ein. Die Beamtentätigkeit ließ ihm genug Zeit für die Musen und das gesellige Leben in Künstlerkreisen. Freundschaften verbanden ihn mit den führenden Köpfen der Zeit, im Alter wurden ihm hohe Ehrungen zuteil. Hinter der Schauseite verbirgt sich aber eine tief problematische Natur, die von Jugend auf mit Selbstzweifeln und Schwermut zu kämpfen hatte. Dem immer staatstreuen, aber durchaus liberal gesinnten Grillparzer machte die Metternich‘sche Zensur immer wieder Schwierigkeiten. Der Misserfolg seines Lustspiels WEH DEM, DER LÜGT veranlasste ihn zum trotzigen Rückzug von der Bühne, und fortan schrieb er nur noch für die Schublade. Grillparzers Verdienst bleibt es, die von seinen Vorbildern Schiller und Goethe geschaffene Dramenform in eine Synthese mit Elementen des österreichischen und spanischen Barocktheaters zu bringen, deren realistisch, mitunter sogar skeptisch gefärbter Humanismus Unverwechselbarkeit in Anspruch nehmen kann. Auffällig ist, wie häufig er seine Themen aus dem Bereich der österreichisch-böhmischen Geschichte bezog, deren großer Dynastie, dem Hause Habsburg, er sich zeitlebens verbunden fühlte. Bertelsmann Schauspielführer, 1992. EMIL KUH ÜBER DEN DICHTER Es war das Heimatgefühl, das ihn durchströmte, das sich mächtiger in ihm erwies, als alle Verordnungen des Staatskanzlers, alle Einschüchterungen der Polizei. Das Heimatgefühl, welches mit dem amtlichen Patriotismus oftmals verwechselt wird, ist überall, wo es hervortritt, schön; doppelt schön aber und zeugungskräftig ist es im Dichter. Weil er aber nicht, wie Aischylos oder wie Shakespeare, sein Heimatgefühl mit dem Stolze vermählen konnte, so hatte es zuweilen den Charakter des Kränklichen, des Verschüchterten und Kleinbürgerlichen, nicht den Charakter der Freiheit, der Zuversicht und des Überwältigenden. Auch duckte sich Grillparzer endlich, als die Jugend zu schwinden begann, und der Kampf, den er in sich gekämpft haben mag, musste einer heimlichen Stille weichen, welche die Überhinhuscher als Zufriedenheit auslegten mit dem heimischen Regiment, als dumpfe Billigung des österreichischen Jammers. Denjenigen, welche sich unendlich wohl fühlten beim Schmaus und Gelage, beim Schatzerl und Tanzerl und bei den arglosen Späßen des Kasperl, stand Grillparzer offenbar als Fremdling gegenüber. (…) Doch ebenso fremd sah er den stürmischen Bemühungen der jungen Schriftsteller und Poeten zu, welche seit den dreißiger Jahren das Panier einer lärmenden Tendenzpoesie aufgepflanzt hatten. (…) Er ist der Romantik aus dem Wege gegangen, er hat Heine und die Jungdeutschen um sich her gewähren lassen, er hat mit Schauder zu den gewalttätigen Köpfen der neueren Dichtung hinübergesehen, ja er ist sogar vor Goethes persönlichem Einflüsse geflüchtet, weil er mit seinem Wesen allein zu Runde kommen müsse. 8/10 Missgeschick und schlimme Zufälle, Eigensinn, Charakterschwäche, fügsamer Verstand, bewegliche Sinnlichkeit und Weisheit des Dichters webten so geheimnisvoll in einander greifend das Gewebe seines Lebens, an dessen Teilen und Teilchen niemand zu erkennen im Stande ist, wie die persönliche Eigenart Grillparzers und die sie bestimmenden Umstände sich zu einem Schicksalsgebilde verflochten haben. Emil Kuh: Zwei Dichter Österreichs: Franz Grillparzer, Adalbert Stifter, Pest 1872. INSZENIERUNG DER TRIBÜNE LINZ Insgesamt vier Schauspieler/innen (drei männliche und eine weibliche) übernehmen 10 Rollen, wobei Alexander Lughofer den Hauptpart des Leon innehat. KÜCHENJUNGE LEON: Alexander Lughofer BISCHOF GREGOR, GRAF KATTWALD: Eugen Victor GREGORS HAUSVERWALTERIN, GRAFENTOCHTER EDRITA: Julia Frisch NEFFE ATALUS, VERSCHMÄHTER BRÄUTIGAM GALOMIR, PILGER, FÄHRMANN, FRÄNKISCHER ANFÜHRER: Samuel Pock Der Fokus der Inszenierung liegt auf den Figuren und ihrer Sprache sowie auf der Wechselwirkung von Wort und Musik (eingespielte berühmte klassische Musikstücke, deren Fan Grillparzer war, verbinden die Szenen und Akte bzw. dienen auch der Verstärkung bzw. ironischen Brechung der Handlung). In reduzierter Ausstattung und einem einfachen aber variablen Bühnenbild kommt Grillparzers lyrische Sprache besonders gut zur Geltung. Auf natürlichen Ausdruck wird großer Wert gelegt, sodass die Figuren glaubwürdig und lebensnah und die Handlung, die teils turbulent, teils besinnlich verläuft, gut verständlich bleibt. Das Stück wurde um ein Viertel gekürzt und die religiösen Motive teilweise auf eine allgemein-ethische Ebene gebracht. Komödienhaftigkeit und geistiger Tiefgang sind hier kein Widerspruch. Ein kurzweiliger und unterhaltsamer Klassiker also, der nah am Autor und dennoch zeitgemäß über die Bühne kommen soll. BIOGRAFIEN DER MITWIRKENDEN Diese sind in einem eigenen Dokument zusammengefasst (siehe Anhang). ZUR TRIBÜNE LINZ Wir sind das jüngste unter den Linzer Theaterhäusern und bieten ein vielfältiges Ganzjahresprogramm für Erwachsene und Jugendliche. Mit einem Mix aus Eigenund Gastproduktionen sowie unserer Schulschiene können wir in der Linzer Eisenhandstraße Angebote für viele Generationen quer durch viele Sparten der darstellenden Künste, der Musik und der Literatur machen und uns damit einem breiten Publikum öffnen. 9/10 KONTAKT PRESSE- UND ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Cornelia Metschitzer, Mara Metschitzer TRIBÜNE LINZ Theater am Südbahnhofmarkt, Eisenhandstraße 43, 4020 Linz 0699 11 399 844 [email protected] [email protected] www.tribuene-linz.at Die Tribüne Linz wird von der STADT LINZ, dem LAND OÖ und dem BUNDESKANZLERAMT gefördert. In Kooperation mit Ö1 Club und AK-Kultur. Ermäßigungen für Mitglieder. IMPRESSUM TRIBÜNE LINZ Theater am Südbahnhofmarkt Eisenhandstraße 43 4020 Linz 0699 11 399 844 [email protected] www.tribuene-linz.at Für den Inhalt verantwortlich: Cornelia Metschitzer Stand: 13. November 2016 10/10