Arbeitsgruppe Kuhse - Projekt II Arbeitsgruppe Kuhse - Projekte Projekt I: Molekulare Grundlagen zellulärer Differenzierung Projekt II: Transgene Tiermodelle synaptischer Rezeptorverankerung Projekt III: Strukturbestimmung der Glycin- und Glutamat-Bindungsstellen des exzitatorischen, membranständigen NMDA-Rezeptors Arbeitsgruppe Kuhse - Projekt II Transgene Tiermodelle synaptischer Rezeptorverankerung Zusammenfassung Die bisherigen Befunde legen nahe, daß die Expression von Gephyrin und dessen Interaktion sowohl mit der GlyR b Untereinheit als auch mit Elementen des Zytoskelets für das Targeting des Rezeptors zur postsynaptischen Membran glyzinerger Synapsen von zentraler Bedeutung ist. Eine generierte Mausmutante, in der durch homologe Rekombination das Gephyringen inaktiviert wurde, stellt ein geeignetes Modellsystem dar, die molekularen und zellulären Mechanismen, die zur Etablierung der charakteristischen Architektur glyzinerger Membranspezialisierungen führen weiter aufzuklären. Die morphologische Analyse der subzellulären Lokalisation vom GlyR soll Aufschluß darüber geben, ob die Interaktion mit Gephyrin an glycinergen Synapsen verschiedener Regionen des ZNS in gleicher Weise für die Rezeptoraggregation und für die Differenzierung der postsynaptischen Membran essentiell ist. Dabei wird diese Fragestellung an Zellkulturen neuronaler Zellen von Geph -/- Mäusen und an Schnitten verschiedener Regionen des ZNS dieser Tiere vergleichend untersucht werden. Darüberhinaus soll die Frage beantwortet werden, ob Gephyrin an der synaptischen Lokalisation aller Isoformen des GlyRs in gleicher Weise beteiligt ist. Es wird erwartet, auf diese Weise zu einem besseren Verständnis der postsynaptischen Aggregations- und Verankerungsmechanismen und deren Bedeutung für die synaptische Plastizität zu kommen. 1 Stand der Forschung Stand der Forschung Die Erregungsübertragung an chemischen Synapsen erfordert eine topographisch präzise Gegegnüberstellung spezialisierter Membranbereiche der prä- und postsynaptischen Nervenzelle. Die postsynaptische Membranspezialisierung ist durch eine hohe Dichte von Neurotransmitterrezeptoren gekennzeichnet. Die molekularen Mechanismen, die im Zentralnervensystem zur Entstehung und Erhaltung dieser Konzentration postsynaptischer Rezeptoren führt, sind weitgehend unbekannt. Es gibt jedoch eine Reihe von Befunden die belegen, daß an zentralnervösen Synapsen wie auch an der neuromuskulären Endplatte periphere Membranproteine essentiell für die Generierung und Stabilisierung postsynaptischer Rezeptoraggregate sind (Übersicht in 7). Der strychninsensitive Glyzinrezeptor (GlyR) ist der häufigste inhibitorische Neurotransmitterrezeptor der unteren Neuraxis, während an inibitorischen Synapsen der proximalen Neuraxis unterschiedliche Isoformen des GABA A Rezeptors dominieren. Bei der Isolierung des GlyR aus solubilisierten Membranen des Rattenrückenmarks wird neben den beiden Rezeptoruntereinheiten (a, 48-49 kDa; b, 58 kD) das periphere Membranprotein Gephyrin von 93 kD mitgereinigt. Immunhistochemische Untersuchungen zeigten, daß dieses Polypeptid an der zytoplasmatischen Seite von glycinergen Synapsen lokalisiert ist 24. In weiteren Untersuchungen konnte eine hochaffine Bindung an das Zytoskelettprotein Tubulin nachgewiesen werden9. Untersuchungen an differenzierenden Rückenmarkskulturen zeigten, daß dieses Polypeptid entscheidenden Anteil an der Bildung postsynaptischer GlyR-Aggregate hat: i) Gephyrinaggregate bilden sich in kultivierten spinalen Nervenzellen einige Tage vor der Akkumulation des GlyR in eben diesen Membranarealen 3,10. ii) Bei Hemmung der Expression von Gephyrin durch antisense-Oligonukleotide bleibt die Bildung postsynaptischer GlyR-Aggregate nahezu vollständig aus 10. Gephyrin bindet in vitro mit hoher Affinität sowie ähnlicher Stöchiometrie und Kooperativität wie Microtubuli-assoziiertes Protein 2 an Tubulin 9. Diese Interaktion ist auch im zellulären Kontext von großer Bedeutung, denn wir konnten an kultivierten Neuronen zeigen, daß intakte Mikrotubuli auf Gephyrin/Rezeptoraggregate kondensierend, Mikrofilamente dagegen dispergierend wirken 6 Die gephyrinvermittelte Verankerung des GlyR könnte somit nicht nur bei der Entstehung von Synapsen, sondern auch bei deren funktioneller Anpassung (synaptische Plastizität) eine Rolle spielen. Durch Overlay-Assays, bei denen elektrophoretisch aufgetrennter GlyR mit rekombinantem, metabolisch markiertem Gephyrin überschichtet wurde, konnte die b Untereinheit als Interaktionspartner für Gephyrin identifiziert werden 16. Sequentielle Deletionen der großen intrazytoplasmatischen Schleife der b Untereinheit erlaubten dann eine Eingrenzung des Bindemotivs auf 18 Aminosäurereste im zentralen Anteil der Schleife 16. Interaktionen von Gephyrin mit hetero-oligomeren GlyR, der b Untereinheit allein und chimären Rezeptorpolypeptiden, die das Gephyrinbindemotiv der b Untereinheit beherbergen, konnten zusätzlich durch Koexpression in einer menschlichen Fibroblastenzellinie nachgewiesen werden 8. Bei diesen Experimenten führte die Koexpression von Gephyrin zu einem in charakteristischer Weise veränderten Targetingverhalten der Rezeptorpolypeptide, die, statt in die Zellmembran zu inkorporieren, nun in großen 2 Literatur intrazytoplasmatischen Gephyrinaggregaten akkumulierten. Möglicherweise spielt die gephyrinvermittelete Verankerung des GlyR auch eine Rolle bei der Pathogenese des Phänotyps der Mausmutante spastic (spa). Diese Mutante ist gekennzeichnet durch eine allgemeine Übererregbarkeit der Muskulatur, Tremor, Hypertonus und Myoklonus. Ausgangspunkt für die Entstehung dieses Phänotyps ist eine Veränderung der Organisation des Gens, das die GlyR b Untereinheit kodiert 5,17. Die Insertion eines LINE 1-transponierbaren Elements in das Intron V des b-Gens reduziert die Spleißeffizienz des Primärtranskripts, was zu einer signifikanten Reduktion des b-mRNA 17 und des Rezeptorproteingehalts führt. Damit steht weniger gephyrinbindender GlyR für synaptische Membranareale zur Verfügung. In der Tat konnte in Synapsen der spastischen Retina eine deutlich erniedrigte Immunfluoreszenz im Vergleich zu Kontrolltieren beobachtet werden 19. Literatur 1. Becker C.-M., Hoch W. and Betz H. (1988) Glycine receptor heterogeneity in rat spinal cord during postnatal development. EMBO J. 7,3717-3726. 2. Becker C.M., Hermans-Borgmeyer I., Schmitt B. and Betz H. (1986) The glycine receptor deficiency of the mutant mouse spastic: evidence for normal glycine receptor structure and localization. J. Neurosci. 6,1358-1364. 3. Béchade C., Colin I., Kirsch J., Betz H. and Triller A. 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