Vorlesung "Spezielle Probleme der Immunologie" Organspezifische Autoimmunität II (WS 2008/09) Antonio Iglesias F. Hoffmann-La Roche Ltd, Basel [email protected] I. Organspezifische Autoimmunität: Multiple Sklerose II. Entstehung von Autoimmunität III. Antikörper-Therapie von Autoimmun-Krankheiten 09.02.2009 I. Organspezifische Autoimmunität : Multiple sclerose • MS is eine inflammatorische Erkrankung des Zentralen Nervensystems • MS führt zu Demyelinierung und axonale Zerstörung • MS verursacht daher neuromotorische und neurosensorische Defizite • MS ist in Verlauf und Pathologie heterogen • MS ist eine Autoimmunerkrankung mit weitgehend ungeklärtem Ursprung Bei MS wird Myelinzerstörung von ZNS-invasiven Immunzellen, hauptsächlich T Zellen und Macrophagen, verursacht Axons Myelin Oligodendrocyten yte c dro n de o ig Ol Oligo Oligo Macrophages Tiermodelle: Experimentelle Autoimmune Enzephalitis (EAE) • Verschiedene Modelle von Multipler Sklerose in mehreren Tierarten: Maus, Ratte, Kaninchen, Affen Aktive EAE • Akute, chronische und relapsierende neurologische Dysfunktion • Inflammatorische Infiltrate mit +/- Demyelinierung • Induziert durch Immunisierung mit Myelin-Antigenen (aktive EAE)… • Passive EAE …und durch Inokulation von T-Zellen (passive EAE) Autoreaktive T Zellen werden im ZNS reaktiviert. Kawakami et al. 2005 Intrathecale OVA Zugabe Enzephalitische T Zellen werden in situ reaktiviert und persistieren lebenslang in gesunden Individuen als Gedächtnis-T Zellen Kawakami et al. 2005 Catron et al. 2004 ZNS-Antigene induzieren heterogene Formen von EAE MOG-EAE (100µg) PLP-EAE score 4 3 ier s lap e R 2 1 0 0 10 em r / d en 20 days 5 4 score 5 nd e r ti ie 3 r p är im Pr 2 1 0 30 40 50 0 5 10 15 iv s es r og 20 days 25 30 35 40 Zugabe von MOG-spezifischen Antikörpern führt zur Verschlimmerung einer subklinischen Form von EAE. PLPs-EAE Mit anti-MOG Ak 5 8.18C5 iv score 4 PBS 3 2 1 0 0 5 10 15 20 25 30 Ohne anti-MOG Ak days Autoantikörper gegen manche ZNS Antigene wie MOG können heftige pathologische Krankheitszustände auslösen. Kawakami et al. 2005 Catron et al. 2004 Transgene IgHMOG und TCRMOG führen zu spontaner EAE ! OSE - SPF Krishnamoorty et al. 2006 Synergie von autoreaktiven T und B Zellen ist nötig für die klinische Entfaltung der Krankheit Ein mögliches Szenario von Multipler Sklerose Zusammenfassung Multiple Sclerose 1. Die Pathologie von MS zeigt individuell verteilte Muster der aktiven Myelin-Zerstörung, mit inflammatorischer Beteiligung von Makrophagen und Lymphozyten. 2. Tiermodelle legen den autoimmunen Charakter von MS nahe und spiegeln einzelne pathologische Aspekte der Erkrankung wieder. 3. Autoantikörper gegen bestimmte Myelin- und andere ZNS-Antigene können eine wichtigen pathologische Rolle spielen. 4. Durch Synergie von T und B Lymphozyten erzeugte spontane Tiermodelle von MS (z. B. OSE) können bessere Systeme für die Erprobung von Medikamenten darstellen. II. Entstehung von Autoimmunität Autoimmunität entsteht durch Aktivierung von autoreaktiven Klonen, 1. mit Spezifität für unzugängliche Selbstantigene 2. mit Kreuzreaktivität für Pathogene und Selbstantigene 3. mit niedriger Affinität für Selbstantigene 4. durch genetisch defekte Toleranzinduktion VERLUST VON IMMUNOLOGISCHER TOLERANZ !! C MOG is poorly represented in thymus T cell response W T M OG -K .O . 1. Unzugängliche Selbstantigene: MOG 36 30 Nat. MOG 16 Rec. MOG Actin B cell response MOG ist nicht in Immunorganen repräsentiert und kann daher nicht Immuntoleranz induzieren! Delarasse et al. 2003 1. Unzugängliche Selbstantigene: die gehirnspezifische Isoform von PLP induziert Periphäre Aktivierung von T-Zellklonen für gehirnspezifische PLP-Epitope führt zur EAE!! 2. Kreuzreaktivität von MBP-spezifischen T-Zellklonen mit pathogenen Mikroben Wucherpfennig 1995 Sospedra & Martin 2005 Mimikry mit mikrobiellen Antigenen könnte zur Aktivierung von Myelinspezifischen T- Zellklonen führen 3. Autoreaktive T-Zellklone mit niedriger Ag-Affinität überwinden die negative Selektion im Thymus Shiverer: MBP− C3H: MBP+ Myelin-spezifische Klone von niedriger Affinität zum Selbstantigen werden im Thymus nicht eliminiert 4. Autoimmunität als Folge von Gendefekten in Mechanismen der Immuntoleranz oder der Immunsuppression Beispiele: A. APECED (Autoimmune polyendocrinopathy-candidiasis ectodermal dystrophy): - Verursacht durch Mutation des Autoimmun-Regulator (Aire)-Gens - Aire ist transkriptionelles Regulationsprotein - Aire Defizienz führt zur Akkumulation von autoreaktiven, organ- spezifischen T-Zellen und Antikörpern B. IPEX (X-linked Diabetes Mellitus, enteropathy and Endocrinopathy syndrome): - IPEX ist von Mutationen im Transkriptionsregulator FOXP3 verursacht. - Mutationen im gleichen Gen der Maus (Foxp3) verursachen das Phänotyp der scurfy (sf) Mutante. - Foxp3 wird vorwiegend in Immunorganen exprimiert Aire reguliert Immuntoleranz… in Menschen Thymus und in Mäusen Lymph node Aire deficient mice Foxp3 reguliert die Differenzierung von CD4+CD25+ regulatorische T Zellen (TReg) im Thymus TGFβ Foxp3 Foxp3 … und in der Peripherie!! TReg Defekte führen zu EAE in MBP-spezifische TCR transgenen Mäusen Passive MOG-EAE TCRMBP transgene Mäuse Active MOG-EAE TReg in EAE et al. 2002 Im normalen Immunsystem werden autoreaktive T Zellen vonKohm „Regulatorischen“ T Zellen (TReg) „immunsupprimiert“. Zusammenfassung der Entstehung von Autoimmunität 1. Autoimmunität entsteht durch Aktivierung von autoreaktiven Klonen im Immunsystem. 2. Autoreaktive Klone können die negative Selektion überwinden, z.B. durch niedrige Affinität/Avidität für Selbstantigen (MBP) oder bei Unzugänglichkeit des Selbstantigens für das Immunsystem (MOG, PLP-DM20). 3. Klone mit Kreuzspezifität für Fremd- und Selbstantigene können durch pathogene Keime (das fremde Antigen) aktiviert werden. 4. Autoreaktive Klone können auch durch genetische Defekte bei der Toleranzinduktion (Aire: APECED) oder der Immunregulation (FoxP3: IPEX) enthemmt werden. III. Antikörper-Therapie von Autoimmunen Krankheiten Cell adhesion & migration Other immune components B Lymphcytes T Lymphocytes Cytokines & chemokines Therapeutische Antikörper können verschiedene Komponente der autoimmunen Reaktion ausschalten Therapeutische Antikörper zerstören B cell lymphomas B/Lymphoma NK CD20 NK NK NK Rituximab/Mabthera war der erste (1997) für die Behandlung von Krebs zugelassene Antikörper Therapeutische Antikörper können Autoimmunerkrankungen heilen Therapeutische Antikörper wirken oft bei mehreren Krankheiten Elimination von B Zellen in Multipler Sclerosis Auch in RR-MS kann die B Zell-Elimination mit Rituximab zur klinischen Verbesserung der Krankheit führen Catron et al. 2004 Anti-IL6 Rezeptor Antikörper (Actemra) wirken in rheumatoide Arthritis Der Zytokin-wirksame Antikörper Actemra ist jüngst für die Behandlung von Arthritis zugelassen Ein Fall zur Vorsicht: TGN1412 (TeGenero) Ein superagonistischer Antikörper rekrutiert TRegs gegen Autoimmunkrankheiten Wichtige Struktureigenschaften von therapeutischen Antikörpern Die Effektorfunktionen von therapeutischen Antikörpern können optimiert werden Therapeutische Antikörper kann man massschneidern Kritische Eigenschaften von Antikörpern nach Mass: Immunogenität minimieren Verbesserte Spezifität Erhöhte Bindungsaffinität Verbesserte Effektorfuntionen Optimierte Pharmakokinetik Erhöhte Gewebepenetration Bessere proteolytische Stabilität Bessere Faltung und Löslichkeit human(isierte) Antikörper Selektion aus Phagen-Bibliotheken Selektion aus Phagen-Bibliotheken ”Glycoengineering” Erhöhte Affinität für FcRn Kamelide oder ScFv-Antikörper Kritischen Epitope ausschalten Selektion aus Phagen-Bibliotheken Therapeutische Antikörper kann man massschneidern Kritische Eigenschaften von Antikörpern nach Mass: Immunogenität minimieren Verbesserte Spezifität Erhöhte Bindungsaffinität Verbesserte Effektorfuntionen Optimierte Pharmakokinetik Erhöhte Gewebepenetration Bessere proteolytische Stabilität Bessere Faltung und Löslichkeit human(isierte) Antikörper Selektion aus Phagen-Bibliotheken Selektion aus Phagen-Bibliotheken ”Glycoengineering” Erhöhte Affinität für FcRn Kamelide oder ScFv-Antikörper Kritischen Epitope ausschalten Selektion aus Phagen-Bibliotheken Sogenannte “humanisierte” therapeutische Antikörper werden bevorzugt eingesetzt 1) 2) 3) Human(isierte) Antikörper sind viel weniger immunogen in Patienten und daher auch effizienter in der Therapie “Glycoengineering” erhöht die Effektorfuntion von Antikörpern 158F/V FcγRIII Fucose-freie Antikörper haben eine höhere Affinität für FcγR et al. 2005 und vermitteln eine erhöhte Iida Cytotoxizität Fucose im Zuckerrest von IgG1 verursacht sterische Hinderung bei der Bindung zum FcγγRIII Antikörper mit Fucose Fucose-freier Antikörper N297 N162 FcγγRIIIa ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ Okazaki et al. 2004 Ferrara et al. (Glycart), 2006 FcγγRIIIa ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ ¦¦ Therapeutische Antikörper können Leben retten Fighting For Herceptin Helen Thomas A group of women in Staffordshire are fighting for breast cancer drug herceptin to be given on the NHS. Without it, the future for many of them is bleak. But the campaign is proving hard, distressing and long. Herceptin Cuts Death Rate for BreastCancer Patients New study shows significant benefit of taking Herceptin in breast cancer patients who also undergo surgery and chemotherapy. Helen Thomas explains Therapeutische Antikörper sind effizient aber haben hohe Entwicklungskosten, die die öffentlichen Gesundheitssysteme stark beanspruchen Der steinige und kostspielige Weg zu neuen Medikamenten Lead identification Preclinical Dev. Clinical Phase I Clinical Phase II Clinical Phase III Registration Approval Development time: 10-12 years Average total costs: US $1 billion 20% for 5% Ther. Abs Die meisten neuen Medikamente fallen spät im Prozess durch, wenn mehr als 400 Millionen US $ bereits investiert wurden. Antikörper als Medikamente sind sehr teuer Faktoren für die hohen Kosten von therapeutischen Antikörpern: • allgemeine Entwicklungskosten costs und hohe “attrition”-Rate • teure Manufaktur (kostspielige Zellkultur-Techniken) • stabile Formulierung von grossen Proteinen schwierig • hohe patentrechtliche Hürden in der Antikörper-Technologie • hohe und lange Dosierungen erforderlich Therapeutische Antikörper machen > 20% aller neuen Substanzenwicklungen aus Zusammenfassung Antikörper-Therapie von Autoimmunität 1. Therapeutische Antikörper können effizient und verschiedenartig zur Behandlung von Autoimmun-Erkrankungen eingesetzt werden. 2. Potentielle starke Nebenwirkungen von therapeutischen Antikörpern müssen bei neuen Therapien genauestens beachtet werden. 3. Wichtige Effektorfunktionen von therapeutischen Antikörpern wie die Bindung an Fcγ-Rezeptoren und Zellzytolyse können maßgeschneidert werden, z. B. durch „glycoengineering“. 4. Der medizinische Einsatz von therapeutischen Antikörpern hat in den letzten Jahren stark zugenommen. 5. Die hohen Entwicklungs- und Produktionskosten von therapeutischen Antikörpern ist eine Hürde für deren breite klinische Anwendung.