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Prof. Herrmann verfasst auf der Website: www.muenchner-onkologie.de in halbjährlichen
Intervallen unter dem Motto "Onkologie: Quo vadis?" Übersichtsartikel zu aktuellen
Themen aus den Bereichen der medikamentösen und nicht-medikamentösen
Krebstherapie.
Der aktuelle Artikel lautet: Die zielgerichtete medikamentöse Krebstherapie:
Wachstumssignale abfangen, innerzelluläre Informationsflüsse unterbrechen.
Im Dezember 2013 erscheint ein Folgeartikel mit dem Titel: Hitzetherapie (lokale
Tiefenhyperthermie und Ganzkörperhyperthermie): Alternative oder ergänzende
Krebstherapie?
Onkologie: Quo vadis?
Die zielgerichtete medikamentöse Krebstherapie:
Wachstumssignale abfangen, innerzelluläre Informationsflüsse
unterbrechen.
F. Herrmann, Praxisklinik Muenchner Onkologie, Weinstrasse 5, 80333 München
Neuere Erkenntnisse über informative Zelloberflächenstrukturen (Signalempfänger) und
fehlgeleitete innerzelluläre Informationsflüsse (Signalverbreitung), deren Störung zur
Krebsentstehung und unkontrolliertem Tumorwachstum führen, haben nicht nur unser
Verständnis von der Tumorpathogenese erweitert, sondern hierdurch auch das Spektrum
der medikamentösen Krebstherapie beachtlich ergänzt. Die molekularen Grundlagen
dieser Störungen werden in naher Zukunft zunehmend die Angriffsziele neuer
Krebsmedikamente sein. Schon heute nutzen wir dieses molekular basierte
Behandlungskonzept im klinischen Alltag und beschreiben es als zielgerichtete Therapie.
Zielgerichtete medikamentöse Krebstherapien orientieren sich an bestimmten genetisch
und/oder biologisch erkennbaren Besonderheiten eines jeweiligen Tumors, vorausgesetzt
dass diese im individuellen Tumor nachweislich an der Krebsentstehung oder dessen
Ausbreitung (Metastasierung) beteiligt sind.
Kenntnisse über ein molekulargenetisches/biologisches Tumorprofil spielen somit im
Einzelfall bei der strategischen Auswahl der zielgerichteten Therapeutika eine wesentliche
Rolle. In anderen Worten: Das individuelle Tumorprofil (d.h. die Zuordnung bestimmter
molekulargenetischer Eigenschaften zu einer Gruppe von Tumoren) bestimmt die
Strategie der Tumortherapie mit zielgerichteten Substanzen. Der Begriff der
individualisierten oder personalisierten Therapie, wie er gegenwärtig für diese
Therapieart gebräuchlich ist, erscheint irreführend, suggeriert er doch eine individuelle
und persönliche bzw. für den einzelnen Patienten zugeschnittene Behandlung. Vielmehr
handelt es sich um eine statifizierende Behandlungsart, die tumorspezifische
Eigenschaften auf der Grundlage neuerer Erkenntnisse in die Behandlungsoptionen
implementiert.
Sollte es mit dieser neuen Therapiestrategie tatsächlich gelingen, ausschließlich
tumorspezifische Prozesse zu blockieren, stünde das Zeitalter einer hochwirksamen und
nahezu nebenwirkungsfreien medikamentösen Tumortherapie ins Haus.
Obwohl wir uns diesem Ziel nähern, ist dessen Realisierung gegenwärtig noch ein
Wunschtraum. Dennoch hat die Entwicklung zielgerichteter Krebstherapeutika bereits
heute den Arzneimittelmarkt um ein stattliches Arsenal hochpotenter Produkte
bereichert.
Bei den zielgerichteten, im gegenwärtigen klinischen Einsatz befindlichen und behördlich
zugelassenen Krebstherapeutika handelt es sich überwiegend um monoclonale Antikörper
sowie kleinmolekulare Hemmstoffe (Kinasehemmer, Proteasomhemmer DNSMethylierungshemmer o.ä), deren Systematik in diesem Artikel skizziert werden soll
Monoclonale Antikörper in der Krebstherapie
Antikörper sind bifunktionale Glykoproteine (Immunglobuline), die mit der sogenannten
variablen Region (Fab-Teil) an diverse Zielantigene binden, während die konstante
Region (Fc-Teil) unterschiedliche Effektormechanismen des Immunsystems wie
Komplementfaktoren oder zytotoxische Immunzellen aktiviert. Antikörper spielen beim
Menschen eine zentrale Rolle bei der Immunabwehr gegen Krankheitserreger (Antigene)
und kommen physiologischerweise als polyclonale Antikörper vor, die sich gegen
verschiedene Regionen eines Antigens richten. Therapeutisch anwendbare monoclonale
Antikörper hingegen sind ursprünglich im Mäusesystem bzw. industriell hergestellte
Immunglobuline, die in ihrer Bindungsaffinität auf einzelne Zielstrukturen (Epitope)
spezialisiert sind. Binden monoclonale Antikörper an Oberflächenantigene (Rezeptoren)
von Tumorzellen und ist ihre Bindungsfähigkeit auf diese Zellart beschränkt
(tumorspezifische Antigene), werden diese durch unterschiedliche Mechanismen
geschädigt:
1) Hemmung der Tumorzellproliferation und Einleitung des Zelltodes (Apoptose) durch
Unterbrechung von Wachstumsfaktorsignalen (Rezeptorblockade, Rezeptordimerisierung,
Rezeptorinternalsierung, Signalübermittlingsblockade) bzw. Inhibition antiapoptotischer
Signale.
2) Aktivierung des körpereigenen Immunsystems durch Komplementaktivierung oder
Aktivierung zytotoxischer Immunzellen (CDC und ADCC).
3) Direkte zellschädigende Einwirkung von Radioisotopen, Chemotherapeutika bzw.
Toxinen, die an monoklonale Antikörper als Erkennungs- und Transportvehikel konjugiert
werden [Radio-Immunkonjugate z.B. 90Y-Ibritumomab Tiuxetan (Zevalin®), ChemoImmunkonjugate z.B. Ado-Trastuzumab Emtansine (Kadcycla®), oder Immunotoxine,
z.B. Gemtuzumab Ozogamicin (Mylotarg®)]
Binden monoclonale Antikörper an lösliche Botenstoffe (sogenannte Liganden, die von
der mittelbaren oder unmittelbaren Tumorumgebung oder der Tumorzelle selbst
produziert werden), hemmen sie das Tumorwachstum indirekt durch Unterbrechung der
Wachstum fördernden Wechselwirkung zwischen Tumor und seiner Umgebung. Ein gutes
Beispiel hierfür ist die Gruppe der antiangiogen wirksamen monoclonalen Antikörper, z.B.
Bevacizumab (Avastin®). Die Tumorzelle produziert den löslichen Liganden VEGF
(vascular endothelial growth factor). VEGF tritt in Wechselwirkung mit den an den
Tumorblutgefäßen exprimierten VEGF-Rezeptoren und stimuliert eine Neugefäßbildung,
die der kontinuierlichen Versorgung des wachsenden Tumors mit Nährstoffen und
Sauerstoff dient. Bevacizumab behindert diese Wechselwirkung und sorgt somit für das
Verhungern und Ersticken des Tumors.
Aufgrund Ihrer Immunogenität (Herstellung im Mäusesystem) können durch die Therapie
mit rekombinanten monoclonalen Antikörpern unerwünschte Reaktionen hervorgerufen
werden z.B. Hypersensitivitätsreaktionen, Immunsuppression oder Autoimmunität. Selten
ist das sogenannte "cytokin storm syndrome" bei dem durch Bindung des Fc-Teils des
Antikörpers an den FC-Rezeptor von Phagozyten oder T-Lymphozyten eine zur
Zytokinfreisetzung führende Aktivierung dieser Zellen beobachtet wird. Um die
Immunogenität der Mausantikörper (Hybridomtechnologie) zu mildern wurden zunächst
chimäre (65-90%iger Anteil an menschlichem Protein), später humanisierte (ca. 95%iger
Anteil an menschlichem Protein) und zuletzt humane Antikörper (100%iger Anteil an
menschlichem Protein) (Phagen-Display Technologie) in die Therapie eingeführt. Hiermit
ließen sich auch pharmakokinetische Parameter wie Halbwertzeit und Bindungsaffinität
deutlich optimieren, so daß die derzeitig therapeutisch genutzten monoclonalen
Antikörper sich durch hohe Spezifität, hohe Bindungsaffinität und lange
Serumhalbwertzeit auszeichnen.
Ein Problem in der therapeutischen Anwendung monoclonaler Antikörper mag die
Entwicklung von Tumorresistenzen liegen. Eindeutige Untersuchungen über deren
Inzidenz liegen allerdings derzeit nicht vor, gleichwohl die Beobachtung eines guten
Ansprechens rezidivierter Tumore auf eine Zweittherapie mit dem gleichen Antikörper
gegen eine signifikante sekundäre Resistenzentwicklung sprechen. Das Auftreten
neutralisierender Antikörper gegen die monoclonalen Proteine spielen ohnehin bei der
Verwendung humanisierter bzw. humaner Wirkstoffe praktisch keine Rolle.
Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die derzeit nutzbaren monoclonalen Antikörper in der
Krebstherapie.
Tab. 1: Monoclonale Antikörper bei onkologischen Indikationen
Freiname (Handelsname)
Zielstruktur
Indikation
Trastuzumab (Herceptin®)
Pertuzumab (Perjeta®)
Ipilimumab (Yervoy®)
Bevacizumab (Avastin®)
HER-2
HER-2/3
CTLA-4
VEGF
Ofatumumab (Arzerra®)
Rituximab (Mabthera®)
Alemtuzumab (Mabcampath®)
Denosumab (Xgeva®)
Cetuximab (Erbitux®)
Panitumumab (Vectibix®)
Catumaxomab (Removab®)
Eculizumab (Soliris®)
CD20
CD20
CD52
RANKL
EGF-R1
EGF-R1
EPCAM,CD3
C5
BC und Magen-CA
BC
Melanom
CRC, BC RCC,
NSCLC, Ovarial-CA
B-NHL
B-NHL
B-NHL (aH*)
Skelettmetastasen
CRC, HNC
CRC
maligner Ascites
PNH
HER-2
CD20
CD20
CD30
CD33
BC
B-NHL
B-NHL
HD, T-NHL
AML
Konjugate:
Ado-Trastuzumab Emtansine (Kadcycla®)
90Y-Ibritumomab Tiuxetan (Zevalin®)
131J-Tositumomab (Bexxar®)
Brentuximab-Vedotin (Adcetris®)
Gemtuzumab Ozogamicin (Mylotarg®)
*aH außer Handel
Die Nomenklatur für monoklonale Antikörper wird von der USAN (United States Adopted
Name Council) festgelegt. Alle Namen für therapeutische monoklonale Antikörper enden
mit dem Suffix -mab. Reine Mausantikörper enden auf -omab. Bei chimären Antikörpern
(-ximab) besteht nur noch der variable Teil des Immunglobulins aus Mausprotein, bei den
humanisierten Antikörpern (-zumab) reduziert sich der Mausproteinanteil auf die
Komplementarität-bestimmenden Regionen (CDR). Humane Antikörper (-umab) haben
nur noch humane Proteinsequenzen. Der mittlere Teil des Antikörpernamens gibt
Auskunft über Indikation oder Zielort. So greift Adal-im-umab im Immunsystem an und
ist ein humaner Antikörper, Ri-tu-ximab ist als Antitumormittel zugelassen und ist ein
chimärer Anikörper. Pa-vi-lizumab (Synagis®) ist ein antiviraler humanisierter
Antikörper
Monoclonale Antikörper als Therapeutika bei chronisch
entzündlichen bzw. autoimmunen Erkrankungen
Zunehmend finden monoclonale Antikörper auch Verwendung in der Behandlung nichtonkologischer Erkrankungen, vordringlich bei chronisch entzündlichen, überwiegend
autoimmunen Prozessen. Zielstruktur sind hierbei zumeist proinflammatorischen Zytokine
wie TNF-alpha, Interleukin 2 und 6 und deren Rezeptoren, die eine zentrale Rolle bei der
Entwicklung und Chronifizierung dieser Erkrankungsformen spielen.
Tabelle 2 gibt eine Übersicht über die derzeit nutzbaren monoclonalen Antikörper in der
Behandlung nicht-onkologischer Indikationen.
Tab. 2: Monoclonale Antikörper außerhalb onkologischer Indikationen
Freiname (Handelsname)
Zielstruktur
Indikation
Adalimumab (Humira®)
Infliximab (Remicade®)
Certoluzumab (Cimiza®)
Golimumab (Simponi®)
Tocilizumab (Actemra®)
Pavilizumab (Synagis®)
Natalizumab (Tysabri®)
Efalizumab (Raptiva®)
Abciximab (Reopro®)
Daclizumab (Zenapax®)
Basiliximab (Simulect®)
Omalizumab (Xolair®)
TNF-alpha
TNF-alpha
TNF-alpha
TNF-alpha
IL-6-R
A-Epitop des RSV
α4 T-Zell Integrine
LFA-1
GPIIb/IIIa-R
IL-2R
IL-2R
IgE
rA, Psoriasis Arthritis
rA, CIBD, Psoriasis
rA
rA
rA
RSV
MS
Psoriasis
PTCA
Nierentransplantat
Nierentransplantat
allergisches Asthma
Kleinmolekulare Hemmstoffe
Tyrosinkinasehemmer
Tyrosinkinasen sind Enzyme. Sie agieren entweder als Rezeptor-integrierte Bestandteile
an Zelloberfächen (Rezeptor-Tyrosinkinasen) oder an innerzellulären
signalübermittelnden Botenstoffen (intrazelluläre Tyrosinkinasen), wo sie durch reversible
Übertragung von Phosphatgruppen ihre jeweiligen Zielstrukturen kaskadenartig
aktivieren. Sie spielen eine entscheidende Rolle beim Überleben und Absterben der
jeweiligen Zelle, ebenso wie bei der Zellteilung, dem Zellwachstum, der Gefäßneubildung
und der Zellmotilität.
Die Aktivität einer Tyrosinkinase kann nicht nur extrazellulär durch das Abfangen
stimulierender Substanzen oder die Blockade des entsprechenden Rezeptors durch
monoklonale Antikörper, sondern auch intrazellulär durch Deaktivierung der Kinase
mittels sogenannter Tyrosinkinase-Inhibitoren gehemmt werden. Kleinmolekulare
Tyrosinkinasehemmer sind im Gegensatz zu Antikörpern in der Lage, in die Zelle
einzudringen und die Kinasen auch innerzellulär zu deaktivieren und somit
Signalvorgänge zu unterdrücken.
Dabei kann ein Wirkstoff spezifisch eine bestimmte Kinase oder unspezifisch mehrere
Kinasen (Multikinasehemmer) hemmen. Heute ist bekannt, dass eine Störungen in der
Kinasekaskade, zum Beispiel eine unkontrollierte (z.B. durch Genmutation bedingte)
Aktivierung der Kinasen zu Krebs führen kann. So sind beispielsweise die EGFRezeptoren bei einem Teil der Lungenkrebs- und Brustkrebserkrankungen vermehrt
gebildet, bzw. sind permanent (konstitutiv) aktiviert und sind daher an der Entstehung,
am Überleben, an der Ausbreitung (Metastasierung) dieser Tumoren, sowie an ihrer
Gefäßneubildung ursächlich beteiligt.
Bei der therapeutischen Anwendung von Tyrosinkinasehemmern ergeben sich jedoch
keineswegs nur die erhofften spezifischen Wirkungen, da die Komplexität der
Signalübertragungen hoch selektive Wirkungen nicht zulässt. Auch vermeintlich
zielgerichtete Therapien gehen daher mit Nebenwirkungen einher, die keinesfalls zu
verharmlosen sind. Ein weiteres, allerdings noch nicht in Gänze gelöstet Problem bei der
Anwendung von kleinmolekularen Kinasehemmern stellt die Entwicklung von Resistenzen
der Krebszellen gegenüber den Wirkstoffen dar.
Die meisten Kinasehemmer werden heute so entwickelt, dass sie nicht wie die
monoclonalen Antikörper als Infusion bzw. Injektionen verabreicht werden müssen,
sondern von den Patienten selbst als Tablette oder Kapsel eingenommen werden können
Tabelle 3 gibt eine Übersicht über die derzeit nutzbaren Tyrosinkinasehemmer in der
Krebstherapie.
Tab. 3: Tyrosinkinasehemmer
Freiname (Handelsname)
Zielstruktur
Indikation
Imatinib (Glivec®)
Dasatinib (Sprycel®)
Nilotinib (Tasigna®)
Bosutinib (Bosulif®)
Sorafenib (Nexavar®)
Sunitinib (Sutent®)
Pazopanib (Votrient®)
Axitinib (Inlyta®)
Erlotinib (Tarceva®)
Gefitinib (Iressa®)
Afatinib
Lapatinib (Tyverb®)
Crizotinib (Xalkori®)
Regarafenib (Stivarga®)
ABL, KIT, PDGF-R
ABL, KIT, PDGF-R
ABL, KIT, PDGF-R
ABL, SRC
VEGF-R
VEGF-R, PDGF-R, KIT, FLT
VEGF-R, PDGF-R, KIT
VEGF-R
EGF-R
EGF-R
EGF-R
ERB-B2
ALK/EML-4
RET, VEGFR1, VEGFR2,
VEGFR3, KIT, PDGFR-alpha,
PDGFR-beta, FGFR1, FGFR2,
TIE2, DDR2, Trk2A, Eph2A,
RAF-1, B-RAF, B-RAFV600E ,
SAPK2, PTK5
B-RAF
B-RAF
MEK1/2
c-MET
c-MET, VEGF-R,
VEGF-R, EGF-R, RET
JAK1/2
JAK2, JAK2V617F, FLT3
JAK2, FLT3, TrkA-Cr
BTK
CML, GIST
CML, GIST
CML
CML
RCC, HCC
RCC
RCC, STS
RCC
NSCLC, PC
NSCLC
NSCLC
BC
NSCLC, aT-NHL
mCRC, GIST
Vemurafenib (Zelboraf®)
Dabrafenib (Tafinlar®)
Trametinib (Mekinist®)
Tivantinib (ARQ197)
Cabozanitib (Cometriq®)
Vandetanib (Caprelsa®)
Ruxolitinib (Jakavi®)
Pacritinib (SB1518)
Lestaurtinib (CEP-701)
Ibrutinib (PCI32765)
Melanom
Melanom
Melanom
HCC
MTC
MTC
PMF
MPE´s
MPE´s, Prostata-CA,
B-CLL
Auch außerhalb onkologischer Indikation haben Tyrosinkinasehemmer Einzug in die therapeutische
Arena gehalten. Tofacitinib (Xeljanz®) mit der Zielstruktur JAK3 findet beispielsweise Anwendung
bei Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis.
mTor-Kinasehemmer
mTor-Kinasehemmer sind -ähnlich den Tyrosinkinasehemmern- Enzyme, die die
Aktivierung von signalübermittelnden Botenstoffen durch Kinasen hemmen, speziell
mTor ("Mammalian target of rapamycin") eine intrazelluläre Serin/Threonin-Proteinkinase
inaktivieren. MTor spielt ebenfalls eine bedeutsame Rolle bei der Steuerung von
Zellwachstum, Zelltod und Zellerneuerung
Tabelle 4 zeigt die derzeit klinisch nutzbaren mTor-Kinasehemmer in der Krebstherapie
Tab.4: mTor-Kinasehemmer
Freiname (Handelsname)
Zielstruktur
Indikation
Everolimus (Afinitor®)
Temsirolimus (Torisel®)
mTOR
mTOR
RCC, BC, RCC, pNET
RCC, MCL
Franesyltransferasehemmer
Die Farnesyltransferase ist ein Enzym, das im Zytosol die Anlagerung von FarnesylGruppen an intrazelluläre signalübermittelnde Botenstoffe (Ras, Raf) katalysiert und so
die Transkription von Genen im Zellkern steuert. Bei zahlreichen hämatologischen
Neoplasien findet man aktivierende Ras-Mutationen. Farnesyltransferase-Inhibitoren
(FTIs) könnten diesen Prozess bremsen. Tipifarnib (Zarnestra®) ist ein solcher FTI, der
in der Therapie der AML Anwendung findet.
Weitere innovative molekulare Arzneimittelentwicklungen
Proteasomhemmer, DNS-Methylierungshemmer
Die Entsorgung (innerzelluläre enzymatische Degradation) überflüssiger Zelleiweiße wird
zu ca. 80% durch einen Enzymkomplex, das Proteasom, geregelt. Bei Störungen der
Proteasomfunktion vermüllt die Zelle mit überschüssigen Eiweißen, die schließlich
wichtige Vorgänge beim Zellwachstum und der Zellvermehrung behindern. Da bei
Tumorzellen -verglichen mit Normalzellen- eine wesentlich intensivere Eiweißsynthese
stattfindet, sind Tumorzellen besonders für proteasomhemmende Substanzen anfällig.
Diese Beobachtung hat zur Entwicklung von Proteasominhibitoren geführt. Bortezomib
(Velcade®), ein Proteasomhemmer der ersten Generation, ist heute bereits fester
Bestandteil der Behandlung des multiplen Myeloms.
Die Methylierung bestimmer DNS Abschnitte legt u.a. Genfunktionen lahm, die bei der
Reparatur geschädigter Zellen oder deren Aussortieren (Apotose) erforderlich sind. Die
klinische Anwendung von DNS-Methylierungshemmern in der Krebstherapie verfolgt das
Ziel durch Demethylierung stillgelegter Gensequenzen Reparaturmechanismen
wiederherzustellen und Absterbevorgänge wieder in Gang zu setzenerneut. Auf dem
Markt befindliche Vertreter dieser Stoffgruppe sind Azacitidin (Vidaza®) und Decitabin
(Dacogen®), die eine Rolle in der Behandlung des MDS bzw. der AML des >65 jährigen
Patienten spielen bzw. spielen werden.
Ausblick
Die enormen Erwartungen, die sich an die Therapie mit monoclonalen Antikörpern,
kleinmolekularen Hemmstoffen und anderen innovativen Produkten knüpfen, resultieren
aus ihrer Anwendung bei Erkrankungen, wie Krebs und Autoimmunerkrankungen, für die
bislang keine befriedigenden Therapieoptionen zur Verfügung standen.
Die Therapiekosten mit diesen Substanzen liegen allerdings zum Teil erheblich über
denen herkömmlicher Behandlungsformen, so dass eine strenge Nutzen-Kosten
Abwägung unabdingbar ist. Sollte der Einsatz zielgerichteter Strategien
außerhalb von klinischen Studien in der Krebstherapie evidenzbasierten internationalen
Richtlinien folgen, ist er vor dem Hintergrund der bereits jetzt verfügbaren Erfolg
versprechenden Datenlage gerechtfertigt. Dennoch muss festgehalten werden, dass
gegenwärtig bei einer Reihe von Substanzen, insbesondere den Kinasehemmstoffen, die
mangelnde Spezifität (Nebenwirkungen, nicht ausreichende Wirksamkeit, kurze
Serumhalbwertszeit) den ursprünglich in die zielgerichtete Therapie gesetzten
Enthusiasmus in ihrer Anwendung noch dämpft und eine Weiterentwicklung erforderlich
macht.
Glossar
HER
CTLA
VEGF
CD
RANKL
EGF
EPCAM
TNF
IL-6R
RSV
LFA
IL-2R
IgE
BC
CRC
STS
PC
RCC
NSCLC
NHL
HNC
PNH
HD
AML
MDS
rA
CIBD
MS
PTCA
CML
GIST
HCC
MTC
PMF
MPE
CLL
PNET
GP
human epidermal growth factor receptor
cytotoxic T-lymphocyte antigen
vascular endothelial growth factor
cluster of designation
receptor activator of NF-κB ligand
epidermal growth factor
epithelial cell adhesion molecule
tumor necrosis factor
interleukin-6 receptor
respiratory syncytial virus
leukocyte function antigen
interleukin-2 receptor
immunoglobulin E
breast cancer (Brustkrebs)
colorectal cancer (Dick- und Mastdarmkrebs)
soft tissue sarcoma (Weichteilsarkom)
pancreatic cancer (Bauchspeicheldrüsenkrebs)
renal cell cancer (Nierenzellkrebs)
non small cell lung cancer (nich-tkleinzelliger Bronchialkrebs)
non Hodgkin Lymphom
head and neck cancer (Plattenepithelkrebs im Hals/Nasenbereich)
paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie
Hodgkin's disease (Hodgkin Lymphom)
akute myeloische Leukämie
myelodysplastisches Syndrom
rheumatoide Arthritis
chronic inflammatory bowl disease (chronisch entzündliche Dickdarmerkrankung)
multiple Sklerose
perkutane transluminale Coronarangioplastie
chronische myeloische Leukämie
gastrointestinaler Stromatumor
hepatocellular cancer (Leberzellkrebs)
medullary thyroid cancer (medullärer Schilddrüsenkrebs)
primäre Myelofibrose
myeloproliferative Erkrankung
chronische lymphatische Leukämie
pancreatic neurpendocrine tumor (neuroendokriner Bauchspeicheldrüsentumor)
Glycoprotein
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