Presseinformation Ein Pfad – zwei Effekte Immunsystem nützt DNA

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Ein Pfad – zwei Effekte
Immunsystem nützt DNA-Reparaturmechanismus zur Steigerung der Abwehr
Täglich muss unser Immunsystem zahlreiche Krankheitserreger abwehren. Zu diesem
Zweck produzieren Abwehrzellen spezifische Antikörper, die exakt auf einen bestimmten
Pathogen zugeschnitten sind. Da es Millionen verschiedener Pathogene gibt, von denen
viele auch noch extrem wandelbar sind, ist dies eine große Herausforderung: Wie schafft es
das Immunsystem, mit dieser Vielfalt Schritt zu halten? Wissenschaftler des GSF –
Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit konnten nun zum ersten Mal zeigen, dass
ein molekularer Mechanismus, der normalerweise zur Reparatur schadhafter DNA-Stücke
gebraucht wird, Zellen des Immunsystems besonders wandlungsfähig macht, sodass sie
flexibel auf die verschiedensten Pathogene reagieren können.
Zuständig für die Produktion spezifischer Antikörper sind bestimmte Abwehrzellen des
Immunsystems, die B-Zellen. „Diese Zellen können als einzige Körperzellen durch
Hypermutation ihre DNA verändern, sodass sie speziell auf das jeweiligen Pathogen
abgestimmte Antikörper bilden“, erklärt Prof. Jean-Marie Buerstedde, der Leiter des GSFInstituts für Molekulare Strahlenbiologie. Unter Hypermutation versteht man eine erheblich
erhöhte Mutationsrate: Die Gene, die die spezifischen Antikörper codieren, mutieren um das
eine Million-Fache häufiger als die Gene anderer Zellen.
Bereits seit längerem ist bekannt, dass die Hypermutation durch das Enzym AID ausgelöst
wird. „AID ist das Mastergen für die Hypermutation“ erklärt Buerstedde. Es tritt B-Zellspezifisch auf und bewirkt, dass eine bestimmte Base der DNA in eine andere umgewandelt
wird. Diese „falsche“ Base wird anschließend aus der DNA ausgeschnitten, wodurch
letztendlich eine Basenlücke entsteht. Buerstedde und seinen Mitarbeitern gelang es nun,
nachzuweisen, dass die folgenden Schritte der Hypermutation einen Mechanismus nutzen,
der auch für die Reparatur schadhafter DNA zuständig ist: Ist die B-Zell-DNA lückenhaft, wird
das Protein PCNA mit einem weiteren Protein, dem Ubiquitin, verknüpft – dieser
Mechanismus aktiviert bestimmte Notfall-Enzyme, die als Reparaturenzyme die Basenlücke
flicken. Die PCNA-Ubiquitinierung kommt auch in normalen Körperzellen bei DNA-Schäden
zum Einsatz: hier sorgt dieser Mechanismus allerdings dafür, dass DNA-Schäden im
Schnellverfahren während der Replikation der DNA repariert werden. „Somit ist PCNAUbiquitinierung sowohl für DNA-Reparatur als auch für Hypermutation notwendig“, erklärt
Buerstedde.
Die PCNA-Ubiquitinierung in B-Zellen führt zu hohen Mutationsraten, da die durch diesen
Mechanismus aktivierten Notfallenzyme mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht die
ursprüngliche, sondern eine andere Base in die DNA einbauen – eine Punktmutation ist die
Folge. Einige dieser Punktmutationen bewirken, dass sich die Affinität der Antikörper zu
einem bestimmten Antigen erhöht und so die produzierten Antikörper schlagkräftiger
gemacht werden. Durch Antigenbindung werden die B-Zellen ausgewählt, die das Antigen
am besten binden und somit am intensivsten bekämpfen können. Die übrigen Zellen sterben
ab.
Für den Einsatz in B-Zellen hat das Immunsystem somit den Pfad der PCNA-Ubiquitinierung
für sich so maßgeschneidert, dass hohe Mutationsraten in bestimmten Teilen der
Antikörpergene auftreten. „Dies ist zum einen positiv, weil wandelbare Antikörper dabei
herauskommen. Andererseits besteht auch das Risiko dass unkontrollierte Mutationen an
falschen Genen zur Krebsentwicklung von B-Zellen beitragen. Deshalb hat die Erforschung
dieses Pfades medizinische Relevanz“, betont Buerstedde, „allerdings ist es auch für sich
allein interessant, wie es Wirbeltieren gelingt, einen schon seit Urzeiten existierenden Pfad
für die antigen-spezifische Immunantwort zu nutzen“.
Originalveröffentlichung:
PLOS Biology, Volume 4, Issue 11, NOVEMBER 2006 :
A Role for PCNA Ubiquitination in Immunoglobulin Hypermutation
Hiroshi Arakawa, George-Lucian Moldovan, Huseyin Saribasak, Nesibe Nur Saribasak,
Stefan Jentsch, Jean-Marie Buerstedde
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Neuherberg, 7. November 2006
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