RüdigerSchmitt-Beck . MartinaWasmer Achim Koch(Hrsg.) Sozialerund politischerWandel in Deutschland Analysenmit ALLBUS-Daten aus zwei Jahrzehnten . ~. : . L ~ ... . . l~ ' i .<> ; '1'> . ',' ". .'.; .. VS VERLAG FÜR SOZIALWISSENSCHAFTEN Akzeptanz und Legitimität sozialer Ungleichheit - Zum Wandel von Einstellungen in West- und Ostdeutschland Heinz-Herbert Noll und Bernhard Christoph 1. Einleitung Als klassisches Thema der Soziologie hat soziale Ungleichheit auch in der modernen, postindustriellen Gesellschaft kaum an Bedeutung und Interesse verloren, selbst wenn sich die Betrachtungsweisen und Forschungsperspektiven teilweise verändert haben. Fragen der Verteilung von Einkommen, Vermögen und finanziellen Lasten, Armut und Reichtum, aber auch die Chancen des Erwerbs von Bildungsabschlüssen und des Zugangs zu attraktiven Berufspositionen stehen nach wie vor im Zentrum wissenschaftlicher und politischer Diskussionen. Dabei geht es nicht zuletzt auch um die Frage, wie viel Gleichheit möglich und für das gesellschaftliche Wohlergehen zuträglich ist und wie viel Ungleichheit akzeptabel, erträglich und für Wettbewerb und Wachstum erforderlich erscheintl. Dass eine ungleiche Verteilung von Ressourcen und Belohnungen als inakzeptabel, problematisch oder gar anstößig betrachtet wird, ist keineswegs selbstverständlich, sondern nur dann zu erwarten, wenn sie aus der Sicht der Gesellschaftsmitglieder mit geltenden Wertvorstellungen (wie z.B. Gleichheitsidealen) oder sozialen Normen (z.B. Fairnessregeln) kollidiert. Mit anderen Worten: Sowohl in ihrem Ergebnis als auch den ihr zugrunde liegenden Verteilungsregeln und Reproduktionsmechanismen bedarf soziale Ungleichheit in modernen Gesellschaften der Legitimation, aber Ungleichheit kann durchaus auch als legitim angesehen werden, wenngleich das an bestimmte Voraussetzungen geknüpft und keineswegs selbstverständlich ist. Die Auffassungen darüber, welche Formen sozialer Ungleichheit in welchem Ausmaß und unter welchen Umständen als legitim oder inakzeptabel erscheinen, sind freilich nicht nur selbst dem sozialen Wandel unterworfen, sondern können auch zwischen Gruppen innerhalb einer Gesellschaft und erst recht interkulturell variieren und differieren: ,.People in different positions (defined by status, race, gender, or other sodal distinctions) will be expected to react differently to sodal inequalities that affect them" (Kluegel und Smith Eine neuere Diskussion des Verhältnisses findet sich z.B. bei Smith (2002). von Ungleichheit und ökonomischem Wachstum 98 Heinz-Herbert Noll / Bernhard Christoph 1986: 11). Dabei ist nicht nur zu vermuten, sondern auch durch viele empirische Untersuchungen bestätigt, dass diejenigen, die das Distributionssystem begUnstigt, sozialer Ungleichheit positiver gegenUberstehen als diejenigen, die es benachteiligt. Neben einer derartigen an Eigeninteresse orientierten gruppenspezifischen Haltung bzw. inter-individuellen Variation in den Einstellungen zur Ungleichheit von Wegener (1992) als ,sekundäre Ideologie' bezeichnet gibt es offenbar auch eine durch geschichtliche Erfahrungen, ,cultural scripts' oder die politisch-institutionelle Ordnung geprägte gesellschaftsspezifische bzw. -typische Haltung zur Ungleichheit, für die von Kluegel und Smith (1986) der Begriff der ,dominant ideology' verwendet - worden - ist. 2 Inwieweit die mit einer bestimmten sozialen Ordnung verbundene Verteilung von GUternund Lebenschancen auf mehr oder weniger privilegierte Positionen also die Konfigurationen und Prozesse, die auch als Ungleichheitsregime bezeichnet werden als legitim angesehen wird, welche Unterschiede dabei zwischen verschiedenen sozio-ökonomischen Gruppen innerhalb einer Gesellschaft und zwischen Gesellschaften bestehen und welchen Trends die Legitimitätsvorstellungen Uberdie Zeit folgen, sind daher Fragen, die der soziologischen Analyse bedUrfen und letztlich nur empirisch beantwortet werden können. Einstellungen zu bzw. Wahrnehmungen und Bewertungen von sozialer Ungleichheit sind aber nicht nur deshalb von soziologischem Interesse, weil daraus Erkenntnisse Uber die Legitimität und die Legitimationsgrundlagen ungleicher Verteilungen und damit sozialer Ordnungen insgesamt gewonnen werden können. Hinzu kommt, dass derartige Einstellungen auch Hinweise geben, wie die Ungleichheitsstruktur als Ganzes und die eigene Position darin wahrgenommen und interpretiert werden, und insofern Hintergrundinformationen fUrdas Verständnis des sozialen und politischen Handeins verschiedener Bevölkerungsgruppen liefern können, z.B. der Wahlentscheidungen für politische Parteien oder der UnterstUtzung wohlfahrtsstaatlicher Reformmaßnahmen. Und schließlich spiegeln sich darin, wie Ungleichheit von der Bevölkerung betrachtet und bewertet wird, nicht nur die mit sozialen Positionen verbundenen Interessenstandpunkte einzelner gesellschaftlicher Teilgruppen, sondern auch bestimmte Merkmale und Eigenheiten einer Gesellschaft als Ganzes: "Macro properties of societies ... leave their imprints at the micro level not only as different life chances but also in different explanations and interpretations of social conditions. ... A central aspect of this is the question of how individuals view inequality" (Svallfors 1993: 87). Was hat man sich nun unter Einstellungen zu sozialer Ungleichheit im Einzelnen vorzustellen? So komplex und vielschichtig die Frage der sozialen Ungleichheit selbst ist, so vieldimensional sind auch die Einstellungen dazu. - 2 - Wegener (1992) spricht in diesem Zusammenhang von. primärer Ideologie'. Akzeptanz und Legitimität sozialer Ungleichheit 99 Gegenstand diesbezüglicher sozialwissenschaftlicher Erhebungsprogramme und Analysen sind in der Regel verschiedene auf soziale und ökonomische Ungleichheit bezogene Perzeptionen, Präferenzen, Überzeugungen, Normvorstellungen und Bewertungen. Verschiedene Untersuchungen - z.B.dievon Sandberger(1994) haben wiederholt gezeigt, dass Ungleichheits-Einstellungen generell entlang einer Achse strukturiert sind, die von kritisch-egalitärer Ablehnung bis zu affirmativ-legitimierender Zustimmung gegenüber dem in einer Gesellschaft anzutreffenden Ungleichheitsgefüge reicht. Quer zu dieser Strukturierung lassen sich verschiedene inhaltliche Einstellungsdimensionen unterscheiden, wie z.B. gleichheitsbezogene Wertorientierungen und Ideale, Perzeptionen und Bewertungen von Verteilungen und Ungleichheitsstrukturen, Einstellungen zur Funktionalität von Ungleichheit, Einstellungen zu Legitimationsprinzipien, Verteilungsnormen und -mechanismen sowie nicht zuletzt auch Wahrnehmungen und Bewertungen von Mobilitätsprozessen und des Statuserwerbs.3 Einstellungen zu sozialer Ungleichheit werden in dem vorliegenden Beitrag aus zwei Untersuchungsperspektiven betrachtet und untersucht. Im Vordergrund steht dabei zunächst die Perspektive des sozialen Wandels über den Zeitraum der vergangenen zwei bis drei Jahrzehnte, wie sie dem gesamten Band zugrunde liegt. Aus dieser Perspektive stellt sich insbesondere die Frage, ob und in welcher Richtung - hin zu kritisch-egalitärer Ablehnung oder affirmativ-legitimierender Zustimmung sich die verschiedenen Dimensionen ungleichheitsbezogener Einstellungen der Bevölkerung insgesamt verändert haben und wie derartige Veränderungen mit einem Wandel faktischer Ungleichheitsstrukturen korrespondieren. Eine zweite hier angelegte Untersuchungsperspektive ist die Betrachtung von Unterschieden in den Einstellungen zur Ungleichheit in Ost- und Westdeutschland. Haben sich die im Hinblick auf die Legitimation und Akzeptanz sozialer Ungleichheit vielfach konstatierten Differenzen zwischen den beiden Landesteilen im Zuge des Transformations- und Integrationsprozesses, d.h. auch mit zunehmendem Abstand von der früheren DDR-Gesellschaft, eingeebnet oder erweisen sich diese Einstellungsunterschiede gegenüber den auf der Ebene von Sozialstruktur und Lebensbedingungen zu beobachtenden Angleichungstendenzen als resistent und bestehen fort? Die Diskussion über eine mögliche Erklärung von Unterschieden in den Wertorientierungen und Einstellungen der Deutschen in Ost und West ist in den zurückliegenden Jahren insbesondere durch die Gegenüberstellung von zwei aus unserer Sicht teilweise überstrapazierten - Erklärungsansätzen, der sogenannten Sozialisationshypothese auf der einen und der Situationshypo- - - - 3 Eine systematische Diskussion verschiedener Dimensionen von Einstellungen zu sozialer Ungleichheit findet sich u.a. bei Mayer (1975), KluegellSmith (1986) sowie Sandberger (1994). 100 Heinz-Herbert Noll! Bernhard Christoph these auf der anderen Seite, geführt worden.4Im Rahmen der Sozialisationshypothese (z.B. Roller 1997) werden die aktuellen Einstellungsdifferenzen auf Unterschiede in den langfristigen Werthaltungen und Prägungen zurückgeführt, die im Rahmen der beiden früheren deutschen Gesellschaftssysteme erworben wurden und sich sowohl auf die Wahrnehmungen als auch insbesondere die Bewertungen der vorhandenen Ungleichheitsstrukturen auswirken. In Übereinstimmung mit dieser Hypothese wären zu Beginn des Vereinigungsprozesses ausgeprägte Ost-West-Differenzen in den Einstellungen zu erwarten gewesen, die sich dann aber mit wachsendem zeitlichen Abstand zunehmend einebnen müssten. Die Situationshypothese (vgl. z.B. Pollack 1996; Pollack und Pickel 1998) bestreitet dagegen den über Sozialisationsprozesse vermittelten Systemeffekt und betont stattdessen die Auswirkungen der in den beiden Teilgesellschaften unterschiedlichen spezifischen Lebensumstände auf Einstellungen und Wertorientierungen. Wenngleich aus dieser Perspektive das EntwickJungsmuster anfänglich großer, aber sich zunehmend verringernder Ost-West-Differenzen nicht zwangsläufig folgt, wäre dennoch auch hier zu erwarten, dass Einstellungsunterschiede in dem Maße abgebaut werden, wie sich Lebensbedingungen und soziale Strukturen angleichen. Wahrscheinlicher als das Zutreffen der einen oder der anderen Hypothese erscheint uns allerdings ein Zusammenwirken der beiden dort betonten Effekte. Demnach stellt sich weniger die Frage, ob Unterschiede in den Einstellungen zur Ungleichheit durch die Nachwirkungen der Sozialisation in unterschiedlichen Gesellschaftssystemen oder durch die aktuellen Verhältnisse bedingt sind, sondern in welcher Weise und in welchem Umfang die beiden behaupteten Effekte zur ErkJärung beitragen. Darüber hinaus handelt es sich sowohl bei der Sozialisations- als auch bei der Situationshypothese gewissermaßen um Theorien, die Wertorientierungen und Einstellungen als "Überbauphänomen" der materiellen Verhältnisse Institutionen, sozialen Strukturen und Lebensbedingungen - betrachten. Erstaunlich wenig Beachtung in dieser Diskussion finden demgegenüber - von sozialen Vergleichsprozessen abgesehen sozialpsychologische Mechanismen, wie z.B. Gruppenidentifikationsprozesse, auf deren Bedeutung für die Erklärung von Einstellungen zur Ungleichheit zum Beispiel Kluegel und Smith hingewiesen habens, und die angesichts der vielfach festgestellten gegenseitigen Ressentiments und unterschiedlichen (Ost-West-)Identitäten gerade auch für die Erklärung von Einstellungsunterschieden in Ost- und Westdeutschland eine Rolle spielen könnten. - - 4 5 Für einen Überblick vgl. Pickel (1998). "Group identification can lead to two types of affective response which under certain conditions can influence responses to inequality: identification or solidarity with an ingroup and hostility to an outgroup" (KJuegellSmith 1986: 25). Akzeptanz und Legitimität sozialer Ungleichheit 101 Die nachfolgenden Analysen sind nicht primär darauf ausgerichtet, Hypothesen zur Erklärung innerdeutscher Einstellungsdifferenzen, wie sie hier in aller Kürze skizziert wurden, auf ihre Stichhaltigkeit und Geltung zu prüfen. Im Vordergrund der Betrachtung steht vielmehr das deskriptive Interesse an Tendenzen des sozialen Wandels in der Wahrnehmung und Bewertung sozialer Ungleichheit sowie der Entwicklung der diesbezüglichen Ost-West-Unterschiede, die jedoch im Lichte der dargelegten Hypothesen betrachtet und interpretiert werden. 2. Methodische Vorbemerkungen Der vorliegende Beitrag stützt sich auf den kumulierten ALLBUS-Datensatz von 1980 bis 2000 (ZA 1795), der in einigen Fällen um Daten des ZUMABusses von 1976 (ZA 0861) ergänzt wurde. Darüber hinaus werden die Datensätze 1992 und 1999 (Social Inequality 11 und III) des International Social Survey Programme (ISSP) (ZA 2310, 3430) sowie an einer Stelle Angaben aus einer Studie zum Verhältnis der Bevölkerung zur Rechtspflege aus dem Jahr 1970 verwendet (Kaupen 1972). Auf dieser Datengrundlage können Veränderungen in den Einstellungen zur sozialen Ungleichheit über mehr als zwei Jahrzehnte in Westdeutschland und über fast ein Jahrzehnt in Ostdeutschland beobachtet und analysiert werden. Bei der Berechnung der Zeitreihendaten auf der Grundlage des kumulierten ALLBUS-Datensatzes wurde ein Transformationsgewicht verwendet, um Unterschiede im Stichprobendesign zwischen verschiedenen ALLBUS-Erhebungen auszugleichen.6 Einstellungen zur sozialen Ungleichheit wurden im Rahmen des ALLBUS mehrfach erhoben. Einen thematischen Schwerpunkt bildeten entsprechende Fragen in den Jahren 1984, 1991 und 1994 sowie darüber hinaus auch in den zusammen mit dem ALLBUS durchgeführten ISSP-Befragungen von 1992 und 1999.7Einzelne Fragen zu dieser Thematik wurden zudem auch in anderen Erhebungsjahren bzw. kontinuierlich gestellt. Aufgrund der Fokussierung dieses Bandes auf die Betrachtung von Tendenzen des sozialen Wandels werden in den nachfolgenden Analysen möglichst alle vorhandenen Beobachtungsjahre berücksichtigt. Wie oben dargelegt, sind die nachfolgenden Analysen primär darauf angelegt, signifikante Tendenzen des sozialen Wandels im Allgemeinen sowie darüber hinaus speziell auch Differenzen zwischen den alten und den 6 7 Vgl. auch den Beitrag von A. Koch und M. Wasmer in diesem Band. Nähere Informationen zur Transformationsgewichtung der ALLBUS-Daten finden sich in den CodebUchem und Methodenberichlen der ALLBUS-Studien sowie unter hltp:/Iwww.gesis.org/ Dauerbeobachlung/ALLBUS/InhaltelFragenlfragen.htm (Fragen 6 und 7). Die ISSP-Studie 1999 wurde im Jahr 2000 gemeinsam mit dem ALLBUS durchgeführt. 102 Heinz-Herbert Noll / Bernhard Christoph neuen Bundesländern sowie deren zeitliche Entwicklung zu ermitteln und zu diagnostizieren. Die Signifikanz der Ost-West-Unterschiede sowie der Veränderungen über die Zeit in den beiden Landesteilen wurde mit einer Serie von logistischen Regressionsmodellen überprüft, die jeweils Jahreseffekte und einen Ost-West-Effekt sowie Interaktionseffekte zwischen beiden enthalten. Die betrachteten Differenzen und Entwicklungen wurden durch die Berechnung mehrerer Modelle mit unterschiedlichen Referenzkategorien für Beobachtungszeitpunkt und Landesteil und mit den jeweils zugehörigen Interaktionen überprüft. In einem weiteren Schritt wurde ein standardisierter Satz soziodemographischer Variablen eingeführt und überprüft, ob sich auch unter Kontrolle dieser Variablen noch signifikante Unterschiede zwischen den Landesteilen und Zeitpunkten feststellen lassen und wie sich die Effektstärken verändern.8Die Ergebnisse der logistischen Regressionen werden als Hintergrundinformation für die Interpretation der zeitlichen Entwicklungen und der Ost-West-Differenzen verwendet. Auf eine tabellarische Darstellung der Regressionsergebnisse wurde aus Platzgründen verzichtet. Für die folgenden Interpretationen gilt, dass nur solche Differenzen und zeitlichen Veränderungen interpretiert werden, die sich im Rahmen dieser Modelle als signifikant (Signifikanzniveau mindestens p<O,05)erwiesen haben. Andere in den Grafiken ausgewiesene Differenzen der Prozentverteilungen werden nicht interpretiert. 3. Wahrnehmung der sozialen Ungleichheit Soziale Ungleichheit, z.B. in Form von ungleich verteilten Einkommen und Vermögen, herkunftsspezifischen Bildungschancen oder gar einer ungleichen Behandlung der Bürger durch die Justiz, gewinnt ihre Bedeutung für das individuelle Handeln vielfach erst als subjektiv wahrgenommene und interpretierte Ungleichheit. Von der Frage nach der tatsächlichen Verteilung begehrter und geschätzter Güter ist daher analytisch die Frage zu unterscheiden, wie die Verteilung aus der Sicht der Bürger perzipiert und darüber hinaus bewertet wird. Die subjektiv wahrgenommene Verteilung muss mit der tatsächlichen Verteilung nicht notwendigerweise übereinstimmen, das heißt die faktische Ungleichheit kann in der subjektiven Wahrnehmung ebenso unter- wie 8 Der volle Satz der verwendeten Kontrollvariablen beinhaltet: Geschlecht, Geburtskohorte (6 Gruppen), Bildung (3 Gruppen), subjektive Schichteinstufung (3 Gruppen), Vollzeiterwerbstätigkeit, Haushaltsneuoeinkommen und Selbsteinstufung der politischen Einstellung (IO-stufige Skala von I "Unks" bis 10 "Rechts"). Bei einigen Analysen wurden auf. grund fehlender Werte zu einem oder mehreren der BeobachtUngszeitpunkte bestimmte Kontrollvariablen nicht berücksichtigt. Zur Klassifikation der Variablen sowie der Wahl der jeweiligen Referenzkategorie vgl. Tabelle I. 103 Akzeptanz und Legitimität sozialer Ungleichheit auch überschätzt werden. Ganz im Sinne des sogenannten Thomas-Theorems - "if men define situations as real, they are real in their consequences" (Thomas und Thomas 1928: 571-572) - ist jedoch auch unabhängig von ihrem Realitätsgehalt davon auszugehen, dass die subjektiv wahrgenommene Ungleichheit das individuelle Handeln maßgeblich bestimmt. Soziale Ungleichheit ist ein komplexes Phänomen und umfasst eine Reihe von verschiedenen Dimensionen. Am unmittelbarsten sichtbar ist soziale Ungleichheit als ungleiche Verfügung über materielle Ressourcen in Form von Einkommen und Vermögen. Während sich bei der Vermögensverteilung nach einer relativ lang andauernden Phase der Reduzierung in jüngster Zeit wieder ein Trend zur Stabilisierung bzw. Zunahme von Ungleichheiten feststellen lässt (Stein 2001), hat sich die Einkommensungleichheit während der 1990er Jahre in Westdeutschland nur wenig verändert; in Ostdeutschland hat sie dagegen in Folge der im Anschluss an die deutsche Vereinigung eingetretenen Lohn- und Einkommensdifferenzierung deutlich zugenommen, bleibt aber in ihrem Ausmaß nach wie vor unter dem westdeutschen Niveau (Goebel et al. 2002). Abbildung J: Wahrnehmung der Einkommensunterschiede als zu groß 1992 und 1999 100 Q) E .5 aOr---1 §] ----- w_ ::J 60---'ON C.>< ::J ." ... -::JCi) N Q) E E g; ...------- 40---- ------- 20---- ::e 0 0 West Ost 101992.19991 DATENBASIS: ISSP 1992 UND 1999. - 104 Heinz-Herbert Noll / Bernhard Christoph Fragt man danach, wie die Verteilung der Einkommen aus der Sicht der Bilrger wahrgenommen wird, so zeigt sich, dass eine ilberwältigende Mehrheit der Deutschen der Ansicht ist, die Einkommensunterschiede in der Bundesrepublik seien zu groß.9 In Westdeutschland teilten diese Ansicht zu Beginn der neunziger Jahre 84% der Befragten und in Ostdeutschland mit 98% praktisch die gesamte Bevölkerung. Allerdings hat sich die kritische Perzeption der bestehenden Einkommensverteilung insbesondere in den alten, aber auch in den neuen Bundesländern im Laufe der neunziger Jahre abgeschwächt. In Westdeutschland vertraten 1999 noch 76% die Ansicht, dass die Einkommensunterschiede in Deutschland zu groß seien, in Ostdeutschland 94%. Die Ost-West-Unterschiede in der Haltung zu dieser Frage haben sich damit im Zuge des Transformationsprozesses nicht verringert, sondern sogar noch vergrößert. Ein anderer - ebenfalls zentraler - Aspekt sozialer Ungleichheit ist die Gleichheit der Bildungschancen. Chancengleichheit im Sinne gleicher Bildungschancen impliziert die Vorstellung, dass eine Ungleichheit der Ergebnisse, z.B. in Form ungleicher Einkommen, zumindest in gewissem Umfang durchaus gerechtfertigt sein kann, sofern alle Bilrger ilber die gleichen - d.h. nur durch Begabung und individuelle Fähigkeiten, nicht aber durch finanzielle oder sonstige herkunftsbedingte Zugangsvoraussetzungen limitierte - Ausgangsbedingungen und Startchancen verfUgen. Wie hier Abbildung 2 dokumentiert, gehen die Auffassungen darilber, ob in Deutschland gleiche Bildungschancen gegeben sind, d.h. "heute jeder die Möglichkeit hat, sich ganz nach seiner Begabung und seinen Fähigkeiten auszubilden", in Ost- und Westdeutschland erheblich auseinander.1OIm Jahre 2000 wurden die Bildungschancen von 59% der Westdeutschen, aber lediglich 24% der Ostdeutschen als gleich angesehen. Im Westen ist seit Mitte der 80er-Jahre zunächst ein deutlicher Anstieg der Zustimmung um fast 15 Prozentpunkte bis zum Jahr 1994 auf damals 64% festzustellen. Damit sind Mitte der 1990er Jahre fast zwei Drittel der Westdeutschen der Ansicht, dass in der Bundesrepublik gleiche Bildungschancen existieren. Im Osten hingegen fällt die Zustimmung bereits 1994 mit 34% deutlich geringer aus, Danach ist dort eine Abnahme der Zustimmung um 10 Prozentpunkte zu beobachten, so dass im Jahr 2000 im Osten nur noch ein Viertel der Bevölkerung die Ansicht 9 10 Die genaue Fragestellung lautet: "Die Einkommensunterschiede in Deutschland sind zu groß," Zustimmung oder Ablehnung auf einer 5-stufigen Skala von I ("Stimme stark zu") bis 5 ("Stimme überhaupt nicht zu"). Die Werte I und 2 ("Stimme stark zu" und "Stimme zu") wurden für die Darstellung zusammengefasst. Die genaue Fragestellung lautet: "Was meinen Sie: Hat bei uns heute jeder die Möglichkeit, sich ganz nach seiner Begabung und seinen Fähigkeiten auszubilden ?"; Antwortkategorien: "Ja", "Nein", 105 Akzeptanz und Legitimität sozialer Ungleichheit teilt, in Deutschland erhalte jeder die Chance auf eine seinen Fähigkeiten entsprechende Ausbildung. Allerdings ist die Zustimmung zu dieser Ansicht gleichzeitig auch im Westen um 5 Prozentpunkte gesunken, so dass sich die Differenz zwischen den beiden Landesteilen nur geringfügig vergrößert hat. Abbildung 2: Möglichkeit einer Begabung und Fähigkeiten entsprechenden Ausbildung fIlrjeden? 100 80 ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------64 51 .-- 60 Cu :> 40 'ifl. 20 ~ 56 = 59 ~------------------------------------- -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------24 o 1~1m1~1~1_1~1~1~1m1~1~1~~OO Jahr I DATENBASIS: ALLBUS West'" OSII 1980-2000 Die Gleichheit vor dem Gesetz ist eine weitere elementare Dimension sozialer Gleichheit und Ungleichheit, die im Vergleich zu den anderen hier diskutierten Dimensionen insofern einen Sonderstatus einnimmt, als sie durch Artikel 3 des Grundgesetzes geschützt ist. Während man insbesondere im Falle der Einkommensungleichheit durchaus fragen und diskutieren kann, bis zu welchem Grad Gleichheit für Gedeihen und Wachstum der Wirtschaft funktional und gesellschaftlich erstrebenswert erscheint bzw. welches Ausmaß an Ungleichheit akzeptabel oder gar erforderlich wäre, ist eine derartige Überlegung bei der Frage nach der Gleichheit vor dem Gesetz in jedem Falle inadäquat. 106 Heinz-Herbert Noll / Bernhard Christoph Abbildung 3: Wahrnehmung einer ungleichen Behandlung vor Gericht 100 ~ ~N ~._~.h h._~ M ,_"_"~_, - 1970-2000 ,,_,_.~,,_.,,,,,,'" .......... 80 0> 0'" 60 1: ,1.1 c: 40 ci ;> '#. 20 0 1970West DATENBASIS: ALLBUS 2000 Ost 2000 West 2000 sowie KAUPEN 1972 Umso bemerkenswerter und für das deutsche Rechtssystem wenig schmeichelhaft ist der Befund, dass eine deutliche Mehrheit von 68% der Westdeutschen und sogar 79% der Ostdeutschen die Ansicht vertritt, dass "der einfache Mann vor Gericht nicht so gut behandelt wird wie die besseren Leute", und die durch das Grundgesetz garantierte Gleichheit vor dem Gesetz damit in der Wahrnehmung der Bürger nicht der gesellschaftlichen Realität entspricht.1lZudem ist im Westen Deutschlands- nur hier liegen entspre- - chende Vergleichsdaten für frühere Jahre vor eine deutliche Erosion des Vertrauens in das Gut der Rechtsgleichheit festzustellen. Waren im Jahr 1970 mit 46% noch weniger als die Hälfte der Befragten der Ansicht, dass es keine Gleichheit vor dem Gesetz gebe, ist der entsprechende Anteil in den folgenden drei Jahrzehnten auf über zwei Drittel angewachsen. Insgesamt nehmen die Befragten die Bundesrepublik also als eine zutiefst ungleiche Gesellschaft wahr: In beiden Landesteilen sind mehr als drei Viertel der Bevölkerung der Ansicht. die Einkommensunterschiede seien zu groß, in Westdeutschland ist nur jeder zweite und in Ostdeutschland gar nur jeder vierte Befragte der Ansicht. hierzulande erhielte jeder die Möglichkeit. sich ganz nach seiner Begabung und seinen Fähigkeiten auszubilden, und 11 Die Frageformulierung im ALLBUS 2000 lautet: "Glauben Sie, dass vor Gericht der einfache Mann nicht so gut behandelt wird wie die "besseren" Leute?"; Antwortkategorien "Ja, nicht so gut" oder "Nein, kein Unterschied", 107 Akzeptanz und Legitimität sozialer Ungleichheit mehr als zwei Drittel aller Bürger glauben nicht daran, dass die durch das Grundgesetz garantierte Gleichheit vor dem Gesetz auch in der Realität gegeben ist. 4. Legitimation und Bewertung der Ungleichheit Von der Wahrnehmung der verschiedenen Dimensionen von Ungleichheit zu unterscheiden ist deren Legitimation und Bewertung aus der Sicht der Bürger. Während es bei der Wahrnehmung der Verteilungsergebnisse und -voraussetzungen darum geht, wie die Funktionsweise und Effekte des ,Ungleichheitsregimes' einer Gesellschaft perzipiert werden, geht es bei der Frage nach der Legitimation und Bewertung um Verteilungsprinzipien, Verteilungsnormen und die Gerechtigkeit der Verteilungsergebnisse. Dabei ist davon auszugehen, dass die Frage nach der Legitimation und den Legitimationsprinzipien, aber auch nach der Gerechtigkeit der Verteilungsergebnisse um so bedeutsamer ist, je ungleicher Ressourcen und Belohnungen in einer Gesellschaft faktisch verteilt sind: " ...if the distribution is very unequal, then the stakes are much larger and mobility maUers more. The bigger the prizes, the more important it is that the competition be a fair one" (McMurrer und Sawhill 1998: 29). 4.1 Legitimationsprinzipien und Verteilungsnormen Die ungleiche Verteilung von Ressourcen und Belohnungen ist in modernen Gesellschaften legitimationsbedürftig, kann aber auf der Grundlage von unterschiedlichen Prinzipien und mithilfe von unterschiedlichen Mechanismen legitimiert werden. Die heute in den westlichen durch Konkurrenzdemokratie und Marktwirtschaft charakterisierten Gesellschaften zumeist vorherrschenden Legitimationsprinzipien und -mechanismen sind das Leistungsprinzip sowie das Postulat der Chancengleichheit (Mayer, Kraus und Schmidt 1992: 53). Zu den kennzeichnenden Merkmalen dieser Form der Legitimation sozialer Ungleichheit gehört, dass letztlich die Individuen durch Qualifikation und Leistung für ihren eigenen Erfolg oder Misserfolg selbst verantwortlich sind. Voraussetzung dafür ist aber, dass gleiche Startchancen garantiert werden, das heißt Chancen des Qualifikationserwerbs und der Leistungserbringung für alle Bürger gleichermaßen gegeben sind. Dieser Legitimationsmechanismus steht zumindest partiell im Widerspruch zu wohlfahrtsstaatlichen und mehr noch zu sozialistischen Verteilungskonzepten, die sich auf Bedarfsgesichtspunkte und andere leistungsunspezifische Kriterien - - 108 Heinz-Herbert Nolll Bernhard Christoph stützen und dem Staat weitgehende Rechte, Aufgaben und Verantwortung auch auf der Ebene der Verteilung der Ergebnisse zuschreiben (Marshall 1997: 215). Zu den prominentesten Beiträgen der soziologischen Theorie zur Legitimation sozialer Ungleichheit gehört die funktionalistische Schichtungstheorie (Davis und Moore 1945). Diese Theorie postuliert, dass die verschiedenen sozialen Rollen und Positionen nicht nur unterschiedliche Anforderungen an ihre Inhaber stellen, sondern auch für Erhalt und Funktionieren der Gesellschaft von unterschiedlicher Bedeutung sind. Gesellschaften stehen damit vor dem Problem, Positionen, die einerseits von hoher Wichtigkeit für die Gesellschaft sind und andererseits hohe Qualifikationsanforderungen an die Positionsinhaber stellen, mit geeigneten Personen zu besetzen. Die Lösung des Problems wird in unterschiedlichen Belohnungen in Form von Einkommen und Prestige gesehen, die als Anreize für den Erwerb der benötigten Qualifikationen und die Leistungserfüllung fungieren. Die daraus resultierende soziale Ungleichheit ist aus der Perspektive dieser Theorie daher insoweit erforderlich und legitim, wie sie ein angemessenes Funktionieren der Gesellschaft garantiert. Inwieweit die Bürger gegenüber der sozialen Ungleichheit eher eine affirmativ-legitimierende oder eher eine kritisch-egalitäre Haltung einnehmen, d.h. sie mehr oder weniger akzeptieren, lässt sich daran ablesen, wie sie bestimmten Verteilungsnormen und -mechanismen gegenüberstehen. Für die nachfolgenden Analysen wurden drei Items als Indikatoren ausgewählt, die dieses Verhältnis thematisieren und für die sowohl in West- als auch in Ostdeutschland mehrere Beobachtungszeitpunkte vorliegen.'2 Wer den vorherrschenden Prinzipien von Leistung und Chancengleichheit bzw. der von der funktionalistischen Schichtungstheorie postulierten Anreizfunktion von ungleichen Belohnungen zustimmt, nimmt eine affirmativ-legitimierende Haltung ein, wer sie ablehnt, eine kritisch-egalitäre. Wer dagegen das Leistungsprinzip als alleinigen Verteilungsmechanismus ablehnt und das Bedarfsprinzip mindestens als ergänzendes Kriterium befürwortet, nimmt eine kritisch-egalitäre Haltung ein, wer diese Position ablehnt, eine affirmativlegitimierende Haltung. Betrachtet man, wie sich die Zustimmung zu den drei verwendeten Indikatoren im Einzelnen über die Zeit entwickelt und sich zwischen den alten und neuen Bundesländern unterscheidet, so ist zunächst festzustellen, dass zu 12 Die drei Items lauten: (\) "Nur wenn die Unterschiede im Einkommen und sozialen Ansehen groß genug sind, gibt es auch einen Anreiz rur persönliche Leistung"; (2) "Die Rangunterschiede zwischen den Menschen sind akzeptabel, weil sie im Wesentlichen ausdrücken, was man aus den Chancen, die man hatte, gemacht hat"; (3) "Das Einkommen sollte sich nicht allein nach der Leistung des Einzelnen richten. Vielmehr sollte jeder das haben, was er mit seiner Familie rur ein anständiges Leben braucht". Zustimmung und Ablehnung werden jeweils auf einer Skala yon I ("Stimme yoll zu") bis 4 ("Stimme überhaupt nicht zu") gemessen. 109 Akzeptanz und Legitimität sozialer Ungleichheit jedem Untersuchungszeitpunkt zwischen 1991 und 2000 die ostdeutsche Bevölkerung deutlich seltener der Ansicht war als die westdeutsche, dass nur große Einkommens- und Prestigeunterschiede einen adäquaten Anreiz für persönliche Leistungen bieten (vgl. Abbildung 4). Diese Ansicht teilten im Jahr 2000 66% der Westdeutschen. aber lediglich 49% der Ostdeutschen. Während die Zustimmung zu der Auffassung. dass Unterschiede im Einkommen und sozialen Ansehen als Anreiz für persönliche Leistung erforderlich seien, in Westdeutschland in den achtziger Jahren leicht unter 60% gesunken war, lag sie über die gesamten neunziger Jahre jeweils bei knapp zwei Dritteln der Befragten.13In Ostdeutschland hatte die Zustimmung noch zu Beginn der neunziger Jahre mit 59% nur knapp unter dem westdeutschen Wert gelegen, war dann aber im Zuge des Transformationsprozesses bis auf 44% zurückgegangen, so dass sich die Ost-West-Differenz gegenüber dem Anfang der neunziger Jahre deutlich vergrößert hat. Abbildllng 4: Einkommensunterschiede als Leistungsanreiz erforderlich 100 ~ 80 .5 o ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------64 61--------- = -g -~60 ~N - Qj ~.c '5 Q)40 > Q) E E 20 o ~ 55 58n___ ~ ~--- 59. 62 ~ 44 ---------------------------------------------------------- 64--.?.? ~-44--.49 ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- cf. o 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 Jahr I West...Ostl DATENBASIS:ALLBUS 1980-2000, ZUMA-BUS 1976 Entwicklungsmuster wie dieses, d.h. vergleichsweise geringe Unterschiede zwischen den alten und neuen Bundesländern am Anfang der neunziger Jahre sowie eine sich daran anschließende Auseinanderentwicklung der beiden Landesteile. widersprechen zwar der zunächst verbreiteten Hypothese einer 13 Wobei Zustinunung hier wie auch im Folgenden, soweit nicht anders angegeben, sowohl starke als auch schwache Zustinunung (also die Antwortkategorien I "Stinune voll zu" sowie 2 "Stinune eher zu") umfasst. 110 Heinz-Herbert NolI / Bernhard Christoph sukzessiven und schnellen Einebnung der Ost-West-Unterschiede, sind aber gerade in Bezug auf politische und soziale Einstellungen wiederholt beobachtet worden. Die Tatsache, dass sich die früheren DDR-Bürger in der Auffassung, dass Unterschiede im Einkommen und sozialen Ansehen als Anreiz für persönliche Leistung "erforderlichseien, am Anfang der neunziger Jahre nur wenig von den westdeutschen Bundesbürgern unterschieden, entsprach zwar nicht der Erwartung, war aber doch so überraschend auch nicht, "wenn man bedenkt, dass die geringe Differenzierung der Einkommen und das weitgehende Fehlen von entsprechenden Leistungsanreizen in der DDR ein zentraler Gegenstand der Kritik war und darin auch eine der Ursachen für die unzureichende Effektivität der Wirtschaft gesehen wurde" (NolI und Schuster 1992: 224). Dass sich die Unterschiede im Laufe der Jahre vielfach nicht nur nicht verringert haben, sondern sogar größer geworden sind, ist einerseits vermutlich auf spezifische Erfahrungen und enttäuschte Erwartungen im Zuge des Transformationsprozesses zurückzuführen, darüber hinaus wohl aber auch auf eine Änderung von Erwartungshaltungen und eine Verschiebung der Vergleichsmaßstäbe(NoIl1998; Brunner und Walz 1998). Auch bei dem zweiten hier betrachteten Indikator für die Befürwortung der dominierenden Legitimationsmechanismen und Verteilungsnormen, der Frage, inwieweit die Rangunterschiede zwischen den Menschen als akzeptabel angesehen werden, weil sie im Wesentlichen ausdrücken, was man aus den Chancen, die man hatte, gemacht hat, ist ein ähnliches Entwicklungsmuster zu beobachten (Abbildung 5). Abbildung 5: 100 Rangunterschiede als Ausdruck von Chancennutzung akzeptabel -------------------------------------------------------80 C1> E " .E 1i5 -::0 -"C N ~ c: -~ N ~-------------------------------------------------------59 --- --- --- --- --- 57 - ------60 60 _ --------------- ___ _. ___ . 49 53 _ ___ _ 52 ___ C1> ii 40 ~ C1> E .E 20+~~~~~~ ~~~~~~---- o ?fl. --- --- --- --- 34 .-- 27---- -------------------------------------------------------0 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 Jahr j+West "'Ost I DATENBASIS:ALLBUS 1980-2000, ZUMA-BUS 1976 111 Akzeptanz und Legitimität sozialer Ungleichheit Während die Zustimmung der Westdeutschen Uber den Zeitraum von 1976 bis 2000 keinen klaren Trend aufweist und zwischen einem minimalen Zustimmungsanteil von 49% im Jahre 1984 und einer maximalen Zustimmungsrate von 60% im Jahre 2000 schwankt, ist in Ostdeutschland zwischen 1991 und 1998 ein RUckgangder Zustimmung von 46 auf 27% und danach ein Wiederanstieg der Zustimmung auf 45% also in etwa den Ausgangswert - zu beobachten. Auch in diesem Falle haben sich die Einstellungsunterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland zunächst vergrößert und erst in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre wieder verringert. Wie eine detailliertere Analyse der ostdeutschen Entwicklung zwischen 1998 und 2000 ergibt, haben vor allem die jUngste Geburtskohorte der 1974 bis 1981 Geborenen sowie Personen mit niedriger und mittlerer Schulbildung Uberdurchschnittlich zum Einstellungswandel der Ostdeutschen am Ende der neunziger Jahre - d.h. einer zunehmenden BefUrwortung der Ansicht, die Rangunterschiede zwischen den Menschen seien akzeptabel, weil sie im Wesentlichen die individuelle Nutzung von Chancen dokumentierten - beigetragen.Bei diesen Gruppen waren die diesbezUglichen zwischen 1998 und 2000 festzustellenden - Einstellungsänderungen jeweils wesentlich ausgeprägter als bei älteren - - Geburtskohorten und Personen mit höherer Schulbildung. 14 Inwieweit das Leistungsprinzip uneingeschränkt gelten oder sich die Verteilung auch an Bedarfsgesichtspunkten orientieren sollte, wird an der Zustimmung zu der Aussage gemessen, "das Einkommen sollte sich nicht allein nach der Leistung des Einzelnen richten. Vielmehr sollte jeder das haben, was er mit seiner Familie fUr ein anständiges Leben braucht". Eine Einschränkung des Leistungsprinzips durch Bedarfsgesichtspunkte befUrworten im Jahre 2000 mit 45% weniger als die Hälfte der westdeutschen und mit 55% eine leichte Mehrheit der ostdeutschen Befragten (Abbildung 6). Während sich der Anteil in Westdeutschland über die gesamte Beobachtungsperiode seit 1984 nur wenig verändert hat, ist die Zustimmung zu einer Einschränkung des Leistungsprinzips in Ostdeutschland in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre deutlich von 42 auf 55% - gestiegen.NachdemsichOstund Westdeutsche zur Überraschung vieler Beobachter in dieser Haltung in den Jahren 1991 und 1994 nicht unterschieden hatten, gingen die Einstellungen über die Bedeutung von Bedarfsgesichtspunkten als Verteilungskriterium im Jahre 2000 erstmals signifikant auseinander. Damit ist auch in diesem Aspekt der Einstellungen zur Ungleichheit mit zunehmender Dauer des - 14 Zu beachten ist dabei allerdings, dass die jUngste Kohone (im Gegensatz zu allen Ubrigen hier untersuchten) nicht zu beiden Befragungszeitpunkten dieselben Gebunsjahrgänge umfasst. Dies liegt daran. dass die Stichprobe im Jahre 2000 auch Befragte enthält, die 1998 noch nicht das 18. Lebensjahr erreicht hatten und daher nicht in der Grundgesamtheit enthalten waren. 112 Heinz-Herbert Noll / Bernhard Christoph Transformations- und Integrationsprozesses nicht die erwartete Angleichung, sondern erneut das Entwicklungsmuster einer Zunahme der Ost-WestDifferenzen zu beobachten. Abbildung 6: Einkommen nicht nur nach Leistung, sondern auch nach Bedarf der Familie 100 -~ -t--- Ci; .r:: CI> CI> E E q.I "0 c: --- ___ ___ ___ ________ -------------------------------------------------------- 20 o tfi --- 40 CI> E .s --- -------------------------------------------------------- 60 "" " -" N o> 80 --------------------------------------------------------------------------------------------------------------- 0 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 Jahr I+west DATENBASIS: ALLBUS I + Ost 1980-2000 Um zusammenfassend zu untersuchen, wie sich die Einstellungen zur Legitimation sozialer Ungleichheit in der Bundesrepublik seit 1991 entwickelt haben, wurde für die folgenden Analysen ein einfacher Index durch Berechnung des arithmetischen Mittels der drei verwendeten Einzelindikatoren gebildet, der wie die ursprünglichen Variablen Werte zwischen 1 und 4 annehmen kannl5. Auf der Grundlage dieses Index wurde mittels einer OLSRegression der Einfluss unterschiedlicher soziodemographischer Variablen auf die Ausprägung affirmativ-legitimierender Einstellungen untersucht und ermittelt, inwieweit es in Bezug auf die unterschiedlichen soziodemographischen Gruppen signifikante Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen gibt. 15 Die Variablen wurden jeweils so (um)codiert, dass hohe Werte des Index im Sinne einer affirmativ-legitimierenden Haltung interpretiert werden können. Akzeptanz und Legitimität sozialer Ungleichheit 113 Wie Modell 1 in Tabelle 1 dokumentiert, war die ungleichheitskritische Haltung der Ostdeutschen im Jahr 1991 nur wenig stärker ausgeprägt als in Westdeutschland. Der Unterschied zwischen den beiden Landesteilen hat sich jedoch in den Folgejahren deutlich vergrößert, wobei die Ostdeutschen 1994 und 2000 in deutlich geringerem, die Westdeutschen in etwas stärkerem Umfang eine ungleichheitsbejahende Position eingenommen haben. Nach der Kontrolle verschiedener soziodemographischer Variablen ergibt sich ein weitgehend unverändertes Bild. Lediglich der zuvor für das Jahr 1991 festgestellte (geringe) Ost-West-Unterschied erklärt sich aus Differenzen in den Kontrollvariablen. Frauen, Angehörige der jüngeren Geburtskohorten (außer den zwischen 1974 und 1981 Geborenen), Befragte mit tertiärer Bildung und Personen, die sich der Unter- und Arbeiterschicht zuordnen, weisen jeweils eine geringere Zustimmung zu Ungleichheit legitimierenden Prinzipien und Normen auf. Personen, die der oberen Mittel- bzw. Oberschicht angehören, über ein höheres Haushaltseinkommen verfügen, verheiratet sind oder sich politisch eher als rechts einstufen, tendieren dagegen stärker zu affirmativlegitimierenden Einstellungen gegenüber sozialer Ungleichheit. Abschließend wird in Modell 3 untersucht, ob die Zugehörigkeit zu bestimmten soziodemographischen Gruppen in Ost- und Westdeutschland unterschiedliche Auswirkungen auf die Zustimmung zu affirmativ-legitimierenden Einstellungen hat. In der Tat zeigen sich einige charakteristische Unterschiede. So weisen z.B. die zwischen 1942 und 1966 geborenen Ostdeutschen eine höhere Neigung zu affirmativ-legitimierenden Einstellungen auf als die vor 1927 geborenen Ostdeutschen, während die entsprechenden westdeutschen Jahrgänge (wie auch die jüngeren Kohorten) in geringerem Umfang zu solchen Einstellungen neigen als die älteste westdeutsche Kohorte. Ähnliches gilt für Ostdeutsche mit tertiärer Bildung oder solche, die der oberen Mittel- und Oberschicht angehören. Bei alledem ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Ostdeutschen insgesamt gesehen ein vergleichsweise niedriges Zustimmungsniveau zu affirmativ-legitimierenden Haltungen aufweisen, wie sich an den Effekten der Zugehörigkeit zu Ostdeutschland sowie den Ost/Jahr-Interaktionen ablesen lässt. Insgesamt tendieren die Westdeutschen vor allem am Ende der hier betrachteten Beobachtungsperiode im Hinblick auf die vorherrschenden Legitimationsprinzipien und Verteilungsnormen stärker zu affirmativ-legitimierenden und weniger zu kritisch-egalitären Haltungen als ihre ostdeutschen Landsleute: Abgesehen von den geringfügig niedrigeren Zustimmungswerten während der 1980er-Jahre stimmten seit 1991 über 60% einer positiven Anreizfunktion von Einkommensunterschieden zu, und immer noch deutlich mehr als jeder Zweite war der Ansicht, die Rangunterschiede in der Gesellschaft seien als Ausdruck einer legitimen Chancennutzung akzeptabel. Für eine bedarfsorientierte Verteilung der Einkommen fand sich in Westdeutschland zu keinem Zeitpunkt eine Mehrheit. 114 Heinz-Herbert Noll / Bernhard Christoph Tabelle 1: OLS-Regression: Index für affirmativ-legitimierende Einstellungen Mf' i.60f"*' Konstante Jahr (Referenz: ~2 "-2A92 1991) 1994 2000 Ost Ost 1994 Ost 2000 Frau Geburtskohorte (Referenz: vor 1927) 1927-1941 1942-1956 1957-1966 1967-1973 1974-1981 Bildung (Referenz: Niedrige BildunglCasmin I)' Mittlere Bildung (Casmin 2) Hohe Bildung (Casmin 3) Subjektive Schichteinstufung (Referenz: Mittelschicht) Unter- und Arbeiterschicht Obere Mittel- u. Oberschicht Haushaltsnettoeinkonunen Links-Rechts 0.113 **'" 0.131 **'" 0.032 -0.257 **'" 0.101 "''''* 0.121 **'" -0.081 ** -0.236 *"'* -0.257 *"'* -0.288 **'" -0.103 "'** -0.054 * 0.111 "'** 0.134 "'*'" -0.099 * -0.260 *** -0.306 *** -0.100 *"'''' -0.142 "'** -0.045 -0.140 *** -0.191 *** -0.169 *** -0.205 -0.068 -0.115 '" -0.010 -0.098 "'** -0.049 * -0.160 "'** -0.131 *** 0.077 "'''' -0.144 *** 0.064 '" -0.097 **'" 0.00002"''''''' 0.043 "'** 0.068 **'" -0.030 "'** Verheiratet HH-Größe M3.............-....-...-. 23.sir..;;;.;;;............ Geburtskohorte Ostdeutschland (Referenz: vor 1927, Ost) 1927-1941 (Ost) 1942-1956 (Ost) 1957..1966 (Ost) 1967-1973 (Ost) 1974-1981 (Ost) Bildung (Referenz: Niedrige Bildung, Ost) Mittlere Bildung (Ost) Hohe Bildung (Ost) Subjektive Schichteinstufung (Referenz: Mittelschicht, Ost) Unter- und Arbeiterschicht (Ost) Obere Mittel- und Oberschicht 0.00003 *** **'" 0.042 **'" 0.064 "'** -0.033 **'" -0.016 0.101 '" 0.130 '" 0.104 0.142 0.072 0.148 ** 0.036 0.193 '" N 7114 ß~ Q,Q47 7114 , 9.,.!.Q~ 7114 , 9,)..1.7.................. DATENBASIS:ALLBUS1980-2000 "'''''''= p< .001 "''''= p< .01 '" = p< .05 I Bei der CASMIN-Bildungsklassifikation handelt es sich um eine Kombination von allgemeinen und beruflichen Bildungsabschlüssen. Zu den Einzelheiten der Klassifikation vgl. Brauns und Steinmann (1997) Akzeptanz und Legitimität sozialer Ungleichheit 115 Was die ostdeutsche Bevölkerung angeht, sind insbesondere zwei Befunde festzuhalten: Erstens tendieren Ostdeutsche zu allen Erhebungszeitpunkten in wesentlich geringerem Ausmaß als ihre westdeutschen MitbUrger dazu, einem Begründungsschema zuzustimmen, demzufolge Ungleichheit als Leistungsanreiz erforderlich sei und sich in den faktischen Verteilungsergebnissen Unterschiede in der Wahrnehmung von Chancen widerspiegeln. Gleichzeitig votieren die Ostdeutschen zumindest im Jahr 2000 in deutlich stärkerem Umfang für die Berücksichtigung von Bedarfsgesichtspunkten als Verteilungskriterium. Bemerkenswert erscheint zudem vor allem, dass die Unterschiede in den hier diskutierten Haltungen zur ökonomischen und sozialen Ungleichheit zwischen Ost- und Westdeutschen im Wesentlichen auf einen Einstellungswandel in der ostdeutschen Bevölkerung zurückzuführen sind. Anders als zunächst vielfach erwartet, führte die Entwicklung häufig nicht zu einer Angleichung an die westdeutschen Muster, sondern ganz im Gegenteil zu einer Verstärkung der Ost-West-Unterschiede im Zuge des Transformations- und Vereinigungsprozesses. Welchen Anteil dabei die Erfahrung von durch unterschiedliche Leistungen vielfach nicht gerechtfertigten Entlohnungs- und Rangunterschieden zwischen den alten und den neuen Bundesländern hat, ist in diesem Zusammenhang eine Frage, über die sich auf der Grundlage der hier verwendeten Daten jedoch allenfalls mutmaßen lässt. 4.2 Verteilungsgerechtigkeit Neben der Haltung zu Legitimationsprinzipien und Verteilungsnormen, wie sie im letzten Abschnitt diskutiert wurden, ist für die Frage nach der Akzeptanz der gesellschaftlichen Verhältnisse vor allem auch von Bedeutung, ob die Bevölkerung die perzipierte Verteilung von Ressourcen und Belohnungen als gerecht bewertet. Bei der subjektiven Bewertung der Verteilungsgerechtigkeit ist eine Makro- und eine Mikroperspektive zu unterscheiden: Aus der Makroperspektive betrachtet, geht es darum zu bewerten, ob und inwieweit die Verteilung insgesamt als gerecht angesehen werden kann. Davon unabhängig stellt sich aus der Mikroperspektive die Frage, ob und inwieweit die Befragten ihren eigenen Anteil am gesellschaftlichen Wohlstand als gerecht betrachten. Auch wenn kaum zu erwarten ist, dass Personen, die der Ansicht sind, einen zu geringen Anteil am gesellschaftlichen Wohlstand zu erhalten, die Verteilung insgesamt als gerecht bewerten, erscheint es andererseits durchaus denkbar, dass die Verteilung des Wohlstands insgesamt als ungerecht angesehen wird, auch wenn man seinen eigenen Anteil daran als gerecht beurteilt. 116 Heinz-Herbert NoH/ Bernhard Christoph Wie Abbildung 7 verdeutlicht, sind die Ost-West-Unterschiede in der Bewertung der Verteilungsgerechtigkeit eklatant: 2000 betrachteten 47% der westdeutschen Befragten gegenüber lediglich 18% der ostdeutschen die "sozialen Unterschiede in unserem Land" als gerecht.16 - Abbildung 7: Soziale Unterschiede sind gerecht % Zustimmung 100 80 .64 Q) E E ~ - -------------------------------------------------------+-------------------------------------------------------___ 47 -", N "C ~ -~ ~ N Q) E .E o'#. ________ 48 42 c:: Q) g ___ ----------------- 60 45 _ __ 47 --- --- -__ 40 201--- --- --- --- --- --- ~ o 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 12 1990 1992 1994 1996 1998 2000 Jahr I+West "'Ost DATENBASIS: ALLBUS 1980-2000; ZUMA-BUS I 1976 In Ostdeutschland hatte der Anteil in den Vorjahren - mit einem Minimum von 10% 1998-sogarnochunterdiesemWertgelegenund warerst amEnde der neunziger Jahre leicht angestiegen. Die ausgeprägten Ost-WestUnterschiede in der Bewertung der Verteilungsgerechtigkeit mögen unter anderem auch darauf zurückzuführen sein, dass die nach wie vor bestehenden Ungleichheiten zwischen den alten und neuen Bundesländern in Ostdeutschland größere Aufmerksamkeit finden und stärker in die Bewertung einbezogen werden. Bemerkenswert ist aber auch die längerfristige Entwicklung der Bewertung der Verteilungsgerechtigkeit in Westdeutschland, wo der Anteil derjenigen, die die sozialen Unterschiede als gerecht bewerten, seit 1976 dem Beginn der Beobachtungsperiode von damals noch 64% mit geringen Schwankungen auf zwischenzeitlich 34% im Jahre 1998 zurückgegangen ist - 16 - Die genaue Fragestellung lautete: ..Ich finde die sozialen Unterschiede in unserem Land im Großen und Ganzen gerecht." Ausgewiesen ist der Anteil derer, die voll bzw. eher zustinunen. 117 Akzeptanz und Legitimität sozialer Ungleichheit und insofern eine Tendenz zur Delegitimierung der sozialen Ungleichheit zu beobachten war. Auch hier hatte sich erst am Ende der neunziger Jahre die subjektive Beurteilung der Verteilungsgerechtigkeit wieder positiv entwickelt. Alles in allem ist die Ost-West-Differenz in der Beurteilung der Verteilungsgerechtigkeit jedoch am Ende der Beobachtungsperiode im Jahr 2000 nicht geringer als 1991. - Abbildung 8: - - Subjektive Verteilungsgerechtigkeit % weniger als gerechten Anteil 17 100 -+-- 80 --- --- --- --- --- --- -----83 ----81 ---- --------------- ---- ~ 60 ~ -63 63------- -------------------------------------------------------- --- 40 --- ----------34 20 + 28 ~ ------- ---- --- --- --- ----- -----------.. 30 - V 34 --27---~ 32 -------------------------------------------------------- 31 . o 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 Jahr , DATENBASIS: ALLBUS West ... OstI 1980-2000 Auch bei der Beurteilung der Verteilungsgerechtigkeit aus der Mikroperspektive unterscheiden sich die Deutschen in Ost und West nach wie vor beträchtlich: Im Jahr 2000 glaubten 31% der Westdeutschen, aber 63% der Ostdeutschen weniger als den ihnen gerechterweise zustehenden Anteil an dem zu erhalten, was die Gesellschaft an Ressourcen und Belohnungen zu verteilen hat. Wie Abbildung 8 zeigt, hat sich diese Beurteilung in Westdeutschland über den gesamten Zeitraum - seit 1980 . von geringfügigen Schwankungen abgesehen kaum verändert und bleibt im Zeitverlauf weitgehend stabil. Der Anteil qerjenigen, die glauben, weniger als ihren gerechten Anteil an Wohlstand und Lebenschancen zu erhalten bzw. nicht in dem ihnen zustehenden Maße am allgemeinen Lebensstandard zu partizipieren, lag hier 17 Die Fragestellung lautet: ,,1m Vergleich dazu, wie andere hier in Deutschland leben: Glauben Sie, dass Sie Ihren gerechten Anteil erhalten, mehr als Ihren gerechten Anteil, etwas weniger oder sehr viel weniger?" 118 Heinz-Herbert Noll / Bernhard Christoph auch in den frUheren Beobachtungsjahren jeweils bei rund einem Drittel der Befragten. Während in Ostdeutschland zu Beginn der neunziger Jahre noch mehr als 80% aller Befragten Uberzeugt waren, weniger als den ihnen gerechterweise zustehenden Anteil am gesellschaftlichen Wohlstand zu erhalten, ist dieser Anteil in der Mitte der neunziger Jahre auf rund zwei Drittel zurUckgegangen.Der Anteil ist seitdem nicht weiter gesunken und hat sich auf diesem nach wie vor hohen Niveau stabilisiert. Der Mitte der neunziger Jahre zu beobachtende RUckgang des Anteils derjenigen, die glauben, weniger als ihren gerechten Anteil zu erhalten, betraf alle gesellschaftlichen Gruppen, war aber bei Befragten mit einem hohen Bildungsniveau (Uni/FH) und solchen, die sich mit der Mittel- bzw. der oberen Mittel-/Oberschicht identifizieren, d.h. statushohen Personen, die sich im Transformationsprozess erfolgreich behaupten konnten, besonders ausgeprägt. 5. Wahrnehmung und Bewertung des Statuserwerbs Die Legitimität und Akzeptanz sozialer Ungleichheit hängt in modernen Gesellschaften insbesondere auch davon ab, über welche Mechanismen Personen mehr oder weniger vorteilhaften Positionen zugeordnet werden und wie die Prozesse der Statuszuweisung bzw. des Statuserwerbs von der Bevölkerung wahrgenommen und bewertet werden. Soziale Ungleichheit scheint in modernen marktwirtschaftlichen Demokratien nur in dem Maße legitim und akzeptabel zu sein, wie der Zugang zu den statushohen und hinsichtlich ihrer Ausstattung mit Ressourcen und Belohnungen privilegierten Positionen auf der Grundlage von allgemein anerkannten, universalistischen Kriterien, d.h. insbesondere individueller Leistung und positiv bewerteten individuellen Fähigkeiten und Begabungen, erfolgt. Als nicht legitim gilt in modernen Gesellschaften dagegen ein Zugang zu attraktiven sozialen Positionen bzw. wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Erfolg, der auf zugeschriebene Merkmale wie soziale Herkunft, auf leistungsunspezifische Faktoren wie Zufall und GlUck,auf ,Beziehungen' als Mechanismus der sozialen Schließung oder gar auf illegale Mittel, wie z.B. Korruption, gegrUndetist. Gemessen wurde die Wahrnehmung und Legitimität des Statuserwerbs im Rahmen des ALLBUS anhand der Frage, auf welche Faktoren Erfolg zurückgeführt wird und welche Vorstellungen in der Bevölkerung darüber bestehen, 119 Akzeptanz und Legitimität sozialer Ungleichheit "wie man in unserer Gesellschaft am ehesten nach oben kommt",lS Die vorgegebenen Faktoren können nach ihrem Bezug zu individuellen Leistungen und Fähigkeiten klassifiziert werden und repräsentieren damit mehr oder weniger legitime Mittel und Wege zum Erfolg,19Eine derartige Klassifikation der verwendeten Items in legitime und illegitime Erfolgsfaktoren hat sich auf der Grundlage faktorenanalytischer Untersuchungen auch empirisch wiederholt bestätigt. Tabelle 2: Mittel und Wege zu gesellschaftlichem Erfolg (% ,wichtig' und ,sehr wichtig') West Differenz 2000-1991 West Ost Ost 1984 1991 2000 1991 2000 97 98 98 97 95 96 97 96 98 96 96 95 95 95 95 95 97 95 94 93 67 59 72 52 64 85 63 59 81 57 51 87 66 61 75 77 53 LegitimeMittel (Aus-)Bildung Initiative, Durchsetzungsvermögen Leistung, Fleiß Intelligenz Neutrale Mittel Zufall, GlUck lllegitime Mittel Beziehungen, Protektion Geld, Vermögen Herkunft, Familie Opportunismus, Rücksichtslosigkeit Politische Betätigung Bestechung, KorruptionI 46 44 54 37 40 19 46 28 I 1: 0 - 1 . 2 . 2 1: 0 :t 0 . 3 +13 +12 91 82 68 + 6 + 9 +10 +16 + 5 +15 47 60 +10 +13 36 20 45 40 + 6 + 9 + 9 +20 I I I . 2 I 1984 nicht erhoben DATENBASIS:ALLBUS 1980-2000 Der auffälligste Befund der Betrachtung des zeitlichen Wandels ist die deutlich gestiegene Bedeutung, die illegitimen Mitteln als Weg zum Erfolg in der deutschen Gesellschaft zugeschrieben wird (Tabelle 2), Im Vergleich zu 1991 hat der Bevölkerungsanteil, der die vorgegebenen illegitimen Mittel als wichtig betrachtet. um in unserer Gesellschaft nach oben zu kommen, in 18 19 Die Fragestellung lautet: "Wie konunt man in unserer Gesellschaft am ehesten nach oben? Beurteilen Sie bitte die Wichtigkeit der Eigenschaften und Umstände auf diesen Karten. Bitte sagen Sie mir zu jeder Aussage, wie wichtig dieses Ihrer Meinung nach für den Auf. stieg in unserer Gesellschaft gegenwärtig ist." FUr die Antwortvorgaben vgl. Tabelle 2. Zum Entstehungskontext und theoretischen Hintergrund dieses Erhebungsinstruments vgl. Mayer (1975). 120 Heinz-Herbert Noll / Bernhard Christoph Westdeutschland um bis zu 10 und in Ostdeutschland sogar um bis zu 20 Prozentpunkte zugenommen. Besonders ausgeprägt ist die Zunahme in beiden Landesteilen in Bezug auf die Bedeutung von sozialer Herkunft, Opportunismus und Korruption. Bei diesen Faktoren liegt der Zuwachs bei rund 10 Prozentpunkten in Westdeutschland und zwischen 13 und 20 Prozentpunkten in Ostdeutschland. Dort betrachteten im Jahre 2000 91% der Befragten Beziehungen und Protektion, 82% Geld und Vermögen, 68% die soziale Herkunft, 60% Opportunismus und Rücksichtslosigkeit und immerhin noch 40% Bestechung und Korruption als wichtig für den Erfolg in dieser Gesellschaft. In Westdeutschland wird den illegitimen Faktoren insgesamt eine etwas geringere Bedeutung beigemessen, aber auch hier sehen 87% in Beziehungen und Protektion, 66% in Geld und Vermögen, 61% in der sozialen Herkunft, 54% in Opportunismus und Rücksichtslosigkeit und 28% in Bestechung und Korruption wichtige Mittel und Wege, um in der Gesellschaft voran zu kommen. Auch wenn den legitimen Mitteln und Wegen zum Erfolg wie Leistung, Bildung, Begabung und fleiß aus der Sicht der Bürger nach wie vor die größte Bedeutung beigemessen wird und diesbezüglich auch nur geringfügige Rückgänge zu beobachten sind, deuten die vorliegenden Befunde insgesamt doch tendenziell auf eine Delegitimierung der Prozesse des Statuserwerbs in der Bundesrepublik Deutschland hin. Das gilt vor allem für Ostdeutschland, aber auch für Westdeutschland, wo bis 1991 eine rückläufige Bedeutung der illegitimen Faktoren zu beobachten war und deren Bedeutungszunahme in den neunziger Jahren daher besonders bemerkenswert ist. Die Frage, ob es sich bei dieser Entwicklung um eine Trendwende handelt, kann allerdings aufgrund der wenigen Messzeitpunkte derzeit nicht eindeutig beantwortet werden. Erst weitere Beobachtungen werden zeigen, ob es sich bei den dargelegten Entwicklungen um eine generelle Tendenz handelt oder ob der festgestellte Bedeutungsgewinn illegitimer Erfolgsfaktoren mit besonderen Umständen in einer der Beobachtungsperioden zusammenhängt.2o Auch die Frage, auf welche Umstände die in den neunziger Jahren zu beobachtende Bedeutungszunahme illegitimer Mittel und Wege zum Erfolg in der Perzeption der Bürger zurückzuführen ist, kann derzeit noch nicht abschließend beantwortet werden. Es liegt nahe zu vermuten, dass für den besonders ausgeprägten Bedeutungsgewinn illegitimer Faktoren in Ostdeutschland auch Erfahrungen und entstandene Ressentiments im Zusammenhang mit dem Transformationsprozess eine Rolle gespielt haben könnten. Dazu zählt wohl auch die Beobachtung, dass die Besetzung der begehrten statushohen Positionen insbesondere unter den speziellen Bedingungen der "durcheinander gewirbelten Sozialstruktur" Ostdeutschlands nicht immer von Leistung und Qualifikation allein bestimmt war. - 20 Nicht völlig auszuschließen ist beispielsweise Beurteilungen der Befragten im Jahr 2000. - ein Einfluss der CDU-Spendenaffare auf die Akzeptanz und Legitimität sozialer Ungleichheit 121 6. Fazit Versucht man aus den Ergebnissen der Analysen zum Wandel der Einstellungen zu sozialer Ungleichheit ein Fazit zu ziehen, so ist zunächst festzustellen, dass die Entwicklung über die Zeit keinem einheitlichen, an allen Indikatoren gleichermaßen abzulesenden Trend folgt. Die zentrale Frage, ob soziale Ungleichheit im Zeitverlauf zunehmend akzeptiert und als angemessen und legitim angesehen wird oder aber an Akzeptanz und Legitimation verliert, kann daher nicht eindeutig beantwortet werden. Während z.B. die Auffassung, dass die Einkommensunterschiede in Deutschland zu groß seien, eine leicht rückläufige Tendenz aufweist, nehmen andererseits die Zweifel zu, dass hierzulande jede/r eine ihren/seinen Begabungen und Fähigkeiten entsprechende Ausbildung erhalten könne. Eine Tendenz hin zu affirmativ-legitimierenden Einstellungen zeigt sich am ehesten im Hinblick auf die Befürwortung von ,funktionalistischen' Legitimationsprinzipien und Verteilungsnormen. Die Funktion von Ungleichheit als Leistungsanreiz sowie die Auffassung, gesellschaftliche Rangunterschiede seien durch differentielle Wahrnehmung von gleichen Chancen legitimiert, erfahren nicht nur in Westdeutschland, sondern am Ende der neunziger Jahre auch in Ostdeutschland wachsende Zustimmung. Eine derartige Entwicklung entspricht gewissermaßen auch den gesellschaftspolitischen Tendenzen einer zunehmenden Liberalisierung von Märkten, der Förderung von Wettbewerb in den verschiedensten Bereichen und des Abbaus wohlfahrtsstaatlicher Institutionen. In Frage gestellt wird das Bild einer gestiegenen Akzeptanz sozialer Ungleichheit auf der Grundlage von Leistung und Qualifikation andererseits vor allem durch den Befund einer Delegitimation des Statuszuweisungsprozesses in den Augen der Bevölkerung, d.h. der im Verlauf der neunziger Jahre gestiegenen Relevanz, die illegitimen Mitteln und Wegen zugeschrieben wird, wenn es darum geht, in dieser Gesellschaft erfolgreich zu sein. Die von vielen Beobachtern geteilte Erwartung einer raschen Annäherung und Anpassung der stärker egalitären Werten verpflichteten, soziale Ungleichheit kritischer wahrnehmenden und bewertenden Sicht der ostdeutschen Bevölkerung an die der westdeutschen hat sich überwiegend nicht erfüllt. Zu beobachten ist vielmehr häufig ein Entwicklungsmuster sich zumindest zeitweilig - in unterschiedlichen Phasen des Transformationsprozesses - vergrö- ßernder oder jedoch gleichbleibender Unterschiede. Nur bei wenigen Indikatoren - z.B. bezüglich der Bewertung der Verteilungsgerechtigkeit - haben sich die Einstellungen gegenüber der sozialen Ungleichheit im Zeitverlauf nennenswert angenähert, obwohl die Niveauunterschiede auch in diesen Fäl- 122 Heinz-Herbert Noll / Bernhard Christoph len zumeist noch beträchtlich sind. Sofern eine Verringerung der Ost-WestDifferenzen in der Form einer Annäherung der Einstellungen der ostdeutschen Bevölkerung an die der westdeutschen stattgefunden hat, wird sie allem Anschein nach in erster Linie von den Bevölkerungsteilen getragen, die sich im Zuge des Transformationsprozesses in höheren Einkommenspositionen und Statusgruppen platzieren konnten, darüber hinaus aber auch von den nachwachsenden Generationen, die die DDR nicht mehr als Erwachsene erlebt haben. Das gilt vor allem dann, wenn die Angleichung wie bei einigen Indikatoren zu beobachten am Ende der neunziger Jahre stattgefunden hat. - - Tabelle3: ZeitlicheEntwicklungenundOst-West-Differenzen im Überblick(in Prozentpunktdifferenzen) Wahrnehmung sozialer Ungleichheit Einkommensunterschiede zu groß Entwicklung West1 Entwicklung Ostl Entwicklung Differenz I Differenz (Ost-West) in 2000 -8 -4 +4 + 182 Ausbildung nach Begabung u. F'ahigkeitenrur jeden Ungleiche Behandlung vor Gericht -5 - 10 +5 - 35 (+ 22)3 keine Daten keine Daten +11 Legitimation u. Bewertung J'ozialer Ungleichheit Einkommensunterschiede als Anreiz erforderlich =(n.s.) - 10 + 12 - 17 +7 =(n.s.) +8 - 15 =(n.s.) +6 +7 + 10 =(n.s.) =(n.s.) -4 - 29 +4 - 20 - 24 - 32 Rangunterschiede Ausdruck von Chancennutzung Einkommen auch nach Bedarf Ve rte ilung sge rechtig ke it Soziale Unterschiede sind gerecht Erhalte weniger als gerechten Anteil Wahrnehmung u. Bewertung der Statuszuweisung Legitime Mittel Illegitime Mittel =(n.s.) + 6 bis + 10 :::: (- 2 bis- 3)4 + 5 bis + 20 :::: (- I bis + 2) - 3 bis (n.s.)5 -4 bis + II (n.s.) bis + 164 I Beginn der Beobachtungsperiode: Erstes Jahr, in dem für das Item sowohl Werte für West als auch fUr Ost vorliegen (Ld.R. 1991-1994); Ende der Beobachtungsperiode: Letztes Jahr, in dem Werte vorliegen (Ld.R. 1999 oder 2000). Ausgewiesen ist die Entwicklung des Differenzbetrags unabhängig von der Richtung der Differenz. 2 in ISSP 1999. 3 Vergleichswerte: 1970 und 2000. 4 Nicht bei allen Items sind die Unterschiede signifikant. 5 Nur bei einem Item signifikante Differenz. 123 Akzeptanz und Legitimität sozialer Ungleichheit TabeIle 3 fasst nochmals in einer Übersicht zusammen, wie sich die OstWest-Differenzen für die verwendeten Indikatoren am Ende der Beobachtungsperiode darsteIlen und welche Entwicklungen gegenüber dem Beginn der Beobachtungsperiode in West- und Ostdeutschland sowie hinsichtlich der Ost-West-Differenz festzustelIen sind. Das Muster überwiegend persistenter, wenn nicht sogar sich vergrößernder Ost-West-Unterschiede, wie auch die teilweise zu beobachtenden Anpassungsprozesse können weder mithilfe der Sozialisations- noch anhand der Situationshypothese allein schlüssig erklärt werden. Obwohl einzelne Elemente der Entwicklung durchaus als Sozialisationseffekte wie auch als Situationseffekte zu erklären sein mögen, ist die vielfach zu beobachtende Vergrößerung der Einstellungsunterschiede mit beiden Hypothesen nur schwer zu vereinbaren. Manches spricht daher für die Vermutung, dass diese rur die meisten Beobachter überraschende - Entwicklung u.a. auch auf Gruppenidentifikationsprozesse insbesondere innerhalb der ostdeutschen Bevölkerung zurückzuführen ist, deren Dynamik sich erst im Laufe des Transformationsund Vereinigungsprozesses entfaltet hat: Ostdeutsche Identitäts- und Solidaritätsgefühle einerseits und Abgrenzungstendenzen gegenüber dem von vielen als Hegemon empfundenen Westdeutschland andererseits scheinen gerade im FalIe der EinsteIlungen gegenüber sozialer Ungleichheit zu einer Verhärtung, wenn nicht sogar Verstärkung ungleichheitskritischer Haltungen beigetragen zu haben. - Literatur Brauns, H., S. 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