Forschungsschwerpunkt Tumorimmunologie

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Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Übersicht
Forschungsschwerpunkt Tumorimmunologie
Sprecher: Prof. Dr. Peter H. Krammer
Zelluläre Immunologie (G0100)
Prof. Dr. rer. nat. Volker Schirrmacher
06221 42-3704, FAX 06221 42-3702
e-mail: [email protected]
Immunchemie (G0200)
Prof. Dr. rer. nat. Wulf Dröge
06221 42-3706, FAX 06221 42-3746
e-mail: [email protected]
Immungenetik (G0300)
Prof. Dr. med. Peter Krammer
06221 42-3718, FAX 06221 411715
e-mail: [email protected]
Apoptose Regulation (G0310)
Dr. rer. nat. Henning Walczak
06221 42-3700, FAX 06221 42-3699
e-mail: [email protected]
Molekulare Immunologie (G0400)
Prof. Dr. rer. nat. Günter Hämmerling
06221 42-3709, FAX 06221 401629
e-mail: [email protected]
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Der Forschungsschwerpunkt Tumorimmunologie erforscht
Wachstum, Aktivierung und Regulation von Zellen des
Immunsystems, um ihre Beteiligung bei Krebs, AIDS und
Autoimmunkrankheiten besser zu verstehen. Immunologische, zellbiologische und molekularbiologische Methoden werden benutzt, um Diagnostik und Therapie von Tumoren des Immunsystems und anderer Krebserkrankungen verbessern zu helfen. Es ist das Ziel, die aus der engen Zusammenarbeit innerhalb des Forschungsschwerpunktes und aus nationalen und internationalen Kooperationen gewonnen Erkenntnisse der immunologischen
Grundlagenforschung für den Einsatz in der Klinik zugänglich zu machen.
Der derzeitige und künftige Schwerpunkt der Abteilung
Zelluläre Immunologie ist die experimentelle Metastasenforschung und Immuntherapieforschung auf zellulärer
und molekularer Ebene. Ziel der Abteilung ist die molekulare Grundlage der Tumor-Wirts-Interaktion auf verschiedenen Ebenen des Mikroenvironments (Organ- Stromazellen, Blutgefäß-Endothelzellen etc.) zu erarbeiten, um so
ein besseres Verständnis für die Bedeutung bestimmter
Zelladhäsionsmoleküle sowie deren Zuckerstrukturen zu
erhalten. Durch Einbringen des bakteriellen lac-Z-Genes
in Tumoreinzelzellen konnten diese anschließend im
Gewebsverband durch Blaufärbung nachgewiesen werden. Dies ermöglicht die Reisolierung und quantitative und
qualitative FACS-Analyse sowie das Studium von ImmunKontrollmechanismen bei Tumor-Dormancy und TumorMikrometastasen Zuständen.
Im Vordergrund stehen zwei Therapieverfahren, nämlich
ASI (aktiv-spezifische Immuntherapie mit modifizierten
Tumorvakzinen) und ADI (adoptive zelluläre Therapie mit
Immunzellen). Neue Aspekte aus der Immuntherapieforschung werden in klinisch-angewandtete Forschung
überführt.
Die Abteilung Immunchemie erforscht regulatorische
Mediatoren des Immunsystems, die Mechanismen von
immunpathologischen Prozessen sowie neue therapeutische Strategien. Zu den wichtigsten klinisch-orientierten
Schwerpunkten gehört die Immunpathologie der Immunschwäche AIDS und der körperliche Verfall (Skelettmuskelkatabolismus) bei Krebserkrankungen, AIDS und im
Alterungsprozeß. Diese Projekte werden in Kooperation
mit zahlreichen Kliniken und anderen wissenschaftlichen
Institutionen unter Einsatz moderner immunologischer,
biochemischer und molekular-biologischer Methoden bearbeitet. Es wird erwartet, daß die detailliertere Kenntnis
der zu Grunde liegenden Mechanismen zu neuen therapeutischen Ansätzen führt. Darüber hinaus beschäftigt
sich die Abteilung mit grundlegenden Untersuchungen zur
Redoxregulation des Immunsystems. Schwerpunkt dieser
Untersuchungen ist die Rolle des Glutathions, des Glutathion-Disulfids und des Thioredoxins in der Regulation von
Transkriptionsfaktoren und Komponenten der Signalkaskade.
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Übersicht
Die Abteilung Immungenetik erforscht das Wachstum normaler und bösartig entarteter Lymphozyten. Hierbei stehen Untersuchungen über den molekularen Mechanismus
der Regulation der von Lymphozyten sezernierten Wachstumsfaktoren sowie Untersuchungen über die molekularen
Mechanismen des programmierten Zelltodes (Apoptose)
im Mittelpunkt. Es ist das Ziel der Abteilung, die extrazellulären und intrazellulären Signale für Apoptose zu verstehen, um Apoptose dann therapeutisch gezielt in Tumorzellen einzusetzen. Der Einsatz modernster immunologischer, zellbiologischer und gentechnischer Methoden und
die Kooperation zwischen Grundlagenforschung und Klinik
sind nötig, um herauszufinden, warum Tumore resistent
gegenüber der Induktion von Apoptose sind.
Die Gruppe Apoptose Regulation wurde im Mai 2000 gegründet. Die Gruppe konzentriert sich darauf die biochemischen Wege zu verstehen, aus denen der Zelltod durch
Apoptose resultiert. Unter physiologischen Bedingungen
haben Zellwachstum und Zelltod gleiche Raten. Aus diesem Gleichgewicht resultiert der Erhalt der Gewebe. Fehlregulation der Apoptose ist ursächlich für viele behandlungsbedürftige Krankheiten wie Krebs, Autoimmunerkrankungen, Schlaganfall, AIDS, Alzheimer und Parkinson.
Für viele dieser Krankheiten stehen bis heute keine oder
nur unzureichende Therapien zur Verfügung. Die Gruppe
untersuchr das therapeutische Potential von Apoptose Induktion oder Hemmung insbesondere bei Krebs- und
Autoimmunerkrankungen.
Die Arbeiten der Abteilung Molekulare Immunologie konzentrieren sich auf die Prozessierung und Präsentation
von Antigenen. Nach neuen Erkenntnissen sind Tumorantigene in der Regel nicht auf der Zelloberfläche zu finden, sondern nur intrazellulär vorhanden, weshalb sie
nicht von Antikörpern erkannt werden können. Intrazelluläre Proteine werden jedoch im Zytosol und in den Endosomen in Peptide zerlegt, die an Haupthistokompatibilitätsmoleküle (MHC) der Klassen I und II binden und an
der Zelloberfläche T-Lymphozyten präsentiert werden. Die
Erkennung derartiger MHC-Peptidkomplexe kann nicht nur
zur Aktivierung von T-Lymphozyten führen, sondern auch
zu deren Inaktivierung (Toleranz). Dieses könnte erklären,
warum Tumoren häufig nicht vom Immunsystem abgestoßen werden, obwohl sie tumorspezifische Antigene besitzen. Deshalb sind weiterhin die Fragen der Toleranzinduktion und die Brechung der Toleranz für Tumoren zentrale Aspekte unserer Arbeit. Hierzu werden transgene
Maussysteme eingesetzt. In einem weiteren Ansatz zur
immunologischen Tumorabwehr stellen wir bispezifische
Antikörper her, die in vivo körpereigene Killerzellen direkt
zu den Tumoren lenken und so deren Zerstörung bewirken
können.
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
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Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Abteilung G0100
Zelluläre Immunologie
Abteilung Zelluläre Immunologie (G0100)
Leiter: Prof. Dr. rer.nat. Volker Schirrmacher
Wissenschaftler
Prof. Dr. Peter Altevogt
Dr. Paul Gutwein (01 - )
Dr. Philipp Beckhove
Dr. Philippe Fournier
Dr. Claudia Haas
Prof. Dr. med. Bruno Kyewski
Dr. Agnes Szmolenszky
PD Dr. Reinhard Schwartz-Albiez
Dr. Rosemarie Steubing
Dr. Viktor Umansky
Dr. Yi Cao
Dr. Yvonka Zeller (- 00)
Gastwissenschaftler
Dr. Lianhua Bai (Beijing, China, 09/99-09/01)
Dr. Jinyang Zeng (Wuhan, China, 03/99-03/01)
Dr. Li Ming-Song (Wuhan, China 10/00-09/01)
Dr. Nancy Agmon Levin (Jerusalem, Israel 05/99-06/00)
Doktoranden
Safwan Joumaà
Jörn Gotter
Mirja Hommel
Jens Derbinsky
Michael Erdmann
Maria Lulei
Jochen Schwendemann
Yolanda Mahnke
Paul Gutwein (- 01)
Jan Friederichs (- 00)
Technische Assistenten
Christine Schlösser (01 -)
Jelena Hoffmann
Annette Arnold
Claudia Geiger (- 12/00)
320
Auszubildende
Irina Porhun
Daniel Strauß
Swenja Riedle
Sabine Mechtersheimer
Antje Schulte
Birgit Sennewald
Carmen Choi
Christoph Fiola
Nora Sommerfeldt
Alexander Stoeck
Matthias Oleszewski (- 00)
Kerstin Krauss (- 00)
Die Abteilung betreibt Tummor-immunologische und
Zellulär-immunologische Grunglagenforschung sowie Klinisch-anwendungsorientierte Forschung vor allem zu Fragen der Tumor-Immuntherapie.Es sollen molekulare
Grundlagen für Interaktionen von Lymphozyten mit nicht
lymphoiden Zellen des Mikroenvironments (Organ-Stromazellen und Blutgefäß-endothelzellen) erarbeitet werden,
um ein besseres Verständnis für die Bedeutung bestimmter Zelladhäsionsmoleküle und deren Zuckerstrukturen bei
wichtigen Zell-Zellinteraktionen während der
Lymphozytenreifung und Aktivierung sowie bei ihrem
Wanderungsverhalten und Homing im Organismus zu erhalten. Diese molekularen Grundlagen der Zelladhäsion
und Zell-Zell-Interaktion dienen gleichzeitig einem besseren Verständnis des entarteten Verhaltens maligner
Lymphozyten bei Tumorentstehung und besonders bei der
Metastasenbildung. Ein besonderer Schwerpunkt der Abteilungsarbeit ist seit jeher ein besseres Verständnis der
Metastasenbildung sowie deren Verhinderung durch
immunologische Abwehr. Aus dieser Zielsetzung ergibt
sich eine intensive Befassung mit der Immunbiologie und
Immuntherapie von Tumormetastasen, die schließlich in
eine klinisch orientierte Forschung mündet. Dieses Forschungsprogramm wird in 4 Projektgruppen betrieben, die
vom Abteilungsleiter und drei wissenschaftlichen Projektleitern geleitet wird. Es existiert ein ausgewogenes Verhältnis zwischen reiner Grundlagenforschung (Projekte
G0102, G0103, G0104), Tumorforschung (insbesondere
Metastasierung und Immuntherapie, Projekte G0101,
G0102, G0104) und klinisch orientierter Forschung mit humanen Zellen und am Patienten (Projekte G0101 und
G0104).
Mariana Bucur
Anette Merling
Andreas Griesbach
Niko Keller
Niko Müller
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
AbteilungG0100
Zelluläre Immunologie
Immunbiologie und Immuntherapie von
Tumormetastasen (G0101)
hen offenbar im Zusammenhang mit lang anhaltender
protektiver systemischer Anti-Tumor-Immunität [5].
1. Tumorvakzineforschung
Tumorzell-Dendritenzell Fusions Vakzine
V. Schirrmacher,P. Fournier,Y. Zeng, C. Haas,
M. Lulei, A. Lichtenauer, K. Chlichlia, B. Sennewald,
M. Lindner
Kooperationspartner: T. Ahlert, Biotechnologisches Praxislabor,
Heidelberg; C. Herold-Mende und H.H. Steiner, Neurochirurgische
Universitätsklinik, Heidelberg; B. Peeters, ID-Lelystad, Holland;
A. Ruppel, Tropenhygiene, Universität Heidelberg; H. Walczak
und M.A. Weigand, DKFZ Heidelberg.
LacZ DNA-Vakzine
Um grundsätzlich neue Methoden zur Vakzinierung gegen
definierte Tumorantigene zu erproben, wurde zunächst bGalactosidase als ein Modell-Tumor-Antigen ausgewählt
und es wurden systematische DNA-Vakzinierungsstudien
mit lac-Z Plasmid-DNA durchgeführt. Die protektive Antitumor-Immunität wurde dann mit lac-Z transfizierten Tumorzell-Linien überprüft. In einer neuen Studie konnten wir
zeigen, dass selbst replizierende lac-Z mRNA unter der
Kontrolle einer a-Virus RNA-Replikase um einen Faktor 5
effektiver war als lac-Z DNA [1]. Eine optimale Injektionsstelle war in beiden Fällen die Ohrmuschel der Maus, bei
der eine etwa 10-fach verbesserte Immunantwort im Vergleich zur Muskel-DNA-Vakzinierung zu sehen war. In Tumor-Protektionsstudien zeigte sich, dass eine Kombination
einer Tumorantigen-DNA-Vakzine mit einer Zytokin-DNAVakzine noch einmal synergistische Effekte erzeugte und
zu verbesserten Antitumor-Protektionen führte [1].
Schistosomen-Gen DNA-Vakzine
Die mit diesem Modell-Antigen erhobenen Befunde wurden als nächstes in einem Infektionsmodell einer Wurmerkrankung mit Schistosomen erprobt. Von Schistosomen
konnten drei Verdauungsenzyme, nämlich AsparaginylEndopeptidase [2], Aspartic-Proteinase [3] und Elastase
[4] erfolgreich kloniert werden [2-4]. Nach DNA-Vakzination in der Ohrmuschel konnten jeweils hoch spezifische
Antikörper generiert werden. Diese gegen definierte
Wurm-Proteine hergestellten Antikörper waren für diagnostische Zwecke gegenüber herkömmlichen Reagentien
besser geeigntet [2-4].
Tumor-Dormancy als Folge von
Tumorvakzinierung
In weiteren Untersuchungen an Tiertumoren der Maus
konnten optimale Immunisierungen mit lebenden Tumorzellen, sofern diese ebenfalls in die Ohrmuschel injiziert
wurden, erhalten werden. Mit Hilfe der lac-Z transfizierten
Tumorzellen ließen sich in so immunisierten Tieren, die
komplette Anti-Tumor Protektion aufwiesen, noch kleine
Zahlen restlicher Tumorzellen nachweisen. Diese wurden
im Knochenmark der Tiere in einem Zustand des TumorDormancy unter Immunkontrolle stabil gehalten [5]. Diese
Untersuchungen ließen Rückschlüsse dahingehend zu,
dass das Knochenmark unter Umständen ein besonderes
Kompartiment sowohl für Tumor-Dormancy wie auch für
immunologisches T-Zell-Memory sein könnte. Beide Phänomene - Tumor-Dormancy und immunes Memory - ste-
Während die bisherigen Untersuchungen vor allem an
lymphoiden Tumoren durchgeführt worden waren, wurden
in jüngster Zeit auch murine Mamma-Karzinome in Vakzinierungsexperimenten untersucht. Hierzu wurde eine niedrig-immunogene Ausgangslinie ebenfalls zunächst mit lacZ transfiziert und entweder als solche oder nach Fusion
mit dendritischen Zellen (DZ) als Tumorvakzine getestet.
Es stellte sich auch hier heraus, dass die Injektionsstelle
der Ohrmuschel allen anderen Injektionsstellen in Bezug
auf Induktion einer Immunantwort überlegen war. Die Fusion mit dendritischen Zellen wurde mit zwei unterschiedlichen Methoden durchgeführt und vergleichend validiert.
Es zeigte sich, dass sowohl Elektro-Fusion wie auch PEGvermittelte Fusion zu ähnlichen Resultaten führte. Die
Immunogenität der Ausgangsvakzine konnte mit beiden
Methoden der DZ Fusion entscheidend verbessert werden
[6].
Virus-modifizierte Tumorvakzine ATV-NDV und
Wirkmechanismus von NDV
Auf dem Gebiet der humanen Tumorvakzine-Forschung
konzentrierten sich unsere Untersuchungen auf die weitere Aufklärung des Wirkmechanismus unserer Zwei-Komponenten Vakzine ATV-NDV. Diese besteht aus frisch isolierten, intakten, autologen Tumorzellen, die durch g-Bestrahlung inaktiviert werden (ATV) und die durch Infektion
mit dem apathogenen Newcastle Disease Virus (NDV) infiziert werden. Nach Klonierung der beiden viralen SpikeProteine HN und F und Herstellung von c-DNA Transfektanten gelang uns vor kurzem der Nachweis, dass über
das HN aber nicht das F-Molekül in mononukleären Zellen
von humanem Blut eine starke Interferon-a Antwort erzeugt wird und dass auf den Monozyten das Molekül
TRAIL hochreguliert wird [7]. Durch Mutagenisierungsexperimente gelang weiterhin eine Aufklärung der Domänen
innerhalb des HN-Moleküls, die für die Induktion der Interferon-a Antwort wichtig sind [8]. Es stellte sich heraus,
dass innerhalb des HN-Moleküls die Lektin-Bindungsdomäne, mit der Kontakte zu den Interferon-produzierenden Zellen hergestellt werden, wichtiger ist als die Neuraminidase Domäne des Moleküls [8]. Es konnte des weiteren gezeigt werden, dass murine wie auch humane Monozyten durch NDV über Interferon und TRAIL zu antitumoraler Zytotoxizität aktiviert werden [9, 10]. NDV zeigte auch
im Zusammenhang mit einer Dendritenvakzine einen potenzierenden Effekt. Die Daten legen nahe, dass die Infektion von Tumorzellen durch das NDV-Virus vom Immunsystem als ein Gefahrensignal wahrgenommen wird und
dass es daraufhin zu einer verbesserten Interaktion zwischen Zellen der natürlichen Immunabwehr und der spezifischen Immunabwehr und über Zytokin-Kaskaden zu einer verstärkten Immunantwort kommt. Aus diesen, das
Konzept unterstützenden Gründen wird die Virus-modifizierte Tumorvakzine ATV-NDV in der klinischen Anwendung weiter evaluiert.
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
321
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Nicht nur bei Brustkrebs sondern auch beim Glioblastom
wurden inzwischen vielversprechende Resultate infolge
Anwendung dieser Vakzine erhalten.
Bispezifische Antikörper
Mit Hilfe molekularbiologischer Methoden gelang es uns,
in dem Berichtszeitraum bispezifische Bindungsmoleküle
herzustellen, die mit einem Arm an die Virus-modifizierte
Tumorvakzine binden und mit dem anderen Arm Komponenten des Immunsystems aktivieren. Zur Zeit werden
4 Produkte in größeren Mengen hergestellt, Reinigungsverfahren evaluiert und die funktionelle Aktivität in vitro untersucht.
Die neuen Konzepte der Anti-Tumor-Vakzinierung wurden
in verschiedenen Buchbeiträgen vorgestellt [11-14].
2. Zelluläre Immuntherapie-Studien
V. Schirrmacher,P. Beckhove, V. Umansky,
M. Feuerer, L. Bai, M. Rocha, J. Förster,
S. Muerköster, M. Bucur,Y. Mahnke, A. Griesbach,
C. Choi, J. Schwendemann.
Kooperationspartner: I.J. Diel, G. Bastert, E.-F. Solomayer und F.
Schütz, Universitäts-Frauenklinik Heidelberg, J.D. Laman, Holland
Brechung von Tumor-Toleranz durch Transfer
allogener Superantigen-reaktiver v>6 T Zellen.
322
Neben der Tumorvakzineforschung wurde auch unsere
zelluläre adoptive Immuntherapie- (ADI) Forschung zur Erzielung eines Graft-versus-Leukämie (GvL)- Effektes gegen Makrometastasen fortgeführt. Die Tumorzellen ESbMP exprimieren ein in DBA/2 Mäusen vorhandenes endogenes virales Superantigen (vSAG-7), gegen das die
DBA/2 Mäuse aber nicht reagieren können, da die reaktiven Vb6 T-Zellen gegen dieses Autoantigen im Thymus
deletiert werden. Diese zentrale Toleranz konnte durch
den Transfer allogener Vb6 T-Zellen durchbrochen werden. Diese Vb6 T-Zellen werden sofort nach Erkennung
des Superantigens auf den Tumorzellen aktiviert und differenzieren zu Antitumor-zytotoxischen Zellen. In einer neuen Studie konnten wir zeigen, dass der Antitumor-zytotoxische Effekt in vitro, der sehr schnell erfolgt, über Perforin
und Granzym B verläuft und Caspase unabhängig ist [15].
Andere Todesrezeptor-Liganden wie CD95 L, TRAIL und
TNF waren nicht involviert.
Tumor-reaktive Gedächtniszellen und
Dendritische Zellen im Knochenmark von
Brustkrebspatientinnen
Auf humanem Sektor wurden wichtige neue Erkenntnisse
über immune Gedächtniszellen im Knochenmark von
Krebspatienten erhalten. Bei der Mehrzahl von inzwischen
über 100 analysierten primär-operierten Brustkrebspatientinnen zeigten unsere Analysen einen erhöhten Anteil an
Memory-T-Zellen [16] und an Tumor-reaktiven Memory TZellen [17]. Die Zellen aus dem Knochenmark waren vergleichbaren Zellen aus dem Blut funktionell überlegen
[17]. Sie waren sowohl im ELISPOT Test wie auch im
Zytotoxizitätstest in vitro und schließlich in einem in vivo
Zelltransfer-Test funktionell hoch aktiv, während entsprechende Zellen aus dem Blut offenbar anergisch waren
[17].
Abteilung G0100
Zelluläre Immunologie
Aus dem Knochenmark konnten durch ein von uns neu
entwickeltes Verfahren auch sehr effizient Dendritische
Zellen angezüchtet werden [18]. Diese werden für die Stimulation der Gedächtniszellen benötigt.
Ein neues in vivo Modell zur Untersuchung
humaner Zell-therapeutischer Effekte gegen
humane Tumore
Für die Untersuchung immuntherapeutische Effekte in vivo
mit Patienten-eigenen Zellen wurde ein neues NOD/SCID
Test-Modell etabliert, das es erlaubt, frisch explantiertes
Tumorgewebe mit hoher Effizienz zu transplantieren, wobei die Tumorcharakteristika des Originaltumors erhalten
bleiben [19]. Es zeigte sich, dass nach Transfer von Gedächtnis-T-Zellen, die in vitro zunächst kultiviert und expandiert wurden und anschließend mit Hilfe von Antigengepulsten dendritischen Zellen aktiviert wurden, diese
transferierten Zellen von der Bauchhöhle an den Tumor
gelangten, dort infiltrierten und im Tumor Apoptose und
Nekrose-Phänomene erzeugten, so dass es zu einer Komplett-Remission der Tumore kam [17]. Dieses Testmodell
eignet sich für zukünftige detaillierte Untersuchungen über
Fragen der Rekrutierung von Effektorzellen in den Tumor
und zu Fragen der Regulation von Effektor- und Memory
T-Zellen.
Amplifikation von immun-induzierten anti-Tumor
Effekten über iNOS Aktivierung in Makrophagen
und Endothelien und Freisetzung von StickstoffMonoxyd (NO).
Stickstoff-Monoxyd, das von aktivierten Makrophagen und
auch von aktivierten Endothelzellen sekretiert wird, ist
ebenfalls ein wichtiger Antitumor-Effektor-Mechanismus.
Unsere Untersuchungen befassten sich mit der durch NO
induzierten Apoptose in Tumorzellen. NO konnte sowohl
durch NDV in Makrophagen aktiviert werden, wie auch im
Zusammenhang mit dem Transfer von immunen T-Zellen.
Der Mechanismus der NO-vermittelten Apoptose in humanen und murinen leukämischen Zellen unterscheidet sich
deutlich von bisher bekannten Effektormechanismen und
auch von dem von uns neu untersuchten über Superantigen induzierten Effektormechanismus [20, 21].
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Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
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AbteilungG0100
Zelluläre Immunologie
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2001. Degree: Doctor of Philosophy (PhD).
Die Rolle von Zelladhäsion und Migration bei
Lymphozyten-Homing und Tumor-Metastasierung (G0102)
P. Altevogt, Y. Zeller, P. Gutwein, N. Agmon-Levin,
C. Geiger, C. Schlösser, J. Friederichs, K. Krauss,
M. Oleszewski, S. Mechtersheimer, S. Joumaa,
S. Riedle; A. Stoeck
In Kollaboration mit Mina Fogel, Kaplan Hospital Rehovot, Israel;
Uwe Rauch, Universität Lund, Schweden; Rachel Bar-Shavit, Jerusalem, Israel; Vance Lemmon, Universität Cleaveland, Ohio,
USA. Wilhelm von der Lieth , DKFZ; H.-J. Gröne, DKFZ; Klaus
Ley, Universität South Carolina, USA.
Zellmigration und Zelladhäsion sind wichtige Fähigkeiten
von Lymphozyten zum Zwecke der Immunüberwachung
wie z.B. bei der Rezirkulierung durch die Lymph- und Blutbahnen und der Arretierung in Lymphknoten. Tumorzellen
benutzen teilweise ähnliche molekulare Mechanismen wie
Lymphozyten bei bestimmten Schritten der Tumormetastasierung und Invasion. Bei vielen dieser biologischen Vorgänge sind jedoch die beteiligten Bindungspartner, d.h.
die Adhäsionsmoleküle und ihre Liganden, noch unzureichend bekannt. Aufgabe unsere Arbeitsgruppe ist es, relevante Bindungsparter zu identifizieren und ihre in vivo
Rolle zu analysieren. Das Hauptaugenmerk der Arbeitsgruppe liegt auf Untersuchungen zur Funktion des humanes L1 Adhäsionsmoleküls und des CD24, eines Liganden für P-Selektin auf humanen Tumorzellen.
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[2] Oleszewski, M., Gutwein, P.,von der Lieth ,W.*,Rauch, U*.
Altevogt , P.: Characterization of the L1-neurocan binding site.
Implications for L1-L1 homophilic binding. J.Biol.Chem. 275:
34478-34485 (2000)
[3] Friederichs,J., Zeller,Y., Hafezi-Moghadam,A.*, Gröne, H.-J.,
Ley, K.* and Altevogt,P.: The CD24/P-selectin binding pathway
initiates lung arrest of human A125 adenocarcinoma cells. Cancer
Res. 60:6714-22 (2000)
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
323
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
[4] Even-Ram, S.C.*, Maoz, M.*, Pokroy, E.*, Reich, R.*, Katz,
B.Z.*, Gutwein, P., Altevogt, P., and Bar-Shavit, R.*: Tumor cell
invasion is promoted by activation of Protease activated receptor1 in cooperation with alpha(v)beta(5) integrin. J.Biol. Chem
276:10952-62 (2001)
[5] Zeller,Y., Mechtersheimer,S. and Altevogt,P.: Critical amino
acid residues of the alpha4 subunit for alpha4beta7. J.Cell.
Biochem. 83:304-319 (2001)
[6] Altevogt,P., Friederichs,J.: CD24 in health and disease. In
”Encyclopedia of Molecular Medicine” (T.E Creighton ed.) John
Wiley&Sons. New York. Pages 568-570, (2001)
[7] Mechtersheimer,S, Gutwein,P., Agmon-Levin,N., Stoeck, A.,
Oleszewski, M., Riedle,S., Fogel,M.*, Lemmon, V.*, and Altevogt,
P.: Ectodomain shedding of L1 adhesion molecule promotes cell
migration by autocrine binding to integrins. J.Cell Biol. 155: 661673 (2001)
T-Zell Differenzierung / T-Zell Toleranz / T-Zell
Aktivierung (G0103)
Projektleiter: B. Kyewski
Kooperationspartner: Klaus-Armin Nave, Max-Planck Institut für
Medizinische Forschung, Göttingen; Mark Pepys, Royal Free and
University College Medical School, London, UK;Vince Tuohy, The
Clevelend Clinic Foundation; Cleveland, Ohio, USA; Jörn Walter,
Institut für Genetik, Universität des Saarlandes, Saarbrücken
Gefördert durch den SFB 405 (DFG)
Intrathymische Selbsttoleranz gegenüber
ektopisch exprimierten, Gewebe-spezifischen
Selbstantigenen
J. Derbinski, J. Gotter,A. Schulte
324
Die Unterscheidung zwischen Selbst und Fremd (Selbsttoleranz) ist eine grundlegende Eigenschaft des Immunsystems. Die Induktion von Selbsttoleranz wird durch verschiedene Mechanismen, die sowohl im Thymus (zentrale
Toleranz) als auch in peripheren lymphoiden und nichtlymphoiden Organen (periphere Toleranz) wirksam sind.
Während im Thymus Toleranz gegen übiquitäre Selbstantigene stattfindet, wurde bislang angenommen, dass
periphere Toleranzmechanismen für Toleranz gegenüber
Organ-spezifischen Selbstantigenen verantwortlich sind.
Aufgrund unserer Beobachtung, dass bestimmte Gewebespezifische Antigene im Thymus exprimiert werden, haben
wir die gängige Vorstellung überprüft, ob intrathymische
Toleranz sich nur auf eine Gruppe von prävalenten Selbstantigenen beschränkt.
Im Laufe dieser Studien haben wir sowohl im Maus als
auch im Humanthymus medulläre Epithelzellen als einen
speziellen Zelltyp identifiziert, der ein weites Spektrum an
Gewebe-spezifischen Antigenen exprimiert. Dieses als
“promiskuöse” Genexpression (promiscuous gene expression) bezeichnetes Phänomen ist eine autonome Eigenschaft der Epithelzellen. Diese Genexpression ist ausgehend von der pränatalen Periode im adulten Thymus voll
erhalten, solange der Thymus reife T-Zellen exportiert. Die
Expression bestimmter Gene ist jeweils auf wenige medulläre Epithelzellen (< 3%) beschränkt ist, die vorwiegend in
Clustern lokalisiert sind. Interessanterweise sind Gene von
Organen ganz unterschiedlicher Größe in ähnlicher Frequenz im Thymus repräsentiert.
Abteilung G0100
Zelluläre Immunologie
Diese Ergebnisse legen nahe, daß ektopische Expression
im Thymus ein biologischer Mechanismus ist, um zentrale
T-Zell Toleranz gegenüber bestimmten „Gewebe-spezifischen“ Selbstantigenen zu gewährleisten. Auf diese Weise
könnte Selbsttoleranz gegen Antigene erreicht werden, die
räumlich oder zeitlich vom Immunsystem getrennt sind.
Die Analyse von globaler Genexpression mittels Genchips
zeigt jedoch, daß die Auswahl der ektopisch exprimierten
Gene sich nicht auf solche Selbstantigene beschränkt, für
die eine solche “immunologische Notwendigkeit” naheliegt. Die Abbildung des “immunologischen Selbst” ist somit umfassender als bisher angenommen. Interessanterweise sind jedoch fast alle Zielstrukturen für Organ-spezifische Autoimmunerkrankungen (wie Insulin, Glutamat-Decarboxylase, Thyreoglobulin, Proteolipid Protein), in Epithelzellen exprimiert. Die molekularen Mechanismus, die
dieses Expressionsmuster determinieren, sind derzeit
noch unbekannt. Verschiedene Befunde deuten darauf
hin, dass es sich wahrscheinlich um eine random derepression von Genexpression handelt.
Untersuchungen am Modellantigen Proteolipid Protein
(PLP), dem Hauptprotein der Myelinscheide von Axonen
im Zentralnervensystem zeigten, daß Toleranz gegenüber
diesem Selbstantigen im Thymus erfolgt. Interessanterweise ist die intrathymische PLP Expression auf die kürzere
Splice-Variante von PLP (DM20) beschränkt, während im
Gehirn bevorzugt das komplette Transkript nachweisbar
ist. Entsprechend besteht keine Toleranz gegenüber Epitopen, die nicht in der kürzeren Variante lokalisiert sind.
Der Unterschied zwischen zwei Maus-Inzuchtstämmen in
der Empfänglichkeit gegenüber einer experimentellen
Autoimmunerkrankung im Gehirn (experimentelle Autoimmun-Enzephalitis) läßt sich aufgrund dieser Befunde
durch die MHC-abhängige Lokalisation von Epitopen in
dem Abschnitt des Proteins, der nicht im Thymus exprimiert wird, erklären. Da auch im menschlichen Thymus
dieser Abschnitt nicht exprimiert wird, vermuten wir, daß
diese Befunde auch auf den PLP-spezifischen ToleranzStatus des Menschen übertragbar sind. Unvollständige TZell Toleranz gegenüber der kompletten Version von PLP
könnte somit zur Entwicklung einer T-Zell Population führen, die hoch-reaktiv gegenüber Gehirn-spezifischem PLP
ist und möglicherweise in der frühen Phase der Entwicklung von Multipler Sklerose Autoreaktivität gegenüber
Myelin-spezifischen Antigenen begünstigt. Diese Vorstellung wird durch jüngste klinische Befunde unterstützt.
Das Beispiel des unterschiedlichen splicing von PLP in
Thymus und Gehirn veranschaulicht, dass dieser ToleranzMechanismus zu lückenhafter Selbsttoleranz und damit
zu erhöhter Empfänglichkeit für Autoimmunität führen
kann. Prinzipiell ist ebenso denkbar, daß Unterschiede in
der Glykosilierung, im RNA editing oder in der Prozessierung von Selbstantigenen zwischen Epithelzellen des
Thymus und Gewebe-spezifischen Zellen auch zu inkompletter Toleranz führen kann. Dies wäre in zukünftigen Studien zu zeigen.
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Antigen-spezifische T-Zell Aktivierung in situ
M. Hommel
T-Zell Erkennung erfolgt über die Bindung des Antigenspezifischen T-Zell-Rezeptors an einen spezifischen
Peptid/MHC Komplex auf Antigen-präsentierenden Zellen.
Die zeitliche und räumliche Verfügbarkeit dieser spezifischen Komplexe in situ reguliert T-Zell Erkennung und damit T-Zell Biologie in vivo. Die Induktion einer Antigen-spezifischen Immunantwort (sog. adaptive Immunantwort)
setzt voraus, daß antigen-spezifische T-Zellen Peptide
fremder Antigene, präsentiert von dendritischen Zellen in
den T-Zell Arealen sekundärer lymphoider Organe, erkennen und daraufhin aktiviert werden. Die genaue in situ
Charakterisierung dieser interzellulären Erkennung steht
noch aus. Mittels adoptiven Transfers konnten wir anhand
verschiedener Modellantigene zeigen, daß klonale Expansion Antigen-spezifischer T-Zellen im Kontakt mit Antigenpräsentierenden Zellen initiiert wird. Die Kinetik von T-Zell
Aktivierung in situ ist identisch für verschiedene Proteine,
MHC-Haplotypen und T-Zell Subpopulationen, sofern ein
dominantes T-Zell Epitop erkannt wird. Dagegen unterscheidet sich das Ausmaß und der Beginn der klonalen
Expansion zwischen verschiedenen Epitopen desselben
Proteins, sog. dominante Epitope führen zu einer früheren
und stärkeren klonalen Expansion als sog. subdominante
Epitope. Diese Analysen basieren auf der ex vivo Isolation
von multizellulären Clustern von T-Zellen und dendritischen Zellen, die die funktionelle in situ Einheit der Antigen-spezifischen T-Zell Aktivierung darstellen. Die Isolation solcher multizellulärer Funktionseinheiten wird die eingehende molekulare Charakterisierung der frühen T-Zell
Aktivierung ermöglichen.
Publikationen (* = externe Koautoren)
[1] Klein, L.; *Klugmann, M.; *Nave, K.-A., *Tuohy, V.K.; Kyewski,
B. Shaping of the autoreactive T-cell repertoire by a splice variant
of self protein expressed in thymic epithelial cells. Nature
Medicine 6 (2000) 56-61.
[2] Klein, L.; Kyewski, B. Self-antigen presentation by thymic
stromal cells: a subtle division of labor. Current Opinion in
Immunology, 12 (2000) 179-186
[3] Kyewski, B.; Röttinger, B.; .Klein, L. Making T-cell tolerance
more efficient: thymic stromal cells sample distinct self-antigen
pools. Current Opinion in Microbiology and Immunology 251
(2000) 139-145
[4] Klein L.; B. Kyewski, B. “Promiscuous” expression of tissue
antigens in the thymus: a key to tolerance and autoimmunity?
Journal of Molecular Medicine 78 (2000) 483-494.
[5] Klein L.; B. Röttinger, B.; Kyewski, B. Sampling of
complementing self-antigen pools by thymic stromal cells
maximizes the scope of central T-cell tolerance. European Journal
of Immunology 31(2001) 2476-2486.
[6] Derbinski, J.; Schulte, A.; Kyewski, B.; Klein, L. “Promiscuous
gene expression in medullary thymic epithelial cells mirrors the
“peripheral self. Nature Immunology 2 (2001) 1032-1039.
AbteilungG0100
Zelluläre Immunologie
Struktur und Funktion von Adhäsions- und
Differenzierungsmolekülen auf normalen
und malignen Lymphozyten und hämatopoetischen Vorläuferzellen (G0104)
R. Schwartz-Albiez, R. Steubing, Y. Cao, A. Merling,
J. Hoffmann
In Zusammenarbeit mit: Prof.Dr.H.Baumann (Technische Universität Aachen), PD Dr.W.Bergler (HNO Klinik, Klinikum Mannheim),
Prof.Dr.P.Crocker (University of Dundee, UK), PD Dr.H.-J.Groß
(Universitätsklinikum Ulm), Prof.Dr.A.D.Ho, Dr.M.Punzel (Poliklinik, Universitätsklinikum Heidelberg), Prof.Dr.F.Sanchez-Madrid
Universität Madrid, Spanien), PD Dr. U.Karsten, Max-Delbrück
Zentrum, Berlin, Dr. Chitra Mandal, Department of Biological
Sciences, Indian Institute of Chemical Biology, Calcutta, Indien;
DKFZ: Dr.W. von der Lieth, Zentrale Spektroskopie, Dr.T.Kempf,
Dr.M.Schnölzer, Zentrale Proteinanalytik, Dr.H.Spring, Strukturelle
Genanalyse, Dr.R.Pipkorn, Peptidsyntheseeinheit.
Zusatzfinanzierung: Tumorzentrum Heidelberg/Mannheim,
Forschungsförderung Klinikum Mannheim (gemeinsames Projekt
mit PD.Dr.W.Bergler, HNO-Klinik Mannheim), BMBF Projekt
„Glykotechnologie“, DFG Einzelförderung (gemeinsames Projekt
mit PD Dr.H:J.Groß).
Ziel dieses Projektes ist es, den Zusammenhang zwischen
Struktur und Funktion hochglykosylierter Oberflächenmoleküle auf humanen normalen und malignen Lymphozyten
sowie auf hämatopoetischen Vorläuferzellen zu klären.
Diese Makromoleküle stellen Kontakte zu anderen Zellen
und zu Komponenten der extrazellulären Matrix (ECM) her
und sind an der Regulation der Zellreifung und des
Wachstums in spezifischen Geweben beteiligt.
Wir untersuchen die Wechselbeziehungen zwischen oberflächenständigen Oligosaccharidstrukturen und kohlenhydratbindenen Proteinen (Lektinen).
Oberflächenständige Sialoglykane (neuraminsäurehaltige
Oligosaccharidstrukturen) auf hämatopoetischen Zellen
spielen eine wichtige Rolle bei der Aktivierung von Lymphozyten, der Apoptose und Infektion mit lymphotrophen
Viren, der Klinik bestimmter genetischer Erkrankungen
und können als Tumormarker eingesetzt werden. Sie werden in unterschiedlicher Weise während der Lymphozytendifferenzierung exprimiert, wobei ihre Regulation von
mehreren Enzymsystemen bestimmt wird.
Ein definiertes B-Lymphozyten-spezifisches Lektin (CD22),
welches an der Regulation der B-Zellaktivierung beteiligt
ist und eine bestimmte Gruppe von Sialoglykanen erkennt,
wurde auf seine Funktion unter physiologischen Bedingungen untersucht. Wir fanden mehrere molekulare Mechanismen, die die Bindungsfähigkeit von CD22 beeinflussen:
zum einen wird durch die Eigensialylierung von CD22 die
Lektinfunktion herunterreguliert, zum anderen kann ein bestimmtes Arrangement der Sialoglycanliganden die Bindung auf der Zielzelle verändern. Sialylierte Serumglykoproteine verhindern, daß CD22-vermittelte Adhäsionsprozesse im peripheren Blut stattfinden [11]. Die Sialylierungsreaktionen werden zum Teil über eine von uns kürzlich charakterisierte zelloberflächenständige Sialyltransferase reguliert [13].
Adhäsionsprozesse werden zum einen über die oberflächenständigen Adhäsionsmoleküle vermitteln, zum ande-
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
325
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
ren im Zellinneren über Zytoskelett-assoziierte Phosphoproteine weitergeleitet, die außerdem die Morphologie der
adhärierenden Zellen mitverändern. Ein Schlüsselmolekül
des Zytoskeletts für Adhäsionen von T-Lymphozyten und
myeloische Zellen ist das Phosphoprotein MOESIN, welches bei der Ausbildung sogenannter Uropoden auf aktivierten T Lymphozyten beteiligt ist [2,4].
Humane hämatopoetische Stammzellen existieren in sogenannten Stammzellnischen im Knochenmark. Die enge
Wechselwirkungen zwischen der extrazellulären Matrix,
Stromazellen anderen hämatopoetischen Zellen und löslichen Faktoren (Zytokinen) regulieren sowohl den Erhalt
des Stammzellpools als auch gleichzeitig die kontrollierte
Proliferation und Differenzierung bis hin zu den reifen Blutzellen. Diese Interaktionen werden über membranständige
Adhäsionsrezeptoren vermittelt, die differentiell während
verschiedener Reifungsstadien der Stammzellen exprimiert werden. Auch bei diesen Adhäsionsprozessen sind
Kohlenhydrat - Lektininteraktionen beteiligt.
Hochglycosilierte, neuraminsäurehaltige (sialylierte) Glycoproteine und Glycolipide auf der Zelloberfläche können
das Adhäsionsverhalten sowohl negativ auf Grund ihrer
hohen negativen Ladung als auch postiv über spezifische
Reaktionen mit Lektinen beeinflussen.
Wir haben das CD60 Antigen in zwei Varianten definiert:
als CD60b wurde die 9-O-acetylierte Form einer DisialoOligosaccharidsequenz auf der Basis des Gangliosids
GD3 bestimmt, als CD60c die entsprechende 7-O-acetylierte Variante. Beide Oligosaccharide haben Funktionen
bei der Adhäsion von Lymphozyten an ECM Komponenten
und sind gleichzeitig an der Regulation der Aktivierung
bzw. Apoptose von Lymphozyten beteiligt [8].
326
Auf hämatopoetischen Stammzellen wurde mehrere neue
Marker charakterisiert, bei denen es sich um definierte
Oligosaccharidteile bestimmter Oberflächen-Glykoproteine
handelt. Die Oligosaccharidsequenzen waren bisher als
Histo-Blutgruppen bekannt, wie die Blutgruppe H Typ 2
(CD173), Lewis Y (CD174), das Thomsen-Friedenreich
Antigen (CD176) und das T-Nouvelle Antigen (Tn, CD175).
Diese Marker sind auf hämatopoetischen Vorläuferzellen
verschiedener Linien und z.T. auf leukämischen Vorläuferzellen exprimiert [3,5,6,10,12].
Abteilung G0100
Zelluläre Immunologie
[4] J.M.Serrador*, M.Vicente-Manzanres*, J.Calvo*, O.Barreiro*,
M.C.Montoya,* R.Schwartz-Albiez, H.Furthmayr*, F.Lozano*,
F.Sanchez-Madrid*. A novel serine-rich motif in the intercellular
adhesion molecule 3 is critical for its ERM-directed subcellular
targeting. J. Biol. Chem. 2002, im Druck.
[5] R.Schwartz-Albiez. Carbohydrate and Lectin: Section Report.
In: Leucocyte Typing VII (eds. D.Mason, R.Schwartz-Albiez et al.),
Oxford University Press, Oxford, im Druck.
[6] Y.Cao, A.Merling, U.Karsten*, R.Schwartz-Albiez. The fucosylated histo-blood group antigens Lewis Y and H type 2 (blood
group O) are expressed on CD34+ haematopoietic progenitors.
In: Leucocyte Typing VII (eds. D.Mason, R.Schwartz-Albiez et al.),
Oxford University Press, Oxford, im Druck.
[7] B.Kniep*, R.Schwartz-Albiez. Antibodies detecting type 2 chain
glycolipids. In: Leucocyte Typing VII (eds. D.Mason, R.SchwartzAlbiez et al.), Oxford University Press, Oxford, im Druck.
[8] C.Claus*, A.Gocht*, R.Schwartz-Albiez, H.Lünsdorf*, B.Kniep*.
CD60:Specificity of the antibodies, distribution of the antigens,
and the functional aspects. In: Leucocyte Typing VII (eds.
D.Mason, R.Schwartz-Albiez et al.), Oxford University Press, Oxford, im Druck.
[9] B.Kniep*, K.Schäkel*, R.Schwartz-Albiez, M.Nimtz*. Different
binding characteristics of the alpha2-6sialoglycan specific
antibodies. In: Leucocyte Typing VII (eds. D.Mason, R.SchwartzAlbiez et al.), Oxford University Press, Oxford, im Druck.
[10] Y.Cao, U.Karsten*, R.Schwartz-Albiez. Expression of
Thomsen-Friedenreich-related carbohydrate antigens on human
leukemia cells. In: Leucocyte Typing VII (eds. D.Mason,
R.Schwartz-Albiez et al.), Oxford University Press, Oxford, im
Druck.
[11] H.J.Groß*, A.Merling, H.Klein*, O.T.Keppler*, I.Stamenkovic*,
A.Grünert*, R.Schwartz-Albiez. Dependence of CD22 lectin
function on receptor and ligand sialylation on human lymphocytes.
Zur Publikation eingereicht.
[12] Y.Cao, A.Merling, U.Karsten*, R.Schwartz-Albiez. Expression
of Thomsen-Friedenreich-related carbohydrate antigens, Tn
(CD175), sialosyl-Tn (CD175s), TF (CD176) on human
hematopoietic stem cells and progenitor leukemias. Zur Publikation eingereicht.
[13] Y.Cao, A.Merling, P.R.Crocker*, R.Keller*, R.Schwartz-Albiez.
Differential expression of beta-galactoside alpha2,6 sialyltransferase (ST6GalI) and sialoglycans in normal and cirrhotic liver and
hepatocellular carcinoma, Zur Publikation eingereicht.
Publikationen (* = externe Koautoren)
[1] P.Mbonde*, H.Amir*, G.Kwesigabo*, R.Schwartz-Albiez,
L.A.Akslen*, J.N.Kitinya*. Expression of estrogen and
progesterone receptors in carcinomas of the female breast in
Tanzania. Oncology Reports 7,277-283, 2000.
[2] J.L.Alonso-Lebrero*, J.M.Serrador*, C.Dominguez*,
O.Barreiro*, A.Luque*, M.A.del Pozo*, K.Snapp*, G.Kansas*,
R.Schwartz-Albiez, H.Furthmayr*, F.Lozano,* F. Sánchez-Madrid*.
Polarization and interaction of adhesion molecules PSGL-1 and
ICAM-3 with moesin and ezrin in myeloid cells. Blood 95, 24132419, 2000.
[3] Y.Cao, A.Merling, U.Karsten*, R.Schwartz-Albiez. The
fucosylated histo-blood group antigens H type 2 (blood group O,
CD173) and lewis Y (CD174) are expressed on CD34+
hematopoietic progenitors but absent on mature lymphocytes.
Glycobiology 11, 677-683, 2001.
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Abteilung G0200
Immunchemie
Abteilung Immunchemie (G0200)
Leiter: Prof. Dr. Wulf Dröge
Wissenschaftliche Mitarbeiter
Dr. Raoul Breitkreutz ( - 11/00)
Dr. Susanne Bacher ( - 01/01)
Dr. Silke Beismann-Driemeyer (02 - 10/01)
Dr. Heiner Fritze (ohne Vergütung)
Dr. Wulf Hildebrandt (06/00 - )
Dr. Markus Klein (12/00 - )
Dr. Volker Lehmann
Dr. Sabine Rosenberger ( - 04/00)
Dr. Lienhard Schmitz
Gastwissenschaftler
Dr. Vladimir Shatrov (Ukraine, - 05/01)
Doktoranden
Oliver Dienz
Lore Florin
Thomas Hofmann ( -09/00)
Andreas Möller
Yvonne Sehl
Serap Erdugan
Annette Grohmann
Sabrina Lacher
Nicole Pittack
Technische Mitarbeiter
Natalie Erbe
Angelika Ott-Hartmann
Ute Winter
Helge Lips
Tatjana Salvi ( - 02/01)
Sekretärin
Ingrid Fryson
Spüldienst
Magdalena Pröll
Im Mittelpunkt des Programms dieser Abteilung steht die
Erforschung von regulatorischen Mediatoren des Immunsystems, von Mechanismen in immunpathologischen und
kachektischen Prozessen und entsprechenden therapeutischen Ansätzen.
Ein Teil der Aktivitäten hat sich auch im vergangenen Berichtszeitraum wiederum mit der Redoxregulation von
immunologischen und anderen physiologischen Funktionen (G02001) sowie mit der Redoxregulation von Signalprozessen (G02002) beschäftigt. Weitergeführt wurden
auch die Untersuchungen über die Rolle von CarboxylMethylierungen in Signalprozessen und im Tumor-Nekrose-Faktor-vermittelten Zelltod (G02004).
Die Rolle des Redoxstatus im Alterungsprozeß und beim
körperlichen Verfall von Krebspatienten wurde in einer
Reihe von klinischen Kooperationsprojekten eingehender
untersucht (G02007). Diese Untersuchungen führten zu
der Erkenntnis, daß der Redoxstatus des Plasma-Cystein/
Cystin Redoxpaars stark mit körperlichen Verfallsprozessen korreliert ist und offenbar als Target für eine therapeutische Intervention dienen kann. Diese klinischen Kooperationsprojekte ergänzen die bereits oben genannten
Laboruntersuchungen über die Rolle von Redoxprozessen
in biologischen Systemen.
Besonderes Gewicht hatten schließlich wiederum die Untersuchungen zur Immunpathologie der HIV-Infektion und
zur therapeutischen Anwendung von N-Acetyl-Cystein
(NAC) und anderen Cystein-Derivaten (G2006). Eine Behandlung mit N-Acetyl-Cystein beim körperlichen Verfall im
Alter und bei Krebspatienten ist im wesentlichen zur Korrektur des Redoxstatus indiziert. Die N-Acetyl-Cystein-Behandlung bei HIV-Infizierten dient der Korrektur der abnormal niedrigen Plasma-Cystin- und Glutamin-Spiegel, die
sich aus einem abnormal hohen Cystein-Katabolismus
und dem daraus resultierenden massiven Schwefelverlust
ergeben. Die Projekte G02006 und G02007 zielen auf die
Etablierung neuartiger Therapieverfahren zur Behandlung
bisher unheilbarer Patienten.
327
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Redoxregulation von immunologischen und
anderen physiologischen Funktionen
(G02001)
W. Dröge, S. Beismann-Driemeyer, S. Rosenberger,
M. Klein
In Zusammenarbeit mit A. Hotz-Wagenblatt (DKFZ),
J. Braunstein, C. Herfarth und S. Meuer (Universität Heidelberg)
328
Eine Kombination verschiedener regulatorischer Mechanismen ermöglicht es, dass selbst kleinste Mengen von
pathogenen Keimen hochagressive Abwehrmechanismen
aktivieren, ohne gleichzeitig das Wirtsgewebe substantiell
zu schädigen. Solche Immunreaktionen werden typischerweise von Lymphozyten mit Hilfe ihrer Antigen-Rezeptoren
und Rezeptoren für kostimulatorische Signale in Verbindung mit verschiedenen Zytokinen in Gang gesetzt. Arbeiten aus dieser Abteilung haben darüber hinaus gezeigt,
dass an der Regulation dieser Reaktionen auch Redoxprozesse beteiligt sind. Schon früher ist in dieser Abteilung
gezeigt worden, dass die funktionelle Aktivierung von TLymphozyten durch Superoxydanion-Redikale und andere
reaktivie Sauerstoffspezies oder durch eine Verschiebung
des intrazellulären Glutathion-Redoxstatus deutlich verstärkt wird. Neuere Arbeiten haben inzwischen gezeigt,
dass die Einwirkung von physiologisch relevanten Konzentrationen von reaktiven Sauerstoffspezies oder anderen Formen von mildem oxidativen Stress bei T-Lymphozyten nicht die Stimulation der T-Zell-Rezeptoren obsolet
macht, aber die Signalkaskaden bei relativ schwacher Antigen-Stimulation verstärkt [1]. So wird z.B. die Transkription vom Interleukin-2-Promotor in T-Zellen durch Einwirkung von 50µM Wasserstoffperoxyd in Kombination mit,
aber nicht ohne CD28 Liganden verstärkt, d.h. der Redoxeffekt kann das stimulatorische Signal des Antigen-Rezeptors verstärken, aber nicht das Signal vom CD28 kostimulatorischen Rezeptor ersetzen. Offenbar kann Bildung von
Wasserstoff durch Makrophagen und Granulozyten im entzündlichen Gewebe dazu dienen, die Aktivierungsschwellen der Antigenrezeptor-abhängigen Signalkaskaden zu
senken. Es kann für einen infizierten Wirt lebenswichtig
sein, dass die spezifische Immunreaktion induziert wird
bevor optimale Antigendosen, d.h. hohe Pathogenkonzentrationen, im Gewebe vorhanden sind [1,2].
Im Gegensatz zur Induktion der Signalkaskaden erfordert
die Exekution des Signals einschließlich der DNA-Bindung
von (bestimmten) Transkriptionsfaktoren und der DNASynthese reduzierende Bedingungen, die besonders wirkungsvoll durch Cystein-freisetzende Makrophagen vermittelt werden [2-4]. Überdies wurde gezeigt, dass T-Linienzellen durch Glutathion gegen eine NO-vermittelte
Apoptose geschützt werden [5].
Nicht zuletzt wird auch die vom Insulin-Rezeptor-abhängige Signaltransduktionskaskade durch Redoxprozesse
moduliert. Während einerseits Hinweise auf eine Redoxregulation durch redox-empfindliche Phosphatasen beschrieben wurden, gibt es andererseits inzwischen experimentelle Befunde, dass auch die Insulin-Rezeptor-KinaseDomäne als Zielstruktur einer Redoxregulation durch reaktive Sauerstoffspezies dienen kann [6].
Abteilung G0200
Immunchemie
Publikationen (* = externe Koautoren)
[1] Hehner, S.P., Breitkreutz, R., Shubinsky, G., *Unsoeld, H.,
Schulze-Osthoff, K., Schmitz, M.L. and Dröge, W. Enhancement
of T cell receptor signaling by a mild oxidative shift in the
intracellular thiol pool. J. Immunol. 165: 4319-4328 (2000).
[2] Dröge, W. Free radicals in the physiological control of cell
function. Physiol. Rev. 82: 47-95 (2002).
[3] *Sido, B., *Braunstein, J., Breitkreutz, R., *Herfarth, C., and
*Meuer, S.C. Thiol-mediated redox regulation of intestinal lamina
propria T lymphocytes. J. Exp. Med. 192:907-912 (2000).
[4] Dröge, W. and Breitkreutz, R. Glutathione and immune
function. Proc. Nutr. Soc. 59: 595-600 (2000).
[5] Umansky, V., *Rocha, M., Breitkreutz, R., Hehner, S., *Bucur,
M., Erbe, N., Dröge, W., and Ushmorov, A. Glutathione is a factor
of resistance of Jurkat leukemia cells to nitric oxide-mediated
apoptosis. J. Cell. Biochem. 78: 578-587 (2000).
[6] Hotz-Wagenblatt,A. and Dröge, W. Redox-mediated functional
and structural changes in the insulin receptor kinase. Methods
Enzymol 348:288-296 (2002).
Signaltransduktion und Genaktivierung in TLymphozyten (G02002)
M.L. Schmitz, S. Bacher, O. Dienz, S.P. Hehner,
T.G. Hofmann, W. Dröge
In Zusammenarbeit mit P. Krammer und V. Schirrmacher (DKFZ);
W. Fiers (Universität Gent, Belgien), M. Heinrich (Universität London, UK); B. und C. Kaltschmidt (Universität Freiburg); N. Lassam
(Universität Toronto, Kanada); M. Ueffing (GSF, München);
C. Scheidereit (MDC Berlin).
Die gleichzeitige Stimulation des T-Zell Rezeptor-CD3-zKomplexes (TZR) und des kostimulatorischen CD28 Rezeptors führt zur Aktivierung und Proliferation von T-Lymphozyten. Diese rezeptorvermittelten Signale induzieren
eine Vielzahl von unterschiedlichen Signalübertragungskaskaden, die letztlich zur Aktivierung von Transkriptionsfaktoren wie beispielsweise NF-kB sowie der induzierten
Genexpression führen. Schwerpunktmäßig wurden vier
Aspekte untersucht, nämlich a) die Regulation von frühen
Signaltransduktionsereignissen nach T-Zell Kostimulation
[1-8], b) die Aktivierungswege und physiologischen Funktionen von NF-kB [9-14], c) neuartige Mechanismen der
Regulation von Proteinkinasen [15,16] und d) die Regulation des Tumor-Suppressors p53 [17,18].
a) Im unmittelbaren Anschluß an die Antigenbindung an
den TZR Komplex erfolgt die Aktivierung zytoplasmatischer Protein Tyrosin Kinasen (PTKs). Wir konnten zeigen,
daß prooxidative Bedingungen die Rezeptor-vermittelte
Aktivierung der PTKs stark erleichtertern. Die PTK-vermittelten Phosphorylierungen erlauben die Bildung von MultiProteinkomplexen, die durch Interaktionen zwischen phosphorylierten Tyrosinen und SH2 Domänen sowie anderen
Phosphotyrosin-bindenden Domänen zusammengehalten
werden. Als zentralen Baustein dieser Multi-Protein Komplexe konnten wir das Vav Protein identifizieren. Das aktivierte Vav Protein funktioniert als Guanin Nukleotid Austausch Faktor und führt zur Aktivierung von GTPasen der
Rho Familie. Diese Signale resultieren dann in der Aktivierung der MAPKinasen p38 und JNK sowie in der Stimulation der Transkriptionsfaktoren AP-1 und NF-kB. Im Verlaufe der Apoptose wird Vav von Caspasen zwischen den
Aminosäuren 160 und 161 geschnitten und damit inakti-
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
viert [1]. Das Proto-Onkogenprodukt Vav und die PKC Isoform Q stellen einen frühen Integrationspunkt für TZR- und
CD28-generierte Signale dar. Beide führen in synergistischer Weise zur Aktivierung von JNK, NF-kB und letztlich
der IL-4 Expression [2-6].
b) In T-Zellen wird die Aktivierung von NF-kB durch das
synergistische Vav/PKCQ Modul verstärkt und -vermittelt
über Zwischenschritte- auf MLK3 übertragen, das zur Familie der MAPKKKinasen gehört. MLK3 phosphoryliert
dann direkt die IkB Kinasen IKKa und IKKb, was zur anschließenden Aktivierung von NF-kB führt. MLK3 ist spezifisch für CD3/CD28-abhängige Rac/Cdc42-vermittelte
Signalwege und wird nicht durch TNF-a oder IL-1 aktiviert.
Neben immunologisch wichtigen Genprodukten reguliert
NF-kB in einigen Zelltypen auch die Apoptose [9].
c) Die T-Zell-Aktivierung verschiebt den intrazellulären
Thiol/Disulfid Redox-Status in Richtung auf oxidative Bedingungen und die ihrerseits ein wichtiges kostimulatorisches Signal für die Aktivierung der Signalkaskaden und
insbesondere für die Aktivierung von Tyrosinkinasen der
Src-Familie liefern [15]. Das Vav-1 Protein, eines der Substrate für Tyrosinkinasen, wird redox-abhängig phosphoryliert [15]. Vav-1 bildet in unstimulierten T-Zellen ein Heterodimer mit PCKQ. Kostimulation führt zur Dissoziation dieses Komplexes [5,8]. Während PCKQ in die Plasma-Membran rekrutiert wird, wird Vav-1 in einen redox-empflindlichen T-Zell-Aktivierungssignal-Komplex (TASC) inkorporiert. Jurkat T-Zellen, die die TASC-Proteine PLC-g, SLP76 oder LAT nicht besitzen, haben nicht die Fähigkeit,
NFkB zu aktivieren [6].
d) Ein weiterer Fokus lag schließlich auch auf der Regulation des p53-Proteins in der Kontrolle des Zellzyklus. In
diesem Zusammenhang haben wir HIPK2 (human homeodomain interacting protein kinase 2) als einen Interaktor
und Modulator der p53 Aktivität identifiziert [17,18]. Die humane HIPK2 interagiert und kolokalisiert mit p53 und dem
Koaktiviator-Protein CBP in den “PML nuclear bodies”, d.h.
Strukturen innerhalb des Zellkerns, die in der akuten promyelozytischen Leukämie und anderen Erkrankungen gestört sind. HIPK2 wird durch UV-Bestrahlung aktiviert und
phyosphoryliert p53 am Serin 46 und erlaubt dadurch die
Acetylierung von p53 an den Lysinresten 373 und 382
durch den CBP-Koaktivator. Durch diese Modifikationen
wird die p53-abhängige Genexpression stimuliert. Im Einklang damit konnte gezeigt werden, daß die Kinase-Funktion von HIPK2 eine verstärkte Expression von p53-Zielgenen, wie z.B. p21waf1 und damit einen Wachstumsstop
der Zellen vermittelt [17,18]. Die Expression einer Kinaseinaktiven Variante von HIPK2 führt zur Bildung von Zellen
mit mehreren Zellkernen.
Publikationen (* = externer Koautor)
[1] Hofmann, T.G., Hehner, S.P., Dröge, W. and M.L. Schmitz:
Caspase-dependent cleavage and inactivation of the Vav1 protooncogene product during apoptosis prevents IL-2 transcription.
Oncogene 19, 1153-1163 (2000).
Abteilung G0200
Immunchemie
[3] Hehner, S.P., Hofmann, T.G., Ushmorov, A., Dienz, O., WingLan Leung, I., *Lassam, N., *Scheidereit, C., Dröge, W. and M.L.
Schmitz: Mixed-lineage kinase 3 delivers CD3/CD28-derived
signals into the IkB kinase complex. Mol. Cell. Biol. 20:2556-2568
(2000).
[4] Hehner, S.P., Hofmann, T.G., Dienz, O., Dröge, W., and
Schmitz, M.L.: Tyrosine-phosphorylated Vav1 as a point of
integration for T-cell receptor- and CD28-mediated activation of
JNK, p38 and IL-2 transcription. J. Biol. Chem. 275:18160-18171
(2000).
[5] Dienz, O., Hehner, S.P., Dröge, W., and Schmitz, M.L.:
Synergistic avtivation of NF-kB by functional cooperation between
Vav and PKCq in T-lymphocytes. J. Biol. Chem. 275:24547-24551
(2000).
[6] Schmitz, M.L., Bacher, S., and Dröge, W.: Molecular analysis
of redox-activated MAPKinase signaling pathways. Methods
Enzymol., (2001) in press.
[7] Hehner, S.P., Li-Weber, M., Giaisi, M., Dröge, W., Krammer,
P.H. and M.L. Schmitz: Vav synergizes with PKCQ to mediate IL-4
gene expression in response to CD28 costimulation in T-cells. J.
Immunol. 164, 3829-3836 (2000).
[8] Möller, A., Dienz, O., Hehner, S.P., Dröge, W. and M.L.
Schmitz: Protein kinase CQ cooperates with Vav1 to induce JNK
activity in T-cells. J. Biol. Chem. 276: 20022-20028 (2001).
[9] Hehner, S.P., Hofmann, T.G., Ushmorov, A., Dienz, O., *WingLan Leung, I., *Lassam, N., *Scheidereit, C., Dröge, W. and M.L.
Schmitz: MLK3 delivers CD3/CD28-derived signals into the IkB
kinase complex. Mol. Cell. Biol. 20, 2556-2568 (2000).
[10] Farmer, P.K., He, X., Schmitz, M.L., Rubin, J., and Nanes,
M.S.: Effect of NF-kB on 1,25-dihydroxyvitamin D3 and retinoid-X
receptor dependent function. Am. J. Physiol. Endocrinol. Metabl.
279: E213-E220 (2000).
[11] Schmitz, L.M., Bacher, S., and Kracht, M.: IkB-independent
control of NF-kB activity by modulatory phosphorylations. TIBS
26: 186-190, 2001.
[12] Bacher, S., Großhans, J., Dröge, W., and Schmitz, M.L.: The
Drosophila proteins Pelle and Tube induce JNK/AP-1 activity in
mammalian cells. FEBS Let. 497: 153-158 (2001).
[13] Heinrich, M., Bork, P.M., Schmitz, M.L., Rimpler, H. Frei, B.
and O. Sticher Pheophorbide a from Solanum diflorum interferes
with NF-kB activation. Planta Med. 67, 156-157 (2001).
[14] Dienz, O., Grohmann, A., Bacher S., and Schmitz, M.L.:
Activation and function of NF-kB in T lymphocytes. Recent
Research Developments in Molecular and Cellular Biology, in
press (2002).
[15] Hehner, S.P., Breitkreutz, R., Shubinsky, G., *Unsoeld, H.,
Schulze-Osthoff, K., Schmitz, M.L. and Dröge, W.: Enhancement
of T cell receptor signaling by a mild oxidative shift in the
intracellular thiol pool. J. Immunol. 165: 4319-4328 (2000).
[16] Hofmann, T.G., Möller, A., Hehner, S.P., *Welsch, D., Dröge,
W. and M.L. Schmitz: CD95-induced JNK activation signals are
transmitted by the death inducing signaling complex (DISC), but
not by Daxx. Int. J. Cancer 93: 185-191 (2001).
[17] Hofmann, T.G., Mincheva, A., Lichter, P., Dröge, W., and
Schmitz, M.L.: Human homeodomain-interacting protein kinase-2
(HIPK2) is a member of the DYRK family of protein kinases and
maps to chromosome 7q32-q34. Biochimie 82: 1123-1127 (2000).
[18] Hofmann, T.G., Möller, A., *Sirma, H., Zentgraf, H., *Taya, Y.,
Dröge, W., *Will, H. and M.L. Schmitz: Regulation of p53 activity
by its interaction with homeodomain interacting protein kinase 2.
Nature Cell Biol. 4: 1-10 (2001).
[2] *Kaltschmidt, B, *Kaltschmidt, C., Hofmann, T.G., Hehner, S.,
Dröge, W. and M.L. Schmitz: The pro- or antiapoptotic function of
NF-kB is determined by the nature of the apoptotic stimulus. Eur.
J. Biochem. 267, 3828-3835 (2000).
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
329
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Die Rolle von Carboxyl-Methylierungen in
Signalprozessen und im TNF-vermittelten
Zelltod (G02004)
V. Lehmann, V. Shatrov und H. Fritze
Die zytotoxischen und Zell-stimulierenden Wirkungen von
TNF auf Tumorzellen werden entscheidend durch Proteine
beeinflußt, die am Carboxyl-terminalen Ende prenylierte
Cysteingruppen tragen. Solche Proteine einschließlich
Ras Proteine, werden von Carboxyl-Methyltransferasen
erkannt und am Carboxyl-terminalen Ende methyliert. Inhibitoren der Carboxyl-Methyltransferase, wie z.B. N-AcetylS-Farnesyl-L-Cystein oder eine Kombination von Adenosin
und Homocystein, verhindern die Carboxyl-Methylierung
von Ras und Ras-verwandten Proteinen, verstärken die
zytotoxische Wirkung von TNF auf TNF-empfindliche
Tumorzellen und verwandeln TNF-resistente Tumorzellen
in TNF-empfindliche Zellen.
330
In Fibrosarcomzellen induziert TNF einen nekrotischen
Zelltod. Dabei aktiviert es Bax und stimuliert die Produktion von reaktiven Sauerstoffverbindungen (ROS), die wiederum das mitochondriale Membranpotential zerstören.
Die Methylierungshemmer Adenosin und Homocystein
verstärken die TNF-vermittelte Aktivierung von Bax, die
Produktion von ROS und die Zerstörung des mitochondrialen Membranpotentials. Aus Lysosomen werden Proteasen, wie z.B. Cathepsin B ins Cytosol freigesetzt und aktiviert. Darüberhinaus induziert die Kombination von Adenosin, Homocystein und TNF Prozesse, die für einen apoptotischen Zelltod typisch sind, wie z.B. die Freisetzung von
Cytochrom C aus Mitochondrien [1], die Aktivierung der
Caspasen 3, 6 und 9 und die Expression von Phosphatidylserin an der Tumoroberfläche und schließlich die Bildung von apoptotischen Bläschen. Außerdem induzieren
die Methylierungshemmer und TNF die Serinphosphorylierung eines 36 KD Proteins, das mittels Nano-ElektrosprayMassenspektroskopie als das ribosomale El6 Protein identifiziert wurde. Mit Hilfe von Tumorzell-Varianten, die eine
defekte Atmungskette besitzen, haben wir gezeigt, dass
die Serinphosphorylierung von El6, die Expression von
Phosphatidylserin und die Bläschenbildung unabhängig
von den mitochondrialen Prozessen ablaufen.
In MCF-7 Zellen beschleunigen und verstärken Methylierungs-Inhibitoren den TNF-vermittelten Zelltod, indem sie
u.a. die Aktivierung des antiapoptotischen PI3-Kinase/
AKT/BAD-Reaktionswegs verhindern [2]. Als Konsequenz
wird die Freisetzung von Cytochrom C aus Mitochondrien
verstärkt.
Ferner wurde gezeigt, dass die Empfindlichkeit der Tumorzellen gegenüber Adenosin, Homocystein und TNF auch
darüber entscheidet, ob entsprechende Tumore in nackten
Mäusen, d.h. in vivo, durch die Kombination dieser drei
Agenzien unterdrückt werden.
Die durch Adenosin, Homocystein und TNF-induzierten
Veränderungen der Tumorzellen führen in vivo außerdem
dazu, dass Zellen der körpereigenen Abwehr ins Tumorgewebe einwandern und dort ihre tumorzerstörende Wirkung zu entfalten.
Abteilung G0200
Immunchemie
Publikationen
[1] Lehmann V. and Shatrov V. Lipid metabolism and release of
cytochrom c from mitochondria. In: Phospholipid metabolism in
apoptosis, Quinn P.J. and Kagan V.E. (eds.): Subcell. Biochem.,
36 (2002) in press.
[2] Shatrov, V., Fritze, H., Dröge, W., and Lehmann, V.. Methyltransferase inhibitors suppress TNF-induced AKT/Bad
phosphorylation and enhance TNF-mediated Bax induction in human breast carcinoma MCF-7 cells. (submitted).
Die Immunpathologie der HIV-Infektion und
Untersuchungen zur therapeutischen
Anwendung von N-Acetyl-Cystein (NAC) und
anderen Cystein-Derivaten (G02006)
W. Dröge, R. Breitkreutz, N. Pittack
In Zusammenarbeit mit E. Holm und S. Holm, Klinikum Mannheim, sowie D. Schuster und J. Brust, HIV-Schwerpunkt-Praxis
Mannheim und V. Daniel, Institut für Immunologie und Serologie
der Universität Heidelberg
Frühere Untersuchungen aus unserer Arbeitsgruppe haben gezeigt, daß Lymphozyten von gesunden Personen
oder Versuchstieren im Durchschnitt einen für immunologische Funktionen annähernd optimalen Glutathionspiegel
aufweisen. Im Gegensatz dazu sind bei Erkrankungen mit
Cystein- oder Glutathionmangel die immunologischen
Funktionen typischerweise stark vermindert und können soweit dies untersucht wurde - durch Cysteinsupplementierung weitgehend wieder rekonstituiert werden [1-4].
Dies ist am intensivsten im Fall der HIV-Infektion untersucht worden. HIV-infizierte Patienten weisen einen massiven Schwefelverlust auf, der im Durchschnitt der asymptomatischen Patienten einem täglichen Verlust von mehr
als 4 g Cystein pro Tag entspricht. Da der massive Cysteinkatabolismus der HIV-infizierten Patienten u.a. Sulfat
(d.h. das Salz der Schwefelsäure) liefert, kann der Nettoverlust am einfachsten durch Bestimmung der Sulfat-Konzentration im 24-Stunden-Urin nachgewiesen werden
[1,2]. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, daß das periphere Gewebe in den unteren Extremitäten der HIV-infizierten Patienten, d.h. im wesentlichen die Skelettmuskulatur, im Gegensatz zum Gewebe der gesunden Kontrollpersonen substantielle Mengen von Sulfat ausscheidet
[1]. Der abnormal hohe Cysteinkatabolismus spielt sich
demnach offenbar weitgehend in der Skelettmuskulatur
ab. Von praktischer Bedeutung ist die Beobachtung, daß
der exessive Schwefelverlust selbst durch antiretrovirale
Therapie mit mindestens einem Protease-Inhibitor praktisch nicht vermindert wird [1]. Zwei randomisierte Plazebo-kontrollierte Doppelblind-Studien haben darüber hinaus
gezeigt, daß die Behandlung von HIV-infizierten Patienten
mit N-Acetyl-Cystein in beiden Fällen alle getesteten immunologischen Funktionen signifikant verbesserte [3]. Die
NK-Zell-Aktivität wurde sogar fast bis auf den Normalzustand rekonstituiert. Es wurde überdies begonnen zu prüfen, ob die Methode der Cysteinsupplementierung auch
bei anderen Erkrankungen mit abnormal niedrigen Plasma-Cystin-Spiegeln und verminderten immunologischen
Funktionen von Nutzen sein kann [5,6]. Im Zusammenhang mit Untersuchungen zur Pathogenese von chronisch
entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn und
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Colitis ulcerosa) wurde schließlich gefunden, daß eine
Thiol-vermittelte Redoxregulation auch in der Regulation
von intestinalen Lamina propria T-Lymphozyten eine Rolle
spielt [7].
Publikationen (* = externer Koautor)
[1] Breitkreutz, R., *Holm, S., Pittack, N., *Beichert, M., Babylon,
A., *Yodoi, J., and Dröge, W.: Massive loss of sulphur in HIV
infection. AIDS Res. Hum Retrovir. 16: 203-209 (2000).
[2] Dröge, W. and Breitkreutz, R.: Glutathione and immune
function. Proc. Nutr. Soc.59: 595-600 (2000).
[3] Breitkreutz, R., Pittak, N., *Nebe, C.T., *Schuster, D., *Brust,
J., *Beichert, M., Hack, V., *Daniel, V., Edler, L., and Dröge, W.:
Improvement of immune functions in HIV infection by sulfur
supplementation. - Two randomized trials. J. Mol. Med. 78: 55-62
(2000).
[4] Breitkreutz, R., Wagner, J., *Tokus, M., Brenner, A., Singer,
M.V., *Pittack, N., Stein, J., Dröge, W., and *Holm, E.: Flux of
amino acids and energy substrates across the peripheral tissues
in symptomatic HIV-infection: indication of a slow protein wasting
process. J. Mol. Med. 79: 671-678 (2001).
[5] Heller, A.R., Groth, G., Heller, S.C., Breitkreutz, R., Nebe, T.,
Quintel, M., and Koch, T.: N-acetylcysteine reduces respiratory
burst but augments neutrophil phagocytosis in intensive care unit
patients. Crit. Care Med. 29: 272-276 (2001).
[6] *Zapletal, C.M., *Taut, F.J.H., Breitkreutz, R., Thies, J.C., Martin, E., and Dröge, W.: Influence of N-acetylcysteine on hepatic
amino acid metabolism in patients undergoing orthotopic liver
transplantation. Transpl. Int. 14: 329-333 (2001).
[7] *Sido, B., *Braunstein, J., Breitkreutz, R., *Herfarth, C., and
*Meuer, S.C.: Thiol-mediated redox regulation of intestinal lamina
propria T lymphocytes. J. Exp. Med. 192: 907-912 (2000).
Die Rolle des Redoxstatus im Alterungsprozeß und beim körperlichen Verfall von Krebspatienten. - Untersuchungen zur therapeutischen Anwendung von N-Acetyl-Cystein
und anderen Cystein-Derivaten (G02007)
W. Dröge, R. Breitkreutz, W. Hildebrandt
In Zusammenarbeit mit H. Röhrer, Onkologische Schwerpunktpraxis, Ihringen
Das Verhältnis der Cystin-Konzentration zur säurelöslichen Thiol-Konzentration im Blutplasma ist ein relativ einfach zu ermittelnder Indikator des Redoxstatus. Mit zunehmendem Alter steigt dies Verhältnis stark an, da insbesondere der Plasma-Cystin-Spiegel zwischen der dritten und
zehnten Lebensdekade fast um den Faktor 2 ansteigt
[1,2].
Verschiedene Untersuchungen aus den letzten Jahren
deuten darauf hin, dass die oxidative Verschiebung im
Plasma-Thiol/Disulfid Redoxstatus eine Rolle in verschiedenen im Alter gehäuft auftretenden Erkrankungen spielen
und letztlich für wichtige Aspekte des Alterungsprozesses
verantwortlich sind [3]. Methoden, um den Plasma-Redoxstatus in älteren Menschen und bei Krebspatienten zu korrigieren, werden z.Zt. schwerpunktmäßig in dieser Abteilung untersucht, um 1.) die oben genannte Hypothese zu
testen, und 2.) um zu ermitteln, ob solche Ansätze geeignet sind, die Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern [3].
Abteilung G0200
Immunchemie
Albumin ist eine der quantitativ wichtigsten Redoxpuffer im
Plasma und seine Konzentration ist signifikant mit dem
Plasma-Redoxstatus korreliert [3]. Während verschiedene
frühere Versuche, durch Ernährungstherapie den Albuminspiegel zu heben, nicht erfolgreich waren, haben wir in
verschiedenen Studien gefunden, dass durch Behandlung
mit N-Acetylcystein, d.h. einer Redox-oerientierten therapeutischen Intervention, der Albuminspiegel signifikant erhöht werden kann [3,4].
Da der Sauerstoffpartialdruck im Blut durch Chemorezeptoren erfasst wird, welche zur Regulation der Atmungsaktivität und der Blutbildung beitragen, haben wir u.a. auch
die Hypothese untersucht, dass der “hypoxische ventilatorische Response” und die Produktion von Erythropoietin
durch Veränderungen des Plasma Thiolspiegels beeinflusst werden. In der Tat haben wir zeigen können, dass
beide physiologische Reaktionen durch eine orale Behandlung mit N-Acetylcystein signifikant verstärkt werden
und dass der hypoxische ventilatorische Response mit
dem Plasma-Thiol/Disulfid-Redoxstatus korreliert ist [5,6].
Wegen der besonderen Rolle des Carnitins für die Mitochondrien haben wir u.a. auch die Rolle des Carnitins auf
die intramuskulären Glutathionspiegel sowie auf die muskuläre Aufnahme der Glutathion-Vorläufer-Substanz Glutamat in einer klinischen Studie untersucht [7].
Publikationen (* = externer Koautor)
[1] Dröge, W., Hack, V., Breitkreutz, R., *Holm, E., *Holm, S., and
Kinscherf, R. Antioxidants in senescence and wasting. In:
Antioxidant and Redox Regulation of Genes. C.K. Sen, H. Sies,
and P.A. Baeuerle (eds.), Academic Press 2000, p. 531-556.
[2] Hildebrandt, W., Kinscherf, R., Hauer, K., *Holm, E., and
Dröge, W. Plasma cystine concentration and redox state in aging
and physical exercise. Mechanisms of Ageing and Development
(2002), in press.
[3] Dröge, W. The plasma redox state and aging. Aging Research
Reviews 1:257-278 (2002).
[4] Breitkreutz, R., *Pittak, N., *Nebe, C.T., *Schuster, D., *Brust,
J., *Beichert, M., Hack, V., *Daniel, V., Edler, L., and Dröge, W.
Imrovement of immune functions in HIV infection by sulfur
supplementation. - Two randomized trials. J. Mol. Med. 78: 55-62
(2000).
[5] Hildebrandt, W. and Dröge, W. Thiol-mediated redox
regulation. Forum of Nutrition (2002), in press.
[6] Hildebrandt, W., *Alexander, S., *Bärtsch, P., Dröge, W.: Effect
of N-acetylcysteine on the hypoxic ventilatory response and
erythropoietin productoin: linkage between plasma thiol redox
state and O2-chemosensitivity. Blood 99: 1552-1555 (2002).
[7] Breitkreutz, R., Babylon, A., Hack, V., *Schuster, K., *Tokus,
M., *Boehles, H., *Hagmüller, E., Edler, L., *Holm, E., and Dröge,
W. Effect of carnitine on muscular glutamate uptake and
intramuscular glutathione in malignant diseases. British Journal of
Cancer 82: 399-403 (2000).
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
331
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Abteilung G0300
Immungenetik
Abteilung: Immungenetik (G0300)
Leiter: Prof.Dr. Peter H. Krammer
Wissenschaftliche Mitarbeiter
Dr. Sylvane Desrivières
Dr. Sören Eichhorst
Dr. Bernd Elser
Dr. Kerstin Herzer
Dr. Sabine Kirchhoff
Dr. Inna Lavrik
Dr. Min Li-Weber
Dr. Ana Martin-Villalba
Dr. Susanne Muerköster
Dr. Ute Sartorius
Dr. Andreas Strecker
Dr. Henning Schulze-Bergkamen
Dr. Henning Walczak
Gastwissenschaftler
Dr. Nobuaki Nakayama
Dr. Toshifumi Shinbori
Doktoranden
Sven Baumann
Anne Grosse-Wilde
Susanne Kleber
Elena Ritsou
Martin Sprick
Cecilia Zuliani
Technische Assistenten
Marco Giaisi
Sibylle Klevenz
Wolfgang Müller
Simone Parg
Heiko Stahl
Dorothee Süss
Cornelius Fritsch
Frederik Igney
Andreas Krüger
Ingo Schmitz
Heiko Weyd
Irmgard Hefft
Dorothee Koppenhöfer
Ursula Matiba
Eva Rieser
Christine Stumpf
Monika Walker
Die Abteilung Immungenetik erforscht das Wachstum normaler und bösartig entarteter Lymphozyten. Modellhaft
stehen hierbei zwei Themengebiete im Vordergrund:
1. Die Untersuchung der molekularen Mechanismen der
Regulation der von Lymphozyten sezernierten Wachstumsfaktoren, der Zytokine, wie dem Interleukin 4, und
2. Untersuchungen mit Hilfe von programmiertem Zelltod,
Apoptose, Zellwachstum zu stoppen.
Das Zytokin Interleukin 4 ist unter anderem wichtig für das
Wachstum von T-Lymphozyten. Die Expression des Interleukin 4 Gens unterliegt komplizierten, negativen und positiven Kontrollmechanismen. Die Aufklärung der Vorgänge
bei der Regulation der Expression des Interleukin 4 Gens
wird Aufschlüsse über Regulationsmechanismen der Expression anderer wichtiger Zellwachstumsgene liefern.
Darüber hinaus sind diese Untersuchungen die Grundlage
für ausgedehnte Studien zur Biologie von Interleukin 4.
Apoptose ist die häufigste Form von natürlichem Zelltod im
Organismus. Es ist das Ziel der Abteilung, die extrazellulären und intrazellulären Signale für Apoptose zu verstehen
um Apoptose dann therapeutische gezielt in Tumorzellen
einzusetzen. Der Einsatz modernster immunologischer,
zellbiologischer und gentechnologischer Methoden und
die Kooperation zwischen Grundlagenforschung und Klinik
ist nötig, um herauszufinden, warum Tumoren resistent
gegenüber der Induktion von Apoptose und damit möglicherweise therapierefraktär sind.
Elektronik-Techniker
Hanspeter Götz
Spülküche
Irmgard Black
332
Christa Kremer
Sekretariat
Heidi Sauter
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Biologie von IL-4 und transkriptionelle
Regulation der IL-4 Genexpression in
T-Zellen
M. Li-Weber und P.H. Krammer
T-Helfer-Zellen (Th-Tellen) spielen durch die Synthese und
Sekretion von Zytokinen eine Schlüsselrolle in der Immunantwort. Aufgrund ihres Zytokinprofils und ihre funktionellen Eigenschaften unterscheidet man zwei Klassen von
Th-Zellen: Die Th1-Zellen synthetisieren Interleukin-2
(IL-2), Interferon-g (IFN-g), Tumornekrosefaktor (TNF) und
ermöglichen damit die zellvermittelte Immunantwort. Th2Zellen produzieren IL-4, IL-5, IL-6, IL-9, IL-10 sowie IL-13
und unterstützen die humorale Immunantwort. Der Charakter der Immunantwort wird grundlegend durch das
unterschiedliche Zytokinprofil der T-Helfer-Zell-Klassen beeinflußt.
IL-4 übt zahlreiche Effekte auf T- und B-Lymphozyten, NKZellen, Mastzellen und Zellen des inflammatorischen, sowie hämatopoetischen Systems aus. IL-4 spielt eine große
Rolle bei allergischen Reaktionen und beim Switch der Immunglobulin-Klassen von IgG1 zu IgE. Eine besondere
Rolle spielt IL-4 bei der Entwicklung von Th2-Zellen. In Abwesenheit von IL-4 entwickeln sich naive Th-Zellen vornehmlich zum Th1-Phänotype. Aufgrund der immunmodulatorischen Eigenschaften von IL-4 haben wir die transkriptionelle Regulation des humanen IL-4-Gens untersucht.
Die Kenntnis der molekularen Mechanismen der IL-4-Genexpression könnte daher zur Entwicklung einer Immuntherapie beitragen.
Ein weiteres Projekt beschäftigt sich mit der Erwachsenen
T Zell Leukämie.
Die Erwachsenen T Zell Leukämie wird durch Infektion mit
dem humanen T Zell Virus Typ 1 (HTLV-1) verursacht. Es
wurde gezeigt, das der HTLV-1 kodierte Transaktivator Tax
viele zelluläre Gene, die Zytokin-Gene IL-1a, 2, 5, 6, 8, 10
und 15 aktiviert. Da T Zell Wachstum und Differenzierung
hauptsächlich durch Zytokine, die während einer Immunantwort exprimiert werden, reguliert werden, ist es möglich, dass die transkriptionelle Aktivierung von Zytokin-Genen durch Tax einer der Gründe für die Expansion der THelferzellen ist und zur Entwicklung der ATL beiträgt. Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass das IL-4R/IL-4
System an der Etablierung der Leukämie durch Induktion
von Proliferation der T Zellen beteiligt ist. Daher haben
wir untersucht, ob Tax auch die IL-4 Expression beeinflusst. Wir konnten zeigen, dass rekombinantes Tax Protein die Sekretion von IL-4 in humanen peripheren T Zellen
verstärkt. Transfektionsstudien zeigen, dass Überexpression von Tax die Aktivität des IL-4 Promotors entscheidend
verstärkt. Der IL-4 Promotor beinhaltet ein starkes NF-IL6
(PRE-I) Element und eine NF-AT/NF-kB überlappende
Seite (P1 Element). Wir konnten zeigen, dass die Expression von Tax die Bindung von NF-IL6 an das PRE-I Element stimuliert und, daraus folgend, die von PRE-I vermittelte transkriptionelle Aktivität verstärkt.
Abteilung G0300
Immungenetik
Publikationen:
Hehner, S. P., Li-Weber, M., Giaisi, M., Dröge, W., Krammer, P. H.
and Schmitz, M. L.: Vav Synergizes with Protein Kinase CQ to
Mediate IL-4 Gene Expression in Response to CD28
Costimulation in T Cells. J. Immunol., 2000, 164:3829-3836.
Li-Weber, M., Giaisi, M., Chlichlia, K., Khazaie K., and Krammer,
P. H.: Human T-cell leukemia virus type I Tax enhances
interleukin-4 gene expression in T cells.Eur. J. Immunol. 2001,
31:2623-2632.
Apoptose
P.H. Krammer, S. Baumann, S. Desrivières,
S. Eichhorst, B. Elser, C. Fritsch, A. Grosse-Wilde,
K. Herzer,F. Igney, S. Kirchhoff, S. Kleber,A. Krüger,
I. Lavrik, M. Li-Weber,A. Martin-Villalba,
S. Muerköster, E. Ritsou, U. Sartorius, I. Schmitz,
M. Sprick, A. Strecker, H. Schulze-Bergkamen,
H. Walczak, H. Weyd, C. Zuliani
Todesrezeptoren
Mit CD95 (APO-1/Fas) wurde 1989 zum ersten Mal ein
Zelloberflächenrezeptor beschrieben, der in der Lage ist,
Apoptose auszulösen (Trauth et al., 1989, Science
245:301-305; Oehm et al., 1992, J. Biol. Chem. 267:
10709-10715). CD95 ist ein differentiell glykosyliertes Typ
I-Transmembranprotein mit einer molekularen Masse von
42 - 52 kDa, das in den meisten Säugetiergeweben exprimiert wird. Neben der Transmembranform gibt es auch
lösliche Formen des Rezeptors (Splice Varianten). CD95
gehört zur NGF-/TNF-Rezeptorfamilie. Charakteristisch für
diese Familie sind zwei bis sechs extrazelluläre cysteinreiche Domänen. Die biologischen Effekte, die von den
Rezeptoren dieser Familie vermittelt werden, sind sehr
unterschiedlich: Sie umfassen so verschiedene Prozesse
wie Differenzierung, Proliferation, Aktivierung oder Apoptose. Tabelle 1 fasst die bisher identifizierten humanen Mitglieder der NGF-/TNF-Rezeptor-Superfamilie zusammen.
Tab. 1: Die Mitglieder der TNF-Rezeptor-Familie
Name
Alternative Bezeichnungen
CD95
APO-1, Fas
TNF-RI
CD120a
TNF-RII
CD120b
CD40
CD30
CD27
OX-40
ILA
4-1BB
NGF-R
DR3
APO-3, Wsl, TRAMP, LARD
HVEM
ATAR, TR2
GITR
TACI
TRAIL-R1
DR4, APO-2
TRAIL-R2
DR5, KILLER, TRICK2
TRAIL-R3
DR6, DcR1, LIT, TRID
TRAIL-R4
DcR2, TRUNDD
DR6
RANK
OPG
AITR
TR6
DcR3
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
333
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Eine Subfamilie der NGF-/TNF Rezeptor Superfamilie bilden die sogenannten Todesrezeptoren. Diese zeichnen
sich dadurch aus, daß sie Apoptose auslösen (Peter et al.,
1998; in: Apoptosis, Problems and Diseases. S. Kumar,
editor. Springer, Heidelberg. 25-63). Strukturell wichtig für
die Auslösung von Apoptose ist eine ungefähr 80 Aminosäuren lange intrazelluläre Domäne, die als Todesdomäne
(engl.: death domain, DD) bezeichnet wird. Diese Domäne
zeigt eine hohe Homologie bei allen Todesrezeptoren.
Todesrezeptoren wie CD95 und TNF-R1 können durch
agonistische, stimulierende Antikörper aktiviert werden.
Unter physiologischen Bedingungen aber werden die
Todesrezeptoren durch Bindung spezifischer Liganden aktiviert. Wie die Rezeptoren bilden auch die Liganden (mit
Ausnahme von NGF) eine Familie, die TNF-Familie (siehe
Tabelle 2). Der Ligand von CD95, CD95L (APO-1L/FasL),
ist ein glykosyliertes Typ II-Transmembranprotein mit einer
molekularen Masse von 40 kDa. Im Gegensatz zu CD95
ist die Expression von CD95L auf aktivierte T-, B-, und NKZellen, sowie auf Zellen einiger nichtlymphoider Organe
wie Hoden und die vordere Augenkammer beschränkt.
Ferner wurde die Expression von CD95L in verschiedenen
neoplastischen Zellen gezeigt. Neben der membranständigen wurde auch eine lösliche Form von CD95L beschrieben, die dadurch entsteht, daß eine Metalloprotease
CD95L oberhalb der Zellmembran abschneidet (Mariani et
al., 1995, Eur. J. Immunol. 25:2303-2307).
334
Tab. 2: Die Mitglieder der TNF-Familie
Name
Alternative Bezeichnung
CD95L
FasL, APO-1L
TNFa
DIF Cachexin
LTa
TNFb
LTb
CD40L
TRAP, gp39
CD30L
CD27L
CD70
OX-40L
gp34, TXGP1
4-1BBL
TWEAK
APO-3L
LIGHT
TRAIL
APO-2L
RANKL
OPGL, TRANCE
APRIL
BAFF
TALL-1
HVEM-L
AITRL
THANK
Die physiologische Bedeutung der Apoptose
Apoptose spielt eine fundamentale Rolle im Organismus.
Sie ist verantwortlich für die Homöostase von Geweben
und für die Beseitigung von alten, verletzten, mutierten
oder “gefährlichen” Zellen. Im Immunsystem ist sie der
Hauptmechanismus, über den potentiell autoreaktive oder
nutzlose Immunzellen beseitigt werden. T-Zellen durchlaufen im Thymus die Prozesse der positiven und negativen Selektion. Durch negative Selektion findet die Eliminierung von T-Zellen statt, deren T-Zell-Rezeptoren (TCR)
Abteilung G0300
Immungenetik
mit Komplexen aus körpereigenen Peptiden und MHC reagieren und die damit potentiell autoreaktiv sind. Auf ähnliche Weise werden im Knochenmark B-Zellen mit einem
nichtfunktionellen B-Zell-Rezeptor durch Apoptose beseitigt. Auch werden nach dem Gipfel einer Immunantwort aktivierte T-Zellen, die nicht mehr benötigt werden, durch
Apoptose eliminiert. Dies bezeichnet man als aktivierungsinduzierten Zelltod (AICD) (Dhein et al., 1995, Nature
373:438-441). Beim Menschen wurden Mutationen des
CD95-Systems beschrieben. Sie führen zur Ausbildung eines Autoimmun-Lymphoproliferativen Syndroms (ALPS)
oder Canale Smith Syndrome, das eine massive Lymphadenopathie, die Akkumulation von nicht-malignen T-Zellen und Anzeichen von Autoimmunität zeigt. Diese Krankheitsbilder und der Sterbedefekt der T-Lymphozyten verdeutlichen, dass das CD95-System maßgeblich an der
Apoptose im Immunsystem beteiligt ist.
Folgerungen für Pathomechanismen von
Erkrankungen
Die Aufklärung der Funktion des CD95-Systems hat Konsequenzen für das Verständnis der Entstehung von Krankheiten, die durch “zuviel” oder durch “zuwenig” Apoptose
gekennzeichnet sind. Außer bei genetischen Defekten des
CD95-Systems bei Maus und Mensch und den daraus
resultierenden Autoimmunphänomenen gibt es bisher
noch keine direkten Hinweise auf seine Störungen bei
Autoimmunerkrankungen. Da jedoch das CD95-System an
Immunregulation und peripherer Selbsttoleranz beteiligt
ist, könnten sich bestimmte pathologische Konstellationen
durch “zu wenig”Apoptose auszeichnen. Die Störungen
könnten sich auch im Bereich der Regulatormoleküle finden und eine defekte Signalgebung verursachen. Die Entstehung von Autoimmunkrankheiten könnte man sich
schließlich folgendermaßen vorstellen. Ständig präsente
Autoantigene bewirken eine permanente Stimulation von
autoreaktiven T-Zellen. Aufgrund der permanenten Stimulation schalten die T-Zellen den Apoptosesignalweg auf resistent, können nicht mehr absterben und schädigen den
Organismus durch Sekretion inflammatorischer Zytokine.
Auch die Massenzunahme von Tumoren ist erklärbar als
die Summe von ungesteuertem Wachstum und reduziertem Zellsterben durch eine verminderte Apoptoserate. Hier
könnten intrazelluläre anti-apoptotische Programme, die
durch genetische Veränderungen aktiviert sind, die Apoptosesensitivität negativ beeinflussen und bei der Tumorentstehung und bei der Resistenzentwicklung von Tumoren, z.B. im Verlauf einer Chemotherapie mitwirken .
“Zuviel” Apoptose findet sich z.B. bei manchen Erkrankungen der Leber. Es gibt Hinweise, daß bei der Hepatitis,
spezifische anti-virale T-Zellen die Virus-befallenen CD95
positiven Leberzellen angreifen und durch CD95L abtöten.
Bei der Leberschädigung durch Alkohol findet sich sogar
CD95L -Produktion in CD95positiven Leberzellen selbst.
So läßt sich spekulieren, daß toxische Alkoholabbauprodukte ein CD95-abhängiges Apoptoseprogramm, das zur
Selbstzerstörung der Leberzellen führt, anschalten.
Auch bei AIDS findet sich mit Progression der Erkrankung
eine gesteigerte Apoptose der Lymphozyten. Hier ist die
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Frage, ob eine gesteigerte Apoptose neben direktem
Virusbefall eine der Ursachen für die T-Helferzelldepletion
ist. Es gibt Hinweise darauf, daß bei HIV-infizierten Personen die durch das CD95/CD95L-System vermittelte Apoptose krankhaft gesteigert ist. Allerdings wurden auch
CD95-unabhängige Mechanismen beschrieben, die zur
verstärkten Apoptose von Lymphozyten bei AIDS beitragen können. Die Steigerung der CD95-vermittelten Apoptose findet sich auch in nicht-Virus-infizierten Zellen.
Generell ist in HIV-infizierten Personen sowohl die Expression von CD95 auf T-Lymphozyten als auch die Produktion
von CD95L stark erhöht. In Modellsystemen mit virusinfizierten T- Lymphozyten in der Zellkultur konnte gezeigt
werden, daß die Steigerung der CD95-vermittelten Apoptose u.a. durch eine durch virale Genprodukte erhöhte
CD95L-Produktion zustandekommt. Entscheidend hierfür
ist das in virusinfizierten Zellen produzierte Molekül Tat.
Tat kann von virusinfizierten T-Lymphozyten ausgeschieden und von nichtinfizierten T-Zellen aufgenommen werden. Auch in diesen T-Zellen sensibilisiert Tat die CD95vermittelte Apoptose und könnte so zum Tod und zur
Depletion auch nichtinfizierter aktivierter T-Zellen beitragen. Ebenfalls verstärkend auf diesen Vorgang wirkt sich
der Effekt eines Proteins der Virushülle, gp120, aus.
Gp120 bindet an den CD4 Rezeptor von T-Helferzellen
und sensibilisiert die CD95-vermittelte Apoptose besonders in diesen Zellen. Das molekulare Verständnis dieser
Zusammenhänge läßt die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze erhoffen. Noch ist keine direkte, ausreichend erfolgreiche Therapie zur Eliminierung der infizierenden Viren in Sicht. Deshalb zielen solche Ansätze darauf, durch Neutralisierung der Tat- oder gp120-Effekte die
CD95-vermittelte Apoptose auf Normalmaß zu reduzieren
(Berndt et al., 1998; Proc. Natl. Acad. Sci. U. S. A.
95:12556-12561; Westendorp et al., 1995, Nature 375:
497-500; Debatin et al., 1994, Blood 83:3101-3103).
Schließlich scheint das CD95 System auch bei der Entwicklung von Leberschäden (Galle et al., 1995, J. Exp.
Med. 182:1223-1230; Strand et al., 1998, Nat. Med. 4:588593) und neurodegenerativen Erkrankungen wie Multipler
Sklerose beteiligt zu sein.
Die Signaltransduktion von CD95 und der Todinduzierende Signalkomplex
Die Aggregation der Todesdomänen von CD95 ist für die
Übermittlung des apoptotischen Signals essentiell. Da der
intrazelluläre Teil von CD95 selbst keinerlei enzymatische
Funktion aufweist, muss das Signal durch rezeptorassoziierte Moleküle übertragen werden. Die Identifizierung von
Proteinen, die stimulationsabhängig nur an kreuzvernetztes CD95 binden, hat dieses Konzept bestätigt (Kischkel
et al., 1995, EMBO J. 14:5579-5588). So konnte gezeigt
werden, daß verschiedene Proteine nur an stimulierte
CD95 Rezeptoren binden. Der Komplex zwischen aktivierten CD95 Rezeptoren und den assoziierten Signalmolekülen wurde Tod-induzierender Signalkomplex genannt
(death-inducing signaling complex, DISC).
Die Bildung des DISC ist wie die Signaltransduktion von
intakten Todesdomänen abhängig (Kischkel et al., 1995,
EMBO J. 14:5579-5588). Damit war eine erste Korrelation
Abteilung G0300
Immungenetik
zwischen der Bildung des DISC und der Übertragung des
apoptotischen Signals gegeben. Zunächst werden die Adapter FADD/MORT-1 in den DISC rekrutiert. Dies passiert
durch homologe Interaktion der Todesdomäne (death
domain, DD) von FADD mit den DD von trimerisierten
CD95-Rezeptoren. FADD hat aber auch noch eine sogenannte Todeseffektordomäne (death effector domain,
DED). Damit attrahiert es Procaspase 8 (ein Eiweiß spaltendes Enzym; vide infra) in den DISC. Dies geschieht
wieder durch homologe Interaktion mit der DED von Procaspase 8. Dieses Proenzym (Zymogen) wird nun autokatalytisch gespalten und am DISC in aktives Enzym, die
Caspase 8, überführt. Dies ist die erste Caspase einer
Caspasenkaskade (Tabelle 3), weswegen sie auch Initiatorcaspase genannt wird. Aktive Caspase 8 spaltet und aktiviert dann weitere Caspasen (Effektorcaspasen), die
schließlich zelluläre Substrate spalten. Die Spaltung dieser zellulären Substrate bestimmt das morphologische und
biochemische Bild der Apoptose.
Tab. 3: Die Mitglieder der Caspasen-Familie
Name
Alternative Bezeichnung
Caspase-1
ICE
Caspase-2
ICH-1, Nedd-2
Caspase-3
CPP-32, Yama, Apopain
Caspase-4
ICH-2, TX, ICE-rel-II
Caspase-5
ICE-rel-III, TY
Caspase-6
Mch2
Caspase-7
Mch3, ICE-LAP3, CMH-1
Caspase-8
FLICE, MACH, Mch5
Caspase-9
Mch6, ICE-LAP6
Caspase-10
Mch4, FLICE2
mCaspase-11
mICH-3, mCASP-11
mCaspase-12
mCASP-12
Caspase-13
ERICE
Caspase-14
Die FLIP Moleküle
CD95 Rezeptoren sind auf den meisten Zellen exprimiert,
und das Apoptoseprogrammm ist den meisten Zellen inhärent. Dies ist eine gefährliche Situation die bedingt, dass
die Auslösung von Apoptose streng reguliert werden muß
und dass es potente inhibitorische Mechanismen geben
muß. Modulation und besonders Hemmung von Apoptose
kann auf vielen verschiedenen Ebenen stattfinden. Nur
zwei sollen hier diskutiert werden. Eine Ebene sind die
Mitochondrien, an denen Mitglieder Bcl-2 Familie wirken
(vide infra). Allgemein existiert das Prinzip der Mehrfachsicherung. Daher ist eine andere Ebene der Sicherung die
des DISC, also direkt am Beginn der Apoptosesignalkaskade.
Unter dem Namen FLIP, Casper, I-FLICE, FLAME-I,
CASH, CLARP, MRIT und Usurpin wurden Moleküle beschrieben, die eine Homologie mit der DED zeigen und
deren pro-oder anti-apoptotische Funktion noch nicht ganz
geklärt ist. Werden die FLIPS von Viren (z.B. Herpes Virus) gemacht, heißen sie v-FLIPs, werden sie von Zellen
gemacht, heißen sie c-FLIPs (c für cellular). C-FLIPs gibt
es als c-FLIPs (s für short) und c-FLIPl (l für long). In artifiziellen Systemen in der Gewebekultur, experimentell
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
335
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
überexprimiert in Zellen, aber vielleicht auch natürlich in
Geweben verhindern sie die Apoptose, indem sie Rekrutierung von Caspase8 in den DISC und deren Aktivierung
verhindern [FLIP steht für FLICE (dem ursprünglichen Namen von Caspase8)inhibitory protein]. Vielleicht gebrauchen Viren die v-FLIPs, um Apoptose zu verhindern, und
um damit Virusproduktion zu erhalten. Mit Sicherheit sind
die c-FLIPs wichtige Modulatoren der Apoptose (Scaffidi et
al., 1999, J. Biol. Chem. 274:1541-1548).
Die Bcl-2-Familie
Eine prominente Rolle in der Regulation der Apoptose
spielen die Proteine der Bcl-2-Familie, deren Namensgeber ursprünglich das Onkogen bcl-2 war, das als Folge
einer chromosomalen Translokation in B-Zell-Lymphomen
überexprimiert ist. Im Gegensatz zu anderen Onkogenen
besteht die Funktion von Bcl-2 nicht darin, Proliferation zu
stimulieren, sondern Zellen vor Apoptose zu schützen. Die
Familie der Bcl-2-ähnlichen Proteine umfasst anti-apoptotische Moleküle (Bcl-2, Bcl-xL, Bcl-w, Mcl-1, A1/Bfl-1) und
Moleküle, die Apoptose auslösen oder verstärken können
(Bax, Bak, Bcl-xS, Bad, Bid, Bik, Bim, Hrk, Bok)
Für Bcl-2 gibt es widersprüchliche Berichte über seine Fähigkeit, CD95-vermittelte Apoptose zu inhibieren. Die Berichte reichen von Inhibition über einen partiellen Effekt bis
hin zu keiner beobachteten Wirkung von Bcl-2 auf CD95vermittelte Apoptose. Neuere Ergebnisse zeigen, dass
Bcl-2 die Signalgebung in sog. Typ I Zellen, die auf der
oben beschriebenen Caspasenkaskade beruht, nicht
hemmt (Scaffidi et al., 1998, EMBO J. 17:1675-1687;
Scaffidi et al., 1999, J. Biol. Chem. 274(32), 22532-8).
Wohl aber hemmt es die Signalgebung in sog. Typ II Zellen, bei denen (vide infra) die Mitochondrien im Mittelpunkt
stehen. Hiermit bekommt auch die Lokalisation von Bcl-2
in der Mitochondrienmembran einen Sinn.
336
In Typ II Zellen ist die DISC Bildung und die Caspase 8
Aktivierung aus bisher unbekannten Gründen nicht ausreichend, um eine Caspasenkaskade zur Apoptosesignalgebung zu ermöglichen. Das hier zu beobachtende Signal
muß also verstärkt werden. Dies geschieht durch Spaltung
von BID, einem Mitglied der Bcl-2 Familie, und Überführung in gespaltenes BID. Das gespaltene BID “aktiviert”
nun die Mitochondrien (vide infra), die Cytochrom C freisetzen, das komplexiert mit zytoplasmatischen APAF-1
und ATP das “Apoptosom” bildet, das zur Attraktion und
Aktivierung von Caspase 9 führt, die schließlich weitere
Effektorcaspasen aktiviert. Insgesamt spielen also bei diesem Apoptosesignalweg die Mitochondrien eine wesentliche Rolle (Scaffidi et al., 1998, EMBO J. 17:1675-1687).
Die Rolle der Mitochondrien in der Apoptose
Neuere Studien haben Mitochondrien zu einem zentralen
Bestandteil der Apoptose gemacht. So kann während der
Apoptose ein Abfall des mitochondrialen Transmembranpotentials (DYm) noch vor der DNA-Fragmentierung beobachtet werden. Verursacht wird dieser Abfall des Transmembranpotentials durch einen Vorgang, den man Permeabilitäts-Transition (PT) nennt und der durch das Öffnen von Poren der inneren Mitochondrienmembran gekennzeichnet ist. Ein weiterer Faktor, der neben AIF von
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Immungenetik
“apoptotischen Mitochondrien” freigesetzt wird, ist Cytochrom c . Ins Cytoplasma freigesetzt, trägt Cytochrom c
zur Caspasenaktivierung bei. Der Mechanismus der Cytochrom c-induzierten Caspasenaktivierung wurde mittels
zellfreier Systeme aufgeklärt und führte zu der Identifizierung des menschlichen CED-4 Homologs Apaf-1. Cytochrom c bindet an Apaf-1, welches unter Verbrauch von
ATP zur Aktivierung von Caspase-9 führt, was die Aktivierung weiterer Caspasen zur Folge hat und letztlich zur
DNA-Fragmentierung führt.
Zusammenfassend gibt es also mehrere Apoptosesignalwege mit folgenden Signalschritten: 1. Einen Signalweg
mit Todesrezeptoraktivierung, DISC Bildung, Caspasenkaskade und Spaltung zellulärer Substrate (in Typ I Zellen), 2. einen Signalweg mit “wenig” DISC Bildung, einer
Signalamplifikation über BID (gespalten) aktivierte Mitochondrien, der Bildung eines Apoptosoms und folgender
Effektorcaspasenaktivierung (in Typ II Zellen) und 3. einen
Signalweg, bei dem AIF aus den Mitochondrien freigesetzt
wird, das Caspasen unabhängig wirkt.
Die Aufklärung der Signalwege und die Charakterisierung
der bei ihnen wichtigen molekularen Interaktionsmechanismen hat Konsequenzen für die Erklärung der Pathogenese vieler Erkrankungen. Darüber hinaus stehen uns nun
Moleküle aus den Signalwegen zur Verfügung, die das
Ziel therapeutischer Interaktionen sein können.
T Zellen und Apoptose
Um das Phänomen der Kostimulation zu untersuchen,
wurden zunächst humane primäre T-Zellen isoliert. Kinetiken zeigten, daß die Sensitivität gegenüber TCR/CD3Aktivierung 5 Tage nach T-Zellaktivierung am größten war.
Die kostimulatorischen Effekte hinsichtlich “survival” waren
am deutlichsten im Zeitraum zwischen 48 und 72 Stunden
nach CD28 Kostimulation, das heißt vom Tag 5 bis zum
Tag 8 [1]. Interessanterweise zeigten CD28 kostimulierte
T-Zellen auch eine Protektion gegenüber CD95 induziertem Zelltod [2].
Die Messung der Expression der CD95 Liganden mRNA
Expression in peripheren T-Zellen am Tag 5 der Kinetik
mittels RT-PCR ergab eine deutliche Reduktion nach
CD28 Kostimulation. Auch auf Proteinebene konnte einen
Reduktion des CD95L nachgewiesen werden. Parallel
hierzu wurden periphere T-Zellen mit einem Reporterkonstrukt, das die ersten 860 Nukleotide des CD95 Ligandenpromotors vor dem Luciferasegen enthält, am Tag 5
transient transfiziert. Nach Induktion von CD3 von Tag 6
nach Tag 7 wurde eine Induktion des Reporters nachgewiesen. In Gegenwart von aktiviertem CD28 konnte auch
hier die Induktion reprimiert werden [1]. Desweiteren induziert CD28 Kostimulation die Bildung einer CD95 Ligandenform, die evtl. dem löslichen Liganden entspricht. Die
Funktion dieser CD95L Form ist noch unklar.
Aus der Beobachtung, daß sowohl TCR/CD3 als auch
CD28 kostimulierte T-Zellen den CD95 Signalweg hemmen, konnte geschlossen werden, daß neben der Reduktion der Expression von CD95L auch innerhalb der Rezeptorsignaltransduktion eine Modifikation durch kostimulatorische Signale stattfindet. Wir konnten zeigen, daß das
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Tumorimmunologie
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Immungenetik
mitochondriale Membranpotential in Gegenwart von kostimulatorischen Signalen aufrecht erhalten wird. Eine
mögliche Erklärung hierfür ist die stark induzierte Expression von Bcl-xL [1].
[4] Kirchhoff, S., Sebens, T., Baumann, S., Krueger, A., Zawatzky,
R., Li-Weber, M., Meinl*, E., Neipel*, F., Fleckenstein*, B.,
Krammer P.H. Viral IFN Regulatory Factors (IRF) inhibit AICD via
two positive regulatory IRF-1 dependent domains in the CD95
ligand promoter. J Immunol 168, 1226-1234, 2002.
Zusätzlich konnten wir eine Reduktion der Procaspase-8
Aktivierung in CD28 kostimulierten T-Zellen nachweisen.
Eine mögliche Erklärung hierfür kann die Verstärkung des
Proteingehalts für c-FLIPs sein. Während man diese Variante von c-FLIP in nicht induzierten T-Zellen nicht detektieren kann, führt die CD3 Aktivierung zu einer Induktion,
die in Gegenwart von CD28 noch verstärkt wird. Wir konnten nachweisen, daß c-FLIPS nach CD28 Kostimulation in
primären T-Zellen in den DISC rekrutiert wird. Interessanterweise wird die Menge an c-FLIPL nicht beeinflußt. Die
Spaltung von c-FLIPL wird jedoch in Gegenwart von
c-FLIPS verhindert [1, 4, 7].
[5] Krueger, A., Baumann, S., Krammer, P.H. Kirchhoff, S. FLICEinhibitory proteins-regulators of death receptor-mediated
apoptosis. Mol Cell Biol 21, 8247-8254, 2001.
Wie bereits erwähnt wird durch TCR/CD3-Stimulation spezifisch c-FLIPS induziert, während die Menge an c-FLIPL
nicht verändert wird. Mit Hilfe von RT-PCR Experimenten
wurde eine Hochregulation der c-FLIPS mRNA detektiert,
während die mRNA für c-FLIPL konstant bleibt. Dies kann
auf eine Regulation des Splicings zurückzuführen sein. Da
die gesamt c-FLIP mRNA Menge damit auch erhöht ist,
scheint aber auch der FLIP-Promotor durch TCR/CD3 Stimulation aktiviert zu werden. Beide c-FLIP Splicevarianten
blockieren Apoptose, indem sie die Aktivierung von Procaspase-8 am DISC verhindern. Um potentielle Unterschiede im Wirkmechanismus zwischen c-FLIPS und
c-FLIPL nachzuweisen, wurde zunächst die kodierende Sequenz für c-FLIPS isoliert und in einen Expressionsvektor
kloniert. Nach der stabilen Transfektion in BJAB-Zellen
wurde das Spaltungsmuster von Procaspase-8 in Zellysaten und am DISC in Zellen, die entweder c-FLIPL oder
c-FLIPS exprimierten, verfolgt. Hiermit konnte gezeigt werden, daß c-FLIPS die Spaltung von Procaspase-8 am DISC
völlig verhindert, c-FLIPL jedoch den ersten Spaltungsschritt zuläßt [5].
[6] Krueger, A., Schmitz, I., Baumann, S., Krammer, P.H.,
Kirchhoff, S. c-FLIP splice variants inhibit different steps of
caspase-8 activation at the death-inducing signaling complex
(DISC). J Biol Chem 276, 20633-20640, 2001a.
[7] Schmitz, I., Kirchhoff, S., Krammer, P.H. Regulation of death
Receptor-mediated Apoptosis Pathways. Int. J. Biochem. and Cell
Biol. 32, 1123-1136 2000.
[8] Baumann, S., Hess, J., Eichhorst, S.T., Krueger, A., Angel, P.,
Krammer, P.H., Kirchhoff, S. Cutting Edge: A novel function for
FosB in activation-induced cell death in T cells. J. Immunol.
[9] Baumann, S., Krueger, A., Kirchhoff. S., Krammer, P.H. Regulation of T cell apoptosis during an Immune Response. Curr. Mol.
Med.
Zusammenfassend haben wir gefunden, daß Kostimulation von T-Zellen über CD28 die T-Zellrezeptor vermittelte
Apoptose auf verschiedenen Ebenen moduliert. Neben
der Reduktion des CD95L, kommt es zur Aufrechterhaltung des mitochondrialen Membranpotentials, vermutlich
durch Hochregulation von Bcl-xL. Desweiteren wird DISC
Aktivität reduziert, was sich in einer Inhibition der Procaspase-8 Spaltung ausdrückt .
Publikationen (* = externer Koautor)
[1] Kirchhoff, S., Müller, W.W., Li-Weber, M., Krammer, P.H. Upregulation of c-FLIPshort and regulation of activation-induced cell
death in CD28-costimulated human T cells. Eur. J. Immunol. 30,
2765-2774, 2000a.
[2] Kirchhoff, S., Müller, W.W., Krueger, A., Schmitz, I., Krammer,
P.H. TCR-mediated up-regulation of c-FLIPshort correlates with
resistance towards CD95-mediated apoptosis by blocking deathinducing-signaling complex activity. J. Immunol. 165, 6293-6300,
2000b.
[3] Kirchhoff, S., Krueger, A., Baumann, S., Krammer, P.H.,
Restimulation und CD28 Kostimulation induzieren die Expression
von c-FLIPshort und verhindern CD95 vermittelte Apoptose in T-Zellen. Immunologie Aktuell 1,117-118,2001
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
337
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
G0310
Apoptose Regulation
Arbeitsgruppe Apoptose Regulation (G0310)
Leiter: Dr. Henning Walczak*
Wissenschaftliche Mitarbeiter
Dr. Tom Ganten*
Dr. Anne Große-Wilde*
Dr. Ronald Koschny* (08/01-)
Carl Leonard* (11/00 - )
Dr. Evgeni Sagulenko* (10/00-)
Dr. Markus Weigand*
Doktoranden
Martin Sprick*
Manuela Schader *(02/01 - )
Daniela Willen *(10/00 - )
Diplomanden
Tobias Haas* (10/01 - )
Silke Maier* (11/00 - 04/01)
Technische Assistenten
Michaela Rapp* (01-12/01)
Claudia Rappl* (04/01 - )
Eva Rieser* ( - 10/01)
Heiko Stahl*
Sekretariat
Katharina Sporns (halbtags)
* Finanziert durch Drittmittel
338
Die Arbeitsgruppe Apoptoseregulation wurde im Mai 2000
gegründet, nachdem Dr. Henning Walczak den BioFuturePreis für sein Projekt “Neue Apoptosetargets” erhalten hat.
Apoptose ist ein fundamentaler biologischer Prozess. Unter physiologischen Bedingungen gibt es ein Gleichgewicht zwischen Zellwachstum und Zelltod. Dieses Gleichgewicht spielt eine entscheidende Rolle für den Erhalt der
Gewebshomöostase. Die Forschung der letzten Jahre hat
gezeigt, dass pathologische Änderungen der Apoptose
eine entscheidende Rolle für die Entwicklung und das
Fortbestehen einer ganzen Reihe von verschiedenen Erkrankungen, u.a. von Krebs und Autoimmunerkrankungen,
spielt. Dies führte dazu, dass die ersten rekombinanten
Apoptose-induzierenden und -inhibierenden Proteine als
spezifische therapeutische Agenzien eingesetzt werden,
um diese Krankheiten zu bekämpfen. Die Wissenschaftler
in der Arbeitsgruppe Apoptoseregulation untersuchen die
biochemischen Signalwege des Zelltodes durch Apoptose
und die therapeutischen Möglichkeiten, die sich durch die
Beeinflussung von Apoptose ergeben. Hierbei stehen zwei
Themen im Zentrum des wissenschaftlichen Interesses:
1. Das Verstehen der grundlegenden Mechanismen der
Apoptoseinduktion durch Mitglieder der Tumornekrosefaktor (TNF)-Familie, insbesondere des sogenannten
„TNF-verwandten Apoptose-induzierenden Liganden“
(“TNF-related apoptosis-inducing ligand“) TRAIL, die
physiologische Funktion des TRAIL/TRAIL-Rezeptorsystems und das therapeutische Potential der Apoptoseinduktion durch TRAIL bei Tumorerkrankungen;
2. Die Identifizierung und funktionelle Analyse neuer pround anti-apoptotischer Proteine und Bestimmung des
Potentials dieser Proteine als Therapeutika oder als
Zielstrukturen bei Erkrankungen mit dysregulierter
Apoptose.
Während der erste Themenkomplex bereits seit mehreren
Jahren im Fokus der Forschungstätigkeit des Grupenleiters und seiner Mitarbeiter stand, begannen die Untersuchung zu neuen Apoptoseproteinen im Jahr 2000, nachdem der BioFuture-Preis die Gründung der unabhängigen
Arbeitsgruppe Apoptoseregulation und somit eine Ausweitung der bisher auf das TRAIL-System fokussierten Forschungsaktivitäten ermöglichte.
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Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Das TRAIL-Apoptosesystem
H. Walczak
In Kooperation mit: C. T. Rauch, Immunex Corp., Seattle, WA,
USA; P. Juo und J. Blenis, Harvard Medical School, Boston, MA,
USA; S. J. Martin, Trinity College, Dublin, Irland; H. Kalthoff, Universität Kiel; M. Leverkus und E.Kämpgen, Universität Würzburg;
G. Schönrich, M. J. Raftery, F. Zipp, I. Bechmann und R. Nitsch,
Charité, Humboldt Universität, Berlin; M. Lutz, Universität Erlangen; K. Schulze-Osthoff und M. Los, Universität Münster; C. D.
Gerharz, Universität Düsseldorf; G. R. Screaton und A. K. Simon,
John Radcliffe Hospital, Oxford, Grossbritannien; M. Weller, Universität Tübingen; P. Möller, J. Sträter, S. Fulda, C. Beltinger und
K.-M. Debatin, Pathologie und Kinderklinik der Universität Ulm; P.
H. Krammer, E. Greiner und G. Schütz, DKFZ.
Es ist das Ziel der Arbeitsgruppe “Apoptoseregulation” die
grundlegenden biochemischen Mechanismen der TRAILinduzierten Apoptose aufzuklären, die Faktoren zu identifizieren, die Sensitivität versus Resistenz gegenüber
TRAIL-vermittelter Apoptose in normalen und in Tumorzellen regulieren, die physiologische Rolle des TRAIL-Systems zu erforschen und geeignete TRAIL-Rezeptor-Agonisten für die Krebstherapie zu identifizieren.
Im Dezember 1995 fanden Wiley et al. in einer öffentlich
zugänglichen Sequenzdatenbank ein neues Mitglied der
Tumornekrosefaktor (TNF)-Familie. Sie bezeichneten dieses Protein aufgrund seiner Eigenschaft Apoptose auslösen zu können als ”TNF-related apoptosis-inducing
ligand”, TRAIL. Dabei wurde ein interessantes Phänomen
sofort offensichtlich: TRAIL induzierte Apoptose in vielen
Tumorzelllinien, während normale, nicht-transformierte
Zellen entweder nicht durch TRAIL getötet wurden oder
eine sehr viel geringere Apoptosesensitivität aufwiesen als
die entarteten Zellen des gleichen Gewebetyps. Die anderen bekannten Apoptose-auslösenden Mitglieder der TNFFamilie, CD95L and TNF, sind toxisch, wenn sie systemisch verabreicht werden. Die Eigenschaft von TRAIL Tumorzellen, nicht aber normale Zellen zu töten, führte uns
dazu, das Antitumorpotential dieses Zytokins in vivo zu testen. Wir konnten zeigen, dass TRAIL in vivo in Tumorzellen Apoptose induziert ohne toxisch zu wirken und weitere
Studien haben ergeben, dass diese Antitumoraktivität synergistisch mit Chemotherapie und/oder Bestrahlung wirkt.
Auch hier war im Tiermodell keine Toxizität erkennbar.
Nachdem zunächst eine Lebertoxizität für den Menschen
angenommen wurde, geht man nun davon aus, dass Formen von TRAIL, die keine ProteinAggregate enthalten,
keine Toxizität aufweisen und daher für die klinische Anwendung entwickelt werden können.
Um ein neues Todesrezeptorligandensystem verstehen zu
können, benötigt man neben dem Liganden auch den Rezeptor. Die Suche nach dem Rezeptor für TRAIL endete
mit einem äußerst überraschenden Ergebnis: TRAIL bindet nicht nur an gleich zwei Apoptose-induzierende Rezeptoren (TRAIL-R1 and TRAIL-R2) sondern auch an drei
nicht Apoptose-induzierende Rezeptoren (TRAIL-R3,
TRAIL-R4 and OPG). Damit verfügt TRAIL über mehr Rezeptoren als alle anderen Mitglieder der TNF-Familie. Die
Komplexität dieses Rezeptor-Ligandensystems deutete
bereits seine biologische Vielseitigkeit an, jedoch war
selbst einige Zeit nach Entdeckung von TRAIL und seiner
G0310
Apoptose Regulation
Rezeptoren die physiologische Funktion dieses neuen
Apoptose-induzierenden Systems unbekannt. In diesem
Zusammenhang haben wir gezeigt, dass TRAIL keine Rolle beim aktivierungsinduzierten Zelltod von B-Zellen spielt
und auch der Zelltod einer Reihe anderer Zellen des
Immunsystems, die wir zunächst untersuchten, nicht durch
TRAIL vermittelt wird. In der letzten Zeit konnte in einer
Reihe von Studien nachgewiesen werden, dass TRAIL auf
der Oberfläche verschiedener Effektorzellen des Immunsystems exprimiert wird, u.a. auf Typ II Interferon (IFN-g)stimulierten Monozyten, Cytomegalovirus (CMV)-infizierten Fibroblasten, Typ I IFN (IFN-a and IFN-b)- oder TCRstimulierten T-Zellen, unstimulierten CD4+ T-Zellen, IFN-aund IFN-g-stimulierten sowie Masernvirus-infizierten dendritischen Zellen (DC) und natürlichen Killerzellen (NK). Interessanterweise war die funktionelle Expression von
TRAIL häufig mit Interferonstimulation assoziiert. Es ist
möglich, dass die antitumorale Wirkung der Interferone zumindest zum Teil durch Interferon-induziertes TRAIL vermittelt wird, das den direkten Tumorzelltod bewirkt. Unstrittig ist jedoch, dass die Hauptfunktion der Interferone in ihrer antiviralen Aktivität besteht. Es konnte gezeigt werden,
dass TRAIL spezifisch Apoptose in viral infizierten Zellen
induziert und nicht-infizierte Zellen verschont bleiben. Es
besteht daher die Möglichkeit, dass sich das TRAIL-Todessystem entwickelt hat, um virale Transformation zu kontrollieren. Die Tatsache, dass viele onkogen transformierte
Zellen ebenfalls sensitiv gegenüber TRAIL-induzierter
Apoptose sind, könnte daher eine vorteilhafte Nebenwirkung der Funktion des Abtötens viral transformierter Zellen
darstellen. Die Untersuchung von Mäusen, die defizient für
einen der TRAIL-Todesrezeptoren sind, wird eine genauere Untersuchung dieser Zusammenhänge ermöglichen.
Diese Mäuse wurden kürzlich in der Arbeitsgruppe Apoptoseregulation in Zusammenarbeit mit der Abteilung von
Prof. G. Schütz hergestellt und stehen der Arbeitsgruppe
nun zur Verfügung.
Die Deletion von T-Zellen durch Apoptose ist essentiell für
die Homöostase im Immunsystem. Bei peripheren T-Zellen
sind das CD95- und das TNF-System in den Deletionsprozess involviert. Zusammen mit unseren Kooperationspartnern konnten wir zeigen, dass TRAIL keine entscheidende
Rolle beim aktivierungsinduzierten Zelltod peripherer TZellen spielt und dass TRAIL nicht an der negativen Selektion autoreaktiver T-Zellen im Thymus beteiligt ist. Kürzlich
konnte allerdings gezeigt werden, dass vermutlich ein Defekt im TRAIL-Apoptoseweg peripherer T-Zellen bei
ALPS II-Autoimmunpatienten für die Erkrankung verantwortlich ist. Vor diesem Hintergrund kommt einer genauen
Untersuchung sowohl von Regulation und Funktionalität
der TRAIL-Rezeptoren auf peripheren T-Zellen als auch
des intrazellulären Apoptosesignalwegs in diesen Zellen
eine besondere Bedeutung zu.
Nach der molekularen Identifizierung von TRAIL und seiner fünf Rezeptoren wurde die Frage nach der TRAILSignaltransduktion zunächst in einer Reihe von Studien
vor allem durch Überexpression potentieller Interaktionspartner der TRAIL-Rezeptoren untersucht. Eine Analyse
des nativen Signalkomplexes, d. h. des Komplexes, der
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
339
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
340
G0310
Apoptose Regulation
sich ausbildet, wenn auf der Zelloberfläche die TRAIL-Rezeptoren durch ihren Liganden TRAIL kreuzvernetzt werden, wurde zunächst nicht durchgeführt. Die Überexpressionsuntersuchungen hatten zum Ergebnis, dass für eine
ganze Reihe von Proteinen, die Todes- oder Todeseffektordomänen besitzen, auch eine Bindung an die beiden
Tod-induzierenden TRAIL-Rezeptoren, TRAIL-R1 und
TRAIL-R2, angenommen wurde. Von besonderem Interesse war hierbei die Diskussion, ob das Todesadaptorprotein
FADD/Mort1 an die beiden TRAIL-Todesrezeptoren bindet
oder nicht. Um diese Frage zu beantworten haben wir in
Analogie zu den Studien zum Tod-induzierenden Signalkomplex (”death-inducing signalling complex”, DISC) des
CD95-Rezeptors den nativen TRAIL-DISC analysiert. Unsere Analyse hat ergeben, dass FADD/Mort1 und Caspase-8 in allen getesteten Zelllinien (BJAB, BL60, CEM
and Jurkat) an den nativen TRAIL-DISC rekrutiert werden
und dass diese beiden Proteine integrale Komponenten
des TRAIL-R1- und des TRAIL-R2-DISC darstellen. Wir
konnten zudem zeigen, dass diese beiden Proteine für
TRAIL-R2-vermittelte Apoptose notwendig sind, da JurkatZellen, die entweder kein FADD/Mort1 oder keine Caspase-8 exprimieren, nicht sensitiv für TRAIL-induzierte
Apoptose sind. Da Jurkat-Zellen nur TRAIL-R2, nicht aber
TRAIL-R1 auf ihrer Zelloberfläche exprimieren, war damit
gezeigt, dass das Adaptorprotein FADD/Mort1 und der
Apoptoseinitiator Caspase-8 unabdingbar sind für TRAILinduzierte Apoptose.
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Apoptose spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung einer ganzen Reihe von Erkrankungen, u.a. von Krebs und
verschiedenen Autoimmunerkrankungen. Die Anwendung
rekombinanter Proteine, die Apoptose-auslösend oder verhindernd wirken, ist in den letzten Jahren in einigen
Fällen bereits erfolgreich in die klinische Anwendung gebracht worden (z.B. TNF-R2-Fc) während in anderen Fällen klinische Studien kurz bevorstehen (z.B. Apo2L/
TRAIL). Das Ziel des BioFuture-Projekts “Neue Apoptosetargets”, das im Mai 2000 begonnen hat, ist (i) die Identifizierung neuer Mitglieder Apoptose-modulierender Proteinfamilien und (ii) die präklinische Evaluierung dieser neuen
Proteine und potentieller Inhibitoren dieser Proteine.
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DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Abteilung G0400
Molekulare Immunologie
Abteilung Molekulare Immunologie (G0400)
Leiter: Prof. Dr. rer. nat. Günter J. Hämmerling
Arbeitsgruppenleiter
PD Dr. rer. nat. Bernd Arnold
Dr. Ruth Ganss
PD Dr. Harald Kropshofer (-01/00)
Dr. med. Gerhard Moldenhauer
PD Dr. med. Frank Momburg
Wissenschaftliche Mitarbeiter (DKFZ, Drittmittel)
Dr. Pascale Brocke (DKFZ)
Dr. Rainer Constien (DKFZ, 01-12/00)
PhD Anne Forde (SFB405)
Dr. rer. nat. Ruth Ganss (DKFZ)
PhD Natalio Garcia (EU)
Dr.med. Steffen Heeger (HGF A4)
Dipl.Biol. Gorana Hollmann (SFB 405)
PhD You Kawarada, Japan (Gastwiss., DKFZ) (- 05/01)
Dr. Florian Kurschus (DKFZ, 05/01-08/01)
Dr.rer.nat. Birgit Liliensiek (Uni HD)
Dr. Torsten Sacher (DKFZ, 01-12/01)
PhD Satoshi Tanaka, Japan (Gastwiss., 10/99-)
Dr. Anne Vogt (- 01/00)
Stipendiaten
Michelle Harris, USA, Fulbright-Stipendium (10/99-07/00)
Doktoranden (DKFZ, Drittmittel)
cand.med. Jörn Albring
cand.med. Eva Hüter (SFB 352, - 05/00)
Dipl.Biol. Florian Kurschus (SFB405, - 04/01)
cand.med. Roland Reibke
Dipl.Biol. Torsten Sacher (EU, - 12/00)
cand.med. Christof Schweizer (- 12/00)
Dipl.Biol. Pamela Tan (GIF, - 03/01)
Dipl.Biol Sandra Walter (Tumorzentrum)
Diplomanden
Wolfgang Krug (09/00-05/01)
Technische Mitarbeiter (DKFZ, Drittmittel)
Nadja Bulbuc (DKFZ)
Elvira Hallauer (Tumorzentrum)
Alexandra Klevenz (DKFZ)
Günther Küblbeck (DKFZ)
Sanela Paljevic (VW-Stiftung, - 05/01))
Esmail Rezavandi (SFB 405)
Sabine Schmitt (DKFZ)
Claudia Schumann (VW-Stiftung, HGF)
Natascha Sommer (02/00-03/01)
Ludmilla Umanska (SFB 405)
Alexandra Zeller (DKFZ, 08/99-05/00)
Es ist ein wichtiges Ziel der immunologischen Forschung,
das körpereigene Immunsystem zur Abwehr von Tumoren
einzusetzen. Die für die Abwehr verantwortlichen T-Lymphozyten erkennen Antigene nur nach deren Spaltung in
Peptide, die im Zytosol und in den Endosomen stattfindet.
Diese Peptide binden an Haupthistokompatibilitätsmoleküle (MHC) der Klassen I und II und werden dadurch an
die Zelloberfläche transportiert, wo sie von T-Lymphozyten
entdeckt werden können, die den Körper laufend auf das
Erscheinen von Fremdantigenen abtasten. Dementsprechend konzentrieren sich unsere Arbeiten auf die
Prozessierung und Präsentation von Antigenen und deren
Erkennung, wobei für MHC Klasse-I- und Klasse-II-Moleküle die Mechanismen und Hilfsmoleküle im Vordergrund
stehen, die für die Peptidbeladung der MHC-Moleküle
unerlässlich sind. Tumoren scheinen relativ häufig diese
Erkennungsmechanismen abzuschalten, wodurch sie sich
der Immunabwehr entziehen können. Die genauen Kenntnisse dieser Mechanismen sind für die Manipulation des
Immunsystems und die Entwicklung von Vakzinen von Bedeutung.
Die Erkennung des MHC/Peptidkomplexes kann nicht nur
zur Aktivierung von T-Lymphozyten führen, sondern auch
zu deren Inaktivierung (Toleranz). Dieses könnte erklären,
warum Tumoren häufig nicht vom Immunsystem abgestoßen werden, obwohl sie tumorspezifische Antigene besitzen. Deshalb sind weiterhin die Fragen der Toleranzinduktion und die Brechung der Toleranz für Tumoren zentrale
Aspekte unserer Arbeit. Hierzu werden transgene Maussysteme eingesetzt. Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass Tumore häufig nicht von T-Killerzellen zerstört
werden können, weil ihnen der Zugang in das Tumorgewebe blockiert ist. Änderungen im Mikromilieu des Tumors
erlauben aber Infiltration und Zerstörung. Vergleichbare
Beobachtungen konnten wir in transgenen Mausmodellen
mit organspezifischer Autoimmunität machen. Das Verständnis des Mikromilieus und der Mechanismen, die den
Killerzellen Zugang in ein Gewebe erlauben, kann zu neuen Therapiemaßnahmen bei Autoimmunität und immunologischer Tumorbehandlung führen.
Ein vielversprechender Ansatz zur immunologischen
Tumorabwehr sind bispezifische Antikörper, die in vivo
körpereigene Killerzellen direkt zu den Tumoren lenken
und so deren Zerstörung bewirken können. Nach erfolgreicher Austestung im Tiermodell an menschlichen Tumoren werden diese bispezifischen Antikörper zur Zeit in klinischen Studien erprobt.
Sekretariat
Birgit Vey (DKFZ)
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
341
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Antigenpräsentation
Die Rolle von TAP-Peptidtransporter und
Chaperon-Molekülen im endoplasmatischen
Retikulum bei der Antigenpräsentation durch
MHC-I-Moleküle
F. Momburg, N. Garcia-Garbi, S. Tanaka, P.Tan,
J. Albring, E. Hüter, W. Krug, N. Bulbuc, N. Sommer,
G.J. Hämmerling.
In Zusammenarbeit mit: H. Hengel, Max von Pettenkofer-Institut
für Virologie, München; Y. Reiss, Tel Aviv University, Ramat Aviv,
Israel; J. Neefjes, The Netherlands Cancer Institute, Amsterdam,
Niederlande; M. Lobigs und A. Müllbacher, John Curtin School of
Medical Research, Canberra, Australien; B. Seliger, III. Medizinische Klinik, Universität Mainz, Mainz; H.-G. Ljunggren, Karolinska
Institute, Stockholm, Schweden
Für eine erfolgreiche Immunantwort durch cytotoxische TZellen ist die spezifische Erkennung eines Antigens notwendig. Cytotoxische T-Zellen erkennen jedoch keine intakten Proteinantigene, sondern Peptide aus intrazellulären Molekülen (z.B. tumorassoziierte Antigene, virale Proteine), die von Haupthistokompatibilitätskomplex-Klasse-IMolekülen (MHC-I) auf der Zelloberfläche präsentiert werden. Hierzu werden intrazelluläre Proteine zunächst durch
das Proteasom, einem cytosolischen Proteasekomplex, in
Peptidfragmente geschnitten. Aus dem Cytosol werden
diese Peptide dann vom TAP-Peptidtransporter in das
endoplasmatische Retikulum (ER) transportiert, wo sie mit
MHC-I-Molekülen assoziieren und diese stabilisieren. Im
Verlauf ihrer Reifung im ER werden MHC-I-Moleküle von
verschiedenen Helfermolekülen (Chaperonen) begleitet,
die die korrekte Molekülfaltung sowie die Bindung von
Peptiden unterstützen. Nach erfolgreicher Peptidbeladung
verlassen MHC-I-Moleküle das ER zur Zelloberfläche. In
verschiedenen Projekten bearbeiten wir Teilaspekte des
MHC-I-abhängigen Weges des Antigenpräsentation.
342
Zur Aufklärung der Substratspezifität des TAP-Peptidtransporters in verschiedenen Spezies konnten wir in den vergangenen Jahren entscheidend beitragen (Momburg, F.,
Hämmerling, G.J. 1998 Adv. Immunol. 68: 191-256;
Lobigs, M., et al. 1999 Immunogenetics 49: 931-941). Dieser Transporter besteht aus den zwei homologen Untereinheiten TAP1 und TAP2, deren Polypeptidketten die ERMembran mehrfach durchqueren. Die komplexe Faltung
und funktionsbestimmende Sequenzabschnitte dieser Untereinheiten wurde in Zusammenarbeit mit Dr. Neefjes und
Dr. Seliger studiert [1, 2]. Untersuchungen von Kooperation mit Dr. Seliger zeigten, dass menschliche und murine
Tumoren sehr häufig die Expression von TAP verlieren,
was die MHC-I-vermittelte Antigenpräsentation weitgehend
eliminiert [3,4,5].
Zusammen mit unserem israelischen Kooperationspartner
Dr. Reiss haben wir die Rolle des ATP-abhängigen 26SProteasoms beim Abbau von Modellantigenen in Peptide
und den anschließenden TAP-vermittelten Transport über
die ER-Membran untersucht. In einem In-Vitro-System ließ
sich der gesamte Vorgang mit gereinigten Proteasomen
und TAP-haltigen Membranen rekonstruieren. Proteasomen generierten aminoterminal verlängerte Vorläuferpeptide, die nach TAP-vermitteltem Transport im ER von einer
Abteilung G0400
Molekulare Immunologie
Metalloaminopeptidase verkürzt wurden [6]. Diese Peptidprozessierung im ER wird nach unseren Befunden vom
peptidbindenden MHC-I-Molekül gesteuert. Die Charakterisierung der Aminopeptidaseaktivität und der exakte Mechanismus der Peptidprozessierung sind Gegenstand laufender Untersuchungen.
Verschiedene Viren haben Strategien entwickelt, den Peptidtransport ins ER zu unterbinden, um einer gegen MHCI-Moleküle gerichteten Immunantwort durch cytotoxische
CD8+ T-Zellen auszuweichen [7, 8]. Zusammen mit Dr.
Hengel haben wir das Cytomegalievirus-Protein gpUS6
charakterisiert, welches an TAP im ER-Lumen bindet und
den Peptidtransport inhibiert und dadurch eine verminderte MHC-I-Zelloberflächenexpression und Antigenpräsentation bewirkt (Hengel, H. et al. 1997 Immunity 6: 623632). In einem laufenden Projekt bearbeiten wir die molekularen Strukturen innerhalb der humanen TAP1- und
TAP2-Polyproteine, die von gpUS6 im ER angegriffen werden. Andere Viren versuchen, die antivirale Immunantwort
durch Natürliche Killerzellen (NK) zu unterlaufen. Zusammen mit Dr. Lobigs und Dr. Müllbacher konnten wir zeigen,
daß es während einer Infektion mit Flaviviren zu einer
vorübergehenden Erhöhung des TAP-vermittelten
Peptidtransports kommt. Als Folge einer gesteigerten
MHC-I-Zelloberflächenexpression ist die Erkennung der
virusinfizierten Zellen durch NK-Zellen blockiert, die normalerweise MHC-I-defiziente Zellen attackieren [9].
Viele Peptide, die durch TAP ins ER importiert werden, finden dort aufgrund strenger Anforderungen an die Aminosäuresequenz kein geeignetes MHC-I-Molekül für eine
stabile Bindung. Wir haben herausgefunden, wie solche
Peptide wieder aus dem ER entfernt werden. Nach vorübergehender Bindung an ER-Chaperone, wie z.B. Proteindisulfidisomerase, verlassen überschüssige Peptide
durch den Sec61-Kanal wieder das ER [10]. Neben der
Biosynthese/Import von Proteinen an der ER-Membran
(Translokon-Funktion) dient der Sec61-Kanal also auch
dem Ausschleusen von überschüssigen Peptiden aus diesem Zellkompartiment. Auch fehlgefaltete Proteine verlassen das ER durch den Sec61-Kanal, um im Cytosol von
Proteasomen abgebaut zu werden. Wir haben den Mechanismus dieser Protein-Retrotranslokation näher untersucht
und festgestellt, daß ATP-abhängige Konformationsänderungen von ER-Chaperonen eine wichtige Rolle spielen
[Albring et al., Manuskript in Vorbereitung].
Das ER-residente Chaperon Tapasin ist zu einem zentralen Forschungsgegenstand der Arbeitsgruppe geworden.
Tapasin ist ein Adaptormolekül, das MHC-I-Molekülen ermöglicht, vorübergehend mit dem Peptidtransporter zu assoziieren. Von uns produzierte Tapasin-defiziente Mäuse
zeigen eine stark verminderte MHC-I-Zelloberflächenexpression und Antigenpräsentation sowie eine reduzierte
Anzahl von CD8+ cytotoxischen T-Zellen [11-13]. In Abwesenheit von Tapasin sind Immunantworten gegen verschiedene Pathogene beeinträchtigt, was auf eine wichtige Rolle von Tapasin bei der Peptidbeladung von MHC-I
hinweist. Wir konnten zeigen, daß die Tapasin-vermittelte
Einbindung von MHC-I-Molekülen in molekulare Komplexe
mit TAP für die Optimierung des Peptidrepertoires und die
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Stabilisierung von MHC-I-Molekülen von großer Bedeutung ist [14]. In laufenden Studien untersuchen wir, auf
welche Art und Weise Tapasin zur Selektion von optimierten Antigenpeptiden beiträgt. Darüberhinaus hat Tapasin
eine Chaperon-Funktion für das TAP-Heterodimer, welches in seiner Abwesenheit nur eine geringe Stabilität aufweist [14; Garbi et al., Manuskript in Vorbereitung].
Wir haben herausgefunden, daß MHC-I-Moleküle im ER
mit der thiolabhängigen Oxidoreduktase ER60 assoziiert
sind, wobei diese beiden Moleküle zeitweilig über eine
Disulfidbrücke kovalent verknüpft sind (Lindquist, J.A. et
al. 1998 EMBO J. 17: 2186-2195; [15]). Die Proteinisomerase ER60 könnte die Funktion haben, intramolekulare
Disulfidbrücken in MHC-I-Molekülen korrekt auszubilden
bzw. diese im Verlauf einer Tapasin- und TAP-abhängigen
Peptidbeladung vorübergehend zu öffnen. Gegenwärtig
untersuchen wir die Funktion dieses Chaperons in Bezug
auf die MHC-I-vermittelte Antigenpräsentation anhand von
ER60-defizienten Mäusen und In-Vitro-Modellen.
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Immunity 13: 117-127.
[11] Garbi, N., Tan, P., *Diehl, A.D., *Chambers, B.J., *Ljunggren,
H.-G., Momburg, F., Hämmerling, G. 2000. Impaired immune
responses and altered peptide repertoire in tapasin-deficient
mice. Nat. Immunol. 1: 234-238.
[12] Garbi, N., Tan, P., Momburg, F., Hämmerling, G.J. 2001. Role
of tapasin in MHC class I antigen presentation in vivo. Adv. Exp.
Med. Biol. 495: 71-78.
[13] Brocke, P., Garbi, N., Momburg, F., Hämmerling, G.J. 2002.
HLA-DM, HLA-DO, and tapasin: Functional similarities and
differences. Curr. Opin. Immunol. 14: 22-29.
[14] Tan, P., *Kropshofer, H., *Mandelboim, O., Hämmerling, G.J.,
Momburg, F. 2002. Recruitment of MHC class I molecules by
tapasin into the TAP-associated complex is essential for optimal
peptide loading. J. Immunol. 168: 1950-1960.
[15] *Lindquist, J.A., Hämmerling, G.J., *Trowsdale, J. 2001.
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class I heavy chain. FASEB J. 15: 1448-1450.
Antigenpräsentation - Funktion von Invarianter Kette, HLA-DM und HLA-DO bei der
Antigenpräsentation durch MHC II Moleküle
P. Brocke, H. Kropshofer,A.B. Vogt, G. Moldenhauer,
F.Verreck, O.S. Arndt, M. Wühl, S. Schmidt
,
G.J. Hämmerling
In Zusammenarbeit mit: C. Thery, W. Faigle, S. Amigorena, Institute Curie, Paris, Frankreich; L. Karlsson, Johnson Research Institute, LaJolla, USA; Z. Nagy, Hoffman-LaRoche Inc., Nutley,
USA; L. Karlsson, R.W. Johnson Pharmacological Research
institute, San Diego, USA; D. Schadendorf, Klin. Kooperationseinheit für Dermatologie, Mannheim
Während MHC I Moleküle vornehmlich mit Peptiden von
intrazellulären Antigenen beladen werden, können MHC II
Moleküle auch von außen aufgenommene Antigene präsentieren. Die endozytierten Antigene werden in endosomal/ lysosomalen Kompartimenten durch Proteasen in
Peptide zerlegt und binden dort an MHC II Moleküle. MHC
II-Peptid Komplexe werden dann an die Zelloberfläche gebracht, wo sie von T-Helferzellen erkannt werden. Während der Biosynthese im endoplasmatischen Retikulum
(ER) assoziieren MHC II Moleküle mit der Invarianten Kette (Ii), die aufgrund eines Sortierungssignals den Transport von MHC II/Ii Komplexen in endosomal/ lysosomale
Kompartimente bedingt. Außerdem blockiert Ii die Bindung
von antigenen Liganden an MHC II, so daß erst nach proteolytischem Abbau der Ii die Bindungsgrube von MHC II
frei wird. Bei der Beladung mit Peptid-Liganden sind mindestens zwei weitere Moleküle beteiligt, nämlich HLA-DM
und HLA-DO. Beide sind ebenfalls im MHC II Gen-Komplex kodiert und Homologe der klassischen MHC II
Dimere. Die Rolle von DM und DO bei der Selektion von
antigenen Epitopen und beim eigentlichen Beladungsvorgang von MHC II Molekülen zählt zu den zentralen Fragen
auf dem Gebiet der Antigenpräsentation (Kropshofer, H. et
al. Immunol. Today 18: 77-82, 1997; [4])
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
343
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
HLA-DM: Katalysator, Chaperon und Editor für
Peptidbeladung
Katalysator. Ii bindet an MHC II Moleküle hauptsächlich
über eine membranproximale Region, genannt CLIP, welche die Peptidbindungsgrube blockiert. Bei der in endosomalen Kompartimenten erfolgenden Proteolyse der Ii verbleibt CLIP zunächst in der Bindungsgrube, muß jedoch
vor der Peptidbeladung entfernt werden. Der von uns gefundene Selbstablöse-Mechanismus von CLIP ist bei manchen MHC II-Allelen effizient, allerdings nicht bei anderen,
so daß ein Allel-übergreifendes Ablöseprinzip postuliert
wurde. Wir konnten zeigen, daß DM hierfür verantwortlich
ist: sowohl aus Zellen isoliertes sowie rekombinantes DM
entfernt CLIP von humanen als auch murinen MHC II Molekülen und ermöglicht gleichzeitig die Neubeladung mit
antigenen Peptiden (Kropshofer, H. et al. Immunol. Today
18: 77-82, 1997; Vogt, A.B. et al. The Immunologist 6:
186-193, 1998; [1, 4]).
Chaperon. In der Abwesenheit von Peptid denaturieren
MHC II Moleküle und werden inaktiv. Wir haben beobachtet, dass HLA-DM als Stabilisator und Chaperon für MHC
II Moleküle wirkt. In endosomal/lysosomalen Kompartimenten von B Lymphozyten findet man DM assoziiert an
DR Moleküle, die kein Peptid gebunden tragen. Diese Interaktion schützt unbeladene MHC II Dimere vor Denaturierung und Aggregation bei niedrigem pH, bis eine Beladung mit einem stabil bindenden Peptid erfolgt ist. Der
immunologische Vorteil ist, dass diese durch DM stabilisierten „leeren“ MHC II Moleküle den Antigen-präsentierenden Zellen eine rasche Bindung und Präsentation von
fremden Antigenen ermöglichen, so dass das Immunsystem sehr schnell eine Antwort gegen Pathogene einleiten
kann (Kropshofer, H. et al. Immunity 6: 293-302, 1997;
Vogt, A.B. et al. The Immunologist 6: 186-193, 1998; [4]).
344
Peptideditor. DM hat auch eine wichtige Rolle als Peptideditor. Es beschleunigt nicht nur die Dissoziation von CLIP,
sondern von sämtlichen Peptiden, die mit niedriger intrinsischer Stabilität an das jeweilige MHC II Molekül binden.
Damit liegt diesem Selektionsprozeß ein kinetisches Editingprinzip zugrunde, welches dazu führt, daß durch die
Editorfunktion die Diversität von Peptiden so beeinflußt
wird, daß in erster Linie MHC II-Peptidkomplexe hoher
Stabilität den T-Helferzellen präsentiert werden
(Kropshofer, H.et al. EMBO J. 15: 6144-6154, 1996;
Kropshofer, H. et al. Immunol. Today 18: 77-82, 1997;
*Siklodi, B., Vogt, A.B. et al. Human Immunol, 59: 463-471,
1998; Vogt, A.B. et al. The Immunologist 6: 186-193,
1998; [2, 3, 4]).
Wie anderswo in diesem Bericht diskutiert, gibt es ähnliche Mechanismen im MHC-I-Beladungsweg. Dort stabilisiert das Chaperon Tapasin die leeren MHC-I-Moleküle,
unterstützt die Peptidbeladung und selektioniert u.a. Peptide, die möglichst stabil an MHC-I binden [7].
DM bewirkt Konformationsänderung von DR3Molekülen
MHC II Moleküle durchlaufen Konformationsänderungen
während ihrer Reifung und Peptidbeladung. Einige dieser
Änderungen werden durch DM bewirkt. So sind
Abteilung G0400
Molekulare Immunologie
DR3.CLIP-Moleküle nicht reaktiv mit dem DR3-spezifischen Antikörper 16.23. Assoziation mit DM führt zu einem
„leeren“ DR3.DM-Zwischenprodukt, das eine 16.23+ -Konformation angenommen hat, die auch nach Beladung mit
Peptid erhalten bleibt. Austausch von CLIP durch Peptid
kann auch in der Abwesenheit von DM erfolgen, aber jetzt
bleibt der resultierende DR3.Peptid-Komplex 16.23-. Da
T-Zellen zwischen den 16.23+ und den 16.23- Isoformen
der DR3.Peptidkomplexe unterscheiden können, scheinen
die durch DM bewirkten Konformationsänderungen relevant für die T-Zellerkennung zu sein [7].
HLA-DM auf der Zelloberfläche und im
Recyclingkompartiment
Die meisten Antigene werden in späten endosomalen oder
lysosomalen Kompartimenten auf MHC-II geladen. Einige
Antigene werden aber in frühen endosomalen Kompartimenten, sogenannten Recyclingkompartimenten, geladen,
von denen man bisher angenommen hatte, dass sie negativ für DM sind. Wir haben festgestellt, dass ca. 10% des
DM-Pools auf der Zelloberfläche zu finden ist und auf
Grund des Internalisierungssignals in das Recyclingkompartment gelangt. DM ist auf der Oberfläche und im Recyclingkompartiment immunologisch aktiv und kontrolliert
dort die Beladung von MHC-II mit Peptiden. Darüberhinaus wirkt DM auch hier als Peptideditor und verhindert das
Binden schwach affiner Antigene, wie Myelin, basisches
Protein und Collagen, die wahrscheinlich als Selbstantigene bei Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose
oder rheumatoide Arthritis erkannt werden. Diese Befunde
deuten an, dass Störungen der DM-Aktivität, z.B. durch
HLA-DO, eine wichtige Rolle bei der Pathogenese von
Autoimmunerkrankungen und bei der Tumorabwehr spielen (*Siklodi, B., Vogt, A.B. et al. Human Immunol, 59: 463471, 1998; [6]).
HLA-DO: Ein Regulator für HLA-DM
Ein weiteres im MHC kodiertes und MHC Klasse II verwandtes Molekül DO geht mit DM hochaffine Komplexe im
ER ein, bindet wie DM keine Peptide und akkumuliert assoziiert an DM im MHC II Beladungskompartiment. DO
scheint als Co-Chaperon von DM zu wirken und die
Chaperon- sowie die Editor-Funktion von DM zu regulieren. In vitro haben wir mit gereinigten Molekülen gefunden, dass DO die Aktivität von DM bei lysosomalem pH
unterstützt. Dagegen vermindert überexprimiertes DO in
Zelllinien und in DO-transgenen Mäusen die
-vermittelte Antigenpräsentation. Umgekehrt ist in DO-Antisense-exprimierenden APCs und in DO-defizienten Mäusen die Antigenpräsentation erhöht. Die Frage, wann und
in welchen zellulären Kompartimenten DO positiv oder negativ regulierend auf DM wirkt, ist noch unklar und Gegenstand weiterer Untersuchungen. Da die Expressionsrate
von DO in Antigen-präsentierenden Zellen sehr stark variiert, ist davon auszugehen, dass das präsentierte Repertoir an Selbst- und Fremd-Peptiden hiervon stark beeinflußt wird. Somit sind diese Befunde von potentieller Bedeutung für die Präsentation von Tumorantigenen oder
Autoantigenen im Kontext von Autoimmunkrankheiten
(Kropshofer, H. et al. EMBO J. 17: 2971-2981, 1998; Vogt,
A.B. et al. The Immunologist 6: 186-193, 1998; [4, 7]).
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Publikationen (* = externe Koautoren)
[1] Armandola, E.A., Kropshofer, H., Vogt, A.B. and Hämmerling,
G.J. The cell biology of antigen presentation. In: Frontiere della
Biologia. Enciclopedia Italiana. Eds.: R. Levi-Montalcini, D. Baltimore, R. Dulbecco, F. Jacob, p. 383-400, 1999.
[2] *Raddrizzani, L., *Bono, E., Vogt, A.B., Kropshofer, H.,
*Gallazzi, F., *Sturniolo, T., Hämmerling, G.J., *Sinigaglia, F. and
*Hammer, J. Identification of destabilizing residues in HLA class
II-selected bacteriophage display libraries edited by HLA-DM. Eur.
J. Immunol. 29: 660-668, 1999.
[3] Vogt, A.B., Arndt, S.O., Hämmerling, G.J. and Kropshofer, H.
Quality control of MHC class II associated peptides by HLA-DM/
H2-M, Seminars in Immunology 11, 394-403, 1999.
[4] Kropshofer, H., Hämmerling, G.J., and Vogt, A.B. The impact
of non-classical MHC proteins HLA-DM and HLA-DO on loading
of MHC class II molecules. Immunol. Rev. 172: 267-278, 1999
[5] Arndt, S.O., Vogt, A.B., Markovic-Plese, S., Potzies, K., Moldenhauer, G., Wölpl, A., Martin, R., Hämmerling, G.J. and
Kropshofer, H. Functional HLA-DM on the surface of B cells and
immature dendritic cells. EMBO J. 19: 1241-1251, 2000
[6] Verreck F.A.W., Fargeas C.A, Hämmerling G.J.,
Conformational alterations during biosynthesis of HLA-DR3
molecules controlled by invariant chain and HLA-DM.
Eur.J.Immunol 31: 1029-1036, 2001
[7] Brocke, P., Garbi, N., Momburg, F., Hämmerling, G.J., HLADM, DO, and TAPASIN: Functional Similarities and differences.
Current Opinion in Immunology, 14: 22-29, 2002
Kontrolle der Tumortoleranz und Immunität
durch das Mikromilieu
R. Ganss, Y. Kawarada, M. Furuya, K. Tauber,
M. Berger, L. Umansky, C. Schumann,
C. Schmitt-Mbamunyo, B. Arnold, G.J. Hämmerling
In Zusammenarbeit mit E. Klar, E. Ryschich, Universitätsklinikum
Heidelberg; P. Knolle, ZMBH, Heidelberg; B. Engelhardt, MaxPlanck-Institut, Bad Nauheim; D. Hanahan, San Francisco, USA.
In einer Reihe von Tierversuchen und klinischen Studien
konnten tumorspezifische Antigene und die Existenz
selbstreaktiver T Lymphozyten nachgewiesen werden. Die
Aktivierung dieser T Zellen führt jedoch nicht notwendigerweise zur Elimination des Tumors. Unsere Untersuchungen zeigen, dass das Mikromilieu des Tumors für die
Tumorimmunabwehr gleichermassen von Bedeutung ist,
da es den Zugang und den funktionellen Kontakt zwischen
T Zellen und Tumorzellen entscheidend beeinflusst. Ein
solider Tumor ist nicht nur eine Ansammlung von Tumorzellen, sondern besitzt ein einzigartiges Mikromilieu, dessen physiologische Eigenschaften sich grundsätzlich von
normalen Geweben unterscheiden. Ein kritischer Parameter der mehrstufigen Tumorentstehung ist die Ausbildung
neuer Blutgefässe im Prozess der Angioneogenese.
Angioneogenese ist nicht nur erforderlich, um wachsende
Tumoren mit Nährstoffen zu versorgen, sondern könnte
auch eine Barriere für die Einwanderung von Lymphozyten
in das Tumorgewebe darstellen.
Die Extravasation aktivierter Lymphozyten aus den Blutgefässen ins Gewebe ist ein komplexer Prozess, der von
einer Vielzahl von Adhäsionsmolekülen, Zytokinen und
Chemokinen kontrolliert wird. In normalen Geweben erfolgt beispielsweise die Einwanderung aktivierter, selbstreaktiver Zellen nur in Anwesenheit von Entzündungsreak-
Abteilung G0400
Molekulare Immunologie
tionen. Bisher wurde kein ursächlicher Zusammenhang
zwischen der aberranten Tumorphysiologie und dem Versagen des Immunsystems hergestellt. Manipulation von
Tumorendothelien, z. B. durch Entzündungsreaktionen,
könnte die Barriere für tumorspezifische T Zellen aufheben. Fundierte Kenntnisse über die molekularen Unterschiede zwischen Blutgefässen aus normalem Gewebe
und soliden Tumoren werden zur Entwicklung neuer
tumortherapeutischer Ansätze beitragen.
Die aberrante Blutgefässstruktur in Tumoren
korreliert mit einer reduzierten Leukozytenanhaftung
Unsere Untersuchungen zur Tumortoleranz und Tumorimmunität basieren hauptsächlich auf einem transgenen
Mausmodell mit autochthoner Tumorentwicklung. In diesem Modell führt die Expression des Onkogens SV40 T
Antigen (Tag) unter der Kontrolle des Insulingen-Promotors der Ratte (RIP) zur malignen Transformation in ß-Zellen der Bauchspeicheldrüse. Die Tumorentstehung verläuft
über mehrere Stufen, ausgehend von einer verstärkten
Proliferation über Angioneogenese bis hin zur Ausbildung
solider Tumoren. Im RIP1-Tag5 Modell beginnt die Expression des T Antigens im adulten Tier. Daher wird T Antigen
vom Immunsystem als „fremd” erkannt und Inselzellen
werden infiltriert. Trotz der Infiltration von prämalignen Stadien kommt es zur Ausbildung solider Tumoren, die vom
Immunsystem nicht mehr erkannt werden können (Ganss,
R., *Hanahan, D. Cancer Res.58, 4673-4681, 1998). Mit
Hilfe intravitalmikroskopischer Studien am RIP1-Tag5
Mausmodell konnten wir zum ersten Mal strukturelle und
funktionelle Veränderungen des Tumorendothels in dem
verschiedenen Stadien des Tumorwachstums in vivo verfolgen. Diese Untersuchungen haben gezeigt, dass erste
Veränderungen der Blutgefässe schon in den Frühstadien
der RIP1-Tag5 Tumorentwicklung sichtbar werden, noch
bevor es zu einem verstärkten Tumorwachstum kommt. Interessanterweise korrelieren schon die frühen morphologischen Veränderungen der Blutgefässe mit einer deutlich
verringerten Anheftung von Lymphozyten am Tumorendothel und diese Fuktionsstörung bleibt in allen nachfolgenden Tumorstadien sichtbar [3]. Damit konnten wir zeigen,
dass die Blutgefässe im Prozess der malignen Transformation die Infiltration bzw. die funktionelle Interaktion von
T Zellen mit dem Tumorgewebe behindern.
Progressives Tumorwachstum in Anwesenheit
eines definierten Tumorantigens und tumorreaktiver T Zellen
Um die immunologische Tumorabwehr zu verstärken, wurden T Zellrezeptor transgene Mäuse mit der Spezifität für
T Antigen (TagTCR) mit RIP1-Tag5 Mäusen gekreuzt.
Ausserdem wurden RIP1-Tag5 Tiere mit transgenen Mäusen gekreuzt, die den Kostimulator B7.1 spezifisch in den
ß-Zellinseln exprimieren (RIP-B7.1). Eine Immunantwort
gegenüber soliden Tumoren konnte jedoch weder durch
eine erhöhte Frequenz von Tag-reaktiven T-Zellen noch
durch die Koexpression des Kostimulators B7.1 mit dem
Tumorantigen ausgelöst werden (Ganss, R., *Hanahan, D.
Cancer Res.58, 4673-4681, 1998). Selbst Transfer aktivierter Tag-spezifischer T Zellen führte nicht zur Infiltration
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
345
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
[4]. Diese Ergebnissen stehen in Einklang mit unseren Untersuchungen zu Toleranz und Autoimmunität (Limmer, A.
et al. Eur. J. Immunol. 28, 2395-2406. 1998, [1]) die zeigten, dass die Anwesenheit von aktivierten, selbstreaktiven
T Zellen und Selbstantigen nicht ausreicht, um Autoaggression auszulösen. In diesen unterschiedlichen Mausmodellen konnten Infiltration und gewebespezifischer Angriff durch T Zellen nur dann beobachtet werden, wenn
das Mikromilieu des Zielgewebes „konditioniert“ wurde,
z.B. durch Bestrahlung oder lokale Infektion (Ganss, R.,
*Hanahan, D. Cancer Res.58, 4673-4681, 1998; Limmer,
A. et al. Eur. J. Immunol. 28, 2395-2406. 1998; [4]). Eine
Erklärung hierfür ist, dass aktivierte Lymphozyten nicht in
genügendem Ausmass die Blutgefässe verlassen und in
die Gewebe eindringen können. Die Aktivierung der Endothelien durch Entzündungsreaktionen hingegen führt zur
Extravasation und Zerstörung des Autoantigen-positiven
Gewebes.
Entzündungsreaktionen führen zur
immunologischen Tumorabwehr
346
Die Summe der Beobachtungen an RIP1-Tag5 Mäusen
führte zur Entwicklung eines neuen immunologischen Therapieansatzes im transgenen Tiermodell. Tumortragende,
transgene Mäuse (RIP1-Tag5) wurden mit einer Kombination aus Bestrahlung und wiederholten Transfers mit Tagspezifischen T Zellen behandelt. Durch die Bestrahlung
wird eine Entzündungsreaktion ausgelöst, die die Einwanderung aktivierter Lymphozyten in das Tumorgeweben ermöglicht und zu einer kompletten Tumorabstossung führt
[4]. Im Verlauf der Therapie verändert sich das Mikromilieu
des Tumors hinsichtlich der Expression von Zytokinen,
Chemokinen und Adhäsionsmolekülen. Besonders auffällig ist die Umbildung der Tumorvaskulatur, die zuvor nicht
mehr vorhandene Merkmale normaler Blutgefässe aufweist. Tumor-infiltrierende Zellen exprimieren beispielsweise die Chemokine Mig und IP10. Diese beiden Faktoren
wirken in vitro inhibierend auf das Wachstum von Endothelzellen und stehen möglicherweise in direktem Zusammenhang mit der „Normalisierung“ aberranter Gefässstrukturen im Tumor. Bestrahlung oder adotive Transfer alleine
führen nicht zur Abstossung solider. Der Therapieerfolg im
RIP1-Tag5 Modell basiert auf der Kombination und damit
der „Öffnung“ des Tumors für den Angriff von Effektorzellen und immunologischen Zerstörung der Tumorzellen.
Die durch Bestrahlung erzielten Effekte ähneln der einer
Entzündungsreaktion. Daher postulieren wir, dass entzündungsfördernde Agentien die funktionelle Interaktion
von T Zellen mit Tumorgewebe begünstigen. Von bakterieller DNA abgeleitete, unmethylierten CpG Oligonukleotide aktivieren Antigen-präsentierende Zellen, B- und T
Zellen und induzieren Entzündungsfördernde Zytokine. In
Studien an unterschiedlichen Maus-Transplantationstumoren konnten wir in der Tat zeigen, dass die Injektion von
CpG Oligonukleotiden in direkter Nähe des Tumors zu einer kompletten Regression führt [2]. In weiterführenden
Experimenten soll die Wirkung von CpG Oligonukleotiden
auf das Wachstum von autochthonen Tumoren untersucht
werden. Um Tiermodelle zu etablieren, die der klinischen
Situation möglichst nah kommen, werden zur Zeit konditio-
Abteilung G0400
Molekulare Immunologie
nelle transgene Mäuse hergestellt, in denen sich Tumoren
induzieren lassen (z.B. Hepatom, Melanom, etc.).
Publikationen: (* = externe Koautoren)
[1] Ganss, R., Limmer, A., Sacher, T., Arnold, B. and Hämmerling,
G.J. Autoaggression and tumor rejection: it takes more than selfspecific T-cell activation. Immunol. Rev. 169, 263-272, 1999.
[2] Kawarada, Y., Ganss, R., Garbi, N., Sacher, T., Arnold, B. and
Hämmerling, G.J. NK- and CD8+ T cell-mediated eradication of
established tumors by peritumoral injection of CpG-containing
oligodeoxynucleotides. J. Immunol, 167, 5247-5253, 2001.
[3] *Ryschich, E., *Schmidt, J., Hämmerling, G.J., *Klar, E. and
Ganss, R. Transformation of the microvascular system during
multistage tumorigenesis. Int. J. Cancer 97, 719, 2002.
[4] R.Ganss, *Ryschich, E., *Klar, E., Arnold, B. and Hämmerling,
G.J. Combination of T cell therapy and inflammation induces
remodeling of the vasculature and tumor eradication. Cancer Res.
62, 1462, 2002.
Periphere Toleranz im Immunsystem
B. Arnold, S. Aigner, E. Calabek, R. Constien,
R. Ganss, G.J. Hämmerling, A. Forde, G. Hollmann,
G. Küblbeck, A. Klevenz, F. Kurschus, S. Paljevic,
R. Reibke, E. Rezavandy,T. Sacher, S. Schmitt,
C. Schumann, S. Stahl, L. Umanska
In Zusammenarbeit mit G. Opdenakker, Leuven, Belgien; D.
Stern, New York, USA; D. Hanahan, San Francisco, USA; A.
Gessner,, Erlangen; H. Bujard, Heidelberg; G. Schütz, DKFZ; P.
Nawroth, Heidelberg; P. Knolle, ZMBH Heidelberg; S. Goerdt,
Mannheim
Zur Entwicklung therapeutischer Ansätze bei Autoimmunerkrankungen und in der Transplantation sowie zum Einsatz des Immunsystems bei der Bekämpfung von Tumoren
ist die Kenntnis der Zusammenhänge, unter denen Immunreaktionen in Toleranz bzw. Gewebezerstörung münden, essentiell. Wir beschäftigen uns daher mit der Frage,
wie periphere Zellen mit einer Spezifität für Antigene, die
ausschliesslich in extralymphatischen Geweben unter physiologischen Bedingungen exprimiert werden, ruhiggestellt
werden und welche Vorgänge zur Brechung dieser Toleranz führen können.
Wir haben kürzlich einen neuen Mechanismus vorgeschlagen, der auf der Beobachtung beruht, dass naive T-Zellen
während der neonatalen Phase in hoher Zahl in Gewebe
wie z.B. die Haut einwandern können. Ein direkter Kontakt
mit einem Antigen, das sich nur auf Keratinozyten befindet
- in unserem Modell das Kb Antigen, das unter dem Keratin-IV-Promotor in transgenen Mäusen exprimiert ist
(2.4KerIV-Kb) – ist somit möglich und induziert Toleranz in
den entsprechenden T-Zellen, ohne sie zu eliminieren [1].
Diese Toleranz bleibt auch im Erwachsenenalter erhalten,
obwohl die zu diesem Zeitpunkt neu aus dem Thymus exportierten Zellen nicht mehr in die Haut einwandern können und daher naiv bleiben. Wir müssen daher eine Form
von dominanter Toleranz postulieren, die diese naiven, Kbreaktiven T-Zellen daran hindert, Kb-positive Transplantate
abzustoßen. Da wir mit T-Zell-Rezeptor-transgenen Mäusen mit Kb-Spezifität arbeiten, können wir die entsprechenden T-Zellen mit Hilfe eines anti-klonotypischen Antikörpers (Des-TCR) verfolgen. In Zelltransferstudien konnte
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
gezeigt werden, dass tolerante CD8+, Des-TCR+ T-Zellen
naive T-Zellen, die den gleichen T-Zell-Rezeptor tragen,
an der Abstossung von Kb-positiven Tumortransplantaten
hindern können. Analysen der differentiellen Genexpression zwischen toleranten und aktivierten/naiven T-Zellen
mit Hilfe der “DNA micro array”-Technologie von Affymetrix
sollen zur Aufklärung dieses Regulationsmechanismus
beitragen.
Neben der Haut haben wir auch die Leber als Zielorgan
für unsere Toleranzstudien gewählt und in Zusammenarbeit mit P. Knolle, ZMBH Heidelberg, gefragt, ob sinusoidale Endothelzellen der Leber (LSEC) an der Induktion
peripherer Immuntoleranz beteiligt sind. Die Präsentation
von durch Endozytose aufgenommene Antigene auf MHCKlasse-I-Molekülen, sogenannte Kreuzpräsentation, ist für
die Induktion einer Immunantwort gegen Pathogene von
grosser Bedeutung. Bisher wurde Kreuzpräsentation nur
für Macrophagen und dendritische Zellen beschrieben. Wir
konnten erstmals zeigen, dass auch LSEC durch Endozytose aufgenommene Antigene MHC-Klasse-I restringiert
für CD8+ T-Zellen präsentieren [2]. Im Gegensatz zu dendritischen Zellen induzieren LSEC nach Aktivierung von
naiven CD8+ T-Zellen eine Anergie, die zum Verlust der
Zytokinexpression und der spezifischen Zytotoxizität führt.
Zusammenfassend zeigen diese Beispiele, dass Toleranzinduktion gegenüber gewebsspezifischen Antigenen nicht
allein durch dendritische Zellen erfolgt, die das Antigen
aufgenommen haben und den T-Zellen in den entsprechenden Lymphknoten präsentieren, sondern auch durch
direkten Kontakt der T-Zellen mit den entsprechenden
Gewebezellen in einem Organ möglich ist.
Da die K -spezifischen T-Zellen in den toleranten DesTCRxCRP-Kb-Mäusen (Kb-Expression nur auf Hepatozyten
in der Leber) und Des-TCRx2.4KerIV-Kb-Mäusen (Kb-Expression nur auf Keratinozyten in der Haut) noch immer
vorhanden waren, stellten wir uns die Frage, ob die beobachtete Toleranz in vivo aufgehoben werden könnte, und
ob dies Autoaggression zur Folge hätte. Wurden diese
Mäuse mit syngenen Tumorzellen konfrontiert, die gleichzeitig das Kb-Autoantigen und Interleukin (IL)-2 exprimieren, so wurde tatsächlich die Aufhebung der Toleranz erreicht. Autoaggression in der Leber der Des-TCRxCRP-KbTiere wurde jedoch nur beobachtet, wenn die Tiere zusätzlich zur Brechung von Toleranz mit einem leberspezifischen Pathogen infiziert wurden, oder wenn mit Hilfe eines CpG-Oligonukleotids eine Entzündungsreaktion in der
Leber induziert wurde. Allerdings war die Autoaggression
nur transient und konnte auch durch wiederholte Gabe
des Oligonukleotids nicht in eine chronische Autoimmunerkrankung umgewandelt werden. Die Schlussfolgerung
aus diesen Untersuchungen ist, dass mindestens zwei
Schritte für die organspezifische Autoimmunattacke notwendig sind, nämlich 1. Aktivierung autoreaktiver T-Zellen,
und 2. Konditionierung des Organs durch eine Entzündungsreaktion, wodurch die Infiltration von autoreaktiven
T-Zellen ermöglicht wird. Dieses Konzept wird auch unterstützt durch unsere tumorimmunologischen Studien.
b
Abteilung G0400
Molekulare Immunologie
erkrankung sein muss, haben wir begonnen, Faktoren, denen eine grosse Bedeutung in chronischen Entzündungprozessen zugedacht ist, in unsere Studien miteinzubeziehen. Es wurden daher knockout-Mäuse für folgende
Moleküle etabliert: Gelatinase B (in Zusammenarbeit mit
G. Opdenakker, Leuven), “Receptor for advanced
glycation end products “(RAGE) (in Zusammenarbeit mit P.
Nawroth, Heidelberg), und Stabilin-1 (in Zusammenarbeit
mit S. Goerdt, Mannheim). Gelatinase B-knockout-Mäuse
zeigten keine besonderen Unterschiede in der Entwicklung immunkompetenter Zellen und der Generierung einer
Immunantwort im Vergleich zu Wildtyptieren. Allerdings
konnte in jungen Gelatinase B-knockout-Tieren keine EAE
induziert werden. Diese Resistenz nahm mit zunehmendem Alter ab. Dieser Befund ist ein Beweis für die bisherige Vermutung einer entscheidenden Rolle von Gelatinase
B bei der Entstehung von EAE [3,4,5]. Die beiden anderen
o.g. knockout-Mäuse werden z.Zt. charakterisiert. Um den
Einfluss von Proteinen auf Entzündungsprozesse bzw. die
Immunantwort im Detail studieren zu können, ist es wünschenswert, die entsprechende Genexpression gewebsspezifisch induzierbar und reversibel regulieren zu können. Wir versuchen, diese Regulation über das Tetrazyklinsystem bzw. über Hormone im Cre/loxP-System aufzubauen. Wir haben daher eine neuartige “knockin-EGFP”
(grün fluoreszierendes Protein)-Reportermaus etabliert,
deren Zellen nach Cre-Rekombination grün aufleuchten.
Das An- bzw. Ausschalten einer Genexpression kann auf
diese Weise auf Einzelzellebene z.B. in histologischen
Schnitten sichtbar gemacht werden [6].
Publikationen (* = externe Koautoren)
[1] Alferink J., Aigner S., Reibke R., Hämmerling G., Arnold B.:
Peripheral T cell tolerance: the contribution of permissive T cell
migration into parenchymal tissues of the neonate. Immunol. Rev.
169, 255-261, 1999
[2] Limmer, A., Ohl, J., Kurts, C., *Ljunggren, H.-G., *Reiss, Y.,
Momburg, F., Arnold, B., Knolle, P.: Efficient presentation of
exogenous antigen by liver endothelial cells to CD8+ T cells
results in antigen-specific T cell tolerance. Nature Medicine, 6:
1348–1354, 2000
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Da die Aktivierung autoreaktiver T-Zellen nicht notwendigerweise der bestimmende Schritt bei einer Autoimmun-
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
347
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Antikörper-gestützte Immuntherapie
menschlicher Karzinome und maligner
Lymphome
G. Moldenhauer, E. Hallauer, S. Walter,
C. Schweizer, S. Heeger
In Zusammenarbeit mit: M. Little, S. Kipriyanov, F. Le Gall, DKFZ;
A. Marmé und M. Lindner Frauenklinik der Universität Heidelberg;
H. Goldschmidt, Medizinische Klinik und Poliklinik V der Universität Heidelberg; R. Haas, Medizinische Klinik der Universität Düsseldorf; A. Pezzutto, MDC Berlin-Buch; G. Strauß, Kinderklinik der
Universität Ulm; P. Möller, Pathologisches Institut der Universität
Ulm; B. Bast, Institut für klinische Immunologie der Universität Utrecht, Niederlande.
Seit 100 Jahren, gestützt auf Paul Ehrlichs Vorstellung von
Antikörpern als „Zauberkugeln“, sind Immunologen von
der Idee fasziniert, Tumorzellen mit Antikörpermolekülen
allein oder daraus gewonnenen Konjugaten zu zerstören.
Mit Einführung der monoklonalen Antikörper 1975 durch
Köhler und Milstein wurden hohe Erwartungen in eine
neue Immuntherapie von Tumorerkrankungen gesetzt, die
sich jedoch nur in einigen Fällen -vor allem bei Leukämien
und malignen Lymphomen- erfüllt haben. Die Probleme,
die bei der Antikörpertherapie auftraten, liegen auf verschiedenen Ebenen. Zum einen stellt die unzureichende
Penetration monoklonaler Antikörper in das Tumorgewebe
speziell bei soliden und wenig vaskularisierten Tumoren
ein großes Hindernis dar. Eine zweite bedeutsame Ursache für das geringe Ansprechen mit unkonjugierten Antikörpern reflektiert die erkrankungsbedingte Beeinträchtigung der körpereigenen humoralen und zellulären Effektormechanismen, das heißt die tumorinduzierte Immunsuppression. Drittens reagiert die Mehrzahl der therapeutisch angewendeten Antikörper mit Differenzierungsantigenen, die (obgleich meist viel schwächer) auch auf Normalzellen exprimiert sind.
348
Historisch sind die ersten therapeutisch genutzten monoklonalen Antikörper als bloße Immunglobuline eingesetzt
worden. Später hat man die Spezifität der Antikörper dann
genutzt, um sie als Vehikel für Toxine, Zytostatika oder radioaktive Substanzen einzusetzen. Einen Meilenstein in
der therapeutischen Anwendung monoklonaler Antikörper
stellt die Zulassung des chimären (Maus/Mensch) Antikörpers Mabthera® (Rituximab in den angloamerikanischen
Ländern) dar, der gegen das CD20 Antigen gerichtet ist.
Bei Non-Hodgkin-Lymphomen der B-Zellreihe wurden
durch die Kombination von Mabthera® mit einer zytostatischen Therapie Ansprechraten von über 90% erreicht.
Eine interessante neuere Therapiestategie basiert auf der
Zielrichtung zytotoxischer T-Lymphozyten (CTL) auf Tumorzellen mittels bispezifischer Antikörper. Bei den bispezifischen Antikörpern handelt es sich um Hybridmoleküle,
die zwei unterschiedliche Antigenbindungsstellen besitzen.
Sie können entweder durch chemische Verknüpfung von
zwei monovalenten Fab´-Antikörperfragmenten oder eleganter durch Zellfusion zweier Hybridome zu einem Hybrid-Hybridom, welches bispezifische Antikörper sezerniert, erhalten werden. Die Spezifität zytotoxischer T-Zellen ist durch ihren Antigenrezeptor bestimmt, der auf der
Zellmembran zusammen mit dem CD3 Molekül exprimiert
Abteilung G0400
Molekulare Immunologie
wird. Physiologischerweise erkennen CTL Fremdantigene
(genauer: Peptidbruchstücke derselben) nur in Assoziation
mit Strukturen des Haupthistokompatibilitäts-Komplexes
(MHC). In grundlegenden Untersuchungen konnte gezeigt
werden, daß sich CTL unter Umgehung ihrer genetisch
determinierten Spezifität durch bispezifische Antikörper auf
beliebige Zielzellen lenken lassen. Dabei wird durch die
eine Valenz des Hybridantikörpers (zumeist anti-CD3) die
T-Zelle aktiviert und durch die zweite Valenz die Zielzelle
an die T-Zelle gebunden, von der sie nachfolgend lysiert
wird. Die Selektivität der zytotoxischen Reaktion wird ausschließlich von der Spezifität des Antikörpers bestimmt
und ist nicht MHC-restringiert.
Bispezifische Antikörper zur Behandlung von
B-Zellneoplasien:
Wir haben Hybrid-Hybridome hergestellt, welche Antikörper der Spezifität CD19xCD3 sezernieren. Wir haben uns
auf das CD19 Molekül als Zielantigen konzentriert, da es
die breiteste Expression während der B-Zelldifferenzierung
aufweist und auf praktisch allen Leukämie und Lymphomzellen vorkommt, die sich von den B-Lymphozyten herleiten. Der CD19xCD3 bispezifische Antikörper wurde einer
umfassenden präklinischen Evaluation unterzogen, um
seine in vitro Wirksamkeit zu belegen. Insbesondere konnten präaktivierte T-Lymphozyten nach Zugabe von bispezifischem CD19xCD3 Antikörper sowohl auf allogene als
auch auf autologe Tumorzellen von Patienten mit cALL
(common acute lymphoblastic leukemia) und B-CLL
(chronic lymphocytic leukemia) gelenkt werden und diese
effizient lysieren.
Zusammen mit unseren klinischen Kooperationspartnern
haben wir eine Therapiestudie mit CD19xCD3 bispezifischen Hybridantikörpern bei Patienten mit rezidiviertem
Non-Hodgkin Lymphom begonnen. Dabei verfolgen wir
eine ex vivo Strategie, indem dem Patienten zunächst große Mengen von T-Lymphozyten aus dem Blut durch Leukapherese entnommen werden. Diese Zellen werden in
vitro mit CD3 Antikörper und IL-2 stimuliert, mit bispezifischem CD19xCD3 Antikörper beladen und anschließend
dem Patienten reinfundiert. Bisher sind 6 Patienten nach
diesem Protokoll therapiert worden. Nach Infusion der beladenen T-Zellen kam es regelmäßig zu einer transienten
Lymphomonozytopenie. Interessanterweise ließen sich die
aktivierten T-Lymphoblasten im peripheren Blut der Patienten noch bis zu 15 Tagen nach Therapie nachweisen.
Bispezifische Antikörper zur Behandlung von
Karzinomen:
In einem zweiten Projekt haben wir Hybrid-Hybridome der
Spezifitäten HEA125xCD3 und HEA125xCD28 hergestellt.
Der Antikörper HEA125 reagiert mit dem Membranglykoprotein Ep-CAM, das auf praktisch allen Karzinomzellen
aber auch auf normalen epithelialen Zellen des Menschen
(allerdings in geringerer Konzentration) exprimiert ist. Eine
besondere Eigenschaft dieses Antigens liegt darin, daß es
auch auf bösartig veränderten Tumorzellen niemals verloren geht, während viele andere Membranmarker während
der Krebsentwicklung nicht mehr nachweisbar sind.
DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Patientinnen mit Ovarial- oder Mammakarzinom entwikkeln im Endstadium der Erkrankung häufig malignen
Aszites oder einen malignen Pleuraerguß. Solche malignen Ergüsse enthalten meist einen großen Anteil an Tumorzellen und eine geringere Menge von Tumor-assoziierten Lymphozyten (TAL). Die immunphänotypische Analyse
der TALs erbrachte den interessanten Befund, daß sich
diese T Zellen offenbar in einem aktivierten Zustand befinden: sowohl eine Subpopulation der CD4+- als auch der
CD8+-exprimierenden TAL weist eine starke Expression
des frühen Aktivierungsantigens CD69 (activation inducer
molecule, AIM) auf.
Bisher wurden 11 Patientinnen mit fortgeschrittenem und
konventionell nicht mehr therapierbarem Ovarialkarzinom
und massiver Aszitesbildung in eine klinische Studie aufgenommen, die wir zusammen mit der Frauenklinik der
Universität Heidelberg durchführen. Das Behandlungsprotokoll schreibt die möglichst vollständige Abpunktion
der Aszitesflüssigkeit und die nachfolgende Gabe von
1 Milligramm bispezifischen Antikörper in die Bauchhöhle
vor. Die Behandlung wird viermal in wöchentlichem Abstand wiederholt. Alle Patientinnen sprachen klinisch auf
die Behandlung an. Bei 9 Patientinnen kam es zu einem
völligen Verschwinden der Aszitesproduktion, während 2
Patientinnen eine signifikante Rückbildung des Flüssigkeitsvolumens aufwiesen. Bemerkenswerterweise zeigten
8 Patientinnen eine Stabilisierung beziehungsweise einen
Rückgang des Tumormarkers CA125 im Serum. Die beobachteten Nebenwirkungen waren für die Patientinnen tolerabel und bestanden vor allem in Fieber, Schüttelfrost,
Blutdruckabsenkung und allergischen Hautreaktionen, die
durch eine Begleitmedikation gut behandelbar waren. Als
vorläufiges Ergebnis der Studie können wir zusammenfassen, daß alle Patientinnen zumindest im Sinne einer Verbesserung der Lebensqualität von der lokalen Antikörpertherapie profitiert haben, ohne belastende Nebenwirkungen in Kauf nehmen zu müssen.
Eine wissenschaftlich interessante Fragestellung betrifft
natürlich den Mechanismus dieser positiven Antikörperwirkung. Dazu haben wir in Begleituntersuchungen die
Lymphokin- und Zytokinspiegel im Blut und in der Aszitesflüssigkeit der Patientinnen vor und nach Antikörpertherapie bestimmt. Wir fanden einen dramatischen Anstieg von
Tumor-Nekrosefaktor alpha (TNF-a in der Aszitesflüssigkeit im Gefolge jeder Antikörpergabe. TNF-a ist ein Zytokin, welches - wie der Name schon sagt - starke Tumorzell-abtötende Eigenschaften aufweist. Weiterhin fanden
wir eine signifikante Abnahme des Wachstumsfaktors
VEGF (vascular endothelial growth factor) und seines löslichen zellulären Rezeptors sFlt-1. Der Wachstumsfaktor
VEGF ist mit verantwortlich für die intraperitoneale Metastasierung und die Bildung von malignem Aszites beim
Ovarialkarzinom, bedingt durch eine Erhöhung der Gefäßpermeabilität sowie die Ausbildung neuer Blutgefäße im
Tumorgewebe (Neoangiogenese).
Rekombinante Antikörperkonstrukte:
Abteilung G0400
Molekulare Immunologie
tration des großen Antikörpermoleküls (Molekulargewicht
150 kDa) in das Tumorgewebe speziell bei soliden und
wenig vaskularisierten Tumoren dar. Da weiter die Produktion und Reinigung von Hybrid-Hybridomantikörpern sehr
aufwendig und kostenintensiv ist, wird seit einigen Jahren
versucht, rekombinante Antikörper herzustellen. Die zur
Antigenbindung notwendige kleinste Einheit eines Antikörpers ist das aus je einer VH und VL Domäne bestehende
Fv-Fragment, das über eine Peptidbrücke verbunden, als
„Single chain“ Antikörper (Molekulargewicht 30 kDa) bezeichnet wird. In enger Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Little ist es gelungen, solche Einkettenantikörper gerichtet gegen die T-Lymphozytenantigene
CD3, CD5 und CD28 sowie gegen die B-Zellantigene
CD19, CD20 und CD22 zu klonieren und funktionell zu testen. Kürzlich haben wir einen heterodimeren CD19xCD3
„Diabody“ erhalten und eingehend charakterisiert. Er band
seine Zielantigene mit vergleichbaren Affinitäten wie die
parentalen scFv-Konstrukte. In einem Zytotoxizitätstest erwies sich der Diabody als sehr potent hinsichtlich der Zielrichtung und Abtötung von CD19-positiven Tumorzellen.
Um das therapeutische Potential von bispezifischen
CD19xCD3 Konstrukten zu erhöhen, haben wir neue rekombinante Moleküle generiert. Zu diesen gehört ein tetravalentes bispezifisches Dimer mit einem Molekulargewicht
von 114 kDa (“Tandem diabody“) sowie ein bivalentes und
bispezifisches Konstrukt mit 57 kDa (“Single-chain diabody“). Verglichen mit dem oben dargestellten konventionellen “Diabody“ wiesen diese neuen, über einen Peptidlinker verbundenen, Reagenzien neben einer höheren Affinität und Stabilität in vivo auch eine längere Retentionszeit
im Blut auf. Durch die Gabe des “Tandem diabody“ zusammen mit humanen peripheren Blutlymphozyten und einem
CD28 monoklonalen Antikörper konnten Lymphom-tragende SCID-Mäuse vollständig geheilt werden. Demgegenüber wurde mit dem konventionellen “Diabody“ nur eine
partielle Tumorregression erzielt. Diese Befunde deuten
darauf hin, daß sich der “Tandem diabody“ zu einem vielversprechenden Konstrukt für die Behandlung von B-Zellneoplasien entwickeln könnte.
Publikationen: (* = externe Koautoren)
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Ein zentrales Problem bei der therapeutischen Anwendung sowohl herkömmlicher monoklonaler als auch bispezifischer Antikörper stellt die zumeist unzureichende Pene-
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Forschungsschwerpunkt G
Tumorimmunologie
Abteilung G0400
Molekulare Immunologie
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DKFZ 2002: Wissenschaftlicher Ergebnisbericht 2000/2001
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