Apoptose als Ursache des durch das Rötelnvirus induzierten zytopathischen Effektes M.W. Pletz1, J. Hofmann2, U.G.Liebert 2 1Pneumologie I (Infektiologie und Immunologie), Zentralklinik E.v.Behring / Lungenklnik Heckeshorn, Berlin; 2 Institut für Virologie, Universität Leipzig Einleitung A Das Rötelnvirus (RV) verursacht die gleichnamige, häufig mit einem Exanthem einhergehende Kinderkrankheit. Die klinische Relevanz des RV beruht jedoch vor allem auf seiner Teratogenität (Kongenitales Rötelnsyndrom), deren Pathomechanismus bis heute weitgehend ungeklärt ist. In den infizierten fetalen Organe findet sich eine deutlich reduzierte Zellzahl. Neben einer bislang diskutierten, viral induzierten Wachstumshemmung kommt eine Dysregulation der Organogenese durch Apoptose oder Nekrose in Betracht. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, den durch das Rötelnvirus verursachten Zelltod in vitro zu untersuchen und beteiligte Faktoren zu identifizieren. M m RV B Abb . 2 DNA-Gelelektrophorese M A: Mock infizierte (m) und RV infizierte Verozellkultur (RV). B: Zellen aus Zellrasen (RVl) und abgelöste Zellen aus dem Überstand (RVs) einer RV infiziertenVerozellkultur. (M) 100bp Marker. A RVs RVl B Abb. 3 Annexin V Färbung (A) Phasenkontrast (Vergrößerung 40fach) und (B) fluoreszenzmikroskopische Darstellung einer apoptotischen Zelle nach AnnexinV-FITC Markierung Ergebnisse Apoptose von akut RV infizierten Zellen Verozellen, die mit verschiedenen RV-Stämmen infiziert wurden (multiplicity of infection =1), zeigen 48 bis 72 h post infectionem (p.i.) einen charakteristischen zytopathischen Effekt (CPE). Die Zellen runden sich ab und lösen sich nach Volumenreduktion aus dem Zellrasen (Abb.1). A 2. dpi 4. dpi Zellentyp Apoptose 6. dpi ECV 304 HFF U 937 Hep 2 61% 58% 24% 23% 6. dpi Abb. 1 CPE Abb. 4 Flowzytometrische Quantifizierung apoptotischer Zellen Mock - (A) und RV infizierte Vero Zellen (B) am 6. Tag p.i. Anteil apoptotischer Zellen (SubG1) in infizierten Verozellen am 2., 4. und 6. Tag p.i. und Anteil apoptotischer Zellen inverschiedenen infizierten humanen Zellinien am 6. Tag p.i. (Tabelle) B Parallel zu diesen, für Apoptose typischen, morphologischen Veränderungen konnte durch Propidiumjodidfärbung die Chromatinkondensation und mittels TUNEL-Test und DNAGelelektrophorese (Abb. 2A) die Fragmentierung der zellulären DNA nachgewiesen werden (apoptotic laddering). Die separate Analyse von Zellrasen und Überstand infizierter Kulturen zeigte, daß es sich bei den apoptotischen Zellen um die oben beschriebenen abgelösten Zellen handelt (Abb. 2B). Ein früher Marker der Apoptose, die Externalisierung von Phosphatidyserin, das sich bei vitalen Zellen nur auf der Innenseite der Zellmembran findet, wurde mit FITC-markierten Annexin V (Abb. 3) detektiert. Die quantitative Erfassung der apoptotischen Zellen erfolgte flowzytometrisch. Hier fand sich ein im zeitlichen Verlauf der Infektion ansteigender Anteil der apoptischen SubG1 Population ( Abb. 4) bis 58 % am 6. Tag p.i. Diese Ergebnisse ließen sich an akut infizierten humanen diploiden Zellen (Hep2, ECV 304, U 937, humane Vorhautfibroblasten) in unterschiedlichem Ausmaß reproduzieren (Abb. 4) Zusammenhang zwischen Apoptose und Viruslast Die Abhängigkeit der Apoptose vom Virustiter wurde in dafür etablierten, persistent infizierten Verozellen untersucht. Diese Zellen wurden nach akuter Infektion einmal wöchentlich passagiert und die Viruskonzentration im Überstand über ein Jahr verfolgt. Das Absinken der Viruskonzentration im Überstand ging mit einer Abnahme der Anzahl apoptotischer Zellen einher. Einfluß der viralen Strukturproteine Verozellen wurden stabil mit der subgenomischen 24S RV RNA transfiziert. Trotz einer nachgewiesenen Expression der Strukturproteine C, E1 und E2 in > 90% der Zellen, wurde keine erhöhte Apoptoserate gemessen. Untersuchungen zum Mechanismus Adhäsionsprozeß: Weder UV-inaktivierte Viren noch Rubella like Particles (Viruspartikel ohne RNA), die zur Adhäsion befähigt sind, jedoch nicht replizieren, konnten in Zellkulturen Apoptose induzieren. Parakrine Faktoren: Aus dem Überstand infizierter Zellkulturen wurden durch Ultrafiltration (Ausschlußgröße 50 kD) RV depletiert. Zytokine (Molekulargewicht bis 30 kD) wurden bei dieser Prozedur nicht entfernt. Das Ultrafiltrat induzierte in naiven Zellkulturen keine Apoptose. Apoptoseregulierende Proteine: Zwischen mock, akut und chronisch infizierten sowie 24S transfizierten Zellen zeigten sich für p53, Bax, Bcl2 und Bcl-XL im Westernblot keine Unterschiede im Expressionsniveau. Zusamenfassung •Unsere Untersuchungen zeigen, daß dem durch das Rötelnvirus verursachten zytopathische Effekt eine Apoptoseinduktion zugrunde liegt, die im zeitlichen Verlauf der Infektion zunimmt und von der Viruslast abhängt. •Wir fanden keinen Hinweis auf eine direkte Beteiligung viraler Strukturproteine oder parakriner Faktoren. Da weder inaktivierte Viren noch Rubella like Particles in der Lage sind Apoptose zu induzieren, muß die aktive Virusreplikation essentielle Vorraussetzung sein. •Eine Beeinflussung der Expression von p53, Bax, Bcl-2 und Bcl-XL durch das Rötelnvirus konnte nicht nachgewiesen werden. •Diese Ergebnisse sind nicht nur auf Verozellen beschränkt, sondern ließen sich in allen untersuchten humanen Zellen reproduzieren. Da Apoptose ein wichtiger Prozeß der Organogenese ist, kann eine Bedeutung der in vitro beobachteten viralen Apoptoseinduktion für die Pathogenese des Kongenitalen Rötelnsyndroms nicht ausgeschlossen werden.