Pharmazeuten Pathologie 1

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Pathologie
=
Krankheitslehre, beschäftigt sich mit den bei Krankheiten im Körper
auftretenden morphologischen Veränderungen
Lichtmikroskopie / Elektronenmikroskopie:
Histopathologie
„Cellularpathologie“ (Rudolph Virchow 1821- 1902)
Moderne Molekularbiologie
Molekularpathologie
Pathologie in Jena
1558 Gründung der Medizinischen Fakultät
1629 Werner Rolfinck
(Professor für Anatomie, Chirurgie und Botanik, Beginn der Sektionstätigkeit in Jena, erster
Vertreter der Pathologischen Anatomie)
1849-1851 Johann Theodor August Förster (erste Habilitation für allgem. und
spezielle Pathologie, erste regelmäßige pathologisch-anatomische Vorlesungen)
1864 Gründung des Lehrstuhles für Pathologische Anatomie / Wilhelm Müller
(80-90% aller Verstorbenen werden seziert, „Leichen-Müller“)
1909 Hermann Dürck
(Verbesserungen der Arbeitsbedingungen: Wasseranschluß, steinerner Sektionstisch etc.,
„Dürck´sche Gitterfasern“)
1911 Robert Rössle
(Neubau des Institutes, moderner Studentenunterricht: pathologisch-anatomischer
Demonstrationskurs, Mikroskopierkurs)
Werner Gerlach / Heinrich Heinlein / Walter Fischer / Franz Bolck / Günter
Waldmann / Detlef Katenkamp
Didaktische Gliederung:
allgemeine Pathologie:
- allgemeine Gesetzmäßigkeiten von Ursachen
= Ätiologie
(Lehre von den auslösenden Ursachen einer Krankheit)
- Entstehungsmechanismen
= Pathogenese
(Abfolge von Vorgängen, die für die Entstehung, den Verlauf und die
Folgezustände einer Krankheit maßgeblich sind)
spezielle Pathologie: Organpathologie
Was untersucht ein Pathologe ?
Histologische Untersuchungen
operativ entnommene Organe / Organteile
bioptisch gewonnenes Gewebe
(i.d.R. endoskopisch als Knips-, Saug- oder Zangenbiopsie)
Zytologische Untersuchung
Feinnadelbiopsien
Gewinnung von Zellen der inneren und äußeren Oberflächen
(Urin, Sputum, Spülflüssigkeiten, Abstriche etc.)
Spezielle Untersuchungsmethoden
Allgemeiner Nachweis von Zellbestandteilen:
Histochemische Reaktionen
(z.B. Nachweis von Speichersubstanzen wie
Glykogen)
Spezifischer Nachweis von Proteinen:
Immunhistochemische Verfahren
(z.B. Tumordiagnostik)
Spezifischer Nachweis von Nukleinsäuren:
In situ Hybridisierung / PCR
(z.B. Nachweis von Erreger-DNA / RNA)
Themengebiete
1) Anpassungsreaktionen
2) Zell- und Gewebeschäden
3) Exogene Noxen
4) Immunpathologie
5) Entzündungen
6) Zellersatz
7) Tumoren
8) Kreislaufstörungen
9) Pathologie des Nervensystems
1) Anpassungsreaktionen
Leistungen normaler Zellen sind den physiologischen Bedingungen im Körper exakt angepasst
(zelluläres Gleichgewicht / Homöostase)
• Steuerung erfolgt über hochkomplexe Regelkreise (Hormonsystem, Zytokinsystem)
• Gewebe kann auf veränderte Beanspruchung reagieren
Verminderte Beanspruchung:
Gewebeschwund = Atrophie
Gesteigerte Beanspruchung:
Gewebevermehrung = Hyperplasie, Hypertrophie
1.1) Atrophie
= erworbene Verkleinerung eines regelrecht entwickelten und vorher normal
großen Organs
einfache zelluläre Atrophie: Verkleinerung der Zellen
(Dauergewebe, Bindegewebe, Knorpel)
numerische Atrophie: Verminderung der Zellzahl
(regeneratorische Gewebe wie Knochenmark, Epithelien)
Ursachen:
Metabolitenmangel / Sauerstoffmangel
Störungen der Zellneubildung (Strahlen etc.)
Funktionsminderung
Mangelhafte Stimulation der Stammzellneubildung
Physiologische Atrophien: Involution, Altersatrophie
Pathologische Atrophien: Generalisierte und lokalisierte path. Atrophien
1.2) Hypertrophie und Hyperplasie
= erworbene Vergrößerung eines regelrecht entwickelten normal großen
Organs
einfache zelluläre Hypertrophie: Vergrößerung der Zellen
(v.a. im Skelett und Herzmuskel)
numerische Hypertrophie = Hyperplasie: Vergrößerung der Zellzahl
(in regeneratorischen Geweben wie Knochenmark, Epithelien)
Ursachen:
Erhöhte mechanische Belastung (kontraktile Gewebe und Epithel)
hormonelle Dysregulation
Störungen der Zellneubildung
Beispiele: Herzhypertrophie, kompensatorische Hypertrophie, Prostatahyperplasie
2) Zell- und Gewebeschäden
Schädigungen des Organismus durch exogene oder endogene Noxen
reflektieren sich in morphologischen Veränderungen der Zelle bzw. der
extrazellulären Matrix
Pathologe kann anhand dieser Veränderungen die Ursache der
Gewebeschädigung bestimmen
Zelleinlagerungen
Pigmentablagerungen
Extrazelluläre Veränderungen
Zellalterung
Zelltod
2.1) Zelleinlagerungen
Glykogen
bei überschießender Bildung oder verminderter Mobilisierung: z.B. Diabetes mellitus:
Triglyzeride / freie Fettsäuren
Abnorme Ablagerungen von Triglyzeriden in:
Fettgewebszellen (Adipozyten) - führt zu Lipomatose bzw. Adipositas
fettverarbeitenden Zellen - führt zu Organverfettung / Degeneration
Cholesterin
- Bestandteil von Zellmembranen, Myelinscheide, Lipoproteinen
- kann von allen Zellen gebildet, aber nicht abgebaut werden
- Ausscheidung über den Stuhl oder über die Haut
bei Störung exzessive Speicherung in Makrophagen (Schaumzellen) vor allem in Haut,
Gallenblasenschleimhaut, Magenschleimhaut - auch Makrophagen in der Intima der Arterien an dieser
Speicherung beteiligt erhöhtes Arterioskleroserisiko
Ursachen:
- primäre Hyperlipoproteinämien (genetisch)
- sekundäre Hyperlipoproteinämien
Pigmente
= alle im Körper vorkommenden Substanzen mit Eigenfarbe (exogene Pigmente / endogene
Pigmente)
Lipopigmente:
Hämatogene Pigmente:
Melanin:
Anorganische Pigmente:
Lipofuszin = Alterspigment
pathologische Hämoglobinabbauprodukte (z.B. bei Hepatitis = „Gelbsucht“)
vermindert = z.B. Albinismus
vermehrte = z.B. Addison-Krankheit (chron. Nierenrindeninsuffizienz, MSH), Chloasma
z.B. Kohlestaub (Alveolarmakrophagen der Lunge, Anthrakose)
2.2) Extrazelluläre Veränderungen
Extrazelluläre Ödeme = sicht- und tastbare Gewebsschwellungen aufgrund erhöhter
Flüssigkeitseinlagerungen in das Interstitium
Ursachen:
- erhöhter Druck in der Mikrozirkulation
- erniedrigter onkotischer Druck (= Absinken der Plasmaproteinkonzentration
und damit des Wasserrückhaltevermögens)
Ergüsse = Flüssigkeitsansammlung in einer Körperhöhle
Transsudate sind wegen niedrigem Eiweißgehalt klar
Exsudate sind wegen hohem Eiweißgehalt trübe
Amyloidose= Sammelbgriff für verschiedene Erkrankungen mit hyalinen extrazellulären
Eiweißablagerungen gleicher biochemischer Sruktur
- Amyloideiweiß existiert als lösliche Vorstufe mit ß-Faltblattstruktur
- normaler Aufbau ist bei Amyloidosen gestört, es kann kein Abbau mehr erfolgen
- Ansammlung von Amyloidfibrillen im Interstitium
systemisch:
Amyloidose (z.B. bei Tumoren der B-Lymphozytenreihe = Immunglobuline)
lokal beschränkt: lokales Amyloid (z.B. Alzheimer-Krankheit)
2.3) Zellalterung und Zelltod
Zellalterung
wie der gesamte Organismus hat auch eine Zelle eine beschränkte Lebenszeit, reguliert über
eine sukzessive Verkürzung der Telomere
Zelltod
Kann über zwei Mechanismen erfolgen: Nekrose und Apoptose
Formen der Nekrose
Koagulationsnekrose
beruht auf Eiweißdenaturierung, Eosinophilie, nach ischämischer Schädigung eiweißreicher
Gewebe (Nieren-, Milz-, Herzinfarkt)
Kolliquationsnekrose
keine Eiweißdenaturierung, Auflösung der Zellstrukturen bis zur völligen Verflüssigung, z.B.
Hirninfarkt, Abszess
Käsige Nekrose
Typisch für die Tuberkulose, erst Verfettung – dann Koagulationsnekrose der ortsständigen
Makrophagen, makroskopisch Struktur wie Schafskäse, später Verkalkung möglich
(= verkreidete käsige Nekrose)
Gangränöse Nekrose (Gangrän)
Ischämische Gewebeuntergänge im distalen Bereich der Extremitäten
(arteriosklerotische Durchblutungsstörungen, Diabetiker, Raucher)
Zustand nach Nekrosen
Einwandernde Entzündungszellen, Makrophagen, Fibroblasten, glatte Muskelzellen und
Gefäßendothelien „rekonstruieren“ das nekrotische Gewebeareal:
1.
2.
3.
4.
Völlige Wiederherstellung des Gewebes
(= Restitutio ad integrum)
Defektheilung mit Ersatz der Nekrose
durch Narbengewebe
Defektheilung mit Verflüssigung der Nekrose
und Ausbildung einer Pseudozyste
Verkalkung der Nekrose
Apoptose
Physiologisch:
z.B. Regeneration von Epithelien / Beispiel Dünndarmepithel
Verlust der Zellen an der Zottenspitze durch Apoptose
Apoptose als pathologischer Prozess:
Regulator-Proteine also Onco-Proteine:
durch chromosomale Translokation kommt z.B. das bcl-2-Gen in die Nähe des ImmunglobulinPromotors = up-Regulation = keine Apoptose
Virale Inhibitoren der Apoptose:
verhindern die Eliminierung von infizierten Zellen über Apoptose
z.B. bcl-2 Analoga (BHRF1 von EBV)
Autoimmunerkrankungen:
z.B. Lupus erythematosis - keine Selektion autoimmuner Lymphozyten über Apoptose
Neurodegenerative Erkrankungen:
z.B. M. Alzheimer - ß-Amyloid induziert Apoptose in Neuronen
3) Exogene Noxen
Noxe
= Schadstoff, schädigendes Agens, krankheitseregende Ursache
Kann belebter und unbelebter Natur sein
3.1) Exogene unbelebte Noxen
Chemische Noxen
als akute oder chronische Vergiftung
feste, flüssige und gasförmige Noxen
Aufnahme über Atemwege, oral oder perkutane Inkorporierung
(nur bei lipophilen Substanzen)
Schadstoffe bei anerkannten Berufserkrankungen
Quarzstaub
Asbest
= Silikose, z.B. Bergleute, Steinmetze, Porzelliner (Staubzellgranulom)
= Asbestose
Fremdkörper
Veränderungen durch Hitze
Hitzesynkope
Hitzschlag
Verbrühungen
Verbrennungen
Veränderungen durch Kälte
Unterkühlungen
Erfrierungen
Veränderungen durch Licht-, Ultraviolett- und ionisierende Strahlen
Sonnenbrand
photoallergische Lichtdermatosen
Induktion maligner Tumore
3.2) Exogene belebte Noxen
3.2.1) Viren
- sehr kleine belebte Partikel ohne eigenen Stoffwechsel
- DNA oder RNA Viren
- sind für die Reproduktion auf den Stoffwechsel der Wirtszelle angewiesen
Latente Infektion: Virusgenom in Zellgenom eingebaut, keine Replikation oder Zellschaden,
Reaktivierung aufgrund äußerer Reize (z.B. Herpes, EBV)
Nichtzytozide aktive Infektion: Virusreplikation führt an sich nicht zu Zellschaden,
Zellantigenitätsveränderungen lösen wirtsimmunologisch bedingte Zellzerstörung aus (z.B. BHepatitis)
Zytozoide aktive Infektion: Virusreplikation führt zu Zellschaden und Zelltod (z.B. Influenza,
HIV, Herpes)
Virusinfektionen können zu onkogener Zelltransformation führen !!
Expression onkogener Proteine (z.B. durch Veränderung des Wirtsgenoms), typisches Beispiel
sind HPV-assoziierte
gynäkologische Tumore
3.2.2) Bakterien
- Eindringen über Haut und Schleimhaut vermittelt über spezifische Adhäsion an Epithelzellen
- verantwortlich für Zell-und Gewebeschädigungen sind bakterielle Exotoxine, Enzyme und
Entzündungsmediatoren
Beispiele für reine Exotoxin vermittelte Reaktionen:
Clostridium tetani:
Hemmung der motorischen Neurone
Clostridium botulinum:
Blockierung von Acetylcholin
Vibrio cholerae:
Aktivierung der Adenylatzyklase im Darm
Erreger eitriger Entzündungen werden pyogene Keime genannt:
Staphylokokken, Streptokokken (Pneumonien),
Meningokokken (epidemische Meningitis), Gonokokken
Chlamydien: zeigen streng intrazellulären Vermehrungszyklus = Virus-ähnlich
C. trachomatis: Erreger der nichtgonorrhoischen Zervizitis (häufigste sexuell übertragene
Krankheit) bzw. des Trachoms
C. psittaci: Erreger der Ornithose (Psittakose)
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