Marxistisches Forum

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Marxistisches Forum
Heft 48
Möglichkeiten
politischer Gegenmacht heute
Von der Beratung des Marxistischen Forums am 30. April 2004
Mit Beiträgen von
Edeltraut Felfe, Harald Neubert, Angela Klein,Birger Scholz,
Uwe-Jens Heuer,Peter Kroh, Heinz Niemann und Horst Trapp
Marxistisches Forum
Heinz Behling†, Michael Benjamin†, Joachim Bischoff, Gerhard Branstner, Wolfgang Brauer, Erich Buchholz,
Stefan Doernberg, Ernst Engelberg, Edeltraut Felfe, Susi Fleischer, Gert Friedrich, Kuno Füssel, Günter
Görlich, Erich Hahn, Heidrun Hegewald, Manfred Hegner, Horst Heininger, Uwe-Jens Heuer, Klaus Höpcke,
Helga Hörz, Detlef Joseph, Herbert Hörz, Ernstgert Kalbe, Heinz Kallabis, Horst Kellner, Hermann Klenner,
Horst Kolodziej, Adolf Kossakowski, Dieter Kraft, Hans-Joachim Krusch†, Volker Külow, Daniel Lewin,
Ekkehard Lieberam, Peter Ligner, Renato Lorenz, Moritz Mebel, Harald Neubert, Harry Nick, Eberhard Panitz,
Kurt Pätzold, Wilhelm Penndorf, Siegfried Prokop, Wolfgang Richter, Fritz Rösel, Ekkehard Sauermann,
Gregor Schirmer, Walter Schmidt, Horst Schneider, Arnold Schölzel, Günter Schumacher, Hans-Joachim Siegel,
Gisela Steineckert, Gottfried Stiehler, Armin Stolper, Wolfgang Triebel, Wolfram Triller, Ingo Wagner,
Günter Wendel, Laura von Wimmersperg, Dieter Wittich, Winfried Wolf
Redaktion: Kurt Pätzold, Hans-Joachim Siegel
Berlin, Juli 2004
Preis 2,00 Euro
Möglichkeiten politischer Gegenmacht heute
Beratung des Marxistischen Forums am 30. April 2004
Inhalt:
1. Prof. Dr. Edeltraut Felfe
2. Prof. Dr. Harald Neubert
3. Angela Klein
4. Birger Scholz
5. Prof. Dr. Uwe-Jens Heuer
6. Dr. Peter Kroh
7. Prof. Dr. Heinz Niemann
8. Horst Trapp
*) Angela Klein
Birger Scholz
Horst Trapp
Inhaltsverzeichnis
Möglichkeiten politischer Gegenmacht heute
Zur Einführung in die Diskussion
Bemerkungen zur Gründung der
Partei der Europäischen Linken (PEL)
Die Europäische Antikapitalistische Linke
Ein Ansatz zur Neuformierung
einer sozialistischen Linken
Perspektiven einer wahlpolitischen Alternative
Gegenkräfte und marxistisches Staatsverständnis
(Nachdruck aus der Jungen Welt)
Interessen sozialer Akteure und
Entwicklung von Gegenmacht
10 Anmerkungen zum Thema
„Möglichkeiten politischer Gegenmacht heute“
Ein Begriff wird wieder modern: Gegenmacht
Gegenkräfte bündeln
Zum Perspektivenkongress
Seite 2
Seite 3
Seite 7
Seite 9
Seite 11
Seite 13
Seite 16
Seite 18
Sozialistische Zeitung, Köln
Initiative „Berliner Wahlalternative“ und Attac Berlin
Initiative für einen Politikwechsel, Frankfurt/Main
1
Edeltraut Felfe
Möglichkeiten politischer Gegenmacht heute
Zur Einführung in die Diskussion
Am 3. April demonstrierte etwa eine halbe Million Menschen gegen mannigfaltige asoziale Folgen neoliberaler
Politik und Gesellschaftsentwicklung in Deutschland.
Viele Menschen waren spontan und ohne organisatorische
Bindung gekommen, die meisten aber sammelten sich
unter Transparenten, Fahnen, Losungen, Forderungen in
bereits organisierten Formen. Manche schienen in Konkurrenz zueinander zu agieren. Mir war - auch später nicht erkennbar, wie derartige Bewegung in einen
gemeinsamen politikrelevanten Strom zusammengeführt
werden könnte.
Mehr und mehr Menschen spüren, dass eine kleine Minderheit ihren Willen gegen elementare Interessen von
immer mehr Menschen in der Bundesrepublik, in Europa,
weltweit durchsetzen kann. Diese Minderheit übt geistige
und sozialpsychologische Führerschaft, Zwang und
Gewalt, auch nichtstaatlicher Art, aus. Sie hat das Potenzial, gesellschaftlich bindende Entscheidungen für uns
alle zu treffen. Sie ist mächtig und zunehmend herrschend.
Nachgewiesen ist auch - und für viele wird es immer deutlicher erkennbar - dass derartige Macht wesentlich aus
privatem Großeigentum an Produktionsmitteln und damit
aus der Ausbeutung fremder Arbeitskraft, aus der sprunghaft gestiegenen Kapitalakkumulation, aus riesigen Bankund Spekulationsvermögen erwächst. Macht ist also
wesentlich Ausdruck von Klasseninteressen.
Gegenmacht wäre dann der Aufbau und die Organisation
von Widerstand der Arbeiterklasse, der die bürgerliche
Macht ernsthaft bedrohen und Alternativen zu ihr bieten
kann. Diese Definition bietet das Historisch-Kritische
Wörterbuch des Marxismus an (Hrg. Fritz Haug, Bd.4,
1999, S.1358). Es geht um unversöhnliche Interessen, die
innerhalb des kapitalistischen Gesellschaftssystems durch
Gegenkräfte zur herrschenden Macht nicht auszubalancieren sind, um elementare Lebensinteressen der übergroßen
Bevölkerungsmehrheit zu sichern. Gegenmacht meint in
der notwendigen Perspektive von heute und morgen also
weder die Checks and balances der bürgerlichen Politologie noch die entsprechende reformerische Interpretation
verschiedener Herkunft.
Heute Gegenmacht entwickeln, heißt noch immer die sich
verändernde Arbeiterklasse als einen wesentlichen Akteur,
als Subjekt der Veränderung zu begreifen. Zugleich geht
es darum, äußerst differenzierte Interessen von allen
sozialen Klassen, Gruppen und Schichten, Frauen und
Männern, jungen und älteren Menschen, die vom gegenwärtigen neoliberalen kriegerischen Kapitalismus mit
Füßen getreten werden und ständig bedroht sind, zu bündeln und in politikfähige Alternativen umzusetzen. Und
dies über die eigenen kleineren Lebensräume, über nationale Grenzen und Regionen hinweg. Wir sind uns sicher
einig, dass wir in dem Sinne noch weit von der Entwicklung einer Gegenmacht entfernt sind.
2
Wäre als wichtiger Schritt dorthin nicht wesentlich Aufklärung als Schaffung eines politischen Bewusstseins
sozialer Bewegung gegen Auswirkungen des Neoliberalismus zu fassen? Dies vor allem durch eine politische
Praxis des Widerspruchs, des Widerstandes, der vielfältigsten Aktionen gegen die herrschende Macht in allen
Gesellschaftsbereichen, wie wir es mit Studentenaktivitäten, der Initiative gegen den Berliner Bankenskandal, mit
Widersprüchen gegen Rentenbescheide, zivilem Ungehorsam etc. erleben. Zum Aufbau von Gegenmacht gehören
Anstrengungen zur Entwicklung einer Gegenöffentlichkeit, einer Gegenkultur, Anstrengungen, sich jeglicher
Zusammenarbeit zur Durchsetzung neoliberaler Politik
durch die bürgerliche Staatsmacht, zu entziehen. Auch
massenhaftes individuelles Bemühen, gegen herrschenden
Geist und Geld - bestimmte Existenz in dieser Gesellschaft anzuleben (z. B. in unserer Eigenschaft als Konsumenten) könnte politisch wirksam werden, also Einfluss
auf Machtverhältnisse nehmen. Ein bisschen richtiges im
falschen Leben.
Dennoch bleibt ganz wesentlich: Entwicklung von Gegenmacht kann nicht in der Zivilgesellschaft verbleiben. Sie
muss anhand täglicher Lebenserfahrung und widerständischer Praxis der Benachteiligten Illusionen über die bürgerliche Staatsmacht und massenhafte Irreführung mit
dem Begriff der „Demokratie“ bekämpfen und sich selbst
auch institutionalisieren. Erfolge im Ringen um geistige
Hegemonie, Aktionen, Demonstrationen und Proteste
allein veranlassen die Herrschenden in Wirtschaft und
Politik offensichtlich nicht zur Mäßigung. Vielmehr
beschleunigen sie neben dem Ausbau ihrer ökonomischen
und sozialen Macht auch die autoritäre und repressive
staatliche Absicherung ihres Kurses.
Um die objektiv interessierten Kräfte gegen diese verhängnisvolle Entwicklung zu mobilisieren, braucht es das wird immer deutlicher - eine gesamtgesellschaftliche
Alternative. Deshalb gehört zur Debatte um Gegenmacht
auch die Auseinandersetzung um mögliche demokratische
sozialistische Gesellschaften, um Wege und Strukturen für
Übergänge. Hier haben wir Bisheriges zu analysieren, zu
lernen, zu suchen und Schlüsse für neue Qualitäten von
Gegenmacht zu ziehen. Ob es dann überhaupt noch
„Macht“ mit ihren Hierarchien und Zentralismen wäre
oder ob es neue noch zu entdeckende, besser: in politischer Praxis zu schaffende staatliche und nichtstaatliche
Strukturen und Beziehungen selbstbestimmten Lebens der
Mehrheit der Menschen wären? Suchender Streit darüber
soll verbinden und uns vor allem nicht hindern, heute
Mögliches zu tun.
Unter den Akteuren zur Entwicklung von politischer
Gegenmacht spielen linke politische Parteien trotz aller
Wandlungen in der Funktionsweise des bürgerlichen
Nationalstaates, eine besondere Rolle. Sie ist unter Aktiven selbst, wesentlich abhängig von ihrem Staats-verMarxistisches Forum 48/2004
ständnis, durchaus umstritten. Aber sicher können Wirkungsmöglichkeiten linker politischer Parteien im gegenwärtigen parlamentarischen System auch nicht durch die
neue Qualität sozialer Bewegungen realisiert oder anderweitig ersetzt werden. Zugleich integrieren Fallstricke und
Fesseln jeglicher menschlicher Organisation und der bürgerliche Parlamentarismus im besonderen eben auch jene
Parteien, die Gegenmacht entwickeln und transportieren
woll(t)en. Übrigens lehrt die Zeit, dass auch Nicht-regierungsorganisationen, Initiativen und Foren des Widerstandes vor Einbindung und Verlust des Veränderungspotenzials nicht gefeit sind. Das ist das Spannungsfeld, in dem
Machtressourcen gegen das Kapital immer wieder absorbiert werden.
In Zukunft wird es wesentlich darum gehen, wie Parteien,
Bewegungen und andere außerparlamentarische Organisationsformen sich wandeln und ihre jeweils spezifischen
Aufgaben in produktivem Miteinander wahrnehmen werden. Dabei wird der selbstbestimmte, gleichberechtigte,
gleichverpflichtete und kontrollierende persönliche Einsatz von immer mehr Menschen entscheidend sein: in der
einen wie in der anderen Form und Art des Widerstandes.
Wir freuen uns, dass wir im folgenden drei Vorträge zu
aktuellen Strömungen im Fluss der Gegenbewegung
hören werden. Heutige Diskussionen im Marxistischen
Forum sollen übers Jahr fortgeführt werden.
Harald Neubert
Bemerkungen zur Gründung der Partei der
Europäischen Linken (PEL)1
Eine Alternative zur neoliberalen Politik und Entwicklungsrichtung in den integrierten europäischen Ländern
im Sinne eines wirklichen sozialen Fortschritts ist nur
denkbar, wenn erstens die zersplitterten linken, systemkritischen und antikapitalistischen Kräfte sich als fähig
erweisen, sich als Gegenkraft zu etablieren, Mehrheiten
zu gewinnen und zielgerichtet zu agieren;
wenn zweitens diese Gegenkraft international organisiert
und handlungsfähig ist und ausreicht, die herrschenden
Kräfte zu substantiellen politischen Zugeständnissen zu
zwingen;
wenn es drittens gelingt, die Profitlogik, d. h. die Gesetze
der kapitalistischen Reproduktion, in den gesellschaftlichen Bereichen des Gemeinwohls zurückzudrängen und
den Staat zu zwingen, seiner sozialen Verantwortung
gerecht zu werden.
Selbst wenn das alles gelänge, wären die linken Kräfte
noch sehr weit von einem neuen Sozialismus entfernt.
Man muß kein Pessimist sein, wenn man feststellt, daß die
europäischen Linkskräfte sogar weit davon entfernt sind,
selbst diese unmittelbaren Erfordernisse zu realisieren.
Dennoch: Als positiv zu nennen sind drei Formen und
Ebenen internationaler Kooperation linker Kräfte, die die
Grundlage intensiverer und erweiterter Zusammenarbeit
bilden können: das Forum der Neuen Europäischen Linken (NELF); Konföderalen Fraktion der Vereinigten
Europäischen Linken und der Nordischen Grünen Linken
(GUE/NGL) im Europa-Parlament; die in der Formierung
begriffene Partei der Europäischen Linken, das Zusammenwirken in Gestalt der antikapitalistischen Linken. Zu
erwähnen ist auch das Europäische Sozialforum und
Attac.
Die Gründung der Partei Europäischen Linken wird am 8.
und 9. Mai dieses Jahres in Rom stattfinden.
Zur Notwendigkeit der Europäischen Linkspartei, zum
bisherigen Prozeß, den Problemen und Schwierigkeit ihrer
Formierung einige Bemerkungen. Es handelt sich um ein
stark gekürztes Resümee einer Studie, die ich für die PDSGruppe im Europa-Parlament angefertigt habe und über
die Rosa-Luxemburg-Stiftung per Internet einzusehen ist.
I. Die spezifischen Gründe und Aufgaben, die die PEL erforderlich
machen
Aufgrund der Widersprüchlichkeit und der neoliberalen
Ausrichtung der europäischen Integration im Interesse der
großen Banken und Wirtschaftsverbände ist es dringend
notwendig, daß die Linkskräfte übereinstimmende konkrete Vorstellungen über eine linke, demokratische, sozialgerechte Alternative zur jetzigen Verfaßtheit und Entwicklung der EU auszuarbeiten und für deren Realisierung gemeinsam kämpfen.
Es geht dabei um ein Alternativprogramm, dessen Ziele
sich allein aus einer nationalstaatlichen Perspektive nicht
durchsetzen lassen, da sie die Union als Ganzes betreffen
und da diejenigen Kräfte, die die jetzige Ausgestaltung
des Integrationsprozesses bestimmen - die großen Konzerne, Wirtschaftsverbände und die ihnen dienenden Politiker - einen international organisierten Machtfaktor darstellen.
Wesentliche programmatische Ziele hierfür könnten sein:
- Da die Kompetenz der Politik gegenüber der Ökonomie
auf den zweiten Platz gerückt ist, was bedeutet, daß die
Politik die Steuerungsfunktion gegenüber den großen
Konzernen und Banken in beträchtlichem Maße verloren hat, ist aus der Sicht der Linkskräfte eine Umkehrung des Verhältnisses von Politik und Wirtschaft notwendig.
1 Der Vortrag wurde am 30. April 2004 gehalten, also vor der am 8./9. Mai 2004 stattgefundenen Gründungskonferenz der Partei der Europäischen
Linken. Die Probleme und Ergebnisse der Gründungskonferenz wurde bei der Überarbeitung des Vortrags nicht berücksichtigt.
Edeltraut Felfe
3
- Dies wiederum erfordert die Formierung eines demokratisch verfaßten politischen Überbaus der Europäischen Union. In ihm muß dem Europäischen Parlament
ein größeres Gewicht eingeräumt werden. Gewisse
Fortschritte sind in dieser Hinsicht im Verfassungsentwurf zu verzeichnen, die eine Unterstützung verdienen.
Notwendig ist die uneingeschränkte Kontrollkompetenz
des Europa-Parlaments gegenüber der Kommission und
dem Ministerrat der EU.
- Eine vorrangige Aufgabe besteht im Kampf gegen die
Arbeitslosigkeit, verbunden mit sozial verträglichen
Regelungen des internationalisierten Arbeitskräftemarktes, um der Praxis der kapitalistischen Unternehmen entgegenzuwirken, die Unterschiede im Lohnniveau und im Arbeitskräftepotential aus Konkurrenzgründen und zur Erzielung von Maximalprofit auszunutzen. Anstrengungen im nationalstaatlichen Rahmen
reichen nicht aus, um hierbei Erfolge zu erzielen.
- Ein unzureichend gelöstes strukturelles Problem besteht
in einer klaren, demokratischen Erfordernissen entsprechenden Regelung und Abstimmung der unterschiedlichen Kompetenzen der EU als Ganzes, der einzelnen
Mitgliederstaaten, der Regionen und Kommunen, um
einem dirigistischen Zentralismus und der Bürokratisierung der EU-Organe entgegenzuwirken.
- Notwendig ist die Durchsetzung eines gleichberechtigten, mehr oder weniger autonomen Verhältnisses der EU
gegenüber den USA. Vor allem müssen sich die EUStaaten aus der Unterordnung unter die imperialistische
Sicherheits- und Militärpolitik der USA befreien, Strukturen einer eigenen friedlichen Sicherheitspolitik schaffen.
Die linken Kräfte müssen in diesem Zusammenhang entschieden gegen den bereits begonnenen Prozeß der Militarisierung der EU-Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik kämpfen, wie er auch im Verfassungsentwurf
festgeschrieben werden soll. Dies ist einer der wesentlichen Gründe für die Ablehnung dieses Verfassungsentwurfs. Die linken Kräfte müssen in diesem Zusammenhang entschieden Pläne und Konzepte der herrschenden
Eliten der EU ablehnen, mit militärischen Interventionen
außerhalb der EU ökonomische und Machtinteressen
wahrnehmen und Konfliktlösungen betreiben zu wollen.
- Notwendig ist die rechtsverbindliche Durchsetzung der
europäischen Sozialcharta, die Regelungen für den
Arbeitskräftemarkt, für den Angleich der Lebensverhältnisse der verschiedenen Mitgliedsländer und Regionen, für die Sicherung der sozialen Menschenrechte, für
die reale Gleichberechtigung der Geschlechter wie auch
nationaler Minderheiten usw. gewährleisten muß.
- Dringend geboten sind im Rahmen der EU Regelungen
auf dem Gebiete der Haushalts-, Finanz- und Steuerpolitik, um eine Angleichung zu erzielen und auch, um
Kapitalflucht, Steuerhinterziehung, Finanzmanipulationen, Korruption usw. zu unterbinden. Anzustreben ist
die Einführung der Tobin.Steuer.
- Notwendig sind Gegenkonzepte und Initiativen für die
Durchsetzung einer konsequenten ökologischen Aus4
richtung der EU sowie die Beachtung der Nachhaltigkeit in der Wirtschaft.
- Die EU-Erweiterung erfordert die gleichberechtigte
Einbeziehung der neuen Beitrittsländer, um die langfristige Überwindung der Entwicklungsunterschiede und
den Angleich der Lebensverhältnisse, um eine verträgliche Bewältigung der jetzigen negativen Konsequenzen
der Entwicklungsunterschiede zu gewährleisten, um die
faktische Kolonialisierung der neuen EU-Länder in Ostund Südosteuropa zu verhindern usw.
- Es bedarf der Ausarbeitung von strategischen Konzepten, in welcher Weise die EU an der Globalisierung in
der Welt teilnimmt und wie man in der EU den negativen Zwängen als Folge der neoliberalen Globalisierung
entgegenwirken kann.
- Die EU besitzt eine große Verantwortung für die Länder
der sogenannten Dritten Welt, die sie insgesamt und ihre
einzelnen Mitgliedsländer bisher nicht in erforderlichem Maße wahrnehmen.
- Da die EU-Länder nur einen Teil Gesamteuropas darstellen, folgt daraus das Erfordernis der Klärung des
Verhältnisses der EU zu den europäischen Nichtmitgliedsländern, der gegenseitig nutzbringenden Kooperation und einer möglichen späteren Einbeziehung dieser
Länder. Von besonderer Bedeutung ist dabei das Verhältnis zu Rußland, zur Ukraine, zu Weißrußland.
II.Zur Vorgeschichte der PEL-Gründung
In Anerkennung der Notwendigkeit waren seit Jahren
einige Parteien bemüht, die Formierung einer Europäischen Linkspartei zu betreiben. Die Überlegungen über
Notwendigkeit, Charakter und Zielsetzungen einer
europäischen Linkspartei fanden in jener Zeit Niederschlag in verschiedenen Dokumenten und Stellungnahmen, von denen nur einige genannt seien:
Erwähnt seien
- ein vom PDS-Vorstand gebilligtes Thesen-Papier vom
Februar 2002,
- ebenso vom Februar 2002 ein Brief Hans Modrows an
verschiedene europäische Linksparteien mit dem Vorschlag, auf einer Zusammenkunft über die Gründung
einer gemeinsamen Linkspartei zu beraten,
- Antworten der PDS auf eine entsprechende Initiative
der griechischen Synaspismos vom März 2003,
- 15 Thesen des Vorsitzenden der italienischen Partei
Rifondazione comunista, Fausto Bertinottis vom
November 2002,
- zwei Positionspapiere der KPÖ vom Februar 2002 und
vom November 2003.
An der Initiative zur Gründung einer europäischen Linkspartei waren auch die Französische KP und die spanische
Izquierda Unida, der die KP Spaniens angehört, beteiligt.
Einige von diesen Parteien hatten sich seit 2003 als Initiativgruppe zur Gründung der Europäischen Linkspartei
Marxistisches Forum 48/2004
formiert und seither mehrere Zusammenkünfte durchgeführt, die der unmittelbaren Vorbereitung der Parteigründung dienten..
Am 10. und 11. Januar 2004 fand in Berlin ein Treffen von
22 linken Parteien und politischen Organisationen statt,
auf dem 11 der teilnehmenden Parteien einen Gründungsappell verabschiedet haben. Das Treffen von Berlin spiegelte das zunächst in Frage kommende linke Parteienspektrum und ihre Haltung zur Gründung einer Europäischen Linkspartei wider.
Den Appell hatten die Vertreter folgender Parteien und
Organisationen unterzeichnet:
Estnische Sozialdemokratische Partei der Arbeit
Französische Kommunistische Partei
SYNASPISMOS (Griechenland)
Partei der kommunistischen Wiedergründung (Italien)
Die Linke (Luxemburg)
Kommunistische Partei Österreichs
Kommunistische Partei der Slowakei
Vereinigte Linke (Spanien)
Kommunistische Partei Böhmens und Mährens
Partei des Demokratischen Sozialismus (Tschechische
Republik)
Partei des Demokratischen Sozialismus (Deutschland)
III. Probleme, Vorbehalte und Widerstände in bezug auf eine Partei der
Europäischen Linken
Die Probleme, Vorbehalte und Widerstände im Prozeß der
Formierung der PEL ergeben sich daraus, daß die betreffenden Parteien einen unterschiedlichen Ursprung, ein
unterschiedliches Parteiverständnis und unterschiedliche
programmatische und ideologische Orientierungen haben
und die Europäische Union unterschiedlich einschätzen.
So gibt es Parteien, die sich weiterhin - allerdings in einigen von ihnen verbunden mit parteiinternen Meinungsverschiedenheiten - zu ihrer kommunistischen Vergangenheit, zu ihrer heutigen kommunistischen Identität und zum
Marxismus als ideologisch-theoretischem Bezug bekennen, wie zum Beispiel die Französische KP, die Partei der
Italienischen Kommunisten, die KP Spaniens, die Portugiesische KP, die KP Griechenlands, die zyprische AKEL,
die KP Österreichs, die KP Böhmens und Mährens, die
Deutsche KP (die allerdings bisher in den Prozeß der Parteigründung nicht einbezogen wurde).
Eine Reihe von Parteien sind entweder aus der kommunistischen Bewegung hervorgegangen und haben inzwischen den Charakter einer linkssozialistischen Parteien
angenommen oder sie sind Neugründungen ohne direkten
kommunistischen Ursprung. Sie haben vorwiegend ein
pluralistisches Parteiverständnis und betrachten sich nicht
oder nicht ausdrücklich als revolutionäre, sondern als
reformatorische bzw. reformistische Parteien. Manche
von ihnen haben mehr den Charakter einer politischen
Bewegung als den einer politischen Partei.
Zu den Unterschieden zwischen den Parteien gehört auch,
wie an anderer Stelle schon erwähnt, die unterschiedliche
Harald Neubert
Einschätzung der gescheiterten sozialistischen Ordnungen
und der Ursachen des Scheiterns.
Worin bestehen wesentliche konkrete Vorbehalte gegen
die Gründung einer gemeinsamen Partei der Europäischen
Linken, die bisher zutage getreten sind?
- Im linken Parteienspektrum gibt es Kräfte, so zum Beispiel in den linken nordischen Parteien, in der KPÖ, die
generell die europäische Integration und somit die Existenz der Europäischen Union ablehnen und den Austritt
ihrer Länder aus der EU fordern. Da die Partei der
Europäischen Linken sich den rechtlichen Vorgaben des
Europäischen Parlaments gemäß, was den Charakter,
die Voraussetzungen, die Verfaßtheit und die Finanzordnung betrifft, konstituieren muß, sehen diese Kräfte in
der Parteigründung eine Legitimierung der EU in ihrer
derzeitigen Verfaßtheit und eine Anpassung der PEL an
die dominierenden Zwänge in der EU.
Es wird hierbei offenkundig ignoriert, daß der europäische Integrationsprozeß nicht nur ein von den herrschenden Kräften betriebener Prozeß ist, sondern auch
objektive Ursachen besitzt und somit irreversibel ist.
Und das bedeutet, daß die linken, pro-sozialistischen
Kräfte gar nicht umhin kommen, das integrierte Europa
als ein notwendigen Aktionsfeld anzunehmen, sich in
ihm länderübergreifend politisch zu organisieren und
für Veränderungen zu kämpfen, die national nicht mehr
durchsetzbar sind.
- Kontroverse Auffassungen existieren darüber, ob die
Gründung der Partei der Europäischen Linken tatsächlich zur Integration der europäischen Linkskräfte
beiträgt oder die Spaltung fördert. Diejenigen Parteien,
die die Gründung der Partei befürworten, lassen sich
von der Überzeugung leiten, daß die Partei zur - wenn
auch schrittweisen - Vereinigung der europäischen
Linkskräfte beiträgt und mit ihr auf die Richtung des
Integrationsprozesses Einfluß genommen werden muß
und auch kann.
Parteien wie die KP Griechenlands, die AKEL Zyperns,
die Portugiesische KP, die Partei der Italienischen Kommunisten und auch Kräfte innerhalb einiger anderer Parteien wie zum Beispiel in der KP Böhmens und Mähren,
in der KPÖ bezweifeln, daß die PEL die europäischen
Linkskräfte zu einigen vermag. Deshalb lehnen sie die
Gründung der PEL gänzlich oder zum gegebenen Zeitpunkt als verfrüht ab, und zwar entweder, weil aus ihrer
Sicht bisher nicht alle Fragen in bezug auf die Struktur,
die Funktion, die Ziele dieser Partei geklärt seien, oder
weil bisher nicht alle europäischen kommunistischen und
Linkspartei einbezogen sind bzw. sich nicht beteiligen
wollen, oder weil sie sich einen Zusammenschluß mit
einer gewissen einheitlichen ideologischen Plattform
kommunistischer Ausrichtung wünschen, oder weil sie
aus dem einem oder anderem Grunde in dieser Parteigründung nicht einen Schritt zur Vereinigung, sondern
eben einen Akt der Spaltung der linken, pro-sozialistischen Kräfte Europas sehen.
- Widersprüchlich ist am 6. und 7. März 2004 eine internationale Konferenz europäischer kommunistischer und
anderer linker Parteien nach Prag verlaufen, an der 33
5
Parteien, darunter 9, die den Berliner Gründungsaufruf
für die PEL unterzeichnet hatten, teilnahmen. Die einladende KP Böhmens und Mährens zeigte sich hinsichtlich der Europapartei gespalten zwischen dem Vorsitzenden Miroslav Grebenicek und dem Leiter der Internationalen Abteilung, Hasan Charfo, die eine ablehnende Position einnahmen, und dem stellvertretenden Parteivorsitzenden Miloslav Ransdorf, der in Berlin den
Gründungsappell unterzeichnet hatte, die Gründung der
PEL also befürwortet..
- Dem Zusammenschluß steht ein kontroverses Internationalismus-Verständnis entgegen. Es sei betont: Die
heutige Realität erlaubt nur eine gemeinsame Partei auf
der Grundlage eines neuen Internationalismus, wie es
auch ihrem Gründungsaufruf, ihrem Programm- und
Statutenentwurf entspricht. Es kann sich nur um programmatisch heterogene Parteien mit einem unterschiedlichen Parteiverständnis und unterschiedlicher
ideologischer Ausrichtung handeln, die ihre Autonomie
bewahren.
Demgegenüber gibt es jedoch Parteien und Kräfte, die als
Grundlage des engeren Zusammenwirkens verschiedener
Parteien fundamentalistisch einen „kommunistischen
Internationalismus“ fordern
Der Unterschied im Internationalismus-Verständnis
besteht also darin, daß zu einem neuen Internationalismus
Prinzipien wie die Anerkennung von Pluralität, der Offenheit, der Autonomie der beteiligten Parteien sowie der kritischer Solidarität gehören müssen, während kommunistischer Internationalismus sich offenbar auf ideologische
Einheitlichkeit als Bedingung des Zusammenwirkens
gründen soll.
- Einige Parteien hegen aufgrund der angestrebten breiten, pluralen Zusammensetzung der PEL die Befürchtung, sie könnten ihre Identität und Autonomie verlieren, indem Parteien mit einer bestimmten Ausrichtung
eine hegemoniale Funktion beanspruchen und durchzusetzen beabsichtigen. Gedacht dabei wird z. B. an die
deutsche PDS, die italienische Partei Rifondazione
comunista, die Französische KP.
- Probleme existieren auch bei Parteien, in deren Ländern
es nicht nur eine Linkspartei, sondern wo es sozusagen
Parallelparteien, zum Teil gleichen Ursprungs, gibt, die
sich in einem nationalen Konkurrenzverhältnis befinden
und wo zum Teil auch ein Ausschließlichkeitsanspruch
bzw. die Furcht vor einer Vereinnahmung oder vor
einem Identitätsverlust vorherrscht. Das betrifft zum
Beispiel in Griechenland Synaspismos und KP Griechenlands, in Italien Rifondazione comunista und Partei
der Italienischen Kommunisten, in Portugal Kommunistische Partei und Linksblock, in Deutschland PDS und
DKP.
- Die Sozialistische Linkspartei Norwegens betrachtet
sich zugleich als rote (sozialistische) und grüne (ökologische) Partei und orientiert sich darauf, einen Beobachterstatus sowohl bei der PEL wie bei der Europäischen Föderation Grüner Parteien wahrzunehmen. Im
Sinne einer skandinavischen Parteiensolidarität, die
6
inzwischen zur Konstituierung der Nordischen Grünen
Linksallianz geführt hat, erklärte in Berlin auch der Vertreter des Finnischen Linksbundes, der PEL nicht als
Mitglied beizutreten.
- Unterschiedliche Positionen existieren hinsichtlich der
Frage danach, wer Mitglied der PEL sein kann bzw. sein
darf - nur Parteien und politische Organisationen oder
möglicherweise auch Einzelpersönlichkeiten. So hat
sich der Vertreter der AKEL auf der jüngsten Konferenz
in Prag erneut dafür ausgesprochen, daß nur Parteien
Mitglied der PEL werden dürften, nicht aber auch politische Organisationen, wie es der Sache nach geboten ist
und im Statutenentwurf auch vorgesehen ist.
IV. Mit welchem Profil und Charakter kann bzw. soll die Partei der
Europäischen Linken den Erfordernissen und Möglichkeiten
gerecht werden?
Die PEL soll keine streng organisierte Partei sein, die
Beschlüsse bzw. Direktiven faßt, die für die Mitgliedsparteien verbindlich sind. Es ist deshalb verständlich, daß
Profil und Charakter der Partei Gegenstand intensiver und
teils kontroverser Diskussionen waren und noch immer
sind. Eine Entscheidung fällt erst mit der Annahme eines
Statuts auf dem Gründungskongreß, der bisher nur als
Entwurf vorliegt.
Einige allgemeine Überlegungen zum Profil und zum
Charakter der Partei der Europäischen Linken:
- Entsprechend den Prinzipien eines neuen Internationalismus muß die PEL pluralistisch verfaßt sein. Das
bedeutet, daß die Mitgliedsparteien mit ihrem unterschiedlichen Parteiverständnis, ihrer unterschiedlichen
Programmatik und ihrer unterschiedlichen praktischen
Politik ihre Autonomie uneingeschränkt beibehalten
und daß es nur Beschlüsse der zentralen PEL-Gremien
geben kann, die die Zustimmung aller Mitgliedsparteien
erhalten. Die notwendige gemeinsame Aktions- und
Programmplattform, die alle Mitgliedsparteien verbindet, d. h. verbinden muß, um die Handlungsfähigkeit
der PEL zu gewährleisten, kann demnach nur Positionen enthalten, die die einzelnen Parteien billigen können und deren Parteiverständnis, deren Programmatik
und Politik nicht beeinträchtigen.
- Die Partei muß als offenes Projekt konzipiert sein und
als solches fürderhin existieren. Das bedeutet, daß Parteien, die sich erst später der PEL anschließen wollen,
dies tun können, sofern sie die Modalitäten und die Verfaßtheit der Partei anerkennen. Das bedeutet aber auch,
daß die statuarischen und programmatischen Grundlagen der PEL nicht ein für allemal festgeschrieben werden, sondern auf den Parteitagen in Übereinstimmung
mit veränderten Situationen, mit veränderten Aufgaben,
mit einem möglicherweise veränderten Selbstverständnis überprüft und neu gefaßt werden können.
Es muß Konsens erreicht und deshalb gewährleistet werden, daß aus Ländern, in denen mehrere Linksparteien
bestehen, diese gleichberechtigt Mitglied der Partei der
Marxistisches Forum 48/2004
Europäischen Linken werden können und die PEL nicht
genutzt wird, um nationale Zwistigkeiten und Konkurrenz
auszutragen.
- Ein noch nicht endgültig entschiedenes Problem besteht
darin, ob auch Einzelpersönlichkeiten aus EU-Ländern,
die keiner der Mitgliedsparteien angehören, unter den
erforderlichen Voraussetzungen Mitglied der PEL werden können. Die Französische KP, die zuvor die Aufnahme von Einzelpersönlichkeiten generell abgelehnt
hat, soll dieser Möglichkeit unter der Bedingung
zustimmen wollen, daß es der jeweiligen Mitgliedspartei obliegt, über Einzelmitgliederbewerbungen aus
ihrem Lande zu befinden.
- In der Vorbereitungszeit des Gründungskongresses am
8. und 9. Mai 2004 oder gar erst auf dem Kongreß selbst
sind noch einige entscheidende Fragen zu klären, die
voraussichtlich in Rom die Überwindung ernsthafter
Interessenunterschiede und Meinungsverschiedenheiten
erforderlich machen werden. Das betrifft in erster Linie
die Person des bzw. der Vorsitzenden der PEL,2 die
Zusammensetzung und Kompetenz der Führungsgremien und nicht zuletzt das Problem der Parteifinanzen. Da
die vom Europa-Parlament zustehenden finanziellen
Mittel nicht ausreichen werden, um die Existenz der
Partei materiell zu gewährleisten, bedarf es einer Einigung über die von jeder Mitgliedspartei einzubringenden Beiträge, über die Modalität der Beitragszahlung
und über die sodann anstehende Verteilung der Mittel.
Angela Klein
Die Europäische Antikapitalistische Linke
Ein Ansatz zur Neuformierung einer sozialistischen Linken
Der Entstehungsprozess der Europäischen Antikapitalistischen Linken (EAL) geht zurück auf die Zeit um 1989.
Damals gründete sich die Rot-Grüne Allianz in Dänemark
aus der Linkspartei, der Kommunistischen Partei Dänemarks und der SAP, die dänische Sektion der IV.Internationale. Die RGA ist von den Parteien, die aus Fusionsprozessen hervorgegangen sind, die älteste unter denen,
die heute die EAL bilden. Vorläufer bei diesem damals
neuen und etwas unerhörten Versuch, unterschiedliche,
um nicht zu sagen: ehemals verfeindete Organisationen
zusammenzubringen, gab es in Gestalt der Vereinigten
Sozialistischen Partei (VSP, 1986) in der BRD, die sich
aus der ehemaligen GIM (IV.Internationale) und der ehemaligen KDP/ML (Albanien) zusammensetzte, sowie der
baskischen Organisation Zutik, die das Ergebnis einer
Fusion von LCR (IV.Internationale) und der aus maoistischer Tradition stammenden MCE war. Die Organisation
Zutik gibt es noch, die VSP nicht mehr.
Dieser Prozess des Aufeinander Zugehens hat immer eine
kritische Sichtweise auf den Staatskommunismus vorausgesetzt, wie er in der Sowjetunion oder in China oder
Albanien praktiziert wurde. Er war zugleich vom Bestreben geprägt, mit der Kritik an der konkreten Realisierung
nicht auch das sozialistische Ziel selbst über Bord zu werfen und die Fehler, die gemacht worden sind, gemeinsam
aufzuarbeiten - in der Perspektive, neuen Boden für den
gemeinsamen Kampf gegen den neoliberal gewendeten
Kapitalismus zu finden. Dies setzte eine Situation voraus,
wo sich die westlichen kommunistischen oder maoistischen Organisationen von der Orientierung auf die Doktrinen aus Moskau, Peking und Tirana zu lösen begannen
und die Losung vom Neuen Denken neue „Luft zum
Atmen“ gab und Reflexionsprozesse in Gang setzte. Eine
solche Situation wurde durch Maos Tod und den Amtsantritt Gorbatschows geschaffen.
Bis heute ist eine der vier Bedingungen, der EAL beizutreten, der Nachweis der Fähigkeit, mit anderen antikapitalistischen Organisationen in der Perspektive der gemeinsamen Organisierung zusammenarbeiten zu können.
Im engeren Sinne entstand die Europäische Antikapitalistische Linke am Rande einer Konferenz des portugiesischen Bloco de Esquerda im März 2000, was zufällig oder
auch nicht das Datum des EU-Gipfels war, auf dem der
Prozess von Lissabon, die Agenda 2010, beschlossen
wurde.
Der Bloco hatte die LCR (französische Sektion der
IV.Internationale), die RGA und die SSP eingeladen. Auch
die Scottish Socialist Party war in den 90er Jahren als Produkt der Konvergenz verschiedener Strömungen entstanden, allerdings vor einem anderen Hintergrund. Ihren
Kern bildete die Militant-Gruppe, eine trotzkistische Strömung innerhalb der Labour-Party, die in den frühen 90er
Jahren eine führende Rolle in der Kampagne gegen die
verhasste Kopfsteuer spielte, die Reiche wie Arme gleichermaßen belasten sollte. Vor allem in Schottland traf das
Vorhaben auf wütenden Massenprotest und konnte nicht
durchgesetzt werden. Die prominentesten Vertreter der
Kampagne verließen später auf Grund von politischen
Meinungsverschiedenheiten ihre Organisation, Scottish
Militant Labour. Sie gründeten zunächst zusammen mit
anderen politischen Kräften das Wahlbündnis Scottish
Socialist Alliance, später, nach beachtlichen Wahlerfolgen, die Scottish Socialist Party. Die Organisation vereinigt revolutionäre ebenso wie reformistische Strömungen.
Der Bloco de Esquerda hingegen geht auf die Initiative
dreier Organisationen der radikalen Linken zurück. Eine
von ihnen, die UDP (Demokratische Volksunion, proalbanisch) wurde nach dem Sturz der Diktatur 1975 die stärkste Kraft unter den Organisationen links von der KP Por-
2 Auf dem Gründungskongreß in Rom wurde diese Frage einvernehmlich entschieden: Als Vorsitzender der PEL wurde Fausto Bertinotti von der Ita-
lienischen Rifondazione comunista gewählt.
Harald Neubert
7
tugals und errang in den Folgejahren eine bemerkenswerte Verankerung in den sozialen Bewegungen. Sie löste
sich im Laufe der 80er Jahre von ihrer proalbanischen
Identität und setzte sich zunehmend für eine zu den traditionellen Linksparteien alternative Neuformierung der
Linken ein. 1995 errang sie ein Abgeordnetenmandat im
Parlament. Sie bildete 1997 mit der PSR (IV.Internationale) und Política XXI (eine Gruppe von Intellektuellen, die
1991 aus der PCP ausgetreten war), sowie mit unabhängigen Linken eine gemeinsame Wahlliste zu den Kommunalwahlen in Lissabon. Der Bloco wurde 1999 gegründet.
Von den vier Gründungsorganisationen war die LCR die
einzige, die nicht aus einem Fusionsprozess hervorgegangen oder in einem solchen engagiert war. Dies war allerdings nicht ihre Schuld - seit der Abspaltung der JuquinGruppe von der KPF hatte sie mehrfach Versuche in dieser Richtung unternommen, die aller erfolglos geblieben
waren. Erst die gemeinsame Kandidatur mit der zweiten
in Frankreich bedeutenden trotzkistischen Organisation,
Lutte Ouvrière, 1999 zu den Europawahlen brachte ein
positives Ergebnis.
Die Liste erhielt über 5% der Stimmen und neun Abgeordnete im Europaparlament. Es schien, dass diese erstmalige Präsenz einer revolutionären Liste im EP zum Kristallisationspunkt für die Herausbildung einer europäisch
organisierten antikapitalistischen Kraft werden könnte.
Zumal auch die anderen drei Parteien auf die eine oder
andere Weise in Parlamenten vertreten waren und vom
relativen Aufschwung, den die radikale Linke in den späten 90er Jahren zu verzeichnen hatte, profitiert hatten.
Die EAL gründete sich zu einem Zeitpunkt, wo die meisten Regierungen in der EU von sozialdemokratischen
Parteien geführt waren und in einigen westeuropäischen
Ländern große kommunistische Parteien mit in der Regierung saßen - so die KPF, Rifondazione Comunista, die
PDS in Mecklenburg-Vorpommern. Die zunehmende
Durchsetzung neoliberaler Programme in der Regierungspolitik führten jedoch zu keiner linken Flügelbildung bei
den Parteien der Regierungslinken. Die wachsende Opposition unter Linken und in der Bevölkerung drückte sich in
Massenmobilisierungen und einem Anstieg der Wahlerfolge der radikalen Linken nieder.
Die Alternative zum Kurs der Regierungslinken war also
die Sammlung der antikapitalistischen Kräfte. Sie verständigten sich auf folgende Punkte: das Einstehen für ein
antikapitalistisches Programm; die Ablehnung der Beteiligung an Regierungen mit neoliberalem Programm; die
Verankerung in sozialen Bewegungen und die Beförderung der Massenproteste; die Akzeptanz des Pluralismus
der Meinungen und Strömungen in diesem Rahmen; die
Beteiligung an Parlamentswahlen.
Seit dem ersten Treffen im März 2000 trifft sich der Kreis
etwa zweimal im Jahr, zuerst am Rande von Mobilisierungen gegen den EU-Gipfel, dann am Rande der
Europäischen Sozialforen. Mitgliedsorganisationen sind
neben den Genannten: der Bloque Nacionalista Galego
(Galizien); déi Lenk (Lux); Espacio Alternativo (SP);
Mouvement pour le Socialisme (CH); Özgürlük ve Dayanisma Partisi (TK); Socialist Workers Party (GB); Respect
8
(GB); solidaritéS (CH); Zutik (Euskadi). Mit beobachtendem Status nehmen teil: DKP (D); Esquerra Unida i Alternativa (Katalonien); IU (SP); KPÖ (A); Rifondazione
Comunista (I); Socialist Party (GB); Socialist Party (Irl);
Synaspismos (GR). Das achte Treffen fand in Brüssel im
April 2004 statt.
Die Treffen werden regelmäßig mit einer inhaltlichen
Erklärung beschlossen. Die gemeinsame programmatische Basis ist die Ablehnung der Verträge von Maastricht
und Amsterdam sowie der EU-Verfassung; der positive
Bezug auf die globalisierungskritische Bewegung, die
Notwendigkeit der Beförderung europäischer Mobilisierungen und der Herstellung einer europaweiten Handlungsfähigkeit der sozialen Bewegungen und der Gewerkschaften sowie eine „tief reichende Erneuerung der sozialen, Gewerkschafts- und Bürgerbewegung“. Die EAL versteht sich als Teil der sozialen Linken. Sie sucht die
Zusammenarbeit „auf einer radikalen, einheitsorientierten
und pluralistischen Basis“. Sie steht für eine sozialistische
und demokratische, selbstverwaltete und von unten
bestimmte Gesellschaft, ohne Ausbeutung der Arbeit und
Unterdrückung der Frauen, basierend auf nachhaltiger
Entwicklung und nicht auf einem ,Wachstumsmodell', das
den Planeten bedroht.“ Ihre „Strategie schließt eine soziale Orientierung ein, der es sehr um das Alltagsleben der
arbeitenden Männer und Frauen zu tun ist…“
(Alle Zitate aus der Erklärung der 7.Konferenz der EAL
am 11./11.November 2003 in Paris).
Die EAL hat zu den Europawahlen ein Manifest herausgebracht, das die EU-Verfassung rundherum ablehnt und
die Organisierung von Volksentscheiden unterstützt. Sie
konnte jedoch die Bedingungen, die die EU-Richtlinien
für die Bildung einer europäischen Partei vorsehen, zu den
Europawahlen 2004 nicht erfüllen. Es kandidierten von
ihr der Bloco de Esquerda, die Liste LCR-LO, die SSP, déi
Lenk. Mitglieder der Enhedslisten kandidierten auf Listen
der Volksbewegung bzw. auf den Junilisten. Die Wahlerfolge waren unterschiedlich.
Bislang ist die EAL weder das Ergebnis starker Linksströmungen, die aus den großen traditionellen Arbeiterparteien herausgetreten sind, noch offensiver Arbeitskämpfe.
Sie ist das Ergebnis eines politischen Willens, der Bilanz
zieht von einem Vierteljahrhundert Niederlagen und dem
Scheitern der sozialdemokratischen wie auch der kommunistischen Bewegung.
Der Versuch, die sozialistische Linke neu zu formieren,
damit ein neuer Versuch für eine sozialistische Massenpartei gewagt werden kann, findet vor einem anderen Hintergrund statt als Ende des 19. oder Anfang des 20.Jahrhunderts. Die großen Konzentrationen der Arbeiterbewegung werden heute geschleift durch Standortschließungen, Outsourcing und Prekarisierung der Beschäftigungsverhältnisse, die Gewerkschaften geschwächt und zusätzlich mit der Internationalisierung der Produktion und der
Schaffung des EU-Binnenmarkts vor die Aufgabe gestellt,
sich vor allem auf europäischer Ebene Streik- und Tariffähigkeit erst erkämpfen zu müssen. Neue Formen des
Widerstands, neue Strukturen der Solidarität müssen
gefunden werden, die Arbeitsweise der sozialen Bewe-
Marxistisches Forum 48/2004
gungen im Hinblick auf die Wiedergewinnung einer sozialen Verankerung überprüft, die Konzeption von Gewerkschaftsarbeit reformiert werden. Ohne diese Veränderungen im sozialen Raum hilft es gar nichts, nur eine Wahlalternative oder eine neue Linkspartei aufzustellen, die wiederholt, was andere vor ihnen schon häufig gesagt und
verraten haben: Wir machen es besser; wir sind in den Parlamenten das Sprachrohr der sozialen Bewegungen.
Immerhin muss man bedenken, dass die Generation derer,
die heute 40 oder 50 sind, die Degeneration zweier Parteien, die eben dies von sich behauptet haben, live miterlebt
haben: bei den Grünen und bei der PDS. An einem dritten
Experiment dieser Art besteht kein Bedarf; es kostet zu
viel Kraft und verschleißt zuviel wertvolle Menschen.
Der Fehler liegt nicht darin, dass das Bewegungsstandbein
gegenüber dem parlamentarischen Spielbein zu schwach
geworden wäre. Der Fehler liegt in dem Konzept selbst, in
der alten, sozialdemokratischen, Arbeitsteilung zwischen
Partei und Gewerkschaften (sozialen Bewegungen). Die
Bewegungen wären demnach zuständig für die soziale
Mobilisierung, während die Partei zuständig wäre für die
Arbeit in den Institutionen und die Vermittlung des
Wählerwillens in die Parlamente. Das ist ein bürgerliches
Konzept, das der Bevölkerung in der Ausübung ihrer
staatsbürgerschaftlichen Funktionen eine ausschließlich
passive Rolle zuschreibt, während die Parteien das Monopol der Willensvermittlung in den parlamentarischen
Raum haben, der damit zugleich als der eigentlich politische Raum definiert wird.
Mit diesem Konzept muss gebrochen werden. Weder
beschränkt sich der Ort der Politik auf die staatlichen
Institutionen, noch kann man hinnehmen, dass Bewegungen keinen unmittelbaren Einfluss auf die Institutionen
nehmen können, noch kann man die Hierarchie von der
Bewegung unten zur Partei oben akzeptieren. Bewegungen sind kein Transmissionsriemen, sondern ein eigenständiges Subjekt, das seinen Willen unmittelbar und
unverfälscht zum Ausdruck bringen will.
Das Verhältnis zwischen Partei und Bewegung muss in
diesem Sinn von Grund auf neu überdacht werden. Das ist
eine der zentralen Aufgaben, vor die uns das Scheitern der
beiden großen Traditionslinien der Arbeiterbewegung
stellt.
Birger Scholz
Perspektiven einer wahlpolitischen Alternative
Auf der großen Demo am 3. April waren die LinksruckSchilder unübersehbar: Wir brauchen eine neue Linkspartei! Keine Frage, die „Linkspartei“ ist nach der dritten
Wandlung der Sozialdemokratie hin zum Neoliberalismus
überfällig. Die realen Ablösungsprozesse von Teilen der
Gewerkschaften von der SPD sind eben nicht nur die Götterdämmerung der Regierung Schröder, sondern
beschließen die längst vergangene Epoche des fordistischen Klassenkompromisses.
Das Potential für eine politische Formierung links der
SPD ist immens. Seit 1998 verließen über 130.000 Sozialdemokraten die Partei. Wir erleben also nicht nur die
Neoliberalisierung der SPD, sondern auch ihre Implosion
als Mitglieder- und Volkspartei. Das Schröder-Vorbild
Tony Blair hat es vorgemacht und die Mitgliederzahlen
der Labour-Party seit der Regierungsübernahme halbiert.
Schröders Politik führt in Deutschland unweigerlich zur
Machtübernahme eines bürgerlichen Blocks, da die ehemaligen Stammwähler überwiegend demoralisiert zu
Hause bleiben. Zugleich gibt es im parteipolitischen
Raum keinen wahrnehmbaren Akteur mehr, der die Lüge
der Alternativlosigkeit neoliberaler Kürzungspolitik entschieden zurückweist. Hierin liegt eine der Kernaufgaben
einer sozialen wahlpolitischen Alternative, nämlich sich
zum Sprachrohr der Enttäuschten zu machen. Damit ist
aber auch die inhaltliche Ausrichtung vorgezeichnet. Es
ist keine explizit sozialistische oder antikapitalistische,
sondern eine dezidiert soziale, gewerkschaftsorientierte
und anti-neoliberale Orientierung. Nur so - und nicht
anders - wird es gelingen, das breite Bündnis vom Enttäuschten Mitglied des CDU-Arbeitnehmerflügels bis
zum Arbeitslosen-Aktivisten zu schmieden. Die WahlalAngela Klein
ternative formuliert dies wie folgt: „Das Neue der gegenwärtigen politischen Situation besteht darin, dass nicht nur
radikale antikapitalistische Kräfte sich von der SPD
abwenden, sondern Kernbereiche ihrer bisherigen sozialen Basis und insbesondere der gewerkschaftlich organisierten abhängig Arbeitenden eine neue politische Interessenvertretung suchen. Auch sozial engagierte bisherige
AnhängerInnen von Bündnis 90/Die Grünen und
CDU/CSU finden sich durch diese Parteien nicht mehr
vertreten. Dies muss aufgegriffen werden, ohne die Leute
mit verbalradikalen Parolen oder unpassenden Diskussionsbeiträgen über die (Un-)Reformierbarkeit des Kapitalismus abzuschrecken. Gesellschaftliche Formierungsund Lernprozesse müssen am Bewusstseinsstand der
Menschen ansetzen und brauchen Zeit.“ (www.wahlalternative.de : Zu einigen Fragen und Einwänden, 22.04.04)
Eine aktuelle Umfrage der ARD-Sendung Panorama verdeutlicht das Potential. Demnach können sich insgesamt
38 Prozent der Wahlberechtigten vorstellen, ihre Stimme
einer „Initiative für Arbeit und Soziale Gerechtigkeit“ zu
geben. Sechs Prozent der Befragten antworteten auf eine
entsprechende Frage mit „ja, sicher“, 32 Prozent mit „ja
vielleicht“. Im März dieses Jahres beantworteten nur 24
Prozent die entsprechende Frage mit „ja vielleicht“.
Der Parteienforscher Franz Walter hält einen gehörigen
Schuss „Linkspopulismus“ für dringend geboten, um die
von der SPD mental abgekoppelten Unterschichten und
Geringverdienern zu erreichen. Die Erfolge rechtspopulistischer Formationen in Europa, aber auch in Deutschland
im Fall der Schill-Partei, zeigt das Potential. Allein fehle
es der Wahlalternative an charismatischen Persönlichkei-
9
ten, die zu einem „Linkspopulismus“ taugen. Auch, um
den Wettlauf mit rechtspopulistischen Alternativen zu
gewinnen. „Gibt es ihn, so werden die Karten in der Republik neu gemischt“, so Walter (Süddeutsche Zeitung v.
22.3.04). Diese Aussage muss in ihrer Absolutheit nicht
geteilt werden, zeigt aber ein bisheriges Defizit der Wahlalternative. Allein mit dem Typus des biederen und kreuzbraven linken Gewerkschaftsfunktionär ist kein Wahlkampf zu führen. Populäre Figuren, die begeistern können, sind rar gesät.
Doch sollte bei allen Debatten um Wahlalternativen die
Betonung auf „neu“ liegen. Denn eine Wiederauflage der
Sozialdemokratie, nur eben ein bisschen sozialer und
demokratischer, eine USPD oder auch Gewerkschaftspartei, wäre kein Schritt nach vorne, sondern bestenfalls zur
Seite. Besonders deutlich wurde dies bei der Gründung
der Socialist Labour Party (SLP) in den 1990ern durch
den ehemaligen Vorsitzenden der Bergarbeitergewerkschaft Arhur Scargill. Heute führt die SLP ein Sektendasein. Old Labour alleine reicht eben nicht.
Neue Zeiten denken, heißt das breite Bündnis wagen.
Gelingen muss das „come together“ von alter Arbeiterbewegung und den sozialen Bewegungen. Denn ohne die
Entstehung der globalisierungskritischen Bewegung, die
seit den Protesten in Genua 2001 einen alternativen Diskurs in der breiten Öffentlichkeit initiierte, wäre eine
wahlpolitische Alternative kaum denkbar.
Daher muss eine wahlpolitische Alternative Ausdruck und
Instrument der realen sozialen Bewegungen sein, um
deren glaubwürdige Opposition ins Parlament zu tragen.
Denn die Notwendigkeit neoliberale Politik auch wahlpolitisch anzugreifen, darf nicht darüber hinwegtäuschen,
dass betrieblicher Widerstand, Streiks und die Pluralität
außerparlamentarischer Kämpfe die notwendige Bedingung - wenn auch nicht notwendigerweise die hinreichende - für eine reale Veränderung der Kräfteverhältnisse ist. Die Chancen dafür stehen gut. Die Demonstration
des 1. November 2003 gegen die Agenda 2010, die von
einem breiten Bündnis von (links-)gewerkschaftlichen
Basisstrukturen und sozialen Initiativen organisiert wurde,
verdeutlichte das neue Protestpotential und ermöglichte
erst die DGB-Demos am 3. April diesen Jahres. Im
Ursprungspapier der Wahlalternative heißt es korrekt:
„Politisch geht es klar um Opposition, nicht um mögliche
Beteiligung an einer Regierungskoalition.“
Eine Wahlalternative erfüllt ihren Zweck, wenn es ihr
gelingt, Menscher unterschiedlicher sozialer und politischer Herkunft zusammen zu bringen, um gesellschaftliche Kräfteverhältnisse zugunsten abhängig Beschäftigter
und sozial Benachteiligter zu verändern. Insofern ist der
Begriff „Linkspartei“ unzureichend.
Vielfach wird daher die Frage gestellt, ob die Wahlalternative überhaupt ein Projekt für Marxisten oder Sozialisten sei. Die internationale sozialistische linke (isl), die
Teil des deutschen EAL-Projekts ist (siehe Beitrag von
Angela Klein) hat dazu folgendenden Beschluss gefasst:
„Die Diskussion über eine Wahlalternative und die Herausbildung einer neuen politischen Kraft, wie sie in der
„Wahlalternative
Arbeit
und
soziale
10
Gerechtigkeit“(WASG) geführt wird, ist für uns ein wichtiger Prozess, an dem wir uns beteiligen (...)Eine neue
politische Kraft der Linken muss die antikapitalistischen
Kräfte mit einschließen.“ Ähnlich argumentiert auch die
Organisation Linksruck, die ebenfalls Teil des EAL-Prozesses ist und sich aktiv an der Formierung der Wahlalternative beteiligt. „Gesellschaftliche Formierungs- und
Lernprozesse müssen am Bewusstseinsstand der Menschen ansetzen und brauchen Zeit. Sozialistische Positionen - von denen es wiederum ein breites Spektrum gibt können ein Ergebnis dieser Prozesse sein, aber nicht vorausgesetzt oder erzwungen werden“, argumentieren die
Initiatoren der Wahlalternative (www.wahlalternative.de :
Zu einigen Fragen und Einwänden, 22.04.04) Sozialisten
und Marxisten haben in diesem Prozess die Chance, aus
dem gesellschaftlichen Ghetto heraus zu kommen und in
einem Prozess der realen Kämpfe und Aktivität ein sozialistisches Profil der Wahlalternative zu entwickeln. In
Anbetracht der unwiderruflichen Aufkündigung des Sozialstaatskompromisses durch das Kapital stehen die Chancen dafür nicht schlecht. Wer in diesem Prozess als Marxist oder Marxistin abseits steht, verbleibt freiwillig in der
gesellschaftlichen Marginalisierung. Interessant sind in
diesem Zusammenhang die Parallelen in Großbritannien.
Anfang 2004 hat sich um den Labour-Parteiausschluß des
populären Kriegsgegners und Abgeordneten George Galloway mit respect ein neues Sammlungsprojekt links von
Labor konstituiert (Vgl. jW vom 14.01.04). Nur 20
Wochen nach der Konstituierung erhielt respect bei den
Europawahlen in England und Wales bereits über 252.000
Stimmen (1,7%). Bei den Londoner Bürgermeisterwahlen
gewann respect-Kandidatin Lindsey German 87.533 Stimmen (4,57%). Das Wachstum des neuen Bündnisses ist
dynamisch wird zunehmend von regionalen Gewerkschaftsgliederungen unterstützt. Auch hier wird das verbindende, nämlich die Ablehnung des Irak-Krieges und
des Sozialabbaus, und nicht das Trennende in den Fordergrund gestellt. So sind Marxistinnen und Marxisten stark
vertreten, ohne aber respect in kürzester Zeit in eine sozialistische Arbeiterpartei transformieren zu wollen.
Die Wahlalternative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit
focussiert klar auf die Bundestagswahl 2006. Das ist auch
völlig richtig. Sollte es nicht gelingen, bis 2006 eine wählbare Alternative zum neoliberalen Einheitsblock zu bilden, wird es nach der Bundestagswahl um so schwerer.
Die SPD wird sich in der Opposition schnell kosmetisch
wenden und wieder links blinken. Es gilt also das Zeitfenster zu nutzen.
Aus zwei Gründen wäre es verhängnisvoll im Vorfeld der
Bundestagswahl eine gemeinsame Liste mit der PDS aufzustellen. Erstens ist die PDS bei den Aktivisten aus der
außerparlamentarischen Bewegung wegen ihrer Regierungsbeteiligungen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern völlig diskreditiert. Gerade auch Gewerkschafter
wissen nur zu gut, wem sie die Erosion der einheitlichen
Tarifverträge im öffentlichen Dienst zu verdanken haben.
Zweitens ist die PDS im Westen auch in ihrer besseren
Zeit nicht wirklich angekommen und wird als das wahrgenommen, was sie nunmehr auch ist: eine ostdeutsche
Regionalpartei.
Marxistisches Forum 48/2004
Trotzdem wird diese Debatte kommen. Denn die klügeren
Strategen um Michael Brie wissen, dass sich das gute
Abschneiden bei der Europawahl bei einer Bundestagswahl mit doppelt so hoher Wahlbeteiligung nicht wiederholen lässt. Erst recht nicht, wenn die Wahlalternative
alternativ antritt. Schon im Vorfeld der Europawahl gab
sein Papier „PDS plus“ die strategische Marschrichtung
vor. Allerdings ist vor allem im gewerkschaftlichen Milieu
der Initiative Arbeit & soziale Gerechtigkeit der bayerischen IG-Metaller keinerlei Bereitschaft zur Kooperation
erkennbar. Auch wenn manche der Initiatoren der Wahlalternative, die z.T. noch PDS-Mitglied sind, mit einem
PDS-Deal liebäugeln, um 2006 die 5%-Hürde zu nehmen,
werden die Karten nach der Vereinsgründung und der Etablierung demokratischer Strukturen sowieso neu
gemischt. In der Berliner Regionalgruppe jedenfalls gibt
es wenig bis keinerlei Bereitschaft, in irgendeiner Weise
mit der PDS ins Bett zu hüpfen.
Im Lande haben sich mittlerweile über 100 Orts- und
Regionalgruppen der Wahlalternative gebildet. Zum Teil
auch aus bestehenden linken Wählergemeinschaften. In
NRW beginnt bereits die Debatte, ob bei der Landtagswahlen 2005 angetreten werden soll. In Berlin steht die
Frage auf der Agenda, ob 2006 bei der parallel zur Bun-
destagswahl stattfindenden Abgeordnetenhauswahl nicht
auch kandidiert werden soll. Dies hieße explizit gegen die
Berliner PDS. Eine gemeinsame Liste auf Bundesebene
wäre da schon einigermaßen kurios, zumal sich viele Aktive der Berliner Wahlalternative aktiv am Volksbegehren
zur Abwahl des SPD-PDS-Senats beteiligen, das gemeinsam mit den Gewerkschaften GEW und GdP organisiert
wird.
Will die Wahlalternative erfolgreich wachsen, muss sie
kampagnenfähig werden, bundespolitisch wie kommunal.
Nur in realer Aktivität und Mobilisierung kann der Gefahr
des Stellvertretertums („die da oben machen das schon“)
einer rein parlamentarischen Partei wirksam begegnet
werden. Schon jetzt ist absehbar, dass die Gruppen vor Ort
auch gegen die konkreten Schweinereien in den Kommunen wie Privatisierungen aktiv werden wollen. Denn nur
in der konkreten Arbeit und Interessensvertretung - und
nicht allein mit medialer Präsenz - wird es gelingen, eine
glaubwürdige Interessenvertretung aufzubauen.
Es ist müßig, die Wahrscheinlichkeiten für Scheitern oder
Erfolg benennen zu wollen. Zumindest besteht die Aussicht auf Erfolg. Und den hatte die deutsche Linke schon
lange nicht mehr.
Uwe-Jens Heuer
Gegenkräfte und marxistisches Staatsverständnis
Am 12. und 13. Mai wurde in der „Jungen Welt“ von
Christoph Jünke (IV. Internationale) eine Debatte um ein
sozialistisches Übergangsprogramm und das Zusammenwirken von Linken eröffnet. Bei den Stalinisten, also
denen, die der Sowjetunion anhingen, bleibe bis heute die
gewaltige „Hypothek von Gewalt und Verbrechen“. Die
Geschichte, schließt er, habe uns „jahrzehntelang nicht zu
Unrecht bis aufs blutige Messer geschieden“. Ihm antworteten, ihre damalige Position verteidigend, von der
DKP Hans-Heinz Holz (11. Mai) und Willi Gerns (26.
Mai). Manuel Kellner sekundierte Jünke am 2. Juni, wenn
auch wesentlich zurückhaltender. Uwe-Jens Heuer kritisierte am 11. Juni die Verweigerung einer gleichberechtigten Bilanz durch Jünke und Kellner, vermißte aber bei
allen den von Jünke geforderten Schritt zur „Erhellung
der Gegenwart“. Nur so könne „statt eines Schlagabtauschs eine sinnvolle Strategiediskussion geführt werden.“ Wir dokumentieren im Folgenden sein Angebot für
eine solche Diskussion. (aus Junge Welt vom 11. Juni
2004 (http://www.jungewelt.de))
Zu diesem Zweck sind die Feststellungen von Marx und
Engels wieder aufzunehmen, dass dem herrschenden
System auf der Ebene der Weltpolitik entgegengetreten
werden muß. Der Ausbruch eines einzelnen Landes
erfolgte 1917 in einer historisch einmaligen Situation.
Heute wird die Welt von einer weltweiten neoliberalen,
exakter imperialistischen, Offensive auf ökonomischem,
ideologischem und militärischem Gebiet bestimmt.
Schwieriger ist es mit der Antwort auf die Frage nach der
Alternative. Marx und Engels sahen als Alternative den
Birger Scholz
Sozialismus, also eine Ordnung, in der das Privateigentum
an den Produktionsmitteln aufgehoben war. Dass eine solche Gesellschaft möglich ist, hat die Geschichte gezeigt,
dass sie schließlich nicht konkurrenzfähig war, ebenfalls.
Die gegenwärtige weltweite Offensive des Kapitals verstärkt die Gefahr des Rückfalls in die Barbarei, bevor eine
sozialistische Alternative in greifbare Nähe rückt. Wenn
wir also auch nicht wissen, ob die sich zuspitzenden
Widersprüche der kapitalistischen Gesellschaft rechtzeitig
Kräfte hervorbringen, die eine neue sozialistische Gesellschaft schaffen, wann und auf welchem Wege dies
geschieht, so bleibt das Wachhalten der Vorstellung einer
möglichen - nicht sicheren - Alternative Voraussetzung
jeglichen konsequent antikapitalistischen Kampfes und
der glaubwürdigen Ausarbeitung von Reformalternativen.
Zur Frage nach dem Weg könnte unsere Geschichtsdebatte einen Beitrag leisten. Der rationelle Kern dieser Debatte scheint mir, aller Schuldvorwürfe entkleidet, die Auseinandersetzung um die Rolle des Staates zu sein. War die
mit der Oktoberrevolution eingeleitete Staatswerdung
(eines Teils) der Arbeiterbewegung ein Fortschritt oder ein
Irrweg? Wenn es sich um eine Niederlage aller Linken
handelte (Kellner), muß da doch trotz aller Mängel, Defizite usw. etwas Positives, Wertvolles verloren gegangen
sein. Und weiter gefasst, welche Bedeutung können staatliche Konflikte generell in der heutigen Welt, im Kampf
gegen den Imperialismus haben? Es genügt also m. E.
nicht, wie Kellner jetzt, einfach wieder die Stunde der
Pariser Kommune schlagen zu lassen. Es gibt in dieser
Frage theoretisch Aufzuarbeitendes nicht nur für uns Ost11
belastete, sondern auch für die in sich vielfältig gespaltene Westlinke.
Das geht nicht ohne einen kritischen Rückblick auf Marx
und Lenin. Marx hatte 1844 die Notwendigkeit einer radikalen Revolution entwickelt, die das Privateigentum
beseitigt, die politische zur sozialen Revolution macht,
und dann die politische Hülle wegwerfe (MEW 1/408 f.).
27 Jahre später, 1871, sieht er in der Pariser Kommune
eine Bestätigung dieser theoretischen Konzeption. Es war
möglich, wenn auch nur für72 Tage, eine Ordnung ohne
die alte bürokratisch-militärische Maschinerie zu gestalten. Die Arbeiterklasse hatte spontan Formen entwickelt,
die den Staat ersetzen konnten. Die Kommunalverfassung
würde „dem gesellschaftlichen Körper alle die Kräfte
zurückgegeben haben, die bisher der Schmarotzerauswuchs <Staat>, der von der Gesellschaft sich nährt und
ihre freie Bewegung hemmt, aufgezehrt hat“. (MEW
17/341)
Marx hat das Gesamtgebäude dieses Entwurfs der neuen
politischen Ordnung ohne Staat auf einem unsicheren
Grund errichtet. Das betraf nicht nur die einmalig günstigen Umstände, sondern vor allem die zu bewältigenden
politischen und ökonomischen Widersprüche. Er hatte
Gewaltanwendung gegen die Feinde der Kommune gefordert, die Diktatur des Proletariats, aber war sie mit der
konsequenten unmittelbaren Demokratie zu vereinbaren?
Die Probe auf die Realität, auf die dauerhafte Lebensfähigkeit war noch abzulegen.
In den berühmten Aprilthesen, die Lenin unmittelbar nach
seiner Ankunft in Rußland verkündete, nahm er das Projekt der Kommune voll auf. Er forderte statt der parlamentarischen Republik „Abschaffung der Polizei, der
Armee, der Beamtenschaft,. Entlohnung aller Beamten,
die durchweg wählbar und absetzbar sein müssen, nicht
über den Durchschnittslohn eines guten Arbeiter hinaus“
(LW 24/ 5-6). Lenin zitierte sogar die Formulierung von
Engels, dass sie in mancher Hinsicht „schon kein Staat im
eigentlichen Sinne mehr“ sein werde (ebenda 52 f.). Auch
in dem im August 1917 verfaßten Werk „Staat und Revolution“ stand erneut das Projekt der Kommune im Mittelpunkt, war allerdings mit widersprechenden konkreten
Forderungen verbunden. „Die gesamte Gesellschaft wird
ein Büro und eine Fabrik mit gleicher Arbeit und gleichem
Lohn sein“(LW 25/488). An anderer Stelle war davon die
Rede, den Kommunestaat mit den Errungenschaften des
Staatskapitalismus zu verbinden. (ebenda 369 f.).
Lenin wollte einerseits den tiefsten Sehnsüchten der unter
dem Krieg, dem reaktionären Beamtentum, der Herrschaft
der Gutsbesitzer leidenden Menschen entsprechend den
„Schmarotzer Staat“ verabschieden und damit die Massen
zur Revolution aufrufen. Auf der anderen Seite wollte er
in der internationalen Diskussion der Marxisten „seine“
Revolution legitimieren. Und schließlich wußte er, dass es
ohne Diktatur, ohne staatliches Eigentum nicht abgehen
würde, was notwendig der Selbstregierung widersprach.
Schon wenige Monate nach der Oktoberrevolution war
offensichtlich, dass es ohne einen Staatsapparat, ohne eine
Schicht von „Bürokraten“ nicht gehen werde. Der Bürgerkrieg, begleitet vom Kriegskommunismus, bedurfte der
12
Bürokratie. Lenin wußte, daß Rußland nicht reif für den
Sozialismus war. Die Neue Ökonomische Politik sollte
das Überleben der Sowjetmacht unter den Bedingungen
einer nach wie vor kapitalistisch beherrschten Welt
sichern. Man mußte mit dem Apparat auskommen, wie er
war. Im Entwurf einer Rede Lenins Ende 1922 ist zu
lesen: „Der Staatsapparat überhaupt: er ist unter aller Kritik; unter dem Niveau der bürgerlichen Kultur“. In seinen
letzten Aufzeichnungen, hielt er, verzweifelt, fest, die Forderung nach Einheit des Apparats werde „von demselben
Apparat gestellt, den wir „vom Zarismus übernommen
und nur ganz leicht mit Sowjetöl gesalbt haben“ (LW
36/572, 590). Der Weg der NÖP wurde bald abgebrochen.
Die drohende Intervention, die letzte lag erst 10 Jahre
zurück, die Kulakenstreiks, die Kulturlosigkeit und fehlende Rechtsstaatlichkeit im Verein mit Charaktereigenschaften Stalins machten die sich dann entwickelnde
exzessive Herrschaft der Bürokratie schrittweise unvermeidlich.
Der neue Anlauf nach 1945, volksdemokratischer Weg,
XX. Parteitag der KPdSU, Demokratisierungsversuche
und neue ökonomische Systeme brachte grundlegende
Verbesserungen. Der entscheidende Kampf wurde auf
dem Feld der wissenschaftlich-technischen Revolution
ausgefochten und ging verloren. Die sozialistischen Staaten Europas hatten sich vor allem durch den Rüstungswettlauf und die Unfähigkeit zu strukturellen Reformen
immer mehr den Gesetzen des Weltmarktes untergeordnet,
ohne der Konkurrenz des Westens standhalten zu können.
Jedenfalls zwei Thesen von Marx sollten wir jetzt für
historisch widerlegt ansehen. Das betrifft einmal das
rasche Fortwerfen der politischen Hülle nach der siegreichen proletarischen Revolution. Der Verlauf des „großen
Ausbruchs“ gab kaum Anhaltspunkte für die Herausbildung eines Staates „im nicht eigentlichen Sinne“. An die
Stelle der vom Privateigentum hervorgebrachten Übel
waren andere getreten, die mit der Übermacht des Staates
verbunden waren.
Der Staat ist nicht minder zählebig als die Gesetze des
Marktes. Selbst Ernest Mandel schrieb: „In letzter Instanz
kann das Problem nur dann richtig gestellt und gelöst werden, wenn die vereinfachende Gegenüberstellung von
<schwarz> (Bürokratisierung) und <weiß> (Selbstherrschaft der Arbeiter) ersetzt wird durch ein dialektisches
Verständnis“ (Geld und Macht, Köln 2000 S. 104). Wir
sollten uns wohl für die absehbare Zukunft von dem Ziel
einer Gesellschaft ohne Macht und Herrschaft verabschieden, wie es im Marxschen Modell der Pariser Kommune
formuliert worden war, aber neu über Demokratisierung
nachdenken.
Widerlegt sind zweitens die Annahmen von Marx und
Engels von der sich ständig verstärkenden Zentralisierung
des bürgerlichen Staates und die damit verbundene Auffassung, dass es keine demokratischen Verbesserungen
geben könne, aber auch die Vorstellung Bernsteins und
Kautskys von der ständigen Entwicklung der Demokratie.
Erst nach 1945 entwickelte sich erstmals für eine längere
Periode eine in bestimmtem Umfang auf Integration zielende Staatsmacht in Gestalt der bürgerlichen repräsenta-
Marxistisches Forum 48
tiven Demokratie. Das war dem Scheitern des Faschismus, den Kämpfen der linken Bewegung, der Entwicklung des Wohlfahrtsstaates, aber auch der Systemkonkurrenz geschuldet.
Gegenwärtig ist die Chance möglicher Gegenkräfte in den
kapitalistischen Metropolen nicht groß. Wenn der parlamentarische Kampf nicht mit einer kräftigen außerparlamentarischen Bewegung verbunden ist, dann besteht die
große Gefahr, dass jeder Zuwachs an echter oder scheinbarer Macht in den bestehenden Strukturen zu einem Verlust an linker Kraft und schließlich zur völligen Selbstaufgabe. führt. Auch die Regierungsbeteiligungen der PDS
zeugen von dieser Problematik.
Die innerimpialistischen Widersprüche können, wie die
letzten Jahre zeigen, eine bestimmte Einschränkung USamerikanischer Ambitionen bewirken, eine prinzipiell
andere Politik nicht herbeiführen. Der internationale
Hauptgegensatz aber ist heute der Nord-Süd- Gegensatz,
der durch die kapitalistische Globalisierung vertieft wird.
Marx und Engels hatten seiner Zeit alles auf das Proletariat und zwar auf das Proletariat der führenden Industriestaaten gesetzt. Lenin sah das schon erheblich differenzierter, bezog die Widersprüche zwischen diesen Staaten
und den Ausgebeuteten und Unterdrückten in den Kolonien, ja sogar der dortigen Bourgeoisie mit ein. In der Welt
wächst das Proletariat weiterhin. Gleichzeitig ist die
Reduzierung auf eine einzige Gegenkraft fast immer
unzulässig. Der islamische Fundamentalismus ist auch ein
Produkt der weltweiten neoliberalen Offensive. Es gibt
eine Vielzahl sogenannter Nichtregierungsorganisationen,
die sich gegen die kapitalistische Globalisierung wenden.
Von erheblichem Gewicht bleiben die Nationalstaaten.
Vor allem der Krieg gegen den Irak hat deutlich gemacht,
mit welchem Argwohn die staatliche Etablierung von
Gegenkräften betrachtet wird. Die ständig überarbeitete
Liste von Schurkenstaaten ist dafür ein deutliches Indiz
Dazu gehört Kuba oder das Bündnis von Militär und
Armen in Venezuela unter Hugo Chávez. Die langfristige
Besorgnis der USA aber richtet sich auf Rußland und noch
stärker auf China. Die geschichtliche Entwicklung des
Sozialismus lehrt uns, die Gefahren, die von einer Übermacht des Staates ausgehen können, nicht zu unterschätzen. Andererseits ist und bleibt der Staat, neben - seltenen
- unmittelbaren Massenaktionen die einzige Kraft, die sich
dem ungebrochenen Wirken der ökonomischen Gesetze
entgegen zu stellen vermag.
Noch wird vor allem auf ökonomische Kraft und militärische Lösung gesetzt. Auf die Dauer aber wird mit diesen
Methoden der sich vertiefende Konflikt zwischen den
USA sowie ihren Verbündeten und den „Barbarenvölkern“ (Zbigniew Brzezinski) nicht zu lösen sein. Früher
oder später wird der Druck auf eine andere Lösung, vor
allem auf die Herstellung einer neuen Weltwirtschaftsordnung so zunehmen, dass der Norden über eine grundlegende Wende nachzudenken gezwungen sei wird. Dann
kann es allerdings schon zu spät sein.
Ich habe hier ein Angebot gemacht. Nicht der Kampf bis
aufs blutige oder ideologische Messer, nur der Streit um
Analysen kann noch Hoffnung geben.
Peter Kroh
Interessen sozialer Akteure und Entwicklung von
Gegenmacht
10 Anmerkungen zum Thema „Möglichkeiten politischer Gegenmacht heute“
1. „Die ökonomischen Verhältnisse einer gegebenen
Gesellschaft stellen sich zunächst dar als In-teressen“1,
sagt Engels. Gesellschaftliche Verhältnisse entstehen und
bestehen nur dadurch, dass Menschen sich verhalten. Verhältnisse sind geronnenes Verhalten. Um das Verhalten
sozialer Akteure zu verstehen, muss man Interessen aufdecken.
2. Machen wir dreifach die Probe:
Zum ersten: Welches Verhalten legten die Metall-Unternehmer in der jüngsten Tarifauseinandersetzung Anfang
2004 an den Tag? Sie forderten 5 zusätzliche, unbezahlte
Arbeitsstunden. Darin ist das Interesse erkennbar: Es ist
gut für den Profit, (d.h. für uns, wenn der stets erzielbare
relative um den absoluten Mehrwert ergänzt werden kann.
Gibt es leider im Moment ein wirtschaftliches Nullwachstum, dann wird unser Profit eben dadurch wachsen, dass
Löhne und Gehälter sinken und Sozialeistungen gekürzt
werden. [Für die Bewertung wichtig: 5 unbezahlte Stunden Mehrarbeit entsprechen (bei einer 35-h-Woche
=100%) einer Lohnkürzung von 14,3 %.]
Wie verhielt sich die (potentielle) „Gegenmacht“ in der
Tarifauseinandersetzung? Die Gewerkschaftler forderten
nicht die 30-h-Woche, sondern „einen Lohn, der zum
Leben reicht“. Das dahinter stehende Interesse: Als Partner im Bündnis für Arbeit dürfen/ können wir nichts fordern, was die Verwertungsbedingungen des Kapitals entscheidend schmälert.
Das Ergebnis: 2,2 % Lohnsteigerung zum 1.3.2004 und
noch mal 2,7% zum 1.3. 2005. Davon gehen jeweils 0,7 %
in die so genannte ERA-Strukturkomponente (Angleichung der Entgelte von Arbeitern und Angestellten). [Für
die Bewertung wichtig: Die reale Steigerung beträgt
1 F. Engels: Zur Wohnungsfrage. In: MEW, Bd. 18, S.274
Uwe-Jens Heuer
13
1,5 bzw. 2%. Sie wird schon von erhöhten Zuzahlungen
im Gesundheitswesen mehr als aufgefressen.]
Fazit: Gewerkschaften, die so agieren, fallen als reale
Gegenmacht nicht ins Gewicht. Sie werden dann wieder
Teil einer auf die Verschiebung des politischen Kräfteverhältnisses gerichteten Gegenmacht sein, wenn sie die
Interessen ihrer Mitglieder unverfälscht aufnehmen und
um deren Durchsetzung kämpfen.
Zum zweiten: Die AGENDA 2010 ist der Verhaltenskodex der Bundesregierung. Sie regelt Rentenkürzung für
jetzige Rentner, Rentenabschaffung für die heutige junge
Generation, verstetigt die Massenarbeitslosigkeit, macht
Zwangsarbeit zur Norm, reduziert das Weihnachtsgeld,
erhöht die Zuzahlungen bei gekürzten Gesundheitsleistungen, kürzt das Arbeitslosengeld für die auf der einen Seite
der Gesellschaft und sichert Steuergeschenke für die andere Seite, für die Konzerne, Versicherungen und Banken.
Welche Interessen entäußern sich in diesem Verhalten?
Ungeachtet einer - bei den Akteuren dieser Politik auch
individuell geprägten - Vielzahl von Interessen läßt sich
herausheben: Damit wir die Regierenden bleiben, ist die
Bevorzugung der Interessen der (wenigen) Mächtigen vor
den Interessen des Gemeinwohls, den Interessen der (vielen) lohn- und gehaltsabhängig Beschäftigten geboten.
Fazit: Politiker einer Sozialdemokratischen Partei, die so
agieren, schalten die Partei insgesamt als Akteur von
Gegenmacht aus. Die SPD wird dann wieder Teil einer auf
die Verschiebung des politischen Kräfteverhältnisses
gerichteten Gegenmacht sein, wenn sie die Traditionen
von Bebel, Liebknecht, Luxemburg für wichtiger nimmt
als die Interessen des Kapitals.
Zum dritten: Der SPD/PDS-Senat in Berlin will Mitbestimmung der Personalvertretungen bei außerordentlichen
Kündigungen abschaffen. Die Rot-Roten setzen in Berlin
Kürzungs- (Sozial-Ticket, Blindengeld, Telebus) und Privatisierungspolitik radikal durch. Der Berliner DoppelHaushalt beinhaltet tiefe Einschnitte in die soziale Infrastruktur der Stadt, die erst sukzessive spürbar werden.
Rot-Rot in Berlin drängt die Beschäftigten in den landeseigenen Krankenhäusern- bei Androhung ihrer Privatisierung - und bei der BVG zum Lohnverzicht in Höhe von
bis zu 30 Prozent. Die SPD/PDS-Regierung in M-V stellte jüngst Landesbedienstete vor die Alter-native „15%Lohnverzicht oder betriebsbedingte Kündigung“. In all
dem steckt objektiv - das heißt , unabhängig davon, ob
PDS-Minister/Senatoren und -Abgeordnete das wissen,
wollen oder auch nur wahr haben wollen - das Interesse
:Wir räumen dem marktwirtschaftlichen Wettbewerb und
der betriebswirtschaftlichen Rationalität eine höhere Priorität ein als den Interessen der Beschäftigten und den Werten und Zielen der Partei.
Fazit: Objektiv ist auch die PDS in Regierungsverantwortung Element des Systems. Sie kann sich (kaum bis gar)
nicht als Teil von Gegenmacht politisch artikulieren und
profilieren. Sie wird wohl dann wieder vollständig (Mit)Subjekt zur Schaffung von Gegenmacht werden, wenn
sie ihre strategische Orientierung weniger von Wahlarithmetik als von einer realistischen Analyse der Interessen
sozialer Akteure leiten läßt.
3. Alle drei Beispiele zeigen, es geht stets um alternative
Interessen.
- entweder mehr Profit oder mehr Lohn;
- entweder für die Mehrheit der lohn- und gehaltsabhängig Beschäftigten oder für die Reichen dieser Gesellschaft;
- entweder Stärkung der Selbstbestimmung oder der Ohnmacht der Menschen;
- entweder Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum oder
Ausgrenzung davon;
- entweder Mündigkeit oder Einflusslosigkeit der Massen;
- entweder die Wirtschaft als Mittel für gesellschaftliche
Zwecke oder als Profitsteigerungs-mittel für die Privatbesitzer von Produktionsmitteln .
4. Nichts demonstriert so klar die Untauglichkeit des jetzigen Wirtschaftssystems für die Lösung menschlicher
Probleme wie der schreiende Widerspruch, dass die Bundesrepublik wegen 6 Millionen Beschäftigter mit Niedriglöhnen, aufgrund von (offiziell gezählten) 4,6 Millionen Arbeitslosen sowie infolge der Deindustrialisierung
im Osten Jahr für Jahr Exportweltmeister ist.
Immer deutlicher wird: Der Sozialstaat war nie Gegensatz
zur Marktwirtschaft, sondern immer nur Zusatz, zeitlich
und räumlich begrenzt.
5. Die Interessen der Mächtigen und Herrschenden werden so rigoros wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik durch die Regierung erfüllt. Die Interessen
der Ohnmächtigen und Beherrschten werden erst vernachlässigt, dann unterdrückt. Die einen setzen ihre ökonomischen Interessen auch politisch durch und sind deshalb
Macht. Die anderen werden nur zur Gegenmacht, wenn
sie ihre Interessen ebenfalls politisch artikulieren. Anzunehmen, die Interessen der einen ließen sich mit den Interessen der anderen auf einen Nenner bringen, ist contrafaktisch gedacht. Darauf basierende Politik ist contrarealistisch. Denn: „Die 'Idee' blamierte sich immer, soweit sie
von dem 'Interesse' unterschieden war.“2 . Gegenmacht ist
von denen nicht zu erreichen, die ein guter Verwalter der
kapitalistischen Geschäftsordnung sein wollen.
6. Das Maß der Kritik am Kapitalismus und das Tempo
des Veränderns der Gesellschaft durch die Mächtigen und
Regierenden müssen sich zueinander verhalten wie kommunizierende Röhren, wenn aus der Notwendigkeit und
Möglichkeit einer Gegenmacht eine Wirklichkeit werden
soll. Das können Parteien nicht leisten. Deshalb werden es
m.E. basisdemokratische Bewegungen sein, von denen
eine wirkliche Änderung der Zustände ausgeht. Nur sie
gehen den Weg vom Protest zum Widerstand konsequent.
2 Friedrich Engels und Karl Marx: Die heilige Familie. In MEW, Band 2, S.85
14
Marxistisches Forum 48/2004
Nur sie lehnen konsequent ab, das gesamte Leben des einzelnen wie der Gesellschaft zu ökonomisieren. Die Parteien können das nicht leisten, denn sie sind alle (mal weniger, häufiger mehr) ins System eingebunden. Ihre Entscheidungen sind zu-nehmend bürgerfern. Die parlamentarischen Rechte wurden zudem langfristig ausgehöhlt.
Auch mit direkter Demokratie, z.B. mit Volksentscheiden,
die nach allen Landesverfassungen in der BRD möglich
sind, wird es keine qualitative Veränderung der Verhältnisse geben. Die konkreten Paragraphen sind eher Verhinderungs- Direktiven (hohe Quoren, administrativ-bürokratische Hürden zur Ingangsetzung, zu viele AusschlussGründe).
7. Realistische erste Schritte für die Gewinnung neuer
Möglichkeiten politischer Gegenmacht sind deshalb das
Praktizieren von vielfältigen Formen des zivilen Ungehorsams. Es ist nicht länger zuzulassen, dass vermeintliche Sachzwänge (das sind von Menschen getroffene Entscheidungen!) Millionen daran hindern, menschenwürdig
zu leben. Wo uns Unzumutbares zugemutet wird, ob im
Rathaus, am Arbeitsplatz, auf dem Sozialamt - lehnen wir
es ab und reden laut darüber. Auf der Kundgebung am
3.4.2004 in Köln war von einem der Vertreter einer Bewegung der Satz zu hören: „Wie kann jemand Mensch sein
wollen und nicht Antikapitalist sein?“ Es muß der Nerv
der Macht getroffen werden, wenn Gegenmacht sich konstituieren soll.
8. An Gegenmacht Interessierte müssen raustreten aus den
Schatten der Sachzwänge. Ausmaß und Kraft von Gegenmacht sind abhängig , wie zum einen deutlich und klar
benannt wird , was wirklich passiert und zum anderen
tabulos, phantasievoll und in vielfältigen Aktionen die
Einhaltung des Grundgesetzes und der sozialen Menschenrechte gefordert wird. Gegenmacht wird nur Wirklichkeit, wenn soziale Akteure die Kraft und den Mut
haben, die Prinzip-Frage zu stellen. Solange die Fetische
der kapitalistischen Verhältnisse und die darin liegenden
Interessen unberührt bleiben, stehen nicht politische und
soziale Alternativen, sondern die weitere Reduzierung
sozialer Standards auf der Tagesordnung. Für die Konstituierung von Gegenmacht ist auch unverbindliche
Systemschelte nicht hilfreich. Nicht bittende Demut oder
liebevoller Diskurs führt uns näher ans Ziel einer Gegenmacht, sondern die entschieden begründete Möglichkeit
und Notwendigkeit der Alternative.
9.Gegenmacht muß mit ihren Alternativen im Alltag
ansetzen, aber keine punktuelle Reparatur der Zustände
Peter Kroh
sein, sondern helfen, die Logik der Konkurrenz, der
Unterwerfung, der Entfremdung zu überwinden. Nicht der
Sozialstaat ist einzudampfen, sondern die Wirtschaftsziele sind neu zu begründen. An die Stelle der totalitären,
alles in Geld bezifferbaren Verwertbarkeitskalkulation ist
ein absoluter Bruch mit der asozialen Impertinenz der
radikal-kapitalistischen Wirtschaftspolitik erforderlich. Es
ist heute mehr denn je notwendig, Möglichkeiten von
Gegenmacht jenseits von Profitgeilheit, Kriegslüsternheit,
sozialer Kälte und Massenverblödungsindustrie zu
suchen. Dem stehen „lediglich“ die Interessen einer
gesellschaftlichen Minderheit von Profit-orientierten im
Wege. Fordern wir z.B. tabulos und phantasievoll die Einhaltung und Gewährleistung der Bürger- und sozialen
Menschenrechte auf ein Leben, dass die Teilhabe am
gesellschaftlichen Leben sichert. Möglich ist das durch
eine solidarische Ökonomie und politische Vorgaben an
die Wirtschaft. Nur solche und andere basisdemokratische
Ansätze können und werden die kapitalistische Expertenund Stellvertreterpolitik (und ihre Funktion als „Türöffner“ der so genannten Realpolitik mit ihren „Sachzwängen“) überwinden.
10. Die Mächtigen und Regierenden fordern bekanntlich
dazu auf, bei Wahlen die Stimme abzugeben. Gegenmacht
könnte da anfangen, wo Menschen die eigene Stimme
erheben, sich ihre eigenen sozialen Verhältnisse praktischgegenständlich aneignen und so vermenschlichen. Das ist
der wesentliche politische und strategische Unterschied
zwischen Macht und Gegenmacht. Wer für die Entwicklung letzterer radikal politisch denkt, der steht vor einem
doppelten Auftrag: Zum einen: wir lassen uns darauf ein,
- als Menschen und politische Subjekte jetzt und hier - uns
zu den bestehenden Verhältnissen praktisch-politisch zu
verhalten. Die radikal-kritische Haltung darf und kann
sich nicht als illusorische Weltflucht äußern. Vielmehr ist
unermüdlich danach zu suchen, was zu tun ist, um politisch handlungsfähig zu bleiben bzw. zu werden und Menschen erniedrigende Umstände zu verändern. Zum anderen: mit dem elementaren Gegensatz zu den herrschenden
Verhältnissen ist konsequent Ernst zu machen, weil nur so
die Chance zu gewinnen ist, aus unübersehbaren Notwendigkeiten und durchaus vorhandenen Möglichkeiten eine
neue Wirklichkeit zu gewinnen. Gegenmacht entsteht langsam und widersprüchlich - durch Suche, also durch
Zweifel, d.h. durch das für möglich gehaltene Gegenteil
von dem, was ist; prinzipiell also durch das Hinausdenken
über das Bestehende.
15
Heinz Niemann
Ein Begriff wird wieder modern: Gegenmacht
Man kann nicht wissen, ob Galbraith, als er den Begriff
der Gegenmacht in den Diskurs einbrachte, dabei Gramcis
wesentlich produktiveren Begriff der „geistig-kulturellen
Hegemonie“ im Hinterkopf hatte. Gemeint sind von beiden auf jeden Fall wesentlich unterschiedliche gesellschaftliche Erscheinungen. Während Galbraith darunter
lediglich die Gewerkschaften als Widerpart gegenüber
den Unternehmern verstand, die er als Gegenmacht im
akzeptierten Verbandspluralismus des modernen kapitalistischen Industriestaates definierte, war Gramcis Hegemonie-Konzept als eine wesentliche Vorraussetzung und
Bedingung einer durch Gegenmacht bewirkten gesellschaftlichen Umwälzung angelegt. Bei späteren westlichen Linken wurde der Begriff immerhin in Zusammenhang mit „systemüberwindenden Reformen“ gebracht.
Ein solcher Zusammenhang geht sicher noch weiter.
Mit dem Hegemonie-Konzept dürfte die wesentlichste
Anforderung benannt sein, die man an die sich gegenwärtig vollziehende gesellschaftliche Protestbewegung stellen
müsste, wenn man sie als gesellschaftspolitische Gegenmacht ansehen wollte bzw. sie das werden will: ihre Politik und alle ihre Aktivitäten so gestalten, dass sie zur
Erringung einer solchen geistig-kulturellen Hegemonie
führen bzw. beitragen. Politische und parlamentarische
Mehrheiten - und ich setze hier die Existenz eines bürgerlich-demokratischen Verfassungsstaates voraus - sind
ganz offensichtlich nicht zu erringen, wenn sie nicht von
einer gesellschaftlichen Mehrheit getragen würden, die
ohne Dominanz im Zeitgeist kaum zu haben sein dürfte.
Der Vertreter von ATTAC hat völlig zutreffend auf die
Frage, worin denn der Grundkonsens dieser Bewegung
bestehe, geantwortet: In der Ablehnung des neoliberalen
Kurses und der monopolkapitalistischen Form der Globalisierung. Dazu käme dann noch die Ablehnung der Parteiform für diese Bewegung. Beides entspricht dem gegenwärtigen Selbstverständnis, ist aber unzureichend.
Offensichtlich gibt es ein hohes Maß an Spontaneität, an
moralischer Empörung, die sich um eine essentielle Grundidee - „Gegenmacht“ - entfaltet, und beim Herantasten
an die Formierung eines nicht parteiförmigen „Wählerbündnisses“. Kämen noch eine charismatische Führerfigur hinzu, ein Lied wie eine Hymne und ein Schlachtruf
(Wir sind das Volk!) - dann könnte sich eine gesellschaftliche Massenbewegung beträchtlichen Ausmaßes entfalten, die Strasse beherrschen und selbst die neoliberale
Dominanz in den bürgerlichen Medien zurückdrängen.
Bis sich die Bewegung erschöpft haben dürfte, weil zwei
unverzichtbare Dinge fehlten: das Programm, wofür man
kämpft, weil es auf Dauer nicht trägt, nur gegen etwas zu
sein. „Weg mit Schröder“ ! Und dann? „Arbeit für alle“!
Aber wie?
Es ist mithin zum ersten notwendig, dass sich die spontane gesellschaftliche Bewegung mit gleichgesinnten institutionalisierten, politisch organisierten Mächten verbündet. Dies sogar, wenn sie sich selbst irgendwann dazu
16
durchringen sollte, sich auch in Parteiform zu organisieren. Dagegen scheint zu sprechen, dass die Entwicklung
von der plebiszitären zur Parteiendemokratie die jüngere
Geschichte aller westlichen Verfassungsstaaten bestimmt.
Parteiendemokratie ist - neben der meist weitgehenden
Verweigerung von allen Formen der direkten Demokratie
- dadurch geprägt, dass der Wille der jeweiligen Parteienmehrheit nicht nur die Politik der durch sie gebildeten
Regierung bestimmt, sondern zugleich als Gesamtwille
des Volkes ausgegeben wird. Über direkten oder indirekten Fraktionszwang wird darüber hinaus das Parlament
unter den so erzeugten Gesamtwillen gepresst. Es wird
zum Schauplatz von Scheingefechten degradiert, denn die
Funktion als Kontrollorgan der Regierung entfällt weitgehend, da die Abgeordneten als Mehrheitsbeschaffer der
Regierung fungieren, erst jüngst durch „Machtworte des
Kanzler“ demonstriert. Die Doppelfunktion vieler Mandatare als Abgeordneter und Regierungsmitglied unterläuft
zudem das Prinzip der Gewaltenteilung. Die Funktion der
Opposition als Kontrollinstanz und Regulator ist außerdem oft dadurch beschränkt, dass sich die Oppositionsparteien auch nur als Regierungsparteien im Wartestand
verstehen.
So verständlich die Ablehnung des Parteiensystems angesichts dessen ist, so naiv ist die Hoffnung, ein moderner
bürgerlicher Verfassungsstaat könne ohne konkurrierendes Parteiensystem funktionieren, solange das bestehende
privatkapitalistische Wirtschaftssystem die Existenz
widerstreitender Interessengruppen bedingt. Der meist
rein emotionalen Ablehnung parteiförmiger Strukturen
liegt offenbar ein Missverständnis zugrunde. Der Zwang,
sich im bestehenden System an der Willensbildung in den
jeweiligen Formen und Institutionen beteiligen zu müssen, wird als unvereinbar mit der Wahrnehmung einer
stringenten Oppositionsrolle betrachtet. Das ist insofern
verständlich, als die Geschichte des bundesdeutschen Parlamentarismus im Prinzip keine Beispiele liefert, wo eine
radikal-demokratische und systemkritische Opposition
nachweisbaren Einfluss auf diesen politischen Willensbildungsprozess genommen hätte. Die Assimilationskräfte
des bestehenden Parteiensystems - an den Grünen neuerlich zu studieren - sind erheblich, und auch die PDS ist
spätestens 1998 ihr Opfer geworden. („Schröder verhindern“) Dass sich 2004 eine linke Bewegung rebellierender
Sozialdemokraten, Gewerkschaftler und Sozialisten
neben, und zwar „links“ und in Abwehr zur PDS entfaltet,
ist wie eine Bankrotterklärung für diese Führung. Wieder
einmal, wie schon mehrfach in Frankreich, Italien oder in
Skandinavien versucht, schlägt eine Politik des Mitregierens unter dem Banner des „kleineren Übels“ auf die traditionelle Linke zurück.
Hinzu kommen einige sehr praktische Fakten: Große
politische Vereinigungen kommen nicht ohne Repräsentations- und Organisationsformen aus. Sie brauchen zumal
in der existierenden Mediendemokratie Geld und Öffent-
Marxistisches Forum 48/2004
lichkeitspräsenz. Ihr Funktionieren benötigt zudem
bestimmte qualifizierte Funktions- und Amtsinhaber, die
alsbald Nutznießer einer hierarchisch gegliederten Privilegienstruktur werden. Die Geschichte der größten Partei
der deutschen Arbeiterbewegung ist zugleich eine
Geschichte der Verbürokratisierung und der Etablierung
einer verbürgerlichten Funktionärskaste als hierarchische
Führungsschicht der Partei, die immer wieder mal zu
einem Krisenfaktor geworden ist.
Ich erfahre im Landtagswahlkampf in Brandenburg, wie
durch die verschiedenen Bürger- und Wählerinitiativen,
die zur Landtagswahl antreten werden, die Weigerung
schon gar nicht mit der SPD, aber auch nicht mit der PDS
zusammenzugehen, genau mit dieser Argumentation
begründet wurde und wird. „Wir wählen nicht noch einmal immer dieselben Bonzen“! Jedes Gerangel um Diätenträchtige Listenplätze wird hämisch kommentiert, (was
nicht davor bewahrt, es dann ähnlich zu betreiben.) Es war
ein Aha-Erlebnis, als die ebenfalls um eine Listenvereinigung ringenden GRAUEN PANTHER darauf verweisen
konnten, dass ihre Satzung möglichen Mandatsinhabern
auferlegt, ihre nicht amtsbedingt verbrauchten Nettodiäten an die Parteikasse abzuführen. Übrigens wäre es auch
eine der bewahrenswerten KPD-Traditionen, deren Abgeordnete nur einen sehr knapp bemessenen Anteil ihrer
Diäten per Beschluss behalten durften. Man lebte für die
Politik, aber nicht von ihr. Man unterschätze solche
sekundären Probleme nicht, sie gehörten zu einer Parteireform, die m.E. eine unverzichtbare Voraussetzung wäre,
wenn die PDS zu einem der institutionalisierten Bündnispartner der Bewegung werden will.
Wesentlicher ist sicher die zweite Frage, welches positive
Programm, welches zukunftsträchtige Konzept braucht
eine solche Bewegung und welche Verantwortung hätte
eine linke Opposition wahrzunehmen?! Ohne hier auf einzelne Programmelemente eingehen zu wollen, wären drei
grundlegende Aspekte zu beachten. Erstens müsste begriffen und praktiziert werden, dass eine linke systemkritische
Partei per se zur Opposition berufen, zur stringenten
Alternative verdammt ist. Die Geschichte beweist, dass
aus der Opposition mehr reale progressive Reformen
erkämpft werden konnten als durch Koalitionen oder
andere Formen des Mitregierens. Politik ist in ihrem Kern
auf Macht, Regierungsmacht gerichtet, und so muss auch
eine linke Partei die Regierung anstreben, aber niemals
das „Mit-Regieren“ in einem bürgerlichen Bündnis. (Nur
ein Mehrheitsbeschafferin wie die FDP gerät dabei nicht
dauerhaft unter die Räder.)
Sich auf stringente Oppositions- und Protestpolitik einzustellen ist zweifellos noch keine Garantie, bereits in den
nächsten Bundestag einzuziehen, weder für die einen wie
für die anderen. Aber es könnte so die sozialistische Identität der PDS, ihre Lebens- und Bündnisfähigkeit - zu mindestens im Osten - gerettet werden.
Ihre spezifische Verantwortung und Rolle müsste in der
Ausarbeitung eines marxistisch begründeten Programms
für die gesamte Bewegung sein. Gerade für eine weltanschaulich pluralistische Partei ist die Bewahrung der
historisch-materialistisch begründeten Zielvorstellung
Heinz Niemann
einer anderen, gerechteren Gesellschaft eine Lebensfrage.
Es gibt kein Beispiel in der Welt, dass eine linke Partei
ihren Charakter als sozialistische Programmpartei
bewahrt hätte, nachdem sie sich von der marxistischen
Gesellschaftstheorie losgesagt hatte. Es gibt kein Beispiel
einer sozialistischen/kommunistischen Partei, welche
ihren gesellschaftlichen und parlamentarischen Einfluss
und politische Stärke vergrößert hätte, nachdem sie ihre
antikapitalistische Systemopposition durch pragmatische
Tagespolitik ersetzt hatte. Was es gibt ist der Zerfall solcher Massenparteien wie der IKP oder FKP u.a., auch
wenn sie dafür als Erfüllungsgehilfen zeitweilig am
Regierungstisch Platz nehmen durften. U-J. Heuer hat
gerade in seinem Buch „Marxismus und Politik“ einen
verdienstvollen Versuch vorgelegt, wo er die Unverzichtbarkeit marxistischer Theorie und Methode und sozialistischer Weltanschauung für die Politik einer linken Partei
begründet.)
Es wäre das gesamte Agieren auf die Erkämpfung der
oben genannten „geistig-kulturellen Hegemonie“ in der
Gesellschaft auszurichten. Gesellschaftliche Gegenmacht
und parlamentarische Opposition gemeinsam müssten die
zwei Standbeine der Bewegung bilden.
Die andere Seite derselben Verantwortung wäre durch die
Partei der sozialistischen Linken mit der Ausarbeitung
eines konkreten alltagstauglichen und zugleich zukunftsweisenden Konzeptes einer gesellschaftlichen Umwälzung wahrzunehmen. (Damit wird weder der weltanschauliche Pluralismus der Linken hinsichtlich ihrer persönlichen Motive, sich als Sozialisten zu verstehen, infrage gestellt noch ignoriert, dass es einen den unterschiedlichen Bedingungen in der Welt entsprechenden pluralen
Marxismus geben muss.)
Kernstück müsste ein wirtschaftspolitisches Konzept sein,
welches von den grundlegenden Erkenntnissen ausgeht,
die Marx schon in den „Theorien über den Mehrwert“
analysiert und dargestellt hat. Wenn es um die „Grenzen“
des globalisierten Kapitalismus, seine inneren Widersprüche geht, von deren Existenz und Wirkungsweise
letztlich die Ausrichtung und Zielorientiertheit wirklich
sozialistischer Politik abhängt, muss man dem Wesen der
„Naturgesetzlichkeit“ des modernen Kapitalismus auf der
Spur bleiben. Marx hat vor 150 Jahren die ökonomischen
Triebkräfte heutiger Globalisierung, der Ursachen von
dauerhafter Massenarbeitslosigkeit, Niedriglohndruck,
Shareholder Values, wachsender Armut und des ganzen
ideologischen Spuks der Neoliberalismus aufgedeckt: „In
dem Maße (aber), wie die große Industrie sich entwickelt,
wird die Schöpfung des wirklichen Reichtums abhängig
weniger von der Arbeitszeit und dem Quantum angewandter Arbeit, als von der Macht der Agenzien, die
während der Arbeitszeit in Bewegung gesetzt werden und
die selbst wieder - deren powerfull effectiveness - in keinem Verhältnis steht zur unmittelbaren Arbeitszeit, die
ihre Produktion kostet, sondern vielmehr abhängt vom allgemeinen Stand der Wissenschaft und dem Fortschritt der
Technologie, oder der Anwendung dieser Wissenschaft
auf die Produktion.“ (MEW, Bd. 42, S.600) Hier steckt die
Antwort auf die Frage, wieso einerseits bald nur noch 20
Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung weltweit
17
gebraucht werden, dauerhafte Massenarbeitslosigkeit
„naturgesetzlich“ wird und der Wert der Ware Arbeitskraft
sinkt, trotzdem die scheinbar irre Idee der Arbeitszeitverlängerung herumspukt usw. Allen Illusionen über die
„Zurückdrängung der Profitlogik“ sind klare gesellschaftlich bedingte Grenzen gewiesen. Will eine anti-kapitalistische und Anti-Globalisierungsbewegung ein realistisches
Wirtschaftskonzept ausarbeiten, muss sie sowohl den
Kampf um die gesellschaftliche demokratische Verfügungsgewalt über Produktion und Verteilung (Wirtschaftsdemokratie) begründen als auch die Eigentumsfra-
ge stellen. Radikale Arbeitszeitverkürzung, Verbot von
Überstunden und Kinderarbeit, Finanzierung gesellschaftlich nützlicher Arbeit in den großen „Not-Profit-Bereichen“ und gesetzlicher garantierter Mindestlohn wären
verständliche und populäre Forderungen, die im direkten
Gegensatz zur „naturgesetzlichen“ Logik der Ökonomie
stehen und deshalb nur politischen Kampf gegen die Herrschaft des Monopolkapitals durchsetzbar wären und letztlich wieder sehr wahrscheinlich an die Eigentumsfrage
heranführen würde.
Horst Trapp
Gegenkräfte bündeln
Zum Perspektivenkongress
Der Perspektivenkongress "Es geht auch anders! Perspektiven für eine andere Politik" tagte vom 14. bis 16. April
in der TU Berlin. Veranstalter war ein Spektrum von 70
Träger- und Unterstützerorganisation aus Gewerkschaften, Sozialverbänden, kirchlichen Gruppen, Friedensorganisationen, Erwerbsloseninitiativen und attac. An den 125
Podiumsdiskussionen, Foren und Workshops beteiligten
sich 250 Referenten und Moderatoren aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen.
Mit etwa 2.000 Teilnehmern war der Kongress gut
besucht, was auf das wachsende Bedürfnis zurückgeführt
werden kann, nach Alternativen zur herrschenden neoliberalen Politik zu suchen. Nach den europaweiten Demonstrationen vom 3. April war der Kongress als weiteren
Schritt gedacht, um Gewerkschaften, Verbände, kirchliche
Gruppen und viele andere zur Verteidigung sozialer
Errungenschaften und zur Wiederbelebung emanzipatorischer Politik zusammenzubringen.
Gewerkschaften und soziale Bewegungen gingen unvoreingenommen aufeinander zu und diskutierten miteinander. Kontakte gab es schon länger. Sie kamen erstmals bei
der Vorbereitung und Durchführung des Europäischen
Aktionstags gegen Sozialabbau zum Tragen. Zwar hakte
es hier und da noch, zwar gab es im Nachhinein die
Beschwerde, die Partner der Gewerkschaften wären bei
den Auftritten in Berlin, Stuttgart und Köln nicht gleichberechtigt behandelt worden, aber insgesamt gab es eine
positive Beurteilung dieses ersten großen Mobilisierungserfolgs gegen die Angriffe auf soziale Besitzstände.
Vorausgegangen war die Demonstration am 1. November
2003 mit 100.000 Teilnehmern, die nur von Teilen der
Gewerkschaften unterstützt wurde, weil die negativen
Mobilisierungserfahrungen des 24. Mai 2003 vielen
demonstrationsbereiten Gewerkschaftern noch in den
Knochen saß. Aus heutiger Sicht lässt sich sagen, dass
damals die Auswirkungen des Sozialabbaus noch nicht so
klar erkennbar waren, und viele einfach nicht glauben
mochten, dass "ihre" Regierung so mit ihnen verfahren
würde. Sicherlich spielte auch die Unsicherheit darüber
eine Rolle, ob die Gewerkschaften eine regierungskritische Auseinandersetzung wirklich wagen würden.
18
Nun sind die Zeiten anders. Der Shareholder-Kapitalismus lässt eine Rückkehr zu einer kooperativen Gewerkschaftspolitik nicht mehr zu. Also muss grundlegend
umgedacht werden. Ein neues Bewusstsein bildet sich
heraus, wonach eigene gewerkschaftliche Kraftanstrengungen unerlässlich sind.
Und nun der Perspektivenkongress. Die unterstützenden
Gewerkschaften nahmen ganz offiziell als Organisation an
dieser gemeinsamen Veranstaltung teil, was durch die
Mitwirkung der Gewerkschaftsvorsitzenden Frank Bsirske, ver.di, Jürgen Peters, IG Metall, Klaus Wiesehügel,
BAU und Eva-Marie Stange, GEW unterstrichen wurde.
Bewusst wurde für den Kongress eine Arbeitsform übernommen, die das Weltsozialforum in Porto Alegre entwickelt hat, und die beim Europäischen Sozialforum
erfolgreich war. Dabei bringen gesellschaftliche Gruppen
ihre Beiträge in selbst verantworteten Veranstaltungen ein.
Die zentralen Punkte der gegenwärtigen Auseinandersetzungen wie Wege zur Beschäftigung, Finanzierung des
Sozialstaates, existenzsichernde Arbeit, Demokratie, Bildung und Wissen, Umwelt, öffentliche Güter sowie Krieg
und Frieden wurden ausgiebig diskutiert. Am Ende des
Kongresses stand eine Verabredung über das weitere
gemeinsame Vorgehen. Dabei zeigte sich, dass die Konkretisierung des Vorgehens nicht so einfach ist.
Während des Kongresses überwogen die Gemeinsamkeiten. Ein wesentliches Ziel war, wie es nach dem 3. April
weitergehen soll, wie die in Ansätzen erreichte Bewegung
gegen die herrschende Politik der Unterwerfung der
Gesellschaft unter die Logik des Marktes erhalten und
weiter ausgebaut werden soll. Neben der Analyse von
politischen und wirtschaftlichen Zusammenhängen sowie
der inhaltlichen Diskussion ging es immer wieder um die
Suche nach Aktionsschwerpunkten und politischen
Zuspitzungen für weitere gemeinsame Aktivitäten.
Auf dem Kongress fanden vier elementare Forderungen,
vorgetragen von Frank Bsirske, allgemein Zustimmung:
Erwerbsarbeit darf nicht arm machen und soll gerecht verteilt werden, die Rente muss auskömmlich sein, in der Bildung darf es keine Klassenschranken geben und starke
Marxistisches Forum 48/2004
Schultern müssen mehr tragen als schwache. Viele der
Anwesenden hätten es vor geraumer Zeit vermutlich nicht
für möglich gehalten, wechselseitige teilweise gepflegte
Vorbehalte beiseite zu schieben. Die gemeinsame Betroffenheit wurde zum Lehrmeister. Denn, so die Erkenntnis,
wenn der Protest nicht gebündelt wird, dann bleibt er wirkungslos.
Neben den neuen Antworten auf die gegenwärtigen Herausforderungen gab es selbstverständlich auch viele alte,
die heute noch richtig und gültig sind. So kann die Einsicht, dass der gesellschaftliche Reichtum gerechter verteilt werden muss, nicht genug wiederholt werden. Ebenso, dass genug Geld da ist, um ein Leben in Armut zu verhindern.
Neben der gemeinsamen Betonung dessen, was gut und
richtig ist, wurden auch entwickelte Konzepte für einzelne Politikbereiche vorgestellt. Ein Beispiel dafür ist die
von Experten von ver.di, der Memogruppe und attac ausgearbeitete "solidarische Einfachsteuer", die das Steuersystem entrümpeln und mehr Steuergerechtigkeit schaffen
soll. Hier wird bis in Einzelheiten gehend konkretisiert,
wie eine einheitliche Steuerprogression für die verschiedenen Einkommensarten funktionieren müsste. Die Bürger sollen entlastet, Ausnahmen gestrichen, Möglichkeiten, Gewinne durch Tricks klein zu rechnen eingeschränkt
und die Kapitalflucht ins Ausland gestoppt werden.
Zudem soll mehr Geld - die Einnahmen werden dem Vorschlag zur Folge verbessert - für öffentliche Zukunftsaufgaben verwendet werden.
Der Perspektivenkongress ist Ausdruck für eine sich allmählich formierende politische Opposition, deren Träger
neben den sozialen Bewegungen aus den Gewerkschaften
kommen. Was die Gewerkschaften betrifft, so hat das insbesondere mit ihrem Verhältnis zur SPD zu tun. Der
immer wieder angesprochene Bruch ist keineswegs endgültig. Es ist auch nicht so, dass fortschrittlichen Mitgliedern durchweg zögerliche Vorstände gegenüberstehen.
Vielmehr wächst allgemein die Ratlosigkeit darüber, wie
mit dem einstmaligen parlamentarischen Arm, der SPD,
künftig umzugehen ist, und was man von ihr noch erwarten kann. Während Schröder die Gewerkschaften wie normale Lobbyisten behandelte, hört Müntefering ihnen
wenigstens zu. Aber politisch soll es keine Änderungen
geben, keine Abstriche an der Agenda 2010, die das seit
langem gestörte Verhältnis noch einmal deutlich verschlechterte. Dies alles, obwohl die Politik, die zur Entfremdung führte, und zu der es angeblich keine vernünftige Alternative gibt, gemessen an den regierungsoffiziellen
Zielen alles andere als erfolgreich ist. Die Arbeitslosigkeit
wächst, der Aufschwung bleibt weiter in der Ferne.
Über die verschiedenen Optionen des Umgangs mit den
Mitgliederinteressen der Gewerkschafter gibt es deshalb
sehr grundsätzliche Diskussionen. Soll man durch soziale
Horst Trapp
Bewegungen die Regierungspolitik zu ändern versuchen,
die Partner von gestern und die Nochgenossen unter
Druck setzen? Liegt das Heil in der Gründung neuer Parteien? Oder sollte man sich mit Formen der direkten
Demokratie wie Bürgerbegehren und Volksabstimmungen
auseinandersetzen? Unabhängig davon sollte sich niemand über die Bindewirkung der SPD täuschen. Man
mault, geht nicht mehr zur Wahl (meine Partei kann ich
nicht mehr wählen), man resigniert, aber der Bruch wird
nur von wenigen vollzogen. Vielleicht kommen wieder
bessere Zeiten und die anderen, die sind noch viel schlimmer.
So ist es begrüßenswert, dass der IG Metall Vorsitzende
Peters beim Perspektivenkongress ein "Arbeitnehmerbegehren für eine soziale Politik" ankündigte, das inzwischen zu einer Aktion auch anderer Gewerkschaften
geworden ist. Damit soll der gesellschaftliche Protest
gegen den Sozialabbau kanalisiert werden, um die Regierung zu einem Politikwechsel zu drängen. Zu den sechs
Forderungen an die Regierung, worunter massenhaft
Unterschriften gesammelt werden, gehören ein gerechtes
Steuersystem, eine solidarische Bürgerversicherung,
Chancengleichheit bei Bildung und Ausbildung, statt
Arbeitszeitverlängerung humane Arbeitszeiten und Einkommen, die zum Leben reichen.
Die Frage wird nun sein, ob aus der Vielzahl der Einzelaktivitäten sowie der Diskussionsergebnisse und Forderungen des Perspektivenkongresses einigende Druckpunkte oder Zuspitzungen gefunden werden, um gemeinsam aktions- oder gar kampagnefähig zu werden. Die
Arbeit daran begann mit einem Vernetzungstreffen der
Trägerorganisationen unmittelbar nach dem Kongress.
Horst Schmitthenner von der IG Metall hatte im Auftrag
des Kongressvorbereitungskreises einen Vorschlag zur
Weiterarbeit vorgelegt, worin die Fülle der Inhalte in vier
Themengruppen gebündelt ist. Unter den Überschriften
Beschäftigungspolitik, Arbeitszeit, Standortpolitik und
Privatisierungswahn war der Versuch unternommen worden, die zahlreichen Einzelkonzepte verschiedener Organisationen und Gruppierungen zu bündeln. Dieses
Bemühen wird im Rahmen einer Tagung im Juli auf der
Grundlage einer Überarbeitung weitergeführt.
Eine künftige weitere Zusammenarbeit wird einmal
dadurch erschwert, dass die Partner extrem unterschiedlich stark sind. Zwar nahm sich Frank Bsirske auf dem
Kongress glaubwürdig zurück, indem er ausdrücklich
nicht mit der Größe seiner Organisation argumentierten
wollte. Es ist aber auch bekannt, dass innergewerkschaftlich kompliziertere Entscheidungsfindungsprozesse
ablaufen, als etwa bei einer Bürgerinitiative. Dafür ist Verständnis erforderlich. Und den Verdacht, dass die alle wieder umfallen, spätestens bei der nächsten Bundestagswahl, muss man nicht unbedingt regelmäßig äußern.
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Schließlich hängt die Entscheidung darüber davon ab,
inwieweit es gelingt, effektiv zusammen zu arbeiten.
Soziale Bewegungen unterscheiden sich von fest gefügten
Organisationen dadurch, dass sie kein "Oberkommando"
haben. Im Idealfall diskutieren sie so lange, bis sie einen
Konsens gefunden haben. Das dauert manchmal länger.
Mit machtpolitischen Mitteln ist da nichts zu erreichen,
sondern nur durch die Überzeugungskraft der Argumente.
Das ist ebenso zu berücksichtigen wie die unterschiedlichen Interessen in zahlreichen Einzelfragen, die nicht zum
Kriterium der Zusammenarbeit gemacht werden dürfen.
Zu den sich abzeichnenden Aktionsschwerpunkten für
weitere gemeinsame Aktivitäten gehören solche im
Bereich der Beschäftigungs- und Arbeitszeitpolitik, der
Kranken- und Altersversorgung sowie der Absage an weitere Privatisierungen. Mindesteinkommen, Bürgerversicherung und Beibehaltung der Arbeitslosenhilfe sind in
der Diskussion. Entscheidend wird sein, ob ein Aktionsprojekt gefunden werden kann, dass sich um einen Kernpunkt der gesellschaftlichen Auseinandersetzung herum
gruppiert und kampagneförmig Massenunterstützung
gewinnen kann.
Darüber hinaus geht es um die nächsten Schritte. Denn der
Protest darf nicht zerfleddern. Ein Aktionsherbst bedarf
der Vorbereitung. Neben der Bildung regionaler und lokaler Bündnisse sind gemeinsame dezentral Aktionstage
rund um den Buß- und Bettag im November und ein deutsches Sozialforum im Gespräch. Das Arbeitnehmerbegehren der Gewerkschaften bietet die Voraussetzung, den
Protest in die Betriebe zu tragen. Es sollte deshalb auch
von denjenigen unterstützt werden, denen einiges daran
nicht gefällt.
Nicht zuletzt gilt es, in die Zusammenarbeit Menschen aus
weiteren gesellschaftlichen Bereichen sowie Gruppierungen einzubeziehen. So bilden sich beachtliche Widerstandspotentiale in den Kirchen heraus, die Umweltver-
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bände waren in Berlin unterrepräsentiert, auch Jugendund Studentenorganisationen wäre eine intensivere
Zusammenarbeit anzutragen, und natürlich muss die Friedensbewegung kraftvoller ins Boot. Obwohl die erfolgreich gestartete Initiative des Bundesausschusses Friedensratschlag "Abrüstung statt Sozialabbau" die richtigen
Zusammenhänge herstellt, fand das Rüstungsthema beim
Perspektivenkongress nur unzureichend statt. Dies
obwohl das gegenseitige Verständnis zwischen Friedensund Gewerkschaftsbewegung in letzter Zeit wieder
wuchs. Noch beim Ostermarsch demonstrierten zahlreiche Gewerkschafter mit, und wurde die Bereitschaft
unterstrichen, den 1. Mai gemeinsam zu unterstützen.
Es mag zahlreiche Gründe geben, die Themen Sozialabbau und Aufrüstung vielerorts noch getrennt zu behandeln. Beim Perspektivenkongress war es einfach so, dass
sich zu wenig Friedensbewegte mit ihren spezifischen
Themen meldeten.
Der Perspektivenkongress, der vielfach auch als eine Art
Volksuni bezeichnet wurde, hat wichtiges angestoßen,
was nun weiter zu führen ist. Die dabei aufgekommene
Aufbruchstimmung hat Mut gemacht. Wenn auch die Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Kräften, welche die wachsende Ungerechtigkeit zu verantworten
haben, ebenso wie über die wichtige Friedensfrage, und
sicherlich über vieles mehr, nicht hinreichend geführt
wurde so hat sich doch gezeigt, dass manches voneinander zu lernen ist. Eine neue Kultur der politischen Verständigung muss her. Vielleicht sollten alle mal über die
Worte von Fausto Bertinotti, dem Vorsitzenden der Partei
der italienischen Rifundazione comunista nachdenken,
der beim Sozialforum in Porto Alegre meinte, die Linken
müssten aufhören in Kategorien von politischer Vorherrschaft und Avantgardismus zu denken und zur Kenntnis
nehmen, dass dies ein ex-cathedra-Verhalten ist, das niemand mehr hinzunehmen bereit ist.
Marxistisches Forum 48/2004
Weitere Hefte aus den Publikationen des Marxistischen Forums
Heft 21/22
Der historische Platz der DDR
Beiträge aus zwei Debatten im Marxistischen
Forum
GNN Schkeuditz 1999,
ISBN 3-932725-44-1, Preis: 3,50 Euro, 40 S.
Heft 38
Gerdhard Branstner
Die neue Weltofferte Was Marx nicht wußte - Eine
Blütenlese
GNN Schkeuditz 2002,
ISBN 3-89819-114-1, Preis: 2,00 Euro, 28 S.
Heft 23
Ingo Wagner
Für einen neuen Sozialismus als historischgesellschaftliche Alternative zum Kapitalismus
GNN Schkeuditz 1999,
ISBN 3-89819-018-8, Preis: 2,00 Euro, 32 S.
Heft 39
Die Welt nach dem 11. September und dem 7.
Oktober 2001
GNN Schkeuditz 2002,
ISBN 3-89819-118-4, Preis: 2,00 Euro, 16 S.
Heft 40/41
Heft 24
Gerd Friedrich
Auf dem Weg zum "globalen Kapitalismus"
GNN Schkeuditz 2000,
ISBN 3-89819-025-5, Preis: 2,00 Euro, 28 S.
Krieg, neue Weltordnung und sozialistische
Programmatik - 100 Jahre John A. Hobson: Der
Imperialismus
GNN Schkeuditz 2002,
ISBN 3-89819-133-8, Preis: 3,50 Euro, 48 S.
Heft 25
Gerdhard Branstner
Marxismus der Beletage
GNN Schkeuditz 2000,
ISBN 3-89819-029-3, Preis: 2,00 Euro, 28 S.
Heft 42
Heft 26/27
Beiträge zur Diskussion über Programmdebatten in
der deutschen Linken in Vergangenheit und
Gegenwart auf einer Tagung des Marxistischen
Forums der PDS am 27. November 1999 in Berlin
GNN Schkeuditz 2000,
ISBN 3-89819-033-1, Preis: 3,50 Euro, 56 S.
Ingo Wagner
In welcher Epoche leben wir eigentlich? - Versuch
einer Annäherung
GNN Schkeuditz 2002,
ISBN 3-89819-134-6, Preis: 2,00 Euro, 28 S.
Heft 43
Die Linke nach der Bundestagswahl
Konferenz des Marxistischen Forums Sachsen, der
KPF Sachsen und der Plattform International am 5.
Oktober 2002 in Leipzig
GNN Schkeuditz 2002
ISBN 3-89819-138-9, Preis: 2,00 Euro, 27 S.
Heft 44/45
Finale? Zur Programmdebatte der PDS
GNN Schkeuditz 2003
ISBN 3-89819-151-6, Preis: 2,00 Euro, 30 S.
Heft 46
Was erwarten wir vom 21. Jahrhundert?
Wissenschaft - Hoffnung - Traum
Colloqium aus Anlass 75. Geburtstag U.-J. Heuer
GNN Schkeuditz 2003
ISBN 3-89819-175-3, Preis 2,00 Euro, 35 S.
Heft 47
Europäische Union in guter Verfassung?
Beratung des Marxistischen Forums am
12. Januar 2004
GNN Schkeuditz 2004
ISBN 3-89819-176-1, Preis 2,00 Euro, 20 S.
Heft 28/29
Heft 30/31
Beiträge zur Konferenz des Marxistischen Forums
Sachsen am 4. März 2000 in Leipzig
GNN Schkeuditz 2000,
ISBN 3-89819-035-8, Preis: 3,50 Euro, 56 S.
Ingo Wagner
Auf der Suche nach sozialer Gerechtigkeit
Plädoyer für eine soziale Gerechtigkeitskonzeption
der Partei des Demokratischen Sozialismus aus
marxistischer Sicht.
GNN Schkeuditz 2000,
ISBN 3-89819-048-X, Preis: 3,50 Euro, 40 S.
Heft 32/33
Zur Programmdebatte der PDS Positionen Probleme - Polemik
Konferenz des Marxistischen Forums am
16. September 2000 in Berlin.
GNN Schkeuditz 2000,
ISBN 3-89819-060-9, Preis: 3,50 Euro, 80 S.
Heft 34/35
Ehrenfried Pößneck, Ingo Wagner
Eduard Bernstein, Rosa Luxemburg und der
Sozialismus der Moderne
GNN Schkeuditz 2001,
ISBN 3-89819-066-8, Preis: 3,50 Euro, 36 S.
Heft 36/37
Reformalternative als Gesellschaftsalternative
Beiträge zur Theoretischen Konferenz des
Marxistischen Forums Sachsen am 9. Juni 2001 in
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Impressum
ISBN:
Herausgeber: Marxistisches Forum der PDS
Verlag: GNN Verlag Sachsen/Berlin m.b.H., Schkeuditz
Redaktionsschluß: 30. Juni 2004
Ziel des Marxistischen Forums ist es, einen Beitrag zur theoretischen Profilierung der Politik der PDS zu leisten. Dazu
soll die Schriftenreihe einen Beitrag leisten. Die veröffentlichten Beiträge stellen die Auffassung der Autoren dar.
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