SWR2 ZEITWORT 22.09.2012, 6.45 Uhr 22.09.1862: Präsident Lincoln verkündet die Freilassung der Sklaven Von Silke Hasselmann© 1861 wurde Abraham Lincoln zum 16. US-Präsidenten gewählt. Kurz darauf brach der Amerikanische Bürgerkrieg aus. Es kämpften die Nordstaaten gegen die Konföderationsstaaten aus dem Süden, die sich von der Union der Vereinigten Staaten von Amerika abgespalten hatten. Präsident Lincoln hatte es stets verneint, doch Historiker wie Maurice Jackson von der Georgetown University in Washington sagen heute: „Es sei ein Krieg gewesen zwischen Kapitalismus und Sklaverei. Ein Krieg zwischen Richtig und Falsch und vor allem ein Krieg zweier Seiten über die Frage, wie dieses Land aussehen sein sollte." Es haben den Süden gegeben, der durch und durch eine Sklavengesellschaft war, und dann lebten gerade im industrialisierten Norden viele Kapitalisten, die erkannt hatten, dass bezahlte Arbeit letztlich profitabler ist als Sklaven zu beschäftige, sagt Prof. Jackson. „Sorgten sie sich um die Sklaven? Dachten sie, Afro-Amerikaner sollten den Weißen gleichgestellt sein? Nein. Doch wie schon Karl Marx sagte: Kapitalismus strebt nach maximalem Gewinn." Dennoch hatten immer mehr weiße Amerikaner auch ein moralisches Problem mit der Sklaverei. Eine wichtige Rolle spielte dabei das Buch "Onkel Toms Hütte" von Harriet Beecher, das damals von Hand zu Hand ging und viele Menschen erst beschämte und dann aufrüttelte. Dass das Weiße Haus und das prunkvolle Kapitol in Washington mithilfe von Sklaven errichtet worden waren, empfand schließlich auch Präsident Abraham Lincoln als Schande. Schon bald nach seiner Amtsübernahme erließ er die "Kompensations-Anordnung" für die Hauptstadt der Nation: "Am 16. April 1862 wurden über 3000 Sklaven in Washington DC freigelassen. Es war einmalig in der Welt, dass die Eigentümer dafür vom Staat entschädigt wurden: pro Sklaven 3000 Dollar, machte insgesamt rund eine Million. Dazu hatte man 100.000 Dollar für jene nunmehr freien Schwarzen bereitgestellt, die nach Haiti gehen würden. Denn Lincolns Plan bestand seit je darin, Schwarze und Weiße voneinander zu trennen, weil er glaubte, dass sie in diesem Land nie miteinander klarkommen würden." Im Sommer 1862 brachte Lincoln den US-Kongress endlich dazu, Haiti als unabhängigen Staat anzuerkennen. Dann wartete er den Sieg der Unionstruppen in der wichtigen Bürgerkriegsschlacht von Antietam ab. Am 22. September schließlich sah er seine Position genug gestärkt. Lincoln ordnete an, dass am folgenden Neujahrstag – also am 1. Januar 1863 - sämtliche Sklaven in die Freiheit entlassen werden müssen, und zwar ohne Entschädigung. Allerdings hatte der republikanische Präsident sogenannte Grenzländer („borderstates“) wie Maryland ausgenommen, die Sklaverei erlaubten, sich aber nicht von der Union der Vereinigten Staaten getrennt hatten. Schon bald ätzten sie im Süden: "Das Prinzip lautet nicht, dass ein Mensch nicht billigerweise einen anderen besitzen darf, sondern dass er ihn nicht besitzen darf, es sei denn, er verhält sich loyal gegenüber den Vereinigten Staaten." Für Maurice Jacksons Urururgroßvater in Louisiana galt Lincolns „FreilassungsProklamation“. Was er gemacht hat, nachdem er nicht mehr als Sklave auf einer Zuckerrohrplantage arbeiten musste, wisse er nicht, sagt der Geschichtsprofessor. Klar sei nur, dass sein Vorfahre nicht nach Haiti ausgewandert, sondern in Louisiana geblieben ist. "Keine Frage, es gab noch viele juristische Kämpfe bis zur Anerkennung der AfroAmerikaner als gleichberechtigte US-Bürger. Doch Lincolns Anordnung vor 150 Jahren war der Beginn des Endes von Sklaverei und Bürgerkrieg.“