Familienschicksale - Arbeitsblätter

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Arbeitsblatt M2A
Familienschicksale
Sekundarstufe I
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Familie Grossman
Chaja Ruda, Ruschka, Mendel, Fajga und Schmuel David Grossman (um 1935)
Die Familie Grossman lebte in der polnischen Stadt Lodz und arbeitete in der Textilbranche. Die Töchter Ruschka
und Fajga nähten zu Hause Wäschestücke, die der Vater Schmuel David als Händler verkaufte. Die Mutter Chaja
Ruda war Hausfrau, Sohn Mendel absolvierte eine künstlerische Ausbildung und wurde Fotograf.
Im September 1939 besetzte die deutsche Wehrmacht Lodz. Ab Oktober war Juden der Textilhandel verboten. Im
Frühjahr 1940 zwangen die Besatzer die Lodzer Juden, in einen Ghettobezirk umzuziehen. Die siebenköpfige
Familie Grossman musste in einem kleinen Zimmer wohnen: die Eltern und ihre erwachsenen Kinder, Schimon
Frajtag, der Ehemann von Fajga, und ihr vermutlich 1938 geborener Sohn Jankusch. Mendel Grossman arbeitete
als Fotograf für den von den Deutschen eingesetzten Judenrat. Er nutzte seine Kamera aber auch illegal, um
unter Lebensgefahr Elend und Not zu dokumentieren. Er fertigte über 10.000 Fotos an, die er verstecken konnte.
Im Ghetto Lodz verhungerten Tausende Juden, weil das Ghetto von der Außenwelt abgeschnitten war und
unzureichend versorgt wurde. Unter den Verstorbenen waren 1942 auch die Eltern, Schmuel David und Chaja
Ruda Grossman, sowie Schimon Frajtag. Im Sommer 1944 löste die SS das Ghetto auf und verschleppte die
Bewohner nach Auschwitz. Fajga Grossman und ihr kleiner Sohn Jankusch kamen dort um. Mendel Grossman
wurde im Januar 1945 – kurz vor der Befreiung des Lagers – von der SS auf einen Todesmarsch geschickt. Wie
unzählige andere Häftlinge konnte er sich vor Entkräftung und Krankheit nicht mehr auf den Beinen halten und
wurde nördlich von Berlin ermordet. Nur Ruschka Grossman überlebte die deutsche Besatzungszeit in Polen.
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Familienschicksale
Sekundarstufe I
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Fajga und Jankusch aufgenommen von
Schmuel David aufgenommen von
Mendel Grossmann (zw. 1940-1944)
Mendel Grossmann (zw. 1940-1942)
Arbeitsaufträge:
1.
Betrachte das Foto, damit Du die Familienmitglieder Deinen Mitschüler/-innen vorstellen kannst!
2.
Lies den Text und markiere wichtige Informationen!
3.
Betrachte die Fotos, die Mendel Grossman illegal im Ghetto Lodz aufgenommen hat und überlege aus
seiner Perspektive, weshalb er sich trotz Lebensgefahr dafür entschieden haben könnte, sie
aufzunehmen.
Finde Dich nun mit zwei Mitschüler/-innen, die sich mit jeweils anderen Familien beschäftigt haben,
zusammen.
4.
Stelle ihnen die Familienmitglieder und Deine weiteren Ergebnisse vor! Tragt Eure Ergebnisse in den
Zeitstrahl ein und benutzt dabei für jede Familie eine andere Farbe!
5.
Diskutiert Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Familien und ihrer Schicksale!
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Sekundarstufe I
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Familie Krelitz
Mosche, Esther und Dora Krelitz (um 1939)
Mosche und Dora Krelitz heirateten in den 1930er Jahren und lebten in Jurbarkas, einer litauischen Kleinstadt an
der Grenze zur deutschen Provinz Ostpreußen. 1938 wurde ihre Tochter Esther geboren. Mosche Krelitz arbeitete
in der Bäckerei seines Bruders, die seit Generationen im Familienbesitz war. Schließlich baute er sich ein Goldund Silberwarengeschäft auf, mit dem er allerdings nur mäßigen Erfolg hatte. Die Verfolgung der Juden im nahe
gelegenen Deutschen Reich und die antijüdische Stimmung in Litauen beunruhigten die Familie Krelitz. In Briefen
an seine Schwester Leah, genannt Lejke, die nach Mexiko ausgewandert war, dachte Mosche Krelitz ganz offen
über eine Auswanderung nach. Er fragte seine Schwester, ob sie sich vorstellen könne, dass er und seine Familie
auch nach Mexiko emigrieren, und ob er mit seinen Kenntnissen dort Arbeit finden würde.
Im Sommer 1940 wurde Litauen von der Sowjetunion besetzt, Ende Juni 1941 rückten deutsche Truppen im Zuge
des Angriffs auf die Sowjetunion in Jurbarkas ein. In einem 25 Kilometer breiten Grenzstreifen zum Deutschen
Reich erschossen deutsche SS-Einsatzgruppen und Polizeieinheiten sowie litauische Hilfswillige Kommunisten
und Juden. In Jurbarkas wurden am 3. Juli 1941 317 Männer und fünf Frauen ermordet. Es folgten vier weitere
Massenerschießungen – auch von Frauen und kleinen Kindern. Der Zeitpunkt der Ermordung der Familie Krelitz
ist nicht mehr festzustellen. Bereits Ende September 1941 lebte in Jurbarkas keiner der vormals ca. 2.000 Juden
mehr.
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Sekundarstufe I
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»Liebe Schwester Lejke, [...] Wie geht es Dir? Wie verbringst Du Deine Zeit? Ich habe alles getan
um Dir Bilder von unserem Estherle schicken zu können. [...] Sie ist jetzt schon fünf Monate alt und
allem Anschein nach ein kluges und gutes Kind. [...] Viele Jurburger sagen schon, dass jeder
wegfahren soll, wohin er nur kann. Man rechnet nämlich damit, dass falls ein Krieg ausbricht und
Hitlers Gesetze auch in Litauen eingeführt werden, [...] Litauen der schlimmste Ort Europas sein
wird. Lejke, was denkst Du darüber, dass ich mir Gedanken mache, aus Litauen fortzugehen? Ist es
möglich nach Mexiko zu kommen und wird es sich für mich mit meinem Beruf lohnen? Es soll Dich
nicht verdrießen, dass Du nicht in Litauen bist. Lass es Dir nicht verdrießen! Und denk’ erst gar
nicht über eine Rückkehr nach! Wenn das Dir in den Sinn kommen sollte, wird man Dich für
vollständig verrückt erklären! Es ist sehr unruhig in Europa, Lejke. [...] Es grüßen Dich auch
Dwejrele und Esterl. Sei gegrüßt und geküsst von mir, Deinem Bruder Mejsche [Mosche] Krelitz«
Erste Seite des Briefs von Mosche Krelitz
an seine Schwester in Mexiko vom 30. Januar 1939
Arbeitsaufträge:
1.
Betrachte das Foto, damit Du die Familienmitglieder Deinen Mitschüler/-innen vorstellen kannst!
2.
Lies den Text und markiere wichtige Informationen!
3.
Lies den Brief von Mosche Krelitz und überlege, was aus seiner Perspektive für oder gegen eine
Auswanderung nach Mexiko gesprochen haben könnte!
Finde Dich nun mit zwei Mitschüler/-innen, die sich mit jeweils anderen Familien beschäftigt haben,
zusammen.
4.
Stelle die Familienmitglieder und Deine weiteren Ergebnisse vor! Tragt Eure Ergebnisse in den Zeitstrahl
ein und benutzt dabei für jede Familie eine andere Farbe!
5.
Diskutiert Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Familien und ihrer Schicksale!
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Familienschicksale
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Sekundarstufe I
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Familie Dreifuss
Leopold und Alice Dreifuss (zw. 1938/39-1942)
Fritz und Leonie Dreifuß (nach 1945)
Die Familie Dreifuss lebte in Süddeutschland, im badischen Altdorf nahe der französischen Grenze. Leopold
Dreifuss betrieb eine Metzgerei, die sich in unmittelbarer Nähe der Synagoge befand. Leopold Dreifuss und seine
Frau Leonie, die aus dem Elsass stammte, hatten zwei Kinder: Tochter Alice wohnte zu Hause, Sohn Fritz
arbeitete im benachbarten französischen Straßburg.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann auch in Altdorf die Verfolgung der Juden.
Während des Pogroms im November 1938 zogen SA-Leute und Arbeiter einer nahe gelegenen Fabrik nach
Altdorf, plünderten die Häuser jüdischer Einwohner und demolierten die Synagoge. Leopold Dreifuss und andere
jüdischen Männer wurden für einige Wochen in das Konzentrationslager Dachau verschleppt. Nach Leopold
Dreifuss’ Freilassung beschloss die Familie, zu ihrem Sohn Fritz nach Frankreich zu fliehen. Doch nur die Mutter
durfte einreisen. Leopold und Alice Dreifuss zogen deshalb nach Berlin, wo die jüdische Gemeinde mit noch etwa
80.000 Mitgliedern Schutz zu bieten schien. Sie wohnten in der Nähe der Neuen Synagoge in der Oranienburger
Straße als Untermieter bei einer Berliner jüdischen Familie. In Berlin traf sie die drastische Verschärfung der
Verfolgungspolitik. Alice Dreifuss musste Zwangsarbeit leisten und wurde im Januar 1943 nach Auschwitz
deportiert. Gleich nach ihrer Ankunft schickte die SS Alice – wie alle Frauen des Transports – in die
Gaskammern. Ihr Vater Leopold Dreifuss wurde im Sommer 1942 in das Ghettolager Theresienstatt verschleppt,
wo er im Februar 1944 an den elenden Lebensbedingungen starb. Seine Frau Leonie und sein Sohn Fritz
überlebten die deutsche Besatzung in Südfrankreich.
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Familienschicksale
Familienschicksale
Sekundarstufe I
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Auszug aus einer Karte von Leopold Dreifuss an seine Familie vom 14. Juni
1943. Zu diesem Zeitpunkt war Alice bereits ermordet worden.
»Meine Lieben, ich hoffe, dass Ihr gesund seid, was ich Gott sei Dank von mir
auch berichten kann. Von der lieben Alice weiß ich nichts, hingegen ist
Cousine Marie Dreifuss 80 Jahre alt verstorben.«
Arbeitsaufträge:
1.
Betrachte das Foto, damit Du die Familienmitglieder Deinen Mitschüler/-innen vorstellen kannst!
2.
Lies den Text und markiere wichtige Informationen!
3.
Lies die Karte von Leopold Dreifuss und überlege, was die Trennung der Familie für ihn bedeutet haben
könnte!
Finde Dich nun mit zwei Mitschüler/-innen, die sich mit jeweils anderen Familien beschäftigt haben,
zusammen.
4.
Stelle ihnen die Familienmitglieder und Deine weiteren Ergebnisse vor! Tragt Eure Ergebnisse in den
Zeitstrahl ein und benutzt dabei für jede Familie eine andere Farbe!
5.
Diskutiert Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Familien und ihrer Schicksale!
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