Social Media Aktivitäten von KMU in der Ostschweiz Forschungsbericht der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur Michael Beier Sebastian Früh Kerstin Wagner Dieses Forschungsprojekt wurde durch den Förderverein der HTW Chur finanziert. http://www.fhtw-chur.ch/index.php?id=70 Bitte zitieren Sie diesen Bericht wie folgt: Beier, M. / Früh, S. / Wagner, K. (2013): Social Media Aktivitäten von KMU in der Ostschweiz. Forschungsbericht der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur. Bei Fragen und Anregungen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung: Michael Beier E-Mail: [email protected] XING: https://www.xing.com/profile/Michael_Beier10 Sebastian Früh E-Mail: [email protected] XING: https://www.xing.com/profiles/Sebastian_Frueh Kerstin Wagner E-Mail: [email protected] XING: https://www.xing.com/profile/Kerstin_Wagner13 Schweizerisches Institut für Entrepreneurship Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur Comercialstrasse 22 CH-7000 Chur Tel.: +41 (0)81 286 24 24 Fax: +41 (0)81 286 39 51 E-Mail: [email protected] Online-Publikation abrufbar unter: www.sife.ch/socialmedia Inhaltsübersicht 1. Ausgangslage und Zielsetzung ....................................................................... 4 2. Methodische Vorgehensweise ........................................................................ 5 3. Ergebnisse....................................................................................................... 6 3.1 Wie sieht das Sample aus? ............................................................................. 6 3.2. Wer nutzt Social Media – und wer nicht? ...................................................... 10 3.3 Wie wird Social Media organisational umgesetzt? ........................................ 13 3.4 Welche Kanäle werden genutzt? ................................................................... 17 3.5 Wie werden Hemmnisse und Risiken wahrgenommen? ............................... 19 3.6 Wozu Social Media? ...................................................................................... 21 5. Ausblick ......................................................................................................... 26 6. Literatur ......................................................................................................... 27 3 1. Ausgangslage und Zielsetzung Social Media gilt heute bei vielen als Allheilmittel für Unternehmen. Es ist günstig, einfach zu bedienen und die Zielgruppen werden direkt erreicht. Nutzer können in den jeweiligen Kanälen Inhalte erstellen und sich austauschen. Zu den bekanntesten Social Media Kanälen zählen Facebook, Xing, LinkedIn, Twitter und YouTube. Private Nutzer, Vertreter von Unternehmen und anderen Organisationen – im Grunde jeder – kann ein eigenes Profil erstellen, Beiträge anderer kommentieren und mit anderen direkt und indirekt kommunizieren. Mit diesen Möglichkeiten stehen Unternehmen jedoch auch vor grossen Herausforderungen. Gleichzeitig wird der Einsatz und Nutzen von Social Media häufig im Kontext von Grossunternehmen thematisiert. Demgegenüber stellen aber eigentlich die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) den Löwenanteil der Unternehmen in der Schweiz. Gerade mal 0.4% aller Schweizer Unternehmen sind Grossunternehmen mit 250 und mehr Mitarbeitern (BfS 2013). 87% aller Schweizer Unternehmen sind Mikrounternehmen und beschäftigen sogar weniger als zehn Mitarbeiter. Diese Tatsache wird häufig vergessen, wenn der geeignete Einsatz und Nutzen von Social Media diskutiert wird. Dabei stellen sich für ein kleines Unternehmen mit fünf Mitarbeitern ganz andere Herausforderungen im Umgang mit Social Media als für ein Grossunternehmen. Bei der Nutzung dieser Kanäle haben grössere Unternehmen andere Voraussetzungen als kleinere. Sie verfügen oftmals über eine bereits bekannte und etablierte Marke sowie ein grösseres Budget, um die entsprechenden Social Media Auftritte zu pflegen. Idealerweise sollte es grossen Unternehmen zudem leichter fallen, Social Media Aktivitäten an einem strategischen Gesamtkontext aufzuhängen, an welchem sich spezifische Unternehmensbereiche orientieren. Social Media Aktivitäten können dabei verschiedenen Bereichen wie beispielsweise Marketing, Kommunikation, Personal oder Verkauf wesentliche Unterstützung bieten und dabei eine wichtige Rolle einnehmen. Doch welchen Nutzen bringen Social Media Kanäle den kleinen Unternehmen denn nun wirklich? Welche Ziele werden verfolgt und inwiefern zeigen die Aktivitäten auch Wirkung? Eine wesentliche Zielsetzung der vorliegenden Untersuchung ist es mit einem repräsentativen Sample aufzuzeigen, auf welche Herausforderungen tatsächlich kleine und mittlere Unternehmen bei dem Versuch treffen, Social Media Instrumente für ihre Zwecke einzusetzen. Darüber hinaus geht die vorliegende Untersuchung einen Schritt tiefer in die Analyse der Kanäle, indem sie nicht nur die Frage nach spezifisch gesetzten (unternehmensinternen und -externen) Zielen pro Kanal untersucht, sondern auch die tatsächlich eingetretenen Wirkungen pro Kanal damit vergleicht. Eine weitere Besonderheit der vorliegenden Studie liegt darin, zunächst die ganzheitliche Perspektive des Unternehmens einzunehmen. Die Untersuchung ist von der grundsätzlichen Frage getrieben, wie KMU unternehmerisch und innovativ bleiben und werden können. Social 4 Media Instrumente können (aber müssen nicht zwangsläufig) dazu beitragen, indem sie in geschäftsrelevante Prozesse eingebunden werden und diese so unterstützen. Neben dem Einsatz und dem Nutzen der Instrumente werden in Social Media aktive KMU mit inaktiven KMU verglichen: Worin unterscheiden sie sich in Hinblick auf ihre Innovationstätigkeit, ihre Grösse, ihr Alter, ihre Kunden und ihre Marktdynamik? 2. Methodische Vorgehensweise Zur Beantwortung der Frage, wie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) Social Media Instrumente zu verschiedenen Zwecken einsetzen, haben wir eine schriftliche Befragung mit der Zielgruppe der KMU durchgeführt. Für die Befragung wurde auf einen Datensatz des Bundesamtes für Statistik (BfS) zurückgegriffen, der aus dem Betriebs- und Unternehmensregister BUR als Stichprobe gezogen wurde. Das Betriebs- und Unternehmensregister BUR umfasst alle Unternehmen und Betriebe des privaten und öffentlichen Rechts, die in der Schweiz domiziliert sind. Der gezogene Datensatz stellt eine Stichprobe von 5‘447 Unternehmen dar, die 10% aller kleinen und mittleren Unternehmen (1-249 VZÄ) in den Kantonen Graubünden, Sankt Gallen, Glarus, Appenzell Ausserrhoden und Innerrhoden beinhalten. In der Stichprobe wurden gemäss der Systematik der Wirtschaftszweige (NOGA) alle Branchen berücksichtigt, jedoch ohne den NOGA-Bereich „O“ (Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung). Die Unternehmen der Stichprobe sind zudem nach Grössen in die Typen mikro (1-9 VZÄ), klein (10-49) und mittel (50-249) klassifiziert. Untersuchungen, bei denen Zielgruppen online (z.B. per Email oder in Social Media Kanälen) zu Befragungen aufgerufen werden, erreichen bestimmte Bevölkerungsgruppen (z.B. technologie-ferne Menschen) tendenziell schlechter als ihre Gegenparte (technologie-nahe Menschen). Diese Verzerrung kann dann dazu führen, dass Ergebnisse bei Befragungen mit Bezug zu neuen Entwicklungen wie z.B. der Online-Nutzung Gefahr laufen, tendenziell zu „technologiefreundlich“ auszufallen. Entsprechend wurde die Befragung der KMU bei der vorliegenden Untersuchung postalisch durchgeführt, um die Möglichkeit der aufgezeigten Verzerrungen auszuschliessen. Darüber hinaus wurde das Schreiben direkt an die Geschäftsführung der jeweiligen Unternehmen an ihrem Firmensitz gerichtet und es wurde sichergestellt, dass von jedem Unternehmen nur genau eine Antwort abgegeben wurde. Neben dem schriftlichen Format des Fragebogens hatten die Unternehmen die Möglichkeit, den Fragebogen über eine Webseite online auszufüllen. Im Anschreiben an die Unternehmen wurde gebeten, dass der Geschäftsführer oder eine Person, die mit allen Social Media Aktivitäten des Unternehmens vertraut ist, die Fragen in der Rolle eines „Key Informant“ beantwortet. Abbildung 1 zeigt, welche Positionen 5 die antwortenden Personen in den jeweiligen Unternehmen innehaben. Dabei waren auch Mehrfachnennungen möglich: Abb. 1: Key Informant: Position im Unternehmen (Mehrfachantworten möglich) 80% 70% 60% Prozent 50% 40% 30% 20% 10% 0% Geschäftsführer/-in in % 69.1% Verantwortliche/-r Social Media 14.7% Leiter/-in Marketing Weitere k.A. 13.3% 20.9% 2.2% Quelle: Eigene Erhebung 2013. n=278 Nach einem repräsentativen Nachfassen (gemäss der Unternehmensgrössenklassen) betrug der Rücklauf mit 324 Fragebögen 6 Prozent der Stichprobe. Nach der Datenbereinigung (z.B. Prüfung auf Doppeltangaben und hinreichende Angaben der minimal erforderlichen Daten) konnten davon 278 Fragebögen von KMU in der Ostschweiz ausgewertet werden. 3. Ergebnisse 3.1 Wie sieht das Sample aus? Wie alt und wie gross sind die Unternehmen? Diese Untersuchung bezieht sich auf KMU in der Ostschweiz. Entsprechend wurde die Stichprobe sowohl regional als auch grössenbezogen eingeschränkt. In der Schweiz sind 99.6% aller Arbeitsstätten und 82.3% aller Beschäftigten den kleinen und mittleren Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten zuzuordnen (BfS 2013). Aus diesen KMU 6 wurde die Stichprobe repräsentativ in der Ostschweiz gezogen. Daraus haben 278 mit hinreichenden Angaben geantwortet. Die Struktur der Unternehmen in Bezug auf die Verteilung nach Grösse unterscheidet sich kaum zwischen der Ostschweiz zur gesamten Schweiz. Die Verteilung der antwortenden Unternehmen in unserem Sample weicht dagegen leicht davon ab: So haben die ganz kleinen „Mikrounternehmen“ tendenziell seltener geantwortet. Dies führt dazu, dass deren Anteil im Sample mit 69.8% zwar immer noch recht hoch ist, aber trotzdem um einiges unter den 87.8% der Unternehmen in der Grundgesamtheit liegt. Entsprechend fallen die Anteile für „kleine“ und „mittlere“ Unternehmen im Sample höher aus als in der Grundgesamtheit. Die genaue Verteilung zeigt Tabelle 1: Tab. 1: Vergleich der Beschäftigten nach Grössenklassen von KMU Grössenklassen in % Mikrounternehmen (bis 9 VZÄ) Kleine Unternehmen (10-49 VZÄ) Mittlere Unternehmen (50-249 VZÄ) in der Schweiz 87.4 10.6 2.0 in der Grundgesamtheit Ostschweiz 87.8 10.4 1.7 im vorliegenden Sample 69.8 21.2 9.0 Quelle: Eigene Erhebung 2013; Betriebszählung 2008. Eine detaillierte Betrachtung der Grössenverteilung im vorliegenden Sample verdeutlicht das häufige Vorkommen von Kleinstunternehmen. So beschäftigt ein Viertel der kleinsten befragten Unternehmen (unteres Quartil) nur bis zu einem Mitarbeitenden (Tab. 2). Die Unternehmen im Sample haben im Mittel drei Mitarbeitende (mittleres Quartil bzw. Median1). Der Wert für das obere Quartil liegt bei 15 Mitarbeitenden. Eines der Unternehmen, das geantwortet hat, beschäftigt gar 500 Mitarbeitende. Dass dieses Unternehmen trotzdem in der Grössenklasse der KMU einzuordnen ist, liegt daran, dass die 500 Mitarbeitenden gesamthaft nur weniger als 250 Vollzeitäquivalente abbilden. Dies kann insbesondere auf Saisonarbeit oder verstärkte Teilzeitarbeit zurückzuführen sein. 1 Hierzu wird der Median statt des arithmetischen Mittels verwendet. Während der arithmetische Mittelwert die Summe der Mitarbeitenden aller Fälle durch die Zahl der Fälle teilt, wird bei der Verwendung des Medians das Sample bei 50% geteilt. Die Verwendung des Medians ist dann sinnvoll, wenn das Sample durch einige wenige Ausreisser sehr stark verzerrt würde. Im vorliegenden Sample liegt ein derartiger Ausreisser vor. 7 Tab. 2: Grössenstruktur der befragten KMU Klasse Unteres Quartil (25%) Median (50%) Oberes Quartil (75%) Min. Max. Zahl der Mitarbeitenden im Sample 1 MA 3 MA 15 MA Keine MA 500 MA Quelle: Eigene Erhebung 2013. Die befragten KMU sind im Mittel 20 Jahre alt. Auch bei der Analyse der Altersstruktur wird der Median (mittleres Quartil) statt des arithmetischen Mittels verwendet. Im vorliegenden Sample sind die zwei ältesten Unternehmen aus den Jahren 1291 und 1540 und würden das Sample sehr stark verzerren. Nicht ganz so alt sind die weiteren Unternehmen, die dem oberen Quartil (75%) zuzuordnen sind: Diese sind bis zu 37 Jahre alt. Das untere Quartil liegt dagegen bei einem Alter von 9 Jahren. Die jüngsten Unternehmen des Samples wurden im Jahr 2012 gegründet (Tab. 3). Tab. 3: Altersstruktur der befragten KMU Klasse Unteres Quartil (25%) Median (50%) Oberes Quartil (75%) Min. Max. Alter der KMU im Sample 9 Jahre 20 Jahre 37 Jahre 1 Jahr 722 Jahr Quelle: Eigene Erhebung 2013. Wie innovativ sind die Unternehmen? Hinsichtlich der Innovationstätigkeit liegen nur Informationen zu rund der Hälfte der befragten Unternehmen (n=125) vor. Die Innovationstätigkeit wurde in der vorliegenden Befragung so gemessen, dass die Unternehmen angegeben haben, wie hoch der Anteil (am Gesamtumsatz) ist, der mit Produkten und Dienstleistungen erwirtschaftet wird, die in den letzten drei Jahren neu entwickelt oder signifikant verbessert wurden. 61% der befragten KMU erwirtschaften keinen Umsatz mit neuen oder verbesserten Produkten, während 39% einen Teil ihrer Erträge mit Innovationen generieren. 9% aller Unternehmen sind gar in der Lage, mehr als die Hälfte ihrer Umsätze über innovative Produkte oder Dienstleistungen zu erwirtschaften. Ein kleiner Teil von 4% erwirtschaftet seinen gesamten Umsatz ausschliesslich mit innovativen Produkten und Dienstleistungen. In Bezug auf die nicht antwortende zweite Hälfte des Samples ist anzunehmen, dass die Innovationstätigkeit dieser Gruppe vermutlich tiefer ausfällt als der antwortende Teil des Samples. 8 Wo liegen die Absatzmärkte der Unternehmen? 75% der antwortenden Unternehmen verkaufen ihre Produkte bzw. Dienstleistungen ausschliesslich an nationale Kunden. Demgegenüber sind 25% der Unternehmen auch international tätig. 9% der KMU erwirtschaften sogar mehr als 50% der Umsätze im Ausland. Hinsichtlich der Entwicklung ihrer Internationalisierungstätigkeit innerhalb der letzten drei Jahre sind für 88% der antwortenden Unternehmen die Aktivitäten gleichgeblieben, bei 2% sind die Aktivitäten zurückgegangen, während 10% ihren Auslandsumsatz steigern konnten. Gleichzeitig muss hier berücksichtigt werden, dass nur etwa die Hälfte des Samples (n=145) Angaben zur Internationalisierungstätigkeit gemacht hat. Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass vermutlich der Anteil der Unternehmen, die national tätig sind, im gesamten Sample höher ausfallen würde. Welche Kunden werden bedient? Die befragten Unternehmen wurden gebeten, ihre gesamte Kundenstruktur (100%) auf die drei Kundenarten Endkonsumenten (B2C), Geschäftskunden (B2B) und staatliche Behörden (B2G) prozentual aufzuteilen. Generell zeigt sich, dass 87.2% der KMU Umsätze mit Endkonsumenten generieren, 73.9% haben unter anderem auch privatwirtschaftliche Unternehmen als Kunden und 64.9% verkaufen zudem an staatliche Behörden (Tab. 4). Der Vergleich mit einer anderen Untersuchung, die sich auf die gesamte Schweiz bezieht (Beier et al. 2013), zeigt ähnliche Anteile. Lediglich der Anteil der Unternehmen, die Umsätze mit staatlichen Behörden machen (B2G), ist im vorliegenden Sample deutlich höher als in der Gesamtschweiz. Tab. 4: Vergleich der Kundenarten von KMU in der Schweiz und im Sample Umsatz mit (in %) Endkonsumenten (B2C) Privaten Unternehmen (B2B) Staatlichen Behörden (B2G) in der Schweiz 81.1 75.5 42.5 im vorliegenden Sample 87.2 73.9 64.9 Quelle: Eigene Erhebung 2013; Beier et al. 2013. Die nachfolgende Abbildung 2 zeigt eine genauere Verteilung der Umsatzanteile der befragten Unternehmen in den jeweiligen Kundenarten: Mit B2C-Kunden wird tendenziell entweder ein hoher Umsatzanteil mit 90% und mehr (von 26% der KMU) oder ein niedriger Umsatzanteil von 10% und tiefer (von 32% der KMU) erwirtschaftet. Die Umsatzanteile bei den B2B-Kunden verteilen sich relativ breit über die Anteilsklassen. Die Kundenart der staatlichen Behörden stellt in den meisten Fällen nicht die alleinige Kundengruppe dar. Es wird meistens nur ein kleinerer Anteil in diesem Bereich erwirtschaftet. Tabelle 4 und 9 Abbildung 2 verdeutlichen jedoch, dass nur wenige KMU eine klare Ausrichtung auf eine bestimmte Kundenart haben. Vielmehr werden oftmals alle drei Kundenarten zu unterschiedlichen Anteilen bedient. Abb. 2: Verteilung der Umsatzanteile in den jeweiligen Kundenarten Quelle: Eigene Erhebung 2013 (n=164). 3.2. Wer nutzt Social Media – und wer nicht? Im ersten Schritt unserer Auswertung in Hinblick auf Social Media sind wir der Frage nachgegangen, ob die untersuchten Unternehmen überhaupt in Social Media aktiv sind. Dazu haben wir gefragt, ob im jeweiligen Unternehmen jemand in irgendeiner Form (z.B. Facebook, XING, Linkedin, Twitter, Youtube) Social Media für Zwecke des Unternehmens (z.B. Marketing, Recruiting, Kontaktanbahnung, Werbung) nutzt. Die Auswertung der Daten ergab, dass lediglich 35% der Unternehmen in irgendeiner Form Social Media nutzen. 65% dagegen verneinten die Frage (Abb. 3). Dieses relativ niedrige Ergebnis könnte zum einen der Tatsache geschuldet sein, dass in der Befragung grossen Wert auf die strukturelle Repräsentativität des Samples gelegt wurde. Somit sind Mikrounternehmen im Sample entsprechend vertreten, die möglicherweise weniger Social Media aktiv sind als grössere Unternehmen. Zum anderen wurde die Befragung bewusst nicht über Online Kanäle lanciert, sondern auf postalischem Weg. Wer über Internet bzw. über Social Media Kanäle erreicht wird, dürfte tendenziell affiner gegenüber diesen Medien eingestellt sein, während nicht-affine Gruppen möglicherweise gar nicht erreicht würden. 10 Abb. 3: Anteile der Social Media Nutzung in KMU Quelle: Eigene Erhebung 2013 (n=268). Ein Vergleich der beiden Nutzergruppen (in Social Media aktive KMU vs. in Social Media inaktive KMU) verdeutlicht Unterschiede hinsichtlich ihrer Soziodemographie und ausgewählter geschäftsrelevanter Aspekte (Tab. 5). In der Darstellung wird auch hier statt des arithmetischen Mittelwerts der Median verwendet, da einige wenige Ausreisser bezüglich Alter und Grösse das Sample sehr stark verzerren würden. Die Ergebnisse zeigen, dass aktive KMU im Durchschnitt 6 Jahre jünger sind als nicht-aktive KMU. Dies deutet an, dass es den Unternehmen, die erst in einer Zeit mit Web 2.0 gegründet wurden, leichter fällt, Social Media Aktivitäten in ihre Geschäftsprozesse zu integrieren. Zudem sind aktive KMU im Schnitt um einen Mitarbeiter grösser. Trotz des leichten Grössenunterschieds erwirtschaften beide Gruppen einen vergleichbar hohen Umsatz. 11 Tab. 5: Unterschiede in der Soziodemographie zwischen in Social Media aktiven und nichtaktiven KMU Aktive KMU Inaktive KMU Kategorie Median (50%) Fallzahl (n) Median (50%) Fallzahl (n) Alter 15 Jahre 88 21 Jahre 166 Mitarbeiter - Absoluter Wert Ende 2012 4 63 3 126 Umsatz - Absoluter Wert Ende 2012 475 Tsd. CHF 52 472 Tsd. CHF 122 Quelle: Eigene Erhebung 2013. Auch hinsichtlich der Entwicklungsdynamik der Unternehmen existieren Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen. Die nicht-aktiven KMU weisen bei der Veränderung ihres Jahresumsatzes und ihres Gewinns eine höhere positive Entwicklungsdynamik auf als in Social Media aktive KMU. Aktive KMU wiederum weisen eine höhere positive Mitarbeiterentwicklung auf (Tab. 6). Tab. 6: Unterschiede in der Entwicklungsdynamik zwischen in Social Media aktiven und nicht-aktiven KMU Aktive KMU Inaktive KMU Kategorie Mittelwert (50%) Fallzahl (n) Mittelwert (50%) Fallzahl (n) Umsatz - Veränderung in den letzten drei Jahren 7.8% 44 9.6% 101 Mitarbeiter - Veränderung in den letzten drei Jahren 12.2% 42 9.0% 73 Gewinn - Veränderung in den letzten drei Jahren 5.4% 44 8.2% 101 Quelle: Eigene Erhebung 2013. Bei den Innovations- und Internationalisierungstätigkeiten sind die in Social Media aktiven KMU stärker involviert als die inaktiven Unternehmen. Dies zeigt sich insbesondere bei der Einführung von neuen oder stark verbesserten Produkten: Social Media nutzende KMU haben im Durchschnitt einen um 5% höheren Umsatzanteil durch Innovationen (in Relation zum Gesamtumsatz) und konnten diesen Anteil in den letzten drei Jahren auch um durchschnittlich 14% steigern. Beide Werte liegen bemerkenswert höher als bei inaktiven KMU (Tab. 7). 12 Tab. 7: Unterschiede in der Innovations- und Internationalisierungstätigkeit zwischen Social Media aktiven und inaktiven KMU Aktive KMU Inaktive KMU Kategorie Mittelwert (50%) Fallzahl (n) Mittelwert (50%) Fallzahl (n) Anteil Auslandsumsatz am Gesamtumsatz 9.9% 52 8.0% 93 Anteil Innovationsumsatz am Gesamtumsatz 17.8% 41 12.5% 84 Auslandsumsatz - Veränderung des Anteils über drei Jahre 2.6% 39 1.2% 78 Innovationsumsatz - Veränderung des Anteils über drei Jahre 14.4% 34 5.8% 70 Quelle: Eigene Erhebung 2013. 3.3 Wie wird Social Media organisational umgesetzt? Wie werden Mitarbeiter eingebunden? Zur genaueren Analyse, wie Social Media in den KMU organisational umgesetzt wird, wurde zunächst untersucht, wie die einzelnen Mitarbeitenden der Unternehmen in den Betrieb der Social Media Kanäle eingebunden sind (Abb. 4). Dabei zeigt sich, dass bei über der Hälfte der untersuchten Unternehmen der Eindruck besteht, dass den Mitarbeitenden eher nicht klar ist, was sie im Umgang mit Social Media im Unternehmenskontext genau zu tun haben. Demgegenüber verfolgen die meisten Unternehmen allerdings auch gar nicht genau, inwieweit Mitarbeitende von den unternehmensinternen Vorgaben im Umgang mit sozialen Medien abweichen. Dies liegt wahrscheinlich vor allem daran, dass in vielen Unternehmen kaum explizite Vorgaben diesbezüglich definiert sind (siehe Genaueres dazu in der noch folgenden Abbildung 13). Umgekehrt müssen allerdings auch in gut 20% der Unternehmen Mitarbeitende, die sich nicht an Vorgaben im Umgang mit Social Media halten, mit Sanktionen rechnen. 13 Abb. 4: Einbindung der Mitarbeitenden 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Umgang vollkommen klar Abweichungen beobachtet Nichtbefolgung sanktioniert gar nicht eher nicht eher ja völlig Quelle. Eigene Erhebung 2013. n=69 Ebenfalls wurde untersucht, wie die Bereitstellung von Inhalten und der Betrieb der Social Media Kanäle genau erfolgen (Abb. 5). Insgesamt zeigt sich, dass nur teilweise erwünscht ist, dass alle Mitarbeitenden sich für das Unternehmen in Social Media Kanälen engagieren. Lediglich bei 15% der befragten Unternehmen ist es dagegen absolut erwünscht, dass alle im Unternehmen sich in den sozialen Medien engagieren. Abb. 5: Umsetzung im Unternehmen 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Engagement erwünscht Mit Inhalten versorgt Management Tools gar nicht eher nicht eher ja völlig Quelle. Eigene Erhebung 2013. n=71 Bei der Versorgung mit relevanten Inhalten sieht es noch etwas schlechter aus. Bei der Frage, inwieweit die für die Social Media Aktivitäten des Unternehmens zuständigen Mitarbeiter durch ihre Kollegen umfassend und proaktiv mit allen relevanten Inhalten versorgt werden, geben lediglich 35% der Befragten an, dass dies in ihrem Unternehmen zumindest tendenziell gegeben ist. Social Media Management-Tools, mit denen man z.B. einzelne Beiträge in mehrere Kanäle gleichzeitig posten kann (z.B. HootSuite, TweetDeck, Socialoomph) werden in den befragten Unternehmen kaum genutzt. 14 Inwieweit wurden spezielle Stellen bzw. Abteilungen für Social Media eingerichtet? Neben der Ebene der Mitarbeiter ist in Bezug auf die organisationale Umsetzung von Social Media ebenso interessant, inwieweit dazu spezielle Stellen bzw. Abteilungen eingerichtet werden. Als erstes haben wir diesbezüglich abgefragt, inwieweit Unternehmen überhaupt eine spezielle Stelle oder Abteilung eigens für Social Media geschaffen haben. Dabei zeigte sich, dass lediglich 40% der in Social Media aktiven Unternehmen eine solche Stelle eingerichtet haben. 60% aller Unternehmen kommen dagegen ohne eine explizite Zuordnung in der Organisationsstruktur ihres Unternehmens aus. Daürber hinaus haben wir untersucht, wann diese Stellen bzw. Abteilungen jeweils eingerichtet worden sind. Bei der Auswertung der Zeitpunkte, zeigten sich Schwerpunkte im Zeitraum zwischen 2010 und 2012 (Abb. 6). Dies soll zunächst einmal als Trend aufgefasst werden, dass in den KMU in letzter Zeit vermehrt derartige Stellen und Abteilungen für Social Media geschaffen wurden. Der niedrigere Wert für 2013 soll vor dem Hintergrund der sehr niedrigen Fallzahl hier nicht überbewertet werden, zumal aufgrund des Befragungszeitraums lediglich die erste Hälfte von 2013 mit erfasst werden konnte. Abb. 6: Einrichtung spezieller Stellen / Abteilungen 10 8 6 4 2 0 früher 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Quelle. Eigene Erhebung 2013. n=29 In der Auswertung der Untersuchungsergebnisse zeigt sich, dass die Ausstattung der speziellen Stellen bzw. Abteilungen für Social Media relativ niedrig ist (Abb. 7). Keines der befragten Unternehmen gab an, eine Stelle bzw. Abteilung geschaffen zu haben, die den Umfang von einem Vollzeitäquivalent überschreitet. 15 Abb. 7: Ausstattung spezieller Stellen / Abteilungen 20 15 10 5 0 0% bis 10% bis 20% bis 30% bis 40% bis 50% bis 60% bis 70% bis 80% bis 90% bis 100% Quelle. Eigene Erhebung 2013. n=29 Die Befragung richtete sich direkt an die Geschäftsführer der KMU mit der Bitte, diese selbst auszufüllen oder einen Mitarbeiter damit zu betrauen, der über die Social Media Aktivitäten des Unternehmens im Bilde ist (Key Informants). Dabei hat sich gezeigt, dass viele der verantwortlichen Personen entweder in der Geschäftsleitung oder im Marketing angesiedelt sind (siehe Abb. 1 vorne). Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Auswertung, zu welchem Unternehmensbereich die auf Social Media spezialisierte Stelle bzw. Abteilung zugeordnet wird (Abb. 8). Quasi die Hälfte der Unternehmen ordnet diese der Geschäftsleitung zu, ein weiterer Grossteil siedelt diese bei den eher auf den Absatz von Informationen und Waren ausgerichteten Bereichen Marketing, PR & Kommunikation und Vertrieb an. Abb. 8: Zuordnung der auf Social Media spezialisierte Stelle bzw. Abteilung: 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Geschäftsleitung Marketing PR & Kommunikation weitere Vertrieb IT Quelle. Eigene Erhebung 2013. n=29, Mehrfachnennungen möglich. 16 Inwieweit werden Aufgaben an externe Dienstleister vergeben? Vielen Unternehmen gilt Social Media als günstiger Weg, Kommunikation zu betreiben. Das Anlegen der Kanäle in den Plattformen erfordert zunächst einmal keinerlei externe Kosten. Andererseits kann der tatsächliche Betrieb von Social Media Kanälen durchaus recht aufwändig werden, insbesondere für ein kleines Unternehmen. Zudem zeigen die Befragungsergebnisse, dass viele Unternehmen eine gewisse Unsicherheit und Unkenntnis in der Social Media Anwendung verspüren (dazu später mehr in Kapitel 3.5). Eine Lösung für den zu hohen Aufwand, die Unsicherheit oder auch die fehlende Kenntnis könnte die Vergabe einzelner Tätigkeiten an externe Dienstleister sein. Entsprechend haben wir untersucht, inwieweit die befragten Unternehmen einzelne Handlungsfelder der Social Media Aufgaben an externe Dienstleister vergeben (Abb. 9). Über alle Aktivitätsfelder hinweg geben zwischen 77% und 86% der Befragten an, dass sie völlig auf die Vergabe von Tätigkeiten an Fremdfirmen verzichten. Am niedrigsten ist dabei die Neigung ausgeprägt, Auswertungen und Monitoring der Social Media Aktivitäten fremd zu vergeben. Lediglich 5% der Unternehmen vergeben hier mindestens tendenziell extern. Dies hängt wohl auch damit zusammen, dass Auswertungen und Monitoring generell bei den Unternehmen kaum ausgeführt werden. Abb. 9: Vergabe an externe Dienstleister 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Entwicklung / Anpassung der Social Media Strategie Ausführung / Operativer Betrieb von Social Media Kanälen Auswertung / Monitoring der Social Media Aktivitäten Erstellung von Inhalten Beratung zu möglichen Verbesserungen bei Social Media gar nicht eher nicht eher ja völlig Quelle. Eigene Erhebung 2013. n=70 3.4 Welche Kanäle werden genutzt? 35% der befragten Unternehmen des repräsentativen Samples nutzen in irgendeiner Form Social Media für ihre Zwecke. Nachfolgend wird aufgezeigt, welche Kanäle von diesen verwendet werden. Facebook stellt den am meisten genutzten Kanal dar. Nahezu ein Viertel der 278 Unternehmen nutzen Facebook (Abb. 10). Die Unternehmen wurden gebeten, die maximal drei für ihr Unternehmen wichtigsten Social Media Kanäle zu benennen und weiterführende Angaben zur genauen Nutzung zu machen. Dabei wurden von den 93 aktiven Unternehmen 177 Kanäle angegeben, was einem Durchschnitt von 1.9 Kanälen entspricht. 17 Abb. 10: Rangordnung der wichtigsten genutzten Social Media Kanäle 25% Prozent 20% 15% 10% 5% 0% Anteil in % Facebook Xing Youtube Linkedin Twitter 24.8% 15.5% 7.6% 5.8% 5.0% Restliche Kanäle 5.0% Quelle: Eigene Erhebung 2013. Die Nutzung der Kanäle hat sich in den letzten drei Jahren besonders verstärkt. Bei 82% der Kanäle haben die befragten Unternehmen erst im Jahr 2010 oder später mit deren Nutzung für Ihr Unternehmen begonnen (Abb. 11). Abb. 11: Beginn der Nutzung der Social Media Kanäle 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% Anteil in % 2007 und früher 2008 2009 2010 2011 2012 2013 6.8% 4.1% 6.8% 21.2% 23.3% 28.1% 9.6% Quelle. Eigene Erhebung 2013. n=146 18 3.5 Wie werden Hemmnisse und Risiken wahrgenommen? Gerade die Repräsentativität des Samples verdeutlicht, dass für viele der kleinen und MikroUnternehmen offensichtlich die Barrieren überwiegen, Social Media zu nutzen. Bei beiden Gruppen (aktiven und inaktiven KMU) wurde erfasst, weshalb die aktiven KMU nicht noch mehr Engagement bei der Nutzung der Kanäle zeigen und weshalb die inaktiven KMU sich davon abhalten lassen, diese Instrumente überhaupt zu nutzen (Abb. 12). Die folgende Darstellung zeigt die Mittelwerte beider Gruppen bezüglich ihrer Einschätzung, inwieweit bestimmte Einflussfaktoren sie davon abhalten, sich (noch mehr) in Social Media zu engagieren (1=hält gar nicht ab, 2=eher weniger, 3=hält ziemlich ab, 4=hält völlig ab). Abb. 12: Barrieren für (noch mehr) Engagement bei der Social Media Nutzung Quelle: Eigene Erhebung 2013. n=268 19 Die Ergebnisse zeigen ein konsistentes Bild: Die nicht-aktiven KMU schätzen jeden hemmenden Einflussfaktor im Durchschnitt stärker ein als die aktiven KMU. Überraschend hingegen ist jedoch, dass mindestens drei relevante Einflussfaktoren auch die aktiven Unternehmen davon abhalten, ihr Social Media Engagement zu verstärken (Werte grösser als 2.5). Diese relativ hohe Bewertung der aktiven Gruppe zeigt, dass auch hier – trotz aktiver Nutzung – gewisse Unsicherheiten bestehen, inwieweit die resultierenden Erträge den Aufwand rechtfertigen, oder ob dieser nicht umgekehrt zu hoch ist. Zudem wirkt sich auch das eigene Bewusstsein um eine fehlende Strategie im Umgang mit Social Media bei den aktiven KMU hemmend auf das Ausmass ihres Engagements in den sozialen Medien aus. Die Frage, ob für das Jahr 2014 weitere (neue) Aktivitäten in Bezug auf Social Media geplant sind, bejahen 32% der aktiven KMU und 10% der inaktiven KMU. Auf Basis dieser Einschätzungen wurden die Unternehmen, die Social Media nutzen, auf bestimmte Fehler angesprochen, aus denen sich Reputationsverluste für ein Unternehmen ergeben können. Insgesamt zeigt sich, dass relativ wenige Fehler bei der Anwendung auftreten bzw. bemerkt werden. Allerdings gibt es auch vereinzelt Unternehmen, in denen einzelne der beschriebenen Fehler sogar sehr häufig auftreten. Abb. 13: Aufgetretene Fehler 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Persönliche Meinungen Unangemessene Äusserungen Gegenläufige Informationen noch nie selten ab und zu sehr häufig Quelle. Eigene Erhebung 2013. n=71 Am häufigsten scheint noch vorzukommen, dass Mitarbeitende persönliche Meinungen als offizielle Aussagen des Unternehmens veröffentlichen. Nichtsdestotrotz kommt auch dies laut der Befragungsergebnisse lediglich bei 15% der befragten Unternehmen überhaupt vor. Eine weitere Fehlerquelle in sozialen Medien liegt für Unternehmen darin, dass unterschiedliche Mitarbeiter (z.B. aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen) verschiedene und gegenläufige Informationen nach aussen kommunizieren. Bei den befragten KMU zeigte sich allerdings, dass dieser Fehler kaum auftritt, was durch die niedrigen Mitarbeiterzahlen im Sample erklärt werden kann. Noch seltener kommt vor, dass sich Mitarbeitende unangemessen oder unreflektiert äussern. 20 3.6 Wozu Social Media? Grundsätzlich gilt Social Media in vielen Unternehmen als Thema für die Kommunikation von innen nach aussen (Outbound). Dies betrifft vor allem die Perspektive, Social Media für Marketing, PR und Vertrieb zu nutzen. Die Zuordnung zeigte sich bereits in der Auswertung der Zugehörigkeiten von Social Media Stellen bzw. Abteilungen. Entsprechend haben wir in unserer Untersuchung konkret nach weiteren Nutzungsformen gefragt, die sich auf die rein interne Nutzung in den Unternehmen beziehen, sowie auf die vornehmliche Kommunikation von aussen in das Unternehmen hinein (Inbound): Wird Social Media für interne Zwecke genutzt? Neben Anwendungen von Social Media die in irgendeiner Form die Kommunikation zwischen Akteuren innerhalb und ausserhalb eines Unternehmens unterstützen, können Unternehmen auch ihre interne Kommunikation damit fördern. Insgesamt scheint dieser Anwendungszweck für die befragten Unternehmen allerdings eher von nachrangiger Bedeutung zu sein. 88% der Befragten sehen absolut keine Anwendung von sozialen Medien in ihrem Unternehmen, um die Kommunikation zwischen Abteilungen und Bereichen zu erleichtern. Hinsichtlich der Intention, über Social Media die abteilungs- oder bereichsübergreifende Zusammenarbeit in neuen Projekten zu fördern, sehen die Ergebnisse ähnlich aus. Allerdings sind die meisten Unternehmen im untersuchten Sample auch derart klein, dass ein zusätzlich eingesetzter Medienkanal für diese Zwecke kaum Mehrwerte bringen dürfte. Etwas offener sind die Anwendungsmodalitäten bei der Frage, inwieweit es den Mitarbeitenden durch die Einbindung von Social Media gelingt, ihre Arbeitsmethoden- und Abläufe kontinuierlich zu verbessern. Diesbezüglich stimmen immerhin 15% der Befragten mindestens tendenziell zu. Abb. 14: Interne Zwecke 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Methoden verbessern Interne Kommunikation Zusammenarbeit in Projekten gar nicht eher nicht eher ja völlig Quelle. Eigene Erhebung 2013. n=68 21 Wird externes Wissen ins Unternehmen geholt (Inbound)? Viele Unternehmen engagieren sich in sozialen Medien vor allem, um Kunden über sich zu informieren und an sich zu binden. Dazu werden im Sinne von Marketing und Sales vor allem produktrelevante Informationen nach aussen kommuniziert. Eine weitere Stärke von Social Media ist allerdings auch, dass Unternehmen Wissen von verschiedenen externen Stakeholdern für sich erschliessen können. Im Sinne einer beidseitigen Kommunikation steht hier die Abfrage von relevanten Informationen bei Kunden oder weiteren Ideengebern zur Verbesserung der eigenen Leistungserbringung im Vordergrund. Diesbezüglich haben wir die Unternehmen gefragt, inwieweit sie Social Media nutzen, um ihre potentiellen und aktuellen Kunden besser kennen zu lernen. 29% der befragten Unternehmen nutzen Social Media mehr oder weniger für diesen Zweck; 71% dagegen verneinen dies tendenziell. Daneben wurde abgefragt, inwieweit die Unternehmen ihre Mitarbeitenden aktiv dazu auffordern, Social Media dazu zu nutzen, neue und innovative Ideen zu entdecken und diese aktiv in das Unternehmen einzubringen. Dies erfolgt mindestens tendenziell bei einem Drittel der Unternehmen. Abb. 15: Externes Wissen ins Unternehmen holen 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Kunden besser kennen lernen Innovative Ideen einbringen gar nicht eher nicht eher ja völlig Quelle. Eigene Erhebung 2013. n=68 Wer greift auf ausformulierte Richtlinien und Strategien zurück? Um nachzuvollziehen, inwieweit in den befragten KMU Vorgehensweisen für die Aktivitäten in sozialen Medien vorab definiert und formalisiert wurden, haben wir zunächst gefragt, ob im jeweiligen Unternehmen ausformulierte Richtlinien für die Nutzung von Social Media für die Mitarbeitenden vorliegen. Lediglich 11% der antwortenden Unternehmen bejahen dies. Demgegenüber weisen 89% keine ausformulierten Richtlinien auf. Die Dokumente zu den Richtlinien umfassen zwischen einer und fünf Seiten bei einem Durchschnitt von 2.8. Formuliert wurden diese erst in den Jahren seit 2010 oder später. Analog dazu sind wir bei der Frage nach Social Media Strategien vorgegangen. Auch hier haben wir zunächst gefragt, ob das Unternehmen eine ausformulierte Social Media Strategie in schriftlicher Form besitzt. Hier gaben von den 76 Unternehmen, die geantwortet haben, 22 lediglich zwei ein „Ja“ an. Daran ist zu sehen, dass 97% der Unternehmen ohne eine vorab formulierte Strategie in Social Media agieren. Die Dokumente zu den Strategien waren 5 bzw. 15 Seiten lang und wurden in 2010 und 2012 formuliert; dies aber nur der guten Vollständigkeit halber. Wie wird Social Media kontrolliert? Ein weiteres wichtiges Thema ist die laufende Kontrolle von Social Media Kanälen. Dabei geht es noch nicht einmal nur um die Kanäle, die von einem Unternehmen selbst betrieben werden. Wie schon häufig im Social Media Bereich dargestellt: „Über Ihr Unternehmen wird in sozialen Medien eh gesprochen und geschrieben – egal ob Sie sich daran beteiligen“. So gilt es zum einen zu beobachten, was in den einzelnen Kanälen in Bezug auf das eigene Unternehmen alles kommuniziert wird. Zum anderen ist zu prüfen, inwieweit man mit den eigenen Aktivitäten in den einzelnen Kanälen erfolgreich ist und sich entsprechende Erfolge auch in einem korrespondierenden Return on Investment (RoI) zeigen. So wurden die Unternehmen zum einen gefragt, inwieweit sie ein umfassendes Monitoring aller von ihnen betriebenen Social Media Kanäle betreiben. Dabei zeigt sich, dass über die Hälfte (55%) von diesen absolut gar kein Monitoring betreibt, weitere 24% sehen wenn dann nur erste Ansätze. Lediglich 6% sehen ihr Monitoring vollumfänglich implementiert. Um Beobachtungen von externen und internen Social Media Aktivitäten an die Key Performance Indicators (KPIs) des Unternehmens anzuschliessen, ist es zudem erforderlich, dass diese Beobachtungen auf Basis eines klar definierten und integrierten Kennzahlensystem analysiert werden. Hier sagen 69% der befragten Unternehmen, dass sie darauf komplett verzichten. Auch hier sind es weiter 24% die diesbezüglich lediglich erste Ansätze in ihrem Unternehmen sehen. Bleiben 7% der Unternehmen, die ein entsprechendes Kennzahlensystem mehr oder weniger anwenden, um die Auswirkungen von Social Media Aktivitäten auf ihren Geschäftserfolg abzuschätzen. Abb. 16: Kontrolle von Social Media 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Umfassendes Monitoring Kennzahlensystem gar nicht eher nicht eher ja völlig Quelle. Eigene Erhebung 2013. n=68 23 Wie unterscheiden sich die intendierten und erreichten Ziele über die einzelnen Kanäle? Abschliessend haben wir für einzelne Dimensionen des Social Media Einsatzes gegenübergestellt, inwieweit dabei bestimmte Ziele verfolgt werden und inwieweit die damit verbundenen intendierten Effekte auch tatsächlich erreicht werden konnten. Dazu haben wir zunächst 7 Dimensionen in Bezug auf die Kommunikation von aussen nach innen (Inbound), zwei interne Dimensionen und 7 Dimensionen in Bezug auf die Kommunikation von innen nach aussen (Outbound) definiert. Dann haben wir für die fünf Kanäle, die von den befragten Unternehmen am meisten genutzt wurden (Facebook, Xing, LinkedIn, YouTube, Twitter), für alle Dimensionen die Einschätzungen hinsichtlich der Erwartungen bei den verfolgten Zielen und hinsichtlich des wahrgenommenen Ausmasses der erreichten Wirkungen gegenübergestellt. In Abbildung 17 (nächste Seite) wurden die Durchschnittswerte für die verfolgten Ziele (schwarz) mit denen der erreichten Wirkungen (grau) in einer grafischen Auswertung abgeglichen. Die Skalierung erfolgte dabei zwischen den Einschätzungen von „gar nicht“ (1) bis „sehr stark“ (4). Entsprechend ergibt sich die Mitte zwischen niedrigen Bewertungen und hohen Bewertungen bei 2.5. Übersteigen die Erwartungen an die verfolgten Ziele zu einer Dimension in einem Kanal die wahrgenommenen erreichten Wirkungen, so wurde dieser „Minus-Saldo“ und dessen Höhe mit einem roten Balken markiert. Wurden die Erwartungen in einer Dimension dagegen übererfüllt, wurde dies mit einem grünen Balken signalisiert. Insgesamt zeigt sich über alle Kanäle und Dimensionen hinweg, dass die durchschnittlich wahrgenommen Wirkungen durch Social Media Aktivitäten mit grosser Mehrheit nicht an die Erwartungen an diese heran kommen. So weisen lediglich sechs Dimensionen in der gesamten Auswertung der Kanäle eine Übererfüllung der Erwartungen auf gegenüber 74 Fällen, wo dies umgekehrt war. Darüber hinaus zeigt sich, dass die Erwartungen an den Einsatz von Social Media in KMU insgesamt allerdings auch recht niedrig sind. In den Inbound-bezogenen und internen Anwendungen liegen alle Werte für die durchschnittlichen Erwartungen unter dem mittleren Wert der Skala von 2.5. Lediglich im Outbound-Bereich zeigen sich Werte, die über dieser Schwelle liegen. Symptomatisch erscheint hier, dass im Outbound-Bereich lediglich bei der Dimension „Zeitgerechten Umgang mit Kommunikation und Technik signalisieren“ Erwartungen übererfüllt werden konnten. Bei dieser Dimension ist eine geschäftsmodellrelevante Umsetzung von Social Media Aktivitäten gar nicht erforderlich, um eine Wirkung wahrzunehmen. Hier reicht es bereits aus, dass die Unternehmen einen Reputationseffekt bei ihren Stakeholdern vermuten. In allen anderen Dimensionen im Outbound-Bereich werden in allen Kanälen die an die Social Media Aktivitäten gesteckten Erwartungen nicht erfüllt, zum Teil mit erheblichen Differenzen. 24 25 Gerade bei Facebook zeigen sich im Outbound-Bereich relativ hohe Erwartungen, die allerdings auch bei weitem nicht erreicht werden. Umgekehrt liegen die Erwartungen an die Inbound-bezogenen und internen Anwendungen relativ niedrig. Wobei gerade die internen Anwendungen in ihren durchschnittlich wahrgenommenen Wirkungen die an sie gesetzten Erwartungen sogar leicht übersteigen. Bei der Nutzung von Xing zeigen sich ähnlich hohe Erwartungen an den Outbound-Bereich, deren wahrgenommene Zielerreichung allerdings noch etwas geringer ausfällt. Auch bei Xing liegen die Erwartungen, die über den Outbound-Bereich hinausgehen, auch sehr niedrig. Dennoch werden über alle Dimensionen hinweg alle Erwartungen im Durchschnitt nicht erfüllt. Bei LinkedIn fällt vor allem auf, dass hier die meisten Dimensionen zu finden sind, in denen die Erwartungen mehr als erfüllt werden, auch wenn deren Anteil mit drei von 16 Dimensionen relativ gering ist. Bei Youtube zeigen sich insgesamt die grössten Diskrepanzen zwischen den verfolgten Zielen und den erreichten Wirkungen. Dabei zeigen sich hier auch grosse Unterschreitungen der Erwartungen im internen Bereich. Hier lagen die Erwartungen allerdings im Vergleich aller Kanäle durchschnittlich auch am höchsten. Im Inbound-Bereich ergibt sich ein kaum besseres Bild. Auch Twitter bleibt in allen Bereichen hinter den Erwartungen zurück. Ausnahme bildet auch hier der symptomatische Fall, Twitter dazu zu nutzen, um möglichst zeitgereicht wahrgenommen zu werden. Interessanterweise wurden an diese Zieldimension die höchsten Erwartungen gestellt, und diese wurden sogar mehr als erfüllt. Dies steht in Kontrast zu allen anderen Zieldimensionen, in denen die wahrgenommenen Wirkungen des Einsatzes von Twitter in keiner Hinsicht den Erwartungen entsprechen konnten. 5. Ausblick Der Grad der Zielerreichung über alle Kanäle und alle Zielsetzungen hinweg zeigt, dass die in Social Media aktiven KMU durchwegs relative niedrige Erwartungen an die einzelnen Kanäle stellen. Die einzige Ausnahme bilden lediglich die Outbound-Aktivitäten auf Facebook. Hier werden einige wenige Ziele eher intensiv verfolgt (z.B. Bekanntheit steigern, Neukundengewinnung, Markenimage). Gleichzeitig zeigt sich generell, dass nicht mal die relativ niedrig gesteckten Ziele erreicht werden bzw. eine Wirkung zeigen. Auch die organisatorische Einbettung durch eine eigene Social Media Stelle tendiert mit Stellenprozenten im einstelligen Bereich gegen null. All dies sind Indizien, dass die Unternehmen nicht viel (von zunächst kostenlosen Lösungen) erwarten, halbherzige Social Media Engagements „nebenher“ verfolgen und dementsprechend die erwünschte Wirkung verfehlen. 26 Ein Fazit dieses Ergebnisses könnte sein, dass Unternehmen sich vielmehr intensiv mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob sie ihre Engagements in Social Media in Zukunft entweder richtig (strategisch) angehen und umsetzen oder es schlicht sein lassen und dementsprechend die Kosten bzw. den Arbeitsaufwand einsparen. Bei einem Entscheid für eine Umsetzung müssen die nächsten Schritte skizziert werden. Dazu gehört sicherlich als erstes die Entwicklung einer Strategie, die zum Geschäftsmodell des Unternehmens passt. Dies wirft die Frage auf, an welcher Stelle im Geschäftsmodell die Nutzung eines Social Media Kanals für einen bestimmten Verwendungszweck (Inbound, intern, Outbound) besondere Mehrwerte bringen kann. Für die Forschung bedeutet das zudem, dass wesentlich detailliertere Analysen der einzelnen Social Media Kanäle notwendig sind, um fundierte Aussagen darüber treffen zu können, welche Möglichkeiten sich gerade für KMU anbieten, um in bestimmten Kanälen bei bestimmten Verwendungszwecken erfolgreich zu sein. 6. Quellenangaben Beier, M. / Hauser, C. / Hauser, H. (2013), Die Bedeutung börsenkotierter Aktiengesellschaften für die Schweizer Volkswirtschaft, Chur. Elektronisch abrufbar unter www.sife.ch. Bundesamt für Statistik (2008): Marktwirtschaftliche Unternehmen und Beschäftigte nach Grössenklassen, 2008. http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/06/02/blank/key/01/groesse.html 27