Klosterneuburg, 13. Dezember 2012 Geschützt durch Gift: Ameisen desinfizieren Kolonie mit eigenem Toxin Publikation der IST Austria Professorin Sylvia Cremer in Current Biology identifizert neuen Mechanismus der Krankheitsabwehr bei Gartenameisen Ähnlich wie einander lausende Affen schlecken Ameisen die Körper ihrer Nestmitglieder und ihrer Brut ab, um sie sauber zu halten. Dieses Hygieneverhalten ist ein wichtiger Mechanismus der den Ausbruch von Krankheiten in der Kolonie verhindern kann. Die Reinigung reduziert die Zahl der infektiösen Partikel auf dem Körper kontaminierter Ameisen drastisch und senkt ihr Risiko an der Infektion zu erkranken. Eine Publikation der Gruppe von Sylvia Cremer am Institute of Science and Technology Austria (IST Austria) in der aktuellen Ausgabe von Current Biology (13. Dezember, DOI: 10.1016/j.cub.2012.11.034) beschreibt, dass das Reinigen eine zweite Funktion besitzt, die bisher übersehen wurde: Partikel, die nicht vom Körper der befallenen Ameisen entfernt werden können, werden durch das Auftragen von Ameisengift desinfiziert. Es ist bekannt, dass Gartenameisen ihr Gift bei feindlichen Attacken versprühen. Die antimikrobielle Wirkung des Hauptbestandteils des Giftes, Ameisensäure, erlaubt es den Ameisen das Gift im sekundären Kontext der Gesundheitspflege zu verwenden. „Um das Gift präzise einzusetzen, haben Gartenameisen eine neue Verhaltenssequenz entwickelt: zuerst nehmen sie ihr eigenes Gift mit ihrem Mund auf, um es später während der Reinigung auf den infizierten Stellen anzubringen“, erklärt Cremer. Obwohl die orale Giftaufnahme nach einer riskanten Strategie klingen mag, verhindert die Auskleidung der Mundhöhle mit einem Schutzbelag eine Verletzung durch das eigene Gift. Die Giftaufnahme hat daher den sekundären Vorteil, dass die infektiösen Partikel, die vom Körper der befallenen Ameisen entfernt und im Mund der reinigenden Ameise gesammelt werden, desinfiziert und abgetötet werden, bevor sie als Kügelchen in einer Ecke des Nestes entsorgt werden. Die aktuelle Studie der Cremer Gruppe am IST Austria unterstreicht, welche komplexen Mechanismen der Krankheitsabwehr in Ameisenkolonien in unserem Garten vor sich gehen; sie betont auch die Bedeutung des wachsenden Forschungsgebiets der Sozialen Immunabwehr, um die komplexe Krankheitsdynamik in sozialen Insektengesellschaften zu enträtseln. Fotos: Gartenameisen bei der sanitären Brutpflege B. Mitteregger & L.V. Ugelvig, IST Austria Weitere Informationen: Oliver Lehmann, Media Relations E-Mail: [email protected] | Tel: +43/(0)2243/9000-1006 | Mobil: +43/(0)676/40 12 562 IST Austria Das Institute of Science and Technology (IST Austria) in Klosterneuburg ist ein Forschungsinstitut mit eigenem Promotionsrecht. Das 2009 eröffnete Institut widmet sich der Grundlagenforschung in den Naturwissenschaften, Mathematik und Computerwissenschaften. Das Institut beschäftigt ProfessorInnen nach einem Tenure-Track-Modell und Post-DoktorandInnen sowie PhD StudentInnen in einer internationalen Graduate School. Neben dem Bekenntnis zum Prinzip der Grundlagenforschung, die rein durch wissenschaftliche Neugier getrieben wird, hält das Institut die Rechte an allen resultierenden Entdeckungen und fördert deren Verwertung. Der erste Präsident ist Thomas Henzinger, ein renommierter Computerwissenschaftler und vormals Professor der University of California in Berkeley, USA, und der EPFL in Lausanne, Schweiz. www.ist.ac.at