E Erschienen im März 1987 Zwischen Dom und Rhein, nach dem Krieg ein Omnibus -bahnhof, ist heute ein pracht -voller Platz mit dem Wallraf- RichartzMuseum/Museum Ludwig entstanden. Wo einstmals Autos gelärmt und die Fußgänger vom Fluß abgeschnitten haben, lädt heute ein 600 m langer und 50 m breiter Park zum Flanieren ein, der Hauptbahnhof, Dom, Altstadt und Rhein verbindet. Lichtbericht 26 Inhalt Zu diesem Heft Ein Technorama für Erfindungen La Villette, Paris Der Deutschen Bank bestauntester Arbeitsplatz Das Paradies der Damen Kunsthalle Emden Nannens Spätwerk Im Lichte der bürgerlichen Dämmerung Shop Design für Katharine Hamnett Die Architektur nach Foster, Rogers und Stirling Wallraf-Richartz Museum/ Museum Ludwig, Köln Schlußlichter Zu diesem Heft 1 2-7 8-10 11-13 14-15 16-19 20-21 22-25 26-31 32-33 Fotos: Luc Bernard (U1, S. 26/27), Heiner Blum (S. 14/15), Richard Bryant (S. 20-25), Lars Christ/ERCO (S. 32/33), Andreas Horlitz (S. 11-13, 33, U4), Marc lzikowitz (S. 2-7, 28-31), Annegret Koch (S. 16-19), Timm Rautert (5. 1), Horst Weisser (S.14). Martin Pawley, Architekturkorrespondent des Guardian, setzt sich auf den Seiten 22 bis 25 mit den Stars der britischen Architekturszene - Stirling, Rogers und Foster auseinander, die sich auf einer Ausstellung in der Royal Academy in London präsentierten. Seine Haltung ist kritisch und vieles, was er über die britische Architekturszene sagt, läßt sich sicherlich auf deutsche Verhältnisse übertragen. Die Ausstellung selber war ein riesiger Erfolg, der alles, was bisher an Architektur ausstellungen gezeigt wurde, übertraf. Irgendwie scheint Architektur beim Publikum „in“ zu werden. Daraus den Schluß, zu ziehen, daß Bauherren sich in der Zukunft vom profanen Nutzungsdenken hin zu einer selbstbewußten und angemessenen Selbstdarstellung entwickeln werden, dürfte allerdings zu optimistisch sein. Das wäre nun doch zu schön, um wahr zu sein. Martin Pawley favorisiert in seinem Artikel ganz eindeutig Architekten wie Foster und Rogers, da er in deren Architekturkonzeptionen die wichtigsten Anregungen für die Weiterentwicklung des „Projektes der Moderne“ sieht. In Frankreich wurden zwei Museen im letzten Jahr ihrer Bestimmung übergeben, die die unterschiedlichen Positionen der Architektur heute markieren. Das eine, heftig kritisiert, vielfach verrissen und nur von wenigen gelobt, ist Gae Aulenti‘ s Musée d‘ Orsay. Das andere, Publikums -liebling vom Start weg, die Cité des Sciences et de l´ Industrie an der Porte de la Villette, das wir in diesem Heft vorstellen. Mit Milliardenbeträgen legt sich Paris zur Zeit eine Reihe neuer Museen zu, die der kulturellen Hauptstadt des 19.Jahr-hunderts helfen sollen, verlorengegangenes Terrain wieder zu gewinnen, denn der kulturelle Fokus ist im 20. Jahrhundert auf New York gerichtet. Aber auch Nordrhein-Westfalen ist für die bildende Kunst ein Standort von hohem europäischen Rang geworden. Eine Fülle von Museen wurde hier in den letzten Jahren eröffnet wie sonst in kaum einer anderen Region auf der Welt. Jüngster Stern im Collier der nordrhein-westfälischen Museumslandschaft ist das Doppelmuseum Wallraf-Richartz/Museum Ludwig in Köln, das wir ebenfalls in diesem Heft zeigen und das innerhalb weniger Monate nach seiner Eröffnung der Staatsgalerie Stuttgart den Rang in der Gunst der Besucher abgelaufen hat. Vorausgesetzt, man erkennt Besucherzahlen als Maßstab für die Qualität eines Museums an. Ab und zu wird der Vorwurf erhoben, wir würden im Lichtbericht zu viele Museen zeigen. Nun sind Museen zum einen immer sehr spektakulär, zum anderen der Ort, an dem Beleuchtung am sensibelsten eingesetzt werden muß. Im Museum kann die Qualität des Lichtes von jedermann überprüft werden, was bei Privathäusern oder Innenräumen meist schwieriger ist. Wie auch immer, in diesem Heft werden neben Museen auch Schaufenster beleuchtung (Kaufhof, Düsseldorf) und ein Modegeschäft (Katharine Hamnett, London) vorgestellt, die beide mit Niedervolt-Strahlern aus dem Oseris- Programm beleuchtet wurden. Lichtbewußtsein ganz anderer Art wird unter dem Titel „Blaue Stunde“ dargestellt. Die Fotos dazu machte Anne Koch, den Text schrieb Robert Kuhn. Auf dem Rücktitel finden Sie Fotos aus dem nächtlichen Lissabon, die fast so schwermütig wirken wie die portugiesischen Fados. Wie in jedem Lichtbericht haben wir auch in diesem Heft versucht, eine möglichst große Bandbreite lichttechnischer Aufgabenstellungen, die wir mit Planungsingenieuren, mit Architekten und mit Bauherren lösen, vorzustellen. Ein Fazit läßt sich ziehen: „Licht ist Ansichtssache.“ Bis zum nächsten Heft Klaus J. Maack © 1987 ERCO Printed in W-Germany, Druckhaus Maack GmbH & Co. KG, 5880 Lüdenscheid, 6278703 1 In den letzten 15 Jahren sind in Paris Architektur und Politik Hand in Hand gegangen. Die drei Staatspräsidenten, die Frankreich während dieser Zeit führten, zeichneten sich vor allem dadurch aus, daß sie von dem Wunsch beseelt waren, der Nachwelt durch mehr oder weniger außergewöhnliche Bauwerke in Erinnerung zu bleiben. Dem jetzigen Staatschef Francois Mitterrand brachte dieses Streben die Titel „Mitterramses“ und „Pharao“ in der französischen Presse ein. Einen „Sonnenkönigskomplex“ weist er jedoch strikt von sich. Er begründet den Baueifer während seiner noch bis 1988 währenden Amtszeit mit der Notwendigkeit, die Strukturen der Stadt zu erneuern und ihren Bewohnern mehr Behaglichkeit und Möglichkeiten zur Kommunikation geben zu wollen. Ohne die dazu notwendigen Baumaßnahmen werde sich das Frankreich des 21. Jahrhunderts dahinschleppen, verkündete Ein Technorama für Erfindungen Zentrum für Wissenschaft und Industrie La Villette, Paris Architekt:Adrien Fainsilber Beleuchtungsplanung: ERCO Paris Mitterrand, um zugleich einem Wunsch Ausdruck zu verleihen: Paris möge wieder das werden, was es von 1860 bis 1914 gewesen ist: Kunst- und Kulturhauptstadt der Welt. Das größte und teuerste der Grand Projets von Mitterand wurde im März 1986 im Pariser Nord-Osten eingeweiht: Die Cité des Sciences et de l´ Industrie an der Porte de la Villette. Auf einer 35 ha großen Grundfläche sind hier neben diesem 4,5-Milliarden-Bauwerk noch insgesamt drei weitere Projekte realisiert bzw. in Planung. Bereits seit Anfang 1986 ist die Grand Halle in Betrieb, eine von dem Architektenteam Reichen & Robert renovierte Viehhalle aus dem Jahre 1867. Von der Cité des Sciences nur durch einen Kanal getrennt, dient die „riesige gestreckte Basilika aus Glas und Eisen“ heute als Mehrzweck-Ausstellungszentrum. Ende 1987 soll dann der erste, 12 ha Zeitgleich mit einem bedeutenden wissenschaftlichen Ereignis, dem Tag der Begegnung der Giotto-Sonde mit dem Halleyschen Kometen wurde das Zentrum für Wissenschaft und Industrie eröffnet. Beleuchtet wird das Museum, das eigentlich ein Schlachthaus werden sollte, durch Tagesund Kunstlicht. 2 größte Teil des Parc de la Villette fertiggestellt sein, den die Mitterrand-Gegner verdächtig sozialistisch finden. Den revolutionär gestalteten Volks- und Kulturpark entwarf Bernhard Tschumi, Frankoschweizer mit Wohnsitz in New York. Komplett wird das „Kulturspektakel“ im Nord-Osten der Stadt 1988, wenn die geplante Cité de la Musique im Park von la Villette fertiggestellt sein wird. Die Ausschreibung für dieses Zentrum der Experimentalmusik, das unter Leitung von Pierre Boulez stehen wird, erfolgte im Gegensatz zu den anderen Projekten auf nationaler Ebene. Gewinner des Wettbewerbs, vom Staatspräsidenten persönlich ausgewählt, wurde der junge Christian de Portzamparc mit seinem als gebaute Musik gelobten Entwurf. Zurück zum März 1986, der als bedeutsamer Monat für die Pariser Kulturwelt in die Geschichte eingehen wird. Nicht nur, weil am 13. mit der Cité des Für das Kunstlicht wurden silberfarbene ERCO TM-Spots ausgewählt und an Stromschienen installiert; insgesamt 10 000 Stück. 3 Sciences das erste der Grand Projets seiner Bestimmung übergeben wurde. Es war zugleich das letzte große Fest einer zu Ende gehenden Legislaturperiode. Genau drei Tage später, am 16. März 1986, brachten Wahlen einen Regierungswechsel und der Nation einen Zustand, der mittlerweile als „Cohabitation“ Eingang in den Sprachgebrauch genommen hat. Die Frage, ob denn dadurch die Realisierung der Grand Projets gefährdet sei, ist mittlerweile beantwortet. Alle Projekte werden weitergeführt wie geplant. Der 13. März 1986 war aber noch in anderer Hinsicht bedeutsam. Die Eröffnung der Cité des Sciences fand nämlich gleichzeitig mit einem Ereignis von großer wissenschaftlicher und technischer Bedeutung statt, und das ist ja bei einem Zentrum für Naturwissenschaft und Technik viel wesentlicher als Politik. Es war der Tag, an dem die Begegnung der Giotto-Sonde mit dem Halleyschen Kometen Das Zentrum für Wissenschaft und Industrie wendet sich an alle, gleich welcher Herkunft oder Ausbildung, die das Bedürfnis haben, die wissenschaftliche und technische Entwicklung und deren Auswirkungen auf das Leben eines jeden besser zu verstehen. Wo möglich, wird die starke Anziehungskraft interaktiver Darstellungsweisen genutzt, um die Besucher einzubeziehen und zur Teilnahme zu bewegen. stattgefunden hat. Die Bilder von diesem Ereignis wurden den Besuchern der Eröffnung live in das größte hemisphärische Kino der Welt, der Géode, übertragen. Wohl kaum einer der über 6000 Besucher wird daran gedacht haben, daß dieses Zentrum der Wissenschaft und Industrie ursprünglich ein Schlachthaus werden sollte, an dem man die Arbeit 1970 während des Rohbaus einstellte. Lange wurde überlegt, was mit der mit 36 m Durchmesser, die im Wasser steht und ihre Umgebung widerspiegelt. Im Inneren können auf 365 Sitzplätzen die Besucher auf gekrümmten Rundumleinwänden Filme bewundern. Das Entree des Museums liegt im ersten Stock und wird über eine Brücke erreicht, die den Festungscharakter des von tiefen Gräben umgebenen Hauses noch unterstreicht. Die gewählten architektonischen Schwerpunkte sind aus dem Lévy- Bericht abgeleitet. Drei Themen wurden zu Schwerpunkten bei der Gebäudegestaltung: Wasser als „Nahtstelle zwischen Universum und Leben“ umgibt in Form eines hochliegenden langgezogenen Teiches das Hauptgebäude des Museums. Die Vegetation soll über bioklimatische, dem Park zugewandte Fassaden ins Innere des Museums dringen. Licht „als Energiequelle der lebenden Welt“ erhellt die Räume der Daueraus- Bauruine geschehen solle, bis Valery Giscard d‘ Estaing 1977 Maurice Lévy mit einer Studie über die Schaffung eines Museums für Wissenschaft und Technik beauftragte. Der sogenannte „Lévy-Bericht“ (1979) stellt die Grunddefinition der Cité des Sciences dar. Im September 1980 erfolgte dann die Wahl von Adrien Fainsilber als Architekt des Museums durch den Staatspräsidenten. Die ihm gestellte Aufgabe, einen halbfertigen, unbenutzbaren Schlachthof in der Welt modernstes Museum zu verwandeln, hat er mit Bravour bewältigt. Das Gebäude ist mit einer Länge von 270 m, einer Breite von 110 m und einer Höhe von 47 m mehr als dreimal so groß wie das Centre Pompidou und verfügt über eine Ausstellungsfläche von über 165 000 m². Dem ob seiner Dimensionen niedrig wirkenden massigen Bau vorgelagert ist „La Géode“, eine Kugel aus rostfreiem Stahl 4 5 In die Fassade eingebaut sind ebenfalls verglaste Aufzüge, die den Blick auf den Park freigeben und die einzelnen Ausstellungsbereiche untereinander verbinden. Das Gebäudeinnere erstreckt sich über 7 Geschosse, wobei der obere Teil vor allem der Dauerausstellung, der mittlere Teil den technischen Bereichen und der untere Teil dem Eingang mit Information sowie sonstigen Bereichen, wie z. B. Mediothek, Konferenzräume etc., vorbehalten ist. Die Eingangshalle läuft wie auf Flughäfen und Bahnhöfen durch vier Stockwerke. Im Erdgeschoß ist sie mit einem polierten Granitfußboden ausgelegt. Das Zentrum für Wissenschaft und Industrie wendet sich an alle, gleich welcher Herkunft oder Ausbildung, die das Bedürfnis haben, die wissenschaftliche und technische Entwicklung und deren Auswirkungen auf das Leben eines jeden besser zu verstehen. Dazu werden in den einzelnen Ausstellungsteilen weitgehend die konzeptionellen und instrumentellen Neuerungen aus den Bereichen Audiovision und EDV genutzt. Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen wird ein fast unerschöpflicher Reichtum an konkreten Erfahrungen, Anregungen und Denkanstößen geboten. Wo möglich wird die starke Anziehungskraft interaktiver Darstellungsweisen genutzt, um den Besucher einzubeziehen und ihn zur Teilnahme zu bewegen. Eine der vier Dauerausstellungen steht unter dem Motto „Von der Erde zum Universum“. Der Wunsch der Menschen, die Geheimnisse und Schätze der Erde kennenzulernen, erfüllt sich hier in einigen Beispielen. 6 Das Gebäude ähnelt in seinem technischen Auftritt dem Centre Pompidou, ist aber mehr als dreimal so groß und verfügt über eine Ausstellungsfläche von 165 000 m². Wissenschaftliche Forschung und technologische Leistungen, die hier nie aus ihrem sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenhang gerissen werden, provozieren die Besucher dazu, teilzunehmen. Endgültig wird man über die Cité und die Projekte im Pariser Nord-Osten erst urteilen können, wenn sie abgeschlossen sind und ihr Gesamtkonzept erkennbar ist. Die Abstimmung der Pariser Bevölkerung mit den Füßen hat allerdings schon ein eindeutiges Votum erbracht: Sie kommen in Scharen. stellung. Die Eingangshalle, 100 m lang und 18 m breit, wird nach oben von 2 großen Drehkuppeln mit schwenkbaren Spiegeln abgeschlossen. Die Außenseiten der Dreh kuppeln folgen der Sonne und ihre Spiegel leiten das Licht ins Gebäudeinnere. Mit einem ferngesteuerten System lassen sich Ausrichtung der Kuppeln sowie Neigung und Abstand der Spiegel verändern, um so auf diese Weise diverse Lichteffekte im Eingangsbereich zu erhalten. Ein Merkmal aller Fassaden sind vorspringende, granitverkleidete Träger. Die auf die Porte de la Villette gehende Nord -fassade besteht im oberen Teil aus rostfreiem Stahl und im unteren Teil aus Glas. In der Mitte ist diese Fassade durch eine Außengalerie unterteilt, über die die beiden großen Terrassen an der Ost- und Westseite verbunden sind. Die dem Park zugewandte Fassade ist weitgehend verglast, um einen visuellen Übergang zwischen Innen- und Außenraum zu schaffen. 7 Die Außenanlage in den Eingangsbereichen besteht aus Natursteinplatten. Blickfang vor der großen Eingangshalle ist die etwa 5 m hohe Skulptur „Kontinuität‘ von Max Bill, eine Endlosschleife, die in zweieinhalbjähriger Arbeit in einem Stück aus einem 500 Tonnen schweren Granitblock herausgearbeitet wurde. An der nordöstlichen Ecke des Gebäudes erinnern zwei steinerne Löwen an die Geschichte des Grundstücks, halten Wache, so wie Stitt und Stephen, die Löwen vor der Hongkong and Shanghai Bank. Die große Eingangshalle kann von zwei Seiten aus betreten werden. Sie ist fast 30 m hoch, nach oben hin verglast, und bietet so einen freien Blick auf die beiden Türme. Im Inneren der Halle befindet sich ein Wasserbecken, das mit roten Granitsteinen ausgelegt ist. Das Wasser des Beckens spiegelt sich in der edelstahlverkleideten Brücke wider, die zwischen den beiden Türmen durch die Eingangs- Der Deutschen Bank bestauntester Arbeitsplatz Architekten: ABB, Frankfurt Beleuchtungsplanung: Christian Bartenbach, München Einen der bestauntesten Arbeitsplätze Frankfurts hat Jürgen Höfler, Jahrgang 1956, verheiratet, eine Tochter. Wer sonst verfügt schon über ein Büro aus weißem brasilianischem Marmor und sardischem Granit. Die Deutsche Bank, größte Bank der Bundesrepublik, hat in den vergangenen Jahrzehnten hervorragende wirtschaftliche Zahlen vorzuweisen. Mit dem Wachstum stieg aber nicht nur die Zahl der Tochtergesellschaften, auch die Anzahl der Mitarbeiter in der Frankfurter Zentrale nahm zu. Als die Arbeitsabläufe in der Zentrale zunehmend schwieriger wurden, sah man sich nach einem geeigneten Neubau um. Fündig wurde man auf dem Gelände des ehemaligen Palais Löwenstein in Sichtweite der „Alten Oper“. Ein Münchener Unternehmer hatte das 13000 m² große Grundstück gekauft, um dem Ergebnis eines städtebaulichen Wettbewerbs entsprechend zwei Hochhaustürme auf einem breiten Sockelgeschoß errichten zu lassen. Gerade rechtzeitig zu Beginn der Rohbauphase kauften zwei der Deutschen Bank nahestehende Finanzierungsgesellschaften das Grundstück einschließlich aller Planungsunterlagen. Um den komplexen Aufgaben einer Bankzentrale gerecht werden zu können, mußten erhebliche planerische Änderungen durchgeführt werden. Und das in kürzester Zeit, denn die Arbeit an der Baustelle ging ohne Unterbrechung weiter. Heute streben in der Taunusanlage zwei hochgewachsene, vielfach gegliederte, spiegelverglaste Türme 155 m hoch in den Himmel. Sie sind durch einen Basisbau verbunden, der mit seinen abgeschrägten Glasflächen ihre schlanke Harmonie unterstreicht. 8 Privat trägt Jürgen Höfler gerne Jeans. Während der Arbeit im Empfang der Deutschen Bank ist ein Maßanzug seine Dienstkleidung. Schmuckstück der großen Halle ‚ist eine freischwebende Plastik von Richard Lippold. halle führt. Der Fußboden besteht aus sardischem Granit, die Wände sind mit weißem brasilianischem Marmor verkleidet. Schmuckstück der Halle ist eine freischwebende Plastik des New Yorker Künstlers Richard Lippold: Senkrecht angeordnete Aluminiumstäbe und zwei schlanke Messingkörper, die über das Wasserbecken hinweg die Höhe mit der Tiefe des Raumes in schwungvoller Weite verbinden. Es ist eins von mehr als 1 500 Kunstwerken, die sich in den beiden Bürotürmen einer 38, der andere 40 Stockwerke hoch befinden unter dem Leitgedanken, zeitgenössische Kunst und Kultur in die Arbeitswelt mit einzubeziehen. Und genau hier befindet sich einer der bestauntesten von insgesamt 1 900 Arbeitsplätzen in der Zentrale der Deutschen Bank in der Taunusanlage. Jürgen Höfler, Jahrgang 1956, hat vor 2 Jahren bei der Bank angefangen. Er ist einer von 9 Personen, die im Schichtdienst für Empfang und Kontrolle zuständig sind. Vor zwei Jahren hat er die Information bekommen, daß in der Bank eine Stelle im Empfang frei geworden ist. Daraufhin hat er sich sofort um diesen „sicheren“ und „sauberen“ Arbeitsplatz beworben und ihn bekommen. Vor seiner Tätigkeit bei der Bank hat er in einer Spedition gearbeitet, LKW gefahren und „geschraubt“. Als gelernter KFZMechaniker an harte Arbeit gewöhnt, 9 hat ihm die körperlich anstrengende Arbeit nichts ausgemacht. Im Gegenteil, die größte Umstellung begann für ihn, als er in der Bank angefangen hat. In den ersten Monaten schien es ihm, als ginge die Zeit während des Dienstes nicht weiter. Aber die Phase der Gewöhnung ging schnell vorüber. Es fällt ihm nicht schwer, stets freundlich und hilfsbereit zu den Kunden zu sein und immer frisch rasiert und gut gekämmt zum Dienst zu erscheinen. Und auch die Umstellung in der Dienstkleidung, früher Jeans - heute Maßanzug, ist mittlerweile Vergangenheit. Zweimal pro Jahr fährt er nach Aschaffenburg, um sich auf Kosten seiner Dienstherren bei einem Schneider einen neuen Anzug anfertigen zu lassen. Heute empfindet er seinen Arbeitsplatz nicht nur als sicher, sondern auch als besonders abwechslungsreich. Viele interessante Persönlichkeiten hat er während des Dienstes kennengelernt, unter ihnen Boris Becker, Ion Tiriac, die komplette Fußballmannschaft des FC Bayern München und Karin Tietze-Ludwig, die Lotto-Fee des Fernsehens. Jürgen Höfler ist verheiratet und hat eine Tochter. Seine Frau Karin kennt er, seit er 17 Jahre alt ist. Tochter Nicole wird bald fünf. Seine Freizeit widmet er in erster Linie der Familie und dem Schrebergarten der Schwiegereltern in Griesheim, wo er die Bäume selbst beschneidet. Außerdem treibt er Sport, am liebsten Judo und Fußball. Seine eigentliche Passion aber ist ein Motorrad, eine 750er Honda. Im Sommer, bei gutem Wetter, fährt er mit ihr zur Bank. Im Winter ist die Maschine abgemeldet. Dann nimmt Jürgen Höfler die S-Bahn für den Weg zur Arbeit. Am Wochenende zieht er gern wieder die Jeans an und fährt schon mal mit ein paar Freunden zum Nürburgring. Diese Tage stehen bei der reinen Männerrunde unter dem Motto „Schwein am Ring“, da alle dort über Nacht bleiben und wild campen. Sanitäre Einrichtungen und Waschmöglichkeiten gibt es in der Kurve zwischen Adenau und Pflanzengarten natürlich nicht. Darum das Motto und der Verzicht auf die Begleitung der Ehefrauen. Höhepunkt dieser Wochenenden ist sonntags, wenn alle zum Preis von 9 DM pro Runde mit ihren Motorrädern ein paar Runden auf dem Ring drehen. Spätestens montags aber ist die Lagerfeuerromantik vorbei. Jürgen Höfler „Das Paradies der Damen“ Emile Zola bezeichnete es als das „Paradies der Damen“, und der Pop-Künstler Andy Warhol sah in ihm das „moderne Museum des 20. Jahrhunderts“: Das Kaufhaus ist immer mehr gewesen als lediglich ein Ort für den Warenumschlag. Schon seit dem 19. Jahrhundert beschert es seinen Besuchern rauschhafte Konsumerlebnisse und ist gleichzeitig eine Verkehrung unseres All- tags: Mangel wird hier zum Überfluß, Langeweile zum Abenteuer, Besonnenheit zum Rausch, der Traum zur Wirklichkeit. Kein anderer Ort kultiviert die Warenästhetik und das unerschöpfliche Angebot mit einer derartigen Perfektion. Die Ursprünge dieses Paradieses sind durchweg profan: Vorbild für die Konsumpaläste waren die neuen Industriebauten der Jahrhundertwende mit ihren weithat die Jeans wieder mit dem dunklen Maßanzug vertauscht, wenn sein Dienst in der Bank beginnt und er in sein Büro aus sardischem Granit mit den marmorverkleideten Wänden geht und über ihm die Plastik von Richard Lippold schwebt. 155 m hoch ragen die zwei Glastürme in den Frankfurter Himmel. Kaum ein Besucher, der den Kopf in den Nacken legt, um die riesigen Dimensionen fassen zu können, ahnt, daß sich hinter dem Spiegelglas ein „heimliches“ Museum mit insgesamt 1500 Kunstwerken verbirgt. 10 flächigen Stahlkonstruktionen. Erst in der architektonischen Ausschmückung der stählernen Skelette zeigt sich, wie die ästhetische Fiktion die architektonische Wirklichkeit verdrängt: In den Portalen und bei der Ausgestaltung der Etagen kopieren die Baumeister den Stil von Schlössern und Kirchen. Der Mensch wird in dieser Bedeutungsarchitektur miniaturisiert, die Ware übermächtig und mit Bedeutung aufgeladen. Der Zwitter aus Industriehalle der in der Kunst der Schaufensterdekoration die Schule des Brutalen und Kolossalen begründet hatte. Er verlangte scheinbar ungeordnete, wie zufällig aus den geleerten Fächern herausfallende Massen und wünschte, daß sie in den glühendsten Farben flammten und sich wechselseitig in der Wirkung steigerten. Den Leuten müßten die Augen wehtun, wenn sie aus dem Geschäft kämen, pflegte er zu sagen.“ Das Überangebot wird zu einem Seh- und Kathedrale ist einerseits eine gigantische Traumburg und andererseits zentrale Versorgungseinrichtung für die Menschen in den Ballungszentren. Doch der praktische Nutzen, das alltägliche Geschäft, wurde immer von dem Erlebnisangebot Kaufhaus in den Hintergrund gedrängt. Die massige Architektur schirmt das Innenleben der Verkaufstempel wirksam vom Alltag ab. Dies war nicht immer so. Als im Zuge der Industrialisierung die Warenhäuser an Bedeutung gewannen, gab es Pläne, diese weitläufigen Großetagen wie durchsichtige Geschenkkartons zu gestalten. Das ganze Kaufhaus ein einziges Schaufenster - von vier Seiten und über fünf Etagen. Diese Konzepte erwiesen sich aber als unpraktikabel, weil die oberen Etagen von der Straße nicht einzusehen waren. Was blieb, waren die Schaufenster. Kleininszenierungen dessen, was im Inneren als Gesamtkunstwerk in Szene gesetzt wird. Es ist kein Zufall, daß, die Schaufenster wie kleine Bühnen gestaltet sind, wie Panoramen des 19. Jahrhunderts, auf denen die Dekorateure Geschichten vom „Leben nach dem Kauf“ erzählen. Die Dramaturgie dieser Geschichten wird stets vom Ungewöhnlichen bestimmt. In Zolas Roman „Das Paradies der Damen“ sind die Dekorateure Artisten des Schocks: „Alle waren sich darüber einig, daß der Chef der beste Dekorateur von Paris sei, ein wahrhaft revolutionärer Dekorateur, erlebnis, das den Betrachtern Schmerzen bereitet. Sie sind nicht mehr in der Lage, diese Ballung von visuellen Reizen zu verarbeiten. Es geht nicht mehr um einzelne Produkte, sondern um die Erzeugung einer Grundstimmung. Damit verlieren die Dinge ihre funktionale Bedeutung: Schuhe, Zeitungen, Zigaretten, Hosen und Jacken versprechen uns eine neue, bessere Identität. Warenhäuser sind schon lange keine Warenhäuser mehr. Sie sind die perfekte Umsetzung eines unbeschwerten Lebens jenseits der täglichen Reglementierung. Eskalieren die Zwänge im Alltag, verspricht uns das Kaufhaus die Erlösung von ihnen. Die Fülle des Ausgestellten und Angebotenen, die Fesselung des Blicks durch „Blickfänge“ versetzt die Käufer in eine Art Trance-Zustand. Gustav Stresemann notierte erstaunt: „Die Zeit verfliegt mit dem Betrachten der verschiedensten Rayons, der Toiletten der einkaufenden Damen, der Unterhaltung und anderem, und wenn man an der Uhr plötzlich sieht, daß es höchste Zeit sei, heimzukehren, so macht man oft wohl gleichzeitig die Wahrnehmung, daß man anstatt einer Cravattenschleife, die man anfänglich kaufen wollte, mit einem ganzen Bündel der verschiedenartigsten Sachen beladen ist. Eine Zeitlang spürt man dann vielleicht Reue, aber sobald man das Warenhaus betreten hat, um einen kleinen Einkauf zu machen, wiederholt sich das Schauspiel aufs neue“. 11 Wie das Glück durch Konsum auszukosten ist, wird uns unmittelbar vorgelebt: Schaufensterpuppen schlüpfen in unsere Rolle, spielen vor, wie uns die neugewonnene Identität zu Gesicht stände. Mit ihrer genormten Souveränität und den unsichtbaren Wäscheklammern im Rücken durchleben wir in den Figuren vorab die noch unerfüllten Träume. Doch die Kaufhäuser haben es mittlerweile schwer, sich als Erlebnisraum zu behaupten. Die Häufung visueller Reize durch eine Ballung von Waren ist nur noch eine schwache Provokation unserer Sinne, angesichts der Bilderflut, die uns die konkurrierende Elektronik ins Haus liefert. Gleichzeitig haben die Kaufhäuser als zentrale Versorgungseinrichtung an Bedeutung verloren. Billigmärkte und Einkaufszentren haben die Käuferströme umgeleitet. Neonbeleuchtete Verkaufshallen mit blanken Stahlregalen, vollgestopft mit braunen Pappkartons belegen, wie sich das Käuferverhalten geändert hat: billige Versorgung statt aufwendiger Inszenierung. Patentrezepte für die Rückeroberung verlorenen Terrains gibt es dabei nicht. Bei neuen Marketingstrategien spielt nicht zuletzt der Standort eines Kaufhauses eine zentrale Rolle. Beim Düsseldorfer Kaufhof an der Königsallee ist das Umfeld geprägt von hochwertigen, exklusiven Einzelhandelsgeschäften - und entsprechend anspruchsvollen Kunden. Bei dem jetzt beendeten Umbau des 1909 eröffneten Jugendstil-Hauses wurde darauf reagiert: Insgesamt 20 Abteilungen, die diese Käuferschicht nicht ansprechen können, sind aus dem neuen Haus verbannt worden. Statt Möbel- oder Bauabteilung wurde zum Beispiel die Fitness- und Geschenketage ausgebaut. Konzeption: hochwertige Produkte in einem anspruchsvollen Ambiente. Ziel: ein neues Kauferlebnis. Der Lichthof im Zentrum des Hauses wurde wieder geöffnet, zwei kleine Trep- penhäuser zugunsten des großen, verspiegelten Aufgangs zugemauert. „Atmosphäre, Flair, Stimmung“ soll das neue Haus haben. Kein unüberschaubares Ballungszentrum ausufernder Warenangebote, sondern erlesener Ort, geschmackvolle Produktpräsentation. Zolas Dekorateure haben hier endgültig ausgedient. Der Schock ist der unterkühlten Präsentation gewichen. Auf den Etagen sind die einzelnen Abteilungen zu „Inseln“ zusammengefaßt, zu denen im Teppich gekennzeichnete Wege in „dynamischer Gangführung“ hinleiten. Überschaubare, großzügige Verkaufsflächen und eine neue Distanz zu den Produkten sind das Ergebnis. Perfekte Wareninszenierungen sollen die Kunden zu den Verkaufsflächen locken: Allein in der Damenoberbekleidung führen insgesamt 250 Schaufensterfiguren das neue Lebensgefühl im neuen Dress vor. Dabei hat man darauf geachtet, daß die neue Großzügigkeit nicht auf Kosten des Waren angebots geht. Wie bei den alten Warenhäusern sind auch an der Königsallee die Schaufenster wieder ein Spiegelbild des Hausinneren: Marmorausgeschlagene Fensterräume mit den entsprechenden „Warenträgern“ aus Glas und Messing spiegeln den coolen Umgang mit dem Fetisch. Doch die Faszination bleibt ungebrochen: Der satte Überfluß, das sparsame Provozieren der Emotionen entspricht dem Zeitgeist. Die Kunden erliegen um so mehr der Anziehung der Waren, wie es schon Adalbert Stifter bei seinen Wiener Zeitgenossen feststellen mußte: „Wenn ein Mann, der sein gehöriges Geld hat, vom Lande hereinkommt und nur den Stephansplatz entlang geht und all die glänzenden lockenden Gläserkisten ansieht, wie sie ohne Unterbrechung endlos fortlaufen . der Mann ist verloren, er muß etwas kaufen...“ Hans Scheurer 12 13 Kunsthalle Emden Nannens Spätwerk Architekt: Friedrich Spengelin, Hannover Beleuchtungsplanung: Hochbauamt der Stadt Emden in Zusammenarbeit mit ERCO Mark geschätzt: Etwa 200 Ölgemälde, Zeichnungen, Druckgraphiken (Radierungen, Lithographien, Holzschnitte) und Plastiken, die ohne Ausnahme zur Kunst des 20. Jahrhunderts gehören. Persönliche, ganz subjektive Vorlieben des Stifters waren bei der Auswahl der Werke von Bedeutung. Kunstrichtungen wie Kubismus, Fauvismus, Konstruktivismus oder Dadaismus fehlen, dafür begegnet man bedeutenden Arbeiten des Deutschen Expressionismus und Werken, die in den 20er Jahren dieses Jahrhunderts unter den Gesamtbegriffen „Neue Sachlichkeit“ bzw. „Magischer Realismus“ entstanden sind. Da sind die auf den Expressionismus weisenden Bilder von Paula Modersohn-Becker, Ölgemälde, Zeichnungen und Druckgraphiken von Ernst Ludwig Kirchner, Max Pechstein, Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel, Emil Nolde und Otto Müller, die in der Sammlung die Künstlergemeinschaft der „Brücke“ vertreten, da ist der führten, die Kunsthalle gerade an diesem Ort zu bauen. Mit seinen versetzten Bauteilen und Staffeldächern paßt sich das Gebäude seinem Umfeld an. Durch die Verwinkelung des Baukörpers wurden Außenräume geschaffen, die für das Gesamterscheinungsbild von Bedeutung sind. Schon der Eingangshof, der sich durch Brüstungsmauern von der Straße abhebt, lädt mit seinen Plastiken und der dort eingerichteten Cafe- teria zum Verweilen ein. Der Skulpturenhof liegt auf der anderen Seite des Gebäudes und ist weitgehend abgeschlossen. Gleichzeitig Informationshalle und Aufenthaltsraum ist das kleine Foyer im Zentrum der Anlage, mit Garderobe und Sanitärräumen. Vom Foyer aus ist jeder Bereich der Kunst halle einzeln zugänglich: Die Malschule im Erdgeschoß, ein Magazin, ein Fahrstuhl, der zu den oberen Ausstellungsräumen führt, und der erdgeschossige Ausstellungssaal. Die eigentlichen Ausstellungsräume, die sich in Größe und Proportion voneinander unterscheiden, liegen dann im 1. Obergeschoß. Vitrinen und Zwischenwände erlauben es, diese Räume zusätzlich zu unterteilen, so daß sie sowohl den unterschiedlichen Exponaten der ständigen Sammlung als auch wechselnden Ausstellungen gerecht werden. Emporen in den größeren Sälen gewährleisten einen zusätzlichen Überblick, zwei Treppen eröffnen imposante weil jegliche Gleichmäßigkeit unterbleibt. Und das auch den lichtempfindlichen Graphiken und Arbeiten auf Papier nicht schadet. Seitenlicht dann bei den Plastiken, um Erhebungen und Vertiefungen der Oberfläche sichtbar zu machen. Daß das Museum bei den Emdener Bürgern voll angenommen worden ist, zeigen die Besucherzahlen: zehntausend bereits in den ersten drei Wochen. Ob das Haus mit wachsendem Bekanntheitsgrad darüber hinaus auch touristische und wirtschaftliche Auswirkungen für die Region haben wird, muß sich zeigen. „Eine Luxusherberge auf den Bahamas hätte ‚Sir Henry‘ - wie Freund und Feind den streitbaren Journalisten Henri Nannen voll spöttischer Bewunderung nannten sich als Alterssitz leisten können. Henri Nannen, 33 Jahre lang Chefredakteur des ‚Stern‘, zog es vor, sich in seiner Heimatstadt ein Denkmal zu setzen. Er steckte sein Erspartes und Gesammeltes in die ‚Kunsthalle in Emden‘ und bescherte Ostfriesland damit ein lohnendes Reiseziel.“ (Hans Berndt, Handelsblatt.) Ein Haus mit Werken der klassischen Moderne und der zeitgenössischen Kunst, mit einer Malschule für Kinder und einer Stipendiatenwohnung für junge Künstler. Ein Haus, für das Nannen, wo seine eigenen Mittel nicht ausreichten, sogar „schamlos betteln gegangen ist“. Knapp 6,5 Millionen Mark hat der Bau gekostet. Der Wert der Sammlung, die Nannen der Emdener Kunsthalle gestiftet hat, wird ebenfalls auf rund 6 Millionen Etwa 200 Kunstwerke, die ohne Ausnahme zur Kunst des 20. Jahrhunderts gehören, sind in dem Museum zu sehen, das sich nicht pompös, sondern bescheiden gibt. 14 Kreis des „Blauen Reiter“ mit Franz Marc oder Alexej von Jawlensky, da sind Individualisten wie Oskar Kokoschka oder Max Beckmann. Bewußte Abkehr vom Expressionismus, Nüchternheit bei der Wiedergabe der Realität dann bei Werken von Karl Hofer, Franz Radziwill, Josef Scharl und Hanns Ludwig Katz. Bei der Kunst nach 1945 gibt es noch keine eindeutige Gruppierung. Mit Peter Kukei, Salomé, Verena Vernunft, Ter Hell u. a. sind sehr unterschiedliche Künstlertemperamente in der Sammlung vertreten. Qualitätsvoll ist auch die Auswahl der Plastiken, die über die Räume und den Innenhof verteilt wurden. Der Standort des Museums ist bewußt gewählt. Vor 1945 hatte hier die Gestapo ihren Sitz, nicht weit davon entfernt stand das Elternhaus einer jüdischen Freundin Nannens, in dem er zum ersten Mal mit Kunst und Kultur in Berührung kam. Erinnerungen, die zu dem Entschluß Durchblicksmöglichkeiten zum Erdgeschoß. Gleichzeitig erleichtern die Treppen die Orientierung, so daß der Besucher seinen Rundgang durch die Sammlung an jeder beliebigen Stelle beginnen kann und doch immer weiß, in welchem Teil des Gebäudes er sich gerade aufhält. Backsteinrote Betonfliesen, weiße Ziegelwände und Säulen, helle Holz-Töne an den Decken und Galerien dienen darüber hinaus der farblichen Gliederung im Inneren dieses norddeutsch schlichten Klinkerbaus. Mit der Beleuchtung der Bilder und Plastiken wurde eine kontrastreiche Raum atmosphäre geschaffen. Aus Ober- und Seitenfenstern fällt Tageslicht in die Räume ein. ERCO Optec- Strahler an MonopollSchienen setzen Akzente, heben einzelne Bilder heraus und regen die Aufmerksamkeit der Besucher an. Blendfreies Licht, das Spiegeleffekte auf den Bildern vermeidet. Licht, das auch beim längeren Betrachten der Exponate nicht ermüdet, 15 Vom Büchsen- bis zum Purpurlicht Betrachten wir den Verlauf der bürgerlichen Dämmerung - in der Jägersprache „Büchsenlicht“ genannt - etwas näher. Die erste Phase heißt „helle Dämmerung‘. Die Sonne ist im Westen untergegangen und bewegt sich nun unter dem Horizont langsam nach Norden. An der Untergangsstelle breiten sich nach beiden Seiten farbige Streifen am Horizont aus. Sie bilden ein langes, sehr flaches, nach oben zunächst ganz verschwommenes, von unten nach oben weißgelb, gelb, grünlich gefärb tes Feld, in der Mitte überdeckt vom Glanz der sinkenden Aureole. Ein größeres Himmelsgebiet darüber weist einen hellen, merkwürdig durchsichtigen, blauweißen Lichtschleier auf, den sogenannten hellen Schein. Am Gegen -horizont erscheint über einem Dunststreifen ein sehr flaches, orangegelbes, oft grün-blau gesäumtes Feld, die sogenannte Gegendämmerung. 12 bis 15 Minuten nach Sonnenuntergang - die Sonne ist inzwischen 2° unter den Horizont gesunken - wechseln die Farben der Horizontalstreifen (von unten nach oben ) ins Rotbraune, Orange, Gelbe. Die Aureole ist verschwunden, der klare Schein wird weißlich-gelb, die Gegendämmerung farbintensiver: unten karminfarbig, dann orangerot, orangegelb, weißlich-gelb, grünlich-blau. Das Blau des Himmels darüber vermischt sich allmählich mit Grau. Im Lichte der bürgerlichen Dämmerung Als das Düsseldorfer Kunstmuseum im Oktober vergangenen Jahres die skandinavische Malerei-Ausstellung „Im Lichte des Nordens“ eröffnete, erlebte die Mode-, Kunst- und Werbe-Metropole am Rhein ihre blaue Stunde, und das gleich in doppelter Hinsicht. Während die Kunstkritik vom „traumartigen Blau“ der dänischen Dämmerung schwärmte und das „magisch-bläuliche Zwielicht“ der nordischen Mittsommernacht pries, begeisterte sich die Klatsch -presse für eine nordische Lichtgestalt ganz anderer Art: Mit dem Auftritt der schwedischen Königin Silvia habe die „Skandinavisierung“ des Düsseldorfer Kulturlebens ihren Höhepunkt erreicht. b Himmels- oder Adelsblau, ob Abendoder Göttinnen-Dämmerung - die blaue Stunde ist eine Licht-Erscheinung, die nicht mit einem Satze zu erklären ist. Wir wollen deshalb eine Annäherung in zwei Schritten versuchen. Wobei uns der erste mehr der physikalischen, der zweite mehr der physiologischen Seite des Phänomens näherbringen soll. Mit den Augen des Bildkünstlers gesehen ist die blaue Stunde ein fantastisches Farblichtspiel zwischen Tag und Nacht, mit den Augen eines Physikers gesehen dagegen nur eine Dämmerungserscheinung, hervorgerufen durch Reflexion und Streuung der Sonnenstrahlen in höheren Schichten der Atmosphäre, sobald die Sonne unter dem Horizont steht. 16 15 bis 20 Minuten nach Sonnenuntergang bei Sonnentiefen von 2 bis 3° -beginnt die sogenannte Hauptpurpur-Dämmerung. Sie dauert bis zu Sonnentiefen von 6 bis 7° (35 bis 50 Minuten nach Sonnenuntergang) und erreicht ihren farblichen Höhepunkt 20 bis 30 Minuten nach Sonnenuntergang, wenn die Sonne 3 bis 4° unter dem Horizont steht. Dann erscheint über den nunmehr sehr matt gewordenen Horizontstreifen das sogenannte Hauptpurpurlicht in seiner vollen Stärke. Es ist eigentlich ein relativ zartes, mildes Licht, erzeugt aber durch seine leuchtenden, rosa roten bis purpurnen Nuancen eine eigentümliche, romantischfaszinierende Stimmung. Es wirft - vor allem bei wolkenlosem Himmel - einen magischen Schimmer auf die ganze Landschaft, während gleichzeitig am Gegen -horizont die Gegendämmerung bereits zu verblassen beginnt. Bei 6 bis 7° Sonnentiefe geht die bürgerliche Dämmerung zu Ende. Es ist jetzt so dunkel, daß man im Freien nicht mehr gut lesen kann. Der rasch angestiegene Erdschatten überschreitet den Zenit. Die Geophysik kennt zwei Arten abendlicher Dämmerung: die bürgerliche und die astronomische. Während die bürgerliche Dämmerung bis zu einer Sonnen-tiefe von 6 bis 6,5° reicht, in unseren Breiten 37 bis 51 Minuten dauert und so hell ist, daß Lesen im Freien noch möglich ist, erreicht die astronomische Dämmerung 16 bis 18° Sonnentiefe, endet 100 bis 120 Minuten nach Sonnenuntergang und ist bis auf schmale Farbstreifen am Horizont dunkel wie die Nacht. 17 Vom Zäpfchen aufs Stäbchen Die physiologische Seite der blauen Stunde gehorcht den Gesetzen des Sehens. Bekanntlich verfügt die Netzhaut unseres Auges über zwei verschiedene Empfangs zellen: die farbempfindlichen Zäpfchen des „Hellauges“ und die farbunempfindlichen, dafür aber bis zu achttausendmal so lichtempfindlichen Stäbchen des „Dunkelauges“. Die physiologische Folge des Hell-Dunkel-Auges ist, daß wir in der Zeit zwischen Tag und Nacht die Farben nicht mehr richtig sehen. Gelb rückt ins Grüne, Blau wird weißlich, Rot wird schwarz. Farbforscher Goethe stellte vor fast 200 Jahren fest: Ein gasförmiges, durchsichtiges Medium erscheint uns blau, eine Lichtquelle dahinter sehen wir rötlich. Heute haben die Atomphysiker eine raffiniertere Erklärung für den blauen Himmel und den roten Sonnenuntergang gefunden: Das Licht als elektro-magnetische Welle trifft auf ein Luftmolekül und wird dabei gestreut. Die Intensität dieser Streustrahlung wächst mit der Frequenz der Sonnenstrahlung, und zwar in der vierten Potenz. Nun hat der blaue, kurzweilige Sonnenlichtanteil rund die doppelte Frequenz des langweiligen, roten Anteils. Das blaue Licht wird daher 16mal stärker gestreut als das rote. Deshalb erscheint der Himmel uns blau. Abends bei Sonnenuntergang haben wir dagegen eine direkte Lichtquelle, deren blauer Anteil gestreut wird, während ihr roter Anteil größtenteils bei uns ankommt. Daher erscheint uns der Abendhimmel rot, wobei die Erscheinung durch Staubteilchen in der Luft noch verstärkt wird.*) Und das spezifische Blau des nordischen Lichts? Es erklärt sich zum einen aus der mit zunehmender Polarnähe (scheinbar) flacheren Sonnenbahn, zum anderen wohl auch aus der wesentlich saubereren Luft. Die skandinavischen Maler der Jahrhundertwende waren geradezu blausüchtig. Immer auf der Suche nach dem richtigen Blau wurden sie zu den glühendsten Anhängern der Plein-air- Malerei. „Alles soll blau um mich sein. Und mitten in der blauen Welt wird mein Herz unschuldig und frei schlagen wie ein Kielwasser, das singt, wie die Tropfen, die vom Ruderblatt fallen.“ (Karen Blixen, Der junge Mann mit der Nelke.) Robert Kuhn *) Nach Werner Gilde, Licht und Schatten, Weinheim 1983, S. 136 f. „Im Lichte des Nordens“ ist der Titel einer Ausstellung im Düsseldorfer Kunstmuseum, die vom Oktober 1986 bis zum Februar 1987 zu sehen war. Thema ist aber eher das fehlende oder verblassende Licht, ist die lange Dunkelheit, welche die Gedanken nach ihnen lenkt. 18 19 Shop Design für Katharine Hamnett Architekt: Norman Foster, London Beleuchtungsplanung: Foster Associates in Zusammenarbeit mit ERCO London „Katharine Hamnett: Architecture as fashion“ lautet die Schlagzeile auf der Titelseite des Architekturmagazines Blueprint im November 1986. Gemeint ist die Eröffnung einer Modeboutique an der Brompton Road in London SW3, die sowohl architektonisch wie auch traditionell aus dem Rahmen fällt. Katharine Hamnetts Designer Shop ist eine gelungene Mischung aus Architektur, Mode und Public Relations. Architekt Norman Foster war mit Planung und Gestaltung des neuen Geschäftes beauftragt. Nicht zufällig fiel die Wahl der Designerin auf Foster, der sich in der Architekturwelt, die von gigantischen und technologisch hoch entwickelten Projekten wie z. B. der Hongkong and Shanghai Bank lebt, einen großen Namen gemacht hat. Daß Foster im Gegensatz dazu seit 1972 für eine überraschende Anzahl von Boutiquen das Design lieferte, ist weniger bekannt. Unter ihnen eine EspritBoutique in Kalifornien und das elegante Flaggschiff des Joseph Shops in London, mit dem er den ersten erfolgversprechen- 20 den Vorstoß in die Modebranche erzielte. Allroundtalent Foster widmet sich in zunehmendem Maße Projekten, die außerhalb der hermetischen Architekturwelt liegen, die greifbarer, näher sind - nicht nur im geographischen Sinn. Dies beweist auch seine neue Möbelkollektion, die er für die italienische Firma Tecno kreiert hat. Katharine Hamnett bestand bei Vertragsunterzeichnung mit Peter Bertelsens Unternehmen Aguecheek, welches eine weitere Reihe von Boutiquen unter ihrem eigenen Namen finanziert, auf die Dienste Fosters. „Es ist sehr wichtig für Großbritannien, international zu demonstrieren, was wir gut können. Norman Foster gehört zur Spitze, wenn es um Architektur geht; und ich denke, wir gehören gewissermaßen zur Spitze, wenn es um Mode geht.“ Worte der Modedesignerin, die 1983 mit politischer Slogans auf T-Shirts Aufsehen erregte, der 1984 der British Fashion Industry Award als der einflußreichsten Designerin des Jahres verliehen wurde und die bei ihren Kollektionen die funktionale Qualität der Kleidung schätzt. Funktionale Qualität ist auch das Motto, unter dem Norman Foster den Geschäftsinnenraum gestaltete -in dem wesentlich mehr als nur Kleidung verkauft wird. Der Eingang, eine Art Toreinfahrt zu dem ehemaligen Fabrikgebäude viktorianischer Herkunft, gibt sich anonym und unscheinbar. Früher waren hier Werkstätten und Garagen zu Hause. Glamourös aufgemachte Schaufenster muß der neugierige Kunde missen, denn es gibt keine. „Let‘s do the first shop in London without any windows“, bemerkte der Architekt treffend. Der Weg führt durch einen weiß gestrichenen Tunnel. Den Einstieg in ein Raumschiff assoziierend, scheint es so, als ob in diesem Schlauch eine leicht gewölbte und von unten beleuchtete Brücke über dem Boden schwebt. Eine Konstruktion, die an Fosters (nicht realisierten) Entwurf eines Glasfußbodens für die Hongkong and Shanghai Bank erinnert. Am Ende des Tunnels öffnet sich eine großzügig angelegte Tür. Der Blick wird frei für einen Raum, in dem auch ein Flugzeug Platz finden könnte. Foster ließ alle Zwischenwände und -stockwerke in dem ursprünglichen Gebäude einreißen, um einen Raum mit dreieckigem Grundriß und einer Höhe von ca. sechs Metern zu schaffen. Als einzige optische Gliederung dienen geometrisch angeordnete Säulen. Deckenhöhe, versetzte Spiegelwände an den Stirnseiten verbergen hinter sich die Umkleidekabinen und lassen den eigentlichen Grundriß nur schwer erkennen. Durch Reflexion entsteht ein unendlich verschachteltes Gebilde. Foster verzichtet bewußt auf die Kaschierung der konstruktiven Merkmale des Ge bäudes, was durch den freien Einblick in die Dachkonstruktion besonders deutlich wird. Weiß gestrichene Backstein wände und ein nackter Betonfußboden geben dem Raum eine kühle, funktionale Atmosphäre. Die Kleidung, die hier zum Verkauf gelangt, steht weder im Vorder- noch im Hintergrund. Sie ist einfach da, aufgehängt an fünf Kleiderständern, die an den Längsseiten plaziert sind. Für genügend Tageslicht sorgen in dem Paralleldach eingebaute Fensterschrägen sowie hohe Sprossenfenster. Zusätzlich wurden an der Dachkonstruktion und den seitlichen Trägern Stromschienen, bestückt mit Oseris- Niedervoltstrahlern, angebracht, die das Gesamtkonzept des Raumes „ins richtige Licht rücken‘. Akzentuierendes Licht wird eingesetzt, um Effekte zu erzielen, die den Raum als Ganzes - die Kleidung inbegriffen -zu einem Erlebnis werden lassen. Warenpräsentation im herkömmlichen Sinn ist dies nicht; es geht vielmehr um die Präsentation einer KatharineHamnett- Idee, die sich gleichwohl in Architektur und Mode widerspiegelt. Die Entwicklung eines eigenen Stils, der sich in allen Aktivitäten manifestiert, ist wichtiger Bestandteil der Unternehmensstrategie von Katharine Hamnett. Mittlerweile zählt sie zu den führenden Modedesignern Großbritanniens und bekleidet u. a. Tina Turner, die Rolling Stones und Faye Dunaway. Auch bei Norman Foster befinden sich zwei Hamnett-Mäntel im Schrank; was vielleicht ein Grund war, sich schnell für den Auftrag an der Brompton Road zu erwärmen. Die Frühjahr-/Sommer-Kollektion ‘87 heißt „Chic“ und wird mit Begriffen wie „Smart, Sharp, Clean, Hard“ beschrieben. Die Mode ist gekennzeichnet durch gerade, klare Linien, bevorzugtes Material ist Baumwolle. Funktio- nalität und Bequemlichkeit in Verbindung mit diskreter Eleganz bestimmen die Entwürfe, die zeitlos modern und nicht kurzfristigen Trends unterworfen sein sollen. Kleidung hat die Funktion einer zweiten Haut, hinter der man sich verbergen kann, mit der man verschiedene Rollen annehmen kann und nach der man erst einmal beurteilt wird. „Du kannst den Musikgeschmack der Leute an der Art, wie sie sich anziehen, erkennen. Du kannst sagen, was sie wählen. Wenn du jemanden siehst, der nur Sachen von Pierre Cardin trägt, sieht er aus wie ein Sozialist?“ Katharine Hamnett hat schon früh erkannt, wie wichtig es ist, die politischen, kulturellen und sozialen Aspekte der Mode in ihr Konzept einzubeziehen. Mit ihrem aktuellen Katalog kreiert sie einen freigeistigen Menschentyp, sexy und suspekt. Es sollen Bedürfnisse geweckt werden, die weit darüber hinaus gehen, sich neu einzukleiden. Betrachtet man die Kultur geschichte der Kleidung, so wurde Mode immer nur von einem relativ kleinen Personenkreis im jeweiligen Zeitalter bestimmt. Bis zur französischen Revolution war der Adel tonangebend. Im 19.Jahrhundert trat das internationale Großbürgertum hinzu. Kleidung war Ausdruck der Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht. Diese Verhältnisse haben sich heute verschoben. Die Art, sich zu kleiden, reflektiert eine Geisteshaltung, eine Lebensauffassung. Mittels der „zweiten Haut“ wird Protest an bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen ausgedrückt, sie ist sowohl Statussymbol wie der Versuch, eine Wunschvorstellung zu realisieren. Besonders jüngere Menschen, die in zunehmendem Maße nach festen Bezugspunkten in einer immer anonymer werdenden Umwelt suchen, benutzen auch die Kleidung dazu, ihre Vorstellungen und Ziele zu demonstrieren. Mode entsteht nicht am Zeichenbrett des Designers, sondern aus den unterschiedlichsten Bedürfnissen der Menschen. Sie frühzeitig zu erkennen, aufzugreifen und zum Modetrend zu verarbeiten, ist Aufgabe des Mode designers. Das auf Expansion bedachte Unternehmen HamnettBertelsen scheint auf dem richtigen Weg zu sein, denn Katharine Hamnett „has always understood ‚The Street“‘. 21 Die Architektur nach Foster, Rogers und Stirling Eine Ausstellung in der Royal Academy of Arts, London Beleuchtung: Ausstellungsteil Foster und Rogers: ERCO Ausstellungsteil Stirling: Museumsbestand, Fabrikat Concord Die erfolgreiche Ausstellung „New Architecture: Foster, Rogers, Stirling“, die von Oktober bis Dezember 1986 in der Royal Academy zu sehen war, markiert einen Wendepunkt in der britischen Nachkriegsarchitektur. Einerseits zeigte die Ausstellung den täglich rund 2000 Besuchern, daß nicht unbedingt jene Spitzensportler, über die sie so viel in ihren Zeitungen lesen, die wahren Champions sein müssen, sondern ein paar Architekten mittleren Alters, von denen keiner von ihnen je gehört hatte. Andererseits vermittelte die Ausstellung der Öffentlichkeit zum erstenmal eine Vorstellung davon, welch atemberaubende Entwicklung HighTech-Architektur seit den Rückschlägen und der Nichtanerkennung in den siebziger Jahren inzwischen genommen hat. Aber so aktuell die Ausstellung auch war, sie präsentierte nicht ein kompromißloses Bild der Architektur des dritten Jahrtausends, das wir in nicht einmal 15 Jahren erreicht haben werden. Um möglichst viel aus dem 500 000-Pfund -Budget und der renommierten Lage herauszuholen, widmete sich „New Architecture dem Werk dreier Architekten, die außer ihrer Berühmtheit kaum etwas miteinander gemein haben (dürften). James Stirling, Norman Foster und Richard Rogers haben ein internationales Ansehen erlangt. Jeder von ihnen erhielt die Goldmedaille des Royal Institute of British Architects. Wenn man auch die Bedeutung ihrer Werke nicht hoch genug ansetzen kann - kein Werk der vorhergehenden Generation englischer moderner Architekten kann es mit der Bedeutung von Fosters Hongkong and Shanghai Bank, mit dem Publikums- und (Architektur-) Kritikerfolg von James Stirlings Staats -galerie oder mit dem Skandalerfolg von Richard Rogers neuem Lloyds-Gebäude aufnehmen -‚ sollte man dennoch nicht glauben, die Zukunft der Architektur sei durch die an den drei Architekten festzumachenden Tendenzen hinlänglich beschrieben. Der ungeheure Erfolg von Foster, Rogers und Stirling stellt sich, bei der schwierigen Frage nach der Zukunft der britischen Architektur, als Teil des Problems dar. Man ist versucht, die Zukunft jeweils in ihren Begriffen zu sehen, weil jeder von ihnen seinen erfolgreichen Weg gegangen ist. Das wäre ein Fehler. Bereits ein ganz flüchtiger Blick in die jüngste Geschichte wird das bestätigen. Um jemanden zu finden, der dem Rang von Stirling, 22 Rogers und Foster gerecht wird, müssen wir um mehr als ein halbes Jahrhundert zurückblicken; zu Sir Edwin Lutyens und seinen Planungen für Neu Delhi - oder noch weitere hundert Jahre zurück - zu Sir Joseph Paxton und dem Kristallpalast. Doch in keinem der beiden genannten Fälle könnte man behaupten, daß die weitere Entwicklung dem durch sie vorgegebenen Weg gefolgt wäre. Die Architektur des dritten Jahrtausends wird das Produkt aus der Kombination von vorhersehbaren und unvorhersehbaren Veränderungen sein. Einige werden mit dem jüngsten Werk von Foster und Rogers angedeutet, einige sind in Stirlings Schaffen verborgen, einige sind das Ergebnis sozialer, technischer und ökonomischer Entwicklungen, die von außen her auf die Architektur einwirken. So antwortete Richard Rogers auf die Frage, wie die Architektur des nächsten Jahrhunderts aussehe: „Auf jeden Fall wird sie viel komplexer sein, als Sie denken.“ Um diese neue Komplexität aufzuzeichnen, müssen wir mit einer Bestandsaufnahme der Gegenwart anfangen. Britische Architektur besteht heute im wesentlichen aus drei erkennbaren Stilrichtungen, die durch die Auflösung des Konsens der Moderne entstanden sind: High-Tech-Architektur, eine Stilrichtung, die neue Methoden und Materialien in den Bauprozeß integriert und damit dem Hauptprinzip der Moderne folgt; die postmoderne Architektur, ein Entwurfsansatz, der historische Elemente, die von klassischen Motiven bis zum Art Deco der 30er Jahre reichen, zu vereinigen sucht; und die LowTech- Architektur (in Großbritannien unter dem Begriff „Community Architecture‘ geläufig), eine Bewegung, die ihre Anregungen und Methodik aus lokaler Bautradition und der Kommunalpolitik bezieht. Diese drei klar identifizierbaren Tendenzen stehen nicht nur in einer fortwährenden Norman Foster geboren am 1. Juni 1935 in Manchester. Ausbildung an der University of Manchester und der Yale University of Architecture. Bekannteste Projekte: Renault Zentrallager in Swindon (1983) und Hongkong and Shanghai Bank (1986). Konkurrenz, um einen größeren Anteil am Baumarkt zu erlangen. Auf jede von ihnen wird Druck durch das eigene unmittelbare Umfeld und durch wirtschaftliche, technische und politische Einflüsse von außen ausgeübt. So, wie das Beispiel der Praktiker von heute, wird auch die Summe dieser Evolutionszwänge die Form der Architektur in der Zukunft diktieren. Ganz oben auf der Liste der von außen auf die Architektur einwirkenden Zwänge steht die Bedrohung, von unternehmerischen oder politischen Unternehmungen aufgesaugt zu werden, was High-Tech, Postmoderne und der Low-Tech- Architektur gleichermaßen entgegentritt. Im Falle der HighTech-Architektur stellt der Verlust der persönlichen Kontrolle über den Bauprozeß das größte Risiko dar - und nicht so sehr Mißfallen in der Öffentlichkeit (an dieser Art von Architektur). Architekten wie Norman Foster und Richard Rogers arbeiten auf einem Gebiet, in dem spezialisierte Hersteller, technische Berater und große Bauunternehmungen mehr wirtschaftliche Schlagkraft aufbieten als die Architekten selbst. In Großbritannien besteht ein Übereinkommen, wonach der Architekt der Leiter des Bauteams ist. Das ist aber eine Vereinbarung, die nur durch den Bekanntheitsgrad des Architekten mit Inhalt gefüllt wird. Im Fall von Richard Rogers‘ Lloyds-Gebäude wählte die große Versicherungsgesellschaft ihre Entwicklungsberater - nämlich das Ingenieurbüro Arup Associates -,‚ bevor sie den Architekten ausgewählt hatte. Und zwei von den drei Preisträgern des beschränkten Wettbewerbs haben schon vorher mit genau demselben Ingenieurbüro zusammengearbeitet. Es wäre nur noch eine geringfügige Veränderung notwendig, um diese heikle Balance endgültig zu verlagern. Sollte dieses passieren, würden wir bald bedeutende Gebäude sehen, die nicht mehr als das Ergebnis individuellen Entwerfens anzusehen sind, sondern quasi als Industrieprodukte - wie neue Autos und neue Computer. Abgesehen von dieser Verdrängung durch anonymer werdende Entwurfs- und Bauabläufe gibt es noch andere Bedrohungen, die dem Status des freien Architekten gefährlich werden können. Der Einzug der Computer-Technologie in die Architektur büros gefährdet nicht nur die Existenzgrundlage vieler Architekten, schlimmer: Die (Architekten-)Fachsprache selbst wird in zunehmendem Maße von der ComputerIndustrie verwandt - und zwar so sehr, daß es durchaus denkbar ist, das Wort „Architektur“ in Wörterbüchern des 21. Jahrhunderts unter dem Stichwort „Computer“ subsumiert zu finden. In diesem Zusammenhang sollten wir die Prognosen, die 1985 von Mc Graw Hill dem TechnologieAusschuß des Kongresses der Vereinigten Staaten vorgetragen wurden, sorgfältig betrachten. Mc Graw Hill sagte voraus, daß die CAD-Entwicklung und die Kosten ermittlung und Ausschreibung mit Computerhilfe im Jahr 2000 das Tätigkeitsfeld von 80% der 80 000 praktizierenden Architekten in den Vereinigten Staaten ganz gravierend verändert haben werde. Auch werden „Einmannbüros“,die im Bereich Low-Tech oder Community Architecture arbeiten, also fast ausschließlich von kostengünstigem Wohnungsbau oder innerstädtischen Sanierungsobjekten leben, einem ähnlich be-denklichen Schicksal nicht entrinnen können. Zugunsten des weniger strittigen Begriffes „Kooperatives Bauen“ bereits des Namens Architektur beraubt, steht Low-Tech gleichsam für Deprofessionalisierung. Diese Tendenz zum „Jeder-kann-Mitmachen“ ist schwerwiegender und ernster zu nehmen als im Gegensatz dazu die Berufung so manchen Vertreters der Postmoderne oder des High-Tech auf einen Entwurfslehrstuhl. Low-TechArchitektur steht und fällt mit der Beteiligung des Nutzers am Entwurfs- und (Selbst)Bauprozeß. Beides schränkt die erlernte und übliche Arbeitsweise des Architekten ein. Die Entwicklung hin zum Massenprodukt für den Baumarkt hat schon viele Handwerksberufe ihrer eigentlichen Handfertigkeiten beraubt und wird schnell eine Situation erzeugen, in der die von der Gemeinschaft benötigten architektonischen Fähigkeiten gegenüber der Forderung nach Unterstützung in Genehmigungs- und Bauabwicklungsfragen völlig ins Hintertreffen geraten. Folglich ist auch kaum anzunehmen, daß dabei in technischer Hinsicht innovative Ergebnisse zu erwarten sind. In die Architekturgeschichte wird das Kooperative Bauen wohl kaum als Architektur eingehen. Zusätzlich zu dem Risiko der Einverleibung, das die führenden Vertreter der postmodernen Architektur bedroht, steht sie einer einzigartigen Gefahr ganz anderer Art gegenüber. In Ermangelung konstruktivräumlicher Ehrlichkeit, wie sie der HighTech-Architektur mit ihrer funktionalen James Stirling, geboren 1926 in Glasgow Ausbildung an der Liverpool School of Architecture und der University of London. Pritzkerpreisträger 1981. Bekanntestes Projekt: Staatsgalerie in Stuttgart (1984). 23 Logik zu eigen ist, wird eine Architektur aus historischen Zitaten und witzigen historischen Anspielungen sehr schnell zur bloßen Oberfläche. Eine postmoderne Fassade kann ein technisch hoch entwickeltes Interieur enthalten - so wie beim 1982 von Terry Farrell umgebauten Tvam- Gebäude; oder bei dem jüngsten Projekt von James Stirling (auf einem Teil des früheren Mansion House Square, einem Platz in der City von London) mit seiner papierdünnen Verkleidung aus Stein und seinen kulissenartigen (Bossen-) Rundbögen. Doch die Postmoderne hat keine ihr eigene Bauform oder Bauweise. Sofern ihre trickreichen Fassaden nicht bloß als Hüllen für funktionale Räume im Innen -bereich benutzt werden, wird entweder die Benutzbarkeit beschnitten, oder die Postmoderne beschränkt sich auf „vornnachindustrielle“ Gebäudetypen wie z. B. Wohnhäuser, Galerien und Museen. Gerade wegen dieses Mangels an Substanz würde auch der enthusiastischste Besucher der Stuttgarter Staatsgalerie zugeben, daß der spielerische Effekt von Stirlings riesigen rosafarbenen Knackwurst-Handläufen, den knallfarbenen Lüftungs- „Schnorcheln“ die an Jacques Tatis „Mon oncle“ erinnern, und die grünen Glasfassaden alle historischen Elemente des Gebäudes erdrücken. Das Gebäude ist weder alt noch neu, es ist ein Schwindel. Alle postmodernen Gebäude sind umgeben von dieser Aura der NichtEchtheit: Das erinnert an die Zweifel, die bei der Frage nach dem Ursprung manch teurer Gemälde auftauchen. Unglaubwürdigkeit ist der Grund dafür, daß der größte Feind der postmodernen Architektur in Großbritannien nicht die Zukunft, sondern die Vergangenheit ist. Nach einem Jahrzehnt des Kräftesammelns ist man nun - mit einer wachsenden Postmoderne-Flut nicht mehr damit zufrieden, in sonst moderne Gebäude Schrägdächer und historische Versatzstücke zu integrieren. Nun ist wieder das „absolut lich zu Selbsthilfe- oder Gemeinschaftsprojekten abgleitet und der Baumarkt immer mehr mit papierdünnem Postmodernismus für die „Puppenstubensanierung“ überschwemmt wird, ist - daran gemessen -vergleichsweise harmlos. Die Zukunft der Architektur als eine selbständige Disziplin im historischen Sinne obliegt den Erben der modernen Bewegung, die damit fortfahren, Materialien und Methoden ihrer jeweiligen Zeit der Baukunst anzupassen. Was ist dann die Wirkung ihres eigenen Beispiels? Bei Richard Rogers und Norman Foster wird die klare Sprache moderner Technologie nicht von vordergründigem Fassadendenken verstellt, In dieser schöpferischen Ehrlichkeit liegt im Grunde ihr ausschlaggebender Einfluß auf die Architektur der Zukunft. Aber auch in diesem Punkt gibt es sogar noch einen Unterschied im Werk der beiden Leute. Das Lloyds Gebäude von Richard Rogers ist ein technologischer Von Norman Fosters Hongkong and Shanghai Bank muß gesagt werden, daß in ihr all das erstklassig verwirklicht wurde, mit dem sich Richard Rogers kaum abgegeben hat. Die Bank ist das teuerste Gebäude unserer Zeit. Es ist viermal so teuer (aber dreimal so groß) wie das Lloyds Gebäude und vierzigmal so teuer wie die Staats -galerie. Aber es ist kein Bauwerk, das einen (Architektur-) Kritiker dazu verleiten könnte, zu fragen, wohin denn das Geld geflossen sei, oder aber spöttisch darauf hinzuweisen, wofür es ausgegeben wurde. Nämlich für das noch nie dagewesene, komplizierte und sorgfältig detaillierte System der Verkleidungen, das vom Architekten entwickelt wurde, um für die Innenräume einen Grad an Vollendung zu erreichen, den das Lloyds Gebäude einfach nicht hat. Im Gegenteil, wie jeder Besucher bestätigen wird, liegt die Lektion der Hongkong and Shanghai Bank gerade darin, daß alle derartigen Bauwerke im 21. Jahrhundert noch teurer werden und noch sorgfältiger detailliert sein müssen, als sie es jemals waren, wenn sie die Vollendung in Funktion und Innen -raumgestaltung erreichen sollen; denn das allein wäre eine Garantie dafür, daß der Architekt auch weiterhin als individuelle, kreative Kraft in der anonymer werdenden Welt von morgen agieren kann. In diesem Sinne war die Leistung Norman Fosters, der bei seinem Bau mit logistischen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, die kaum geringer gewesen sein dürften als die des Falkland - Feldzuges, und der zur Planung auch nicht mehr Zeit hatte, als für das Lloyds Gebäude benötigt wurde, dazu bestimmt, eines hervorzubringen - und zwar unabhängig vom Preis: ein prachtvoll und perfekt detailliertes Beispiel fortgeschrittener Technologie in der Architektur, welches in Präzision und Komplexität mit den edelsten Beispielen aus Automobil- und Raumfahrtdesign verglichen werden kann. „Kraftakt“, der unvermeidlich zum Inbegriff der globalen Finanzwirtschaft des 21. Jahrhunderts werden wird; so wie die dunklen, unmenschlichen Fabriken in Lancashire den Geist eines früheren industriellen Zeitalters heraufbeschwören. Kein Zweifel, Rogers hätte die „ Haut-und-Knochen- Architektur“ mit Stirlings Bossenmauerwerk und Rundbögen verschönern können. Kein Zweifel, er hätte das Lloyds Gebäude verschwenderisch in Auto-Design-Manier verkleiden können, er hätte es nach allen Regeln der Kunst ausstatten und mit kostbaren, benutzerfreundlichen Innenwandverkleidungen versehen können, wie es Norman Foster mit dermaßen hohen Kosten für die Hongkong Bank entwickelte, um sie menschengerechter zu gestalten - aber er tat es nicht. Das Werk Rogers´ ist inszenierte Ingenieurbaukunst mit dem Zweck, darin zu leben, eine Art von Bastelei des 21. Jahrhunderts, ausgeführt mit qualitativ hochwertigen und teuren Materialien. Die Ausstellung in der Royal Academy of Arts in London lockte in der Zeit vom 3. 10. bis 21. 12. 1986 mehr als 100 000 Besucher an. Eines der Ausstellungsstücke war eine Zukunftsvision von Richard Rogers unter dem Titel „London as it could be“. Es läßt sich nicht leugnen: Verglichen mit der Hongkong Bank wirkt das Lloyds Gebäude ungehobelt und die Staatsgalerie trivial. Norman Fosters Gebäude hat nur einen Fehler, nämlich in der entferntesten Ecke und zudem auf (politisch) unsicherem Boden zu stehen. Wenn es dort stünde, wo sich das neue Lloyds Hauptquartier heute befindet, könnte die Hongkong and Shanghai Bank mit vollem Recht für sich den Anspruch erheben, eines der drei großartigen Bauwerke des 20. Jahrhunderts zu sein. Einen noch größeren Einfluß auf die Architektur des 21. Jahrhunderts kann ein Gebäude schließlich gar nicht haben. ein Areal mit verborgenem architektonischem Witz hingegen ist es nicht. Dieses sind die wesentlichen Parameter, die auf die Architekturentwicklung der nächsten 15 Jahre einwirken werden. Für die High-Tech-Architektur wird der Kampf gegen die Anonymität des Planungsablaufs zum entscheidenden Anliegen werden, denn die Verdrängung des Architekten aus seiner federführenden Rolle hat längst begonnen. Daß Low-Tech-Architektur allmäh- Echte“ gefragt: Die wahre klassische (Revival-)Architektur aus den Musterbüchern des 18. Jahrhunderts wird (ab-)gezeichnet und mit traditionellen Materialien gebaut. Hinter dieser Forderung steckt die Berechnung der 6 Milliarden £ schweren TouristikIndustrie genauso wie das Herz der Romantiker. Für beide Tendenzen ist ein Disneyland mit „echten“ Georgian buildings, eingebettet in einen „Technologiepark“, eine gut zu verkaufende Ware; 24 Richard Rogers, geboren am 23. Juli 1933 in Florenz als Sohn englischer Eltern. Ausbildung an der Londoner Architectural Association und der Yale University of Architecture. Bekannteste Projekte: Centre Georges Pompidou (1978) zusammen mit Renzo Piano und Lloyd‘ s Bank (1986). Martin Pawley 25 Wallraf-RichartzMuseum/ Museum Ludwig, Köln Architekten: Peter Busmann, Godfrid Haberer, Köln Beleuchtungsplanung: Lichtdesign, Köln Was ist länger als der Kölner Dom, tiefer als der Rhein und zu groß für dessen Brücken? Die Antwort auf diese in Köln häufig gestellte Frage ist einfach, zumal für Kölner. Es ist das neue Wallraf-Richartz- Museum/Museum Ludwig. Neben Karneval, Kirche und Klüngel haben sich damit Kunst und Kultur in Köln endgültig etabliert. Der Neubau zwischen Dom und Strom markiert den vorläufigen Höhepunkt eines Jahrzehnts, das Deutschland durch eine Vielzahl von Museumsneubauten geprägt hat. International renommierte Architekten wie Hans Hollein, James Stirling und Richard Meier waren an dieser Entwicklung mit beteiligt. Es scheint der Baumassen des neuen Wallraf-Richartz- Museums an das Römisch-Germanische Museum und den Sockelbereich des Domes. Hierdurch wird in entscheidender Weise die Maßstäblichkeit in dieser Zone neu geschaffen. Eine weitere wirksame Konsequenz dieser Entscheidung ist ein beträchtlicher Freiraum zwischen neuem Museum und Rhein. Der verfügbare Stadtraum wird in zwei unterschiedlich ausgeprägte Bereiche gegliedert. Dadurch gewinnt der Verfasser ausreichende Möglichkeiten, sowohl dem Museum angemessene Freiräume zuzuordnen, als auch den Übergang zur offenen Rheinlandschaft zu gewinnen. Die Anordnung der Baumasse ist geschickt so gewählt, von „Kultur-Jogging“ sprechen; das gestiegene Angebot an Kunst und Kultur scheint den Bedürfnissen der Menschen gerade zur rechten Zeit zu kommen. Die Kommunen haben im Wettbewerb um Platz eins unter den Kulturstädten dieses Landes weder Kosten noch Mühen gescheut. Die Kölner städte an den Rhein vergeben worden. Zehn Jahre haben die Kölner dafür gebraucht und insgesamt wurden 530 Millionen DM dafür ausgegeben. Davon wurden 280 Millionen für die reinen Hochbaukosten und 32 Millionen für die Freianlage aufgewendet. Den Rest verschlangen städtebauliche industriellen Wertes zu den kostbarsten gehörte, der in deutschen Landen noch zu vergeben war. „Ein Ort, der städtebauliche Experimente oder architektonisch kurzlebige Moden scheut wie der Teufel das Weihwasser und irreparable Fehler nicht verzeiht.“ Von Beginn an hat das heute fast 2 000jährige Köln Frank Stella´s „Ctesiphon III“ und Richard Long´ s „A Crossing Place“, ein Kreuz aus Steinen auf dem hellbraunen Hirnholzpflaster aus amerikanischer Eiche, sind mit Leuchtstofflampen und ERCO Druckgußstrahlern beleuchtet. für zwei unbekannte Kölner Architekten: Peter Busmann, ein Schüler Egon Eiermanns, und Godfrid Haberer. Die Begründung für die Vergabe des 1. Preises an die beiden damals noch recht jungen Architekten ist einem Protokoll zu entnehmen: „Wesentliches Merkmal des Entwurfes ist ein mutiges Heranrücken daß sowohl Anschlüsse an die Altstadt wie auch an die Bahnhofsanlagen erreicht werden. Daraus ergibt sich außerdem als Vorteil eine niedrig gehaltene Mittelpartie, die den Durchblick zum Dom freihält. Da an dieser Stelle außerdem der Hauptzugang zur Bauanlage angeordnet ist, wird die Höhenentwicklung auch für die Orien- so, als sei der Besuch von Museen zur liebsten Freizeitbeschäftigung der Deutschen avanciert. In vielen Städten werden die Museen stärker besucht als die Fußballstadien. Vor allem fällt auf, daß der Großteil der Museumsbesucher junge Menschen unter 30 Jahren sind. Auch wenn Kritiker schon Gestaltungsmaßnahmen, Verlegung des Zentralomnibusbahnhofs, der neue Rheinufer tunnel, Sicherung der Hohenzollernbrücke und Maßnahmen zur Änderung der Nutzungsstruktur. Dafür bekamen die Auftraggeber 260 000 m³ umbauten Raum und 25000 m² Nutzfläche. Und das an einem Platz, der ungeachtet seines bringen nun mit ihrem neuen Museumskomplex ein neues Zugpferd in dieses Rennen, das vergleichbaren Plätzen wie Stuttgart, Frankfurt oder Düsseldorf zunächst wohl das Nachsehen gibt. Mit dem größten Museumsneubau der Bundesrepublik seit deren Gründung ist gleichzeitig Platz eins der Rangliste deutscher Kultur - 26 bewerbs im Jahre 1976 wohl einen Mittelweg gesucht hat. An dem Wettbewerb haben sich in- und ausländische Architekten beteiligt. 63 Entwürfe gingen ein. Unter den Teilnehmern so klangvolle Namen wie Oswald Mathias Ungers, Gottfried Böhm und James Stirling. Die Jury entschied sich aber nicht für die Arrivierten, sondern sein Zentrum in dem Bereich gehabt, den heute Dom, Rathaus, Heumarkt und Rhein abstecken. Hier dokumentiert sich gleichsam der „ewige Grundriß,“ dieser Stadt. Im letzten Weltkrieg wurde gerade dieses Zentrum bis zur Unkenntlichkeit zerstört. 95 % aller Bauten versanken in Trümmern. Nach und nach hat man alles wieder aufgebaut. Dabei war die alte Streitfrage wieder entbrannt, ob der Dom frei wie eine Skulptur stehen müsse oder ob die Grundstücke rund um den Dom wie im Mittelalter dicht bebaut werden sollten. Wer die heutige Lösung in Augenschein nimmt, wird sie eher „mittelalterlich“ finden, auch wenn die Jury des Wett- 27 Die Realisierung dieses ehrgeizigen Pro jektes war mit technischen Schwierigkeiten nur so gespickt. Nebenan der Kölner Hauptbahnhof und die Hohenzollernbrücke, über die alle zwei Minuten ein Zug rollt. Der Plan der Architekten sah vor, die Rampe der im Krieg zerstörten Straßen -brücke abzutragen. Dies machte eine neue Abstützung des Bahndammes erforderlich. Dazu kam die vielbefahrene Rheinuferstraße, die jetzt in einem Tunnel schräg durch die Brückenpfeiler hindurch verläuft. Da sich die Sohle des neuen Bauwerks drei Meter unter dem Wasserspiegel des Rheins befindet, mußte eine verankerte Betonwanne gebaut werden, damit das Grundwasser das Gebäude nicht auftreibt. Das Ergebnis, am 9. September 1986 feierlich seiner Bestimmung übergeben, sehe von weit oben aus, „als sei gerade eine Schafherde dem Dom entlaufen und renne in zwei unterschiedlich großen Das künstlerische Schaffen Pablo Picassos ist im Museum Ludwig durch Werke, die er zwischen 1901 und 1970 schuf breit dokumentiert. tierbarkeit zum Vorteil. Der Besucher nimmt das Bild des Bauwerks mit in den Eingangsbereich und kann sich von dort aus auch im Inneren gut zurechtfinden.“ Noch im selben Jahr - 1976 - erhielten Busmann und Haberer den Auftrag, das mächtige Bauwerk zu entwerfen. Von Anfang an war klar, daß es ein besonderes Bauwerk werden würde, keines wie die anderen. Was dort zwischen Dom und Rhein Gestalt annehmen sollte, muß sich In der Museumspädagogik wird die Tradition des alten Wallraf-Richartz- Museums fortgeführt. Die von Markus Lüpertz 1985 geschaffene Bronzeplastik „Titan“ ist in der Eingangshalle zu sehen. auch übermorgen noch sehen lassen können. Auf keinen Fall durfte das Gebäude dem Dom architektonisch zu nahe treten und sollte dennoch Würde ausstrahlen. Es ging aber nicht nur um Gebäudearchitektur, sondern um Städtebau, denn durch den neuen Museumskomplex sollte ein Verbindungsglied zwischen Dom, Altstadt und Rhein, öffentlichem Straßennetz und Fußgängerzone geschaffen werden. Führungen und Galeriegespräche werden für Schulklassen, Erwachsenengruppen und Weiterbildungsinstitute angeboten. Für Senioren und Kinder finden regelmäßig offene Führungen statt. 28 „Der Bahnhof von Perpignan“ ist ein Spätwerk von Salvador Dali Er schuf es 1965 auf einer Leinwand von 295x 406 cm. 29 Gruppen den Hügel hinab zur Tränke: zum Rhein“, verglich Mathias Schreiber in der FAZ. Gemeint sind damit die keilförmigen Gebäudegruppen, die mit grauem Titan-Zinkblech überzogen sind und ihren Haupt effekt den abgerundeten Shed- Dächern mit den schrägen Fensterbändern verdanken. Die Shed- Dächer liegen parallel zur OstWest-Orientierung des Domes und verwandeln das riesige Dachareal in eine Landschaft aus Licht und Schatten. Die Dächerfolge ist identisch mit der Raumgliederung im Inneren. An der West -seite des Museums gibt es Glaswände, die den Blick auf den Dom freigeben und ihn sozusagen in die Ausstellung mit einbeziehen. Unter den Sheds, also vor allem im Trakt des Museums Ludwig, fließt mildes Nordlicht auf die Wände. In den Tageslichträumen der Museen muß dem Licht in seiner Stärke, Richtung und Stimmung sowie seiner Gleichmäßig- Das Konzept der Museumspädagogen bezieht auch Kinder mit ein. Aber Kunst kann nicht nur ein Genuß, sondern auch anstrengend und ermüdend ob der Fülle der Eindrücke sein. Nicht nur für Kinder. auf Ausstellungsflächen können zusätzlich durch Sonnenschutzrollos korrigiert und in besucherfreien Zeiten gemindert werden. Trotz der einseitigen Lichtführung in den Oberlichträumen zeigen die Wände durch die lichtstreuende Wirkung der runden Gegensheds eine Helligkeitsdifferenz von nicht mehr als 1:2 und eine Licht -stimmung, die dem Tageslichtverlauf entspricht und in seiner Gleichmäßigkeit das Auge angenehm berührt. Entsprechend dem Tageslicht hat das Kunstlicht sowohl im Museums- wie im Konzertsaalbereich gleiche hohe Bedeutung. In den Shed-Tageslicht- Räumen wurde eine Leuchtstoffleiste mit 4 Leuchtstofflampen 36 W auf jeder Glassprosse so angeordnet, daß es dem natürlichen Lichteinfall entspricht und die Lichtführung bei natürlichem und künstlichem Licht gleich bleibt. Die Kunstlichträume der Museen erhielten 3 Beleuchtungsanlagen, die getrennt oder sich ergänzend geschaltet werden können. Umlaufende Wallwasherwannen mit Leuchtstofflampen und zwischenliegenden Halogen-Einzelleuchtkörpern leuchten die Wände aus. Eine mittenliegende LichtRasterdecke schafft eine indirekte Beleuchtung zur Veränderung des Lichtes und Vermeidung von Rahmenschatten. Zusätzlich umlaufende Stromschienen zur Aufnahme von Einzelstrahlern können einzelne Kunstwerke besonders hervorheben. Insgesamt machen die Räume einen praktischen und kunstfreundlichen Eindruck. Von den drei Ausstellungsebenen hält das Museum Ludwig mit seiner Kunst des 20. Jahrhunderts die oberste und unterste besetzt, was zwei Drittel der gesamten Ausstellungsfläche des Doppelmuseums von 10 000 m² ausmacht. Dazwischen liegt das Wallraf-Richartz- Museum mit seinen alten Beständen. 1 500 Kunstwerke aus 8 Jahrhunderten können besichtigt werden, nicht gerechnet das Foto-Historama und die regelmäßigen Sonderausstellungen. Aber nicht nur den Augen, auch den Ohren wird einiges geboten. Unter dem Museumsplatz, den der israelische Bildhauer Dani Karavan entworfen hat, befindet sich ein Konzertsaal, der etwa ein Drittel des umbauten Raumes beansprucht. Er beherbergt die Kölner Philharmonie, bietet Platz für 2000 Besucher und ist dem griechischen Amphitheater von Epidaurus nachempfunden. Die Architekten, die beide selbst ein Instrument spielen, beschreiben ihre Konzeption: „Am Anfang stand unsere Idee, die einmalige Chance zu nutzen, bildende Kunst und Musik zueinander in Beziehung zu setzen: Dem im Wettbewerbsprogramm ausgewiesenen ‚Mehrzwecksaal‘ der Museen gaben wir den eindeutigen Charakter eines Konzertsaales, wo die Menschen um ein Geschehen, das sie interessiert, selbst einen Raum bilden.“ Physiker und Musiker sind übrigens mit der Akustik und dem ästhetischen Raumklima sehr zufrieden. Abgerundet wird das Angebot an die Besucher durch Cafeteria, Bücherei, Lesesaal in der Bibliothek, Cinemathek als Filmvorführungs- und Vortragssaal sowie Kreativräume für die Museumspädagogik. Was die Kölner von ihrem neuen Museum halten, war schon am ersten Wochenende klar. Mehr als 40 000 Besucher drängelten sich an zwei Tagen durch die Gänge und ließen die Planzahlen der Museumsdirektoren realistisch erscheinen, die mit 2 Millionen Besuchern pro Jahr rechnen. Die Frage, ob die Stadt mit dem Doppelmuseum einen großen architektonischen Wurf getan oder sich einen ästhetischen Mißgriff geleistet hat, ist für Peter Ludwig, Stifter und Namensgeber in Personalunion, klar beantwortet: „Ein Bauwerk, das eine großartige Mitte zwischen Demut und Stolz hält.“ Und auch Mathias Schreiber von der FAZ ist zufrieden: „Köln hat ein gediegenes, in vieler Hinsicht schönes Museum hinzugewonnen. Mit seinen städtebaulichen, museumsphilosophischen und architektonischen Widersprüchen läßt sich wohl leben. Die Rheinländer werden es benutzen und seine Schwächen durch ihre angestammte Heiterkeit überstrahlen.“ Ob es denn gar ein Jahrhundertwerk wie der Dom geworden ist, darüber wird unsere Nachwelt urteilen. keit für die Ausstellung der Kunstwerke ein hoher Rang eingeräumt werden. Alles Tageslicht der Museumsräume fällt von schräg oben, durch nach Norden gerichtete Sheds oder durch senkrechte Nordverglasung, ein. Zu bestimmten Jahreszeiten mögliche seitliche Sonneneinstrahlungen im Shedbereich werden durch außenliegende Blechlamellen vermieden, UVStrahlungen durch im Glas eingebaute Klarsichtfolien gefiltert. Die Lichtstärken 30 31 Georg Büchner Darmstadt, Mathildenhöhe -Juli bis Oktober 1987: Anläßlich des 150.Todestages von Georg Büchner bereitet die Georg Büchner Ausstellungsgesellschaft - im Frühjahr 1986 ins Leben gerufen - eine Ausstellung vor, die umfassend Leben, Werk und Zeit Büchners dokumentieren soll. Auf Spurensuche begibt sich seine Heimatstadt, in der es dem Literaten selbst oft zu dunkel und nebulös war.,,, Isch bin ein armer Schuster, mein Lämbsche brennt so duster‘, soll er der Familienüberlieferung nach gern gesungen haben.“ Gemeint ist etwas anderes. In einer Zeit, die gekennzeichnet war von Fürstenherrschaft, Bauernelend und Kleinstaaterei, nahm Georg Büchner an den politischen Kämpfen in Hessen teil, schrieb die sozialistische Flugzeitschrift „Der hessische Landbote“, betätigte sich als „Sozialrevolutionär“ unter dem Motto „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“ und floh 1835 nach Straßburg und Zürich. Seine Werke „Dantons Tod“ und „Woyzeck“ lassen den nur 23 Jahre alt gewordenen Georg Büchner auch heute nicht in Vergessenheit geraten. Schlußlichter Mies van der Rohe Er entwickelte neue Bauformen von äußerster Einfachheit und harmonischer Klarheit. Stahl und Glas waren sein Metier: Ludwig Mies van der Rohe, der am 27. 3. 1986 seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. Für ihn selbst war die Baukunst „...immer eine ernste Sache. Man hat die Epochen danach benannt, und so wird es bleiben.“ Seinen Mut, die Welt (zumindest architektonisch) zu verändern, als Direktor des Bauhauses in Dessau (1929-1933), als Leiter der Architektur abteilung der Technischen Hochschule in Chicago (seit 1938), kommentierte er selbst mit den Worten: „Keine Hoffnung zu brauchen, um anzufangen, und keinen Erfolg zu brauchen, um auszuharren, das sollte eigentlich das Leitmotiv sein.“ Ein Leitmotiv, das sein Leben bestimmte, weit über die Baukunst hinaus. Innen nach außen gekehrt Weltfirmen und mittelständische Unternehmen lassen ihre Produktionsanlagen und Verwaltungsgebäude in zunehmendem Maße von renommierten Architekten entwerfen, als Teil der Corporate-Design Strategie des Unternehmens. So erhielt das Ersatzteil- und Reparaturzentrum der Renault-Werke im englischen Swindon den 1986 erstmals verliehenen „constructaIndustriebaupreis“. Die Entwurfskonzeption dieses Markenzeichens — die nach außen verlegte Stahlseilkonstruktion, die materialsparend geformten Stahlstützen und der nachvollziehbare Kräfteverlauf der Konstruktion - reflektiert den „Geist der Produktion“, „die technische Intelligenz des dort repräsentierten Produkts Automobil“. Der französische Architekt Auguste Perret definierte einst die Konstruktion als „das Unterbewußtsein der Architektur“. Ins Bewußtsein gerückt, ist die Konstruktion im modernen Industriebau das bevor- Eclipse Auch bei dem neuen Niedervolt-Strahlerprogramm Eclipse (Design Mario Bellini) steht der Gedanke im Vordergrund, komplette Produktsysteme anstelle von Einzelprodukten zu entwickeln. Mit dem EclipseStrahler ist auch der Nichtfachmann in der Lage, mit dem Licht als Gestaltungsmittel kreativ umzugehen und so zu individuellen Problemlösungen zu kommen. 32 Schwere Last Der Spengler wandert durch die Lande und bietet seine Waren feil. Er trägt ein Kostüm aus den Produkten, die er herstellt; Lampen, verschiedene Gefäße, allerlei Zeug. Was heute mehreren Berufsgruppen Arbeit gibt, war früher ein „Ein-MannBetrieb“: Lampenzugte gestalterische Element und stellt eine besondere Herausforderung an den Architekten dar. Am Anfang war das Feuer ...mit ihm kam das Licht als nützlicher Nebeneffekt. Was Zeus angerichtet hätte, hätte Prometheus ihm nicht das Feuer gestohlen, ist undenkbar. In der prähisto rischen Zeit, in der sich der Wandel vom Heidelbergmenschen zum Homo sapiens vollzog, war das Feuer die einzige Möglichkeit, Licht zu produzieren, obwohl es in erster Linie zur Wärmeerzeugung gebraucht wurde. Lampen als solche waren noch völlig unbekannt und auch unwichtig. Grundlegende existentielle Bedürfnisse standen im Vordergrund. Obwohl es heute an hochentwickelten Leuchtkörpern und ökonomisch ausgereiften Leuchtmitteln nicht mangelt, bleibt das lodernde Feuer im Kamin immer noch aktuell und gibt so manch langem Winterabend die gemütliche und warme Atmosphäre. Jede zweite elektrische Leuchte hat Sicherheitsmängel Daß die Sicherheitsbestimmungen des VDE, der skandinavischen Prüfstellen, der Schweizer, Belgier oder Holländer eingehalten werden, ist bei ERCO selbstverständlich. Alle Leuchten, Leuchtenkomponenten, elektrischen Systeme und ihre Teile tragen das VDE-Zeichen, soweit entsprechende Bestimmungen existieren. Daß dem nicht immer so ist, beweisen Meldungen, die mit Überschriften wie „Jede zweite elektrische Leuchte hat Sicherheitsmängel“, „Gefährliche Leuchten auf Möbelmesse“ und „Gewerbeaufsicht ging ein Licht auf“ durch die Presse liefen. In Rheinland-Pfalz wiesen bei Kontrollen der Gewerbeaufsicht 174 von 330 überprüften Leuchten sicherheitstechnische Mängel auf. In Nordrhein-Westfalen fanden Beamte „erschreckend viele“ Leuchten mit zum Teil lebensgefährlichen Sicherheitsmängeln. Unzureichende Isolierung, fehlende Schutzleiter und keine Zugentlastung für die elektrische Anschlußleitung waren die häufigsten Fehlerquellen. herstellung und Eisenwarenhandlung unter einem Dach. Von diesen einfachen Tischlampenformen, bei denen schon eine dekorative Komponente zu erkennen ist, bis hin zu der Beleuchtung, wie wir sie heute als selbstverständlich ansehen, ist es noch ein langer Weg. Euroshop Vom 21-25. Februar 1987 fand auf dem Düsseldorfer Messegelände die Euroshop ‘87, die weltgrößte Fachmesse für Ladenbau und Schaufensterwerbung, statt. Auf fast 100 000 m2 demonstrierten internationale Unternehmen marktbestimmende Trends für Handel und Marketing. Alles, was für die Einrichtung, verkaufsfördernde Gestaltung und funktionelle Organisation von Geschäften erforderlich ist, Leuchtturm Leuchttürme gab es bereits in der Antike. Berühmt war der von Pharos, vor dem Hafen von Alexandria, der schon 279 v. Chr. die stattliche Höhe von 50 Metern erreichte. An Küsten, auf Inseln, Untiefen, über Felsen und im Wasser stehend, blieben sie seit über 2000 Jahren als weithin sichtbare Seezeichen für die Schiffahrt unentbehrlich, bis heute einen Hauch von Seefahrer-Romantik bewahrend. Ebenso lange sorgten Menschen dafür, daß das Feuer auf den Türmen nicht verlöschte. In Deutschland allerdings ist das jetzt vorbei. Eine ganze Reihe von Apparaturen, Computern, Bildschirmen, Steuer- und Aufzeichnungsgeräten haben die Leuchtturmwärter ersetzt. Auch die Arbeit von Ferdinand Denzien (57), Deutschlands letztem Leuchtturmwärter, verrichtet jetzt ein Automat. Am 30. September 1986 war sein letzter Arbeitstag - da stieg er zum letztenmal die 52 Stufen zu seinem ArNeonlicht Sobald die Dämmerung Einzug hält und den Tag in die Nacht zu verwandeln sucht, erstreckt sich ein buntes Lichterspektakel über unsere Einkaufsstraßen. Neonröhren setzt man vorwiegend in der Werbebeleuchtung ein. An Plätzen der Unterhaltung und Kommunikation werden mehrfarbige Neonröhren als dekorative und beleuchtende Elemente plaziert. Die für die 50er Jahre so typischen Milchbars mit weiß gekachelten Wänden, beleuchtet mit Leuchtstofflampen und Neonröhren zur Dekoration, eine kühle Atmosphäre erzeugend, stoßen auch heute wieder auf Interesse. beitsplatz am Klintbarg über der Eckernförder Bucht hinauf. Ein historischer Tag für die historische Küste. „Kunst mit Licht“ Exponate bekannter Künstler wie z. B. Henry Moore, Ernst Barlach und Terry Haas, wurden vom 12. Januar 1987 im Bochumer Stadtwerkehaus präsentiert. Bei der Ausstellung „Kunst mit Licht“ die bis zum 13. März 1987 zu besichtigen war, handelt es sich um eine Gemeinschaftsaktion mit dem Museum Bochum, den Stadtwerken Bochum und ERCO. Zusätzlich zur Beleuchtung der Kunstwerke, hauptsächlich Bronzeplastiken, Stein -skulpturen, Arbeiten aus Holz, Metall, Plexiglas und verschiedenen Kunststoffen, befindet sich im großen Schaufenster des Stadtwerkehauses eine Selbstdarstellung des Unternehmens. Im Jahr 1972 stellten die Stadtwerke Bochum zusammen mit dem Museum die erste gemeinschaftliche Kunstausstellung vor. Der Tradition treu bleibend, sollen in Zukunft jährlich Ausstellungen dieser Art der Öffentlichkeit gezeigt werden. Designer‘ s Saturday In diesem Jahr beteiligt sich auch ERCO am Designer‘ s Saturday, der am 16. und 17. 10. 1987 in Düsseldorf stattfindet. Zuerst nur in New York und London, später in Amsterdam und Paris, seit 1985 auch in Deutschland, öffnen bedeutende Einrich- stand im Mittelpunkt dieser Messe. ERCO präsentierte auf seinem Messestand Beleuchtung für Verkaufsräume und Schaufenster. Beleuchtung, die dazu beiträgt, Verkaufsräume zu Schauplätzen visueller Faszination, Kommunikation und Begegnung zu machen. Beleuchtung, die Schaufenster zu kleinen Bühnen werden läßt, die auf den Passanten wie optische Magnete wirken. tungshäuser und Hersteller von Wohn- und Büroeinrichtungen ihre Pforten, um Architekten, Innenarchitekten, Designer, Studenten und anderweitig Interessierte über ihre Produkte zu informieren. Ein vielfältiges Rahmenprogramm sorgt für eine ungezwungene Atmosphäre auf einer Veranstaltung, die neben sachlicher Information auch die Möglichkeit zum Gedankenaustausch und zur Kontaktpflege bietet. 33 Nachtzeit in Lissabon. Melancholisch wie die Lieder Portugals ist die Stimmung in den Straßen, auf den Plätzen, in den Parks. E ERCO Leuchten GmbH Postfach 2460 D-5880 Lüdenscheid Telefon 02351/551-0 Telefax 02351/551300 Telex 826722-0 Teletex 235132