2. Au g fla e 20 11 s Mu Ha lim i nn en Na un d nd Mu s rei c ch h un bar Is l a m te r e g i s n für S li m e in chulen und Interes echta u de V n La u r g, b ndkreis n e i en Diepholz, N e d r e dV n Inhalt A. Einige Grundbegriffe zum Verständnis des Islam________________________________ 3 B. Das Leben des Propheten Muhammad _______ 5 C. Wie wird man Muslim? ____________________ 6 D. Wo leben die Muslime? ___________________ 6 D.1. Einige Besonderheiten hinsichtlich der Muslime in Europa und in Deutschland_____________ 7 E. Die Glaubensrichtungen im Islam und die Unterschiede unter Muslimen________ 8 E.1. Sunniten__________________________________ 8 E.2. Schiiten__________________________________ 8 E.3. Aleviten__________________________________ 9 E.4. Ahmadiyya-Bewegung_ ____________________ 11 F. Die fünf Grundsäulen des Islam____________ 12 F.1. Das Glaubensbekenntnis____________________ 12 F.2. Fünf Gebete täglich________________________ 12 F.2.1. Der Gebetsablauf________________________ 12 F.2.2. Moscheen______________________________ 12 F.2.3. Worauf muss man beim Besuch einer Moschee achten?_ ____________________________ 14 F.2.4. Was wird in den Moscheen angeboten?______ 14 F.3. Fasten im Monat Ramadan__________________ 15 F.4. Pilgerfahrt_______________________________ 18 F.5. Zakatsteuer und Almosen___________________ 18 G. Das islamische Glaubensbekenntnis und die Glaubensgrundlagen _ ____________ 19 G.1. Ein kurzer Abriss zu häufig diskutierten Punkten in der Öffentlichkeit____________________ 19 G.1.1. Bedeckung - Kopftuch_ ___________________ 19 G.1.2. Essensverbote im Islam___________________ 19 G.1.3. Befreiung von Sport- bzw. Schwimmunterricht_ __________________________ 20 G.1.4. Teilnahme muslimischer Mädchen an Klassenfahrten_______________________________ 20 G.1.5. Sexualität im Koran______________________ 20 H. Islam und Christentum____________________ 21 I. Religiöse Feiertage im Islam_______________ 23 J. Sterben und Tod im Koran________________ 24 K. Islamische Dachverbände, deren Vertretungen und die Muslime_____________ 26 K.1. Moscheen und Gebteshäuser im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen und Städten_ ________________________________ 26 K.1.2. Türkisch–Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB) _ ______________________ 27 K.1.3. Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG)_ ___________________________ 27 K.1.4. Der Verband der islamischen Kulturzentren (VIKZ)_ _________________________ 28 K.1.5. Avrupa Demokratik Ülkücü Dernekleri Federasyonu (Föderation der TürkischDemokratischen Idealisten-Ver­­eine Europa) und Union der Türkisch–Islamischen Kulturvereine in Europa e.V. (ATIB)_ _________________________ 28 K.1.6. Föderation der Aleviten Gemeinden in Europa e.V.__________________________________ 29 K.1.7. Zentralrat der Muslime_ __________________ 29 K.1.8. Fethullah-Gülen- Bewegung/Nurculuk_ ______ 30 K.1.9. Warum die unorgansierten Muslime gegen einige dieser Dachverbände sind?_ _________ 30 L. Einige Beispiele aus dem Alltagsleben von Muslimen in Ländern mit muslimischer Mehrheit_ __________________ 31 Literaturangaben____________________________ 35 Seit mehreren Jahrzehnten ist Deutschland dabei eine multireligiöse Gesellschaft zu werden. Auch unser Landkreis Diepholz und die benachbarten Landkreise wie Nienburg, Vechta, Verden sind aufgrund der Migrations- und Fluchtbewegungen multikulturelle und multireligiöse Regionen, auch wenn manche damit ihre Probleme haben. Das Zusammenleben unter Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen ist nicht einfach. Es gibt immer wieder Vorbehalte und Irriationen von Einheimischen und Migranten hinsichtlich des Zusammenlebens in den Gemeinden und Städten der genannten benachbarten Landkreise. Bei vielen Einheimischen fehlen Kenntnisse darüber, dass die Muslime sowohl aufgrund der verstärkten Anwerbung als GastarbeiterInnen als auch als Flüchtlinge in die Landkreise gekommen sind, und dass darüber hinaus auch bei uns leider die Wahrnehmung der Muslime bzw. des Islams durch eine Berichterstattung in der Öffentlichkeit getrübt ist, da diese von negativen Schlagzeilen über Ereignisse wie beispielsweise den 11. September, der Talibankämpfe, die Iranproblematik, der Nahostkonflikt, den Ehrenmorden, der Zwangsheirat, die Unterdrückung von Frauen, den Djihat etc. begleitet werden. Leider stehen viele Einheimische im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen dem Islam und den Muslimen mit Vorurteilen und Ablehnung gegenüber. Von den Muslimen wird immer wieder erwartet, die christlich oder säkular geprägte deutsche Gesellschaft in den Landkreisen zu akzeptieren, als ob Warum diese Broschüre? dies bei Muslimen nicht der Fall sei. So wissen viele Einheimische nicht, dass über 90 % der Muslime hier im Landkreis Diepholz und in den anderen benachbarten Landkreisen sich weder mit dem politischen (organisierten) Islam hierzulande noch in ihren eigenen Ländern identifizieren. Um gegen solche Defizite vorzugehen und Multikulturalität und Mulitreligiosität zu fördern, organisieren wir seit Jahren interkulturelle und interreligiöse Veranstaltungen, Filmabende, gemeinsame Fastenbrechenabende auf Landkreisebene, gehen mit muslimischen Frauen in Schulen, klären SchülerInnen auf, besuchen mit Schulklassen zusammen Moscheen. Weil wir bei all unseren Aktivitäten gemerkt haben, dass bei vielen Einheimischen im Landkreis, aber auch in den benachbarten Landkreisen, leider keine oder nur geringe Kenntnisse über den Islam und die Muslime vorhanden sind, haben wir das Ziel, zumindest einen Überblick über die in der Öffentlichkeit am meisten diskutierten Themen zu geben. Auch viele SchülerInnen aus den allgemeinbildenden Schulen wissen nicht, dass Vieles, was über den Islam und die Muslime berichtet wird, in Wirklichkeit nicht mit dem Koran zu begründen ist, das dennoch häufig gemacht wird. Unser Ziel ist es deshalb auch, mit der Broschüre den Dialog zu fördern, um den fanatischen, extremistischen und fundamentalistischen Einstellungen von Muslimen und Nichtmuslimen auch bei uns im Landkreis Diepholz und in den anderen benachbarten Landkreisen - ihre Legitimation zu entreißen. Denn auch die islamische Welt ist heterogen und die Ausübung der Religion unter den Muslimen sehr vielfältig, „unsere“ Muslime im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen stammen aus unterschiedlichen Kulturkreisen, pflegen unterschiedliche Traditionen und sprechen verschiedene Sprachen. Zum Schluss möchten wir noch darauf aufmerksam machen, dass wir auch in dieser zweiten erweiterten Auflage dieser Broschüre keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Darin haben wir vor allem die Äußerungen bzw. Wünsche der in den Landkreisen Diepholz, Nienburg, Vechta und Verden lebenden Muslime aufgenommen. Aber auch von unseren deutschen KollegInnen und LeserInnen, die uns wegen unserer Broschüre sehr lobten, erhielten wir Ergänzungshinweise, die wir ebenfalls mit berücksichtigt haben. All das, was wir eventuell versäumt haben einzubeziehen, werden wir in zukünftigen Ausgaben nachholen. Rahmi Tuncer Diplom Sozialwissenschaftler Pro Asyl im Landkreis Diepholz Integrations- und Migrationsberater für erwachsene Zuwanderer Stand: Dezember 2011 1 2 A. Einige Grundbegriffe zum Verständnis des Islam ISLAM bedeutet die Hingabe zu Allah (Gott), heißt aber auch Frieden und Rettung. Allah hat alles - Himmel, Erde, Menschen - erschaffen. Im Islam gibt es keinen Papst, keinen Bischof oder Pfarrer wie im Christentum. Es gibt religiöse Menschen, auf die man hört wie der Imam, Ayatullah, Molla, Mufti sowie ein „ältester“ Herr bzw. eine „älteste“ Dame (meist für Frauen). In den Landkreisen Diepholz, Nienburg, Vechta und Verden benutzt man fast in allen Moscheen bzw. Gebetsräumen die Bezeichnung „Imam“. Imame leiten Gebete, predigen und geben den Moscheemitgliedern und ihren Familienangehörigen in manchen religiösen Angelegenheiten Weisungen auf den Weg mit. Das gemeinsame Gebet mit dem Imam findet meistens freitags und an Wochenenden, zum Fasten- und Opferfest sowie anlässlich anderer religiöser Tage statt. Es sind ganz wenige Menschen - auch bei uns im Landkreis Diepholz und den benachbarten Landkreisen - die jeden Tag zu den Gebetszeiten in die Moscheen bzw. Gebetshäuser gehen. Ein MUSLIM ist jemand, der so lebt, wie Allah es wünscht; ein Mensch, der sich Gott in freiwilligem Gehorsam hingibt, ein Mensch, der freiwillig in den Frieden und das Heil Allahs eingetreten ist. Der KORAN ist das Heilige Buch der Muslime und wird von ihnen als „Wort Gottes“ bezeichnet. Muhammads Offenbarungen sind in 114 einzelnen Kapiteln, den sogenannten SUREN geschrieben. Alles, was im Koran steht, wurde von Erzengel Gabriel Wort für Wort auf Arabisch dem Propheten Muhammad übermittelt. Deshalb ist jedes Wort heilig und darf nach Meinung der strenggläubigen Muslime (hierbei sind Fundamentalisten gemeint) nicht verändert werden, so heißt es. Die Offenbarung des Korans an Muhammad geschah nicht auf einmal, sondern erstreckte sich über eine Zeitspanne von mehr als 20 Jahren. Der Koran gilt für Muslime als Gottes reines, ewiges, unveränderliches Wort und wurde nach dem Tod Muhammads verfasst. Der Koran ist die Hauptquelle für den Glauben und die Lebenspraxis eines jeden Muslimen. Er handelt von allem, was den Menschen betrifft: Weissheit, Glauben, Anbetung etc. Muslime gehen mit dem Koran sehr ehrfürchtig um. Sie legen ihn z.B. nie auf den Boden. Die SUNNA ist, nach dem Koran, die zweite Erkenntnisqulle des Islam. Das arabische Wort Sunna bedeutet „gewohnte Handlungsweise, Brauch, der Weg, den man beschreitet, Lebensführung“. In der islamischen Terminologie versteht man darunter primär die Handlungsweise, das Vorbild des Propheten, dem der gläubige Muslim nacheifern soll, um die Gnade Gottes und das Heil zu erlangen. Die Sunna des Propheten, seine Lebenspraxis, gilt den Muslimen, gleich dem Koran, als zuverlässigste Quelle des religiösen Wissens. Deshalb wurden diese als HADITHE (wörtliche Überlieferungen des Propheten Muhammad) gesammelt und schriftlich festgehalten. Sie enthalten nicht das Wort Gottes, sondern das Wort des Propheten. Sie bilden neben dem Koran die wichtigste Grundlage des Islams. Mindestens sechs mehrbändige Sammlungen von Berichten (Hadithe) über die Taten und Aussprüche des Propheten Muhammads wurden bereits im 9. und 10. Jahrhundert zusammengestellt. Die darin gesammelten Überlieferungen gelten den Muslimen als echte und zuverlässige Berichte über das Tun und Handeln des Propheten Muhammad. Dabei ist an dieser Stelle auch erwähnenswert, dass es unter den Muslimen seit mehreren Jahrhunderten immer wieder verschiedene Interpretationen und Diskussionen über die Auslegung der Sunna und der Hadithe gibt. Die KAABA in MEKKA ist ein großes würfelförmiges Gebäude, das heute von einer sehr großen Moschee umbaut ist. Die Kaaba ist das Zentrum des Islams. Alle Muslime der Welt wenden sich zur Kaaba, wenn sie ihre Gebete verrichten. Jedes Jahr pilgern abertausende Muslime aus allen Ländern zur Kaaba nach Mekka. Schon in der vorislamischen Zeit war sie ein bedeutendes Heiligtum. Nach islamischer Vorstellung ist die Kaaba das erste Haus Gottes, so, wie es in Sure 3:96 steht: „Siehe, das erste für die Menschheit errichtete Haus war das in Bakka (gleich Mekka; Anmerk. des Verfassers), gesegnet und eine Leitung für alle Welt“. KALIF heißt Nachfolger, Stellvertreter (Vertreter des Gesandten Gottes), das religiöse Oberhaupt des Welt-Islams, einer, der in Glaubensfragen die Richtung weist. Und in den Staaten, in denen Religion und Politik nicht getrennt sind, ist er auch der weltliche Führer des islamischen Staates. Nach Muhammads Tod waren Abu Bakr, Omar, Othman und Ali die religiösen und politischen Oberhäupter. Es gab und gibt keine höchste geistliche Autorität, die die Verkündung Muhammads aktuell und allgemein verbindlich auslegen konnte bzw. kann. Eine solche Autorität existiert nicht mehr. Mehrere hundert Jahre lang lag das Kalifenamt in osmanischer Hand. Der Gründer der modernen Türkei, Mustafa Kemal Atatürk, hat das Amt des Kalifen im Jahre 1924 abgeschafft. Seit der Abschaffung dieses Titels hat es aber in der islamischen Welt immer wieder unter den politischen Islamisten (auch in Deutschland lebte einer in Köln, der 3 sich so bezeichnete) welche gegeben, die sich selbst als Kalif (Vertreter Gottes auf Erden) bezeichnet und behauptet haben, im Namen der Muslime weltweit zu sprechen, was aber von dem überwiegenden Teil der Muslime immer wieder abgelehnt wird. IMAM (HODSCHA) bezeichnet man bei den Sunniten den Vorbeter, Gebetsleiter, Gemeindevorsteher (siehe bitte auch unter „Sunniten“). Bei den Schiiten hat diese Bezeichnung eine andere gewichtigere Bedeutung (siehe bitte auch unter „Schiiten“), bzw. ist dies der religiöse Titel für das Oberhaupt der schiitischen Muslime (z.B. im Iran der Imam Ayatullah Humeini). UMMA ist die Bezeichnung für die Gemeinschaft der Gläubigen. Mit DSCHIAD (Heiliger Krieg) ist eigentlich der Kampf der Gläubigen um die göttliche Wahrheit gemeint und der Begriff bedeutet, sich auf dem Weg Gottes anzustrengen. Im Koran wird denjenigen Menschen göttliche Belohnung versprochen, die mit ihrem Vermögen und persönlichen Einsatz für den Islam einstehen. Der Lohn kann dabei sowohl materieller Reichtum sein als auch das Versprechen, nach dem Tod ins Paradies einzukehren. Dieser persönliche Einsatz wird nach dem Tod Muhammads immer wieder unterschiedlich ausgelegt. Vor allem von politischen Islamisten wird heutzutage gegen Andersgläubige sowie Atheisten zum Heiligen Krieg aufgerufen, was nicht im Geringsten mit dem Koran zu begründen ist. Die SCHARIA ist die aus dem Koran, der Sunna und den Hadithen entwickelte muslimische Lebens- und Rechtsordnung. Es wird (besonders von allen politischen Islamisten in den überwiegend von Muslimen bewohnten Ländern) der Anspruch erhoben, dass jeder Bereich des Lebens eines Einzelnen sowie der ganzen Gesellschaft im Rahmen 4 des religiösen Rechts geregelt werden muss. Dazu gehören z.B. die Ausübung der Religion, das Familienrecht, das Strafrecht, das Handelsrecht und das Steuerrecht. FATWA ist die Antwort eines Islamkundigen auf Fragen zur muslimischen Lehre ohne rechtliche Folgen. Symbole wie der Halbmond und der Stern sind religiöse Symbole, die sich auf den Spitzen vieler Moscheen befinden. Die Farbe Grün symbolisiert die Religion des Islams. Beide Symbole befinden sich häufig auf der Flagge einzelner islamischer Staaten. Der Islamische Kalender ist ein Mondkalender und besteht deshalb aus 29 bzw. 30 Tagen. Daher ist das islamische Kalenderjahr ca. 11 Tage kürzer als das Jahr nach dem gregorianischen Kalender. Um mehr über die islamischen Festund Feiertage, den Fastenmonat Ramadan und die alltaglichen Gebetszeiten der Muslime zu erfahren, empfiehlt sich das Internetportal der DiTiB (www.ditib. de), die als offiziell vertrauenswürdige Stelle für Religionsangelegenheiten der Republik Türkei nicht nur in der Türkei sondern auch in der BRD anerkannt ist. Danach orientieren sich auch viele unorganisierte türkeistämmige Muslime, obwohl sie nicht unbedingt Mitglieder der DiTiB-Moscheen sind. B. Das Leben des Propheten Muhammad Prophet ist derjenige, der alles von Gott, von Allah geschickt und gesagt bekommen und dies alles an die Menschen weitergegeben hat. Im Koran werden insgesamt 28 Propheten namentlich erwähnt, zu denen z.B. auch Abraham, Moses, David und Jesus gehören. Bevor Muhammad die Menschen zu dem „einzigen“ Gottesglauben einlud, lebten in dem heutigen saudi-arabischen Raum Juden und Christen, die sich an der Thora bzw. der Bibel orientierten. Der Prophet Muhammad wurde im Jahre 570 nach Chr. in Mekka geboren. Er war der Verkünder des Islams. Nach dem Koran ist er in einer Zeit auf die Welt gekommen, in der die Menscheit sehnsüchtig auf einen Retter gewartet haben soll. Er kam in einer Zeit auf die Welt, in der die Rechte und Freiheiten der Menschen nichts zählten, in einer Zeit der Sklaverei, in der die Frauen nicht als Menschen behandelt und in der Mädchen lebendig begraben wurden. Im Koran ist dem Propheten Muhammad die Sure 47 gewidmet. Er kam als Halbwaise auf die Welt. Den Vater Abdullah verlor er vor seiner Geburt. Als er sechs Jahre alt wurde, starb seine Mutter Amina. Bis zu seinem achten Lebensjahr lebte er bei seinem Großvater. Als sein Großvater starb, nahm ihn sein Onkel Abu Talip in Obhut. Muhammad wuchs als Analphabet auf. Seine Kindheit verbrachte er als Schafhirte. Als Jugendlicher begleitete er Handelskarawanen nach Damaskus. Später vertraute ihm die reiche Kaufmannswitwe Hatice ihre Handelskarawane an und schließlich heiratete sie Muhammad. Hatice war zu dieser Zeit 40 Jahre, Muhammad 25 Jahre alt. Sie bekamen vier Töchter und zwei Söhne. Von all ihren Kindern überlebte aber nur die Tochter Fatima. In Mekka wurde Muhammad als ein aufrichtiger, zuverlässiger, ehrlicher, fleißiger und kluger Mensch bezeichnet. Aufgrund seiner Wahrhaftigkeit, seines Großmuts und seiner Aufrichtigkeit gab man ihm den Beinamen „AL - AMIN“, der Vertrauens-würdige. In schwierigen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen wurde er zu Rate gezogen und zum Schlichter ernannt. Muhammad blieb zu der Zeit der Götzendienste der mekkanischen Gesellschaft fern und zog sich des Öfteren in die Höhle Hira auf einem Berg nahe Mekka zurück. Als er 40 Jahre alt wurde, erhielt er auf dem Berg Hira die Berufung zum Propheten. Ihm erschien der Erzengel Gabriel und offenbarte die ersten fünf Verse der Sure „al – Alak“ des Korans (Koran Sure 96). Diese und weitere göttliche Offenbarungen empfing der Prophet in einem Zeitraum von etwa 22 Jahren, nach Meinung mancher islamischer Gelehrter in einem Zeitraum von 23 Jahren. Diese Offenbarungen wurden gesammelt und in arabischer Sprache als Koran schriftlich festgehalten. Muhammad fing an, die Worte vorzutragen, die er von Gabriel gehört hatte und die Wahrheit zu predigen, die Gott ihm offenbarte. Die ersten, die sich zum Islam bekannten, waren seine Frau Hatice, der in seinem Haus lebende Cousin Ali und sein Freund Abu Bakr. Die ersten Muslime in Mekka waren Menschen aus Stämmen, die im politischen und wirtschaftlichen Sinne sehr schwach waren, während die Götzendiener zu den Reichsten in der Gegend zählten. Ihnen oblagen auch der Handel und die Handelskontrolle zwischen den Ländern. Muhammad verurteilte damals als erster den Glauben an mehrere Götter (Ablehnung der Götzen) und übte scharfe Kritik an den damaligen gesellschaftlichen Zuständen. Er verkündete den einen, einzigen Gott Allah (Monotheismus) und warnte alle vor Allahs endzeitlichem Gericht, vor dem sich jeder zu verantworten hätte. Er setzte sich für die Gleichberechtigung aller Menschen sowie die Abwendung von der Unterdrückung ein. Dadurch war er bei den Feudalherren in Mekka nicht sehr beliebt bzw. schaffte er sich viele Feinde unter den Mekkanern. So hatten sie zu Beginn der Offenbarungen versucht, Muhammad mit materiellen Anreizen wie Geld und Macht von seinem Weg abzubringen. Damit hatten sie jedoch keinen Erfolg. Deshalb verschärften sie die Repressalien ihm und den anderen Muslimen gegenüber, so- dass er und seine Anhänger auf Weisung Gottes hin Mekka im Jahr 622 verließen und sich in Medina, dem heutigen Medine niederließen. In Medine übertrugen die Stämme dem Prophet das Amt des Schiedsrichters und auch die Leitung der Umma wurde ihm hier übertragen. Mit der HICRET, der Auswanderung des Propheten aus Mekka nach Medina, beginnt die islamische Zeitrechnung. In Medina entstand auch die erste Moschee. Die Mekkaner ließen aber die Muslime auch in Medina nicht in Ruhe, sodass es in den folgenden Jahren mehrere Kriege gab. Letzten Endes erkannten die Mekkaner den Islam schließlich an. Und der Prophet Muhammad marschierte ohne kämpferische Auseinandersetzung in Mekka im Jahr 630 ein, räumte eigenhändig die Kaaba auf, die in vorislamischer Zeit ein Ort der Verehrung vieler Gottheiten und ein Wallfahrtsort war, und erklärte sie zum zentralen Heiligtum des Islams. Dort erhielt er die Botschaft, die Tradition des Propheten Abrahams weiterzuführen. Nach Offenbarung des letzten Verses „Heute habe ich eure Religion vollendet und meine Gnade an euch erfüllt und erwählt“ (Sure 5:3), starb der Prophet Muhammad im Jahre 632 nach Christus im Alter von 63 Jahren in Medina. In der Nabawi-Moschee in Medina soll Muhammad begraben liegen. Bevor er verstarb, war der überwiegende Teil Arabiens muslimisch, und innerhalb eines Jahrhunderts nach seinem Tod hatte sich der Islam von Spanien im Westen bis nach China im Osten verbreitet. Es ist sehr wichtig zu wissen, dass man Muslime nicht als MOHAMMEDANER bezeichnen darf, weil Muhammad auch ein Mensch ist. Er ist kein Gott und hat keinerlei Teilhabe an der Göttlichkeit. Er befindet sich vielmehr im Stand des Angewiesenseins auf Gott. Die Muslime glauben nicht an Muhammad, sondern an Allah. Denn nicht der Prophet, sondern der Koran steht im Zentrum des Islams. Muslime sprechen immer das Bittgebet „Friede sei auf ihm“, wenn sie den Namen Muhammad hören oder von ihm sprechen. 5 C. Wie wird man Muslim? Wer in eine muslimische Familie hineingeboren wurde, gilt als Muslim und wird auch als solcher behandelt. Im Islam gibt es keine Taufe und keine Konfirmation. Wenn das Kind geboren ist, muss der Älteste in der Familie oder der Vater in das rechte Ohr des Kindes dreimal das ISLAMISCHE GLAUBENSBEKENNTNIS sprechen: „Es gibt keinen Gott außer Allah und Muhammad ist Allahs Prophet“. Manchmal wird zusätzlich auch dreimal der Name des Kindes in dessen Ohr gesprochen. All dies geschieht bei vielen Familien meist zu Hause, nach dem die Mutter und das Baby aus dem Krankenhaus entlassen worden sind. Neugeborene Babys dürfen 40 Tage nicht aus dem Haus, damit es vor „bösen Blicken“ geschützt bleibt. Die muslimische Familie ist auch verpflichtet, das als Muslim geborene Kind als solchen aufwachsen zu lassen. Das heißt, dass es eine religiöse Unterweisung bedarf. Entweder macht man dies selber zu Hause oder man lässt das Kind durch einen Imam unterweisen bzw. schickt das Kind zur KORANSCHULE. Die religiöse Erziehung erfolgt dadurch, dass das Kind Grundkenntnisse über den Islam und den Koran, wie z.B. die islamischen Feste und Feiertage, Speisen und Reinigungsvorschriften sowie Essensverbote lernt. In unserem Landkreis und den benachbarten Landkreisen findet in Gegenden wie in Barnstorf, Stuhr, Brinkum, Sulingen, Syke und Wagenfeld bei manchen muslimischen Familien die Unterweisung in MOSCHEEN bzw. GEBETSHÄUSERN (Gebäude ohne Mina- rette) statt. Andere muslimische Familien ziehen es vor, ihre Kinder außerhalb unserer Landkreise in Moscheen wie in Bremen oder Osnabrück unterweisen zu lassen. Dies sind meist organisierte Muslime aus den Städten und Gemeinden wie Bassum, BruchhausenVilsen, Diepholz, Stuhr, Sulingen, Syke und, Weyhe. Es gibt aber seit einigen Jahren einen neuen Trend, dass manche Familien selbst versuchen, ihre Kinder zuhause religiös zu unterweisen. Dieser Trend müsste nach unserer Meinung gefördert werden. Der Ein- oder Übertritt zum Islam ist jeder Zeit möglich. Lediglich durch das Sprechen des Glaubensbekenntnisses „Es gibt keinen Gott außer Allah, Muhammad ist der Gesandte (Prophet) Allahs“ vor mindestens zwei Zeugen kann man in den Islam eintreten. D. Wo leben die Muslime? Man darf nicht davon ausgehen, dass alle Muslime Araber sind, auch wenn die meisten Muslime in den arabischen und südostasiatischen Ländern leben. Muslime leben auf allen Kontinenten der Welt. Während sie in manchen Ländern die religiöse Mehrheit bilden, sind sie auf manchen Kontinenten in der Minderheit, wie z.B. in West- und Osteuropa. Weltweit bekennen sich ca. 1,4 Milliarden Menschen zum Islam. Davon sind bis zu 200 Millionen Schiiten und bis zu 1,2 Milliarden Sunniten in über 60 Ländern, in denen der Islam die vorherrschende oder die Staatsreligion ist. Die Sunniten leben überwiegend in 6 arabischen Ländern, in afrikanischen Staaten mit einem großen Anteil islamischer Religionszugehöriger (meist Nordafrika) sowie in der Türkei, Afghanistan, Bengalen, Malaysia und Indonesien. In einigen der genannten Länder gibt es eine klare Trennung von Religion und Staat (Laizismus) während in manchen Ländern die Scharia vorherrscht, das heißt, dass das Leben nach dem Koran gesetzlich durch die Verfassung des jeweiligen Landes vorgeschrieben ist. Es gibt aber auch unter den oben genannten Ländern Staaten mit überwiegend muslimischer Bevölkerung, die verschiedenen Glaubensrichtungen des Islams (verschiedene Rechtsschulen) angehören, z.B. Türkei, Irak, Iran, Afghanistan, Saudi-Arabien, Ägypten, Libyen, Algerien, Marokko, Tunesien und Pakistan. Dementsprechend wird der Islam weltweit - trotz des gemeinsamen Glaubens an Allah und der Orientierung an die Grundpflichten der Muslime - im alltäglichen Leben sehr unterschiedlich praktiziert und gelebt und auch der Koran und die Hadithe sehr unterschiedlich ausgelegt. D.1. Einige Besonderheiten hinsichtlich der Muslime in Europa und in Deutschland Die muslimische Bevölkerung sowohl in Europa (Frankreich, Belgien, Holland, Österreich etc.) als auch in Deutschland ist nicht von einheitlicher Herkunft. Fast alle leben erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts in Europa. Heute leben über 50 Millionen Muslime in Gesamteuropa, davon ca. 16 Mio. in der Europäischen Union und wiederum davon ca. 6 Millionen aus der Türkei. So lebt z.B. in England eine Vielzahl (ca. 2 Millionen) von Arbeitsmigranten und Flüchtlingen vom indischen Subkontinent. In Frankreich (ca. 5 Millionen), Belgien (ca. 0,4 Millionen) und Holland (knapp 1 Million) leben viele Muslime aus Nordafrika, aus der Türkei und den ehemaligen holländischen Kolonien (Indonesien und Surinam). Die in der Schweiz, in Österreich und Spanien lebenden Muslime (jeweils ca. 500.000) stammen überwiegend aus dem nordafrikanischen Raum; ebenso, wie diejenigen Muslime, die in Portugal (ca. 45.000), Italien (ca. 1 Millionen), Griechenland (ca. 0,4 Millionen) und den skandinavischen Ländern wie Dänemark (ca. 0,2 Millionen), Finnland (ca. 40.000), Schweden (ca. 0,4 Millionen) leben. Es gibt kaum ein europäisches Land, in dem es keine Muslime gibt, sowie es auch kein islamisches Land gibt, in dem keine Christen leben. Die Anzahl der Muslime bezogen auf deren Herkunftsländer ist sowohl in Europa als auch in Deutschland sehr unterschiedlich. Der Hintergrund dafür liegt vor allem in der unterschiedlichen Migrationsgeschichte (wie beispielsweise die Zuwanderung nach Deutschland aufgrund des Arbeitskräftemangels) bzw. Fluchtursachen (Verfolgung, Krieg, Bürgerkrieg), die die Muslime zur Einwanderung in die genannten Länder bewegt hat. Sie gehören alle zu unterschiedlichen Glaubensrichtungen des Islams: So sind z.B. die türkischen Muslime überwiegend Sunniten, darunter gibt es allerdings auch mehr als eine halbe Million Aleviten. Die aus dem Iran stammenden Muslime sind fast alle Schiiten, die aus dem Libanon teils Sunniten, teils Schiiten. Alle anderen Muslime sind überwiegend Sunniten. Der größte Teil dieser Muslime ist „säkular“ geprägt, vor allem diejenigen Muslime, die aus der Türkei stammen. In Deutschland schätzt man die Zahl der Muslime bei über vier Millionen, dazu zählen auch die sich zum Islam bekennenden Deutschen (Konvertierte) und die eingebürgerten Deutschen (über eine Million). Hierbei sollte man, wie schon angedeutet, nicht außer Acht lassen, dass die Geschichte der Muslime in Deutschland mit der jeweiligen Migrations- und Fluchtgeschichte in Zusammenhang steht, d.h. erst durch die Beschäftigung von sogenannten „Gastarbeitern“ aus den „islamischen“ Ländern und durch Verfolgung, Kriege und Bürgerkriege in den Herkunftsländern hat die Zahl der Muslime in den letzten fünf Jahrzehnten in Deutschland zugenommen: Muslime sind als Arbeitsmigranten und als deren Familienangehörige sowie Nachkommen, als Studierende, als Flüchtlinge aus den Kriegs- und Krisengebieten, als politisch Verfolgte nach Deutschland gekommen. Es werden auch in Zukunft Menschen islamischen Glaubens nach Deutschland kommen, sowie weiterhin Menschen christlichem Glaubens in islamische Länder einwandern werden. Die Zahl der Ausländer im Landkreis Diepholz beträgt zum Stichtag 31.12.10 insgesamt 8.183. Sie stammen aus mehr als 100 Ländern, zwei Drittel davon sind Muslime. In den benachbarten Landkreisen wie Nienburg liegt die Zahl bei 5.160 Menschen, in Vechta bei 9.897 und in Verden bei 6.525 (jeweils Stand vom 31.12.2010). Auch in diesen Landkreisen stammen die Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit aus mehrheitlich von Muslimen bewohnten Ländern. In den Landkreisen Diepholz, Nienburg, Vechta und Verden (und dies gilt auch bundesweit) stammen die Muslime unterschiedlicher Glaubensrichtungen im Islam (Sunniten, Schiiten, Aleviten, Ahmadiyya etc.) überwiegend aus folgenden Ländern: Türkei, Kosovo, Bosnien, Bulgarien, Mazedonien, Afghanistan, Albanien, Elfenbeinküste, Ghana, Griechenland, Iran, Irak, Serbien, Syrien, Jemen, Jordanien, Kasachstan, Libanon, Ägypten, Libyen, Marokko, Somalia, Sudan, Tunesien, Algerien, Aserbaidschan, Äthiopien, Bahrain, Bangladesch, Indonesien, Indien, Malaysia, Montenegro, Nigeria, Pakistan, Togo, Turkmenistan und Usbekistan. Deswegen gibt es eine starke religiöse und politische Zusammenarbeit mit den Muslimen in den aufgeführten Herkunftsländern, gefördert durch die großen islamischen Dachverbände. An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass viele Zuwanderer, die aus dem Iran stammen, sich nicht mehr zum Islam gehörig fühlen und sogar zum Christentum übertreten. Außerdem möchten wir darauf hinweisen, dass es sowohl bundesweit als auch für den Landkreis Diepholz und die benachbarten Landkreise Verden, Nienburg und Vechta schwierig ist, genaue Zahlen über den Anteil der Muslime zu erhalten, da die Meldebehörden in Deutschland unter den „Angaben zur Religionszugehörigkeit“ Muslime unter „Verschiedene“ erfassen. 7 E. Die Glaubensrichtungen im Islam und die Unterschiede unter Muslimen Allen Muslimen gemein ist der Glaube an Allah und dass Muhammad der letzte Gesandte Allahs ist. Ansonsten gibt es (ebenso wie auch in den anderen Religionen) mehr oder weniger große Unterschiede in der Auffassung und Umsetzung im täglichen Leben, beispielsweise hinsichtlich der Sunna (die Taten und Worte Muhammads). Im Streit um religiöse Autoritäten und um die Auslegung des Korans bzw. um die Frage, wer der Nachfolger von Prophet Muhammad sein sollte, bildeten sich nach seinem Tod mehrere Glaubensrichtungen. Die größte davon bilden die Sunniten und danach die Schiiten. Die meisten Schiiten leben im Iran und Irak. In vielen anderen Ländern leben überwiegend Sunniten. Obwohl es auch unter den Muslimen im Landkreis Diepholz und den benachbarten Landkreisen verschiedene Glaubensrichtungen gibt, werden wir uns im Folgenden auf die drei wichtigsten Glaubensrichtungen beschränken, denn fast alle dort lebenden Muslime gehören diesen drei Glaubensrichtungen an: SUNNITEN, SCHIITEN, ALEVITEN. Trotz ihrer unterschiedlichen Glaubensrichtung glauben alle Muslime an Allah und daran, dass Muhammad der letzte Prophet Allahs ist. Hinsichtlich der Sunna gibt es unter Muslimen unterschiedliche Auffassungen. Beim Beten, dem Feiern religiöser Feste, der Einhaltung religiöser Speisevorschriften und Fastengebote bestehen große Unterschiede, je nach Herkunftsland und nach islamischer Glaubensrichtung. E.1. Sunniten Die Gesamtheit der Lebensweise Muhammads, sein Verhalten, seine Eigenschaften und seine Aussprüche, bezeichnet man als Sunna. Diese hat für die Sunniten Vorbildcharakter und ist wegweisend. Neben dem Koran ist die 8 Sunna die zweite Rechtsquelle im Islam. Für die Sunniten (Vertreter der Sunna) bedeutet die Sunna eine nach dem Koran gleichwertige und authentische Erläuterung des Korans, die in gleicher Weise die verbindliche Quelle für die Lebensführung ist. Innerhalb des Sunnismus gibt es vier Rechtsschulen: 1)Hanafiten, benannt nach Abu Hanifa: Die meisten Anhänger dieser Rechtsschule leben in der Türkei. Auch im Landkreis Diepholz und in benachbarten Landkreisen lebende Migranten und Flüchtlinge aus der Türkei gehören dieser Rechtsschule an. 2)Malikiden, benannt nach Malik Ibn Anas: Soweit uns bekannt ist, gibt es im Landkreis Diepholz unter Muslimen keine Angehörigen dieser Rechtsschule: In den benachbarten Landkreisen Nienburg und Verden leben einige, die dieser Rechtsschule angehören. 3) Schafiiten, benannt nach Muhammad Ibn Adris Al Schafi: Die Angehörigen dieser Rechtsschule sind bei uns im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen unter Kurden und Arabern aus der Türkei und den aus Ostafrika stammenden Migranten und Flüchtlingen anzutreffen. 4)Handbaliten, benannt nach Ibn Handbal: Sie leben hauptsächlich in Saudi-Arabien. Im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen gibt es nur einige Anhänger dieser Rechtsschule. Zwischen all den Anhängern dieser Rechtschulen gibt es im Alltagsleben viele entscheidende Unterschiede: Während z. B. bei den Schafiiten eine Frau, die ihre Religion wechselt oder aus dem Islam austritt und zu einer anderen Religion übertritt, mit dem Tode bestraft wird, gibt es diese Strafe bei den Hanefiten (z. B. bei Türken) nicht. Während bei den Malikiden das Essen von Muscheln erlaubt ist, ist es bei Hanefiten verboten. Während z.B. bei Schafiiten, Handbaliten und Hanefiten der Beginn der Pubertät bei Mädchen und Jungen im Alter von 15 Jahren festgelegt ist, beginnt diese bei den Maliketen erst mit 17 Jahren (bei Mädchen) bzw. mit 18 Jahren (bei Jungen). In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Mehrzahl der in Deutschland lebenden Muslime (über 80 %) Sunniten sind (aus der Türkei, Ex-Jugoslawien und aus Nordafrika). E.2. Schiiten Der ausschlaggebende Unterschied zwischen Sunniten und Schiiten liegt darin, wer Nachfolger von Prophet Muhammad nach seinem Tod sein sollte. Da er seinen Nachfolger nicht nannte, kam es zu Streitigkeiten unter den Muslimen. Die Mehrheit der einflussreichen Muslime zu dieser Zeit einigte sich darauf, einen Kalifen (Nachfolger) zu benennen, der die politische und religiöse Führung der Muslime in einer Person vereinen konnte, aber keineswegs eine göttlich legitimierte Autorität beanspruchen sollte. Ein Teil der Muslime lehnte dies jedoch ab. Während nach dem Tod von Muhammad ein Teil der Muslime Ali zum Kalifen haben wollte, favorisierte ein anderer Teil Abu Bakr als dessen Nachfolger. So wurde zuerst Abu Bakr, danach Omar, dann Othman und schließlich Ali zum Kalifen ernannt. Während ein Großteil der Muslime die Meinung vertrat, dass bei der Wahl des Kalifen seine Fähigkeiten und Verdienste (sowohl politischen als auch religiösen) eine entscheidende Rolle spielen sollten, meinten die Anhänger von Ali, dass der Kalif aus der Prophetenfamilie stammen sollte (Schiiten), weil sie in Ali den von Gott bestimmten Kalifen sahen und daran glaubten. Man kann sagen, dass ursprünglich beide Richtungen (Sunniten und Schiiten) nach dem Tode des Propheten Muhammad im Jahre 632 politische Parteien im frühen arabisch-islamischen Kalifat waren, die um die Herrschaft im Staat kämpften. Die einen fochten im Interesse einer Adelssippe aus Mekka (der Kureischen Familie). Die Gegner dessen beanspruchten für die Nachkommen Muhammads (seine Tochter Fatima, sein Schwiegersohn Ali sowie die Enkel Hassan und Hussein) den Rang des Kalifen. Sie verloren gegen die Verfechter der Kureischen Familie als rechtmäßige Nachkommen für den Titel des Kalifen. Während das Bekenntnis der Sunniten lautet: „Es gibt keinen Gott außer Allah und Muhammad ist sein Gesandter“, sprechen die Schiiten: „Es gibt keinen Gott außer Allah und Muhammad ist sein Gesandter und Ali ist der Freund Gottes“. Während Sunniten am Tag fünfmal zum Gebet zur Moschee gehen, gehen z.B. Schiiten aus dem Iran nur dreimal am Tag zur Moschee, um ihrer Gebetspflicht nachzukommen. Ali, der zwar der Vetter und Schwiegersohn Muhammads war, aber erst nach Othman Kalif werden konnte, war nur für kurze Zeit in diesem Amt. Er wurde im Jahre 661 ermordet. Seine Söhne Hassan und Hussein konnten auch nicht seine Nachfolger werden, weil der sunnitische Herrscher von Damaskus das Kalifenamt übernahm und dieses Amt dann später per Dekret an seine eigene Dynastie band. Man geht heutzutage davon aus, dass weltweit ca. 10% der Muslime Schiiten sind. Sie erkennen als Imam (Oberhaupt) nur Ali und dessen leibliche Nachkommen an. Mitte des 7. Jahrhunderts sammelten sich dann alle Oppositionsgruppen zur „Schiat Ali“ (Partei Alis). Durch die Ermordung von Alis Sohn Hussein im Jahre 680 war schließlich die endgültige Trennung der Schiiten von der übrigen islamischen Führung besiegelt. Auch heute noch gedenken die Schiiten am Todestag Husseins mit Prozessionen. Viele Schiiten pilgern an diesem Tag zum Grabmal Husseins nach Kerbala im Irak (aus dem Landkreis Diepholz und den benachbarten Landkreisen gibt es ebenfalls einige Pilgerer). Im Laufe der Zeit prägte sich bei den Schiiten ein facettenreiches Dogma aus, zu dessen Bewahrung und Weiterentwicklung ein hierarchisch strukturierter Klerus entstand – mit MULLAHS, HODSCHAS und AYATOLLAHS an oberster Stelle. Die Unterschiede zwischen den Schiiten und Sunniten beziehen sich hauptsächlich auf die Leitungsämter im Islam, auf die Auslegung des Korans und auf die Rechtssprechung. Die Schiiten richten sich zusätzlich nach dem für sie vorbildhaften Leben Alis und seiner Nachkommen. Sie entwickelten mit der Zeit ihre eigenen Rituale und Rechtsinterpretationen. Ihr islamisches Bekenntnis lautet: „Ich glaube, dass der Imam, von Gott besonders als Teilhaber des göttlichen Wesens berufen, der Wegweiser zur Erlösung ist“. Alle Muslime kennen den Titel des Imams als Bezeichnung für den Vorbeter in der Moschee. Für die Schiiten hat jedoch dieser Titel eine zusätzliche Bedeutung: Der Imam ist für sie der alleinige, legitime Führer des Islams, der aus der Nackommenschaft Muhammads stammt. Nach Überzeugung der Schiiten ist der Imam von Gott eingesetzt und hat deshalb Teil am göttlichen Wissen. Er gibt die entscheidende Deutung der religiösen und weltlichen Gesetze. Selbst der Koran wird erst durch die Auslegung des Imams vollkommen. Der Imam kämpft gegen das Unrecht und stellt das Recht wieder her, wo es verletzt wurde. Der Imam und seine Stellvertreter üben auf das Leben des Einzelnen und auf die Gestaltung der Gemeinschaft großen Einfluss aus und haben so auch eine große Wirkung. Er wird zwar von den Menschen ernannt, jedoch seine Wahl ist von Gott vorbestimmt. Er gilt als lebendiger, von Gott selbst beauftragter Träger des Gesetzes Gottes und wird deshalb als sündenlos angesehen. Es gibt verschiedene Richtungen, die sich insbesondere in der Anzahl der anerkannten Imame unterscheiden wie beispielsweise bei den Charidschiten in Oman, Zaiditen in Jemen, Ismailiten in Indien und Ostafrika, Imamiten (Iran und seine Nachbarländer), Drusen (Syrien, Israel und Libanon), Aleviten in Syrien und der Türkei und die mystisch ausgerichteten Baktaschis in der Türkei und im Kosovo, in Albanien, Mazedonien und Bosnien. Die meisten Schiiten leben im Iran und Irak. In vielen anderen Ländern leben die Sunniten in der überwiegenden Zahl. Die Zahl der Schiiten wird in Deutschland auf bis zu 200.000 geschätzt. Der überwiegende Teil der Schiiten in Deutschland kommt aus dem Iran, Afghanistan, dem Libanon und dem Irak. Der Anteil der Schiiten unter allen Muslimen in Deutschland schätzt man bei weniger als 5%. Dies entspricht auch ungefähr dem Anteil der Schiiten bei uns im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen, jedoch mit dem Unterschied, dass die Schiiten in den oben genannten Landkreisen gegen Mitte bis Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts meist als Flüchtlinge bzw. im Rahmen der Familienzusammenführung gekommen sind und weiterhin kommen, während sie in anderen Bundesländern und Landkreisen auch beispielsweise als Studierende oder Selbständige anzutreffen sind. E.3. Aleviten Obwohl die überwiegende Zahl der türkeistämmigen Menschen in den Landkreisen Diepholz, Nienburg, Vechta 9 und Verden Sunniten sind, gibt es jedoch auch viele Aleviten aus der Türkei sowie einige alevitischen Familien aus Syrien, dem Irak, dem Kosovo und Mazedonien. Alevit bedeutet „Anhänger, Verehrer von Ali“. Historisch gesehen sind die Aleviten ein Zweig des Schiitismus. Meist leben sie in der heutigen Türkei, aber der alevitische Glaube aus Anatolien hat in seiner heutigen Form mit dem Schiitentum, wie es im Iran gelebt wird, kaum etwas gemein. Die Aleviten können, mehreren türkischen Theologen zu Folge, als eine anatolische Variante des Schiitentums angesehen werden. Der Alevitismus ist keine dogmatische, geschweige denn schriftlich fixierte Religion. Der Koran ist aber auf jeden Fall auch für die Aleviten gültig und heilig. Im Vergleich zu den Sunniten sind ihnen eher allgemeine Forderungen wie Brüderlichkeit, Menschlichkeit, Wahrheit, Vernunft und Friedfertigkeit wichtig. Zentral für den alevitischen Glauben ist die grundsätzliche Ablehnung von Gewalt, die Gleichstellung von Frauen und Männern (vor allem bei der Erziehung, Bildung und Erwerbsarbeit), die Bewahrung gleichberechtigter Familienstrukturen, die Überlieferung des Glaubens und der Kultur, die gemeinsam von Frauen und Männern gepflegten religiösen Rituale (CEM-Versammlungen). Der CEM wird in der Regel von einem DEDE („Großvater“) oder PIR („Ordensgründer“) geleitet. In solchen Versammlungen bespricht der Dede oder Pir aktuelle Streitigkeiten und kleine Gerichtsfälle mit den Gemeindemitgliedern. Danach beginnt ein Sänger und Baglama-Spieler (Asik/Ozan) das Glaubensbekenntnis IKRAR zu singen. Es folgen Initiationen oder Bruderschaftsversprechen (MUSAHIP), wobei jeder verheiratete Mann einen solchen Bruder für alle Ewigkeit wählt. Danach beginnt der Baglama-Spieler Lieder (DEYIS) zu singen und auf seinem Instrument zu improvisieren. Einige der Lieder enthalten aktuelle sozialkritische Texte, andere 10 sind rein religiös. Auch Texte von mystischen Dichtern aus der Vergangenheit (Pir Sultan Abdal, Yunus Emre, Karacaoglan) werden gesungen. Den Höhepunkt bilden die SEMAH-TÄNZE einiger ausgewählter Gemeindemitglieder. Etwa ein Drittel der Türken und Kurden sind Aleviten. In der Türkei schätzt man die Zahl auf bis zu 20 Millionen. Und in Deutschland geht man von bis zu 700.000 Aleviten aus. Sie unterscheiden sich in vielen Dingen von der sunnitischen Glaubensrichtung: - Für türkische Aleviten sind der Koran und das islamische Gesetzesrecht auslegungsfähig (liberale Auslegung der religiösen Regeln). - Sie warten auf die Wiederkehr des 12. Imam als den letzten legitimen Staatshalter des Propheten. - Alevit wird man durch Geburt. Man heiratet meist untereinander (sowohl bei Sunniten als auch bei Aleviten sind religiöse Mischehen immer noch unerwünscht). So gibt es z.B. bei uns im Landkreis Diepholz leider keine einzige Familie, die aus Sunniten und Aleviten besteht. Der Hass gegen solche Ehen wird leider auf beiden Seiten häufig durch die Familienältesten geschürt. - Sie lehnen die Befolgung der fünf Pflichten des Islams und die Scharia ab. - Sie verrichten kein Freitagsgebet und begehen auch nicht den Fastenmonat Ramadan; aber dafür begehen sie zwölf Fastentage in dem Monat Muharram, in dem Alis Sohn Hussein niedergemetzelt wurde. - Sie dürfen Alkohol trinken und Schweinefleisch essen aber dafür ist der Genuss von Hasen und Kaninchen verboten, weil beide Tiere aufgrund ihrer Fruchtbarkeit verherrlicht werden und damit tabu sind. - Sie beten nicht in Moscheen wie die Sunniten. Sie beten in sogenannten Cem-Häusern (Gemeindehäusern) oder mit der Familie zu Hause, da ihrem Verständnis nach das Herz des Menschen ein Gotteshaus ist. Der Cem dient der Bekräftigung des Glaubens und der Stärkung der Gemeinschaft. Daher gibt es auch in vielen alevitischen Dörfern keine Moschee, dafür aber Cem-Häuser. In der Türkei wurde immer wieder durch islamistische und konservative Regierungen der Versuch unternommen, in alevitischen Dörfern Moscheen aufzubauen, um deren Bevölkerung zu sunnitisieren. Die Kinder zwingt man in den staatlichen Schulen seit Jahrzehnten dazu, am sunnitischen Religionsunterricht teilzunehmen, wogegen sich die Aleviten bis heute wehren, indem sie vom Staat fordern, ihre Kinder vom sunnitischen Religionsunterricht zu befreien. - Frauen und Männern beten und feiern gemeinsam. Es gibt keine Geschlechtertrennung. Frauen sind gleichberechtigt und tragen meist weder Kopftuch noch Schleier. - Aleviten sind humanitär. Ihr wichtigster Leitspruch fordert von Ihnen „die Beherrschung der Hände, der Lende und der Zunge“. - Weil sie fast alle „Grundpflichten der Muslime“, wie Glaubensbekenntnis, Gebet, Almosen, Fasten und Pilgerfahrt nicht erfüllen, werden sie immer wieder von orthodoxen Sunniten als Ungläubige angesehen und von Fundamentalisten und Faschisten verfolgt. Seit dem Osmanischen Reich wurden sie in der Türkei immer wieder unterdrückt und massakriert, abgesehen von einigen konjunkturellen politischen Phasen, wie z.B. während der Gründungszeit der heutigen Republik Türkei. So haben z.B. Faschisten (Graue Wölfe) und islamische Fundamentalisten im Jahr 1993 in Sivas das Alevitische Kulturfestival in Brand gesteckt. Mit dem Festival sollte der im 16. Jahrhundert in Sivas hingerichtete alevitische Dichter Pir Sultan Abdal geehrt werden. 37 Intellektuelle, darunter auch einige antifaschistische Sunniten und Atheisten, wurden umgebracht. Einige dieser Mörder leben heute noch in verschiedenen europäischen Ländern als „Flüchtlinge“. Einige davon sind in Deutschland sogar als „politisch Verfolgte“ anerkannt und haben einen unbefristeten Aufenthaltsstatus. Damit genießen sie nicht nur durch den deutschen Staat den Schutz vor einer Auslieferung in die Türkei, sondern auch durch die islamischen Dachverbände in Deutschland. - Auch heute noch können die Aleviten in manchen Gegenden der Türkei, wo faschistische und islamistische Kräfte stark vertreten sind, ihre Religion nicht frei ausüben. In politischer Hinsicht sind viele Aleviten mindestens sozialdemokratisch geprägt. - Aleviten sind in einigen Bundesländern als eigene Religionsgemeinschaft anerkannt und haben bereits einen eigenen konfessionellen Religionsunterricht in den Schulen eingeführt. E.4. Ahmadiyya-Bewegung Diese Bewegung stammt aus Pakistan und wird von den Muslimen weltweit als nicht dem Islam zugehörig angesehen. Sie sind die am längsten hier in Deutschland lebenden „Muslime“, d. h. sie leben seit mehreren Jahrzehnten bereits in Deutschland. Hazrat Mirza Ghulam Ahmad ist der verheißene Messias und Gründer der AHMADIYYA MUSLIM JAMAAT (1835 - 1908). „Die Ahmadiyya Muslim Jamaat versteht sich als eine Reformgemeinde des Islams. Sie wurde 1889 von Hazrat Mirza Ghulam Ahmad gegründet, der den Anspruch erhob, der vom Heiligen Propheten Muhammad für das 14. Jh. (…) prophezeite verheißene Messias und Mahdi zu sein“ (aus dem Flyer von Ahmadiyya Muslim Jamaat; siehe auch unter: www.ahmadiyya.de.) In einem von der Ahmadiyya-Bewegung vor kurzer Zeit (jedoch ohne Datum) herausgegebenen Flyer mit dem Titel „Muslime für Frieden, Freiheit, Loyalität, Liebe für Alle, Hass für Keinen“ wird die Bewegung mit den dazu gehörigen Moscheeadressen als eine islamische „Reformgemeinde“ mit folgenden Sätzen dargestellt: „Der Islam versteht sich in der Tradition der vergangenen Religionen. Er ist eine Weiterentwicklung und Vervollkommnung der spirituellen Botschaft der vergangenen Propheten. Daher erkennt der Islam alle früheren Propheten an und monopolisiert die Wahrheit nicht. Im Islam hat die göttliche Botschaft ihren Höhepunkt und ihre Vollkommenheit erreicht“. „Heute gilt die Ahmadiyya Muslim Jamaat als eine dynamische Bewegung innerhalb des Islams. Sie umfasst Millionen von Anhängern in mehr als 190 Ländern der Erde. Auch in Deutschland gehört sie mit mehr als 30.000 Mitgliedern zu den größten islamischen Organisationen. Bisher verfügt die Gemeinde in Deutschland über dreißig Moscheen und siebzig Gemeindezentren. Die Ahmadiyya Muslim Jamaat gilt bei Moscheebauten als Pionier. (…) In Deutschland befindet sich in Hamburg mit der Fazle-Omar-Moschee die erste Moschee der Nachkriegszeit. Weltweit hat die Gemeinde inzwischen mehr als 14.000 Moscheebauten errichtet. Seit 1994 betreibt die Gemeinde den ersten auf der ganzen Welt zu empfangenden muslimischen Fernsehsender Muslim Television Ahmadiyya (MTA) International, der inzwischen auf drei Kanälen 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche in bis zu acht Sprachen sendet. Die Programme verstehen sich bewusst als Kontrapunkt zum herkömmlichen Fernsehkonsum und legen den Schwerpunkt auf die Förderung intellektueller, moralischer und spiritueller Fähigkeiten“ (Ahmad, Hadhrat Mirza Tahir: „Universelle moralische Werte - Politik & Weltfrieden“, S.31, Frankfurt am Main 2011). Einige Anhänger dieser Bewegung leben bei uns im Landkreis Diepholz bzw. in der Gemeinde Stuhr und haben dort eine Moschee; und einige leben im Landkreis Nienburg. Seit mehreren Jahren führen sie bundesweit die Aktion „Dialog der Religionen“ durch. In Stuhr wird die Moschee meist von Muslimen aus dem asiatischen Raum (Pakistan), Menschen aus dem Balkan (meist Roma) und von einigen zum Islam übergetretenen Deutschen besucht. Vielen Muslimen ist es nicht genau klar, um was für eine Moschee es sich in Stuhr handelt. Sie gehen einfach hin, weil es eine Moschee mit Minaretten bzw. die nächstgelegene Moschee für Muslime aus dem Raum Syke, Weyhe und Bassum ist. In Hannover-Stöcken befindet sich ebenfalls eine Moschee der AhmadiyyaBewegung, die u.a. von Muslimen aus Nienburg besucht wird. Auch wenn wir hier aus Platzgründen keine detaillierten Informationen über diese Bewegung geben können, möchten wir zumindest anhand einiger Zitate aus dem Vortrag von Hadrhat Mirza Masroor Ahmad (5. Kalif des verheißenen Messias und Oberhaupt der weltweiten Ahmadiyya Muslim Gemeinde), gehalten an der Universität D´AbomeyCalavi Cotonou Benin, im März 2004 (Veröffentlichung und Verbreitung in Deutschland durch die Ahmadiyya Muslim Gemeinde e. V., Frankfurt) einen kleinen Einblick in ihre religiösen Haltung geben: - „… seien Sie freundlich zu jeder Person auf der Welt, und verbreiten Sie die friedliche Botschaft des Islams“ (S. 4); - „Wer seine Freundlichkeit verliert, verliert seine Religiosität. Der Heilige Qur´an lehrt uns, wer auch jemanden gewissenlos tötet, ist wie jemand, der die ganze Welt getötet hat. Gleichermaßen sage ich, wenn jemand hartherzig mit seinem Bruder verfährt, ist das, als wäre er hartherzig zur ganzen Welt“ (S. 5); - „… Gott sagt im Heiligen Qur´an, es soll kein Zwang im Glauben bestehen.“ (S. 6); - „Jeder hat die Freiheit zu glauben, woran er will.“ (S. 7); - „… Gott der Allmächtige hat die Wahl des Glaubens dem Gewissen des jeweiligen Menschen überlassen“ (S. 8). Weitere Informationen findet man unter: www.ahmadiyya.de 11 F. Die fünf Grundsäulen des Islams F.1. Das Glaubensbekenntnis „Es gibt keinen Gott außer Allah und Muhammad ist der Gesandte (Prophet) Allahs.“ Wer dies vor zwei muslimischen Zeugen ausspricht, ist dadurch zum Muslim geworden. F.2. Fünf Gebete täglich Muslime müssen am Tag fünf Mal beten, es gibt aber auch Ausnahmen, die die Muslime von der täglichen Pflicht des Gebets befreien wie z.B. bei Krankheit, während einer Reise sowie (für Frauen) während der Periode, der Schwangerschaft und im Wochenbett. Der Gebetsort muss sauber sein. Zur Verrichtung des Gebetes muss man saubere Kleidung tragen und sich waschen, damit die Unreinheit beseitigt wird. Vor dem Gebet gibt es bestimmte Waschungen, z.B. der Hände und des Gesichts. Jeder Teil des Gebets ist mit einer bestimmten Körperhaltung verbunden: man steht, kreuzt die Arme über der Brust, man kniet sich und beugt sich dabei vor mit dem Gesicht zum Boden, man beugt sich mit den Händen auf den Knien, man hält die Hände neben dem Gesicht ans Ohr. Dabei muss das Gesicht immer nach Mekka gerichtet sein. Ein Gebet endet immer mit dem Friedensgruß nach rechts und links mit den Worten „Friede sei mit dir und die Gnade Allahs“. Ein Teppich ist nicht notwendig. Eine Decke reicht auch, um ein Gebet zu verrichten. Zum Gebet wird eine Gebetskette, oder auch TESBIH genannt, benutzt. Ihre 33 Perlen erinnern an die 99 Namen, mit denen Allah im Koran genannt wird. Diese Gebetskette ähnelt dem Rosenkranz der Katholiken. Man kann sein Gebet überall verrichten, zum Beispiel am Arbeitsplatz, in religiösen Räumen, in der Schule. Dazu muss man also nicht unbedingt in die Moschee gehen, und man kann das Gebet auch nachholen, wenn man keine 12 Zeit oder Gelegenheit dazu hatte. Für die meisten Muslime ist ein Besuch der Moschee an den großen Feiertagen wie das Ramadanfest, das Opferfest und zum Totengebet verbindlich. Freitags ist ein gemeinsames Gebet in der Moschee unter Muslimen gern gesehen, aber nicht verpflichtend. U.a. deshalb ist in vielen islamischen Ländern wie Saudi-Arabien der Freitag ein Feiertag. In der Türkei hingegen sind der Samstag und Sonntag Feiertage, wie es in vielen westlichen Ländern der Fall ist. F.2.1. Der Gebetsablauf Es gibt fünf tägliche Gebetsübungen. Außerdem gibt es zwei jährliche Gebete an den beiden religiösen Festen: eines am Ende des Fastenmonats Ramadan, das andere mit der Pilgerfahrt nach Mekka (Opferfest). Alle diese Gebete sind sich ähnlich in der Form, jedoch nicht in der Dauer. Das Gebet in der Morgendämmerung z. B. hat nur zwei REKATS (aufstehen, sich verneigen, niederknien). Das zweite (am Mittag) und das dritte (am späten Nachmittag) haben jeweils vier Rekats, das vierte (am frühen Abend) drei Rekats und das fünfte (am späten Abend) wieder vier Rekats. Jede der Gebetsübungen am Freitag und an den beiden Festtagen hat zwei Rekats. Das Gebet wird wie folgt verrichtet: nach Beendigung der notwendigen Waschungen sucht man sich einen sauberen Ort, wendet sich der Kaaba zu, hebt die Hände bis zur Höhe der Ohren und beginnt dann mit der Formulierung einer Absicht, z.B. „Ich habe die Absicht, das Morgendämmerungsgebet vor Gott zu verrichten“. Entweder betet man allein oder mit einigen anderen zusammen oder mit dem Imam, je nach Situation. Dann wird der Satz „Allahu Ekber“ (Gott ist größer) gesprochen und die Hände über der Brust gekreuzt: die linke Hand berührt dabei den Körper und die rechte wird darüber gelegt. In diesem Augenblick beginnt das Gebet. Der Beter darf zu niemandem mehr sprechen noch etwas anderes ansehen als den Punkt auf dem Boden, auf den er die Stirn beim Niederknien legen wird. Auch dürfen keine Gebärden gemacht werden, die der Feierlichkeit des Gebetes nicht entsprechen. Bei jeder der vorgeschriebenen Bewegungen (aufstehen, verneigen, niederknien, hinsetzen) spricht man „Allahu Ekber“. Das Gebet beginnt mit einem Lobgesang: „Oh Gott, zu deinem Ruhm und deinem Lob. Gesegnet ist Dein Name, und es gibt keinen Gott außer dir.“ Anschließend wird die erste Sure aus dem Koran gelesen: „Im Namen Allahs, des Erbarmens, des Barmherzigen! Lob sei Allah, dem Weltenherrn, dem Erbarmer, dem Barmherzigen, dem Herrscher am Tage des Gerichts! Dir dienen wir und zu Dir rufen wir um Hilfe. Leite uns den richtigen Pfad, den Pfad derer, denen Du gnädig bist, nicht derer, denen Du zürnst, und nicht der Irrenden“, (Sure: El Fatiha). Nach der Koranlesung verneigt man sich und legt die Handflächen auf die Knie, ohne sie zu falten, und in dieser Stellung werden dreimal die Worte gesprochen: „Verherrlichung sei Gott, dem Größten“. Dann erhebt man sich und spricht: „Gott erhört den, der ihn lobt: unser Herr, Lob sei dir!“ Dann kniet man nieder und legt mit gebeugten Knien die Stirn, die Nase und die Handflächen auf den Boden, und so betet man dreimal „Verherrlichung sei Gott, dem Höchsten, dann setzt man sich auf den linken Fuss und lässt den rechten frei, so dass die Zehen nach außen gewendet sind und die Ferse zum Himmel zeigt und in dieser Haltung bittet man Gott um Vergebung. Dann kniet man man erneut nieder und widerholt dreimal die beim ersten Niederknien gebrauchten Worte. Und nun richtet man sich auf. Es gibt bei den weiteren Rekats Besonderheiten, die man bei all den Gebeten berücksichtigen muss. F.2.2. Moscheen Die erste Moschee wurde von Prophet Muhammad in Medina errichtet, und jede weitere Moschee ist quasi ein Abbild dieser ersten Moschee aus Medina. Dort, wo sich Muslime im Laufe der Jahrhunderte auf der Welt niedergelassen haben, haben sie begonnen, Moscheen zu bauen. Auch nach dem Koran ist es eine gute Tat, wenn Muslime Moscheen errichten, um sich Gott hinzugeben. Moscheen sind das Gebets- und Gotteshaus für Muslime, wo man einzeln oder gemeinsam die IBADA (das Gebet) verrichten kann. So können z.B. das wöchentliche Freitagsgebet oder die zwei Festtage gemeinschaftlich verrichtet werden. Die anderen täglichen fünf Gebete können sowohl in der Moschee als auch an jedem anderen Ort, z.B. zu Hause oder am Arbeitsplatz, verrichtet werden. Moscheen haben zusätzlich eine soziale Funktion: sie bieten Raum zur Kommunikation für die Menschen, die sich dort begegnen. In der Moschee können Muslime aber auch wichtige Angelegenheiten, insbesondere solche, die für die Gesellschaft von Belang sind, besprechen und Aktivitäten anbieten, die das Wissen steigern, wie Ansprachen, Vorträge und Unterricht. Denn in der Anfangsphase des Islams, als es noch keine gesonderten Bildungseinrichtungen und Versammlungsorte gab, dienten die Moscheen nicht nur als Gebets- und Gotteshäuser, sondern auch als Orte der Kommunikation und Bildung. Nach dem rapiden Wachstum und der starken Entwicklung der muslimischen Gesellschaft sowie der Verstädterung wurden für alle Aktivitäten außer der Ibada eigene Orte bestimmt und spezielle Gebäude errichtet. In allen Gegenden dieser Erde werden die Moscheen in Richtung der Kaaba in der Stadt Mekka errichtet. Denn die Muslime verrichten ihr Gebet, indem sie ihr Angesicht der Kaaba zuwenden. In jeder Moschee ist die Richtung (KıBLE) durch eine Nische (MIHRAB) gekenzeichnet. Außerhalb des Gotteshauses muss der Gläubige die Richtung selbst ermitteln. Um die richtige Zeit für die Gebete, die fünf mal täglich verrichtet werden (morgens, mittags, nachmittags, abends und nachts), anzukündigen, wird durch den Imam oder Muezzin der EZAN (Gebetsruf ) ausgerufen und dadurch die Muslime zum Gebet eingeladen. In der BRD wird der Ezan innerhalb der Moschee durch den Imam ausgerufen, während in den Ländern mit muslimischer Mehrheit der Ezan von den Minaretten erfolgt, damit die Menschen ihn auch in weiter Distanz vernehmen können. Doch ist es keine Bedingung in der islamischen Religion, dass der Ezan von einem Minarett ausgerufen wird. Der Inhalt des Ezans lautet: „Allah ist größer. Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Allah. Ich bezeuge, dass Muhammad der Gesandte Allahs ist. Auf zum Gebet! Auf zum Heil! Allah ist größer. Es gibt keine Gottheit außer Allah.“ Jedes Gemeindemitglied, das über gute Kenntnisse des Islams verfügt, kann mit der Aufgabe des Imam (Vorbeter) oder HATIB (Freitagsprediger) in der Moschee betraut werden. Vor dem Gebet muss sich jeder Muslim Waschungen unterwerfen. In jeder Moschee gibt es dafür eine Wasserstelle, an der diese rituelle Reinigung vollzogen wird. Auch die Schuhe müssen vor dem Betreten des Gebetsraumes in der Moschee ausgezogen werden, um die Teppiche sauber zu halten, denn der Ort, an dem Muslime ihr Gebet verrichten, muss immer sauber sein. Jede Moschee ist mit Gebetsteppichen ausgestattet. In vielen Teppichen, die in den Moscheen aber auch in privaten Haushalten liegen, sind eine Gebetsnische und eine Öllampe als Motiv eingearbeitet, die die Richtung Mekka zeigen und an die dortige Moschee erinnern. In jeder Moschee befindet sich eine Mihrab (Gebetsnische), die die Richtung nach Mekka anzeigt. Eine sogenannte MINBAR (Kanzel) steht rechts von der Mihrab. Von dieser Kanzel aus predigt der Imam oder Hodscha das Freitagsgebet. In den Ländern mit muslimischer Mehrheit gibt es in jedem Gebetsraum einer Moschee einen abgetrennten Teil, in dem die Frauen - quasi „hinter“ den Männern - ihr Gebet verrichten. Dazu dürfen sie eine Frau als IMAMIN aussuchen. Männer und Frauen beten demnach „getrennt“. Eine räumliche Trennung zwischen Männern und Frauen während des Gebets ist nach dem Koran eigentlich nicht vorgeschrieben und es ist auch nicht mit dem Koran zu begründen, dass Frauen und Männer in unterschiedlichen Räumen innerhalb der Moschee ihr Gebet verrichten müssen. Es ist nach dem Koran nicht verboten, wenn Männer und Frauen gemeinsam nebeneinander beten. Auch wenn es bei uns im Landkreis Diepholz immer noch keine Moschee mit Minaretten gibt, so gibt es aber auf jeden Fall Moscheen und Gebetsräume, die mit allem ausgestattet sind, was (wie oben beschrieben) eine Moschee ausmacht. Lediglich in der Gemeinde Stuhr gibt es eine Moschee der Ahmadiyya-Gemeinde aus Pakistan, die aber meist nur von Muslimen außerhalb des Landkreises Diepholz zur Ibada (zum Gebet) benutzt wird. Weder in Moscheen noch in Gebetsräumen gibt es Bilder von Menschen und Propheten, denn Allah, Engel, Propheten dürfen weder gemalt noch als Statuen geformt werden, weil man sich Allah und die Engel nicht vorstellen kann. Die Propheten dürfen deshalb nicht gemalt werden, weil sie nicht angebetet werden dürfen. In den Moscheen findet man aber viele Kalligrafien, Rezitationen aus dem Koran, Lobpreisungen Allahs in arabischer Sprache oder aber auch Bilder von der Kaaba (auch bei uns im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen). Außerdem gibt es des Öfteren bei 13 vielen Moscheen kleinere Räume für Gespräche, Kurse und Vorträge. Auch in unseren Moscheen und Gebetsräumen im Landkreis Diepholz gibt es neben dem Gebetsraum meist weitere Räume, die für verschiedene Zwecke benutzt werden. Moscheenamen geben auch die politische Richtung der Moscheen an bzw. zu welchem Dachverband sie angehören (hierzu s. unter „Dachverbände“). Fast alle Moscheen in Deutschland gehören einem Dachverband bzw. den dahinter stehenden politischen Gruppierungen an, die aus dem Ausland gelenkt werden. Daher werden die Namen der Moscheen bewusst nach der eigenen politischen Richtung des Dachverbandes ausgewählt. Einige Beispiele dazu: - nach berühmten muslimischen Persönlichkeiten wie Mevläna, Beyazıt Moschee, Yavuz Sultan Selim Moschee; - nach Prophetgefährten, nach wichtigen arabisch-osmanischen Personen wie Abdülmecid Moschee, Al Nur Moschee, Ayyüp, Eyyüb Moschee; - nach den ersten vier „rechtgeleiteten“ Khalifen wie Omar, Abu Bakr, Othman oder aber auch nach osmanischen Sultannamen und nach besonderen Höhepunkten oder Ereignissen während des Osmanischen Reiches wie Yavuz Sulan Selim, Ertuğrul Gazi, Ulu Cami, Fatih Cami (Eroberer Moschee). Für diejenigen, die kein geschichtliches und politisches Hintergrundwissen haben, ist es jedoch fast unmöglich, über die Moscheenamen Rückschlüsse auf die politische und religiöse Gesinnung zu ziehen. F.2.3. Worauf muss man beim Besuch einer Moschee achten? Jeder kann Moscheen besuchen, auch bei uns im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen. Ebenso, wie es den Christen nicht verboten ist, Moscheen zu besuchen, dürfen auch Muslime Kirchen besuchen. Man verstößt also nicht gegen den Koran, 14 weil man eine Kirche oder irgendein anderes religiöses Haus besucht. Man darf nur nicht in der Kirche das „Vater unser“ beten oder die Kommunion empfangen. Wenn man eine Moschee besucht, so muss man einige Dinge dabei beachten: Vor dem Eintritt in die Moschee muss man seine Schuhe ausziehen, weil man dort betet. Wo Muslime ihr Gebet sprechen, soll es immer sauber sein. Außerdem ist es in vielen islamischen Ländern auch heute noch so, dass man auf dem Boden sitzt und isst. Deshalb soll auf keinen Fall Staub von der Straße hineingetragen werden. Man muss unbedingt angemessen gekleidet sein, z.B. Hosen oder Röcke, die das Knie bedecken, saubere Socken (selbst im Sommer muss man Socken tragen). Es dürfen auf keinen Fall (auch im Sommer nicht) bauch-, rücken- oder schulterfreie T-Shirts getragen werden. Diese unbedeckten Körperteile müssen durch ein Tuch abgedeckt werden. Während des Vortrages muss man sich hinsetzen und in Ruhe zuhören. Fragen können meist am Ende des Vortrags gestellt werden. Kaugummi kauen gilt als respektlos und wird nicht gerne gesehen. Selbstverständlich ist auch zwischen den Paaren intime Körpernähe während des Besuchs der Moschee nicht erlaubt. Man kann meist vor dem Besuch einer Moschee spezielle Themen, die man gern ansprechen möchte, vorher einer dafür zuständigen Person benennen und diese dann während der Besuchszeit nach der Vorstellung auch diskutieren. Jeder, der die Moschee besucht, ob Christ oder Muslim oder Angehöriger einer anderen Religion, ist nicht gezwungen zu beten, nur weil er sich in der Moschee befindet. Es gibt sozusagen keinen Zwang zum Gebet. F.2.4. Was wird in den Moscheen angeboten? Im Folgenden sind hier in Stichpunkten laufende Aktivitäten in den Moscheen und Gebetshäusern im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen aufgelistet: - Versammlungen und Vortragsabende zu religiösen Fragen, zu die Türkei betreffendenThemen, zur Auslegung des Korans mit hochrangigen Persönlichkeiten aus Ägypten, dem Iran und der Türkei; - Feiern zur Geburt des Propheten Muhammad; - regelmäßige Gebete, besonders an Freitagen. An den anderen Tagen befinden sich nur ganz wenige Menschen in den Moscheen, weil viele arbeiten. Meist sind jedoch Muslime der ersten Gastarbeitergeneration an diesen Tagen dort anzutreffen. Bei Gebeten zu besonderen religiösen Tagen und Anlässen kommen aber viele Angehörige unterschiedlicher Generationen zusammen. Frauen sind meist im Monat Ramadan, zur Zeit des Opferfestes und an religiösen Tagen in den Moscheen; - Teilnahme an den jährlichen Pilgerfahrten nach Saudi-Arabien; auch von vielen örtlichen Moscheen in den Landkreisen Diepholz, Nienburg, Vechta und Verden werden in Kooperation mit ihren bundesweiten Dachverbänden gemeinsame Pilgerfahrten nach Mekka in Saudi-Arabien organisiert. - Besuch der Veranstaltungen von Religionsgelehrten aus dem In- und Ausland, die sich auf Einladung eines Dachverbandes in Deutschland befinden (oder Organisierung eigener Veranstaltungen); - Organisierung von Ausflügen (Männer und Frauen getrennt) zu verschiedenen Vorträgen und Veranstaltungen im In- und Ausland zu religiösen, politischen, kulturellen Fragen, die von namhaften islamischen Gelehrten aus dem arabischen Raum und aus der Türkei über islamische Dachverbände in Deutschland angeboten werden; - Organisierung von bundesweiten „Freizeitaktivitäten“, z.B. Begegnungen mit anderen Jugendstätten des gleichen Dachverbandes; - Organisierung von und Teilnahme an Koran-Lesewettbewerben; - Beratung bei religiösen Fragen; - Hausaufgabenhilfe und Nachilfeunterricht; - Koranunterweisung, häufig nur auf Arabisch (Auswendiglernen). Die Unterweisung der Grundelemente des Islams ist für Grundschulkinder; - Gebete für Verstorbene, Hilfe bei Bestattungsformalitäten; - Organisierung von Fastenbrechenabenden; - Geburts- und Trauungszeremonien von Mitgliedern des jeweiligen Moschee-Vereins; - Moschee-Führungen für alle Interessierten; - Frauenarbeit (Koch- und Nähkurse); - Filmabende in der Muttersprache, meist religiöse Filme aus der Heimat; - Männer- und Jugendtreff (Fernsehen, Billard, Flipper, Kartenspiel usw.); - Bibliotheksarbeit, Zeitungen: (Milli Gazete, Türkiye, Zaman, Vakit usw.); - „Tag der offenen Tür“: Von allen islamischen Dachverbänden und dazu gehörigen Moscheen werden in allen Bundesländern zum Tag der Deutschen Einheit ein sogenannter „Tag der offenen Tür“angeboten, an dem die jeweilige Gemeinde Besucher und Besucherinnen informiert. So wurden z.B. am 03.10.2011 bundesweit in allen von islamischen Dachverbänden gelenkten Moscheen (ca. 680 Moscheen) die Besucher über „die Geschichte des Islams und zur Geschichte der örtlichen Moscheen“ informiert; - jedes Jahr im Oktober, aber auch manchmal zu anderen Jahreszeiten die so genannte KERMES (Jahrmarkt). Dieser findet manchmal in der Moschee statt, wird aber auch in der jeweiligen Stadt veranstaltet. Folgende Erzählung von jugendlichen Besuchern einer Moschee macht deutlicher, was in einigen Moscheen abläuft (auch wenn es kein allgemeines Beispiel für die Tätigkeit aller Moscheen sein soll): „Ich gehe in die Moschee, seit ich acht Jahre alt bin. Samstags und sonntags haben wir von 10 Uhr bis 14 Uhr Unterricht. Wir lesen dann im Koran, lernen die arabischen Gebete auswendig und haben Religions- und Ethikunterricht. Da spricht der Lehrer über den Islam, das Leben der Propheten und darüber, wie wir uns als Muslime zu verhalten haben. Man soll sich zum Beispiel gegenüber älteren Menschen respektvoll verhalten, nicht mürrisch sein und in der Öffentlichkeit auch nicht laut lachen. Eine Freundin zu haben ist nicht erlaubt, wie auch Geschlechtsverkehr vor der Ehe. Man darf niemanden schlagen. Bei uns heißt es, dass man die Schläge in doppelter Menge zurückbekommt. Mädchen und Jungs werden getrennt unterrichtet …Manchmal machen die Jugendgruppen einen Ausflug“ (Frankfurter Rundschau, S.12 vom 14.06.10). Auch im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen werden manche Gebetsräume und Moscheen zu unterschiedlichern Jahreszeiten von Schulklassen der allgemeinbildenden Schulen besucht. Dies sollte unserer Ansicht nach in manchen Gemeinden bei bestimmten Moscheen des Landkreises besonders gefördert werden, um die Moscheen für die Mehrheitsgesellschaft zu öffnen und damit antiislamische Tendenzen bzw. Vorurteile gegenüber den Muslimen bekämpft sowie bestehende Informationsdefizite über Angehörige der Mehrheitsgesellschaft überwunden werden können, aber auch SchülerInnen ihre theoritischen Kenntnisse über den Islam durch praktische erweitern können. Und die Vorstände der Moscheen sowie deren Imame sollten sich der Außenwelt öffnen, indem sie ihre Kontakte und eine Zusammenarbeit mit kirchlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen, Parteien und Stadtverwaltungen aufbauen, um eine gemeinsame Identifikiation und integrationsfördernde Aktivitäten in ihren Gemeinden zu initiieren. F.3. Fasten im Monat Ramadan In diesem Monat überbrachte Gabriel Mohammed die erste Offenbarung, die dann als Koran zusammengetragen wurde (610 nach Chr.). Das Fasten während dieses Monats wurde den Muslimen erst im Jahre 624 zur Pflicht. Meist der 27. des Monats gilt als KADİR, die Nacht oder der Einbruch des göttlichen Wortes in die Welt. Der Ramadanmonat wird als „Gottes Monat“, „eine einzige Rose in zwölf Monaten“ oder als „König der Monate“ bezeichnet. Die Rose symbolisiert in der islamischen Kultur und Literatur die Liebe und die Freundlichkeit. Daher wird auch der Prophet mit einer Rose verglichen und auch als „Rose“ benannt. Die Moscheen werden zu dieser Zeit besonders geschmückt und erleuchtet. Der Beginn des Ramadans hängt immer von der Sichtung des Neumondes ab. Da sich der islamische Kalender am Mondumlauf orientiert, beginnt die Fastenzeit jedes Jahr um zehn oder elf Tage früher und durchschreitet allmählich alle Jahreszeiten. Vor Sonnenaufgang (SAHUR) bis Sonnenuntergang wird „um Gottes Willen“ gefastet. Man muss körperlich und geistig gesund sein, um zu fasten. Die Fastenzeiten werden zu jedem jährlichen Ramadanmonat in einem gesonderten Ramadankalender (İMSAKİYE) festgeschrieben. Zu dieser Zeit geben alle Dachverbände für ihre Mitliedsorganisationen und Mitgliedsmoscheen einen eigenen Ramadankalender heraus, der die Zeiten, ihrem eigenen politischen Interesse entsprechend, veröffentlichen. Dies führt jedes Jahr zu vielen Diskussionen, auch bei uns im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen. Denn viele möchten mit dieser Politisierung des Islams nicht in Verbindung gebracht werden. Das Fasten ist gültig, wenn man vorher die Absicht zu fasten ausspricht: „Niyetliyim“ (ich tue es). Während des Fastens ist verboten: Essen, Trinken, Rauchen, sexuelle Handlungen. Nach 15 dem Gebetsruf spricht man dann: „O Allah, um deinetwillen habe ich gefastet und an dich geglaubt und mit deiner Versorgung breche ich das Fasten. Im Namen Allahs, des Allbarmherzigen, des Gnädigen“, und danach beginnt man mit dem Essen, dass durch die İFTAR entweder mit einem Schluck Wasser, einem Stück Olive oder Dattel eingeleitet wird. Am Ende ist ein Nachtgebet (TERAFİ) vorgesehen, das man möglichst in der Moschee mit den anderen Gläubigen abhalten sollte. Auch der Koran wird während des Ramadans rezidiert. Zum Fastenbrechen (İftar) sind unter den Familienangehörigen, Verwandten und Nachbarn gegenseitige Besuche und Einladungen sehr üblich, aber auch mit ärmeren Menschen zusammenzukommen oder sie zu sich nach Hause einzuladen. Auch bei uns im Landkreis Diepholz finden seit Jahren solche gemeinsamen Iftar-Abende sowohl unter Muslimen aus unterschiedlichen Ländern als auch unter Muslimen, Christen und anderen Religions-zugehörigen statt. Man darf während des Fastenmonats nicht streiten, keine Lüge, keine Verleumdung und keine Übeltat begehen. Der Muslim soll nichts Verwerfliches bewusst anschauen, nichts Schlechtes reden, auf nichts Böses hören und nichts Verabscheuungswürdiges tun. Nur politische Islamisten halten im Monat Ramadan den Streit bzw. Krieg für eine Segnung, um als Märtyrer zu sterben, was jedoch mit dem Koran nicht begründet werden kann. Es gibt aber auch eine Befreiung von der Fastenpflicht: Jeder, der durch das Fasten eine schwerwiegende Beeinträchtigung seiner Gesundheit befürchtet, muss nicht fasten. Das Fasten ist nur etwas für gesunde Menschen. Kranke, Soldaten, Reisende, alte Menschen, Schwangere, Chirurgen, Schwerarbeiter, menstruierende Frauen und andere Personen mit einer Beeinträchtigung der Gesundheit müssen an dem Fasten nicht teilnehmen. 16 Für Muslime ist der Fastenmonat eine Zeit der Besinnung, der Andacht in Demut, der Selbstbeherrschung und der Barmherzigkeit gegenüber Arme und Bedürftige, in der sie Allah um die Vergebung ihrer Sünden bitten und die Barmherzigkeit Allahs würdigen. Während dieser Zeit reinigt sich der Gläubige von seinen Sünden. Der Fastenritus hat das Ziel, dem fastenden Muslim wieder bewusst zu machen, welche existienzielle Bedeutung Essen und Trinken für ihn haben. Dabei werden Geduld und Demut gegenüber Allah besonders auf die Probe gestellt. Durch das Fasten werden jedoch auch Türen zu einer sozialen und rücksichtsvollen Gemeinschaft geöffnet. So bekommt der Muslim die Möglichkeit, zu erfahren, was es bedeutet, als hungriger und bedürftiger Mensch zu leben. Auch die Unterschiede zwischen Arm und Reich verlieren ihre Bedeutung in der Ramadanzeit. Am Ende der Fastenzeit wird im Anschluss an das Festgebet das dreitägige Ramadanfest ŞEKER BAYRAMI gefeiert. Dazu trägt man die beste Kleidung, besucht Verwandte und Bekannte, beglückwünscht und beschenkt sich gegenseitig mit Süßigkeiten. Auch Friedhofsbesuche werden gemacht. Einerseits ist dieses Fest für Muslime ein Ausdruck der Freude, dass man den Ramadan erlebt hat und andererseits ein Höhepunkt der gemeinschaftlichen Verbundenheit. In der Türkei ist es z.B. auch üblich, dass Kinder von Haus zu Haus gehen und überall mit Süßigkeiten oder etwas Taschengeld beschenkt werden. An diesem Fest wird ebenfalls an die Bedürftigen gedacht. Sie bekommen FİTRE, eine Spende, deren Höhe von den religiösen Behörden jährlich festlegt wird. Dies ist nicht zu vergleichen mit der sogenannten ZAKATSTEUER. Alle Muslime, unabhängig davon, wo sie leben, sind nach dem Koran verpflichtet, im Monat Ramadan FİTRE (Sadaka–i Fitir), ein Almosen, zu zahlen. Die Höhe des Fitre orientiert sich daran, wie hoch der Betrag ist, um einen Bedürftigen mit Lebensmitteln für einen ganzen Tag auszustatten. Fitre kann als Sach- oder Geldleistungen gegeben werden. Nach dem Koran ist es verboten, Fitre an bedürftige Familienangehörige zu entrichten (Dr. Arık, Selim: „Sadaka-i Fitır“, S. 6 in „Hürriyet“ vom 27.08.2011). An wen dies zu entrichten ist, ist in der Sure „die Reue: 60“ bestimmt (Öztürk, Yaşar Nuri: „Kuran´ı Kerim“, S. 179, İstanbul 1994 (in türkischer Sprache). Besonders während der Fastenzeit ist es unter Muslimen geboten, untereinander zu teilen und sich miteinander zu solidarisieren, damit auch die Bedürftigen genug zu essen und zu leben haben und am Zuckerfest teilnehmen können. Für die Entrichtung des Fitre an Bedürftige erwartet die Muslime eine besondere Belohnung durch Allah. Auch in der BRD bzw. bei uns im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen kommen fast alle Muslime dieser im Koran festgeschriebenen Pflicht nach, indem sie das Fitre an die Vertretungen der Moscheen oder Organisationen entrichten. Es gibt auch Muslime, die das Fitre in ihre Herkunftsländer schicken oder ihre Verwandten bzw. Bekannten im Herkunfsland darum bitten, Fitre für sie zu geben. Wie es in vielen Bereichen der Fall ist, handhaben die organisierten Moscheen und deren Dachverbände und islamische Organisationen (islamische Wohlfahrtsverbände) die Aufforderung, Almosen zu geben, unterschiedlich. Dazu einige Beispiele: Die DİTİBMoscheen baten ihre Mitglieder und Besucher im Fastenmonat Ramadan 2011 um eine Spende in Höhe von 10,00 Euro und der Verband der İslamischen Kulturzentren e.V. (İslam Kültür Merkezleri Birliği) bat auch in seinen Moscheen für 2011 um 10,00 Euro, um diesen Betrag an die „Koran-SchülerInnen“ weiterzuleiten. Der „Muslime helfen e. V.“, eine internationale Hilfsorganisation aus Ludwigshafen, bat seine Mit- glieder bzw. alle Muslime in der BRD um mindestens 6,00 Euro pro Person, damit man „Bedürftigen den İftar“ (das Fastenbrechenessen) irgendwo auf der Welt ermöglichen kann (s. den Flyer „Fasten - Teilen - Helfen“ vom 18.07.2011, Ludwigshafen). nicht oder schlecht zu bestehen“ (Oruc, Kemalettin - Theo. und Referat für Interreligiöse und Interkulturelle Zusammenarbeit der DITIB e.V.: Stellungnahme vom 02.09.2008 bezüglich Fastenmonat Ramadan an den Interkultureller Rat in Deutschland e.V. S.2. Köln). Ein anderes Problem, das sich jedes Jahr im Fastenmonat Ramadan stellt, sofern dieser in die reguläre Schulzeit fällt, ist die Frage, ob auch muslimische Schülerinnen und Schüler fasten müssen oder davon befreit sind. Auch wenn im Koran genügend Ausnahmesituationen zur Befreiung vom Fasten (z.B. die Beeinträchtigung der Gesundheit durch das Fasten) beschrieben sind, fordern viele Verantwortliche politisch gelenkter islamischer Dachverbände und zugehörige Moscheleitungen vor Ort eine strikte Ablehnung der Befreiung vom Fasten unter der Annahme einer gesundheitlichen Beeiträchtigung für jeden Muslimen und jeder Muslima ab dem Eintritt der Pubertät. Hierbei bildet nur die, von der Türkei aus staatlich gelenkte, DİTİB eine „Ausnahme“. So schreibt z.B. „Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religionen e.V. (DİTİB)“ aus Köln, unter der viele Moscheen der Türkeistämmigen organisiert sind, in einer Stellungnahme zum Fastenmonat Ramadan folgendes: „Jeder Muslim und damit auch jeder muslimische Jugendliche im Schulalter, weiß jedoch, dass er vom islamischen Prinzip der Erleichterung Gebrauch machen kann denn der Islam sucht eher den Weg der Erleichterung als der Erschwernis - und das Fasten aussetzen kann, wenn er sich z.B. auf eine Prüfung vorbereiten muss und ihn das Fasten dafür zu sehr schwächt. Es obliegt dem Gläubigen zu entscheiden, an welchem Punkt diese Schmerzgrenze für ihn erreicht ist. Wir (…) können … noch einmal daran erinnern, dass die Möglichkeit besteht und dass es angebracht ist, lieber einen Tag oder zwei Tage mit dem Fasten auszusetzen und diese Tage nach dem Ramadan nachzuholen, als eine Prüfung Auch die Dauer des Ramadanfestes wurde in den letzten Jahren zu einem Problem: Während organisierte Muslime dieses Fest vier Tage lang feiern, dauern die Feierlichkeiten selbst in der Türkei nur drei Tage, ebenso bei den unorganisierten Muslimen. Hinsichtlich der Heiligkeit des Ramadanmonats sagte der Prophet Muhammad: „Wer den Ramadan hindurch mit Glauben und Verantwortungsbewusstsein fastet, dem vergibt Gott seine vergangenen Sünden. Wenn einer im Ramadan seine Pflicht erfüllt, gleicht dies 70 anderen Monaten erfüllter Pflichten. Denn der Ramadan ist der Monat der Geduld und der Lohn der Geduld ist das Paradies. Der Ramadan ist der Monat der Versöhnung, er ist der Monat..., dessen Beginn Barmherzigkeit, dessen Mitte Vergebung und dessen Ende Befreiung vom Feuer der Hölle ist.“ 17 F.4. Pilgerfahrt Der Prophet Muhammad ist in Mekka geboren und dort befindet sich die Kaaba. Sie ist das wichtigste Gotteshaus und das größte Heiligtum des Islams. Die HADSCH (Pilgerfahrt) ist eigentlich ein vorislamisches, altarabisches Brauchtum. Die Kaaba von Mekka war schon damals das bedeutendste Heiligtum. Abraham soll es mit seinem Sohn Ismael selbst erbaut haben. Im Inneren der Kaaba befindet sich ein schwarzer Stein. Den soll Abraham vom Erzengel Gabriel geschickt bekommen haben. Dieser Stein wird in der Pilgerzeit von Muslimen umrundet. In und um Mekka herum gehen die Pilger im Laufe von vier Tagen einen bestimmten Weg, der sie an sieben verschiedene Plätze führt. Sie erinnern sich dabei an Abraham und Ismael, von denen auch in der Bibel die Rede ist. Muhammad unternahm vor seinem Tod eine Abschiedswallfahrt nach Mekka. Die Muslime pilgern nach Mekka als dem Ort, in dem der Islam entstand und der Prophet seine erste Offenbarung empfing. Jeder gesunde, freie, erwachsene Muslim soll einmal im Leben während des Pilgermonats nach Mekka pilgern, wenn er es sich finanziell (ohne Schulden und ohne seine zurückbleibende Familie zu belasten) leisten kann. Für die nicht pilgernden Muslime ist vorgesehen, sich in dieser Zeit verstärkt um gute Taten und freiwillige Gottesdienste wie z.B. Beten zu bemühen. Die Pilgerfahrt wird von den Muslimen durch eine gemeinsame Opferung und das Opferfest abgeschlossen. Wer die Pilgerfahrt durchgeführt hat, bekommt den Titel „HACI“. Das Opferfest Kurban Bayramı wird im zehnten Monat des islamischen Kalenders gefeiert. Allah prüfte Ibrahim, indem er von ihm verlangte, um Allahs Willen auf das Allerliebste zu verzichten, was Ibrahim hatte: Er sollte seinen einzigen Sohn opfern. Als er tatsächlich dazu bereit war, ersparte Allah aus seiner Barmherzigkeit heraus Ibrahim 18 dieses Opfer. Zur Erinnerung daran wird alljährlich zum Opferfest ein Tier geschlachtet. Es geht dabei nicht um Fleisch oder Blut, sondern um Gottesfurcht. Gott prüft damit die Opferbereitschaft der Muslime. Im Koran heißt es dazu in der Sure 22:37: „Weder ihr Fleisch noch ihr Blut erreicht, … jedoch erreicht ihn eure Frömmigkeit …“. Und es geht dabei auch um Dankbarkeit gegenüber Gott und um das Teilen unter den Muslimen. Viele gläubige unorganisierte Muslime in der BRD, auch bei uns im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen glauben daran, dass der Prophet Muhammad einmal gesagt haben soll: „Wer sich im Wohlstand befindet und nicht opfert, der soll sich nicht unserem Gebetsplatz nähern“. Danach orientieren sich alle Muslime. Am Opfertag verrichten Muslime als erstes die Festgebete in der Moschee oder in den als Moschee dienenden Räumen. Nachdem Gebet geht man zum Schlachten. Vor dem Gebet darf nicht geschlachtet werden. Vor dem Gebet geschlachtete Tiere haben mit dem Opferfest nichts zu tun. Nach dem Koran muss man bezüglich des Opfertieres auf einige Besonderheiten achten: Das Opfertier muss zunächst ein Weidevieh sein; Kühe müssen mindestens zwei Jahre alt sein, Schafe und Ziegen mindestens ein Jahr alt. Eine Kuh kann unter bis zu sieben Personen als Opfertier geteilt werden. Das Opfertier darf an keiner Krankheit leiden. Man kann auch jemanden zum Schlachten beauftragen, wenn man dazu selber nicht in der Lage ist, z.B. aus gesundheitlichen Gründen. Auch der Prophet Muhammad soll im Namen seiner Gattinnen Kühe geopfert haben. Man muss das Fleisch des geschlachteten Opfertieres in drei Teile aufteilen. Dann muss das Fleisch an Bedürftige, Nachbarn, Freunde und Verwandte verteilt werden. Das Fleisch und andere Teile vom geopferten Tier dürfen nicht verkauft werden. Das Opferfest dauert insgesamt vier Tage. F.5. Zakatsteuer und Almosen Die Zakatsteuer steht ausschließlich den sozial Schwachen zu bzw. geht an die Armen und Bedürftigen. Der Koran schreibt die Höhe des Zakats nicht vor. Oft wird nach manchem „wichtigsten“ islamischen Gelehrten ein Zehntel und nach manch anderem „wichtigsten“ islamischen Gelehrten ein Vierzigstel des Vermögens empfohlen, und zwar erst nachdem man das Vermögen ein Jahr lang in Besitz hatte. Die Zakatsteuer sollte einmal jährlich entrichtet werden. Es gibt im Koran noch einen Begriff für Almosen: SADAKA. Diese Abgabe ist freiwillig, sie kann jederzeit und in beliebiger Höhe abgegeben werden. G. Das islamische Glaubensbekenntnis und die Glaubensgrundlagen Bei den Sunniten kommen zusätzlich zu den fünf Grundsäulen des Islams noch folgendes islamisches Glaubensbekenntnis bzw. folgende Glaubensgrundlagen hinzu: Der Glaube an Gott, der Glaube an die Engel, der Glaube an die offenbarten Bücher TEVRAT – Thora, ZABUR – Psalter, İNCIL – Bibel, KURAN – Koran, der Glaube an die Propheten und Gesandten Gottes (25 Propheten bzw. Gesandte werden im Koran namentlich genannt), der Glaube an den Tag der Auferstehung, der Glaube an die göttliche Vorherbestimmung (an diesen Grundsatz glauben ausschließlich Sunniten). G.1. Ein kurzer Abriss zu häufig diskutierten Punkten in der Öffentlichkeit G.1.1. Bedeckung - Kopftuch Heutzutage sind sich viele islamische Theologen in der Interpretation der die Körperbedeckung betreffenden Suren im Koran nicht einig. Daher bleibt es bei der im Folgenden zitierten Sure unklar, um welche Art der Bedeckung es sich dabei handelt: ob damit ÇARŞAF, TSCHADOR (Çarşaf ist die türkische Form der Totalverschleierung und Tschador die iranische) oder nur die Bedeckung des Brustausschnitts gemeint war. Dazu muss man an dieser Stelle erwähnen, dass zu Lebzeiten des Propheten Muhammad Frauen im arabischen Raum „oben ohne“, also mit nackten Brüsten herumliefen, was in vielen Fällen zu Belästigungen und Missbrauch von Frauen führte. Sure 24:31 „Und sprich zu den gläubigen Frauen, dass sie ihre Blicke zu Boden schlagen und ihre Keuschheit (ihre Scham) wahren sollen und dass sie ihre Reize nicht zur Schau tragen sollen, bis auf das, was davon sichtbar sein muss, und dass sie ihren Schleier über ihre Kleidungssausschnitte ziehen sollen und ihre Reize vor niemand enthüllen als vor ihren Gatten, oder ihren Vätern, oder der Väter ihrer Gatten, oder ihren Söhnen, oder den Söhnen ihrer Gatten, oder ihren Brüdern, oder den Söhnen ihrer Brüder, oder den Söhnen ihrer Schwestern, oder deren Frauen, oder denen, deren Rechte sie besitzt (ihren Sklavinnen), oder solchen von ihren männlichen Dienern, die keinen Geschlechtstrieb haben, und den Kindern, die von der Blöße der Frauen nichts wissen. Und sie sollen ihre Füße nicht (auf den Boden) schlagen (um ihre Fuß- und Kniespangen klirren zu lassen), so dass bekannt wird, was sie von ihrem Zierrat verbergen. Und bekehrt euch zu Allah insgesamt,…“. Sure 33:59 „Sag deinen Gattinnen und deinen Töchtern und den Frauen der Gläubigen, sie sollten ihre Übergewänder reichlich über sich ziehen. Das bewirkt eher, dass sie erkannt und nicht belästigt werden“. „In den Moscheen und Islamischen Zentren wird nach Erkenntnissen des Bundesamtes für Verfassungsschutz erzieherisch auf Mädchen und Frauen eingewirkt. Im Koranunterricht und anderen für Frauen bestimmten Aktivitäten wird den Mädchen und Frauen vermittelt, als Muslima nach außen hin als solche erkennbar aufzutreten und hierauf auch stolz zu sein. Insbesondere im Zusammenhang mit dem „Kopftuchverbot“ und den diesbezüglichen Gesetzesvorhaben der Länder ist in den Moscheen und Islamischen Zentren zur Teilnahme an Demonstrationen und Protestkundgebungen aufgerufen und damit ein gewisses Gemeinschaftsgefühl gestärkt worden. Die Mitgliederstärkste islamistische Organisation IGMG befürwortet das Tragen des Kopftuches (Antwort der Bundesregierung vom 15.07.2004 auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Rita Pawelski, Maria Eichhorn, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU; Drucksache 15/3517, S.8). G.1.2. Essensverbote im Islam Es gibt im Koran viele Vorschriften, nach denen das Essen und Trinken von bestimmten Sachen verboten ist. So ist es z.B. verboten, Schweinefleisch zu essen, weil das Schwein ein Allesfresser ist und damit ein unreines Tier. Es ist aber ebenfalls verboten, das Fleisch von Tieren zu essen, die wiederum selber Tiere fressen, die nicht gejagt oder geschlachtet worden sind. Da es im Islam verschiedene Glaubensrichtungen gibt, unterscheiden sich Muslime hinsichtlich dessen, was verboten und was erlaubt ist in manchen alltäglichen Dingen. Während z.B. türkische Aleviten Schweinefleisch essen und Alkohol trinken dürfen, ist es bei dem überwiegenden Teil der sunnitischen Muslime aus der Türkei nicht akzeptabel Schweinefleisch zu essen. Auch für das Schlachten gelten bestimmte Regeln. Deshalb kommt es immer wieder zu Diskussionen unter Muslimen, die häufig von politischen Islamisten „angeheizt“ werden, wie z.B. die Fragen, was man isst, ob das Fleisch von einem muslimischen Metzger nach islamischen Ritual geschlachtet ist, ob man nur in HALAL-Märkten (Halal steht für zulässig oder erlaubt) einkaufen darf oder nicht, was absolut abwegig ist und mit dem Koran überhaupt nicht begründbar. Auch bei uns gibt es leider immer wieder diese Diskussionen, dabei beträgt der Anteil der religiös geprägten und handelnden Muslime nicht einmal 10%. Wein und Glücksspiele werden im Koran als ein Werk Satans gesehen. Nach dem Koran führen sie die Menschen untereinander zu Hass und Feindschaft, halten Menschen vom Gedanken an Allah und an das Gebet fern. Auch 19 Drogen sind nach dem Koran verboten ebenso wie alle anderen Dinge, die die Menschen „berauschen“, wie es durch folgende Suren zum Ausdruck gebracht wird: Sure 5:90 „O ihr, die ihr glaubt! Siehe, Berauschendes (damit ist zu der Zeit des Propheten Muhammad Wein gemeint; Anmerkung des Verfassers), Glückspiele, Opfersteine und Lospfeile sind ein Gräuel, Satanswerk. Meidet sie, auf das es euch wohlergehe“ Sure 5:91 „Der Satan will durch Berauschendes und Spiel zwischen euch nur Feindschaft und Hass säen und euch von dem Gedanken an Allah und dem Gebet abhalten. Wollt ihr deshalb nicht davon ablassen?“ G.1.3. Befreiung von Sport- bzw. Schwimmunterricht Mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25. August 1993 ist der Weg für muslimische Mädchen, aus dem koedukativ erteilten Sportunterricht unter bestimmter Voraussetzungen befreit zu werden, ermöglicht worden. Damit gibt es einen Rechtsanspruch auf Befreiung vom koedukativen Sportunterricht für muslimische Mädchen. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes können muslimische Schülerinnen ab Beginn der Pubertät zu keinem koedukativen Sportunterricht verpflichtet werden, d.h. jedoch auch im Umkehrschluss, dass sie sehr wohl vor der Pubertät zur Teilnahme am koedukativen Sportunterricht verpflichtet sind. „Gemäß den Vorgaben …“ des obigen Urteils „… werden Schülerinnen auch im Falle des koedukativen Schwimmunterrichts in den meisten Bundesländern auf Antrag erst ab dem vollendeten 12. Lebensjahr – also mit Einsetzen der Pubertät – vom Schwimmunterricht befreit …“. Die religiös begründete Nichtteilnahme am Schwimmunterricht ist nach den Erkenntnissen der zuständigen Landesministerien kein flächendeckendes 20 Problem. Es handelt sich vielmehr um Einzelfälle (in diesen Fällen um Kinder von in islamischen Dachverbänden organisierten Mitgliedern; Anmerkung des Verfassers) für die in der Praxis in den Schulen vor Ort einzelfallorientierte Lösungen gesucht und gefunden werden. Demzufolge sind z.B. „… seit dem Jahr 2000 keine Gerichtsverfahren anhängig, in denen es um die religiös begründete Befreiung vom Schwimmunterricht geht“ (Jäger, Torsten: Muslimische Mädchen und der Schwimmunterricht - Auswertung einer Umfrage des „Clearingprojekts: Zusammenleben mit Muslimen“ bei den Kultusministerien der Länder, S. 16. August 2007; Hrsg.: Interkultureller Rat in Deutschland e.V. – Bundesweites Clearingprojekt: Zusammenleben mit Muslimen). Nicht nur im Landkreis Diepholz, sondern auch in benachbarten Landkreisen sind uns Fälle bekannt, dass seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes muslimische Schülerinnen oder deren Eltern von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben und machen. Es ist bundesweit als auch bei uns der Fall, dass „verschiedene muslimische Organisationen, wie zum Beispiel der Verband der Islamischen Kulturzentren e.V., der Islamrat für die Bundesrepulik Deutschland e.V. und der Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V., ihre Gemeinden und deren Mitglieder über diese Möglichkeit informiert haben. Verschiedene Gruppierungen verbreiten Musteranträge für die Beantragung einer Befreiung im Internet“ (Antwort der Bundesregierung vom 15.07.2004 auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Rita Pawelski, Maria Eichhorn, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU; Drucksache 15/3517, S. 9-10) oder angefertigte Anträge in den Moscheen. Vorsitzenden der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen e.V., der „KamelFatwa“, stand, dass „eine mehrtägige Reise mit Übernachtung außerhalb der ehelichen bzw. elterlichen Wohnung für muslimische Frauen ohne Begleitung eines MAHRAM ( eines engen männlichen Verwandten) nicht erlaubt ist und gegen islamische Regeln verstößt“ (Antwort der Bundesregierung vom 15.07.2004 auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Rita Pawelski, Maria Eichhorn, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU; Drucksache 15/3517, S. 10), ist dies mit dem Koran nicht begründbar. Nirgendwo im Koran gibt es diesbezüglich irgendeine Sure, aus der man dieses Verbot ableiten könnte. Es kann auch keine Sure dafür im Koran geben. Denn zu Lebzeiten Muhammads gab es keine Schule in dem heutigen Sinne. Auch in den Hadithen findet man in dieser Hinsicht nichts. Leider sind jedoch aufgrund dieses Gutachtens bundesweit Fälle bekannt geworden, bei denen muslimische Eltern, die unter dem Einfluss der obigen islamistischen e.V. standen, unter Berufung auf dieses Rechtsgutachten die Teilnahme ihrer Töchter an Klassenfahrten abgelehnt haben. Nach Ansicht des „Zentralrates der Muslime“ ist aber „eine Teilnahme von Kindern und Jugendlichen an Klassenfahrten durchaus erwünscht (…), unter der Voraussetzung, dass die Eltern darauf vertrauen können, dass es nicht zu engen körperlichen Kontakten zwischen Jungen und Mädchen kommt“ (Antwort der Bundesregierung vom 15.07.2004 auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Rita Pawelski, Maria Eichhorn, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU; Drucksache 15/3517, S. 10). G.1.5. Sexualität im Koran G.1.4. Teilnahme muslimischer Mädchen an Klassenfahrten Obwohl es in einem religiösen Rechtsgutachten vom Juli 2000 des früheren Der Islam betrachtet Sexualität als ein unerlässliches Bedürfnis des Lebens, das befriedigt werden soll und nicht unterdrückt werden darf. Außerdem dürfen die Frauen nicht als Sexualobjekt be- trachtet werden. Die Sexualität ist keine unreine Sache, von der man sich distanzieren muss, sondern sie muss unter den bestimmten Rahmenbedingungen auf eine gesunde und richtige Weise praktiziert werden. Sie soll freundlich sein, der Zeugung von Nachkommen dienen und Genuss bringend sein. Man soll die Bedürfnisse und Lüste der Frau achten. Vor der intimen Einigung soll es Vorspiele geben, und der Paarungsakt soll sich innerhalb eines gottgewollten, die gesellschaftliche Struktur schützenden Rahmens bewegen. Als unrein gilt nach dem Koran, wenn man Sex während der Menstruation der Frau, tagsüber während des Fastenmonats und während der Pilgerzeit praktiziert. Als ebenfalls unrein gilt der Analsex. Homosexualität wird im Koran als partnerschaftliche Lebensform nicht akzeptiert, ist verabscheuungswürdig und muss bestraft werden. Im Koran, Sure 4:16, steht dazu: „Und die zwei von euch, die es begehen: straft beide (Frauen wie Männer) Und wenn sie bereuen und sich bessern, dann lasst von Ihnen ab. Siehe, Allah ist vergebend und barmherzig“. Auch wenn bei uns im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen keiner wegen seiner Homosexualität angegriffen worden ist, bleibt es weiterhin die Aufgabe der Imame, in den Moscheen und Gebetshäusern die Jugendlichen darüber aufzuklären und die Jugendlichen nicht gegen Homosexuelle aufzuhetzen, sondern ihnen beizubringen, die Homosexualität als Lebensform zu akzeptieren und dazu auch theologische Stellungnahmen zu beziehen. Auch wenn manche Multikulturalisten im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen ihre Probleme damit haben, offen darüber zu reden, sagen wir als Migranten und Flüchtlinge ganz offen, dass diese Ausgrenzung und Diskriminierung von Homosexullen strafbar ist und jeder das Recht hat selbstzubestimmen, wie man leben möchte. Auch eine lesbische Beziehung ist nach dem Koran verboten und soll bestraft werden. In der Sure 4,15 steht: „Und wer von euren Frauen etwas Widerwärtiges (unzüchtiges, amoralisches und unmoralisches Verhalten) begeht: nehmt vier von euch als Zeugen gegen Sie. Und wenn sie es bezeugen, schließt sie in die Häuser ein, bis der Tod sie nimmt oder Allah ihnen einen Ausweg zeigt“. H. Islam und Christentum Der Islam anerkennt alle Propheten, darunter auch Jesus Christus. Jesus wird im Koran und in der islamischen Tradition als einer der großen Propheten (ULULAZM) verehrt. Im Koran und in der islamischen Literatur hat der Name „Jesus“ die Form ‚ISÂ. Mehrfach wird Jesus im Koran mit seinem Beinamen „AL-MA-SÎH“, genannt. Seine Geburt, seine Aufgaben, der Tod und die Auferstehung sind Ereignisse die im Koran aufgeführt werden. Die Christen sind nach dem Koran Besitzer von EHLI KITAP, die Schriftbesitzer des von Gott herabgesandten Buches. Und auch die Christen verehren die meisten der im Koran genannten Propheten. Darüber hinaus gibt es mehrere Gemeinsamkeiten zwischen Christen und Muslime, wie z.B.: - Der gemeinsame Glaube an den einen Gott „der zu den Menschen gesprochen hat“. - Gemeinsam ist Christen wie Muslimen der Glaube an Gott, dem Schöpfer, der Himmel und der Welt erschaffen hat, der sie bewahrt und regiert und richtet und sie nicht alleine läßt. Gemeinsam ist ihnen das Wissen um Gottes Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. - Gemeinsam ist Christen und Muslimen das Wissen, dass Gott ihnen in seinem Wort seinen Willen kundtut und sie sich vor Gott in ihrem Tun und Lassen verantworten müssen und der Glaube an die Auferweckung der Toten und an Gottes Gericht. Christen und Muslime haben ebenfalls gemeinsam: 1. Gleiche Gebete und Danksagungen (an den einen Gott), 2.Bestimmte Körperhaltungen beim Gebet (hinsetzen, die Hände vor Gott falten), 3.Feiertage, 4.Die Unterwerfung unter den einen Gott, 5.Den Glauben an Abraham, 6.Die Verehrung von Jesus und Maria, 7.Die Erwartung des entzeitlichen Gerichts. 8.Der Glaube an die Auferweckung der Toten. Einige der folgenden Suren aus dem Koran verdeutlichen diese Gemeinsamkeiten sehr gut: Sure 2:136 „Sprecht: „wir glauben an Allah und an das, was Er zu uns herabsandte, und was Er zu Abraham und Ismael und Isaak und Jakob und den Stämmen herabsandte, und was Moses und Jesus und was den Propheten von ihrem Herren gegeben wurde. Wir machen keinen Unterschied zwischen einem von ihnen…“ Sure 5:6 „Und in ihren Spuren ließen wir Jesus folgen, den Sohn der Maria, um die Thora, die vor ihm war, zu bekräftigen. Und wir gaben ihm das Evangelium 21 mit seiner Rechtleitung und einem Licht, die Thora, die vor ihm war, bestätigend als eine Rechtleitung und Ermahnung für die Gottesfürchtigen“. Sure 5:69 „Siehe, die Gläubigen und die Juden und die Sabäer und die Christen - wer da an Allah glaubt und an den Jüngsten Tag und das Rechte tut - keine Furcht soll über sie kommen, und sie sollen nicht traurig sein“.Sure 5:82 „… und du wirst finden, dass den Gläubigen diejenigen am freundlichsten gegenüberstehen, welche sagen: “Wir sind Christen, weil unter ihnen Priester und Mönche sind, und weil sie nicht hochmütig sind”. Sure 29:46 „ …Und sprecht: Wir glauben an das, was zu uns herabgesandt wurde und was zu euch herabgesandt wurde. Unser Gott und euer Gott ist ein und derselbe“. Auch die Brüderlichkeit unter allen Gläubigen (Christen u.a.) wird nach dem Koran z.B. mit den folgenden Suren hervorgehoben: Sure 2: 62 „Siehe, die da glauben, auch die Juden und die Christen und die Sabäer, wer immer an Allah glaubt und an den Jüngsten Tag und das Rechte tut, die haben ihren Lohn bei ihrem Herrn. Keine Furcht kommt über sie, und sie werden nicht traurig sein“. Sure 2:87 „Und Moses gaben Wir die Schrift und ließen ihm Gesandte nachfolgen. Und Wir gaben Jesus, dem Sohn der Maria, die deutlichen Zeichen und stärkten ihn mit göttlicher Inspiration“. Der wesentliche Unterschied zwischen Christentum und Islam liegt darin, dass für die Muslime die prophetische Offenbarung ihren Höhepunkt und ihr Ende in Muhammad erreicht. Für die Christen erreicht die Offenbarung ihren Höhepunkt in Jesus Christus, dem Wort Gottes, das Mensch wurde, am Kreuz starb und als auferstandener Herr die Rolle der Offenbarung (PLEROMA) darstellt. Der Koran erklärt die Unterschiede damit, dass die Tora (tevrat), die Psalmen (zabur) und das Evangelium (incil) als Heilige Schriften durch Eingriffe in 22 den Text im Lauf der Jahrhunderte verändert und verfälscht worden seien. Der Koran versteht sich daher als letzte Offenbarung, die alle früheren Offenbarungen aufnimmt und wiederherstellt. „Für Muslime ist Gottes Wort in abschließender Form in einem Buch, dem Koran, präsent. Ihn hat der Prophet Mohammed verkündet. Vor ihm traten nach islamischem Glauben - viele andere Propheten auf, darunter auch Jesus, die im Wesentlichen das gleiche verkündeten. Mohammed gilt als „Siegel der Propheten“; nach ihm gibt es keine Propheten und keine Offenbarung mehr. Für Christen ist Gottes Wort nicht zuerst in einem Buch gegenwärtig, sondern in einer Person: Jesus Christus. In seinem Reden und Handeln, Leben und Sterben offenbart er, wer Gott ist. Jesus Christus ist daher mehr als ein Prophet: In ihm ist Gottes Wort Mensch geworden; er ist Gottes Sohn, wahrer Mensch und wahrer Gott. Daher bekennen Christen den einen Gott als dreifaltig: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Die Bibel gibt Zeugnis vom Heilshandeln Gottes in der Geschichte. Muslime sehen in der Bezeichnung „Sohn Gottes“ einen Abfall vom Ein-Gott-Glauben und lehnen diesen Titel daher strikt ab. Jesus wurde nach islamischer Auffassung nicht gekreuzigt; sein Tod und seine Auferstehung bewirken keine Erlösung. Die Dreifaltigkeit wird als Dreiheit von Vater - Mutter - Sohn missverstanden und zurückgewiesen. Stellen im Alten und Neuen Testament, die nicht mit der islamischen Lehre übereinstimmen, gelten als verfälscht. Christen können den Koran zwar als Glaubenszeugnis, aber nicht als neue Offenbarung Gottes anerkennen, da Christus das endgültige Wort Gottes ist, nach dem es keine neue Offenbarung mehr geben kann“ („Anstoß zum Dialog - Handreichung für das Gespräch zwischen Christen und Muslimen“, S.7. Hrsg.: Die Beauftragte für den Dialog mit den nichtchristlichen Religionen, Bistum Osnabrück – Bistum Hildesheim). Hinsichtlich des Zusammenlebens zwischen Christen und Muslimen haben wir in letzter Zeit immer wieder erzählt bekommen, dass unter Muslimen in unseren Landkreisen eine große falsche Propaganda gemacht wird: Es soll vielen Muslimen „empfohlen“ worden sein, weder bei Christen noch bei christlichen Familien zu essen, weil diese Schweinefleisch verzehren. Diesen Versuchen der Verfeindung verschiedener Religionszugehörigen, initiiert von politischen Islamisten, möchten wir die folgende Sure aus dem Koran entgegensetzen, weil sie, ohne Kommentar, die richtige Antwort auf diese falsche Empfehlung ist: Sure 5:5 „Heute sind euch alle guten Dinge erlaubt. Auch die Speise derer, denen die Schrift gegeben wurde, ist euch erlaubt, so wie eure Speisen ihnen erlaubt sind. …“ Auch die Gewaltanwendung oder gar Tötung von Gläubigen ist nicht mit dem Koran begründbar. Dies kommt in folgenden Suren sehr gut zum Ausdruck: Sure 16:90 „Siehe Allah gebietet Gerechtigkeit zu üben, Gutes zu tun und die Nahestehenden zu beschenken. Und er verbietet das Schändliche und Unrechte und Gewalttätige. Er ermahnt euch, euch dies zu Herzen zu nehmen“. Sure 4:92 „Kein Gläubiger sollte einen anderen Gläubigen töten. Es sei denn aus Versehen“. Sure 4:93 „Wer einen Gläubigen mit Vorsatz tötet, dessen Lohn ist die Hölle, ewig soll er darin verweilen. Allah zürnt ihm und verflucht ihn und bereitet für ihn gewaltige Strafe“. I. Religiöse Feiertage im Islam Die wichtigsten religiösen Feiertage der Muslime im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen, die meist gefeiert werden, unabhängig davon, zu welcher Glaubensrichtung und Rechtsschule Sie angehören, sind: - Das ASCHURAFEST. Es hat eine unterschiedliche Bedeutung bei Sunniten und Schiiten (Aleviten in der Türkei). Im sunnitischen Volksglauben ist es der Tag, an dem Gott Adam und Eva, Himmel und Hölle, Leben und Tod erschuf und an dem Noah die Arche verließ. Für die Schiiten ist es der Tag der Trauer um Hussein, dem Sohn des Kalifen Ali, der an diesem Tag im Jahre 680 in Kerbela den Märtyrertod erlitt; - Der Geburtstag des Propheten Muhammads MEVLİD KANDİLİ. Aus diesem Anlass treffen sich Muslime entweder in ihren eigenen vier Wänden oder in den Moscheen, um mit Koranrezitaten der Geburt und des Lebens Muhammads zu gedenken und die Sendung des Propeten zu preisen; - Der Geburtstag des Heiligen Ali, HIDIRELLEZ (alevitisches Fest); - Islamischer Feiertag am ersten Freitag des Monats Recep, REGAİB KANDİLİ; - Die Nacht der Himmelreise des Propheten Muhammad, MİRAC KANDİLİ. Sie ist nicht mit der christlichen Himmelfahrt zu vergleichen. Denn dem Koran und der Tradition zufolge handelt es sich dabei um eine Vision des Propheten – die Theologie spricht von einer „Traumreise“ – während er von Mekka nach Jerusalem und von dort in den Himmel entrückt wurde, um Gott von Angesicht zu Angesicht zu schauen; - Die Nacht der Berufung Muhammads zum Propheten, BERAT KANDİLİ; - Die Gedenktage an Hacı Bektaş bei den Aleviten (nur in der Türkei); - Der Heilige Monat Ramadan und das Fastenbrechenfest. Das Fest des Fastenbrechens beendet den Fastenmonat Ramadan. Es gehört zu den großen wichtigen Festen im Islam und dauert drei Tage. In den Familien wird gemeinsam gegessen und die Freude über die bestandene Fastenzeit ausgedrückt. In der Türkei wird das „Zuckerfest“ ŞEKER BAYRAMı genannt. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass wieder Süßigkeiten gegessen werden dürfen bzw. dass für das Fest viele süße Speisen, Desserts und Gebäck zubereitet werden. Während der Festtage werden Kinder besonders beschenkt. - Das „Opferfest“ KURBAN BAYRAMı; Es dauert vier Tage und wird gefeiert zum Gedenken an Abrahams Bereitschaft, aus Liebe zu Gott gemäß seinem Willen seinen erstgeborenen Sohn (im islamischen Verständnis Ismael) zu opfern. Daran erinnert jedes Jahr in Mina die Schlachtung der Opfertiere. - Die Nacht der Offenbarung, KADİR GECESİ. Sie ist im Monat Ramadan und erinnert an den Beginn der Offenbarung des Korans. Der Feiertag ist die Heilige Nacht des Islams. - Das Islamische Neue Jahr, HİCRİ YILBAŞI. - Das MUHARREM-FASTEN bei den Aleviten. Die Aleviten dürfen an diesen Tagen nur Gutes tun, kein Fleisch essen, kein Blut vergießen, keinen Menschen töten und sich nicht amüsieren. Fastenbrechenessen mit Angehörigen aller Glaubensrichtungen und Rechtsschulen veranstaltet, zum Geburtstag Muhammads wird aus dem Koran gelesen, bei religiösen Festen Kinder beschenkt, die verstorbenen Verwandten und Bekannnten auf den Friedhöfen besucht. Und viele der unorganisierten Muslime aus dem Landkreis Diepholz und den benachbarten Landkreisen wünschen sich hinsichtlich dieser religiöser Tage mit den Schulen, Rathäusern, Kirchen, Institutionen in Kontakt zu kommen, um gemeinsame interreligiöse Begegnungen zu schaffen. Viele dieser religiösen Feiertage werden bei uns im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen unter Muslimen (manchmal unterschiedlich) gefeiert und verschiedene Aktivitäten durchgeführt. So werden in Monat Ramadan fast jeden Abend gemeinsame 23 J. Sterben und Tod im Koran Der Tod ist nach dem Islam ein natürliches Ende des Lebens, das von Allah für eine bestimmte Zeitspanne gegeben worden ist. Nach dem Koran wird jedes Lebewesen, ob Mensch oder Tier, irgendwann einmal sterben, weil Allah allein über die Existenz aller Lebewesen bestimmt und über den Zeitpunkt des Todes entscheidet. Daher darf nach dem Koran keinem Menschen durch einen anderen Menschen das Leben genommen werden; denn alleine Allah erschafft und nimmt das Leben. Und deswegen werden von der überwiegenden Mehrheit der Muslime weltweit Attentate auf Menschen nie akzeptiert. Der Tod ist nichts Negatives und gilt auch nicht als Strafe, er gehört zum menschlichen Dasein auf dieser Welt. Der Tod ist nach dem Koran kein endgültiges Ende, sondern ein Übergang in eine andere Dimension des Lebens, der Übertritt in das Jenseits, in der die Seele weiterlebt. Das weltliche Leben ist für den Menschen ein Geschenk Allahs und gleichzeitig eine Bewährung, in der dem Mensch die Möglichkeit gewährt wird, ein Leben in Hingabe zu Allah zu führen. Den Tod betreffend existieren mehrere Suren im Koran: Sure 4:78 „Wo ihr auch sein möget, der Tod ereilt euch…“. Sure 6:60 „Und Er ist es, der eure Seelen zu sich nimmt in der Nacht, und Er weiß, was ihr schaffet am Tag; dann erweckt Er euch wieder (zum Tageslicht), auf dass die vorbestimmte Frist vollendet werde. Zu Ihm ist dann eure Heimkehr; dann wird Er euch verkünden, was eure Werke waren“. Sure 6:61 „Er ist der Höchste über Seine Diener, und Er sendet Wächter über euch, bis endlich, wenn der Tod an euch von einen herantritt, Unsere Gesandten seine Seele dahin nehmen, und sie säumen nicht“. Sure 16:70 „Allah erschafft euch, dann lässt Er euch sterben; …“. Sure 21:35 „Jeder soll den Tod kosten; und Wir setzen euch Schlechtem 24 und Gutem als Prüfungen aus, um euch auf die Probe zu stellen. Und zu Uns sollt ihr zurückgebracht werden“. Im Totenbett bzw. im Moment des Todes muss der Muslim das Glaubensbekenntnis sprechen. Das heißt: „Ich bekenne/bezeuge/glaube, dass es keinen Allah gibt außer Allah und ich bekenne/bezeuge/glaube, dass Muhammad der Gesandte von Allah ist“. Der Sterbende soll nach dem Islam nicht allein gelassen werden. Diejenigen, die sich um die sterbende Person kümmern, müssen ebenfalls das Glaubensbekenntnis mit lauter Stimme sprechen. Und in der Zeit, in der man gemeinsam auf den Tod wartet, wird auch die Sure 36 (YASİN) aus dem Koran rezitiert. Um den Stellenwert dieser Sure, die sehr lang ist, deutlicher zu machen, führen wir im Folgenden nur einige Ausschnitte auf: Sure 36:12 „Wahrlich, Wir machen die Toten lebendig. Und Wir schreiben auf, was sie getan und an Spuren hinterlassen haben. Und alle Dinge haben Wir in einem deutlichen Buch aufgezählt“. Sure 36:22 „Warum sollte ich denn nicht Dem dienen, Der mich erschaffen hat und zu Dem ihr zurück müßt“. Sure 36:36 „Preis sei ihm, der alle Arten paarweise erschaffen hat, von dem, was die Erde wachsen lässt, und von ihnen selber und von dem, das sie nicht kennen“. Sure 36:60 „Habe ich euch nicht befohlen, o ihr Kinder Adams: „Dient nicht dem Satan – siehe, er ist euch ein offenkundiger Feind“. Sure 36:83 „So sei Der gepriesen, in Dessen Hand die Herrschaft über alle Dinge liegt! Und zu Ihm kehrt ihr zurück“. Bei der Aufbahrung des Toten muss die Richtung gen Kaaba (Mekka) zeigen. Nachdem die Person gestorben ist, müssen deren Hände auf dem Bauch zusammengeführt und gefaltet werden. Bevor man mit der Waschung be- ginnt, muss die Kleidung komplett ausgezogen und die Leiche zum Waschraum gebracht werden. Dieses Ritual ist von Ort zu Ort verschieden und hängt davon ab, ob jemand im Krankenhaus, in der Stadt oder zuhause bzw. auf dem Lande gestorben ist. In Deutschland wird dies meist von muslimischen Bestattungsinstituten übernommen: Die Leiche wird zunächst an ihrem Todesort abgeholt. Anschließend erfolgen die Waschungen und letztendlich die Bestattung oder die Überführung ins Herkunftsland sowie das Begräbnis dort. Bei der Ganzkörperwaschung wird zuerst Seifenwasser über die Leiche gegossen. Um die Seifenreste zu entfernen, benutzt man anschließend klares Wasser. Bei der dritten Waschung wird dann der ganze Körper mit Wasser übergossen, das mit Kampfer angereichert ist. Die Leichenwaschung muss von jemandem, der sich darin gut auskennt, gemacht werden. Dies ist entweder ein Imam oder eine Imamin, da der bzw. die Waschende das gleiche Geschlecht wie die verstorbene Person haben muss. Die Waschung darf nicht von Familienmitgliedern durchgeführt werden. Während der Waschung werden Ausschnitte aus der Sure ALANAM (DAS VIEH) rezitiert. Nach der Waschung müssen die Körperöffnungen verschlossen werden. Danach wird der Tote in weiße Tücher gewickelt und in einen offenen Sarg gelegt, damit sich alle Familienmitglieder zum letzten Mal verabschieden können. Nach der Schließung des Sarges wird der Leichnam zur Moschee oder zum Friedhof gebracht. Bevor der Verstorbene bestattet wird, kommt es zu einem Gebet entweder vor der Moschee oder an der Grabstätte. Der Koran schreibt dazu nichts vor. Dieses Gebet kann überall stattfinden, nur die Gebetsrichtung nach Kaaba (Mekka) soll gewährleistet sein. Wenn der Tod vormittags stattgefunden haben sollte, wird meist am gleichen Tag bestattet, ansonsten am darauf folgenden Tag. Hierbei ist es sehr wichtig zu wissen, dass es für viele Muslime eine Ehre ist, den Toten zu Grabe zu tragen (weshalb man sich dabei abwechselt) und sein Gewand zu berühren. Der Tote wird von Männern zu Grabe getragen. Der Brauch, Erde auf den Leichnam ins Grab zu schütten, gibt es auch im Islam und wird unter den Familienangehörigen, Männern wie Frauen, praktiziert. Während dieser Zeremonie spricht man folgende Sure: Sure 20:55 „Aus ihr (der Erde) haben Wir euch erschaffen, und in sie lassen Wir euch zurückzukehren, und aus ihr lassen Wir euch ein weiteres Mal erstehen“. Nach dem Gebet soll die Leiche ins Grab gelassen werden. Das Totengebet darf nicht mit den üblichen Gebeten im Koran verglichen werden. Es unterscheidet sich sowohl inhaltlich als auch vom Bewegungsablauf: Während sich Muslime beim alltäglichen und vielen anderen Gebeten knien, gibt es beim Totengebet weder eine Verneigung noch einen Kniefall. Beim Herablassen des Toten in das Grab spricht man: „Im Namen des Allahs und in der Religion des Boten von Allah“. Die Leiche muss im Grab auf die rechte Seite gestützt und nur in ein weißes Leinentuch gehüllt (also ohne Sarg) mit dem Gesicht in Richtung Kaaba (Mekka) liegen. Nach dem Koran wird der Tote von zwei Engeln besucht, die ihm dann einige Fragen zu seinem Glauben stellen. Daher werden, während das Grab mit Erde gefüllt wird und auch nach der Beerdigung, verschiedene Suren aus dem Koran zitiert, die dem Toten helfen sollen, die richtigen Antworten zu geben. Wenn die Fragen richtig beantwortet werden, wird er ins Paradies geschickt. Wenn er falsche Antworten gibt, kommt er in die Hölle. Nach dem Koran wird jede und jeder von Allah geprüft. Wer glaubt und tut, was Recht ist, wird mit dem Paradies (CENNET) belohnt. Wer aber ein Feind Allahs ist, kommt in die Hölle (CEHENNEM). Im Koran wird das Paradies als ein großer Garten beschrieben. Allah ist dort ganz nahe und freut sich über seine Menschen. Es gibt Ruhestätten und unendlich sprudelnde Quellen, köstliche Speisen und Getränke, Flüsse mit goldenen Fischen, so wie es z.B. in der folgenden Sure beschrieben wird: Sure 2:25 „Verheiße aber denen, die glauben und das Rechte tun, dass Gärten für sie bestimmt sind, durcheilt von Bächen. Und sooft sie mit einer ihrer Früchte gespeist werden, …“ Das Grab soll einfach sein. Dafür gibt es nach dem Koran keine Vorschriften. Man soll aber für die Armen und Bedürftigen sowie auch für die Besucher und Besucherinnen Essen anbieten und Allah darum bitten, dass der Verstorbene belohnt wird. Nach der Bestattung beginnt eine siebentägige Trauerzeit. Während dieser Zeit bekommen die Angehörigen Beileidsbesuche. Es werden Gebete gesprochen und der Koran rezitiert. Und auch zum 40. Todestag wird gemeinsam gegessen, das Grab des Verstorbenen besucht, der Koran rezitiert und Spenden verteilt. 25 K. Islamische Dachverbände, deren Vertretungen und die Muslime Weyhe: Die in Weyhe lebenden Muslime Hier finden Sie die Adressen einiger Moscheen in verschiedenen Gemeinden und Städten im Landkreis Diepholz und den Landkreisen Verden, Vechta und Nienburg, den Städten Bremen und Osnabrück, die als Verein oder als Treffpunkt existieren, Mitglied folgender bundesweiter Dachverbände sind und die von Muslimen aus dem Landkreis Diepholz und den benachbarten Landkreisen besucht werden. K.1. Moscheen und Gebteshäuser im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen und Städten Achim Achim Barnstorf Bremen Brinkum HannoverStöcken Lohne Sulingen Sami-Moschee www.ahmadiyya.de Lohne Camisi www.igmg.de Kulturverein zur Förderung und Integration von Jugendlichen Nienburg e.V. www.vikz.de Ulu Cami www.igmg.de und www.ditib.de Diyanet Cami www.ditib.de Yeni Cami www.ditib.de und www.igmg.de www.igmg.de Sulingen Selimiye Moschee Syke Zurzeit trifft man sich in verschiedenen privaten Räumen. Sie sind bemüht, Grundstücke zu kaufen und darauf ein Gebetshaus bzw. eine Moschee zu bauen; gelenkt wird die Gruppe von Milli Görüs, Fethullah Gülen und der Grauen Wölfen aus der Stadt Syke Vechta Wagenfeld Sultan Ahmet Merkez Cami www.ditib.de und www.igmg.de Fatih Sultan Camii (Aktion Bildung und Integration in Vechta e. V.) (www.vikz.de) www.ditib.de Verden-Aller www.ditib.de Nienburg NienburgWeser Osnabrück Sulingen Vechta 26 Hicret Moschee www.igmg.de Haci Bayram Camii (Jugend- und Kulturverein Achim e.V.), www.vikz.de Mevlana Moschee www.igmg.de Fatih Moschee www.ditib.de www.igmg.de Nasir Moschee www.ahmadiyya.de Feldstr. 2, 28832 Achim Ottostr. 1, 28832 Achim Osnabrücker Str. 22, 49406 Barnstorf Stapelfelder Str. 9, 28237 Bremen Marie-Curie-Straße 7 28816 Stuhr – Brinkum Alter Damm 47, 30419 Hannover-Stöcken Am Mühlenkamp 20, 49413 Lohne Im Meerbachbogen 10, 31582 Nienburg Verdener Str. 1a, 31582 Nienburg Frankenstr. 13, 49082 Osnabrück Lindenstr. 12 27232 Sulingen Hohe Str. 47, 27232 Sulingen Bassumer Str. 20, 27232 Sulingen Neue Treffpunkte im Rathaus Syke erfragbar. Romberg Str. 10, 49377 Vechta Diepholzer Str. 14, 49377 Vechta Diepholzer Straße 6, 49419 Wagenfeld Grüne Str. 31a, 27283 Verden-Aller aus dem Balkan, der Türkei und dem Libanon besuchen seit ein paar Jahren verstärkt Moscheen in Bremen. Eine kleine Gruppe trifft sich „geheim“, d.h. an einem nicht offiziell bekannten Ort. Islamische Organisationen sind in Deutschland überwiegend als eingetragener Verein organisiert, auch bei uns im Landkreis wie z.B. der „Deutsch-Türkische Kulturverein Barnstorf“ oder der „Verein türkischer Kultur- und Islamreligion Sulingen e.V.“. Bisher sind diesen Organisationen und Dachverbänden der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht gewährt. Die Gründe dafür liegen zum einen darin, dass es keine offiziellen Mitgliederzahlen gibt und nicht einmal 10% der Muslime unter diesen Dachverbänden organisiert sind und zum anderen existieren berechtigte Zweifel an der Verfassungstreue einiger Dachverbände. Alle diese Dachverbände haben in ihren Satzungen als Zweck des Vereins angegeben, „... die in Deutschland lebenden Muslime in allen Angelegenheiten der islamischen Religion zu betreuen, aufzuklären und zu unterweisen“. Auch bei uns im Landkreis Diepholz und den benachbarten Landkreisen ist der größte Teil der Muslime mit über 90% weder in diesen Dachverbänden organisiert noch Mitglied dieser Dachverbände. Da aber viele keine andere Alternative haben, besuchen sie zu bestimmten religiösen Anlässen (z.B. zum Ramadan- und Opferfest) die Moscheen und Gebetsräume in den Landkreisen. Deswegen ist es von großer Bedeutung für die Zukunft, diese unorganisierten Muslime in den Landkreisen zu organisieren. Weil es bundesweit eine große Anzahl von islamischen Dachverbänden gibt und wir uns in unserer Broschüre nur auf den Landkreis Diepholz und die benachbarten Landkreise beziehen, führen wir im Folgenden nur diejenigen Dachverbände auf, deren Mitgliedsvereine sich hier und in den umliegenden Landkreisen befinden. K.1.2. Türkisch–Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB) Die DİTİB wurde im Jahre 1982 zuerst in Berlin als regionaler Dachverband mit 15 registierten Moscheen und nach Anschluss mehrerer bundesweiter Moscheen im Jahre 1984 in Köln als bundesweiter Verband gegründet. Der Hauptsitz ist in Köln. Sie ist der stärkste Dachverband mit mehreren hundert Moscheen und hat tausende von Mitgliedern in Deutschland. Die DİTİB hat fast überall in Deutschland Moscheen sowie Gebetsräume. Sie hat direkte Verbindung zum türkischen Staat bzw. zum staatlichen Präsidium für Religionsangelegenheiten. Sie verkörpert den staatlichen Islam bzw. die offizielle laizistische Grundhaltung zum Verständnis von Staat und Islam und agiert in diesem Sinne. Die DİTİB hat das Ziel, die türkische Bevölkerung überall zu erreichen und sie zugleich in ihrem Nationalbewusstsein als Bürger des türkischen Staates zu bestärken. Die Arbeit der Organisation finanziert sich durch Spenden, wovon Moscheen gebaut werden, als deren Inhaber dann das Präsidium für Religionsan-gelegenheiten eingesetzt wird. Die Imame werden als Staatsbeamte vom türkischen Staat entsendet und bezahlt. Sie dürfen vier Jahre in Deutschland bleiben und müssen dann wieder zurückgehen. Sie sind meist weder mit dem Leben der türkischstämmigen Menschen hierzulande noch mit den spezifischen Problemen dieser Menschen vertraut. Je nach Zusammensetzung der jeweiligen Vereinsvorstände haben sich einige deutschlandweit (aber leider nicht sehr zufriedenstellend bei uns im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen) der Mehrheitsgesellschaft gegenüber geöffnet. Viele türkeistämmige Menschen aus unserem und den benachbarten Landkreisen besuchen die hiesigen Moscheen und Gebetshäuser der DITIB. Weitere Informationen findet man unter: www.ditib.de K.1.3. Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) Türkei der Fall ist), einen islamischen Staat zu errichten. Die offizielle Mitgliederzahl der İGMG „liegt bei ca. 30.000“, die in fast 300 Moscheen in Deutschland organisiert sind. Die İGMG ist Mitglied des Islamrates, dessen Ziele sind: die offizielle Anerkennung des Islams in Deutschland, die bundesweite Einführung des Religionsunterricht für muslimische Kinder in den Regelschulen und die Unterstützung der Muslime auf dem Weg zu einem islamgerechten Verhalten. Neben Kontakten zu den politischen Parteien in Deutschland haben Sie auch Kontakte zu internationalen Organisationen, Parteien sowie zu Muslimbruderschaften in Ägypten, zu den palästinensischen Hamas, zu Scientology, Libyen, Sudan und einigen asiatischen Ländern. In Deutschland geht es der Bewegung in erster Linie darum, islamische Normen durchzusetzen bzw. ihren eigenen Rechtsraum zu haben. Jedoch auf jeden Fall nicht darum (wie es in der Die Milli Görüş ist für viele aus der Türkei stammenden Demokraten, auch für die türkeistämmige Demokraten im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen, immer noch eine antisäkularistische und antisemitische Partei trotz gegenteiliger Behauptung mancher Multikulturalisten, auch aus dem Landkreis Diepholz und den benachbarten Landkreisen. Die ideologischen Wurzeln dieser Bewegung stammen aus der islamistischen Bewegung in der Türkei bzw. von dem türkischen Politiker Necmettin Erbakan, der in der Türkei mehrere islamistische Parteien ab Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts immer wieder neu gründete und zwischendurch sogar in den 70er und 90er Jahren als türkischer Ministerpräsident sowie stellvertretender Ministerpräsident an der Regierung war. Zu jeder Zeit, wenn Necmettin Erbakan an der Macht war und regierte oder mitregierte, hatten alle Menschen unter seiner Wirtschafts-, Sozial- und Kulturpolitik zu leiden, besonders aber die fortschrittlichen Kräfte in der Türkei sowie Sozialdemokraten, ethnisch religiöse Gruppenzugehörige des Landes, Antirassisten und Antifaschisten. Erbakan, der in Aachen studierte und inzwischen tot ist, wird seit Jahrzehnten unter seinen Anhängern sowohl im Ausland als auch in der Türkei als Mücahit(Anführer) Erbakan wegen seiner Ansichten verehrt. Er ist seit Jahrzehnten unzählige Male auf Einladung der İGMG nach Deutschland gekommen. Zwei Schlüsselbegriffe sind in der Bewegung sehr prägend: Milli Görüş (Nationale Sicht) und adil düzen (gerechte Ordnung). Nach Erbakan beruhen Zivilisationen entweder auf grundsätzlich „gerechten“ oder auf „nichtigen“ Voraussetzungen. Demnach fußt die „gerechte Ordnung“ auf der göttlichen Offenbarung und Wahrheit. Mit der westlichen Zivilisation dominiere eine „nichtige“ Ordnung, die auf Gewalt, Un- Zur Geschichte der IGMG: Ursprünglich ist die IGMG im Jahre 1971 in Braunschweig auf Anweisung von Necmettin Erbakan zuerst unter dem Namen „Türkische Union Deutschland e.V.“ gegründet worden. Nach der Gründung dieses Vereins gab es mehrere Umbenennungen in der Geschichte von Milli Görüş (Nationale Sicht) in Deutschland. So nannte sie sich im Jahre 1985 „Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V.“ und ab 1995 „Islamische Gemeinschaft Milli Görüş e.V. İGMG)“. Aber die politischen Kontakte zum Herkunftsland Türkei blieben immer bestehen. Die İGMG ist der europäische Ableger der im Laufe der letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts in der Türkei verbotenen islamistischen Parteien wie die Milli Nizam Partisi, die Milli Selamet Partisi, die Refah Partisi, die Saadet Partisi und zur Zeit in enger Zusammenarbeit mit der in der Türkei regierenden AKP (Adalet ve Kalkınma Partisi) Erdoğans. 27 recht und Ausbeutung der Schwachen basiert. Daher muss man ein solches System durch eine „gerechte“ Ordnung ersetzen. Dafür ist aber, nach Meinung von Erbakan, eine Ausrichtung an islamische Grundsätze erforderlich statt an von Menschen geschaffenen (und seiner Auffassung nach damit angeblich willkürlichen) Regeln. Es muss nach Erbakan in den Ländern der Muslime eine islamische Gesellschaftsordnung errichtet werden. Mitte April 2010 war Erbakan wieder auf einer Veranstaltung in Duisburg und saß mit den İGMG-Führern zusammen auf dem Podium, redete wieder von dem „rassistischen Imperialismus“ des Westens, vom Tod des Kommunismus, von der Krise des Kapitalismus, von der Unterdrückung der Menschheit durch Kommunismus und Kapitalismus, verherrlichte das alte Osmanische Reich, und erzählte wieder davon, wie Milli Görüş für die Erlösung arbeite. Er redete wieder davon, dass es nur zwei Kategorien von Menschen gibt: die Anhänger von Milli Görüş, die für die Gerechtigkeit eintreten und die anderen, die das nicht tun (vgl: Beucker, Pascal: „Schlichtes Weltbild“, in: „taz“, S.7 vom 19.04.10). In Deutschland bemüht sich die İGMG seit Jahren um die rechtliche Anerkennung, was sie zum Teil geschafft hat. Sowohl in vielen Bundesländern als auch bundesweit setzen sie sich mit Bundes- und Landespolitikern zusammen, um Muslime in die Gesellschaft zu „integrieren“. So sind sie zum Beispiel in Niedersachsen Mitglied von Schura Niedersachsen und ebenfalls Mitglied des „Runden Tisches zum islamischen Religionsunterricht“, den die Landesregierung eingerichtet hat. Neben vielen Publikationen und Internetseiten wird von Milli Görüş -Ideologen die Tageszeitung Milli Gazete (Nationale Zeitung) in Deutschland mitgestaltet und mitvertrieben. Die Milli Görüş-Bewegung bzw. die İGMG selbst wird vom Bundesverfas- 28 sungsschutz hinsichtlich ihrer Aktivitäten beobachtet. Auch bei uns ist die İGMG in verschiedenen Gemeinden (Barnstorf, Bassum, Bruchhausen Vilsen, Diepholz, Sulingen, Syke, Twistringen, Wagenfeld, Weyhe) und in den benachbarten Landkreisen (Nienburg, Verden, Vechta) mit einigen Hundert (erwachsenen) Mitgliedern vertreten (zu den Aktivitäten siehe bitte unter „Moscheen“). Weitere Informationen findet man dazu unter: www.igmg.de und www.islamrat.de K.1.4. Der Verband der islamischen Kulturzentren (VIKZ) Die Gründung des VİKZ geht zurück auf die im Jahre 1967 gegründete „Türkische Union“, die nach 1973 ihre Aktivitäten als „Islamisches Kulturzentrum“ fortsetzte. Im Jahre 1980 haben sich alle Gemeinden zum „Verband der Islamischen Kulturzentren“ zusammengeschlossen. Er ist aus der streng hierarchisch organisierten Süleymancılık-Bewegung in der Türkei hervorgegangen. Diese Bewegung ist im Widerstand gegen die laizistischen Reformen Mustafa Kemal Atatürks gegründet worden, vetritt einen traditionell orthodox geprägten Islam, den er in der Türkei verwiklicht sehen will. Der Hauptsitz des Verbandes ist, wie der von Milli Görüş, ebenfalls in Köln. Er hat „über 20.000 Mitglieder“ in Deutschland und ist in mind. 300 Moscheen organisiert. Während dieser Verband Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts in Deutschland aufgrund seiner Verbindungen zu islamistischen Kreisen (diese Verbindungen existieren auch heute noch) in der Türkei als islamistisch und integrationsfeindlich eingestuft wurde, gilt er heute in den Kreisen von „Multikulturalisten“ eher als „neotraditionalistische“ und „primär religiöse Gruppierung“. Der VİKZ ist in unserem Landkreis besonders im Raum Sulingen, Syke, Weyhe und Achim, Vechta, Verden und Nienburg organisiert. Hauptsächlich macht er bei uns Koranunterricht und Jugendarbeit mit Unterstüzung von Nienburg und Bremen. Der Verband versteht seine Jugendarbeit dahingehend, die Jugendlichen dabei zu unterstützen, ihre islamische Identität zu bewahren, weil sie in Deutschland besonders gefährdet sein sollen, in die Kriminalität abgedrängt zu werden. Auch soziale Hilfeleistungen sind untereinander sehr verbreitet. Weitere Informationen findet man unter: www.vikz.de K.1.5. Avrupa Demokratik Ülkücü Dernekleri Federasyonu (Föderation der TürkischDemokratischen IdealistenVer­­eine Europa) und Union der Türkisch–Islamischen Kulturvereine in Europa e.V. (ATIB) Auch türkische Faschisten begannen sich Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts in Deutschland zu organisieren. Die Organisierung erfolgte auf der Basis von Vereinen, die als „Türkische Gemeinschaft“, „Idealistenverein“ oder einfach als „Kulturverein“ bezeichnet wurden. Beide Dachverbände tragen die faschistische und islamistische Prägung der türkischen MHP (Milliyetci Hareket Partisi). Nach deren Ansicht (und der faschistischen MHP in der Türkei) sollen all diejenigen Türken mit sunnitischer Glaubensrichtung und mit hanefitischer Rechtsschule die beherrschende Volksund Religionsgruppe in der Türkei sein (türkisch - islamische Synthese). In Deutschland setzen sie sich besonders bei Jugendlichen für die Bewahrung der sogenannten „türkischen Identität und der traditionellen türkisch-islamischen Werte“ ein. Folgende Zitate aus dem Parteiprogramm der MHP machen ihre Doktrin sehr deutlich: „Die Verwaltung des Staates durch Menschen türkischer Rasse ist lebensnotwendig. Die in der Türkei lebenden Nichttürken mit türkischer Staatsangehörigkeit sind Tscherkessen, Bosniaken, Lazen, Araber, Kurden. Sie sollte man in die Länder schicken, wo sie hingehören“. “Wenn ihr Kurden weiterhin eure primitive Sprache sprecht..., werdet ihr von den Türken auf die gleiche Weise ausgerottet, wie man schon die Georgier, die Armenier und die Griechen bis auf die Wurzeln ausgerottet hat“. Der ATİB-Vorsitzende Musa Serdar Celebi äußerte im Jahr 1993: „Im Hinblick auf unsere Zukunft in Europa ist unsere wichtigste Aufgabe die Erziehung unserer künftigen Generationen zu Personen mit einer „nationalen Identität“. Was unsere Bürger in Europa betrifft, so müssen alle unsere Bemühungen dahin gehen, künftige Generationen aufzuziehen, die eine muslimisch-türkische Persönlichkeit haben“, und als vordringlichste Aufgabe führt er die „Wahrung der türkisch-islamischen Identität“ auf. (Zitat: Spuler - Stegemann, U.: „Muslime in Deutschland“, S. 230; 1998) Auf der Jahreshauptversammlung der „Türk-Föderation“ am 26.11.1994 in Sindelfingen (über 10.000 MHP-Anhänger), bei der der inzwischen verstorbene Faschist und Parteivorsitzende der MHP Türkeş (Führer) aus der Türkei als Redner auftrat, wurde er von dem Publikum mit Parolen wie „Führer befiehl, wir folgen“ begrüßt . Auch der türkische Botschafter in Deutschland nahm damals an der Versammlung als Ehrengast teil, und die damalige Ministerpräsidentin Ciller schickte den Veranstaltern ihre Glückwünsche. Und der Generalvorsitzende der „Türk Federasyon“ sagte im Jahr 1997: „Wir sind die Europa-Repräsentanten des Islam“, „Wir sind Türken, wir sind Nationalisten.“ „Das 21. Jahrhundert wird - so Gott will - das türkische Jahrhundert werden. Seid einig, gut und tatkräftig!“ (Zitat: Spuler – Stegemann, U: Muslime in Deutschland, S.124; 1998) Mit einer gegründeten Interakademie will die ATİB, die im „Zentralrat der Muslime“ Mitglied ist „… den hier aufgewachsenen Türken durch Sprachvermittlung, Vorträge und Reisen in die Türkei dazu verhelfen, ihre kulturellen und religiösen Wurzeln nicht zu vergessen“ (Zitat: Spuler-Stegemann, U: „Muslime in Deutschland“, S.247; 1998). Die Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland, der in vielen Bundesländern mehrere Vereine angehören, hat „bundesweit um die 7.000 Mitglieder“ („Graue Wölfe“ propagieren extremen Nationalismus, S.6. in: „Frankfurter Rundschau“ vom 5./6.11.11) Die Mitglieder dieser beiden Vereine sind hier in Deutschland als Bozkurtlar (Graue Wölfe) bekannt. Auch bei uns im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen bezeichnen sich immer mehr Jugendliche als „Graue Wölfe“ aufgrund der Ausgrenzung, Diskriminierung auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt, in der Schule, auf der Straße. Das Erkennungszeichen der Grauen Wölfe ist der Wolfsgruß. Die Figur des Grauen Wolfes ist der panturanistischen Legende entnommen, der die letzten türkischen Stämme aus dem Altai-Gebirge in Zentralasien geführt und sie damit gerettet hat. Auch von dieser Gruppe haben wir leider einige Mitglieder, die in verschiedenen Gemeinden und Städten unseres Landkreises und in den beanchbarten Landkreisen vertreten sind. Da sie trotz der verstärkten Unterstützung der Grauen Wölfe aus Bremen, Nienburg und Vechta überall schwach vertreten sind, schaffen sie es nicht, sich in Vereinen zu organisieren. Dafür aber nutzen sie die Moscheen und Gebetshäuser in Barnstorf, Sulingen, Syke, Weyhe, Verden, Nienburg und Vechta. Ebenso wie durch die Mitglieder von Milli Görüs kommt es auch durch sie immer wieder zu Drohungen, Beleidigungen, Einschüchterungen von Demokraten im Landkreis Diepholz und in den benachbarten Landkreisen. Weitere Informationen dazu findet man unter: www.atib.org, www.zentralrat.de und www.islam.de K.1.6. Föderation der Aleviten Gemeinden in Europa e.V. Alevitische Vereine sind verstärkt ab Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts gegründet wurden. Zwei wichtige Gründe spielten dabei eine entscheidende Rolle: zum einen war dies eine Reaktion auf die Gründung mehrerer sunnitsch geprägter Moscheen Deutschlandweit. Zum anderen entdeckten plötzlich viele nach der Zerschlagung der in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts in der Türkei sehr stark gewordenen Bewegung der Linken und der Antifaschisten ihre alevitische Identität (entsprechend der weltweiten Prozesse der Identitätsfindung in vielen „unterentwickelten“ Ländern). Offiziell wurde der Dachverband im Jahre 1994 gegründet. Diesem gehören mindestens 100 Vereine an. Sie möchten zur Wahrung und Förderung der religiösen und kulturellen Identität der Aleviten beitragen und sowohl in Deutschland als auch in der Türkei mehr Selbstbestimmungsrechte in religiösen Fragen erhalten. Eines der wichtigsten Ziele der Vereine ist z.B. die Vermittlung alevitischer Religionsinhalte an alevitische Jugendliche. Außerdem geht es ihnen darum, Vorurteile bei Aleviten und Nichtaleviten zu bekämpfen um besonders die Identitätsfindung alevitischer Jugendlicher zu unterstützen. Die Mitglieder dieses Dachverbandes sind im Landkreis Diepholz nicht organisiert. Die Aleviten im Landkreis haben ihre Kontakte entweder zu den organisierten Bremer Aleviten oder haben enge Kontakte zu der nationalistischen Kurdischen Bewegung in Bremen, Nienburg, Sulingen, Syke und Vechta. Weitere Informationen findet man unter: www.alevi.com K.1.7. Zentralrat der Muslime Viele der aus dem arabischen Raum stammenden Muslime, meist Libane- 29 sen aus dem Landkreis Diepholz und aus den benachbarten Landkreisen, gehören zu den Vereinen und Organisationen, die unter dem Zentralrat der Muslime organisiert sind. Auch die obige türkische faschistische Bewegung (Graue Wölfe) ist Mitglied im Zentralrat der Muslime. Weitere Informationen findet man unter: www.zentralrat.de K.1.8. Fethullah-GülenBewegung/Nurculuk Die Anhänger der Fethullah Gülen Bewegung wollen ihrem Glauben entfremdete Muslime erneut für den Islam gewinnen. Der in den USA lebende Gülen „bejaht“ die säkulare Gesellschaft und fordert dazu seine Anhänger auf, die sakulären Gesellschaften, in denen sie leben, mitzugestalten. In Wirklichkeit sind sie aber der größte Gegner der laizistischen Ordnung in der Türkei. Sie besitzen weltweit mehrere hundert Stiftungen, Studentenwohnheime usw., um ihre Ziele zu erreichen. So hat z.B. die Bewegung angefangen zum Ende der 90er viele islamische Privatschulen aufzubauen, die von seinen Anhängern in vielen Ländern der Welt (Afrika, Asien, Europa) betrieben werden. Auch in Deutschland haben sie in verschiedenen Bundesländern solche privaten Grund- und Realschulen sowie Gymnasien. In Niedersachsen und in Bremen sind sie sehr aktiv in der Jugendarbeit, inzwischen unterhalten sogar einige „Bildungsinitiativen“ oder „Bildungsvereine“, in denen Schülern aus allgemeinbilden Schulen von StudentInnen „ehrenamtlich“ Hausaufgaben- und Nachhilfe erteilt wird. Sie stehen in engem Kontakt mit der täglich erscheinenden Zeitung Zaman (Die Zeit) und deren Journalisten. In Deutschland ist die Unterrichtssprache in den Schulen der Fethullah Bewegung Deutsch. In den Gymnasien wird Englisch als Fremdsprache angeboten, als zweite Fremdsprache kann Türkisch oder Französisch gewählt werden. Lehrer sind überwiegend Deut- 30 sche. In Berlin Spandau wird z.B. das Gülen-Gymnasium von zwei deutschen Frauen geleitet. Auf dem Schulhof sieht man „mehr Mädchen mit Kopftuch als ohne, aber letztere stellen eine starke Minderheit.“ (Kiderlen, Elizabeth: „Konservative Integration“, S. 12 in: „taz“ vom 14.03.2011). „Vor allem die untere türkische Mittelschicht im Berliner Wedding, dem Frankfurter Gallus oder dem Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg, die bereit ist, in diesen Institutionen ein nicht zu knappes Schulgeld für die Zukunft ihrer Kinder zu investieren“ (Kiderlen, Elizabeth: Konservative Integration, S. 12. In: taz vom 14.03.2011), schickt gerne ihre Kinder in die Schulen dieser Bewegung. Meist gehen die Kemalisten in Deutschland gegen diese Bewegung bzw. gegen diese Schulen innerhalb der türkeistämmigen Communty vor. Sie „sahen den Islam als Gefahr für den türkischen Nationalstaat und die Gläubigen als störendes Hindernis auf dem Weg in eine moderne Republik.“ (Kiderlen, Elizabeth: „Konservative Integration“, S. 12 in: „taz“ vom 14.03.2011). Auch bei uns sind sie in den Städten und Samtgemeinden Barnstorf, Bruchhausen Vilsen, Diepholz, Syke, Sulingen und in Weyhe und in den benachbarten Landkreisen Nienburg, Vechta und Verden vereinzelt vertreten. K.1.9. Warum die unorgansierten Muslime gegen einige dieser Dachverbände sind? Viele Muslime aus dem Landkreis Diepholz und aus den benachbarten Landkreisen identifizieren sich mit diesen organisierten politischen Islamkreisen nicht. Dazu führen wir an dieser Stelle einige Argumente unorganisierter Muslime aus unserem Landkreis auf: - Man muss sich bewusst machen, dass es unter all diesen Verbänden sprachliche, ethnische und ideologische Barrieren gibt; - Muslimische Vereine stehen in aller Regel politisch rechts. Sie repräsentieren auch nur eine Minderheit der hier lebenden Muslime; - Muslimische Vereine sind häufig auf Organisationen oder Ideologien fixiert, die ihr Zentrum im Ausland haben (Türkei, Pakistan, Iran und Saudi- Arabien); - Manche muslimische Vereine fördern direkte staatliche Verbindungen zur Heimatpolitik; - In den Moscheen kommt es immer wieder auf Buchmessen und Vortragsabenden dazu, dass Bücher, Zeitschriften, Zeitungen und Filme von arabischen, pakistanischen und türkischen Autoren mit Verschwörungstheorien und antisemitischen Inhalten in der Muttersprache verkauft werden; - Und es kommt immer wieder vor, dass laizistische, linke türkeistämmige Menschen von türkischen islamistischen, nationalistischen, faschistischen Kreisen aus manchen Dachverbänden des Landkreises Diepholz und der benachbarten Landkreise bedroht und schikaniert werden. Alle Dachverbände, mit Ausnahme von DİTİB, streben in allen Lebensbereichen ein nach dem Islam orientiertes Leben für Muslime an (getrennter Schwimmunterricht an den Schulen, Kopftuch etc.). Und weil sie zudem Musliminnen im Landkreis und in den benachbarten Landkreisen indirekt verbieten, Nicht-Muslime zu heiraten und darüber hinaus die Religionsfreiheit einschränken, indem sie Muslimen das Recht absprechen aus der Religion auszutreten, sagen wir „Nein“ zu mehreren der genannten Dachverbände. L. Einige Beispiele aus dem Alltagsleben von Muslimen in Ländern mit muslimischer Mehrheit - REISEN: Während in manchen islamischen Ländern wie im Iran, SaudiArabien, Algerien, Libyen, Ägypten, Sudan usw. Frauen Reisebeschränkungen ausgesetzt sind bzw. sie dazu die Erlaubnis des Vaters, Ehemannes oder männlichen Vormunds benötigen um einen Reisepass zu beantragen oder eine Auslandsreise anzutreten, ist dies in der Türkei nicht der Fall. Während in Afghanistan und im Iran in den ländlichen Gegenden die Frauen sogar eine Erlaubnis von ihren Männern haben müssen, um das Haus zu verlassen, können sich die Frauen in der Türkei, mit Ausnahme einiger kurdisch und arabisch besiedelten Städte, frei bewegen, brauchen keine Erlaubnis, um am Alltagsleben teilzunehmen. - DER HEILIGE MONAT RAMADAN: Während im Iran und Saudi-Arabien in öffentlichen und in vielen gewerblichen Gebieten nicht ein einziges Restaurant tagsüber während der Ramadanzeit geöffnet ist, findet man in der Türkei landesweit überall tagsüber geöffnete Restaurants. Es gibt nur einige Städte, deren Stadtverwaltung von Islamisten und Faschisten besetzt und deshalb kaum solche Restaurants zu finden sind. - KOPFTUCHZWANG: Während in Saudi-Arabien und im Iran Frauen dazu gesetzlich verpflichtet werden, sich zu verschleiern bzw. ein Kopftuch zu tragen, wird keine Frau in der Türkei von staatlicher Seite dazu gezwungen, sich zu verschleiern oder ein Kopftuch zu tragen. - AUßEREHELICHE BEZIEHUNG: Wäh- rend man im Iran, in Saudi-Arabien, Nigeria und Pakistan wegen einer außerehelichen Beziehung gesteinigt werden kann, gibt es seit Jahrzehnten nicht ein einziges Beispiel in der Türkei dafür, dass eine Frau öffentlich gesteinigt wurde. Und während z.B. in Afghanistan Frauen zu jeder Zeit zur Befriedigung der körperlichen Bedürfnisse des Mannes (auch laut Gesetz) bereit sein sollen, gibt es in der Türkei eine solche, offiziell legitimierte, Regelung nicht (auch nicht nach dem Gesetz). Aber eine gesellschaftliche und rechtliche Diskriminierung der Frauen in der Türkei existiert sehr wohl immer noch. - POLYGAMIE: Während es im Iran, Saudi-Arabien, Nigeria, Mali, Senegal, Burkina Faso, Togo etc. die Mehrehe unter Muslimen sehr verbreitet ist, ist dies in der Türkei sowohl gesetzlich verboten als auch in der Bevölkerung nicht gut angesehen (abgesehen von einigen kleinen ländlichen Gegenden in der Türkei). - HEIRAT: Während gemäß § 104 des iranischen Zivilgesetzbuches die Diskriminierung der Frau rechtlich mit dem folgenden Zitat bestimmt wird: „… die Erlaubnis zur Heirat von jungfräulichen ehefähigen Frauen beim Vater bzw. Vorfahren väterlicherseits liegt. In Ausnahmefällen kann die Frau die entsprechende Erlaubnis auch von einem Zivilgericht einholen … Für die Eheschließung mit einem ausländischen Mann benötigt eine iranische Frau zudem die Zustimmung des Staates … „ (Zitat aus: „Politik und Geschichte“; S. 23, Nr. 49/2009, 30. November 2009; Hrsg.: Bundeszentrale für politische Bildung), ist dies in der Türkei auf keinen Fall weder gesetzlich noch in der Praxis erlaubt. - HEIRAT MIT NICHTMUSLIMEN: Die Ehe einer iranischen Muslimin mit einem Nichtmuslimen ist nicht gestattet. Der umgekehrte Fall ist dagegen zulässig, sofern die Gattin einer monotheistischen Religion angehört. Die Familienführung obliegt dem Ehemann. Ihm kommt außerdem das Recht zu, den Wohnort der Frau zu bestimmen (a. a. O.; S. 23), und außerdem braucht die Frau zum Verlassen des Hauses und bei einer Auslandsreise die Erlaubnis vom Ehemann (a. a. O; S. 23). All dies ist z.B. weder in der Türkei noch in manchen afrikanischen und asiatischen Ländern unter Muslimen der Fall. - DAS GESETZLICHE MINDESTHEIRATSALTER im Iran liegt für Mädchen bei 13 Jahren, aber Väter können um Erlaubnis ansuchen, die Heirat vor diesem Alter vorzunehmen, wo hingegen in der Türkei das gesetzliche Mindestheiratsalter bei 18 Jahren liegt. - SCHEIDUNG: Im Iran, Saudi-Arabien usw. haben Männer ein nahezu uneingeschränktes Recht, sich von ihren Frauen scheiden zu lassen. Für Frauen ist es hingegen weitaus schwieriger, eine Scheidung einzureichen. Im Iran dürfen sich die Frauen dann scheiden lassen, wenn der Mann seine ehelichen Pflichten z.B. wegen Unfruchtbarkeit oder Impotenz nicht erfüllt. Auch in Ägypten war es bis zum Jahr 2000 unmöglich, sich als Frau scheiden zu lassen. Bis zu diesem Datum hatten nur Männer 31 das Recht, jederzeit - sogar ohne Angabe von Gründen und ohne richterlichen Beschluss - eine Scheidung zu vollziehen, während ägyptische Frauen, und wie es auch im Iran der Fall ist, nur mit triftigem Grund sich trennen lassen können (wegen Impotenz des Mannes, mangelnder Versorgung oder böswilligen Verlassens; und all dies muss vor einem Richter bewiesen werden). Erst seit 2000 ist es den Frauen in Ägypten ermöglicht, sich auch ohne Begründung scheiden zu lassen, was in der Türkei bereits seit der Gründung der modernen Türkei gesetzlich möglich ist. - ERBRECHT: Im Iran erben Söhne gemäß dem Erbschaftsrecht doppelt soviel wie die Ehefrauen. Die Aussage einer Frau vor Gericht hat nur halb so viel Gewicht wie die eines Mannes. Die große Mehrzahl der wegen „Ehebruch“ zum Tod durch Steinigung Verurteilten sind Frauen. All dies gibt es in der Türkei nicht. - BERUFE: während im Iran und in Saudi-Arabien Frauen weder Richterinnen werden noch für das Präsidentschaftsamt kandidieren können, während es nicht mal 1 % der Frauen im Iran, Saudi-Arabien, Libyen, Marokko und Tunesien gelingt, öffentliche Ämter zu besetzen, sind in der Türkei fast 10 % der Frauen in öffentlichen Ämtern beschäftigt. - KLEIDERORDNUNG: Im Iran, SaudiArabien und Sudan herrschen Kleiderordnungen, wonach die Frauen unbedingt in der Öffentlichkeit einen Umhang und eine Kopfbedeckung tragen müssen, was in vielen anderen Ländern unter Muslimen nicht der Fall ist. - GLAUBENSWECHSEL: Während es heute in einigen Ländern (z.B. im Iran) mit islamisch geprägter Rechtsordnung Gesetze gibt, die 32 für die Apostasie (Abwendung vom Glauben) die Todesstrafe auferlegen, ist dies in der Türkei z.B. nicht der Fall. Man kann sich in der Öffenlichkeit zum Christentum bekennen und auch die Bibel kaufen. Damit möchten wir aber nicht behaupten, dass alle Religionen in der Türkei gleichgestellt sind. Dies ist leider nicht der Fall. Aber Christen können in vielen Gegenden der Türkei ihre Religion frei ausüben, so lange sie die herrschende Staatsideologie der Türkei nicht in Frage stellen. Grundsätzlich darf man hierbei nicht außer Acht lassen, dass viele muslimische Autoren zu bedenken geben, dass Konversion in der Frühzeit des Islams eng mit politischem Hochverrat verknüpft war und aus diesem Grund im Koran verurteilt werde. Dort wird allerdings nur auf ein Urteil zum Zeitpunkt des jüngsten Gerichts verwiesen. Deswegen sind demnach Sanktionen ungerechtfertigt und entsprächen nicht mehr der heutigen Koranauslegung wie dies in einigen islamischen Ländern der Fall ist. - HOMOSEXUALITÄT: Während im Iran oder in Saudi-Arabien Menschen nach der offiziellen Politik wegen ihres „homosexuellen Benehmens“ oder einer „homosexuellen Beziehung“ verfolgt, gefoltert, gesteinigt und hingerichtet werden, gab es in der Türkei keinen einzigen hingerichteten Homosexuellen; aber eine gesellschaftliche Benachteiligigung und Diskriminierung von Homosexullen existiert sehr wohl. Das Iranische Strafgesetzbuch sieht für Homosexulle die Todestrafe vor. So wurden z.B. seit der Machtübernahme der Islamisten im Iran über 4.000 Homosexulle hingerichtet. In Ägypten werden immer noch zahlreiche Homosexuelle in Schauprozessen verurteilt und in Kerker gesteckt. Zu Zeiten der Taliban in Afghanistan wurden homosexulle Afghanen le- bendig unter einstürzenden Mauern begraben. - WAHLRECHT: Während in SaudiArbien Frauen das Parlament (dies wird dort Schura-Rat genannt) nicht wählen und auch nicht ins Parlament gewählt werden dürfen, dürfen Frauen in vielen überwiegend von Muslimen bewohnten Ländern wie z.B. in der Türkei in das Parlament gewählt und auch Ministerin oder Ministerpräsidentin werden. In Saudi-Arabien dürfen die saudischen Bürger nur bei Kommunalwahlen ihre Stimme abgeben. Der Schura-Rat in Saudi-Arabien wird allein vom König ernannt. Durch das Kommunalwahlrecht wird zum ersten Mal in der Geschichte von Saudi-Arabien den Frauen der Weg geöffnet, politische Positionen zu besetzen. - KONTAKT ZUM ANDEREN GESCHLECHT: Während in Saudi-Arabien muslimische Frauen, die im Büro beispielsweise arbeiten, in Räumen sitzen, in denen sie ausschließlich (da sie von Männern getrennt arbeiten müssen) per Telefon oder per Videokonferenz mit ihren männlichen Kollegen kommunizieren müssen, ist dies in vielen Ländern mit muslimischer Mehrheit nicht der Fall (z.B. in der Türkei, im Irak und in Syrien). - Während organisierte Muslimas es vermeiden, mit einem Mann alleine in einem Raum zu bleiben, um beispielsweise betriebliche Probleme zu besprechen (auch wenn es nur für einen Moment ist), stellt dies für unorganisierte Muslimas - selbst mit einem fremden Mann - kein Problem dar. - Während es für unorganisierte muslimische Frauen kein Problem ist, einen Mann mit Handschlag zu begrüßen, ist dies für organisierte musli- mische Frauen ein großes Problem. Daher wird in manchen Moscheen gepredigt, dass man bei Zahlungsvorgängen, wie beim Einkauf beispielsweise, das Geld auf die Geldschale legt anstatt das Geld direkt in die Hand des Kassiers zu geben. - VORMUNDSCHAFT: Während jede Frau in Saudi-Arabien einen Vormund hat („Für Mädchen ist es der Vater; heiraten sie, wird es der Ehemann. Stirbt der Vater oder werden die Frauen geschieden, geht die Vormundschaft auf den ältesten Bruder über. Gibt es keine männlichen Verwandten, geht sie gar auf den Gouverneur über, der in SaudiArabien jeweils ein hochrangiger Prinz ist. Frauen brauchen demnach immer die Zustimmung ihres Vormundes bei vielen Entscheidungen: wenn sie zur Schule gehen oder studieren wollen, wenn sie sich an eine Regierungsstelle wenden oder ein Geschäft eröffnen wollen, wenn sie einen Reisepass brauchen oder ins Ausland reisen wollen, für medizinische Eingriffe und wenn sie heiraten wollen. Behörden, Schulen, der Zoll und andere Institutionen verlangen entweder die schriftliche Bestätigung des Vormundes oder seine Anwesenheit“ (Böhm, Peter: „In der Knechtschaft“, S. 5 in: „taz“ vom 30.08.2011)), ist dies bei Muslimen, besonders aus der Türkei überhaupt nicht der Fall. Eine Vormundschaft ist in der Türkei nur für Minderjährige vorgesehen. - FRAUEN IM PARLAMENT: Während in vielen islamischen Ländern Frauen erst seit ein paar Jahren wählen bzw. kandidieren dürfen, wie z.B. im Emirat Quatar die Frauen erst seit 1999 wählen können und in Kuwait konnten die Frauen zum ersten mal 2009 ins Parlament gewählt werden, war es in der Türkei dank der kemalistischen Reformen (Trennung von Religion und Staat) schon seit mehreren Jahrzenten des letzten Jahrhunderts der Fall, dass Frauen ins Parlament einziehen konnten. Auch ein Ausschluss der Frauen von der Politik ist mit dem Islam nicht zu vereinbaren, weil der Islam hierbei in seiner geschichtlichen Vergangenheit nie zwischen Männern und Frauen unterschied. Viele Frauen haben sowohl in der Vergangenheit als auch heute im Islam eine „fast“ gleichberechtigte Rolle. - MUSIK: Während Menschen in Malaysia, die sich Rock-Musik anhören bzw. Rock-Konzerte besuchen, verfolgt werden, weil dadurch nach Meinung der Islamisten der Hedonismus und ein sündiger Lebensstil gefördert wird, ist dies in der Türkei kein Problem. Es gibt zahlreiche Rock-Konzerte und Rock-Gruppen, die sich entfalten können. - VERHALTEN AUF DER STRAßE: Während in Dubai Menschen (auch Ausländer) ins Gefängnis gesteckt werden, weil sie ihre Frau oder Lebenspartnerin in der Öffentlichkeit geküsst haben, gibt es in der Türkei diese Strafe seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr. - ALKOHOL: Während in manchen islamischen Ländern, so z.B. im Iran, in Saudi-Arabien und im Sudan der Genuss von Alkohol verboten ist, wird in der Türkei überall Alkohol verkauft und in vielen Restaurants konsumiert. Im Iran werden aber nicht nur Muslime, die Alkohol kaufen oder trinken, verhaftet, sondern auch Christen, die sich aus unterschiedlichen Gründen im Iran aufhalten oder seit vielen Jahren dort eine ethnische Minderheit bilden, werden wegen Alkoholbesitz verhaftet. - TANZEN: Während im Iran jegliche Form des Paartanzes (Mann und Frau) als Sittenverstoß verboten ist und verfolgt wird, gibt es ein solches Verbot in der Türkei nicht. - VERGEWALTIGUNG: Während im Iran jedes Jahr zahlreiche Menschen wegen Vergewaltigung und Erpressung hingerichtet werden, wird man in vielen Ländern der Welt (auch in denjenigen, in denen überwiegend Muslime leben) deswegen nicht hingerichtet. 33 34 Literaturangaben Calışlar, Oral: „İslamda Kadın ve Cinsellik“, İstanbul 1994 Ahmad, Hadhrat MirzaTahir: „Universelle moralische Werte - Politik & Weltfrieden“, Frankfurt am Main 2011 Dalgın, Nihat, Prof. Dr.: „Gündemdeki Tartışmalı Dini konular“, İstanbul 2007 Al-Nasani, Ali: „Menschenrechte im Islam“, in: ai Journal 1/2002, S. 22- 23 EKD: „Zusammenleben mit Muslimen Deutschland“, Gütersloh 2000 „Anstoß zum Dialog – Handreichung für das Gespräch zwischen Christen und Muslimen“, Hrsg.: Die Beauftragte für den Dialog mit den nicht-christlichen Religionen, Bistum Osnabrück - Bistum Hildesheim Muslime helfen e. V.: „Fasten - Teilen – Helfen“ (Flyer) der „Internationalen Hilfsorganisation aus Ludwigshafen vom 18.07.2011, Ludwigshafen Antwort der Bundesregierung vom 15.07.2004 auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Rita Pawelski, Maria Eichhorn, Dr. Maria Böhmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU; Drucksache 15/3517 in Friedrich Ebert Stiftung: „Islamische Organisationen in Deutschland“, Bonn 2000 El-Gawhary, Karim: „Ein großer Schritt für die Frauen“, S. 11 in: „taz“ vom 27.09.2011 Dr. Arık, Selim: „Sadaka-i Fitir“, S. 6 in „Hürriyet“ vom 27.08.2011 Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Frauenwahlrecht für Saudi-Arabien“, S.7 vom 26.09.11 „Aus Politik und Zeitgeschichte“ – Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“, 20/2005; Muslime in Europa, 2005. Frankfurter Rundschau: „Graue Wölfe“ propagieren extremen Nationalismus“ vom 5./6.11.11 Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration; „Islam einbürgern - Auf dem Weg zur Anerkennung muslimischer Vertretungen in Deutschland“, Dokumentation der Fachtagung am 25. April 2005, Berlin 2005 Henning, Max: „Der Koran“, Istanbul 2002 Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration; „Religion - Migration. Integration in Wissenschaft, Politik und Gesellschaft“, Dokumentation der Fachtagung am 22. April 2004; Berlin und Bonn, 2004 Böhm, Peter: „In der Knechtschaft“, S. 5 in: „taz“ vom 30.08.2011 Bundesministerium des Innern: „Islamismus“, Berlin 2003 Bundesministerium des Innern: „Muslime in Deutschland“, Berlin 2007 Bundeszentrale für politische Bildung: „Islam und Politik“, Bonn 2002 Hofmann, Murad Wilfried: „Der Koran (arabisch – deutsch), München 2001 Jäger, Torsten: „Muslimische Mädchen und der Schwimmunterricht“, Auswertung einer Umfrage des „Clearingprojekts: Zusammenleben mit Muslimen“ bei den Kultusministerien der Länder, Hrsg.: Interkultureller Rat in Deutschland e.V. – Bundesweites Clearingprojekt: Zusammenleben mit Muslimen, August 2007 Kiderlen, Elizabeth: „Konservative Integration“, in: „taz“ vom 14.03.2011 Kleff, Sanem: „Islam im Klassenzimmer“, Hamburg 2005 Landesbetrieb für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersachsen (LSKN): „Statistische Berichte Niedersachsen“, Hannover 2011 Niedersächsisches Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales- Ausländerbeauftragte: „Alltag von Muslimen in Niedersachsen“, 2000 Oruc, Kemalettin (Theo. und Referat für Interreligiöse und Interkulturelle Zusammenarbeit der DITIB e.V.): „Stellungnahme bezüglich des Fastenmonats Ramadan an den Interkulturellen Rat in Deutschland e.V. Köln vom 02.09.2008 Öztürk, Yaşar Nuri: „Kur´an-ı Kerim Meali“ (Türkçe ceviri), İstanbul 1994 Rath, Christian: „Alles im Namen der Ehre“, in: „taz“ vom 03.08.11 Rohe, Mathias: „Der Islam - Alltagskonflikte und Lösungen“, Freiburg 2001 Salim Abdullah, M.: „Islam - kurz gefasst für Entwicklungshelfer“, Stuttgart 1983 Schott, Hanna: „Kosmos-Uni für Kinder, der Islam“, Stuttgart 2005 Schura Niedersachsen e.V.: „Moscheeverzeichnis Niedersachsen“, Hannover 2007 Spuler - Stegemann, U.: „Muslime in Deutschland“, Freiburg 1998 Tosun, Murat: “Camiler kapılarını ziyaretcilere actı”, S.7 in: „Hürriyet“ vom 04.10.2011 Yeken, Fethi: „İslam ve cinsellik“ Yücelen, Yüksel: „Was sagt der Koran dazu?“, München 1986 35 IMPRESSUM Titel: Nachbar Islam – Musliminnen und Muslime in den Landkreisen Diepholz, Nienburg, Vechta und Verden Eine Handreichung für Schulen und Interessierte Herausgeber: VNB e.V. (Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen) Geschäftsstelle NordWest Bahnhofstr. 16 49406 Barnstorf Tel.: 05442 8045-25 Mail: [email protected] Internet: www.vnb-nordwest.de, www.vnb.de in Kooperation mit: PRO ASYL im Landkreis Diepholz Abteilung des VGB e.V. Bahnhofstr. 16 49406 Barnstorf Tel.: 05442 8045-30 Mail: [email protected] Internet: www.welthaus-barnstorf.de Die Broschüre ist gefördert vom DPWV Hannover aus Finanzhilfemitteln nach dem Niedersächsischen Glücksspielgesetz. Der Autor ist Rahmi Tuncer. Dies ist die 2. Auflage der Broschüre. Die 1. Auflage verliert hiermit ihre Gültigkeit. Die Broschüre gibt den Stand von Dezember 2011 wieder. Der Text ist unter http://vnb.de/nordwest/menue/service/veroeffentlichungen.php und http://vnb.de/menue/service/veroeffentlichungen.php